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Pilotanlage - Projektträger Jülich

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<strong>Projektträger</strong> <strong>Jülich</strong> (PTJ)<br />

Geschäftsbereich Neue Materialien und Chemische Technologien<br />

Forschungszentrum <strong>Jülich</strong> GmbH<br />

Im Auftrag des BMBF<br />

Titan-Aluminid-Legierungen –<br />

eine Werkstoffgruppe mit Zukunft


Herausgeber: Forschungszentrum <strong>Jülich</strong> GmbH<br />

<strong>Projektträger</strong> <strong>Jülich</strong> (PTJ)<br />

Geschäftsbereich Neue Materialien und Chemische Technologien<br />

52425 <strong>Jülich</strong>; Tel.: (02461) 61-4840; Fax: (02461) 61-2398<br />

E-mail: nmt@fz-juelich.de; Internet: http://www.fz-juelich.de/ptj<br />

Autor/Redaktion: M. Dietrich<br />

<strong>Projektträger</strong> <strong>Jülich</strong> (PTJ)<br />

Geschäftsbereich Neue Materialien und Chemische Technologien<br />

Forschungszentrum <strong>Jülich</strong> GmbH<br />

Titelfoto: DaimlerChrysler AG<br />

Druck: Grafische Betriebe, Forschungszentrum <strong>Jülich</strong> GmbH<br />

ISBN 3-89336-318-1<br />

Die Firmenbenennungen beziehen sich auf den Status bzw. die Bezeichnungen zum<br />

damaligen Zeitpunkt.<br />

Es ist zu verweisen auf die vom <strong>Projektträger</strong> PTJ Geschäftsbereich NMT herausgegebenen<br />

Jahresberichte, in denen die einzelnen geförderten Projekte beschrieben werden.


Inhaltsverzeichnis<br />

0. Vorwort (G. Sauthoff)<br />

1. TiAl – ein neuer Strukturwerkstoff für hohe Temperaturen (M. Dietrich)<br />

1.1. Förderzeitraum 1983 bis 1990/1992<br />

Grundlagenprojekte Intermetallische Phasen<br />

1.2. Förderzeitraum 1990 bis 1994/1996 (M. Dietrich)<br />

1.2.1. Walzen zur TiAl-Blechherstellung (H. Clemens)<br />

1.2.2. Feinguss für TiAl-Motorkomponenten (H. Baur)<br />

1.2.3. Feinguss für TiAl-Flugturbinenschaufeln (F. Appel, M. Oehring)<br />

1.2.4. Pulvermetallurgische Herstellung von TiAl-Bauteilen (M. Schütze, W. Smarsly)<br />

1.3. Förderzeitraum 1995 bis 1999 (M. Dietrich)<br />

1.3.1. Herstellung von TiAl-Legierungsmaterial (V. Güther)<br />

1.3.2. Strangpressverfahren zur Herstellung von TiAl-Ventilen (H. Kestler, N. Eberhardt)<br />

1.3.3. Permanentkokillenguss-Prozess für TiAl-Ventile (P. Busse)<br />

1.3.4. Schmiedeverfahren für TiAl-Schaufeln (F. Appel, M. Oehring)<br />

1.3.5. Gebaute TiAl-Flugturbinen-Hohlschaufel (R. Gerling)<br />

1.3.6. Schweißen von Titanaluminiden (H. Cramer)<br />

2. TiAl-Bauteile an der Schwelle zum Einsatz<br />

2.1. Förderzeitraum 1999 bis 2002 (M. Dietrich)<br />

2.1.1. Entwicklung von TiAl-Legierungen der 3. Generation (F. Appel, M. Oehring)<br />

2.1.2. Beschichtungen für Titanaluminide (W.J. Quadakkers)<br />

2.1.3. Bau einer TiAl-<strong>Pilotanlage</strong> zur Massenfertigung von TiAl-Motorventilen (P.Busse)<br />

2.1.4. Umformtechnologien für hochfeste TiAl-Legierungen<br />

der 3. Generation (F. Appel, M. Oehring)<br />

3. Bewertungen des Einsatzes von TiAl-Bauteilen<br />

3.1. Zulieferindustrie (Thyssen, TRW, Plansee, GfE)<br />

3.2. Automobilindustrie (Audi, BMW, DaimlerChrysler, Ford, Opel)<br />

3.3. Flugzeugindustrie (Rolls-Royce, MTU)<br />

4. Fazit (M. Dietrich)<br />

5. Nachwort<br />

6. Autorenverzeichnis<br />

Seite<br />

5<br />

9<br />

12<br />

14<br />

21<br />

26<br />

32<br />

36<br />

38<br />

48<br />

53<br />

57<br />

65<br />

71<br />

82<br />

85<br />

92<br />

96<br />

100<br />

108<br />

113<br />

118<br />

121<br />

126<br />

127


Vorwort<br />

5<br />

Die erste Ölkrise 1973/74 machte überaus deutlich die Notwendigkeit klar, mit der<br />

verfügbaren Energie möglichst sparsam - d.h. mit möglichst hohem Wirkungsgrad -<br />

umzugehen. Dies bedingt möglichst hohe Betriebstemperaturen in den<br />

Energiewandlungsanlagen - beispielsweise Verbrennungsmotoren oder Gasturbinen -, wobei<br />

die möglichen Betriebstemperaturen durch die verfügbaren Werkstoffe begrenzt sind.<br />

Seit Beginn des 20. Jahrhunderts ist bekannt, dass die Metalle, die seit Jahrtausenden als<br />

metallische Werkstoffe benutzt werden, untereinander chemische Verbindungen bilden<br />

können, die als intermetallische Verbindungen oder intermetallische Phasen bekannt sind und<br />

die sich auf Grund ihrer starken Atombindung durch hohe Festigkeiten auch bei hohen<br />

Temperaturen auszeichnen [1,2]. Damit bieten sich intermetallische Phasen als ausgesprochen<br />

vielversprechende Kandidaten für auf höchste Einsatztemperaturen zielende neue<br />

Werkstoffentwicklungen an. Entsprechende Entwicklungen werden mit besonderem<br />

Nachdruck seit den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts insbesondere in den USA und<br />

in Japan durchgeführt. Das zentrale Problem aller Entwicklungen ist die geringe<br />

Verformbarkeit der intermetallischen Phasen bei niedrigen Temperaturen.<br />

In Deutschland waren die intermetallischen Phasen bereits seit Beginn des 20. Jahrhunderts<br />

Gegenstand intensiver Grundlagenforschung, wobei insbesondere Gustav Tammann (1861-<br />

1938) in Göttingen zu nennen ist. Auf der Basis dieser Grundlagenforschung wurden zunächst<br />

nur neue Funktionswerkstoffe beispielsweise mit besonderen magnetischen Eigenschaften<br />

erfolgreich entwickelt. Das Interesse an Entwicklungen von intermetallischen<br />

Strukturwerkstoffen für höchste Temperaturen entwickelte sich erst vergleichsweise spät. Zu<br />

erwähnen ist hier ein erstes Projekt (1982-1986) des Max-Planck-Institutes für<br />

Eisenforschung zur Erschließung der Möglichkeiten für die Entwicklung neuer<br />

intermetallischer Hochtemperatur-Strukturwerkstoffe, wobei die Nickel- und Eisenaluminide<br />

im Mittelpunkt standen und die Förderung noch im BMFT-Programm „Eisen- und<br />

Stahlforschung und -technologie“ der damaligen sozial-liberalen Bundesregierung erfolgte<br />

[3,4]. Von besonders hohem Interesse waren und sind die Titanaluminide, die sich durch ihre<br />

geringe Dichte auszeichnen und sich daher für neuartige Leichtbauwerkstoffe anbieten mit<br />

höheren Warmfestigkeiten als die der konventionellen Leichtmetalllegierungen. Ein erstes<br />

Projekt zur Werkstoffentwicklung auf der Basis des intermetallischen Titanaluminids TiAl<br />

wurde 1983-1985 im VAW-Forschungsinstitut von Prof. G. Ibe und Dr. J. Penkava<br />

durchgeführt.<br />

Neue verbesserte Möglichkeiten für die Entwicklungen neuartiger Hochtemperaturwerkstoffe<br />

boten sich in dem für den Zeitraum 1985-1994 aufgelegten Materialforschungsprogramm<br />

(Matfo) der folgenden Bundesregierung, in das auf Initiative des Direktors des Max-Planck-<br />

Institutes für Eisenforschung Prof. H.-J. Engell Werkstoffe auf der Basis intermetallischer<br />

Phasen als zu fördernde Werkstoffe aufgenommen wurden. Zur Initiierung der möglichen<br />

Werkstoffentwicklungen auf der Basis der sich anbietenden intermetallischen Phasen wurde<br />

durch Bündelung der verschiedenen Interessen 1986-1990 unter der Führung des Max-<br />

Planck-Institutes für Eisenforschung mit verschiedenen Partnern ein breites<br />

anwendungsorientiertes Grundlagenprojekt durchgeführt, dem ein aufwändiger intensiver<br />

Klärungsprozess 1983-1985 voraus gegangen war. Dieses Grundlagenprojekt, in dem die<br />

Titanaluminide unter Führung von Prof. R. Wagner/GKSS eine wesentliche Rolle spielten,<br />

wurde begleitet von einem Technologie-Pilotprojekt der Metallgesellschaft zusammen mit<br />

weiteren Partnern, das von Prof. P. Wincierz initiiert worden war und sich auf die<br />

Herstellungsmöglichkeiten von TiAl-Bauteilen konzentrierte. Die Ergebnisse wurden auf


6<br />

verschiedenen deutschen [5-7] und internationalen Symposien [8-11] vorgestellt und fanden<br />

ein vielfältiges Interesse [12,13]. Aus diesen Projekten resultierten erfolgreiche Titan-<br />

Aluminid-Werkstoffentwicklungen, die dann mit Förderung im Rahmen des anschließenden<br />

Programms „Neue Materialien für Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts - MaTech“<br />

fortgeführt wurden [14] und Gegenstand der vorliegenden Monographie sind.<br />

Diese anwendungsorientierten Entwicklungsanstrengungen wurden von der Deutschen<br />

Forschungsgemeinschaft (DFG) intensiv unterstützt durch zwei aufeinander folgende<br />

Schwerpunktprogramme (SPP) zur Förderung entsprechender Grundlagenuntersuchungen.<br />

Das erste DFG-SPP „Intermetallische Phasen als Basis für neue Strukturwerkstoffe“ (1985-<br />

1990) auf Initiative von Prof. H.-J. Engell/Max-Planck-Institut für Eisenforschung zielte auf<br />

grundlegende Untersuchungen verschiedener bisher zu wenig bekannter intermetallischer<br />

Phasen, deren Potenzial noch unklar war, und schloss die Titanaluminide ein. Das zweite<br />

DFG-SPP „Verformung und Bruch geordneter Mischkristalle“ (1992-1997) auf Initiative von<br />

Prof. P. Neumann/Max-Planck-Institut für Eisenforschung und Prof. H. Mecking/TU<br />

Hamburg-Harburg konzentrierte sich auf Untersuchungen der beiden Basis-Phasen der<br />

angelaufenen Entwicklungen, nämlich des Nickelaluminids NiAl einerseits und des<br />

Titanaluminids TiAl andererseits. Die Ergebnisse wurden jeweils in öffentlichen Symposien<br />

vorgestellt [15,16].<br />

Eine erste Gesamtdarstellung dieser breit gefächerten Aktivitäten im Bereich der<br />

intermetallischen Phasen erfolgte 1988 in Bad Nauheim mit dem Symposium<br />

„Intermetallische Phasen: Grundlagen - Einsatzmöglichkeiten - Herstellung“ der Deutschen<br />

Gesellschaft für Materialkunde (DGM) [17]. Angesprochen wurden die Grundlagen,<br />

Entwicklungen, Anwendungen und Perspektiven sowohl der Funktionswerkstoffe als auch der<br />

Konstruktionswerkstoffe auf der Basis der intermetallischen Phasen. Für den andauernden<br />

Informations- und Erfahrungsaustausch der Forscher, Entwickler und Anwender gründete die<br />

DGM 1990 den Fachausschuss „Intermetallische Phasen“, der sich dann regelmäßig zu<br />

jährlichen Sitzungen traf, um den jeweiligen Stand und die Perspektiven zu diskutieren.<br />

Wiederholt standen die Titanaluminide im Mittelpunkt der Sitzungen, zu denen immer alle an<br />

den Entwicklungen Interessierte eingeladen waren. Damit war neben den jährlichen<br />

Hauptversammlungen der DGM ein Forum für die intermetallischen Phasen geschaffen<br />

worden, das wesentlich zur Bündelung der verschiedenartigen Entwicklungsbemühungen<br />

beitrug.<br />

Rückblickend kann festgestellt werden, dass die in der vorliegenden Monographie<br />

dargestellten äußerst erfolgreichen Werkstoffentwicklungen auf der Basis der<br />

intermetallischen Titanaluminide ermöglicht wurde durch das überaus engagierte und<br />

vertrauensvolle Zusammenwirken der Grundlagenforscher, Werkstoffentwickler und<br />

Forschungsförderer in den beteiligten Institutionen. Dadurch gelang eine glückliche<br />

Kombination von Fördermöglichkeiten seitens des BMFT/BMBF und der DFG, die zu<br />

vergleichsweise schnellen Entwicklungsfortschritten mit vergleichsweise geringen Mitteln<br />

führte. Damit ist in Deutschland ein Stand erreicht worden, der sich durchaus mit dem in den<br />

USA oder Japan [18-21] vergleichen lässt, wo erheblich umfangreichere Programme mit sehr<br />

viel höheren Mitteln zur Verfügung standen.<br />

Zusammenfassend ist damit ein nachahmenswertes Beispiel für andere neue<br />

Werkstoffentwicklungen und deren Förderung gegeben.<br />

G. Sauthoff<br />

Max-Planck-Institut für Eisenforschung GmbH<br />

Düsseldorf


Referenzen<br />

7<br />

1. G.Sauthoff, Intermetallics, 1. Aufl., Wiley-VCH, Weinheim (1995).<br />

2. G.Sauthoff, Intermetallics, in: Ullmann's Encyclopedia of Industrial Chemistry,<br />

Sixth Edition, 2001 Electronic Release, 6. Aufl., Wiley-VCH, Weinheim (2001)<br />

3. H.J.Grabke, G.Sauthoff, I.Jung, J.Peters und M.Rudy, Prüfung von Eisen-Nickel-<br />

Aluminium-Legierungen zur Anwendung bei hohen Temperaturen unter<br />

Zeitstandbedingungen in Atmosphären mit niedrigem Sauerstoffpotential, in:<br />

BMFT-Programm Eisen- und Stahlforschung und -technologie der Bundesregierung<br />

- Statusbericht 1984, Hrsg. R.Neumann, E.Seitz und H.J.von den Driesch, KFA-<br />

PLR, <strong>Jülich</strong> (1984) 651-658.<br />

4. M.Rudy und G.Sauthoff, Creep Behaviour of the Ordered Intermetallic<br />

(Fe,Ni)Al Phase, in: High-Temperature Ordered Intermetallic Alloys, Hrsg.<br />

C.C.Koch, C.T.Liu und N.S.Stoloff, MRS, Pittsburgh (1985) 327-333.<br />

5. Symposium Materialforschung 1988 des Bundesministers für Forschung und<br />

Technologie (BMFT), Hrsg. B.Vierkorn-Rudolph und D.Lillack, KFA-PLR, <strong>Jülich</strong><br />

(1988).<br />

6. 2. Symposium Materialforschung 1991 des Bundesministers für Forschung und<br />

Technologie (BMFT), Hrsg. B.Vierkorn-Rudolph, D.Lillack und H.-J.Clar, Verlag<br />

TÜV Rheinland, Köln (1991).<br />

7. Intermetallische Phasen als Strukturwerkstoffe für hohe Temperaturen (Beiträge<br />

zu einem Seminar der <strong>Projektträger</strong>schaft Material- und Rohstoffforschung<br />

(PLR)), Hrsg. F.J.Bremer, Forschungszentrum <strong>Jülich</strong> GmbH, <strong>Jülich</strong> (1991).<br />

8. G.Sauthoff, Mechanical Properties of Intermetallics at High Temperatures, in:<br />

High-Temperature Aluminides and Intermetallics, Hrsg. S.H.Whang, C.T.Liu,<br />

D.P.Pope und J.O.Stiegler, TMS, Warrendale (1990) 329-352.<br />

9. G.Sauthoff, High Temperature Deformation and Creep Behaviour of BCC<br />

Based Intermetallics, in: Proceedings of the International Symposium on<br />

Intermetallic Compounds - Structure and Mechanical Properties - (JIMIS-6), Hrsg.<br />

O.Izumi, The Japan Institute of Metals, Sendai (1991) 371-378.<br />

10. G.Sauthoff, New Developments in Intermetallic Compounds in West Germany,<br />

in: Frontiers of Materials Research/Electronic and Optical Materials (C-MRS<br />

International '90, Beijing, Vol. 1), Hrsg. M.Kong und L.Huang, Elsevier Sci. Publ.,<br />

Amsterdam (1991) 17-24.<br />

11. G.Sauthoff, The High Temperature Deformation of Intermetallic Alloys, in:<br />

Structural Intermetallics, Hrsg. R.Darolia, J.J.Lewandowski, C.T.Liu, P.L.Martin,<br />

D.B.Miracle und M.V.Nathal, TMS, Warrendale (1993) 845-860.<br />

12. Ordered Intermetallics - Physical Metallurgy and Mechanical Behaviour (Proc.<br />

NATO Advanced Research Workshop 1991 at Kloster Irsee), Hrsg. C.T.Liu,<br />

R.W.Cahn und G.Sauthoff, Kluwer Acad. Publ., Dordrecht (1992).<br />

13. Gamma Titanium Aluminides: Processing, Properties, Physical Metallurgy<br />

(International Workshop at Kloster Irsee), Hrsg. R.Wagner, F.Appel und<br />

H.Mecking, 1994).<br />

14. Symposium Materialforschung - Neue Werkstoffe des Bundesministeriums für<br />

Forschung und Technologie (BMFT), Hrsg. U.Dahmen, I.Gilbert, D.Lillack und<br />

S.Runte, KFA-PLR, <strong>Jülich</strong> (1994).<br />

15. Intermetallische Phasen als Basis für neue Strukturwerkstoffe (Ergebnisse eines<br />

Schwerpunktprogrammes 1985 - 1990), Hrsg. J.Tobolski, DFG, Bonn (1992).<br />

16. P.Neumann und G.Sauthoff, Deformation and Fracture of Ordered Solid<br />

Solutions - Preface, Intermetallics, 7 (1999) 233-235.


8<br />

17. Proc. Symp. Intermetallische Phasen: Grundlagen - Einsatzmöglichkeiten -<br />

Herstellung (Bad Nauheim 24.-25-11-1988), Hrsg. G.Sauthoff, P.Eßlinger,<br />

H.Fischmeister, H.W.Grünling, H.Mecking, V.Schumacher, R.Wagner,<br />

H.Warlimont, H.Wever und P.Wincierz, DGM, Oberursel (1988).<br />

18. F.Appel und R.Wagner, Intermetallics: Titanium Aluminides, in: Encyclopedia of<br />

Materials: Science and Technology, Hrsg. K.H.J.Buschow, R.W.Cahn,<br />

M.C.Flemings, B.Ilschner, E.J.Kramer und S.Mahajan, Pergamon-Elsevier Science,<br />

Amsterdam (2001)<br />

19. Gamma Titanium Aluminides 1999, Hrsg. Y.-W.Kim, D.M.Dimiduk und<br />

M.H.Loretto, TMS, Warrendale/PA (1999).<br />

20. High-Temperature Ordered Intermetallic Alloys IX, Hrsg. J.H.Schneibel,<br />

K.J.Hemker, R.D.Noebe, S.Hanada und G.Sauthoff, MRS, Warrendale (2001).<br />

21. Structural Intermetallics 2001 (Proc. ISSI-3), Hrsg. K.J.Hemker, D.M.Dimiduk,<br />

H.Clemens, R.Darolia, H.Inui, J.M.Larsen, V.K.Sikka, M.Thomas und<br />

J.D.Whittenberger, TMS, Warrendale (2001).


1. TiAl – ein neuer Strukturwerkstoff für hohe Temperaturen<br />

1.1. Förderzeitraum 1983 bis 1990/1992:<br />

Grundlagenprojekte Intermetallische Phasen<br />

9<br />

Bis Ende der 70iger Jahre war es weltweit undenkbar, aus den harten, spröden und unbearbeitbaren<br />

intermetallischen Phasen, zu denen die Titanaluminide zählen, Bauteile herzustellen;<br />

sie waren bis zu dem Zeitpunkt immer nur Gegenstand breiter Grundlagenforschung. Anfang<br />

der 80iger Jahre wurde auf der Suche nach neuen Hochtemperaturwerkstoffen zuerst von<br />

den USA das weltweite Interesse an den intermetallischen Phasen geweckt. Bezüglich ihrer<br />

hohen Schmelztemperaturen, hohen Härten, niedrigen Dichten, sehr guten Korrosions- bzw.<br />

Oxidationseigenschaften und der thermodynamischen Stabilität bei hohen Temperaturen sind<br />

die intermetallischen Legierungen als Alternative zu den Nickel-Basis-Superlegierungen und<br />

Keramiken anzusehen.<br />

Das BMBF (früher BMFT: Bundesministerium für Forschung und Technologie) reagierte<br />

frühzeitig auf diesen Entwicklungstrend und förderte schwerpunktmäßig innerhalb des Materialforschungsprogrammes<br />

„Matfo“ von 1986 bis 1990 in einem breit angelegten Pilotprojekt<br />

im Bereich der Grundlagenforschung die Untersuchungen der intermetallischen Phasen:<br />

03M3002 - siehe Tabelle 1. Zu diesem frühen Zeitpunkt wurde bewusst die Industrie in die<br />

Forschungsprojekte mit eingebunden und es haben sich noch während dieser Laufzeit zwei<br />

neue Projekte, speziell zu den Titanaluminiden, herauskristallisiert, deren gezielte Förderung<br />

als notwendig erachtet wurde (03M3019 und 3020 in Tabelle1).<br />

An der Stelle muss darauf hingewiesen werden, dass im Vorfeld dieser genannten Projekte<br />

das Leichtmetall-Forschungsinstitut der VAW AG Bonn damals vom BMFT von 1983 bis<br />

1985 in einem Einzelvorhaben zum Thema Titanaluminide gefördert worden ist. Es handelte<br />

sich um einen ersten Versuch, pulvermetallurgisch durch Reaktions-Sintern unter Druck,<br />

Homogenisieren und durch heißisostatisches Pressen Titanaluminide herstellen zu können.<br />

Am Ende sollte ein einfaches Bauteil, die Vorform einer Turbinenschaufel, entstehen.<br />

Tabelle 1: Grundlagenprojekte – Intermetallische Phasen<br />

Förderkennzeichen<br />

03ZG072A<br />

(Förderanteil des<br />

BMBF:<br />

0.193 T €)<br />

Projekte<br />

Pulvermetallurgische Herstellung<br />

und Untersuchung<br />

von Hochtemperatur-<br />

Leichtbauwerkstoffen auf<br />

der Basis der intermetallischen<br />

Verbindung TiAl<br />

(Laufzeit:<br />

01.01.1983 – 31.12.1985)<br />

Projektleiter<br />

(Federführer unterstrichen)<br />

G. Ibe, Hydro Aluminium D. Bonn


03M3002<br />

(Förderanteil des<br />

BMBF:<br />

5.578 T €)<br />

03M3019<br />

(Förderanteil des<br />

BMBF:<br />

1.099 T €)<br />

03M3020<br />

(Förderanteil des<br />

BMBF:<br />

0.796 T €)<br />

10<br />

Intermetallische Phasen<br />

(Werkstoffe zwischen Metall<br />

und Keramik – Untersuchungen<br />

der Grundlagen<br />

für die Entwicklung von<br />

Strukturwerkstoffen für<br />

hohe Beanspruchungen auf<br />

der Basis intermetallischer<br />

Phasen)<br />

(Laufzeit:<br />

01.03.1986 – 30.06.1990)<br />

Herstellung und Erprobung<br />

von Intermetallischen Phasen<br />

für hochbeanspruchte<br />

Triebwerkskomponenten<br />

(Laufzeit:<br />

01.04.1989 – 31.03.1992)<br />

Entwicklung und Aufbau<br />

einer Pilotverdüsungsanlage<br />

mit plasmabeheizter Skull-<br />

Melting-Technik zur Herstellung<br />

von Pulvern aus<br />

intermetallischen Titan-<br />

Basis-Legierungen (Pulververdüsungsanlage<br />

PIGA:<br />

Plasma Melting Induction<br />

Gas Atomization)<br />

(Laufzeit:<br />

01.05.1989 – 31.07.1991)<br />

H.-J. Engell, G. Sauthoff, G. Frommeyer,<br />

MPI Düsseldorf,<br />

H. W. Grünling, L. Singheiser, ABB<br />

Mannheim,<br />

E. Arzt, MPI Stuttgart,<br />

H. Finkler, Saarstahl Völklingen,<br />

H. Meinhardt, H.C.Starck Laufenburg,<br />

E. Lugscheider, RWTH Aachen,<br />

R. Wagner, GKSS Geesthacht,<br />

E. Schmid, Metallgesellschaft Frankfurt,<br />

W. Smarsly, MTU München,<br />

A. Rahmel, Dechema Frankfurt,<br />

G. Ibe, Hydro Aluminium D. Bonn<br />

W. Smarsly, MTU München<br />

R. Wagner, GKSS Geesthacht<br />

G. Frommeyer, MPI Düsseldorf<br />

R. Wagner, GKSS Geesthacht<br />

Im Förderzeitraum 1986 bis ca. 1990 sind mit Hilfe von schmelz- und pulvermetallurgischen<br />

Herstellungsmethoden neben den Titanaluminiden eine Vielzahl Phasen, wie in Tabelle 2<br />

dargestellt, erschmolzen, charakterisiert und entsprechende Basissysteme für weitere Werkstoffentwicklungen<br />

festgelegt worden. Aus Tabelle 2 wird vor allem das Potenzial der Titanaluminide<br />

für eine Entwicklung als Leichtbauwerkstoff aufgrund des Dichtevorteils deutlich.


