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ABSCHLUSSFILM ABSCHLUSSFILM ICH SCHAU DURCH DEINE AUGEN, KLEINES 124 Clive Owen traut seinen Augen nicht: anon von Andrew Niccol
Das filmfest münchen zeigt Andrew Niccols neuen Science-Fiction- Thriller anon mit Clive Owen und Amanda Seyfried in den Hauptrollen. Der Oscar-nominierte Regisseur wird selbst bei der Award Ceremony und der Vorführung anwesend sein. Ich sehe was, was du nicht siehst. Stellen Sie sich vor, dieser Satz ist kein Kinderspiel, sondern die Aussage allein bringt eine ganze Weltordnung ins Schwanken. In Andrew Niccols neuem Sci-Fi-Thriller anon ist genau dies die Prämisse. Wie zuvor in seinen Erfolgen gattaca und in time hat der Regisseur eine dystopische Welt in einer unbestimmten, aber nicht allzu fernen Zukunft erschaffen: Augen sind hier nicht mehr ein „Fenster zur Seele“, sondern eine Plattform für Informationen, ein Bildschirm. SA 7.7. 18.00 UHR CARL-ORFF-SAAL Alle Menschen sind vernetzt im „Ether“, einem weltweiten System, das jeden überwachen kann. So werden wichtige Informationen über alles, was man sieht, direkt auf die Netzhaut gespielt. Geht man durch die Straßen, werden sofort Namen, Alter und Beruf jedes passierenden Individuums neben ihn oder sie projiziert, sowie Preise und Inhaltsstoffe neben die unterschiedlichsten Lebensmittel. Das Gesehene wird in einem „digitalen Gedächtnis“ gespeichert und kann immer wieder abgespielt werden. Produktwerbungen, in unserer Gegenwart noch auf leuchtenden Werbetafeln zu sehen, laufen im „Ether“ auf Hausmauern, abgestimmt auf den Geschmack jedes einzelnen Betrachters. In dieser Welt ein Polizist zu sein, scheint simpel. Detective Sal Frieland, gespielt von Clive Owen, verbringt den Großteil seines Tages damit, Verbrechen aus den Augen von Opfern und Tätern zu betrachten und dann die entsprechenden Personen zu verhaften. Passiert eine neue Straftat, werden die betreffenden Aufnahmen sofort auf seine Augen geladen, und der Fall ist damit bald erledigt. Doch dann geschehen Morde, von denen es nur Material aus der Sicht des Killers gibt. Dieser hackt sich nämlich in die Augen seiner Zielpersonen ein, so dass diese dabei zusehen müssen, wie der Mörder sich ihnen nähert und schließlich tötet. Das ist vor dem Tod auch noch Psychoterror für die Opfer und stellt die Polizei vor ein Problem: Wer kann sich so leicht Zugriff auf die Augen anderer verschaffen? Und wer erschießt Menschen, die scheinbar nichts miteinander zu tun haben? Sal stürzt sich mit Begeisterung für das Unbekannte in den Fall und ermittelt undercover in der Hackerszene. Wie auch schon in früheren Filmen inszeniert Andrew Niccol das futuristische Katz-und-Maus-Spiel zwischen Polizist und Täter als Film noir. In Rauch- und Whiskeyschwaden gehüllt verbringt der wortkarge Detective viel Zeit im scheinbaren Stillstand. Er muss ja auch nicht durch die Welt laufen und ermitteln, die Welt spielt sich in seinen Augen ab. Clive Owen hat sich schon in andere dystopische Settings, beispielsweise in children of men, hervorragend eingefügt; das In-Sich-Gekehrte steht ihm gut. Seine graugrünen Augen führen uns nicht nur ins „Ether“, sondern auch in Sals immer größer werdende Verzweiflung. Als er auf eine Frau trifft, die außerhalb des „Ethers“ zu leben scheint, ist er gleichermaßen fasziniert und überfordert: Ist sie eine Femme fatale, also die Killerin? Und wie nimmt man es mit jemandem auf, der manipulieren kann, was man gerade vor den eigenen Augen sieht? Amanda Seyfrieds mysteriöse Anon – ihren Namen erfährt man nicht, sie ist schlichtweg anonym – ist für Sal Frieland nicht greifbar. Ihr ANON Wunsch unter dem Radar zu leben, wirkt in einer Welt, in der alle sich bereitwillig transparent machen, rätselhaft. Andrew Niccol schafft, dass sich diese (alb)traumhafte Zukunftswelt sehr lebensnah anfühlt. Gerade jetzt kurz nach den Änderungen im EU-Datenschutzgesetz und dem neuen bayerischen Polizeiaufgabengesetz könnte der Film nicht aktueller sein. Während das Sehen-und- Gesehenwerden in unserer Zeit der sozialen Medien gang und gäbe ist, entzieht sich Anon dem Blick, um ihr Leben in Freiheit zu führen. In einer Gesellschaft, die keine verstohlenen oder geheimen Blicke zulässt, geht es vielleicht auch gar nicht darum, gesehen zu werden. Es geht vielmehr darum, Menschen ihre Blicke zu stehlen. „Das System funktioniert nur, wenn wir unseren Augen trauen können“, ist der Leitsatz von Sals Vorgesetzten. Anon ist eine Störung in diesem System, doch ob sie sich so leicht beheben lässt? Barbara Oswald Der Abschlussfilm anon wird im Rahmen der Verleihung des ARRI/OSRAM Awards und des CineVision Awards gezeigt. Als Stargast erwarten wir Regisseur Andrew Niccol. Tickets im freien Verkauf erhältlich. ABSCHLUSSFILM 125
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