Tabelle 2: Intermetallische Basissysteme<br />

Phase Dichte<br />

in g/cm 3<br />

Schmelzpunkt max. Anwendungs-<br />

in °C<br />

temperatur in °C<br />

TiAl 3,8 1480 950<br />

NiAl 5,8 1638 1250<br />

FeAl 5,6 1350 1050<br />

MoSi2 6,3 2030 1600<br />

TiSi2 4,1 1540 1100<br />

Mg2Si 2,0 1085 450<br />

11<br />

Um in einer Zwischenbilanz einen wissenschaftlichen Austausch der bis dahin erreichten Ergebnisse<br />

zu erzielen und damit eine zukünftige Konzeptfindung zu erleichtern, wurde am<br />

30./31.10.1990 in Hagen vom damaligen <strong>Projektträger</strong> PLR ein Statusseminar „Intermetallische<br />

Phasen“ durchgeführt, bei dem Werkstoffhersteller, Bauteilanwender und Forschungsinstitute<br />

vertreten waren /1/. Speziell zu den intermetallischen Phasen auf der Basis von Titanaluminiden<br />

wurde aus Sicht der Anwenderindustrie auf der Veranstaltung folgende Bilanz gezogen:<br />

- TiAl-Werkstoffe sind bis zu dem Zeitpunkt nur im Labormaßstab hergestellt worden<br />

(Erarbeitung einer Datenbasis physikalischer bzw. thermisch-mechanischer Eigenschaften<br />

und grundlegender Erkenntnisse über den Zusammenhang von Herstellparametern,<br />

Mikrostruktur und Eigenschaften). Es fehlten die für die geplante Anwendung<br />

notwendigen Daten für eine begründete und abgesicherte Beurteilung der sogenannten<br />

γ-TiAl-Legierungen.<br />

- Bezüglich der Legierungsentwicklungen wurde deutlich, dass nur über die Einstellung<br />

von mehrphasigen Legierungssystemen eine Eigenschaftsverbesserung (z.B. Kriecheigenschaften<br />

und Raumtemperaturduktilität) erzielt werden konnte. Das günstigste<br />

Verhältnis von Festigkeit und Duktilität zeigten zweiphasige γ-TiAl-Legierungen.<br />

- Die Herstellung von Halbzeugen und Bauteilen sowie die Prüfung der Verfahren zur<br />

industriellen und wirtschaftlichen Anwendung waren die definierten Ziele für die<br />

nächste Entwicklungsetappe.<br />

Die Ergebnisse aus dem Matfo-Pilotprojekt sind umfassend einer großen Klientel auf dem 2.<br />

Symposium Materialforschung vom 26. bis 29.8.1991 in Dresden vorgestellt worden /2/. Im<br />

Anschluss an dieses Verbundvorhaben ist der Start für mehrere Entwicklungen, u.a. auch die<br />

von Leichtbauwerkstoffen auf der Basis der leichten Phase TiAl, erfolgt. Da die Grundlagenuntersuchungen<br />

zu dem Zeitpunkt so erfolgreich verliefen, sind Nachfolgeprojekte unter starker<br />

Industriebeteiligung nebeneinander begonnen worden (TiAl-Projekte - beschrieben in<br />

nachfolgenden Abschnitten). Über deren Ergebnisse wurde später auf dem Symposium Materialforschung<br />

des BMBF 1994 in Würzburg /3/ ausführlich berichtet. Die auf beiden Symposien<br />

für das BMBF gezogenen Bilanzen zum Stand der Entwicklungen der „Intermetallischen<br />

Phasen“ fanden bei den Wissenschaftlern und Industrievertretern große Resonanz.<br />

Veröffentlichungen:<br />

/1/ Intermetallische Phasen als Strukturwerkstoff für hohe Temperaturen; Konferenzen des<br />

Forschungszentrums <strong>Jülich</strong>, Band 6/1991,<br />

/2/ 2. Symposium Materialforschung 1991 des BMFT, 26.-29. August 1991 in Dresden,<br />

Herausgeber PLR, FZ <strong>Jülich</strong>,<br />

/3/ Symposium Materialforschung – Neue Werkstoffe des BMFT, 02.-04. Nov. In Würzburg,<br />

Herausgeber PLR, FZ <strong>Jülich</strong>, ISBN 3-88135-286-4.


12<br />

1.2. Förderzeitraum 1990 bis 1994/1996<br />

Ab 1990 begann eine zweite Förderphase auf dem gesamten Gebiet der intermetallischen<br />

Phasen mit einem großen Entwicklungsschub insbesondere für die Titanaluminide. Im Mittelpunkt<br />

des industriellen Interesses standen in Deutschland die sogenannten γ-TiAl-<br />

Legierungen zur Herstellung von leichten, hochtemperaturbeständigen Blechen für die Luft-<br />

und Raumfahrtindustrie und zur Herstellung von Motoren- und Turbinenkomponenten für<br />

höhere Einsatztemperaturen.<br />

In diesen Jahren wurden außerdem, neben den TiAl-Projekten, Fördervorhaben zu den anderen<br />

in Tabelle 2 aufgeführten intermetallischen Basissystemen gestartet. Zur fachlichen Bewertung<br />

der laufenden Projekte ist 1990 vom <strong>Projektträger</strong> PTJ-NMT (damals PLR) ein Expertenkreis<br />

„Intermetallische Phasen“ benannt worden, der sich aus leitenden Vertretern<br />

der Industrie, Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen zusammensetzte. Die Aufgabe<br />

des Expertengremiums bestand darin, den fachlich und programmatisch erreichten Projektstatus<br />

zu bewerten. Dabei lieferte der Expertenkreis wichtige Erkenntnisse, die bei der<br />

weiteren Ausrichtung der Arbeiten in den einzelnen Projekten mit eingeflossen sind. Vor diesem<br />

Hintergrund fand von 1990 bis 1997 einmal im Jahr eine erweiterte Projektsitzung „Intermetallische<br />

Phasen“ mit Fortschrittsberichten zu den Einzelprojekten unter Teilnahme der<br />

Experten statt. Diese Veranstaltung mit anschließender Tagung des Expertenkreises wurde<br />

von den Herren Dr. Sauthoff (MPI Düsseldorf) und Prof. Wagner (früher Forschungszentrum<br />

GKSS Geesthacht, heute im Vorstand des Forschungszentrums <strong>Jülich</strong>) organisiert und<br />

geleitet.<br />

Dem Expertenkreis „Intermetallische Phasen“ gehörten folgende Personen an:<br />

- G. Matucha (Vorsitzender) Metallgesellschaft Frankfurt<br />

- H. W. Grünling bis 1992 ABB Mannheim<br />

- R. Bürgel (1992 – 1994), ab 1994 L. Singheiser ABB Heidelberg<br />

- P. Esslinger, ab 1992 W. Smarsly MTU München<br />

- H.-J. Engell, G. Sauthoff MPI Düsseldorf<br />

- E. Tank Daimler Benz Stuttgart<br />

- R. Wagner GKSS Geesthacht<br />

- H. Fischmeister, ab 1992 E. Arzt MPI Stuttgart<br />

Speziell zu den Titanaluminiden erfolgten in dem Förderzeitraum zu ausgewählten Einzelbauteilen<br />

gezielte Legierungsentwicklungen. In Forschungsverbünden sind in Zusammenarbeit<br />

mit der Industrie maßgeschneidert in Abhängigkeit von den Herstellungstechniken sogenannte<br />

-TiAl-Legierungen entwickelt worden, die im Laufe der Jahre in Konkurrenz zu den bei General<br />

Electric, Howmet, Pratt & Whitney u.a. Firmen in den USA, Europa und in Japan propagierten<br />

TiAl-Legierungen traten.<br />

Vom BMBF wurden die in den einzelnen Verbünden laufenden Arbeiten in diesem Förderzeitraum<br />

mit insgesamt 5,3 Mio. € unterstützt. Wie aus der Tabelle 3 ersichtlich, handelte es<br />

sich um Verbünde entlang der Wertschöpfungskette, d.h. es wurden Forschungsinstitute,<br />

Werkstoff- und Bauteilhersteller bzw. –anwender in die Projekte eingebunden.


Tabelle 3: Förderzeitraum 1990 bis 1994/1996:<br />

Herstellung von Einzelbauteilen aus Titanaluminiden<br />

Förderkennzeichen<br />

03M3029<br />

(Förderanteil<br />

des BMBF:<br />

0.971 T €)<br />

03M3032<br />

(Förderanteil<br />

des BMBF:<br />

2.045 T €)<br />

03M3030<br />

(Förderanteil<br />

des BMBF:<br />

1.074 T €)<br />

03M3053<br />

(Förderanteil<br />

des BMBF:<br />

1.227 T €)<br />

Projekte<br />

Herstellung und Er<br />

probung von Blechen<br />

und Folien aus Titanaluminiden<br />

(Laufzeit:<br />

01.07.1990 –<br />

30.06.1994)<br />

Motorenteile aus<br />

intermetallischer<br />

Verbindung TiAl<br />

(Laufzeit:<br />

01.09.1990 –<br />

31.12.1994)<br />

TiAl-<br />

Turbinenkomponenten<br />

(Laufzeit:<br />

01.07.1990 –<br />

30.06.1994)<br />

Entwicklung der pulvermetallurgischen<br />

Herstellung von Bauteilen<br />

auf Basis TiAl<br />

und deren Erprobung<br />

(Laufzeit:<br />

01.01.1993 –<br />

31.12.1996,<br />

(Metallgesellschaft:<br />

01.01.1993 –<br />

30.09.1995)<br />

13<br />

Projektleiter<br />

(Federführer unterstrichen)<br />

H. Kühnle, MBB München<br />

H. Clemens, Plansee Reutte<br />

U. Herold-Schmidt, Dornier Friedrichshf.<br />

S. Schwantes, D. Luftfahrt Friedrichshf.<br />

M. Dahms, GKSS Geesthacht<br />

C. Wurzwallner, Böhler Edelstahl<br />

Kapfenberg<br />

A. Bartels, H. Mecking, TU Hamburg-<br />

Harburg<br />

G. Frommeyer, MPI Düsseldorf<br />

E. Tank, S. Hurta, Daimler-Benz Stuttgart<br />

H.-P. Nicolai, TITAL Bestwig<br />

H. Sibum, DTG Essen<br />

R. Wagner, GKSS Geesthacht<br />

W. Smarsly, MTU München<br />

L. Singheiser, ABB Heidelberg<br />

C. Wurzwallner, Böhler-Edelstahl<br />

Kapfenberg<br />

H.-P. Nicolai, TITAL Bestwig<br />

(E. Schmid, Metallgesellschaft Frankfurt)<br />

B. Friedrich, V. Güther, GfE Nürnberg<br />

W. Smarsly, MTU München<br />

M. Schütze, DECHEMA Frankfurt<br />

H. Heegn, FIA Freiberg<br />

siehe<br />

Abschnitt<br />

1.2.1.<br />

1.2.2.<br />

1.2.3.<br />

1.2.4.


14<br />

Mit diesen geförderten Projekten (Tabelle 3) konnte gezeigt werden, dass der Feinguss als<br />

Verfahren zur TiAl-Bauteilherstellung prinzipiell geeignet ist und Festigkeiten, Oxidations-<br />

und Korrosionsbeständigkeit der entwickelten TiAl-Legierungen für Anwendungstemperaturen<br />

bis 700°C ausreichend sind. Einzelne Bauteile, z.B. eine Flugturbinenschaufel, sind hergestellt<br />

und getestet worden. Das Hauptproblem der Titanaluminide, geeignete Gefüge einzustellen,<br />

die sowohl hinsichtlich Kriechfestigkeit als auch Duktilität den Nickelbasis-<br />

Superlegierungen vergleichbar sind, konnte nicht bewältigt werden.<br />

Die in dem Zeitraum gelaufenen Entwicklungsarbeiten am TiAl-Blechmaterial waren auf die<br />

erfolgreiche Überwindung der prinzipiellen Hindernisse beim Umformen dieses neuen Werkstoffes<br />

gerichtet.<br />

In den folgenden Beiträgen sollen einerseits die schwierigen Anfänge der damaligen TiAl-<br />

Bauteilentwicklungen deutlich werden, andererseits aber auch den erfolgreichen Start dieser<br />

völlig neuen Werkstoffentwicklung in Deutschland aufzeigen.<br />

1.2.1. Walzen zur TiAl-Blechherstellung<br />

Autoren: H. Clemens, GKSS Forschungszentrum Geesthacht GmbH; A. Bartels,<br />

TU Hamburg Harburg<br />

Die Partner des Verbundvorhabens waren:<br />

- Messerschmitt-Bölkow-Blohm AG, München<br />

- Dornier GmbH, Friedrichshafen<br />

- Dornier Luftfahrt GmbH, Friedrichshafen<br />

- Böhler-Edelstahl GmbH, Kapfenberg (Österreich)<br />

- Metallwerke Plansee GmbH, Reutte (Österreich) und Lechbruck<br />

- GKSS-Forschungszentrum Geesthacht GmbH<br />

- TU Hamburg Harburg<br />

1.2.1.1. Motivation und Zielsetzungen<br />

Ziel war es zu zeigen, dass die Herstellung von Blechen und Folien aus -TiAl-<br />

Basislegierungen im industriellen Maßstab möglich ist. Der Hintergrund dieses ehrgeizigen<br />

Vorhabens war das sogenannte "Sänger-Projekt". Für diesen wie ein Flugzeug operierenden<br />

Raumgleiter wurden TiAl-Bleche und Folien in bestimmten Abmessungen zum Bau von<br />

Strukturteilen und thermischen Schutzschilden benötigt, die weltweit nicht erhältlich waren.<br />

Des weiteren sollte der Walzprozess reproduzierbar sein und die Bleche bestimmte technologische<br />

und mechanische Eigenschaften aufweisen, z.B. superplastisches Verhalten bei hohen<br />

Temperaturen und eine plastische Mindestdehnung bei Raumtemperatur. Während der "Sänger"<br />

überwiegend aus Kostengründen nicht realisiert wurde, war das "TiAl-Blechprojekt"<br />

wissenschaftlich und technologisch äußerst erfolgreich und leitete für einige der industriellen<br />

Projektpartner den Einstieg in neue Märkte ein.<br />

1.2.1.2 Umsetzung und Ergebnisse<br />

Vor Beginn des Förderprojektes hatte es in Deutschland keine Aktivitäten bezüglich der Herstellung<br />

von TiAl-Blechen gegeben. Ebenso war die Herstellung eines geeigneten Vormaterials<br />

für den Walzprozess ungelöst.


15<br />

In den USA wurde in der Mitte der achtziger Jahre aus vergleichbaren Gründen (Stichwort:<br />

"Orient Express") wie in Deutschland eine Studie zum Walzen von -TiAl-Basislegierungen<br />

gestartet. In diesem amerikanischen Programm wurde das Umformen von -TiAl-<br />

Basislegierungen durch Walzen zum größten Teil im Labormaßstab durchgeführt. Um die<br />

notwendigen hohen Umformtemperaturen während des Walzprozesses aufrecht zu erhalten,<br />

wurde in den USA eine Verbundkapseltechnik ("Pack Rolling") benutzt. Als Vormaterial<br />

wurden gegossene bzw. gegossene und primärverformte TiAl-Legierungen verwendet. Die so<br />

hergestellten Bleche hatten aber nur geringe Abmessungen und eigneten sich daher nicht für<br />

eine systematische Untersuchung der Blechqualität oder gar zur Weiterverarbeitung zu testfähigen<br />

Komponenten. Diese grundlegenden Arbeiten haben aber gezeigt, dass unter Einhaltung<br />

von nahezu isothermen Walzverhältnissen und kleinen Walzgeschwindigkeiten die Herstellung<br />

von TiAl-Blechen möglich ist.<br />

Kobe Steel in Japan hat speziell für die Herstellung von Blechen und Folien aus -TiAl-<br />

Basislegierungen ein Isothermwalzwerk gebaut, um unter Argon-Atmosphäre gegossene Platten<br />

direkt und ungekapselt bei Temperaturen im Bereich von 1200°C mit extrem langsamen<br />

Umformgeschwindigkeiten (10 -3 – 10 -1 s -1 ) auszuwalzen. Die maximale Blechbreite ist aber<br />

auf 150 mm begrenzt.<br />

Im Folgenden wird ein Teil der Ergebnisse beschrieben, die im Rahmen des geförderten Verbundprojektes<br />

03M3029 – "Herstellung und Erprobung von Blechen und Folien aus Titan-<br />

Aluminiden" – erzielt wurden, wobei der Schwerpunkt auf die Herstellung von Blechen aus<br />

primärverformtem Gussmaterial im industriellen Maßstab gelegt wird. Als "Pilotlegierungen"<br />

wurden Ti-48Al-2Cr und Ti-47Al-2Cr-0.2Si (Angaben in Atomprozent) verwendet. Cr wurde<br />

wegen seiner duktilisierenden Wirkung zugesetzt. Bei höheren Temperaturen begünstigt Cr<br />

die superplastischen Eigenschaften. Si soll die Gießbarkeit verbessern und positiven Einfluss<br />

auf das Kriechverhalten haben. Im Rahmen des beschriebenen MatFo-Projektes konnte gezeigt<br />

werden, dass durch Verwendung einer modifizierten Verbundkapseltechnik das Walzen<br />

von TiAl-Blechen auf industriellen Warmwalzgerüsten möglich ist, wobei im Vergleich zu<br />

Isothermwalzwerken mit relativ hohen Walzgeschwindigkeiten gearbeitet wird.<br />

Vormaterialherstellung:<br />

(Schmelzen und Primärumformung)<br />

Das Erschmelzen im Lichtbogenofen und das Abgießen in einem Skull fand unter Vakuumbedingungen<br />

statt. Die dafür verwendete Rotel (Rotating Electrode)-Anlage wurde von der<br />

Firma Böhler Edelstahl (Kapfenberg, Österreich) für die oben angeführten TiAl-Legierungen<br />

adaptiert. Während des Schmelzvorganges wurden der Schmelze kontinuierlich Proben zur<br />

Analyse entnommen. Dadurch war eine äußerst genaue Einstellung der gewünschten Zusammensetzung<br />

möglich. Ein Vorteil der schmelzmetallurgischen Herstellungsroute gegenüber<br />

der pulvermetallurgischen Route war zu Beginn der neunziger Jahre der geringe Gehalt an<br />

interstitiellen Verunreinigungen im Gussblock. Der maximale O-Gehalt lag bei ca. 700 ppm<br />

und der N-Gehalt war kleiner als 300 ppm. Man muß an dieser Stelle aber anmerken, dass<br />

sich im Laufe der Jahre die Qualität der TiAl-Pulver deutlich verbessert hat und damit eine<br />

erfolgreiche Pulverroute zur TiAl-Blechherstellung entwickelt werden konnte. Hierzu hat<br />

besonders die Einführung der PIGA-Technologie im GKSS Forschungszentrum beigetragen.<br />

Die abgegossenen Ingots wogen bis zu 150 kg und der Durchmesser betrug ca. 190 mm. Das<br />

Gussgefüge bestand überwiegend aus lamellaren (-TiAl + 2-Ti3Al)-Dendriten, deren Größe<br />

bis zu einigen Millimetern betragen konnte. Wegen der peritektischen Erstarrung weist das


16<br />

Gussgefüge chemische Inhomogenitäten im Sinne interdendritischer Mikroseigerungen auf.<br />

Aus diesem Grund wurden die Gussblöcke vor der Primärumformung einer Homogenisierungsglühung<br />

im -Gebiet ausgesetzt.<br />

Die Primärverformung durch Schmieden hat den Zweck, das grobe Gussgefüge zu zerstören<br />

und dadurch für den Walzprozess ein homogenes, feinkörniges Ausgangsgefüge herzustellen.<br />

Zwar läßt sich auch unverformtes gegossenes Vormaterial walzen, nur weist das<br />

Blech extreme Gefügeinhomogenitäten auf, welche zu einer signifikanten Verschlechterung<br />

der mechanischen Eigenschaften führen. Das Schmieden auf industriellen Anlagen wurde bei<br />

Böhler durchgeführt, während parallel dazu grundlegende Untersuchungen zum thermomechanischen<br />

Processing vom Projektpartner TU Hamburg Harburg durchgeführt wurden.<br />

Durch diese Untersuchungen konnten wichtige Aussagen zur Festlegung des Schmiedefensters<br />

sowie zur Gefügeentwicklung gemacht werden.<br />

Für die Primärverformung bei Böhler wurden die Ingots mechanisch getrennt und in geeigneten<br />

Kapseln eingeschweißt. Die Verwendung einer Kapsel war notwendig, um während der<br />

Umformung quasi-isotherme Bedingungen aufrecht zu erhalten und den Ingot vor Oxidation<br />

zu schützen. Das Schmieden erfolgte im ()-Bereich des Phasendiagramms mit einer Umformgeschwindigkeit<br />

von ca. 1 s -1 . Diese Umformgeschwindigkeit ist sehr hoch im Vergleich<br />

zu den Umformgeschwindigkeiten, die bei isothermer Umformung verwendet werden. Sogenannte<br />

"Pancakes" mit einem Durchmesser bis zu 570 mm wurden einstufig geschmiedet. Die<br />

Umformgrade betrugen bis zu 85%.<br />

Nach dem Schmieden lag in der Mitte des Pancakes ein globulares "Near Gamma"-Gefüge<br />

vor. Die Größe der globularen Körner lag im Bereich von 10 – 15 µm. Da die Seigerungen im<br />

Gussblock durch die oben angeführte Homogenisierungsglühung nicht vollständig ausgeglichen<br />

wurden, konnten an manchen Stellen noch deutliche Gefügeinhomogenitäten nachgewiesen<br />

werden, wie z.B. streifenförmig angeordnete -TiAl-Körner, die aus dem ursprünglichen<br />

interdendritischen -TiAl entstehen.<br />

In Bereichen des Pancakes, wo ungünstige Verformungsbedingungen vorlagen, waren sogar<br />

Reste des ursprüglich lamellaren Gussgefüges wiederzufinden. Es hatte sich gezeigt, dass<br />

diese Gefügeinhomogenitäten während des Walzprozesses nur teilweise beseitigt wurden und<br />

sich dadurch negativ auf die mechanischen Eigenschaften der Bleche auswirkten. Durch einen<br />

mehrstufigen Schmiedeprozess konnte Böhler zwar die Homogenität des Gefüges deutlich<br />

verbessern, jedoch war der Aufwand wesentlich höher und resultierte in einer verringerten<br />

Pancakegröße.<br />

Walzen von TiAl-Blechen mittels Verbundkapseltechnik:<br />

Walzversuche, die in den USA aber auch beim Projektpartner TUHH im Labormaßstab<br />

durchgeführt wurden, hatten ergeben, dass für das Walzen von -TiAl-Basislegierungen die<br />

folgenden Bedingungen notwendig sind:<br />

- nahezu isotherme Verhältnisse bei hohen Walztemperaturen,<br />

- die Walzgeschwindigkeit sowie die Stichabnahmen müssen so gewählt werden, dass<br />

überkritische Umformgeschwindigkeiten vermieden werden, die als Folge durch Aufreißen<br />

der Korngrenzen zur makroskopischen Risseinleitung führen,<br />

- die Oxidation des Walzgutes muss verhindert werden.


17<br />

Diese Bedingungen führen in der Praxis zu einem sehr engen Verformungsfenster, in dem das<br />

Walzen von rissfreien Blechen möglich ist. Ein Verlassen dieses Verformungsfensters, etwa<br />

durch zu hohe Umformgeschwindigkeiten oder durch zu niedrige Temperaturen aufgrund zu<br />

großer Wärmeverluste, führt zu makroskopischer Rissbildung oder gar zum völligen Bruch<br />

des Bleches. Um die oben angeführten Bedingungen in einem weiten Bereich zu erfüllen,<br />

wurde im Rahmen des Förderprojektes eine Verbundkapsel entwickelt, die das Walzen unter<br />

quasi-isothermen Verhältnissen im ( + )-Bereich erlaubt und gleichzeitig das Walzgut vor<br />

Oxidation schützt. Mit diesem sogenannten "Pack Rolling"-Verfahren ist es im Jahre 1994<br />

gelungen, rissfreie Bleche mit Abmessungen von 760 x 300 x 1.5 mm³ herzustellen.<br />

Das Blechgefüge war sehr feinkörnig, und chemische Analysen haben belegt, dass es während<br />

des Walzprozesses zu keiner Aufnahme von interstitiellen Verunreinigungen gekommen ist.<br />

Obwohl die Zustellung der Kapseln per Hand erfolgte (schwer reproduzierbare Prozessführung)<br />

und die Wärmeverluste ab Blechlängen im Bereich von ca. 700 mm sehr kritisch waren,<br />

konnte gezeigt werden, dass die Herstellung von Blechen aus -TiAl-Basislegierungen auf<br />

industriellen Warmwalzgerüsten möglich ist.<br />

Mit den oben genannten Blechabmessungen ist es im Rahmen des Verbundprojektes<br />

03M3029 gelungen, die weltweit größten Bleche aus diesen schwer umformbaren Materialien<br />

herzustellen. Abbildung 1 fasst die Fortschritte in der Blechherstellung im Förderzeitraum<br />

zusammen.<br />

Fläche (cm 2 x 1000)<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

Jan 92<br />

Apr 92<br />

Jul 92<br />

Okt 92<br />

Jan 93<br />

Apr 93<br />

Abb. 1: Fortschritte in der Blechherstellung im Förderzeitraum, dargestellt als<br />

Zunahme an Blechgröße<br />

Jul 93<br />

Okt 93<br />

Jan 94<br />

Apr 94<br />

Jul 94<br />

Okt 94


18<br />

Abb. 2: Von Dornier superplastisch umgeformte Ti-47Al-2Cr-0.2Si-Bleche<br />

An den erhaltenen Blechen wurde ein umfangreiches Untersuchungs- und Charakterisierungsprogramm<br />

durchgeführt. Röntgenographische Texturuntersuchungen haben ergeben,<br />

dass nach dem Walzprozess im TiAl-Blech eine modifizierte Würfellage vorliegt, die für die<br />

zum Teil erhebliche Anisotropie der mechanischen Eigenschaften verantwortlich ist. Neben<br />

der Charakterisierung des walzharten Gefüges wurde ein umfangreiches Wärmebehandlungsprogramm<br />

abgewickelt. Mit unterschiedlichen Wärmebehandlungen wurde versucht, das Gefüge<br />

und damit die mechanischen Eigenschaften in einem weiten Rahmen zu variieren. Die<br />

mechanischen Eigenschaften der Bleche aus Ti-48Al-2Cr und Ti-47Al-2Cr-0.2Si erfüllten<br />

zwar die geforderten Minimaleigenschaften, aber es wurde bereits während der Projektlaufzeit<br />

klar, dass auch für Blechwerkstoffe eine anwendungsorientierte Legierungsentwicklung erfolgen<br />

muss. Der Einsatz von -TiAl-Basislegierungen bei hohen Temperaturen wird entscheidend<br />

durch das Oxidationsverhalten und dessen Einfluss auf die mechanischen Eigenschaften<br />

bestimmt. Entsprechende Untersuchungen haben gezeigt, dass die beiden Pilotlegierungen<br />

nach einer Auslagerung an Luft bei Temperaturen > 700°C deutlich zur Versprödung bei<br />

Raumtemperatur neigten. Auch aus diesem Grund war die Forderung nach einer speziellen<br />

"TiAl-Blechlegierung" gerechtfertigt.<br />

Superplastische Umformung:<br />

Superplastische Umformung ist eine vielversprechende Methode, aus Blechmaterial kompliziert<br />

geformte Strukturen herzustellen. Die feinkörnigen Ti-48Al-2Cr- und Ti-47Al-2Cr-<br />

0.2Si-Bleche wurden im Zugversuch auf superplastisches Verhalten untersucht. Es stellte sich<br />

heraus, dass die TiAl-Bleche ein ausgeprägtes superplastisches Verhalten zeigten, was durch<br />

m-Werte im Bereich von 0.3 – 0.7 belegt wurde. So haben Zugversuche ergeben, die an Blechen<br />

mit einer Korngröße von ca. 10 µm durchgeführt wurden, dass bereits bei Temperaturen<br />

im Bereich von 950°C Dehnungen > 200% erreicht werden können. Dieser niedrige Temperaturbereich<br />

ist von Interesse, da die maximale Betriebstemperatur von superplastischen Umformanlagen,<br />

die z.B. auch für das Umformen von Blechen aus Ti-Legierungen verwendet<br />

werden, auf ca. 1000°C begrenzt ist. Nachdem klar war, dass die im Verbundprojekt herge-


19<br />

stellten Bleche wegen ihrer Feinkörnigkeit und der guten Gefügehomogenität superplastische<br />

Eigenschaften besitzen, wurden superplastische Umformversuche auf Laboranlagen sowie<br />

einer industriellen Anlage durchgeführt. Dass die Herstellung komplex geformter Teile möglich<br />

war – auch dieses Ergebnis war 1994 eine Weltneuheit – zeigt Abbildung 2.<br />

Im Rahmen des beschriebenen Verbundprojektes wurde auch die Eignung von Hochtemperaturlöten,<br />

Elektronen- und Laserstrahlschweißen als Fügetechniken für Bleche aus -TiAl-<br />

Basislegierungen untersucht. Obwohl diese Untersuchungen nur ein erstes Screening darstellten,<br />

konnte festgestellt werden, dass alle oben angeführten Techniken für TiAl-Bleche geeignet<br />

sind, wenn man den speziellen Eigenschaften dieser Werkstoffe Rechnung trägt (z.B.<br />

niedrige Bruchzähigkeit, hohe spröd-duktil-Übergangstemperatur, etc.).<br />

Reaktionspulvermetallurgie:<br />

Es soll an dieser Stelle angemerkt werden, dass im Rahmen des Verbundprojektes auch ein<br />

zweiter Herstellungsweg für TiAl-Bleche und Folien geprüft wurde. Es handelte sich dabei<br />

um ein Verfahren aus der Reaktionspulvermetallurgie. Bei diesem Verfahren ging man von<br />

Elementarpulvern aus, die intensiv gemischt und danach unterhalb der Reaktionstemperatur<br />

zu Blechen und Folien ausgewalzt wurden. Anschließend erfolgte die exotherme Reaktion zur<br />

intermetallischen Phase unter Druck, um die Bildung von Kirkendall-Poren zu verhindern.<br />

Die im Labormaßstab durchgeführten Versuche hatten gezeigt, dass es bei der Reaktion zu<br />

Gefügeinhomogenitäten und Porenbildung kommt. Des weiteren kann während der Reaktionsphase<br />

eine massive Sauerstoffzunahme auftreten, die sich negativ auf die mechanischen<br />

Eigenschaften auswirkt. Obwohl es vielversprechende Ansätze gab, wie man diese Nachteile<br />

prozesstechnisch in den Griff bekommen könnte, wurde diese Technologie nach Projektende<br />

nicht mehr weiterverfolgt.<br />

Nur durch eine überaus intensive und konstruktive Zusammenarbeit aller Partner konnte das<br />

Verbundprojekt 03M3029 aus wissenschaftlicher und technologischer Sicht sehr erfolgreich<br />

abgeschlossen werden. Nachstehend sind noch einmal alle Projektpartner, die beteiligten Personen<br />

sowie deren Tätigkeiten aufgeführt:<br />

Beteiligte Personen Tätigkeiten<br />

Fr. Wurzwallner (Böhler Edelstahl)<br />

Clemens, Schretter, Glatz (Plansee)<br />

Kühnle, Winkler, Fr. Herold-Schmidt,<br />

Schwantes (MBB, Dornier)<br />

Bartels, Koeppe, Mecking (TU Hambug-Harburg)<br />

Dahms (GKSS)<br />

Guss, Primärverformung (Schmieden)<br />

Blechherstellung, Gefügeoptimierung, Umformversuche,<br />

mechanische Eigenschaften<br />

Fügetechnik, superplastische Umformversuche, Oxidationsversuche,<br />

mechanische Eigenschaften<br />

Grundlegende Versuche zum thermomechanischen Processing,<br />

Textur, Gefügeoptimierung, mechanische Eigenschaften<br />

Reaktionspulvermetallurgie


1.2.1.3. Perspektiven<br />

20<br />

Es soll an dieser Stelle nur der Weg des industriellen Projektpartners Plansee ab 1994 betrachtet<br />

werden. Die Plansee AG nahm mit der erarbeiteten Technologie und dem dabei entwickelten<br />

Materialverständnis noch an weiteren vom BMBF geförderten Projekten teil (siehe 1.3.2.<br />

und 1.3.5.). Mit der Einführung des "Advanced Sheet Rolling Process (ASRP)" im Jahre 1995<br />

konnte die Herstellung von TiAl-Blechen und die Reproduzierbarkeit des Walzprozesses<br />

deutlich verbessert werden. Blechgrößen mit Abmessungen bis zu 1800 x 500 x 1 mm³ können<br />

heute hergestellt werden.<br />

Auch auf dem Gebiet der Dünnblech- und Folientechnologie wurden deutliche Fortschritte<br />

erzielt. Plansee konnte sich in den letzten Jahren mit TiAl-Halbzeugen - aber auch kompletten<br />

Komponenten - erfolgreich im internationalen Markt etablieren und brachte sich in zahlreiche<br />

nationalen und internationale Technologieprogramme ein.<br />

Im Jahre 2000 wurde Plansee für die grundlegenden Arbeiten zur TiAl-Halbzeugherstellung<br />

und Bauteilfertigung - gemeinsam mit Pratt & Whitney, dem NASA Glenn Research Center<br />

und BFGoodrich - mit dem renommierten US - Technologiepreis, dem "R&D 100 Award",<br />

ausgezeichnet.<br />

1.2.1.4. Veröffentlichungen<br />

Während der Laufzeit des Verbundprojektes 03M3029 wurde eine Vielzahl an Artikeln in<br />

Fachzeitschriften und Tagungsbänden publiziert. Die folgende Auswahl beschreibt die Fortschritte<br />

der Blechherstellung und fasst die wichtigsten Ergebnisse der Materialcharakterisierung<br />

zusammen:<br />

K.Wurzwallner, H.Clemens, P.Schretter, A.Bartels, and C.Koeppe, "Forming of -<br />

TiAl Base Alloys", in: "High Temperature Ordered Intermetallic Alloys V", Vol. 288,<br />

eds. I.Baker, R.Darolia, J.D.Whittenberger, and M.H.Yoo, MRS 288 (1993) pp. 867-<br />

872.<br />

H.Clemens, P.Schretter, K.Wurzwallner, A.Bartels, and C.Koeppe, "Forging and Rolling<br />

of Ti48Al2Cr on Industrial Scale", "Structural Intermetallics", eds. R.Darolia,<br />

J.J.Lewandowski, C.T.Liu, P.L.Martin, D.B.Miracle, and M.V.Nathal, The Minerals,<br />

Metals & Materials Society, Warrendale/PA, USA (1993) pp. 205-214.<br />

H.Clemens, I.Rumberg, P.Schretter, and S.Schwantes, "Characterization of Ti-48Al-<br />

2Cr Sheet Material", Intermetallics 2 (1994) 179-184.<br />

C.Koeppe, A.Bartels, H.Clemens, P.Schretter, and W.Glatz, "Optimizing the Properties<br />

of TiAl Sheet Material for Application in Heat Protection Shields or Propulsion<br />

Systems", Materials Science and Engineering A201 (1995) 182-193.<br />

Eine Übersicht der Entwicklung nach 1994 gibt der folgende Artikel:<br />

H.Clemens and H.Kestler, “Processing and Applications of Intermetallic -TiAl Based<br />

Alloys”, Adv. Eng. Mater. 2 (2000) 551-570.


1.2.2. Feinguss für TiAl-Motorkomponenten<br />

Autor: H. Baur, DaimlerChrysler AG, Forschung und Technologie, Ulm<br />

Die Partner des Verbundvorhabens waren:<br />

21<br />

- Tital-Feinguss GmbH, Bestwig<br />

- Deutsche Titan, Essen<br />

- Max-Planck Institut für Eisenforschung, Düsseldorf<br />

- DaimlerBenz AG, Stuttgart<br />

1.2.2.1. Motivation und Zielsetzungen<br />

Die Konzeption moderner, umweltfreundlicher Antriebsaggregate in Kraftfahrzeugen erfordert<br />

in zunehmenden Maße auch den Einsatz von möglichst leichten, hochtemperaturbeständigen<br />

Werkstoffen. Insbesondere bis zu Temperaturen von 850°C weisen TiAl-Legierungen<br />

ein hohes Anwendungspotenzial für oszillierende und rotierende Bauteile auf.<br />

Die technische Bedeutung der intermetallischen Phasen -TiAl und 2-Ti3Al basiert auf den<br />

mit Keramiken vergleichbaren Dichten und einer ausreichend guten Hochtemperaturbeständigkeit.<br />

Neben den hohen spezifischen Festigkeiten und Elastizitätsmoduli ist die gute Oxidationsbeständigkeit<br />

vorteilhaft. Intermetallische TiAl-Legierungen auf der Basis von -TiAl<br />

weisen eine nachweisbare Duktilität von ca. 2% bei Raumtemperatur auf. Dieses Potenzial ist<br />

in Verbindung mit dem Wunsch nach der Anwendbarkeit von Bearbeitungstechniken, wie<br />

man sie von den Metallen her kennt, Ursache für zahlreiche Forschungsvorhaben, die Entwicklung<br />

leistungsfähiger Hochtemperaturwerkstoffe für Verbrennungsmotoren zum Ziel<br />

haben.<br />

Aus der Literatur ist bekannt, dass durch Zulegieren dritter Elemente wie Cr, Nb, Si, Mn, V,<br />

Mo, ... Gefüge eingestellt werden können, deren mechanische Eigenschaften im Vergleich zu<br />

den binären TiAl-Basislegierungen deutlich verbessert sind. Darüber hinaus werden die mechanischen<br />

Kenngrößen in hohem Maße von der Ausbildung der Mikrostruktur sowie der<br />

Korngröße beeinflußt. Das jeweilige Gefüge kann durch geeignete Herstellungstechnik bzw.<br />

entsprechende Wärmebehandlungen gezielt eingestellt werden.<br />

Im Rahmen des Forschungsvorhabens „Motorenteile aus intermetallischer Verbindung TiAl“<br />

verfolgte die damalige Daimler-Benz Forschung die Zielsetzung, eine für die Anwendung in<br />

Antriebsaggregaten geeignete Legierung zu untersuchen, sowie erste Bauteile aus einer Legierung<br />

auf Basis TiAl/Ti3Al herzustellen. Als hochtemperaturbeanspruchte und bewegte Bauteile<br />

waren Abgasturbolader sowie Motorenauslaßventile von besonderem Interesse. Außerdem<br />

sollte in Analogie zu den Entwicklungen auf dem Gebiet der Siliziumnitridkeramiken das<br />

Einsatzpotenzial von TiAl für Tassenstößel, Ventilfederteller, Rollenschlepphebel und Kolbenbolzen<br />

untersucht werden.<br />

Neben der Herstellung von Bauteilprototypen und der einhergehenden Werkstoffcharakterisierung<br />

sollte die Entwicklung geeigneter Fertigungsverfahren mitgetragen werden. Außerdem<br />

waren bei Bedarf und für den jeweiligen Anwendungsfall auf den Werkstoff zugeschnittene<br />

Maßnahmen, beispielsweise zur Erhöhung des Verschleiß- und Oxidationswiderstandes,<br />

zu ergreifen.


22<br />

Der Schwerpunkt des Verbundprogrammes lag auf der Herstellung und Erprobung von Bauteilen<br />

aus Feinguss. Die in den Abbildungen 3 und 4 dargestellten Bauteile wurden im Verlauf<br />

des Projektes hergestellt und untersucht.<br />

Abb. 3 und 4: TiAl-Feingussbauteile für Verbrennungsmotoren mit Abgasturboladern<br />

1.2.2.2. Umsetzung und Ergebnisse<br />

Im Verlaufe des Projektes wurden verschieden Legierungszusammensetzungen untersucht<br />

und unter anderem folgende Legierungen werkstoffkundlich näher betrachtet:<br />

- Ti-44,5Al-1,2Cr-0,19Si<br />

- Ti-45Al-3Cr<br />

- Ti-46Al-1,4Cr-0,8Nb-0,14Si<br />

- Ti-46Al-1,2Cr<br />

- Ti-46Al-1Cr-0,2Si<br />

- Ti-47Al-1Cr-0,2Si<br />

- Ti-47Al-1,7Mn<br />

- Ti-48Al-2Cr<br />

- Ti-48Al-2Cr-2Nb.<br />

An den Legierungen sind eine Vielzahl von Untersuchungen durchgeführt worden – beispielsweise<br />

Gefügecharakterisierungen, Ermittlung der mechanischen Eigenschaften (Zug-,<br />

Umlaufbiege-, Kerbschlagbiege-, Zeitstand-, Oxidations- und Thermoschockuntersuchungen),<br />

sowie Fraktographie-Untersuchungen. Im Laufe des Projektes wurde die Notwendigkeit für<br />

zusätzliche Schutzmaßnahmen gegenüber Verschleiß und Oxidation an kritischen Stellen der<br />

Bauteile erkannt. In der Folge sind verschiedene Oberflächenbehandlungsverfahren verwendet<br />

und bewertet worden: Glatt- und Festwalzen, Beschichtung mit Hartstoffloten, Aufschweißverfahren<br />

(WIG-Umschmelzungen mit und ohne Hartstoffe), Laserlegieren und Nitrieren.<br />

Für die Herstellung eines Bauteils aus dem Rohteil wurden entsprechende Verbindungstechniken<br />

betrachtet: Reibschweißverbindungen, Löten, Schraubenverbindungen, WIG-<br />

und EB-Schweißung. Verschiedene Bearbeitungstechniken – wie Drahterodieren, spanabhebende<br />

Bearbeitung, Trennen, Schleifen und Polieren – sind für eine anschließende Bauteilherstellung<br />

eingesetzt worden.


23<br />

Die Bauteilherstellung erfolgte in Zusammenarbeit mit den Partnern. Bei Daimler-Benz wurden<br />

die Bauteile endbearbeitet. Die Bauteilerprobung erfolgte schwerpunktmäßig mit den<br />

TiAl-Auslassventilen. Dabei sind zu Beginn Ventile aus der Legierung Ti-48Al-2Cr in einem<br />

fremdgesteuerten Zylinderkopf getestet worden. Da die Ventile am Schaftende nach einer<br />

Laufzeit von 85 h Verschleißerscheinungen aufwiesen, wurden die oben genannten Oberflächenbehandlungen<br />

für einen erhöhten Verschleißschutz an den Auslaß-Ventilen durchgeführt.<br />

Die getesteten Ventile wurden teilweise repariert und zusammen mit neuen TiAl-Ventilen und<br />

Feingussventiltellern in einen M104-Motor (6 Zylinder) eingebaut und in einem 10-Punkte-<br />

Motortest erprobt. Bei dieser Lebensdauer-Erprobung sind während eines 30-minütigen Zyklus<br />

jeweils die Drehzahl und Motorbelastung variiert worden, so dass alle möglichen Belastungsarten<br />

vorkamen. Die Gesamtdauer des Versuches betrug 113 h. Die Ventile wurden nach<br />

dem Versuch auf Verschleißerscheinungen hin untersucht. Dabei zeigte sich ein ausreichender<br />

Verschleißschutz durch Verwendung von Hartstoffloten und WIG-Umschmelzschichten mit<br />

Zusätzen am Schaftende und am Ventilsitz.<br />

In einem zweiten Motorenversuch wurden weitere Ti-48Al-2Cr- Ventile mit Lotauflage bis zu<br />

553 h erfolgreich getestet. Der dritte Prüfstandslauf ist an einem M111-Motor (4-Zylinder)<br />

durchgeführt worden und zeigte eine Verschleiß- und Thermoschockproblematik der TiAl-<br />

Ventile an (verwendete Legierung Ti-48Al-2Cr-2Nb). Die nicht beschädigten Ventile wurden<br />

in einer Testpause verschleißschutzbeschichtet und wieder eingebaut. Danach traten keine<br />

wesentliche Verschleißprobleme mehr auf.<br />

Bild 5: TiAl-Auslassventile eines 6-Zylindermotors (M104) nach 553 h<br />

im 10-Punkte-Dauerlaufprogramm<br />

Neben Auslassventilen (Abbildung 5) wurden auch TiAl-Feingusspleuel erprobt. Dabei sind<br />

Pleueldeckel für 808 h in einem 6 Zylindermotor (M104) getestet worden. Zusätzlich wurden<br />

mit einer speziellen Prüfvorrichtung an einem Hydropulser die Originalpleuelgewinde aus der<br />

Legierung Ti-46Al-1,5Cr-0,9Nb-0,1Si getestet, wobei nach 100 Mio. Lastwechseln mit einer<br />

motorengleichen Beanspruchung keine Veränderungen am Bauteil festgestellt wurden. Somit<br />

konnte gezeigt werden, dass eine Pleuelstange mit Direktverschraubung wie bei Stahl auch<br />

bei Werkstoffen aus TiAl realisierbar ist.


24<br />

Bei den Kolbenbolzen aus TiAl (Ti-45Al-3Cr) wurden zur Ermittlung der mechanischen Eigenschaften<br />

die elastische Durchbiegung und Ovalisierung geprüft. Es zeigte sich, dass auch<br />

TiAl-Kolbenbolzen, vergleichbar mit Stahlkolbenbolzen, eine Bohrung aufweisen müssen, da<br />

sich eine zu hohe Steifigkeit negativ auf den Verschleiß am Kolben auswirkt.<br />

Feingegossene Turboladerräder (Ti-48Al-2Cr) in ungeHIPtem Zustand mit 89 bzw. 90 mm<br />

Durchmesser wurden anhand 4 durchgeführter Schleudertests geprüft. Zwei der gestesteten<br />

TiAl-Räder sind an Schleuderzapfen angelötet und für die Tests entsprechend ausgewuchtet<br />

worden. Alternativ wurden die anderen Räder an die Schleuderwellen reibverschweißt und für<br />

die Tests vorbereitet. Die maximalen Bruchdrehzahlen im Schleudertest betrugen 121000<br />

U/min bzw. 139000 U/min und erreichten somit Bruchspannungen von bis zu 355 MPa. Die<br />

entsprechenden ATL-Räder aus Inconel713 erreichten im Einsatz maximal 100000 U/min, so<br />

dass diese Versuche positiv bewertet werden konnten. Weitere Versuche wurden jedoch nicht<br />

durchgeführt, so dass keine Ergebnisse von den reibgeschweißten Rädern ermittelt wurden.<br />

Bewertung des Vorhabens:<br />

Im Rahmen des Verbundvorhabens wurden verschiedene TiAl-Legierungszusammensetzungen<br />

und Herstellungswege im Hinblick auf die Einsatzfähigkeit für diverse Motorenbauteile<br />

wie Auslassventile, Abgasturboladerräder, Rollenschlepphebel, Tassenstößel und<br />

Pleuel betrachtet.<br />

Die Untersuchungen der mechanischen Eigenschaften zeigten, dass die jeweiligen Kennwerte<br />

in hohem Maße vom Gefüge und der Mikrostruktur aber weniger durch die Legierungszusammensetzung<br />

beeinflußt wurden. Ein ganz entscheidender Punkt war die Homogenität des<br />

Materials, da sich stark variierende Korngrößen oder Lunker bzw. Einschlüsse negativ auf<br />

die mechanischen Eigenschaften auswirkten. Im Hinblick auf die Zugfestigkeiten sowie die<br />

Biegewechselfestigkeiten erwies sich ein feines Korn als vorteilhaft. Untersuchungen zum<br />

Oxidationsverhalten zeigten, dass das Material problemlos bis zu Temperaturen von 800°C<br />

einsetzbar war, für höhere Temperaturen konnten Hartstofflote als Oxidationsschutzschicht<br />

eingesetzt werden.<br />

Bei der Bauteilerprobung wurden schwerpunktmäßig Auslassventile, aber auch Ventilfederteller,<br />

Pleueldeckel und Turboladerräder verwendet. In ersten Dauerlauferprobungen im Prüfstand<br />

konnte gezeigt werden, dass Titanaluminide als Material für Auslassventile eingesetzt<br />

werden können. Es zeigte sich jedoch, dass insbesondere am Schaftende der Ventile möglicherweise<br />

auch im Bereich des Ventilsitzes das Aufbringen von Verschleißschutzschichten<br />

erforderlich war. Hierfür konnten beispielsweise Lote verwendet werden. Alternativ konnte<br />

eine ausreichende Aufhärtung des Materials durch einen Umschmelzprozess mit oder ohne<br />

Zusatzwerkstoffe realisiert werden. Auch hier hatte sich das WIG-Verfahren bewährt, wohingegen<br />

beispielsweise beim Umschmelzen mittels Laser die Gefahr einer Rissbildung infolge<br />

thermischer Spannungen deutlich erhöht wurde.<br />

Die Anwendbarkeit zweier Verfahren zur Verschleißschutzerhöhung durfte aber nicht darüber<br />

hinwegtäuschen, dass in dieser Hinsicht, insbesondere hinsichtlich der Entwicklung kostengünstiger<br />

Verschleißschutzschichten, noch erhebliche Optimierungsarbeit in den kommenden<br />

Jahren zu leisten war.<br />

Entsprechendes galt für die Thermorissanfälligkeit des Materials, die insbesondere bei einer<br />

Präsenz von Gefügeinhomogenitäten deutlich erhöht war. Weiter gehende Untersuchungen


25<br />

mussten in diesem Zusammenhang erfolgen, da gute Materialqualitäten, d.h. optimale Gefügestrukturen<br />

nur unter Miteinbeziehung des Processing und entsprechender Wärmebehandlungen<br />

realisiert werden konnten.<br />

Die Ergebnisse machten deutlich, dass die Titanaluminide im Bereich der rotierenden und<br />

oszillierenden Bauteile ein besonders hohes Potenzial für den Einsatz als Ventil aufweisen. Im<br />

Vergleich zu den keramischen Werkstoffen war zwar die Entwicklung der TiAl-Ventile noch<br />

nicht so weit fortgeschritten, doch zeigte das Material mit seiner vergleichbaren Dichte aufgrund<br />

der Duktilität bei Anwendungstemperatur vielversprechende Ansätze für einen zukünftigen<br />

Konstruktionswerkstoff eines Leichtbaumotors.<br />

1.2.2.3. Perspektiven<br />

Die TiAl-Werkstoffentwicklung auf dem Gebiet der Turboladerräder wurde im Anschluss<br />

nicht weiterverfolgt, da bei der Daimler-Benz AG die Entwicklung von Abgasturboladern<br />

eingestellt wurde. Die positiven Ergebnisse der TiAl-Ventilentwicklung führten zu weiteren<br />

Aktivitäten, die sich aber hauptsächlich in Richtung höherfestem TiAl konzentrierten. Aufgrund<br />

dieser Vorgabe wurde 1995 ein Verbundprojekt mit der Zielsetzung, TiAl-Ventile<br />

durch einen thermomechanischen Umformprozess herzustellen, gestartet. Dabei sollte dieser<br />

Herstellungsprozess möglichst identisch mit dem der heutigen Serienventilherstellung sein,<br />

um Prozesskosten und Großserienfähigkeit optimieren zu können. Die Ergebnisse dieser Ti-<br />

Al-Aktivitäten sind im Kapitel 1.3.2. des Förderzeitraums 1995 bis 1999 näher ausgeführt.<br />

DaimlerChrysler beteiligte sich des weiteren an einem Verbundprojekt zur Entwicklung, Erprobung<br />

und Herstellung einer gebauten TiAl-Hohlschaufel aus gewalzten Blechen. Dabei<br />

übernahm DaimlerChrysler schwerpunktmäßig die Werkstoffcharakterisierung der gewalzten<br />

TiAl-Bleche. Dieses Projekt wurde federführend von der Konzerntochter MTU München geleitet.<br />

Der Ausbau einer einsatzrelevanten Werkstoffdatenbank war ein wesentlicher Bestandteil<br />

für die Bewertung der Einsatzfähigkeit von TiAl in zukünftigen Triebwerken.<br />

1.2.3.4. Veröffentlichungen<br />

G. Frommeyer, E. Tank, M. Rommerskirchen, H. Sibum, H.-P. Nicolai: „Development<br />

and State of the Art of Intermetallic TiAl/Ti3Al Alloys for Motor Components“,<br />

Proc. Intern. Symp. on Automotive Technology and Automation (ISATA); Aachen<br />

1993<br />

E. Tank, W. Kleinekathöfer; “Hochbelastbare, beschichtete Bauteile aus einem Werkstoff<br />

der aus der intermetallischen Phase Titan-Aluminid besteht”; German Patent No.<br />

DE42 03 869 C2, 1994<br />

H. Hurta, H. Clemens, G. Frommeyer, H.-P. Nicolai, H. Sibum: “Valves of Intermetallic<br />

-TiAl-Based Alloys: Processing and Properties”; Proc. of 8 th World Conference on<br />

Titanium, Birmingham, 1995.


1.2.3. Feinguss für TiAl-Flugturbinenschaufeln<br />

Autoren: F. Appel, M. Oehring, GKSS Forschungszentrum Geesthacht GmbH<br />

Die Partner des Verbundvorhabens waren:<br />

- ABB-Asea Brown Boveri, Corporate Research Center, Heidelberg<br />

- Böhler-Edelstahl GmbH, Kapfenberg, Österreich<br />

- GKSS-Forschungszentrum Geesthacht GmbH, Geesthacht<br />

- KFA Forschungszentrum <strong>Jülich</strong> GmbH, <strong>Jülich</strong><br />

- MTU-Motoren- und Turbinen-Union München GmbH, München<br />

- TITAL-Feinguss GmbH, Bestwig.<br />

1.2.3.1. Motivation und Zielsetzungen<br />

26<br />

Das Projekt wurde zu einem Zeitpunkt begonnen, als die Kenntnisse über die Herstellung und<br />

die Eigenschaften von Titanaluminiden noch sehr lückenhaft waren. Das Projekt war deshalb<br />

auf eine genaue Abschätzung des Entwicklungs- und Innovationspotenzials dieses neuen<br />

Werkstoffs gerichtet. Hierzu mussten geeignete Herstellungsverfahren entwickelt und an vorhandenen<br />

Industrieanlagen erprobt werden. Die endgültige Bewertung wurde an Laufschaufeln<br />

für Flugzeugturbinen durchgeführt, bei denen der Werkstoff einer besonders kritischen<br />

Prüfung ausgesetzt wurde. Dazu wurden die folgenden Zielstellungen vereinbart:<br />

- Entwicklung eines Herstellungsverfahrens für die Fertigung von Prüfkörpern und<br />

Laufschaufeln für Flugzeugturbinen,<br />

- Erprobung einer Schmiedetechnologie,<br />

- Identifizierung von geeigneten Legierungszusammensetzungen,<br />

- Mechanische Tests zur Charakterisierung der Festigkeitseigenschaften hinsichtlich<br />

Fließspannung, Kriechen, Bruchzähigkeit und Ermüdung,<br />

- Aufklärung von Versagensmechanismen,<br />

- Charakterisierung des Oxidations- und Korrosionsverhaltens,<br />

- Durchführung von ersten Bauteiltests.<br />

Vorgehensweise:<br />

Die Bearbeitung der Aufgabenstellungen erfolgte nach dem in Abbildung 6 dargestellten Organigramm.<br />

Der Einfluss unterschiedlicher Legierungselemente wurde zunächst an einer großen<br />

Zahl von im Labormaßstab geschmolzenen Legierungen untersucht, deren Gefüge und<br />

Festigkeitseigenschaften charakterisiert wurden. Diese Arbeiten richteten sich insbesondere<br />

auf die Einflüsse von Cr, Mn, Si, und B. Hierbei konnten umfangreiche empirische Erfahrungen<br />

gewonnen werden, die für die weitere Legierungsentwicklung sehr wichtig waren.<br />

Abbildung 7 demonstriert beispielsweise anhand einer Legierungsreihe auf der Basis Ti-48<br />

Al-2 Cr (At.%) die durch Borzusätze an Gusslegierungen erreichbare Gefügefeinung. Wie<br />

Abbildung 7 (b) zeigt, läßt sich ab Borgehalten von 0.2 At.% die Festigkeit der Legierungen<br />

signifikant steigern, wobei die Gefügefeinung auch eine Erhöhung der Duktilität bewirkt. Die<br />

durch das Legieren von Bor vorliegende Dispersion von Boriden bewirkt neben der Kornfeinung<br />

in Gussgefügen auch eine Ausscheidungshärtung der Legierungen, die bis zu hohen<br />

Temperaturen wirksam bleibt. Da zu hohe Volumenanteile an Boriden versprödend wirken,<br />

muß der Borgehalt sorgfältig auf die weiteren Legierungselemente abgestimmt werden.


27<br />

Durch diese Entwicklungsarbeiten konnte die Zusammensetzung (in At.%) der sogenannten<br />

-TAB-Legierung: Ti-47Al-3,7 (Cr, Mn, Nb, Si)-0,5B, festgelegt werden, die als TiAl-<br />

Legierung der 2. Generation eingeordnet werden kann. Aus der -TAB-Legierung wurden<br />

Ingots von 160 kg Gewicht durch Vakuum-Lichtbogenschmelzen hergestellt. Aus diesen Ingots<br />

wurden durch ein für konventionelle Titanlegierungen gebräuchliches Schleudergussverfahren<br />

Prüfkörper und die bereits erwähnten Turbinenschaufeln gefertigt. Hierzu mussten bei<br />

der Firma TITAL umfangreiche Entwicklungen für die Herstellung von geeigneten Keramik-<br />

Formschalen durchgeführt werden.<br />

Die Gussköper wurden dann meist heiß-isostatisch verdichtet, verschiedenen Wärmebehandlungen<br />

unterzogen und hinsichtlich der Gefüge und der mechanischen Eigenschaften charakterisiert.<br />

Die Werkstoffe wurden außerdem auf ihre Beständigkeit gegenüber Thermoschocks,<br />

Oxidation und Korrosion untersucht.<br />

Abb.<br />

6: Arbeitsaufgaben und Kooperationen der Projektpartner


28<br />

Parallel zu dieser Gusslegierungsentwicklung wurden orientierende Untersuchungen zur Um-<br />

formung<br />

durch gekapseltes Schmieden durchgeführt. Obwohl bei diesen Experimenten recht<br />

hohe Umformgrade erreicht werden konnten, waren die damit eingestellten Gefüge doch sehr<br />

inhomogen, was vermutlich eine Folge der in der verfügbaren Presse sehr schlecht definierten<br />

Temperaturverhältnisse war.<br />

Abb. 7: Untersuchungen zur Wirkung von Borzusätzen an Modell-Legierungen auf der<br />

Basis Ti-48 Al- Cr (At.%):<br />

(a) Lichtmikroskopische Aufnahmen der an Gussproben erreichten Gefügefeinung.<br />

(b) in Kompression gemessene Fließspannung am Verformungsbeginn in Abhängigkeit<br />

vom Borgehalt.<br />

1.2.3.2.<br />

Umsetzung und Ergebnisse<br />

Bei<br />

der Herstellung der Primärgussblöcke konnte die Sollzusammensetzung zufriedenstellend<br />

eingehalten werden, allerdings ergaben sich verschiedentlich Probleme durch eine zu hohe<br />

Sauerstoffkontamination.<br />

Durch das Feingussverfahren konnten die teilweise sehr filigranen<br />

Bauteilgeometrien gut abgebildet werden, wie dies aus Abbildung 8 ersichtlich ist.


29<br />

TiAl-Legierungen weisen gegenüber konventionellen Titanlegierungen jedoch ein deutlich<br />

schlechteres Formfüllungsvermögen auf, wodurch die Herstellung von größeren Gusstrauben<br />

oder<br />

langen und dünnen Bauteilen stark erschwert wird. Die Gussteile wiesen oftmals eine<br />

erhebliche Porosität auf, die auch durch heiß-isostatisches Verdichten nicht geschlossen werden<br />

konnte. Hierdurch war die Ausschussrate bei Feingussbauteilen relativ hoch; es muss allerdings<br />

festgestellt werden, dass diese Probleme auch bei anderen Herstellern (z.B. in den<br />

USA) auftraten und bis heute nicht zufriedenstellend gelöst worden sind.<br />

Die bei konventionellen Titanwerkstoffen angewendeten Feingusstechnologien können daher<br />

nicht direkt auf Titanaluminid-Werkstoffe übertragen werden, sondern es müssen vermutlich<br />

neue<br />

Verfahren entwickelt werden.<br />

Abb.<br />

8: Durch Schleuderguss hergestellte Laufschaufeln für ein Flugtriebwerk (a) und<br />

eine stationäre Gasturbine (b)<br />

Die -TAB-Legierung wurde neben anderen<br />

Legierungsvarianten im Feingusszustand um-<br />

fangreichen<br />

mechanischen Tests unterzogen, die zusammenfassend in [1] dargestellt wurden.<br />

An<br />

gleicher Stelle ist auch das Oxidations- und Korrosionsverhalten beschrieben. Nach heiß-<br />

isostatischem<br />

Verdichten können an der -TAB-Legierung abhängig von der weiteren Wär-<br />

mebehandlung Streckgrenzen von 450 - 600 MPa bei Raumtemperatur erreicht werden, wobei<br />

die plastischen Zugdehnungen etwa 1 - 2% betragen.<br />

In der -TAB-Legierung können auch im Feingusszustand relativ feine und gut konsolidierte<br />

Gefüge eingestellt werden, was sich durch eine gute Reproduzierbarkeit der Festigkeitsdaten<br />

manifestiert. Dies ist in Abbildung 9 durch eine Weibull-Darstellung<br />

demonstriert, in der die<br />

Versagenswahrscheinlichkeiten<br />

verschiedener TiAl-Legierungen gegenübergestellt sind.<br />

Zur Aufklärung dieser für die Anwendung von Gussbauteilen sehr wichtigen Unterschiede<br />

wurden umfangreiche Grundlagenuntersuchungen [2, 3] durchgeführt. Danach neigen TiAl-<br />

Legierungen zu Spaltbrüchen auf {111}-Ebenen. Da diese Ebenen gleichzeitig die Gleitebe<br />

nen<br />

und Zwillings-Habitusebenen sind, kann die Blockierung von Verformungsprozessen sehr<br />

leicht zum Materialversagen führen.


30<br />

Abb. 9: Weibull-Darstellung der Spannungsintensitätsfaktoren K1c verschiedener<br />

TiAl-Legierungen, (1-F) Versagenswahrscheinlichkeit, T = 25 °C, Verformungs-<br />

geschwindigkeit<br />

vm = 0,01 mm/min:<br />

- Ti-48Al-2Cr, nahezu lamellare Struktur mit Vorzugsorientierung der Lamellen,<br />

Rissausbreitung parallel zu den Lamellengrenzflächen,<br />

- Ti-48Al-2Cr, nahezu lamellare Struktur mit Vorzugsorientierung der Lamellen,<br />

Rissausbreitung senkrecht zu den Lamellengrenzflächen,<br />

- ● T-47Al-3,7(Cr, Nb, Mn, Si)-0,5B, -TAB, Duplex-Struktur, 20% -Körner,<br />

- ■ T-47Al-3,7(Cr, Nb, Mn, Si)-0,5B, -TAB, Duplex-Struktur, 80% -Körner.<br />

Abbildung 10 demonstriert die Rissausbreitung in der lamellaren<br />

Struktur durch eine elektronenmikroskopische<br />

Aufnahme. Der Riss hat sich innerhalb der Lamellen auf {111}-Ebenen<br />

bewegt und wurde an den Lamellengrenzen entsprechen der Orientierungsänderung<br />

dieser<br />

Ebene n abgelenkt und schließlich an einer Grenzfläche immobilisiert. An der Riss-Spitze<br />

wurde n Verformungszwillinge und Versetzungen emittiert. Durch diese Prozesse wird<br />

insge-<br />

samt<br />

die Rissausbreitung quer zu den Lamellengrenzflächen stark behindert. Risse, die sich<br />

parallel<br />

zu den Grenzflächen ausbreiten, werden dagegen kaum behindert und können daher<br />

sehr schnell eine kritische Größe erreichen.<br />

Diese Beobachtungen erklären die starke Anisotropie der Bruchzähigkeit in lamellaren Gefügen<br />

und weisen darauf hin, dass größere lamellare Kolonien mit zur Belastungsrichtung ungünstig<br />

orientierten Lamellen sehr leicht zum Materialversagen führen können. Diese großen<br />

Kolonien lassen sich insbesondere in größeren Gussbauteilen kaum vermeiden. Die daraus<br />

resultierende Variation der Festigkeitswerte muss daher bei der Dimensionierung von Bauteilen<br />

durch entsprechende Sicherheitsfaktoren<br />

berücksichtigt werden.


31<br />

Abb. 10: Rissausbreitung in lamellaren Titanaluminid-Legierungen:<br />

Der Riss hat sich innerhalb der Lamellen<br />

auf {111}- Ebenen ausgebreitet und wurde<br />

an den Grenzflächen entsprechend der Orientierungsänderung dieser Ebenen abge<br />

lenkt und schließlich an der Grenzfläche<br />

1/2 immobilisiert. Die an der Riss-Spitze<br />

auftretende Spannungskonzentration wird graduell durch die Emission von Verformungszwillingen<br />

und Versetzungen (Stellen 2 und 3) abgeschirmt.<br />

1.2.3.3. Perspektiven<br />

Durch das Projekt wurde innerhalb einer sehr kurzen Zeit ein hoher Entwicklungsstand hin-<br />

sichtlich<br />

des Legierungsdesigns und der Technologie von Feingussverfahren erreicht. Dies<br />

manifestiert<br />

sich in dem ermittelten Satz an Gebrauchsdaten sowie insbesondere in einem<br />

erfolgreich verlaufenen Schleudertest, der bei der MTU München an einer Feinguss-Schaufel<br />

bei<br />

700 °C und 16.000 U/min durchgeführt wurde [4].<br />

Damit sind zum einen die Eignung der -Titanaluminid-Legierungen für einen Einsatz in<br />

Flugtriebwerken<br />

nachgewiesen und zum anderen eine Herstelltechnologie bis zum fertigen<br />

Bauteil entwickelt worden.<br />

Die Ergebnisse dieses breit angelegten Vorhabens wurden von den Projektpartnern für gezielte<br />

Weiterentwicklungen genutzt. So ist die innerhalb des Projekts entwickelte -TAB-


32<br />

Legierung aufgrund der gut aufeinander abgestimmten Al- und B-Gehalte auch sehr gut umformbar.<br />

Diese Legierung wurde daher auch in dem in Abschnitt 1.3.4. beschriebenen BMBF-<br />

Projekt<br />

zur Herstellung von Kompressor-Laufschaufeln für Flugzeugturbinen eingesetzt.<br />

1.2.3.4. Veröffentlichungen<br />

1. R. Wagner, F. Appel, B. Dogan, P.J. Ennis, U. Lorenz, J. Müllauer, H.P. Nicolai, W.<br />

Quadakkers, L. Singheiser, W. Smarsly, W. Vaidya, and K. Wurzwallner, in: Gamma<br />

Titanium Aluminides, Eds. Y-W. Kim, R. Wagner M Yamaguchi (TMS, Warrendale<br />

PA, 1995), p. 387.<br />

2. F. Appel, P.A. Beaven and R. Wagner, Acta Metall. Mater. 41, 1721 (1993).<br />

3. F. Appel, U. Christoph and R. Wagner, Phil. Mag. A 72, 341 (1995).<br />

4. W. Smarsly and L. Singheiser, in: Materials for Advanced Power Engineering, Part II,<br />

Eds. D. Coutsouradis et al. (Kluwer Academic Publishers, Dordrecht, 1994), p. 1731.<br />

1 .2.4. Pulvermetallurgische Herstellung von TiAl-Bauteilen<br />

Autoren: M. Schütze, DECHEMA Frankfurt, W. Smarsly, MTU Aero Engines GmbH<br />

Die Partner des Verbundvorhabens waren:<br />

- Metallgesellschaft AG, Frankfurt<br />

- MTU-Motoren- und Turbinen-Union München GmbH, München<br />

- GfE Gesellschaft für Elektrometallurgie mbH, Nürnberg<br />

- DECHEMA Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie e.V., Frankfurt<br />

- Wiss.-Technische Gesellschaft für Verfahrenstechnik Freiberg e.V. (FIA), Freiberg<br />

1.2.4.1. Zielsetzungen<br />

Mit dem Projekt „Entwicklung der pulvermetallurgischen<br />

Herstellung von Bauteilen auf der<br />

Bas is von TiAl und deren Erprobung“ wurde die pulvermetallurgische Herstellung<br />

von Turbinenkomponenten<br />

mit guten mechanischen Eigenschaften und geringer Oxidationsneigung<br />

entwickelt. Als pulvermetallurgische Verfahren wurden das mechanische Legieren sowie kry-<br />

ogene s Mahlen von legiertem Schmelzmaterial und die anschließende Verdichtung durch<br />

Strangpressen<br />

und heiss isostatisches Pressen untersucht.<br />

Die hier betrachteten pulvermetallurgischen<br />

Verfahren sollten seigerungsfreiere und feinkör-<br />

nigere<br />

Gefügestrukturen im Vergleich zu schmelzmetallurgischen Verfahren einstellen.<br />

Die Gesellschaft für Verfahrenstechnik FIA e.V. in Freiberg konnte mechanisch legiertes und<br />

sinteraktives TiAlCr-Pulver mit mittleren Korngrössen von < 200 µm durch Hochenergiemahlen<br />

in kleintechnischem Maßstab mit reproduzierbarer Qualität produzieren.<br />

Durch kryogenes Mahlen von rasch erstarrten TiAlCr- Schmelztröpfchen,<br />

sogenannter Flakes,<br />

stellte<br />

die GfE Metalle und Materialien GmbH in Nürnberg sauerstoffarme, feinkörnige und


33<br />

sinteraktive Pulver, Korngrössen < 45 µm, für die Weiterverarbeitung zu Probenmaterial und<br />

Prototypen zur Verfügung. Der Sauerstoffgehalt dieses Pulvers konnte auf unter 1000 ppm<br />

begrenzt<br />

werden.<br />

Die Metallgesellschaft AG Frankfurt und die MTU Motoren- und Turbinen-Union München<br />

GmbH hatten die Aufgabe, die Pulver zu Probekörpern und Bauteilprototypen<br />

zu kompaktie-<br />

ren<br />

und deren Eigenschaften zu charakterisieren. Das mechanisch legierte bzw. kryogemahlene<br />

TiAlCr Pulvermaterial wurde mittels Heissstrangpressen zuvor kalt isostatisch vorverdichteter<br />

Pulver oder direkt durch heiss isostatisches Pressen verdichtet. Die vollständige Kompaktierung<br />

des Pulvermaterials erfolgte bei hohen Temperaturen in Stahl- oder Ti64-Kapseln.<br />

1.2.4.2.<br />

Ergebnisse<br />

Die Gefüge des heiss isostatisch verdichteten Pulvermaterials zeigten eine inhomogene Verteilung<br />

der Phasen und Korngrössen. Das stranggepresste Material war feinkörniger und homogener,<br />

was in einer geringen Streuung der mechanischen Eigenschaften, wie der Zugfestigkeit<br />

und Duktilität, resultierte. Die Festigkeiten des pulvermetallurgisch hergestellten Materials<br />

waren relativ hoch im Vergleich zu Feingussmaterial gleicher Zusammensetzung.<br />

Die<br />

Duktilität, insbesondere des Materials aus verdichteten mechanisch legierten Pulvern, war<br />

allerdings aufgrund der hohen<br />

Verunreinigungen mit Fe, Ni, C und O mit 1 % unter der Min-<br />

destforderung<br />

für die Anwendung in einer Fluggasturbine. Eine wirksame Reduktion dieser<br />

Verunreinigungen erfordert höchstreine allerdings kostspielige Ausgangsmaterialien und Verarbeitungsprozesse.<br />

Das Karl-Winnacker-Institut der DECHEMA e.V. in Frankfurt untersuchte die Oxidationsbeständigkeit<br />

des kompaktierten Pulvermaterials im Temperaturbereich von 700 – 900 °C mit-<br />

tels<br />

isothermer und thermozyklischer Auslagerung in Luft und verbrennungsnahen Atmosphä-<br />

ren. Dabei wurde die im Vergleich zu Gussmaterial erhebliche höhere Oxidationsbeständigkeit<br />

des durch mechanisches Legieren hergestellten TiAlCr-Materials sogar bei einer Temperatur<br />

von 900°C und mindestens bis zu 1200 Stunden Auslagerung entdeckt. Ursache hierfür<br />

ist der sog. „Chloreffekt“, bei dem „homöopathische“ Mengen an Chlor (einige hundert ppm)<br />

die Bildung einer dünnen<br />

reinen Aluminiumoxidschicht mit hoher Oxidationsschutzwirkung<br />

bewirken.<br />

An Luft würde sich ohne diesen Effekt eine weniger schützende schnell wachsende Mischoxidschicht<br />

aus TiO2/Al2O3 bilden. Anders als bei der Schmelzmetallurgie, Verdüsung von<br />

Schmelzen und dem Feinguss bleibt Chlor, das herstellungsbedingt im Titan-Vormaterial enthalten<br />

ist, in mechanisch legiertem TiAl-Material in Grössenordnungen erhalten, die eine entsprechende<br />

Erhöhung der Oxidationsbeständigkeit bewirken.<br />

1.2.4.3. Perspektiven<br />

Das mechanische Legieren und Kryomahlen zur Herstellung von TiAl-Halbzeugen und TiAl-<br />

Bauteilen zeigte sich bezüglich der Herstellkosten für höchstreine Ausgangsstoffe und der<br />

Verfahrensbedingungen bei sonst gleichen anwendungsrelevanten Werkstoffeigenschaften als<br />

nicht wettbewerbsfähig im Vergleich mit schmelzmetallurgischen Verfahren. Als ganz wesentliches,<br />

zunächst nicht geplantes Ergebnis kam es aber im Laufe des Projektes zur Entde-<br />

ckung<br />

des Chloreffekts für die untersuchten TiAl-Legierungen.


34<br />

Die Entdeckung des „Chloreffekts“ auf die Oxidationsbeständigkeit von TiAl-Legierungen<br />

hatte zur Folge, dass in weiteren<br />

von der DFG, AiF und VW-Stiftung geförderten Projekten<br />

der<br />

DECHEMA und des Forschungszentrums Rossendorf das Plasma unterstützte Ionen-<br />

implantieren von Chlor und anderen Halogenen in die Oberfläche von geschmiedeten oder<br />

feingegossenen TiAl Bauteile entwickelt wurde und noch wird (Abbildung 11).<br />

Die mittlerweile vorliegenden umfangreichen Ergebnisse zeigen, dass zumindest oxidationsseitig<br />

über den Halogeneffekt (ähnliche Wirkung wie Chlor zeigen auch Fluor, Brom und Jod,<br />

wie mittlerweile gemessen wurde) ein Einsatz der TiAl-Legierungen<br />

z.B. als Turbinenschaufeln<br />

bei Temperaturen bis 1000°C möglich erscheint.<br />

Gleichzeitig konnten die dahinter stehenden Mechanismen aufgeklärt und thermodynamisch<br />

begründet werden. Derzeit wird neben der Ionenimplantation auch an der Entwicklung eines<br />

einfachen und preisgünstigen Tauchprozesses gearbeitet, der zu vergleichbaren Ergebnissen<br />

führt.<br />

-2 ]<br />

m/A [mg cm<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

TiAl + 200 keV, 10 15 F<br />

TiAl + 2.6 MeV, 10 16 I TiAl + 200 keV, 10 16 Cl<br />

TiAl + 1.9 MeV, 2.5 * 10<br />

0<br />

0 20 40<br />

16 Br<br />

t [h]<br />

Abb. 11: Effekt der Ionenimplantation von Halogenen auf die Oxidschichtbildung von<br />

Ti-50Al bei 900 °C in Luft (Karl-Winnacker-Institut, DECHEMA e.V.).<br />

1.2.4.2. Veröffentlichungen<br />

TiAl<br />

Al2O<br />

mixed<br />

Zum<br />

Verbundprojekt „Pulvermetallurgische Herstellung von TiAl-Bauteilen“ erfolgten fol-<br />

gende<br />

Veröffentlichungen:<br />

M. Hald<br />

Oxidationsverhalten von pulvermetallurgisch hergestellten TiAl-Legierungen<br />

Fortschritt-Berichte VDI<br />

Reihe 5 Grund- und Werkstoffe Nr. 527<br />

Ti


35<br />

M. Schütze, M. Hald<br />

Improvement of the oxidation resistance of TiAl alloys by using the chlorine effect<br />

Materials Science and Engineering A 239-240 (1997) 847-858<br />

Ein e Übersicht über die Entwicklung auf dem Gebiet des „Chlor- bzw. Halogeneffektes“<br />

im Anschluß an das Verbundprojekt geben folgende Artikel:<br />

G. Schumacher, F. Dettenwanger, M. Schütze, U. Hornauer, E. Richter, E. Wieser, W.<br />

Müller<br />

Microalloying<br />

effects in the oxidation of TiAl materials<br />

Intermetallics 7 (1999) 1113-1120<br />

G. Schumacher, F. Dettenwanger, M. Schütze<br />

Investigations of the microalloying effect of chlorine in the<br />

oxidation of TiAl alloys<br />

Materials at High Temperatures 17 (2000) 53-58<br />

M. Schütze,<br />

G. Schumacher, F. Dettenwanger, U. Hornauer, E. Richter, E. Wieser, W.<br />

Möller<br />

The halogen effect in the oxidation of intermetallic titanium aluminides<br />

Corrosion<br />

Science 44 (2002) 303-318


1.3. Förderzeitraum 1995 bis 1999<br />

36<br />

1994 war ein entscheidendes Jahr für die Fortführung der Entwicklung dieses hoffnungsvollen<br />

Werkstoffes. In den 1994 ausgelaufenen -TiAl-Projekten sind Ziellegierungen und Einzelbauteile<br />

(Ventile, Turbinenschaufeln) über die Feingussroute hergestellt worden. Die Machbarkeit<br />

wurde bewiesen, aber die Ergebnisse aus den Forschungsprojekten zeigten, dass es bis<br />

zu einem Serienbauteil noch ein langer Weg war. Vor allem erwies sich der vorerst hohe Preis<br />

der TiAl-Bauteile bzw. das Nichtvorhandensein einer reproduzierbaren Bauteil-<br />

Fertigungslinie als Nachteil und viele Firmen wollten sich nicht weiter an TiAl-<br />

Förderprojekten beteiligen.<br />

Zusätzlich zu dieser Situation führten firmenstrategische Veränderungen in Deutschland dazu,<br />

dass einige Unternehmen auf ihre zertifizierten Werkstofflieferanten im Ausland (überwiegend<br />

in den USA) zurückgriffen und an der Weiterführung der Projekte in Deutschland nicht<br />

mehr interessiert waren.<br />

Gerade zu diesem Zeitpunkt wurde das Programm „Materialforschung“ (Matfo) des BMBF<br />

von der Firma A. D. Little evaluiert und als insgesamt sehr erfolgreich eingeschätzt. Gleichzeitig<br />

wurde in einer Studie vorgeschlagen, die Materialforschung – wenn auch mit einem<br />

anderen Ansatz – weiterzuführen, um die technologische Kompetenz in Deutschland auf diesem<br />

Gebiet sicherzustellen. Ein wichtiger Schwerpunkt des ausgelaufenen Materialforschungsprogrammes<br />

„Matfo“ und gleichzeitig beispielhaft genannte Werkstoffgruppe im neuen<br />

Programm „MaTech“ (Neue Materialien für Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts)<br />

waren die Legierungen auf der Basis intermetallischer Phasen.<br />

In dieser Situation drängte sich die Entscheidung auf, ob und wie eine Förderung der Titanaluminide<br />

noch sinnvoll fortgesetzt werden sollte. Aus diesem Grund wurde 1994 vom <strong>Projektträger</strong><br />

PTJ-NMT zum weiteren Vorgehen auf dem Gebiet der Titanaluminide ein Workshop<br />

initiiert. Auf dem TiAl-Workshop sind von den Projektbeteiligten der Stand der Arbeiten vorgestellt<br />

und rege Diskussionen über die Weiterführung der bisherigen Entwicklungen geführt<br />

worden. An dem Workshop nahmen auch bislang nicht involvierte Unternehmen teil, von<br />

denen sich einige danach verstärkt, wie sich in den folgenden Jahren herausstellte, an der Umsetzung<br />

der Forschungsergebnisse beteiligten.<br />

Als Ergebnis des Workshops wurde die Notwendigkeit gesehen, die Forschungsarbeiten zu<br />

den Titan-Aluminid-Legierungen fortzuführen. Vom damaligen erreichten Stand der Entwicklungen<br />

ausgehend ist das Ziel vorgegeben worden, sie unter Bauteilaspekten weiter zu qualifizieren,<br />

z.B. durch Optimierung der chemischen Zusammensetzung bzw. der von den Herstellparametern<br />

abhängigen mechanischen Eigenschaften, durch Schadensanalysen nach Bauteiltests<br />

und Lebensdauerberechnungen und nicht zuletzt durch den Einsatz möglicher wirtschaftlicher<br />

neuer Herstell- bzw. Weiterverarbeitungsverfahren.<br />

Nach bilateralen Diskussionsrunden und Beratungsgesprächen beim zuständigen <strong>Projektträger</strong><br />

im Nachgang zu dem Workshop war mit den neuen Förderprojekten von 1995 bis 1999, aufgelistet<br />

in Tabelle 4, ein Durchbruch bei der technologischen Weiterentwicklung zur Herstellung<br />

von TiAl-Bauteilen in Deutschland erzielt worden, wie in den nachfolgenden Abschnitten<br />

beschrieben.


37<br />

Tabelle 4: Förderzeitraum 1995 bis 1999:<br />

Herstellverfahren für Ventile und Schaufeln<br />

Förderkennzeichen<br />

03N3043<br />

(Förderaneil<br />

des BMBF:<br />

1.371 T €)<br />

03N3016<br />

(Förderateil<br />

des BMBF:<br />

3.063 T €)<br />

03N3030<br />

(Förderateil<br />

des BMBF:<br />

0.680 T €)<br />

03N3034<br />

(Förderateil<br />

des BMBF:<br />

1.474 T €)<br />

Projekte<br />

Umformtechnische<br />

Halbzeug- sowie Fertigteilherstellung<br />

und<br />

Bauteilerprobung von<br />

TiAl-Motorkomponenten<br />

(Laufzeit:<br />

01.07.1996 –<br />

31.12.1999)<br />

Permanentkokillenguss-Prozess<br />

für<br />

TiAl-Ventile<br />

(Laufzeit:<br />

01.06.1995 –<br />

31.08.1999)<br />

Entwicklung einer<br />

Schmiedetechnologie<br />

zur Herstellung von<br />

Verdichter-Laufschaufeln<br />

aus γ-TiAl<br />

(Laufzeit:<br />

01.10.1995 –<br />

31.03.1999)<br />

Auslegung, Bau und<br />

Erprobung von TiAl-<br />

Hohlschaufeln<br />

(Laufzeit:<br />

01.10.1095 –<br />

28.02.1999)<br />

Projektleiter<br />

(Federführer unterstrichen)<br />

P. Starker, H. Lohmann, EuroVal Bad<br />

Homburg<br />

S. Hurta, R. Joos, H. Baur, Daimler-<br />

Benz Ulm<br />

H. Clemens, Plansee Reutte<br />

V. Güther, GfE Nürnberg<br />

G. Frommeyer, MPI Düsseldorf<br />

A. Choudhury, M. Blum, ALD Erlensee<br />

H.-P. Nicolai, TITAL Bestwig<br />

H.-J. Laudenberg, K. Segtrop, TRW<br />

Barsinghausen<br />

D. Lupton, W.C.Heraeus Hanau<br />

K. Ruppert, BMW München<br />

A. Mühlbauer, Uni Hannover<br />

R. Guntlin, P. Busse, ACCESS Aachen<br />

G. Frommeyer, MPI Düsseldorf<br />

P. Janschek, L. Knippschild, Thyssen<br />

Remscheid<br />

T. Haubold, Rolls-Royce Oberursel<br />

R Wagner, F. Appel, GKSS Geesthacht<br />

W. Smarsly, MTU München<br />

R. Gerling, GKSS Geesthacht<br />

H. Baur, Daimler-Benz Ulm<br />

H. Clemens, Plansee Reutte<br />

H. Schleinzer, Dornier Friedrichshafen<br />

A. Bartels, TU Hamburg Harburg<br />

H. Cramer, SLV München<br />

siehe<br />

Abschnitt<br />

1.3.1.<br />

1.3.2.<br />

1.3.3.<br />

1.3.4.<br />

1.3.5.<br />

1.3.6.


38<br />

Das BMBF hat sich der Verantwortung gestellt und mit insgesamt ca. 6,6 Mio. € die Forschungs-<br />

und Entwicklungsarbeiten zu den Titanaluminiden in dieser so entscheidenden Entwicklungsetappe<br />

von 1995 bis 1999 gefördert. Dabei betrug die Gesamtförderquote der einzelnen<br />

in der Tabelle aufgelisteten Verbundvorhaben 50%, d.h. die Industrie hat sich, neben<br />

ihrem erbrachten Eigenanteil, an den Aufwendungen der Forschungsinstitute zu 50% mit<br />

beteiligt (dadurch Absenkung der Förderquote bei den einzelnen Firmen deutlich unter 50%).<br />

Ab 1999 wurde auch der Expertenkreis „Intermetallische Phasen“ aufgelöst, da vor allem<br />

die Projekte zu den Titanaluminiden weitestgehend von den Interessen der Industrie getragen<br />

wurden und damit die Aufgaben dieses Beratergremiums erfüllt worden waren.<br />

1.3.1. Herstellung von TiAl-Legierungsmaterial<br />

Autor: V. Güther, GfE Metalle und Materialien GmbH, Nürnberg<br />

Die Firma GfE war seit 1993 als TiAl-Werkstoffhersteller bzw. –lieferant an folgenden<br />

BMBF-Verbundvorhaben beteiligt:<br />

- Entwicklung der pulvermetallurgischen Herstellung von Bauteilen auf der Basis<br />

von TiAl und deren Erprobung,<br />

- Entwicklung einer Umformtechnik für intermetallische -TiAl-Legierungen,<br />

- Umformtechnische Halbzeug- sowie Fertigteilherstellung und Bauteilerprobung<br />

von -TiAl-Ventilen.<br />

1.3.1.1. Motivation und Zielsetzung<br />

Der Werkstoff -TiAl wird in zwei grundlegend unterschiedlichen Modifikationen benötigt.<br />

Im Falle der gießtechnischen Herstellung von Bauteilen genügt es, sogenannte „master heats“<br />

in den Prozess zu geben. Als „master heat“ bezeichnet man ein vorlegiertes Material, das im<br />

Weiterverarbeitungsprozess nochmals vollständig aufgeschmolzen und dann in entsprechende<br />

Gießformen abgegossen wird. Demzufolge sind die Anforderungen an die Homogenität von<br />

„master heats“ vergleichsweise gering.<br />

Für den Fall einer weitergehenden Verarbeitung über Umformschritte werden dagegen sogenannte<br />

Ingots benötigt, an deren chemische und strukturelle Homogenität extreme Anforderungen<br />

gestellt sind.<br />

Die Legierungsentwicklung hat zu der Erkenntnis geführt, dass die Qualität des Vormaterials<br />

letztendlich ausschlaggebend für die Qualität der Bauteile ist. Das bedeutet aber auch, dass<br />

sich Fehler im Ingot bis in das Bauteil fortpflanzen.<br />

Der vorliegende Abschnitt bezieht sich auf die Herstellung dieser Ingots und zeigt, wie diese<br />

hochkomplizierten Aufgaben gelöst werden konnten.


1.3.1.2. Umsetzung und Ergebnisse<br />

Anforderungen an TiAl-Ingots:<br />

39<br />

Entscheidenden Einfluss auf die Gefüge besitzt die lokale Schwankung des<br />

Aluminiumgehaltes, der die lokale Lage der sogenannten α-Transus-Temperatur definiert. Je<br />

nach der Höhe der Prozesstemperaturen während der Massivumformung und dem<br />

Aluminiumgehalt unterschreiten oder überschreiten lokale Bereiche des Ingots diese Linie mit<br />

dem Resultat völlig unterschiedlicher Mikrogefüge mit unterschiedlichen Eigenschaften<br />

(siehe Abbildung 12). Demzufolge darf die Schwankung des Al-Gehaltes in einem Ingot<br />

lediglich ca. +/- 0,5 at.-% betragen.<br />

Variation of the microstructure by hot working / thermal treatments<br />

T (°C)<br />

1500<br />

1400<br />

1300<br />

1200<br />

1100<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

fully lamellar<br />

near lamellar<br />

duplex<br />

near-<br />

36 40 44 48 52<br />

Aluminium concentration (at.-%)<br />

<br />

<br />

Abb. 12: Ausschnitt aus dem Phasendiagramm TiAl und Einfluss verschiedener<br />

Prozesstemperaturen auf die entstehenden Gefüge<br />

Insbesondere Sauerstoff und Stickstoff lagern sich auf Zwischengitterplätzen in das Gefüge<br />

ein und führen zu einer vollständigen Versprödung des ohnehin bei Raumtemperatur recht<br />

spröden Werkstoffes. Folgende Gehalte bilden praktisch die oberen hinnehmbaren Grenzen:<br />

Sauerstoff < 800 ppm<br />

Stickstoff < 200 ppm<br />

Kohlenstoff < 200 ppm.<br />

Je nach Legierungszusammensetzung können weitere Elemente kritische Verunreinigungen<br />

bilden oder auch zur Einstellung gewünschter Eigenschaften beitragen.


40<br />

Durch Legierungsbildung lassen sich Eigenschaften gezielt verändern. Abbildung 13 gibt eine<br />

allgemeine Summenformel für TiAl-Legierungen an, ohne dass damit ein Anspruch auf Vollständigkeit<br />

erhoben wird.<br />

In der Praxis evaluierte Legierungen bestehen in der Regel neben Titan und Aluminium aus 2<br />

bis 6 weiteren Einzelkomponenten. Wie aus Abbildung 13 hervorgeht, besitzen diese<br />

Einzelkomponenten höchst unterschiedliche Dichten und Schmelzpunkte. Es ist deshalb ein<br />

wichtiges Ziel der Schmelztechnologie, dafür zu sorgen, dass alle Legierungselemente trotz<br />

unterschiedlicher physikalischer Eigenschaften und spezifischer Gewichte vollständig<br />

homogen im Ingot verteilt vorliegen.<br />

Ti 42-52 Al 44-48 (Cr, Mn, V) 0-4 (Nb,Ta,Mo,W,Zr,Hf,Co,Cu) 0-10 (Si, B, C,Y) 0-2<br />

2 / Duktilität Festigkeit Gefügefeinung<br />

Mikrostruktur Umformbarkeit<br />

Kriechbeständigkeit<br />

Abb. 13: Einfluss von Legierungselementen auf Eigenschaften<br />

Überblick über die Herstellungsprozesse für -TiAl-Ingots:<br />

Aufgrund der hohen Reaktivität von Titan und der großen Anforderungen an die Verunreinigungsgehalte<br />

kommen als Herstellungsprozesse ausschließlich vakuum-schmelzmetallurgische<br />

Verfahren mit kalten Tiegeln in Betracht. Auch die Herstellung von TiAl-Legierungspulvern<br />

muss durch die Verdüsung von schmelzmetallurgisch dargestelltem Material erfolgen.<br />

Die nachfolgende Abbildung 14 zeigt die möglichen Prozessrouten zur Ingotherstellung<br />

auf.


PACHM<br />

Plasma Arc Cold<br />

Hearth Melting<br />

2<br />

3<br />

1<br />

41<br />

VAR<br />

Vacuum Arc<br />

Remelting<br />

Abb. 14: Mögliche Prozessrouten zur TiAl-Ingot-Herstellung<br />

1: Vormaterial<br />

2: Plasmabrenner<br />

3: Ingot<br />

1<br />

3<br />

PASM<br />

Plasma Arc<br />

Skull Melting<br />

Durch Abguss von Legierung aus dem Plasma-Skull in Kokillen hergestellte Ingots weisen<br />

eine zu große Porosität auf, während die in der Titan-Industrie weitverbreitete Technologie<br />

des Hochvakuum-Elektronenstrahl-Schmelzens für -TiAl aufgrund des starken Abdampfens<br />

speziell von Aluminium nicht einsetzbar ist. Deshalb haben sich in der Praxis zwei Technologien<br />

durchgesetzt, nämlich das Vakuum-Lichtbogen-Schmelzen (Abb. 14 Mitte) und das<br />

Plasma-Schmelzen im kalten Tiegel (Abb. 14 links). Beide Technologien besitzen spezifische<br />

Vor- und Nachteile bezüglich der Qualität und der Wirtschaftlichkeit. Der höheren Wirtschaftlichkeit<br />

der Plasma-Technologie stehen prozessbedingt stärkere Schwankungen in den<br />

lokalen Elementkonzentrationen gegenüber, was eine Folge von lokal ungleichmäßigen Überhitzungen<br />

der Schmelze sein dürfte.<br />

Im BMBF-Projekt 03 N 3043 D3 "Umformtechnische Halbzeug- sowie Fertigteilherstellung<br />

und Bauteilerprobung von TiAl-Motorkomponenten" wurde demzufolge für die Herstellung<br />

des Ingot-Materials das Vakuum-Lichtbogen-Schmelzen als Basistechnologie zugrunde gelegt.<br />

Im Rahmen dieses Projektes erfolgte die Technologieentwicklung im Rahmen von Labor-Ingots,<br />

die einen Durchmesser von 75 mm und eine Länge von ca. 150 mm aufwiesen.<br />

Diese Ingots bildeten das Ausgangsmaterial zum Strangpressen von dünnen Stäben, aus denen<br />

im Projektverlauf über konduktives Anstauchen und Schmiede-Umformung Ventilrohlinge<br />

gefertigt wurden. Im sich anschließenden BMBF-Projekt 03 N 3030 "Entwicklung einer Umformtechnik<br />

für intermetallische -TiAl-Legierungen" wurde die erarbeitete Technologie auf<br />

industrielle Prozesse angepasst, so dass nunmehr Ingots mit Durchmessern von bis zu 300<br />

mm und Längen von bis zu 900 mm zur Verfügung stehen.<br />

2<br />

1<br />

3


Herstellung von -TiAl-VAR-Ingots:<br />

42<br />

Abbildung 15 zeigt das allgemeine Prozessschema der Herstellung von -TiAl-<br />

Legierungsingots mittels Vakuum-Lichtbogen-Schmelzen.<br />

Aluminium-Granalien Vorlegierungen Titan-Schwamm<br />

Stäbe pressen<br />

VAR - Elektroden schweissen<br />

3-fach VAR-Schmelzen<br />

Endbearbeitung<br />

Abb. 15: Prozessschema der Ingotherstellung über VAR<br />

Vorlegierungen:<br />

Vorlegierungen sind zum Einbringen der Legierungsbestandteile erforderlich, da diese zum<br />

Teil erheblich voneinander abweichende Schmelztemperaturen besitzen. Die Vorlegierungen<br />

haben deshalb genau die Aufgabe, die Schmelzpunkte der Ausgangsstoffe für den VAR-<br />

Prozess aneinander anzugleichen. Zusätzlich werden über den "Verdünnungseffekt" die Legierungselemente<br />

bereits besser verteilt der VAR-Elektrode zugeführt.<br />

Ausgangspunkt für die Vorlegierungen sind in der Regel Aluminium und Metalloxide. Diese<br />

Bestandteile werden gemischt und in einer selbstgängigen, stark exothermen aluminothermischen<br />

Reaktion (ATR = Alumino-Thermic Reduction) zu einer Aluminium-Metalllegierung<br />

umgesetzt, wie nachfolgend am Beispiel von Niob verdeutlicht wird:<br />

3 Nb2O5 + 16 Al 6 NbAl + 5 Al2O3 + Wärme<br />

Als Resultat der Reaktion entstehen die Vorlegierung Niob-Aluminium und Schlacke. Das<br />

Beispiel ist auf andere Refraktärmetalle wie Cr, Ta, Mo, W oder V übertragbar.<br />

Elektrodenherstellung:<br />

Aus definierten Mischungen von Titan-Schwamm, Aluminium-Granalien und Vorlegierungen<br />

werden Stäbe gepresst, die in einem kombinierten Vakuum-Schutzgas-Prozess zu sogenannten<br />

VAR-Elektroden verschweißt werden.


VAR-Schmelzen:<br />

43<br />

Die Elektroden werden in einen Lichtbogenofen eingehängt. Zwischen der Elektrode und einem<br />

auf den Boden einer wassergekühlten Kupferkokille gelegten Scheibe aus arteigenem<br />

Material wird ein Gleichstrom-Vakuumbogen gezündet, dessen heißer Fußpunkt auf der Seite<br />

der Elektrode liegt und diese abschmilzt. Die Elektrode muss zur Wandung der Kokille einen<br />

ausreichenden Abstand besitzen, um die Entstehung eines Lichtbogens zur Kokille zu vermeiden.<br />

Unter Durchmesservergrößerung entsteht ein Erstschmelz-Ingot, der aber noch eine<br />

unzureichende Legierungshomogenität aufweist. Deshalb wird dieser Ingot erneut umgeschmolzen,<br />

wobei sich der Durchmesser abermals vergrößert. Die entstehenden Ingots besitzen<br />

bereits eine sehr gute Homogenität, die im Verlauf der Projekte durch Prozessoptimierungen<br />

sukzessive verbessert werden konnte.<br />

Für höchste Anforderungen an die Legierungshomogenität ist allerdings ein dritter Umschmelzschritt<br />

im VAR erforderlich. Die folgende Abbildung 16 verdeutlicht die Verbesserung<br />

der makroskopischen lokalen Schwankungen des Aluminium-Gehaltes als Maß für die<br />

Homogenität durch wiederholtes VAR-Schmelzen.<br />

Die beim VAR-Schmelzen prozessbedingt entstehenden Kopflunker werden ebenso wie die<br />

prozessbedingt inhomogenen Fußstücke der Ingots mit speziellen Metallbandsägen<br />

abgeschnitten.<br />

Al concentration (at.-%)<br />

50<br />

49<br />

48<br />

47<br />

46<br />

45<br />

44<br />

43<br />

Al concentration of 1st VAR ingot<br />

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12<br />

sample no.<br />

50 mm<br />

Abb. 16a: Lokale Schwankungen des Aluminiumgehaltes in einstufigem VAR–Ingot


Al content (at.-%)<br />

Al content (at.-%)<br />

48.00<br />

47.00<br />

46.00<br />

45.00<br />

44.00<br />

43.00<br />

42.00<br />

48.00<br />

47.00<br />

46.00<br />

45.00<br />

44.00<br />

43.00<br />

42.00<br />

Aluminum concentration<br />

of 2nd VAR ingot<br />

44<br />

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20<br />

no. of sample<br />

Aluminum concentration<br />

of 3rd VAR ingot<br />

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16<br />

no. of sample<br />

100 mm<br />

100 mm<br />

Abb. 16b: Lokale Schwankungen des Aluminiumgehaltes in zwei- und dreistufigen<br />

VAR–Ingots<br />

Defekte im VAR-Ingot:<br />

Parallel zur Verbesserung der Legierungshomogenität wurde intensiv an der Vemeidung von<br />

kritischen Defekten im Ingotmaterial gearbeitet. Im Verlauf der Entwicklungsprojekte wurden<br />

verschiedenartige Defekte in VAR-Ingots detektiert.<br />

Die wichtigsten dieser Defekte sind:<br />

- Seigerungen von hochdichten und hochschmelzenden Komponenten<br />

- Poren, Lunker und Risse<br />

- Oxidische, nitridische, karbidische, silizidische und boridische Einschlüsse<br />

- Titanreiche Zonen.


45<br />

Diese Defekte, die sich äußerst kritisch auf das spätere Bauteilverhalten auswirken können,<br />

wurden durch abgestimmte technologische Maßnahmen insbesondere bezüglich der<br />

Optimierung von Schmelzparametern beseitigt. Diese Optimierungen müssen für jede<br />

Legierungszusammensetzung erneut durchgeführt werden, was im Ergebnis wegen stets<br />

unterschiedlicher Herstellungsparameter hohe Anforderungen an das<br />

Qualitätssicherungssystem stellt, das inzwischen durchgängig nach ISO 9001:2000<br />

implementiert wurde.<br />

1.3.1.3. Perspektiven<br />

Die GfE Metalle und Materialien GmbH ist heute weltweit ein führender Hersteller von -<br />

TiAl-Ingotmaterialien für Umform- und Gussanwendungen. Die Ingots werden gemäß<br />

Kundenspezifikation hergestellt. Das vorhandene Qualitätssicherungssystem gestattet die<br />

vollständige Prozesskontrolle von den Rohstoffen bis zur Endlegierung. Die gegenwärtigen<br />

Standard-Dimensionen der VAR-Ingots sind in der folgenden Tabelle (siehe auch Abbildung<br />

17) zusammengefasst:<br />

(mm) Länge (mm) Masse (ca. kg)<br />

120 200 9<br />

140 600 37<br />

180 900 92<br />

220 800 120<br />

300 700 200<br />

Abb. 17: -TiAl-Ingots, links 220 mm, rechts 120 mm


46<br />

Bezüglich der Legierungszusammensetzung bestehen Erfahrungen auf der Basis von mehr als<br />

50 verschiedenen Legierungen, die kundenspezifisch auch in anderen Ingot-Abmessungen<br />

hergestellt werden können.<br />

Die GfE hat zwischenzeitlich die Voraussetzungen für eine industrielle -TiAl-VAR-Ingot-<br />

Produktion geschaffen (vergleiche Abbildung 18).<br />

Abb. 18: Versandfertige -TiAl-Ingots<br />

1.3.1.4. Veröffentlichungen<br />

V. Güther, H. Cramer und W. Smarsly: " Entwicklung des Reib- und Laserstrahlschweißens<br />

von TiAl und NiAl", 2. Symposium Neue Werkstoffe in Bayern, Berichtsband<br />

S. 284, Bayreuth, März 1998.<br />

H. Heegn, W. Smarsly, V. Güther<br />

Pulvermetallurgische Herstellung von Bauteilen auf Basis TiAl und deren Erprobung<br />

Werkstoffwoche 1998, München, Bd. VIII, Wiley-VCH, 1999.


47<br />

V. Güther, A. Otto, H. Kestler and H. Clemens<br />

Processing of Gamma TiAl Based Ingots and their Characterization<br />

TMS Conference Proceedings "Gamma Titanium Aluminides 1999", San Diego 1999.<br />

V. Güther, A. Otto, L. Zhao, E. Lugscheider und H. Reymann<br />

Entwicklung von Titan- und Titanlegierungspulvern für das reaktive Plasma-<br />

Formspritzen zur Herstellung von hartphasenverstärkten Metall-Matrix-<br />

Kompositwerkstoffen, Werkstoffwoche 1998, München, Bd. II, S. 185, Wiley-VCH,<br />

1999.<br />

V. Güther, A. Otto und N. Eberhardt,<br />

Herstellung und Eigenschaften von mechanisch zerkleinerten - TiAl Pulvern und<br />

daraus gefertigten Bauteilen, Werkstoffwoche 1998, München, Bd. II, S. 447, Wiley-<br />

VCH, 1999.<br />

V. Güther<br />

Properties, processing and applications of gamma-based TiAl<br />

Proc. 9 th Ti World Conference, 08.-11.06.1999, Saint Petersburg.<br />

D. Zhang, P. Kopold, V. Güther and H. Clemens<br />

Influence of Heat Treatments on Colony Size and Lamellar Spacing in a Ti-46Al-2Cr-<br />

2Mo-0,25Si-0,3B Alloy, Z. f. Metallkunde,91 (2000) 3.<br />

V. Güther, A. Otto, R. Gerling, H. Clemens and H. Kestler<br />

Recent Improvements in TiAl Ingot Metallurgy<br />

Proceedings of Aeromat 2000, June 2000, Seattle, USA.<br />

V. Güther, R. Joos, H. Clemens<br />

Microstructure and Defects in -TiAl based Vacuum Arc Remelted Ingot Materials<br />

3 rd Int. Symp. on Structural Intermetallics, April 2002, Jackson Hole WY, USA.<br />

Chatterjee, V. Güther, V.Küstner, F. Appel, and H. Clemens<br />

Progress of -TiAl based Vacuum Arc Remelting technology: large scale ingots and<br />

alloy design, Proceedings of Aeromat 2000, June 2002, Orlando, USA.<br />

V. Güther, A. Chatterjee and H. Kettner<br />

Properties, Applications and Production of Gamma Titanium Aluminides<br />

International Titanium Association`s 18 th Annual Conference and Exhibition,<br />

October 2002, Orlando, USA.


1.3.2. Strangpressverfahren zur Herstellung von TiAl-Ventilen<br />

Autoren: H. Kestler, N. Eberhardt, Plansee Aktiengesellschaft Reutte<br />

Die Partner des Verbundes waren:<br />

- EuroVal Motorkomponenten, Bad Homburg (heute Mahle Motorventile GmbH)<br />

- DaimlerChrysler AG, Ulm<br />

- Metallwerk Plansee GmbH, Reutte (Österreich)<br />

- Max-Planck-Institut für Eisenforschung, Düsseldorf<br />

- GfE Metalle und Materialien GmbH, Nürnberg<br />

1.3.2.1. Motivation und Zielsetzungen<br />

48<br />

Zu Beginn dieses Projektes war aus maschinenbaulichen Überlegungen heraus bereits klar,<br />

dass durch die Anwendung von γ-TiAl-Gaswechselventilen im Automobilmotor eine Leistungssteigerung<br />

erwartet werden kann. Dies resultiert vor allem aus der gegenüber Ventilen<br />

aus Konkurrenzwerkstoffen wie Stählen oder Titanlegierungen niedrigen Dichte, der hohen<br />

spezifischen Steifigkeit (E/ρ ~ 40 GPa g -1 cm 3 ) und der hohen spezifischen Festigkeit von γ-<br />

TiAl-Ventilen, die dadurch selbst gegenüber modernen Leichtbaukonzepten (z.B. Hohlventile)<br />

noch Vorteile aufweisen. Damit war die Zielsetzung anwenderseitig definiert.<br />

Demgegenüber stand zum damaligen Zeitpunkt keine oder eine nur in Ansätzen entwickelte<br />

Industriestruktur zur Verarbeitung dieser Werkstoffklasse zur Verfügung. Zwar konnte in<br />

früheren Projekten die industrielle Machbarkeit verschiedener Einzeltechnologien, wie die<br />

Herstellung von Vormaterial durch Lichtbogenumschmelzen zu γ-TiAl-Ingots und Inertgasverdüsung<br />

von Schmelzen zu γ-TiAl-Pulvern, sowie vor allem isothermes Umformen zur<br />

Herstellung verschiedener Halbzeugformen erfolgreich demonstriert werden, jedoch ein<br />

durchgängiges Fertigungskonzept für die industrielle Serienproduktion von γ-TiAl-Ventilen<br />

auf konventionellen Anlagen bestand nicht.<br />

So war es nahe liegend, die Entwicklung der Ventile innerhalb eines Konsortiums durchzuführen,<br />

welches die gesamte industrielle Fertigungskette abdeckt und zusätzlich durch die<br />

Einbindung eines Forschungsinstituts sowie eines Endanwenders sowohl die notwendige wissenschaftliche<br />

als auch die technologische Bewertung der entwickelten Technologie gewährleisten<br />

konnte.<br />

1.3.2.2. Umsetzung und Ergebnisse<br />

Im Rahmen dieses Projektes wurden zwei Fertigungsrouten zur Herstellung von γ-TiAl-<br />

Ventilen parallel entwickelt, die im folgenden als Ingotroute und Pulverroute bezeichnet werden.<br />

Ziel der Ingotroute war es, mehrfach im Lichtbogenofen umgeschmolzene γ-TiAl-Ingots<br />

(GfE) mittels eines zweistufigen Strangpressprozesses zu Stäben zu verarbeiten (Plansee), die<br />

als Halbzeug zur Fertigung von Ventilrohlingen über konduktive Erwärmung, anschließendes<br />

Anstauchen und quasi-isothermes Schmieden (EuroVal) dienten. Abbildung 19 zeigt schematisch<br />

die einzelnen Fertigungsschritte.


Abb. 19: Schematische Darstellung der Fertigungsschritte von TiAl(Mo,Si)-Ventilen<br />

nach der Ingotroute (siehe /1/)<br />

49<br />

Die wesentlichen Weiterentwicklungen dieses Projektteiles, die letztlich zur erfolgreichen<br />

Herstellung von TiAl(Mo,Si)-Ventilen und zur positiven Bewertung im Motortest führten,<br />

sollen in folgenden kurz aufgelistet werden. Detaillierte Informationen können aus /2,1/ entnommen<br />

werden:<br />

Optimierung der γ-TiAl-Ingotherstellung über Lichtbogenumschmelzen und Aufskalierung<br />

der Ingotdimensionen auf industriellen Maßstab,<br />

Entwicklung einer Ti-47Al-1Mo-0.2Si (At%)-Legierung, die sich durch einen guten<br />

Kompromiss zwischen Festigkeit, Umformbarkeit und Oxidationsbeständigkeit auszeichnet<br />

/1/,<br />

Mehrstufiges Strangpressen von γ-TiAl-Ingots auf konventionellen (nicht isothermen)<br />

Aggregaten mit Strangpressverhältnissen (PV) größer 200:1,<br />

Adaptierung des Anstauchverfahrens und des quasi-isothermen endformnahen<br />

Schmiedens stranggepresster γ-TiAl-Stäbe (PV 225:1),<br />

Erfolgreicher Test umgeformter γ-TiAl-Ventile im Prüfstand und im Straßeneinsatz.<br />

Im Gegensatz zur Ingotroute, die ein mehrstufiges Umformverfahren darstellt, sollte mit der<br />

Pulverroute eine sogenannte Near-Net-Shape(NNS)-Technologie, welche die Herstellung von<br />

γ-TiAl-Ventilen in wenigen Arbeitsschritten erlaubt, untersucht werden.


50<br />

Als Vormaterial kamen inertgasverdüste γ-TiAl-Pulver mit der Zusammensetzung Ti-46.5Al-<br />

4(Cr,Nb,Ta,B) zum Einsatz, die durch heißisostatisches Pressen (HIP) verdichtet wurden.<br />

Dieses Verfahren erlaubt durch die Verwendung von HIP-Kapseln , deren Geometrie nahezu<br />

der Endform eines Ventiles entspricht, die Einsparung der o.g. Umformschritte und kann dadurch<br />

einen Kostenvorteil ermöglichen.Die wesentlichen Prozessschritte der Pulverroute sind<br />

in Abbildung 20 dargestellt.<br />

Abb. 20: Schematische Darstellung der Fertigungsschritte von Ti-46.4Al-4(Cr,Nb,Ta,B)-<br />

Ventilen über die Pulverroute<br />

Ergebnisse:<br />

Über beide Fertigungsrouten konnten erfolgreich γ-TiAl-Ventile hergestellt und in Motortests<br />

bei DaimlerChrysler getestet werden. Hinsichtlich ihrer Zugfestigkeit bei monotoner und ihrer<br />

Wechselfestigkeit bei zyklischer Beanspruchung ist jedoch die Ingotroute zu favorisieren.<br />

Abbildung 21 soll diesen Sachverhalt am Beispiel der Temperaturabhängigkeit der Streckgrenze<br />

verdeutlichen. Eingetragen sind jeweils die für beide Werkstoffe typischen Bereiche<br />

der Festigkeiten.<br />

Im Falle des über die Ingotroute hergestellten Materials ist zusätzlich der festigkeitssteigernde<br />

Effekt höherer Strangpressverhältnisse zu erkennen (untere Grenze des Festigkeitsbereiches:<br />

PV 12:1, obere Grenze: PV 122:1).


Abb. 21: Temperaturabhängigkeit der Streckgrenze der untersuchten Werkstoffe<br />

51<br />

Hier muß angemerkt werden, dass die Bewertung der mechanischen Eigenschaften der beiden<br />

Werkstoffe wegen ihrer unterschiedlichen chemischen Zusammensetzungen eigentlich unzulässig<br />

ist. Jedoch konnte der hier dargestellte Sachverhalt in späteren Unersuchungen an der<br />

Ti-46.5Al-4(Cr,Nb,Ta,B)-Legierung bestätigt werden.<br />

Neben den mechanischen Eigenschaften sind die Herstellkosten für die Markteinführung der<br />

γ-TiAl-Ventile ein weiterer wichtiger Aspekt. Berechnungen haben ergeben, dass unter Berücksichtigung<br />

weiterer Prozessoptimierungen die Herstellkosten der schmelzmetallurgisch<br />

hergestellten Ventile niedriger liegen als die der pulvermetallurgischen Route. Der hauptsächliche<br />

Kostentreiber der Near-Net-Shape-Technologie sind die heute noch deutlich höheren<br />

Vormaterialkosten.<br />

Auf der Basis der in diesem Projekt gewonnenen Ergebnisse müssen die Chancen, über den<br />

schmelzmetallurgischen Fertigungsweg (Strangpressen + Stauchen + Schmieden) in technischer<br />

und wirtschaftlicher Hinsicht konkurrenzfähige Ventile herzustellen, als höher eingeschätzt<br />

werden als die über die Pulverroute.<br />

Kurz- und mittelfristig könnten sich γ-TiAl-Ventile aufgrund der im Vergleich zum kommerziellen<br />

Stahlventil hohen Fertigungskosten in Nischenanwendungen, z.B. in Rennsportmotoren,<br />

durchsetzen. Langfristig ist aber auch der Einsatz in herkömmlichen PKW- und LKW-<br />

Motoren denkbar.


1.3.2.3. Perspektiven<br />

52<br />

Die in diesem erfolgreichen Projekt gewonnenen Ergebnisse und die entwickelten Technologien<br />

fanden in den Folgejahren eine direkte Fortsetzung bei der Entwicklung einer Industriestruktur<br />

für γ-TiAl-Werkstoffe, die heute nicht nur die Basis für die Fertigung von TiAl-<br />

Ventilen, sondern darüber hinaus für die Herstellung einer ganzen Reihe von γ-TiAl-<br />

Produkten dienen kann.<br />

So konnte auf der Basis der gewonnenen Betriebsdaten und Prozessparameter die Herstellung<br />

von γ-TiAl-Ingots und deren Weiterverarbeitung in den industriellen Maßstab überführt werden<br />

– eine wichtige Voraussetzung für die Etablierung weiterer Anwendungen dieser Werkstoffklasse,<br />

die auf der Umformtechnik beruhen (vor allem Motor- und Triebwerkskomponenten).<br />

Erwähnt werden muss aber, dass die positiven Ergebnisse aus der Erprobung umformtechnisch<br />

hergestellter γ-TiAl-Ventile und die erfolgreiche Umsetzung der oben beschriebenen<br />

Technologien zur Herstellung von γ-TiAl-Halbzeugen bisher keine kommerzielle Anwendung<br />

in Hochleistungsmotoren gefunden haben.<br />

In weiterer Folge wurde jedoch bei PLANSEE, aufbauend auf diesen Erkenntnissen und der<br />

Strangpresstechnologie, eine eigene Prozesstechnik für die γ-TiAl-Ventilherstellung entwickelt<br />

und im März 2002 bei der Fa. Sinterstahl GmbH in Füssen in einen eigenständigen Geschäftsbereich<br />

überführt.<br />

1.3.2.4. Veröffentlichungen<br />

1. S. Knippscheer, G. Frommeyer: Intermetallic TiAl(Cr,Mo,Si) Alloys for Lightweight<br />

Engine Parts, Advanced Engineering Materials, 1:187-191, 1999.<br />

2. V. Güther, A. Otto, H. Baur, R. Joos, O. Berg, M. Lohmann, G. Frommeyer, S.<br />

Knippscheer, N. Eberhardt, H. Kestler,: TiAl Automotive Valves – Fabrication and<br />

Properties, in P.J. Winkler (Herausgeber): Materials for Transportation Technology<br />

(Euromat 99), S. 110, Weinheim, 2000, DGM, Wiley-VCH.<br />

3. N. Eberhardt, A. Lorich, R. Jörg, H. Kestler, W. Knabl, W. Köck, H. Baur, R. Joos, H.<br />

Clemens: Pulvermetallurgische Herstellung und Charakterisierung von Formkörpern<br />

aus einer intermetallischen Ti-46.5Al-4(Cr,Nb,Ta,B)-Legierung, Z. Metallkunde,<br />

89(11): 772 – 778,1998.


1.3.3. Permanentkokillenguss-Prozess für TiAl-Ventile<br />

Autor: P. Busse, ACCESS e.V.<br />

Die Partner des Verbundes waren:<br />

- ACCESS e.V.<br />

- ALD Vacuum Technologies GmbH<br />

- BMW AG<br />

- Institut für Elektrothermische Prozesstechnik, Universität Hannover<br />

- Max-Planck-Institut für Eisenforschung, Düsseldorf<br />

- Titan-Aluminium-Feinguss GmbH<br />

- TRW Deutschland GmbH<br />

- WC Heraeus GmbH<br />

1.3.3.1. Motivation und Zielsetzung<br />

53<br />

Ein Ansatzpunkt zur Wirkungsgradoptimierung von Automotoren ist die nahezu stöchiometrische<br />

Verbrennung des Kraftstoffs. Dies bedeutet allerdings eine Anhebung der mittleren Abgastemperatur<br />

von derzeit 700° auf ca. 900°C. Hierdurch steigt die Betriebstemperatur einiger<br />

Motorenkomponenten, insbesondere die der Auslassventile.<br />

Konventionelle Stahlventile sind den erhöhten Einsatzbelastungen nicht mehr gewachsen. Ein<br />

weiterer Ansatz ist die elektromagnetische Ventilsteuerung mit variablen Steuerzeiten. Dieses<br />

Konzept ist nur dann umsetzbar, wenn die bewegte Ventilmasse reduziert wird.<br />

Vor diesem Hintergrund steigt das Interesse an leichten Hochtemperaturlegierungen, wie z.B.<br />

intermetallischen -Titanaluminiden (TiAl). TiAl verfügt über ausreichende Festigkeitseigenschaften<br />

für diesen Anwendungsbereich bis zu Einsatztemperaturen von nahezu 850°C und ist<br />

darüber hinaus rund 50% leichter als Stahl- bzw. Superlegierungen. Selbst bei einer konventionellen<br />

Nockensteuerung kann das gesamte Ventiltriebsystem leichter ausgeführt und dessen<br />

Reibleistung und Geräuschentwicklung reduziert werden.<br />

Ziel des BMBF-Verbundprojekts “Permanentkokillenguss-Prozess für TiAl-Ventile“ war die<br />

Entwicklung eines neuen Gießprozesses, der den Aufbau der TiAl-Legierungen sowie das<br />

Gießen einer Vielzahl endkonturnaher Ventile in einem Arbeitsgang ermöglicht. Nur so lässt<br />

sich die Voraussetzung für eine wirtschaftliche Massenfertigung von TiAl-Ventilen erreichen.<br />

1.3.3.2. Umsetzung und Ergebnisse<br />

Die Reaktivität und der hohe Schmelzpunkt der TiAl-Legierungen stellen hohe Anforderungen<br />

an die Schmelztechnik. Der maximal tolerable Sauerstoffgehalt liegt bei ca. 1000 bis<br />

1200 ppm. Bei höheren Gehalten sinken die mechanischen Eigenschaften dramatisch. Das<br />

Erschmelzen größerer Mengen in keramischen Tiegeln scheidet deshalb für eine Massenproduktion<br />

aus.<br />

Außerdem ist das Arbeiten unter Vakuum oder Schutzgas eine zwingende Voraussetzung für<br />

dieses Material, genauso wie der Einsatz metallischer Dauerformen, um die Herstellung der<br />

Ventile zu marktgängigen Preisen erreichen zu können.


54<br />

Für das neue Gießverfahren wurde aus diesen Gründen die Kaltwand-Induktions-Tiegel<br />

Technologie (KIT) herangezogen. Mit dieser Technik kann TiAl nicht nur keramikfrei geschmolzen<br />

und überhitzt werden, sondern sie bietet auch die Möglichkeit, das Material direkt<br />

aus den einzelnen Legierungskomponenten aufbauen zu können. Allerdings ist die Überhitzung<br />

des Materials begrenzt, so dass der Gießvorgang möglichst rasch erfolgen muss.<br />

Auch stellen Ventile, trotz ihrer relativ einfachen Geometrie hohe Anforderungen an die<br />

Gießtechnologie. So sind die Formfüllung der dünnen Schäfte und die kontrollierte lunkerfreie<br />

Erstarrung durch die relativ große Speisungslänge in diesem Bauteilbereich anspruchsvoll.<br />

Um eine schnellen Formfüllung und einen hohen Gieß- bzw. Nachspeisungsdruck<br />

zu erreichen, wurde die Schleudergusstechnologie in Kombination mit einer metallischen<br />

Dauerform in die Herstellungsroute integriert.<br />

Zur Verwirklichung des Projektes mussten für alle Prozessschritte geeignete technische Lösungen<br />

erarbeitet werden, bevor eine entsprechende Laboranlage am Institut für Elektrowärme<br />

der Universität Hannover aufgebaut und experimentelle Studien durchgeführt werden<br />

konnten.<br />

Als erster Schritt wurde bei ACCESS mittels numerischer Simulation und Experimenten in<br />

einer kleinen Katapultgießanlage im Einzelabguss nachgewiesen, dass durch Gradientenbeheizung<br />

der Kokille zur Erstarrungslenkung in Kombination mit einem durch Zentrifugalkräfte<br />

erhöhten Nachspeisungsdruck die Eigenschaften der Ventile wesentlich verbessert werden<br />

können. Durch die Art der Prozessführung besteht die Möglichkeit, anders als im isothermen<br />

Schwerkraftkokillen- oder -feinguss, die auftretende Restporosität im hinteren Bereich<br />

der im Belastungsfall „neutralen“ Schaftachse zu konzentrieren.<br />

Basierend auf den analytischen, experimentellen und numerischen Untersuchungen wurde<br />

eine Topfkokille mit 5 Lagen á 12 Ventilen mit Telleranschnitt konzipiert sowie der einzustellende<br />

Drehzahlbereich des Schleudertisches und die benötigte Vorwärmtemperatur der Kokille<br />

vorgegeben. Die Konstruktion der Kokille ist von WC Heraeus GmbH übernommen worden.<br />

Die Kokille besteht aus einem Stahlkorsett, in welches Kokillennester aus Niob eingelegt<br />

und verankert werden. Der Werkstoff Niob zeichnet sich durch einen hohen Schmelzpunkt<br />

aus und hat eine hohe Standzeit gegenüber TiAl-Schmelzen.<br />

Parallel zur Auslegung der Kokille wurden durch ALD Vacuum Technologies AG und EWH<br />

Hannover Untersuchungen zur Optimierung der KIT Schmelztechnik insbesondere unter dem<br />

Aspekt der maximal erreichbaren Überhitzung durchgeführt. Auch fanden Untersuchungen<br />

zum Aufbau der TiAl-Legierungen aus reinen Legierungselementen statt. Innerhalb des Projektes<br />

wurden die Legierungen: Ti48Al48Cr2Nb2 (entwickelt von General Electric/USA) und<br />

Ti52Al46.8Cr1Si0.2 (entwickelt vom Max Planck Institut für Eisenforschung in Düsseldorf) eingesetzt.<br />

Im Anschluss an die Heißinbetriebnahme der Laboranlage erfolgte die Optimierung der Gieß-<br />

und Anlagenparameter durch eine DoE-gestützte Versuchsserie. Die Ergebnisse der Parameterstudie<br />

ließen deutlich erkennen, dass unabhängig von den eingestellten Parametern die<br />

mechanischen Anforderungen bezüglich Streckgrenze und Zugfestigkeit von jedem untersuchten<br />

Ventil erfüllt werden konnten. Selbst die Duktilität der Ventile lag, so zeigten die<br />

Untersuchungen des MPI, Düsseldorf, bis auf wenige Ausnahmen über dem Zielwert von 1%.<br />

Die Ventile wiesen ein voll lamellares Gefüge auf, das in drei charakteristische Zonen eingeteilt<br />

werden kann: eine äußere, sehr feine globulitische Zone, eine sich anschließende Stängelkristallzone<br />

und ein innerer globulitisch erstarrter Bereich. Vorhandene Restporosität kon-


55<br />

zentrierte sich auf die neutrale Schaftachse und war somit ohne Einfluss auf die Eigenschaften<br />

im Belastungsfall. Es konnte dokumentiert werden, dass es sich bei dem neuen Herstellungsverfahren<br />

um einen robusten Prozess handelt - die wesentliche Voraussetzung für eine spätere<br />

Massenproduktion. Abbildung 22 zeigt den nach dem Abguss in der Laboranlage der EWH<br />

Hannover entstandene Gießbaum mit den TiAl-Ventilen.<br />

Abb. 22: Gießbaum mit TiAl-Ventilen<br />

Wie die Ventilrohlinge zu einsatzfähigen Ventilen verarbeitet werden können, wurde bei<br />

TRW Deutschland GmbH untersucht. Insbesondere musste geprüft werden, ob konventionelle,<br />

d.h. vorhandene Bearbeitungsstrecken für Stahlventile auch für die Weiterverarbeitung<br />

von TiAl-Gussrohlingen geeignet sind. Entsprechende Bearbeitungsversuche ergaben, dass<br />

durch Adaption der Bearbeitungsparameter die Endbearbeitung ohne technische Änderungen<br />

in der Bearbeitungsstrecke möglich ist. Jedoch müssen TiAl-Ventile aufgrund ihrer geringeren<br />

Härte im Gegensatz zu konventionellen angelassenen Stahlventilen beschichtet werden.


56<br />

In einer Zusammenarbeit zwischen TRW Deutschland GmbH und BMW AG konnte die Praxistauglichkeit<br />

der Ventile zum Abschluss des Projektes durch einen erfolgreich abgeschlossenen<br />

Motortest über 500h nachgewiesen werden.<br />

1.3.3.3. Perspektiven<br />

Mit dem neu entwickelten Gießprozess lassen sich TiAl-Ventile in größeren Stückzahlen kostengünstig<br />

herstellen. Die mechanischen Eigenschaften liegen über den Erwartungen. Die<br />

Bearbeitung ist mit konventionellen Methoden möglich und die Eignung der Ventile konnte<br />

unter realen Bedingungen in einem Motortest nachgewiesen werden.<br />

Trotz des bekundeten Interesses der Autokonzerne werden diese TiAl-Ventile bei der Entwicklung<br />

neuer Motoren erst dann Berücksichtigung finden, wenn nachzuweisen ist, dass der<br />

neue Gießprozess das Potenzial für eine kostengünstige Massenproduktion bei gleichbleibend<br />

hoher Qualität besitzt. Hierzu ist eine Prototypenanlage notwendig, mit der letztendlich die<br />

Qualifizierung des Gießprozesses als Massenherstellungsverfahren für kostengünstige TiAl-<br />

Ventile nachgewiesen werden kann. Das Konzept einer solchen Anlage wurde bereits in Zusammenarbeit<br />

zwischen ALD und ACCESS erstellt und ist Gegenstand eines neuen Forschungsprojektes<br />

– beschrieben in Abschnitt 2.1.3., Förderzeitraum 1999 bis 2002.<br />

1.3.3.4. Veröffentlichungen<br />

P. Busse, A. Choudhury, M. Blum, G. Jarczyk, D. Lupton, M. Gorywoda: Low Cost<br />

Production of TiAl Automotive Valves Using Cold Wall Induction Melting and Permanent<br />

Mold Centrifugal Casting. Proc. 30th ISATA, International Symp. on Auto-<br />

motive Technology and Automation, Florence, June 16 -19 1997 pp 473-480,<br />

Choudhury, M. Blum, G. Jarczyk, H. Scholz, P. Busse: Low Cost Production of TiAl<br />

Automotive Valves Using Cold Wall Induction Melting and Permanent mold Centrifugal<br />

Casting. Proc. of TMS Symposium on Titanium Extraction and Processing,<br />

Sept. 14-18 1997, Indianapolis, USA. Ed. by B. Mishra, G.J. Kipouros, Warrendale:<br />

TMS 1997,<br />

Choudhury, M. Blum, H. Scholz, G. Jarczyk, P. Busse: Massenherstellung von TiAl-<br />

Automobilventilen durch Schmelzen und Schleudergießen in einem Arbeitsgang.<br />

Werkstoffwoche ’98, Band II, 109-114, Ed. by R. Stauber, Ch. Liesner, R. Bütje, Wiley-VCH,<br />

1998,<br />

Choudhury, M. Blum, H. Scholz, G. Jarczyk, P. Busse, G. Frommeyer, S. Knippscheer:<br />

Properties of Low Cost TiAl Automotive Valves Produced by Cold Wall Induction<br />

Melting and Permanent Mold Centrifugal Casting. Proc. of International Symposium<br />

on Gamma Titanium Aluminid Alloys, San Diego, 28.02.-04.03.1999,<br />

Choudhury, M. Blum, H. Scholz, G. Jarczyk, P. Busse: Quality Assessment of Centrifugally<br />

Cast Titanium-Aluminide Automotive Valves in a Permanent Mold., International<br />

Symposium on Liquid Metal, Processing and Casting, Santa Fe USA, Feb.<br />

1999,


57<br />

M. Blum, A. Choudhury, G. Jarczyk, H. Scholz, P. Busse, G. Frommeyer, S. Knippscheer,<br />

H.J. Laudenberg, K. Segtrop: Properties of Low Cost TiAl Automotive Valves<br />

Produced by Cold Wall Induction Melting and Permanent Mold Centrifugal Casting,<br />

Proc. 9th World Conference on Titanum, St. Petersburg, Russia, 1999.<br />

1.3.4. Schmiedeverfahren für TiAl-Schaufeln<br />

Autoren: F. Appel, M. Oehring, GKSS Forschungszentrum Geesthacht GmbH<br />

Die Partner des Verbundvorhabens waren:<br />

- Thyssen Umformtechnik und Guss GmbH, Remscheid,<br />

- Rolls-Royce Deutschland Ltd & Co.KG, Oberursel,<br />

- GKSS-Forschungszentrum Geesthacht GmbH<br />

1.3.4.1. Zielsetzungen<br />

Wie in den vorangegangenen Abschnitten schon dargestellt wurde, war zu Beginn dieses<br />

Vorhabens die Herstellung von Bauteilen aus γ-Titanaluminid-Legierungen über die Feingussroute<br />

bereits weit entwickelt und hatte im Flugturbinenbereich zu den ersten erfolgreich<br />

absolvierten Komponententests von Niederdrucktubinenschaufeln geführt. Allerdings lässt<br />

sich die Feingusstechnologie nicht für hochbeanspruchte Bauteile in Flugturbinen einsetzen,<br />

an die wie für Laufschaufeln im Hochdruckverdichter von Flugtriebwerken besondere Anforderungen<br />

hinsichtlich ihrer Wechselfestigkeit und Zuverlässigkeit gestellt werden. Für solche<br />

Anwendungen ist eine umformtechnische Herstellung unumgänglich, da im Gegensatz zu<br />

Gussrouten die Gefügeeinstellung beim Umformen in weiten Grenzen variiert und konsolidierte<br />

Gefüge erreicht werden können. Daher war es das Ziel dieses Vorhabens, eine industrielle<br />

Schmiedetechnologie zu entwickeln, mit der sich Verdichter-Laufschaufeln mit optimierten<br />

Gefügen herstellen lassen.<br />

Das Umformvermögen von γ-TiAl-Legierungen ist auch bei Temperaturen oberhalb des spröde/duktil-Überganges<br />

begrenzt. Eine besonders schlechte Voraussetzung stellen die groben,<br />

segregierten und texturierten Gefüge dar, die besonders in großen Primärgussblöcken auftreten.<br />

In diesem Vorhaben wurde deshalb ein zweistufiger Umformprozess vorgesehen, bei dem<br />

durch Heißstrangpressen in einem ersten Umformschritt schmiedefähiges Material hergestellt<br />

werden sollte (Abbildung 23).<br />

Neben Primärgussblöcken wurde in einer zweiten Route Pulvermaterial als Ausgangsmaterial<br />

eingesetzt, für das wegen höherer Gefügehomogenität und -feinheit ein günstigeres Umformfenster<br />

erwartet wurde. Für das Vorhaben wurde die bei GKSS entwickelte γ-TAB-Legierung<br />

verwendet, für die im Feingusszustand ein vollständiger Satz an Gebrauchsdaten ermittelt<br />

worden war.


Abb. 23: Prozessschritte für die Herstellung geschmiedeter Verdichter-Laufschaufeln<br />

1.3.4.2. Umsetzung und Ergebnisse<br />

58<br />

Das Gefüge des Primärgussmaterials bestand aus primär vom Blockrand aus erstarrten Stengelkristallen,<br />

die sich beim weiteren Abkühlen in Lamellenkolonien mit einer Größe bis in<br />

den Millimeterbereich umgewandelt hatten, wobei die Lamellen bevorzugt zur Wärmeflussrichtung<br />

ausgerichtet sind. Das Material ist daher durch eine scharfe Gusstextur gekennzeichnet.<br />

Für die Pulverroute wurde verdichtetes Pulvermaterial verwendet, das in der Inertgasverdüsungsanlage<br />

'PIGA' des GKSS-Forschungszentrums aufgeschmolzen und verdüst worden<br />

war. In diesem Zustand lag das Pulvermaterial mit einem sehr feinen und gleichmäßigen globularen<br />

Gefüge vor, das eine Korngröße von ungefähr 1 µm aufwies.<br />

Strangpressen zur Primärumformung:<br />

Wie schon einleitend dargestellt wurde, ist das Umformvermögen von γ-TiAl-Legierungen<br />

auch noch beträchtlich oberhalb des Übergangs vom spröden zum duktilen Materialverhalten<br />

gering, insbesondere für Primärgussmaterial. Eine weitere Schwierigkeit für das Warmumformen<br />

von γ-TiAl-Legierungen liegt in der ausgeprägten Abhängigkeit des Umformwiderstandes<br />

von Temperatur und Formänderungsgeschwindigkeit. Dies bedingt für das Strangpressen<br />

ein Kapseln der Rohlinge, um zu große Wärmeverluste beim Pressen in das relativ<br />

kühle Werkzeug zu vermeiden, was zum Aufreißen des Materials führen würde. Hierbei muss<br />

allerdings berücksichtigt werden, dass der Umformwiderstand von γ-Titanaluminid-<br />

Legierungen beträchtlich höher ist als derjenige verfügbarer Kapselmaterialien. Dieses Problem<br />

ließ sich mit einem speziellen, inzwischen patentierten Design der Strangpresskapseln<br />

lösen, mit dem eine effektive Wärmeisolation von Kapsel und Werkstück erreicht wurde [1].<br />

Diese Kapseltechnik erlaubt es, nach dem Anwärmen der Kapseln das Kapselmaterial im<br />

Vergleich zum Kern soweit abzukühlen, dass Kapsel und Kern nahezu gleichen Umformwiderstand<br />

aufweisen und ein gleichmäßiges Strangpressen ermöglichen.


59<br />

Die meisten Strangpressungen wurden im Forschungszentrum Strangpressen der TU Berlin<br />

unter der Leitung von Dr. K. Müller durchgeführt, wobei ein Strangpressverhältnis von 7.3:1<br />

und eine Anwärmtemperatur von 1250 °C gewählt wurden. Ingesamt wurden mehr als 50<br />

Stränge mit einem Durchmesser von 30 mm fehlerfrei hergestellt. Nach dem Strangpressen<br />

wurde eine ausgeprägte Gefügeverfeinerung und -homogenisierung des Primärgussmaterials<br />

festgestellt. Das ursprünglich grobe, lamellare Gefüge wurde nahezu vollständig rekristallisiert<br />

und in ein gestreiftes globulares Gefüge aus feinen γ -Körnern umgewandelt. EDX-<br />

Untersuchungen zeigten, dass die gestreifte Morphologie auf die Erstarrungssegregation zurückzuführen<br />

ist. Stranggepresstes Pulvermaterial wies ein geringfügig feineres, aber deutlich<br />

homogeneres Gefüge auf, was wegen der reduzierten Seigerung beim Erstarren auch erwartet<br />

worden war. Damit war das wesentliche Ziel dieses ersten Umformschrittes erreicht, feinkörniges<br />

Material für das nachfolgende Schaufelschmieden herzustellen.<br />

Zylinderstauchversuche:<br />

Das Umformverhalten von stranggepresstem Material wurde in einem weiten Bereich von<br />

Prüftemperaturen und Umformgeschwindigkeiten in reibungsfreien Zylinderstauchversuchen<br />

untersucht. Die dabei erhaltenen Fließkurven dienten auch der FE-Simulation für die einzelnen<br />

Schmiedeschritte bei der Bauteilherstellung. Alle gemessenen Fließkurven zeigten zunächst<br />

einen Anstieg auf sehr hohe Fließspannungen, wobei bis zu 1120 MPa erreicht wurden.<br />

Mit steigendem Umformgrad ist dann ein Abfall auf einen stationären Wert beobachtet worden<br />

- verursacht durch dynamische Rekristallisation, wie Gefügeuntersuchungen zeigten. Bei<br />

hohen Umformgeschwindigkeiten traten in diesen Versuchen auch in Proben aus Pulvermaterial<br />

Risse auf, womit sich die ursprünglich geplante Herstellung von Schaufeln aus PM-<br />

Material mit konventionellen Umformaggregaten (Spindelpressen) als nicht durchführbar<br />

erwies.<br />

Weiterhin zeigten die Stauchversuche die erwartete hohe Geschwindigkeits- und Temperaturempfindlichkeit<br />

der Fließspannung, die zur Folge hatte, dass für das Schmieden eine langsame<br />

Umformgeschwindigkeit und eine relativ hohe Umformtemperatur gewählt werden mussten.<br />

Um bei diesen Bedingungen ein Auskühlen des Materials durch die langen Druckberührungszeiten<br />

bei der schmiedetechnischen Herstellung zu vermeiden, müssen die Gesenke ebenfalls<br />

auf Schmiedetemperatur erwärmt werden. Begleitende Gefügeuntersuchungen der<br />

Stauchversuche zeigten, dass sich durch das Schmieden unter den endgültig gewählten Bedingungen<br />

eine Homogenisierung des Gefüges im Vergleich zum Zustand nach dem Strangpressen<br />

erreichen lässt, eine völlig Beseitigung der streifigen Morphologie war jedoch nicht<br />

möglich.<br />

Schmieden auf einer Isothermschmiedepresse:<br />

Für das Gesenkschmieden stand eine hydraulische Presse mit einer maximalen Presskraft von<br />

4 MN zur Verfügung. Da für das Isothermschmieden oberhalb 900°C als Gesenkmaterial nur<br />

Molybdänlegierungen in Frage kamen, musste die Presse auf Betrieb unter Schutzgas umgerüstet<br />

werden. Für die Herstellung der Schaufeln wurden die Umformschritte zunächst von<br />

der Fertigung der serienmäßigen Inco718-Schaufel (eine Nickel-Basis-Superlegierung) abgeleitet.<br />

Allerdings konnten einige der vorgesehenen Schmiedeschritte nicht angewendet werden,<br />

da die Gesenke dabei zu stark verformt wurden, wie Schmiedeversuche ergaben. Es wurde<br />

daher für die Herstellung der Vorformen ein völlig neues Gesenk entworfen und die geänderten<br />

Schmiedeschritte mit einer Finit-Element-Rechnung simuliert (Abbildung 24). Mit<br />

dem neu entwickelten Verfahren konnten in insgesamt 3 Schmiedeschritten mehr als 250<br />

Aufmaßschaufeln fehlerfrei hergestellt werden (Abbildung 25). Die Bildsamkeit des Werk-


60<br />

stoffs übertraf bei den gewählten Umformbedingungen die Erwartungen, wobei insbesondere<br />

die Einhaltung der richtigen Umformgeschwindigkeit wichtig war. Beim Schmieden der Vorformen<br />

aus Pulvermaterial konnte keine Verbesserung der Umformbarkeit festgestellt werden,<br />

wie schon anhand der Stauchversuche abzusehen war. Ein Einsatz von Pulvermaterial ist daher<br />

für die hier vorgesehene Anwendung nicht attraktiv.<br />

Abb. 24: FE-Simulation des Isothermschmiedens –<br />

Vergleichsumformgrad in der fertig<br />

geschmiedeten Schaufel<br />

Abb. 25: Herstellungsstadien der Verdichter-Laufschaufel<br />

Neben der Herstellung von Aufmaßschaufeln war in diesem Vorhaben auch das Präzisionsschmieden<br />

von Schaufeln vorgesehen. Es stellte sich jedoch heraus, dass aufgrund lokaler<br />

Überschreitungen der Warmfestigkeit des Gesenkwerkstoffes auf Molybdänbasis der Gesenkverschleiß<br />

zu groß war, um die geforderten Toleranzen um 0.01 mm einhalten zu können. Ein


61<br />

Präzisionsschmieden von γ-Titanaluminidschaufeln ist also nur mit neuen Gesenkwerkstoffen<br />

möglich.<br />

Das erfolgreiche Gesenkschmieden von Schaufeln legte nahe zu versuchen, auch für das Primärumformen<br />

von Ingotmaterial Isothermschmieden einzusetzen. Im Gegensatz zu quasiisothermen<br />

Umformverfahren lässt sich auf diese Weise das aufwändige Kapseln der Rohlinge<br />

vermeiden. Nach einer Reihe von Vorversuchen an zylindrischen Rohlingen mit einem<br />

Durchmesser bis 70 mm gelang es auch, Blockabschnitte großer Ingots mit einem Durchmesser<br />

von 270 mm in einem Umformschritt fehlerfrei zu Scheiben einer Höhe von 100 mm (ε =<br />

0.6) bzw. 50 mm (ε = 0.8) zu schmieden (Abbildung 26). Das Gefüge ist wie nach dem<br />

Strangpressen feinkörnig globular, jedoch nicht über den gesamten Querschnitt der Scheiben<br />

homogen. Das Verfahren ist damit im Prinzip als geeignet für die Primärumformung anzusehen<br />

und wurde in einem späteren Vorhaben (Abschnitt: 2.1.4.) auch für die Vormaterialherstellung<br />

angewendet.<br />

Wärmebehandlung und Endbearbeitung durch elektrochemisches Senken:<br />

In den geschmiedeten Schaufeln wurden feine, globulare Gefüge gefunden, die insbesondere<br />

im Blattbereich eine deutlich verbesserte Homogenität im Vergleich zum stranggepressten<br />

Vormaterial aufwiesen (Abbildung 27).<br />

Abb. 26: Isothermschmieden eines Rohlings aus Ingotmaterial zu einer Schmiedescheibe<br />

mit einem Durchmesser von 570 mm (Umformgrad 80 %)


62<br />

Abb. 27: Gefüge im Blattbereich einer geschmiedeten Schaufel im Zustand<br />

nach dem Schmieden (a): globulares Gefüge,<br />

nach der abschließenden Wärmebehandlung (b): lamellares Gefüge<br />

Für den vorgesehenen Einsatz ist jedoch die Einstellung eines lamellaren Gefüges erforderlich,<br />

da nur für diesen Gefügezustand ausreichende Kriechfestigkeit und Bruchzähigkeit erreicht<br />

werden. Um optimale Bedingungen für die abschließende Wärmebehandlung zur Einstellung<br />

der Gebrauchseigenschaften zu ermitteln, wurden zunächst in thermoanalytischen<br />

Untersuchungen die Phasenumwandlungstemperaturen für die verwendete, vielkomponentige<br />

γ-TAB-Legierung bestimmt und die mechanischen Eigenschaften an unterschiedlich geglühten<br />

Proben charakterisiert. Nach gegenwärtigem Wissenstand wird die erreichbare Festigkeit<br />

dabei entscheidend durch den Lamellenabstand bestimmt, der möglichst gering einzustellen<br />

ist.<br />

Wegen der in der γ-TAB-Legierung vorliegenden Borid-Teilchen bilden sich beim Abkühlen<br />

nach Umwandlungsglühungen jedoch relativ grobe Lamellen, da die Boride als Keimstellen<br />

für γ-Lamellen wirken. Mit Ölabschreckungen konnte die erreichbare Unterkühlung erhöht


63<br />

und ein sehr kleiner mittlerer Lamellenabstand von 50 nm eingestellt werden. Auf diese Weise<br />

ließen sich eine akzeptable Raumtemperatur-Streckgrenze von 570 MPa sowie eine Zugfestigkeit<br />

von 740 MPa bei einer plastischen Bruchdehnung von 1.7 % erreichen. Die eingestellten<br />

lamellaren Gefüge waren dabei über den gesamten Blatt- und Fußbereich der Schaufeln<br />

äußerst gleichmäßig und wiesen geringe Koloniegrößen bis maximal 170 µm im Schaufelfußbereich<br />

auf. Die in diesem Vorhaben beabsichtigte Gefügeoptimierung und –<br />

konsolidierung ist also erreicht worden.<br />

Für die Endbearbeitung wurden von der Fa. Leistritz AG in Nürnberg geeignete Parameter für<br />

das elektrochemische Senken (ECM) ermittelt und dann mit diesem Verfahren eine größere<br />

Zahl von Verdichter-Laufschaufeln hergestellt. Die Oberflächenqualität der fertigen Schaufeln<br />

(Abbildung 28) entsprach der Rauhigkeit, die mit demselben Verfahren bei Titanlegierungen<br />

erreicht wird.<br />

Damit ist das Ziel des Vorhabens, eine industrielle Schmiedetechnologie für die Fertigung<br />

von Verdichter-Laufschaufeln aus einer γ-Titanaluminid-Legierung zu entwickeln, in vollem<br />

Umfang erreicht worden.<br />

1.3.4.3. Perspektiven<br />

Abb. 28: Verdichter-Laufschaufeln nach der von der Leistritz AG<br />

durchgeführten Fertigbearbeitung durch ECM<br />

Die in diesem Vorhaben über die gesamte Prozesskette entwickelten Verfahren mit den spezifisch<br />

an eine γ-Titanaluminid-Legierung angepassten Prozessparametern erlaubte erstmals<br />

eine seriennahe schmiedetechnische Herstellung von Triebwerksschaufeln aus diesem neuen<br />

Werkstoff. Dabei muss betont werden, dass vorhandene industrielle Anlagen benutzt wurden<br />

und die Herstelltechnik bei den Projektpartnern also tatsächlich zur Verfügung steht.<br />

Die erreichten mechanischen Eigenschaften sind im Vergleich mit Literaturdaten für geschmiedete<br />

Bauteile aus konventionellen γ-Titanaluminid-Legierungen als sehr gut zu be-


64<br />

zeichnen [2]. Bestimmte Anwendungen erfordern aber sicher noch eine Erhöhung der Festigkeit<br />

sowie insbesondere der Kriechfestigkeit und maximalen Einsatztemperatur.<br />

Für eine kommerzielle Anwendung müssen weiterhin sowohl die Reproduzierbarkeit einzelner<br />

Prozessschritte als auch die Wirtschaftlichkeit des gesamten Herstellprozesses noch verbessert<br />

werden. Diese Aufgaben sind Gegenstand des in Abschnitt 2.1.4. beschriebenen Nachfolgeprojekts.<br />

1.3.4.4. Veröffentlichungen<br />

F. Appel, U. Lorenz, M. Oehring, R. Wagner, Offenlegungsschrift DE 197 47 257 A 1,<br />

Deutsches Patent- und Markenamt, 1997.<br />

Y-W. Kim, D.M. Dimiduk, in: Structural Intermetallics 1997, hrsg. v. M.V. Nathal, R.<br />

Darolia, C.T. Liu, P.L. Martin, D.B. Miracle, R. Wagner, M. Yamaguchi (TMS, Warrendale,<br />

PA, 1996), S. 531.<br />

Veröffentlichungen zu den berichteten Ergebnissen:<br />

1. M. Oehring, U. Lorenz, R. Niefanger, U. Christoph, F. Appel, R. Wagner, H. Clemens, N.<br />

Eberhardt, in: Gamma Titanium Aluminides, hrsg. v. D.M. Dimiduk, Y-W. Kim, M.H.<br />

Loretto (TMS, Warrendale, PA, 1999), S. 439.<br />

2. U. Lorenz, J. Müllauer, M. Oehring, F. Appel, R. Wagner, P. Janschek, in: Werkstoffwoche<br />

98, Band II, Symp. 2 (Werkstoffe für die Verkehrstechnik), hrsg. v. R. Stauber, C.<br />

Liesner, R. Bütje, M. Bannasch (Wiley-VCH, Weinheim, 1999), S. 471.<br />

3. R. Niefanger, M. Oehring, U. Lorenz, F. Appel, H.-G. Brokmeier, R. Wagner, N. Eberhardt,<br />

H. Clemens, in: Werkstoffwoche 98, Band II, Symp. 2 (Werkstoffe für die Verkehrstechnik),<br />

hrsg. v. R. Stauber, C. Liesner, R. Bütje, M. Bannasch (Wiley-VCH, Weinheim,<br />

1999), S. 429.<br />

4. M. Oehring, U. Lorenz, R. Niefanger, F. Appel, H.-G. Brokmeier, R. Wagner, H. Clemens,<br />

N. Eberhardt, in: High-Temperature Ordered Intermetallic Alloys VIII, hrsg. v. E.P.<br />

George, M.J. Mills, M. Yamaguchi, MRS Symp. Proc. Vol. 552 (MRS, Pittsburgh, PA,<br />

1999), S. KK5.13.1.<br />

5. F. Appel, U. Brossmann, U. Christoph, S. Eggert, P. Janschek, U. Lorenz, J. Müllauer, M.<br />

Oehring, J.D.H. Paul, Adv. Eng. Mater. 2, 699 (2000).


1.3.5. Gebaute TiAl Flugturbinen – Hohlschaufel<br />

Autor: R. Gerling GKSS Forschungszentrum Geesthacht GmbH<br />

Die Partner des Verbundvorhabens waren:<br />

65<br />

- Metallwerk Plansee GmbH, Reutte,<br />

- Daimler Benz AG, Ulm;<br />

- GKSS Forschungszentrum, Geesthacht.<br />

- MTU Aero Engines GmbH<br />

- Unterauftragnehmer: Daimler Benz Aerospace, Dornier GmbH, Friedrichshafen, TU<br />

Hamburg- Harburg und SLV, München<br />

1.3.5.1 Motivation und Zielsetzungen<br />

Die wichtigsten Ziele bei der Weiterentwicklung von Flugtriebwerken liegen in der Erhöhung<br />

ihres Wirkungsgrades, der Verbesserung der Wirtschaftlichkeit, der Reduktion des Schadstoffausstoßes<br />

und der Verminderung der Lärmemission. Neue, leichte Hochtemperaturstrukturwerkstoffe,<br />

wie die Titananluminide sie darstellen, können wichtige Beiträge zum Erreichen<br />

der Ziele liefern. In der letzten Stufe der Niederdruckturbine, bei Betriebstemperaturen<br />

um 700°C würden -TiAl-Laufschaufeln mit ihrem geringen Gewicht und der hohen Steifigkeit<br />

einen deutlichen Vorteil gegenüber Nickelbasisschaufeln aus IN 713 bieten.<br />

Zur Gewichtseinsparung unter Verwendung von Nickelbasislegierungen wurde eine Hohlbauweise<br />

entwickelt, die bei einer IN 713-Hohlschaufel zu einer Masse von 620 g führt. Eine<br />

entsprechende TiAl-Vollschaufel besitzt mit 520 g nur einen geringen Vorteil. Eine TiAl-<br />

Hohlschaufel hingegen mit einer Masse von 310 g würde einen bedeutenden Gewichtsvorteil<br />

bringen. Allerdings ist im Gegensatz zu den Nickelbasislegierungen eine gießtechnische Herstellung<br />

von TiAl-Hohlschaufeln nicht möglich. Aus diesem Grunde muß eine Herstellungs-<br />

route unter Verwendung von Halbzeugen entwickelt werden.<br />

Ziel dieses Projektes war daher die "gebaute TiAl-Hohlschaufel". Dies beinhaltete die Entwicklung<br />

einer Prozessroute für deren Herstellung, und die Bestimmung von Material- und<br />

Bauteilkennwerten, die für die Herstellung und die Einschätzung einer späteren Anwendung<br />

erforderlich sind.<br />

1.3.5.2. Umsetzung und Ergebnisse<br />

Das Blatt der TiAl-Hohlschaufel hat eine Länge von ca. 400 mm und eine Breite von etwa<br />

90 mm. Da eine entsprechende hohle Struktur aus TiAl nicht über eine Gussroute hergestellt<br />

werden kann, wurde eine Prozessroute unter Verwendung von dünnen Blechen angestrebt, die<br />

ihrerseits wieder über eine pulvermetallurgische Route hergestellt werden sollten.<br />

Die gesamte Prozesskette bestand aus folgenden Schritten:<br />

1. Herstellung von TiAl-Legierungspulvern,<br />

2. Kompaktieren der Pulver zu plattenförmigem Vormaterial,<br />

3. Walzen von dünnen Blechen,<br />

4. Diffusionsverschweißen von je zwei Blechen zu Blechpaketen,<br />

5. Superplastisches Formen der Blechpakete zu der hohlen Schaufelblattstruktur<br />

(Abbildung 29).


Abb. 29: Schematische Darstellung der Abfolge der Prozessschritte<br />

für die Herstellung einer Hohlschaufel<br />

66<br />

Für die Verwirklichung dieser Prozessroute waren eine Reihe von Entwicklungen und Charakterisierungen<br />

des Materials notwendig. Als Legierung wurde -TAB gewählt, das im Rahmen<br />

von vorangegangenen BMBF Projekten entwickelt worden war. Wichtige Schritte zum<br />

Erreichen des Projektzieles waren einerseits die Herstellung von relativ großen und homogenen<br />

TiAl Blechen und andererseits die Entwicklung des superplastischen Formens und des<br />

Diffusionsschweißens von TiAl-Blechen - beides mit Prozessparametern, die auf Industrieanlagen<br />

für die Verarbeitung von Titanlegierungen gefahren werden konnten.<br />

Herstellungsroute:<br />

Für dieses Projekt wurden die -TAB-Legierungspulver durch Argon-Zerstäubung der<br />

Schmelze in der PIGA(Plasma Melting Induction Gas Atomization)-Anlage hergestellt. Bei<br />

der PIGA-Anlage handelt es sich um eine Pulververdüsungsanlage, deren Technik im Rahmen<br />

eines vorangegangenen BMBF-Projektes entwickelt worden war. Die Besonderheit liegt<br />

darin, dass bei dieser Technik die reaktive TiAl-Schmelze ausschließlich mit wassergekühltem<br />

Kupfer als Strukturmaterial in Berührung kommt. Unter Einsatz eines Plasmabrenners<br />

wird im Kupfertiegel ein Schmelzbad erzeugt. Durch einen induktiv-beheizten wassergekühlten<br />

Kupfertrichter wird ein dünner Schmelzstrahl geformt und zur Verdüsung in die Mitte der<br />

Gasdüse geleitet (Abbildung 30).


67<br />

Abb. 30: Schematische Darstellung der PIGA Technik<br />

(Plasma Melting Induction Gas Atomization)<br />

Das -TAB-Legierungspulver erwies sich als sehr fein und sehr homogen sowie von hoher<br />

Reinheit. Die Aufnahme von Sauerstoff und Stickstoff war gering, es wird ein sehr kleiner<br />

Anteil des Verdüsungsgases Argon aufgenommen; er beläuft sich auf 0.4 g/g. Während des<br />

Projektes wurden in mehreren Kampagnen fast 100 kg Legierungspulver hergestellt. Die<br />

PIGA-Technik erwies sich als robust und das Pulver von gleichbleibend hoher Qualität.<br />

Für die Herstellung von plattenförmigem Vormaterial für das Walzen wurde das Pulver in<br />

Titan-Blechkapseln durch Heiß-Isostatisches Pressen verdichtet und das so kompaktierte Pulver<br />

in mehreren Stichen bei hohen Temperaturen zu Blechen von ca. 1 mm Stärke gewalzt.<br />

Ausgehend von den in vorangegangenen BMBF Projekten erarbeiteten Walzparametern wurde<br />

die Blechherstellung in diesem Projekt weiter optimiert und die damals weltgrößten TiAl-<br />

Bleche mit Abmessungen bis zu 850 x 350 x 1 mm 3 gewalzt (Abbildung 31).<br />

Mit Hilfe der Prozessoptimierung konnte ebenfalls eine feine und über die gesamte Länge des<br />

Bleches homogene Mikrostruktur erreicht werden. Die Verunreinigungen in den Blechen lagen<br />

bei sehr niedrigen Werten (O2 550 g/g, N2 50 g/g).<br />

Durch mikroskopische Techniken und mechanische Tests wurde das Blechmaterial umfangreich<br />

charakterisiert. Zugversuche (Dehnrate bei 1 10 -4 s -1 ) an dem spannungsarm geglühten<br />

Blech ergaben von Raumtemperatur bis ca. 600°C Festigkeiten zwischen 550 und 600 MPa.


68<br />

Zu höheren Temperaturen nimmt die Festigkeit ab und erreicht bei 1000°C Werte unter 100<br />

MPa. Die Bruchdehnung liegt zwischen Raumtemperatur und 600°C bei 1 - 3 % und nimmt<br />

dann zu höheren Temperaturen stark zu. Sie erreicht bei 1000°C Werte um 100 %. Unterschiede<br />

in den Festigkeiten der Bleche parallel und senkrecht zur Walzrichtung sind in Texturen<br />

begründet, die auch nach Wärmebehandlungen der Bleche nicht vollständig verschwinden.<br />

Abb. 31: -TiAl-Bleche nach Walzen von PM-Vorformen<br />

Im Temperaturbereich von 950 bis 1050°C wurden zahlreiche Umformversuche mit -TAB-<br />

Blechen durchgeführt. Zur Vermeidung von Porenbildung, die möglicherweise auf das verbliebene<br />

Ar-Gas zurück geführt werden kann, sollten die Dehnungen bestimmte Grenzwerte<br />

nicht überschreiten. Auf diesem Wege konnten die Prozessparameter eingegrenzt werden, mit<br />

denen sich später die hohle Schaufelstruktur superplastisch auf konventionellen Industrieanlagen<br />

formen ließ.<br />

Um die gebogene und hohle Struktur des Schaufelblattes herstellen zu können, ist ein Blech<br />

mit einem Gefüge erforderlich, das bei möglichst niedrigen Temperaturen gut verformbar ist.<br />

Das ist weitgehend für das spannungsarm geglühte Blech gegeben. Solche Gefüge sind allerdings<br />

nicht kriechbeständig und für die spätere Anwendung nicht geeignet. Aus diesem Grunde<br />

sind Wärmebehandlungen zur Einstellung eines lamellaren, kriechbeständigeren Gefüges<br />

durchgeführt und die mechanischen Eigenschaften bestimmt worden. Kriechversuche bei<br />

700°C mit einer Spannung von 150 MPa belegten die Überlegenheit des lamellaren Gefüges.<br />

Im Gegensatz zum feinkörnigen Gefüge des spannungsarm geglühten Bleches zeigt die lamellare<br />

Mikrostruktur nur noch eine geringe Anisotropie des Kriechens parallel und senkrecht zur<br />

Walzrichtung.<br />

Ein weiteres wichtiges Kriterium für die Anwendung ist die Ermüdungsfestigkeit des Materials.<br />

Zu ihrer Bestimmung wurden Niederfrequenz- (3 Hz) und Hochfrequenz- (50 Hz)<br />

Schwingversuche im Zugschwellbereich (R= 0.2) bei Raumtemperatur und 700°C durchge-


69<br />

führt. Um einen Eindruck von der Schwingfestigkeit einer hohlen Schaufel zu gewinnen,<br />

wurden Proben gefertigt, superplastisch verformt und danach zur Einstellung des lamellaren<br />

Gefüges wärmebehandelt. Solche Proben zeigten bei 700°C eine Schwingfestigkeit (50 Hz)<br />

von etwa 350 MPa, was der des lamellaren Materials ohne zusätzliche Verformung entspricht.<br />

Die superplastische Formgebung ließ daher keinen Nachteil für die Schwingfestigkeit der<br />

Schaufel erwarten.<br />

Für die Herstellung einer kompletten Hohlschaufel muß das Fügen von TiAl beherrscht werden.<br />

Aus diesem Grunde sind mehrere Fügeverfahren wie Reibschweißen, Laserschweißen<br />

und Diffusionsschweißen untersucht worden. Für die Verbindung zweier Bleche zu Blechpaketen<br />

wurde das Diffusionsschweißen ausgewählt. Die besondere Herausforderung für die zu<br />

erarbeitenden Prozessparameter lag darin, dass möglichst niedrige Temperaturen und geringe<br />

Drücke zur Herstellung haltbarer Verbindungen zwischen spannungsarm geglühten Blechen<br />

angewendet werden sollten. Mit einer besonderen Oberflächenbehandlung vor dem Diffusionsschweißen<br />

konnten Scherfestigkeiten von 350 MPa nach dem Fügen bei 1000°C und<br />

10 MPa erzielt werden.<br />

Um die spätere Hohlschaufel zu simulieren, wurden Fügeverbindungen zur Einstellung des<br />

kriechbeständigen lamellaren Gefüges wärmebehandelt. Dabei zeigte sich, dass sich die Diffusionschweißungen<br />

weiter verbesserten und die Scherfestigkeiten auf 400 MPa anstiegen.<br />

Inspektionen nach Schertests zeigten stets Versagen im Grundmaterial außerhalb der Diffusionsschweißung.<br />

Erfahrungen und Ergebnisse:<br />

Auf der Basis der erarbeiteten Prozessparameter und der gemessenen Materialeigenschaften<br />

konnte die Hohlschaufel für die Betriebsbedingungen ausgelegt und konstruiert werden. Die<br />

Konstruktionsdaten wiederum fanden Eingang in die Auslegung der Werkzeuge für das Diffusionsschweißen<br />

und das superplastische Formen der hohlen Struktur.<br />

Die Abstimmung der einzelnen Prozessschritte für das Diffusionsschweißen und das superplastische<br />

Formen und der damit verbundene Werkzeugtest geschahen unter Verwendung von<br />

Titanblechen. Erst nachdem erfolgreich hohle Schaufelblätter aus Titanblech hergestellt worden<br />

waren, kam das -TAB-Blech zum Einsatz. Die Herstellung eines hohlen Schaufelblattes<br />

durch Diffusionsverschweißen und superplastisches Formen von -TAB-Blechen konnte erfolgreich<br />

demonstriert werden ( Abbildung 32).<br />

Schwingungsmechanische Tests bei Raumtemperatur und ca. 680°C wurden mit Hohlschaufelprofilen,<br />

hergestellt aus TiAl Blechen mittels SPF/DB, durchgeführt. Dabei wird das Hohlprofil<br />

zu Eigenschwingungen angeregt und die Amplitude der Eigenschwingung stufenweise<br />

erhöht bis ein Schwingungsbruch entsteht. Durch diese Versuche wurde nachgewiesen, dass<br />

ein Hohlschaufelprofil, hergestellt aus TiAl Blechen mittels SPF/DB, eine um etwa 30 % höhere<br />

Resonanzfrequenz und um 45 % höhere Dauerermüdungsfestigkeit im Vergleich zu feingegossenem<br />

TiAl mit vollem Schaufelprofil aufweist.


70<br />

Abb. 32: Hohles Flugturbinenschaufelblatt, hergestellt durch Diffusionsschweißen und<br />

superplastisches Formen von -TiAl-Blechen<br />

1.3.5.3. Perspektiven<br />

Über eine pulvermetallurgische Prozessroute können kostengünstig -TiAl-Bleche mit sehr<br />

guten Eigenschaften hinsichtlich Festigkeit, Duktilität und Ermüdungsfestigkeit hergestellt<br />

werden. Mit einer Wärmebehandlung zur Einstellung eines lamellaren Gefüges lässt sich die<br />

Kriechbeständigkeit erheblich verbessern, sie bleibt jedoch unterhalb der von gröberen Gussgefügen.<br />

Mit einer angepassten Oberflächenbehandlung können Bleche bei relativ niedrigen Drücken<br />

und Temperaturen auf konventionellen Anlagen zu Verbindungen mit hohen Scherfestigkeiten<br />

diffusionsverschweißt werden.<br />

Hohle Schaufelblätter sind auf konventionellen Anlagen durch superplastisches Formen herstellbar.<br />

Dabei sollten die Zugdehnungen möglichst niedrig gehalten werden, um einer Porenbildung<br />

zu begegnen.<br />

Im Hinblick auf eine industrielle Anwendung müssten die Prozessschritte Diffusionsschweißen<br />

und superplastisches Formen im Hinblick auf Kosteneinsparungen optimiert werden.<br />

Insgesamt wurde mit diesem Projekt gezeigt, dass aus TiAl-Blechen komplexe dreidimensionale<br />

Strukturen mit guten mechanischen Eigenschaften hergestellt werden können.


1.3.5.4. Veröffentlichungen<br />

71<br />

Die drei wichtigsten Veröffentlichungen aus diesem Projekt:<br />

H. Kestler, H. Clemens, H. Baur, R. Joos, R. Gerling, G. Cam, A. Bartels, W.<br />

Smarsly, Characterisation of -TiAl Sheet Material for Aeroengine Application. In:<br />

Gamma Titanium Aluminides 1999, eds. Kim Y. W., Dimiduk D. M., Loretto M. H.,<br />

TMS Warrendale, Pennsylvania, USA 1999, 423-430.<br />

Bartels, Ch. Hartig, St. Willems, H. Uhlenhut, Influence of the Deformation Conditions<br />

on the Texture Evolution in -TiAl, Mater. Sci. Eng. A 239-240 (1997), 14-22.<br />

G. Cam, H. Clemens, R. Gerling, M. Kocak, Diffusion Bonding of Superplastic -TiAl<br />

Sheets, Intermetallics 7 (1999) 1025-1031.<br />

1.3.6. Schweißen von Titanaluminiden<br />

Autorin: H. Cramer, Schweißtechnische Lehr- und Versuchsanstalt SLV München,<br />

Niederlassung der GSI mbH<br />

Die SLV München beschäftigt sich seit 1993 mit dem Schweißen von intermetallischen<br />

Werkstoffen und hat im Rahmen verschiedener geförderter Projekte umfangreiche Erfahrungen<br />

gesammelt und beachtliche Ergebnisse erzielt /1-3/.<br />

Grundlegende Untersuchungen zur Schweißeignung wurden bereits im Verbundprojekt „Entwicklung<br />

des Reib- und Laserstrahlschweißens zum Fügen von Titan- und Nickelaluminiden“<br />

durchgeführt, das vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Verkehr und Technologie<br />

gefördert wurde. Verbundpartner waren die Daimler-Benz Aerospace MTU München und<br />

die GfE Gesellschaft für Elektrometallurgie Nürnberg mbH (fachlich wurde das Projekt vom<br />

<strong>Projektträger</strong> PTJ-NMT in <strong>Jülich</strong> betreut).<br />

Im BMBF-Verbundvorhaben „Auslegung, Bau und Erprobung von -TiAl-Hohlschaufeln“<br />

(03N3034) erfolgte die Weiterentwicklung des Laserstrahl- und Linearreibschweißens zum<br />

Verbinden der intermetallischen Werkstoffe. In dieses MaTech-Verbundprojekt waren neben<br />

der Daimler-Benz Aerospace MTU München die Plansee AG Reutte, das GKSS Forschungszentrum<br />

Geesthacht, Daimler Benz Ulm, die TU Hamburg-Harburg und Daimler-Benz Dornier<br />

Friedrichshafen involviert.<br />

1.3.6.1. Motivation und Zielstellung<br />

Intermetallische Phasen auf der Basis der Titanaluminide werden als eine Alternative zu den<br />

schweren Nickelbasis-Superlegierungen und den leichten, aber spröderen Keramiken entwickelt.<br />

Mit den Titanaluminiden stehen dem Konstrukteur Werkstoffe auf der Basis intermetallischer<br />

Phasen zur Verfügung, die erhebliche Gewichtsreduzierungen und Einsatztemperaturen<br />

bis 700 °C ermöglichen. In der Automobil- sowie in der Luft- und Raumfahrtindustrie<br />

sind die Intermetallics vielversprechende Strukturmaterialien für Hochtempera-


72<br />

turanwendungen /4/. Für die Herstellung von TiAl-Bauteilen wie Ventile, Turboladerräder,<br />

Turbinenschaufeln, Verdichtergehäuse und Dichtungen u.a. sind feingusstechnische, umformtechnische<br />

und pulvermetallurgische Verfahren entwickelt worden. Prototypen dieser<br />

Bauteile sind durch gerichtete Erstarrung und durch Pulverformspritzen im Labor hergestellt<br />

worden.<br />

Um diese innovativen Werkstoffe beanspruchungsgerecht und wirtschaftlich einsetzen aber<br />

auch im Schadensfall instandsetzen zu können, ist es notwendig, die bisher zum Fügen eingesetzten<br />

Verfahren wie Diffusionsschweißen und Hochtemperaturvakuumlöten durch wirtschaftlichere<br />

Fügeverfahren zu ergänzen /5-6/. Als Schweißtechnologien für Bauteile kommen<br />

grundsätzlich auch Schweißverfahren wie das EB-Schweißen, das Laserstrahlschweißen,<br />

das WIG-Schweißen sowie das Reibschweißen in Frage.<br />

Im folgenden werden Untersuchungsergebnisse zum Rotations- und Linearreibschweißen<br />

sowie Laserstrahlschweißen von Titanaluminiden vorgestellt und bewertet. Untersucht wurden<br />

die intermetallischen Feingusswerkstoffe (at%) Ti48Al1,5Cr, Ti48Al2Cr2Nb und ein<br />

Blechwerkstoff Ti46,5Al4 (Cr, Nb, Ta, B).<br />

1.3.6.2. Umsetzung und Ergebnisse<br />

Rotationsreibschweißen:<br />

Untersuchungen zur Schweißeignung dieser innovativen Werkstoffgruppe zeigen, dass das<br />

Reibschweißen ein geeignetes Fügeverfahren ist. Hochbelastete Bauteile können kostengünstig<br />

und wirtschaftlich hergestellt werden.<br />

Aufgrund des spröderen Werkstoffverhaltens der Titanaluminide gegenüber konventionellen<br />

Werkstoffen wie Stahl und Aluminium werden an die Parametereinstellung beim Reibschweißen<br />

intermetallischer Werkstoffe höhere Anforderungen gestellt. Insbesondere die Anreibphase<br />

ist sehr problematisch. Negativ wirken sich ein zu steiler Reibdruckanstieg und die<br />

teilweise noch mangelhafte Qualität des Probenmaterials aus. Spannungsspitzen, bedingt<br />

durch Grate an den Fügeflächen oder nicht plan geschliffene Proben, müssen vermieden werden.<br />

Die Belastungsgrenze dieser spröden intermetallischen Werkstoffe wird schnell erreicht.<br />

Es kommt zu Ausbrüchen und Rissen an der Fügeebene, die in der Folge zur vollständigen<br />

Zerstörung führen können. Voraussetzung für die Eignung von intermetallischen Werkstoffen<br />

zum Reibschweißen ist deshalb eine Reibschweißmaschine mit einem variablen Kraftaufbau.<br />

Es hat sich herausgestellt, dass eine feinstufige Kraftaufbringung wichtige Voraussetzung zur<br />

erfolgreichen Durchführung von Reibschweißungen an diesen wenig verformungsfähigen<br />

Werkstoffen ist.<br />

Problematisch beim Reibschweißen der intermetallischen Werkstoffe ist die erhöhte Rißbildungsneigung<br />

während der Abkühlung aufgrund der äußerst geringen Verformungsfähigkeit.<br />

Die während der Abkühlung entstehenden Spannungen können nur in einem geringen Maße<br />

durch eine Zwillingsbildung in Bereichen großer plastischer Verformungen abgebaut werden.<br />

Eine Folge davon ist die verstärkte Anrißbildung im Verlauf der Abkühlung in dem sich während<br />

des Reibschweißprozesses ausbildenden Wulst. Nach erfolgter Anrißbildung im Wulst<br />

können sich die Risse bis in die Fügeebene ausbreiten. Dieses sensible Werkstoffverhalten<br />

muß bei der Parametereinstellung und -optimierung berücksichtigt werden. Beispielsweise


73<br />

sollen zu starke Temperaturgradienten, bedingt durch hohe Abkühlgeschwindigkeiten, vermieden<br />

werden.<br />

Für die Reibschweißversuche steht in der SLV München die Maschine RS4E der Firma<br />

KUKA Schweißanlagen GmbH zur Verfügung (Abbildung 33). Die Drehzahl ist stufenlos<br />

zwischen 1500 und 6000 U/min regelbar. Die maximale Axialkraft beträgt dabei 40 kN.<br />

Abb.<br />

33: Reibschweißmaschine KUKA RS4E<br />

Elektro-mechanischer Vorschub, Anpreßkraft max. 40 kN<br />

Zeit- oder Wegsteuerung, Drehzahl 1500 - 6000 1/min<br />

Meßdatenerfassung über Controller und externes Speicheroszilloskop<br />

Titanaluminide können rißfrei rotationsreibgeschweißt werden. Das Gefüge in der Reibschweißzone<br />

ist poren- und rißfrei sowie sehr feinkörnig. Abbildung 34 zeigt eine reibgeschweißte<br />

Probe aus feingegossenem TiAl und einen Querschnitt über die Fügeebene.<br />

Der intermetallische Grundwerkstoff wird während des Reibschweißprozesses stark verändert.<br />

Das Reibschweißen wandelt das Feingussgefüge um, d.h. durch die Stauchumformung<br />

bei hohen Temperaturen ( 1.300 °C) und die hohe Umformgeschwindigkeit wird das Gefüge<br />

in -Titan umgewandelt, verformt und rasch abgekühlt. In der Fügezone zeigt sich dieser Effekt<br />

deutlich. Es bildet sich ein außerordentlich feinlamellares, rekristallisiertes 2 + - Umwandlungsgefüge.<br />

Durch die Variation der Reibschweißparameter lässt sich die Form des Umwandlungsbereiches<br />

verändern. Mit zunehmenden Reib- und Stauchdrücken sowie längeren Reibzeiten oder


74<br />

durch die Verringerung der Drehzahl wird die sich anfänglich bildende Linse zunächst breiter<br />

und geht allmählich in ein Band über.<br />

Reibgeschweißtes TiAl-Probenmaterial wurde hinsichtlich Streckgrenze, Duktilität, Kriech-<br />

und Ermüdungsfestigkeit bei Anwendungstemperaturen bis zu 700 °C untersucht.<br />

Ein Festigkeitsverlust der Reibschweißverbindung aus Ti48Al1,5Cr gegenüber dem Grundwerkstoff<br />

konnte nicht festgestellt werden. Die Zugfestigkeit der spannungsarmgeglühten<br />

Reibschweißverbindungen aus Ti48Al1,5Cr bei Raumtemperatur und erhöhten Temperaturen<br />

(700 °C) liegt im Streubereich der Kennwerte des Grundwerkstoffes (Rm (RT) = 456 MPa,<br />

Rm (700 °C) = 432 MPa).<br />

Übersicht Fügeebene<br />

Abb. 34: Reibschweißverbindung aus TiAl<br />

Signifikante Unterschiede zwischen ungeschweißtem und geschweißtem Material bestehen<br />

hinsichtlich der Dehnung. Der reibgeschweißte intermetallische Werkstoff zeigt sich insbesondere<br />

bei Raumtemperatur wesentlich spröder als der gegossene und anschließend geHIPte<br />

Grundwerkstoff. Während die Bruchdehnung der reibgeschweißten Zustände im Mittel bei<br />

1 % liegt, beträgt die Bruchdehnung des Grundwerkstoffs 1,6 %. Bei 700 °C erreichen die<br />

reibgeschweißten Zustände im Mittel 2,1 % und der Grundwerkstoff 3 %. Der Duktilitätsverlust<br />

ist vermutlich auf die Einschnürbehinderung der Schweißnaht und auf die trotz der Spannungsarmglühung<br />

verbleibenden Spannungen zurückzuführen.<br />

Es zeigt sich, dass zwischen der Kriechdehnung reibgeschweißter Proben (K = 0,10 %) und<br />

des Grundwerkstoffes (K = 0,11 %) keine Unterschiede bestehen (Kriechversuch bei 700 °C,<br />

= 150 MPa, t 1000 h, Luft). Die Zugschwellversuche (R = 0, max<br />

= 300 MPa, 1 Hz) wurden<br />

bei Raumtemperatur und bei 700 °C durchgeführt. Alle Prüfproben, sowohl die ungeschweißten<br />

als auch die geschweißten, erreichen die geforderte Zyklenzahl von 10 5 Lastwech-


75<br />

seln, ohne zu brechen. Diese Ergebnisse unterstreichen die hohe Ermüdungsfestigkeit des<br />

Materials.<br />

Die Härte des gegossenen und anschließend geHIPten intermetallischen Werkstoffes beträgt<br />

ca. 250 HV 1. In der Wärmeeinflusszone steigt die Härte kontinuierlich an und erreicht im<br />

Umwandlungsband den Höchstwert von 350 - 450 HV 1. Der Höchstwert ist abhängig von<br />

den Schweißparametern. Wird durch die Reibschweißparameter (n, pR, pSt, tR, BVZ, nSt) und<br />

die Randbedingungen (Einspannlängen, Rauhigkeit der Oberflächen) der Wärmeeintrag erhöht,<br />

verringert sich die Aufhärtung im Ti48Al1,5Cr aufgrund geringerer Abkühlgeschwindigkeiten.<br />

Hohe Stauchdrücke oder ein Stauchen in die rotierende Spindel führen zu einer<br />

hohen Verdichtung des Gefüges im Fügebereich. Als Folge können erhebliche Aufhärtungen<br />

bis 450 HV1 auftreten.<br />

Aber auch Werkstoffkombinationen mit Titanlegierungen und konventionellen hochwarmfesten<br />

Stählen sind möglich (Abbildung 35).<br />

Werden Titanaluminide mit der Titanlegierung Ti IMI 834 reibgeschweißt, finden vergleichbare<br />

Veränderungen hinsichtlich des Gefüges und der Aufhärtung statt.<br />

Da der intermetallische Fügepartner Ti48Al1,5Cr aufgrund seines komplizierten Gitteraufbaus<br />

gegenüber der Near--Titanlegierung Ti IMI 834 weniger verformungsfähig ist,<br />

sind die durch den Reibschweißprozess hervorgerufenen Verdichtungs- und Feinkornbereiche<br />

auf der Seite des Ti48Al1,5Cr deutlich kleiner. Die Wulstbildung erfolgt durch die Titanlegierung,<br />

der intermetallische Werkstoff wird dagegen nur aufgestaucht.<br />

Übersicht Fügeebene<br />

Abb. 35: Reibschweißverbindung aus TiAl und Ti IMI 834<br />

Reibschweißverbindungen der Werkstoffkombination Ti48Al1,5Cr/Ti IMI 834 besitzen eine<br />

hohe Festigkeit. Die Zugproben brechen in einem Abstand von ca. 10 mm von der Fügeebene<br />

in der intermetallischen Phase Ti48Al1,5Cr. Die Ergebnisse entsprechen den durchschnittli-


76<br />

chen Werten für den intermetallischen Grundwerkstoff Ti48Al1,5Cr, sowohl bei Raumtemperatur<br />

als auch bei 500 °C. Wegen der wesentlich größeren Duktilität des Ti IMI 834 im<br />

geprüften Temperaturbereich findet das Bauteilversagen immer in der spröderen intermetallischen<br />

Phase statt. Die Bruchdehnung der Reibschweißverbindung liegt mit 0,7 % bei Raumtemperatur<br />

(1,7 % bei 500 °C) wesentlich niedriger als die Dehnungswerte des intermetallischen<br />

Grundwerkstoffes mit 1,6 (3 % bei 700 °C). Ursache für das noch sprödere Verhalten<br />

sind die Einschnürbehinderung im Fügebereich und die zunehmenden Eigenspannungen im<br />

Bereich der Wärmeeinflusszonen.<br />

Abbildung 36 zeigt zusammenfassend eine Übersicht über die Festigkeit des ungeschweißten<br />

Werkstoffes (100 %) und die jeweilige Festigkeitssteigerung- oder Verminderung durch das<br />

Fügen in % bezogen auf die Festigkeit des ungeschweißten Werkstoffes.<br />

%<br />

160<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

ungeschweißt reibgeschweißt<br />

reibgeschweißt mit Ti IMI 834 laserstrahlgeschweißt<br />

Streckgrenze Duktilität Kriechfestigkeit Ermüdungsfestigkeit<br />

Abb. 36: Relevante Eigenschaften reib- und laserstrahlgeschweißter sowie geglühter<br />

Verbindungen aus TiAl artgleich bei 700 °C und in Werkstoffkombination<br />

mit Ti IMI 834 bei 500°C<br />

Werkstoffkombinationen von TiAl-Legierungen und Ventilstählen können ebenfalls rissfrei<br />

reibgeschweißt werden. In Abbildung 37 ist ein reibgeschweißtes Ventil dargestellt. Beim<br />

Reibschweißen von Werkstoffkombinationen mit Stahl bilden sich während des Reibschweißprozesses<br />

aufgrund von Diffusionsvorgängen zwischen Stahl und TiAl spröde intermetallische<br />

Phasen wie TiFe und TiFe2 in der Fügeebene, die sich aufgrund ihrer geringen<br />

Verformungsfähigkeit negativ auf die Verbindungsfestigkeit auswirken können.


Abb. 37: Reibgeschweißtes Ventil<br />

Werkstoffkombination: Ventilteller aus TiAl, Ventilschaft aus X45CrSi9-3<br />

77<br />

Voraussetzung zur Erzeugung rissfreier Reibschweißverbindungen zwischen Stahl und TiAl<br />

ist deshalb die Minimierung von Diffusionsvorgängen zur Reduzierung dieser Sprödschichten<br />

über die Variation der Reibschweißparameter (u.a. Reibzeitminimierung).<br />

Eine sehr interssante Applikationsmöglichkeit für TiAl ist der Werkstoffeinsatz zur Herstellung<br />

von Turboladern (Abbildung 38).<br />

Abb. 38: Reibgeschweißtes Turboladerrad<br />

Werkstoffkombination: Schaufelrad aus TiAl, Schaft aus Stahl<br />

Linearreibschweißen:<br />

Grundlagenuntersuchungen zum Linearreibschweißen von -TAB-TiAl haben bisher keine<br />

zufriedenstellenden Ergebnisse erbracht. Rißfreie Verbindungen können zum derzeitigen<br />

Entwicklungsstand noch nicht erzeugt werden. Bereits während der Reibphase kommt es trotz<br />

stufenförmigen Kraftanstiegs zum Einreißen des intermetallischen Werkstoffs im Fügebereich<br />

sowohl beim T-Stoß als auch beim I-Stoß. Optimierungen des Kraftanstiegs, der Parameter<br />

und der Verbesserung der Spanneinrichtungen können sich positiv auswirken (Abbildung 39).


78<br />

Abb. 39: Linearreibgeschweißte Probe aus TiAl<br />

Laserstrahlschweißen:<br />

Intermetallische Phasen auf der Basis von TiAl weisen eine sehr hohe Rissanfälligkeit beim<br />

Laserstrahlschweißen auf, wenn die Fügetemperaturen unterhalb des spröd-duktil-Übergangs<br />

liegen. Die sich aufgrund des steilen Temperaturgradienten während der Abkühlung ausbildenden<br />

Spannungen im Werkstoffverbund können lediglich bis zum spröd-duktil-Übergang<br />

bei ca. 600 °C über plastische Verformungen, hauptsächlich Zwillingsbildung, abgebaut werden.<br />

Unterhalb dieses kritischen Temperaturbereiches ist der Werkstoff dazu nur in einem<br />

geringen Maße in der Lage. Zur Erzeugung rissfreier Verbindungen ist es deshalb erforderlich,<br />

die Fügepartner auf Temperaturen im Bereich des spröd-duktil-Übergangs zu erwärmen.<br />

Die Untersuchungen zum Laserstrahlschweißen erfolgen auf einer Laseranlage des Typs TLF<br />

1750 der Firma Trumpf. Es handelt sich um einen hochfrequenzangeregten, axial schnell geströmten<br />

CO2-Laser mit einer Nennleistung von PL = 1750 W (Abbildung 40).<br />

Wesentlichen Einfluss auf die Nahtgüte der Laserstrahlschweißverbindung besitzen die Arbeitstemperatur,<br />

d.h. die Temperatur, auf die Fügepartner beim Schweißen erwärmt werden<br />

und die Schweißgeschwindigkeit. Die Arbeitstemperatur beeinflusst die Rissbildung, das Oxidationsverhalten,<br />

die Gefügeausbildung und die Porenbildung in den Laserstrahlschweißnähten.<br />

Der intermetallische Werkstoff Ti46,5Al4(Cr, Nb, Ta, B) kann bei Arbeitstemperaturen<br />

TArbeit 550 °C reproduzierbar rissfrei mit hoher Nahtgüte mit dem Laserstrahl gefügt werden<br />

(Abbildung 41).<br />

Die schlanken Laserstrahlschweißnähte weisen kaum Naht- und Wurzelüberhöhung auf. Auch<br />

Kerben sind kaum vorhanden. Lediglich vereinzelte Mikroporen (< 0,1 mm) können an der<br />

Schmelzlinie nachgewiesen werden. Aufgrund der vergleichsweise hohen Abkühlgeschwindigkeit<br />

ist die Gefügestruktur sehr feinkörnig. Dendriten sind kaum zu erkennen. Die<br />

Schmelzzonen bestehen aus einem homogenen Gussgefüge, aufgebaut aus den beiden intermetallischen<br />

Phasen 2 (Ti3Al) und (TiAl). Die Kristallstruktur ist bei tiefen Arbeitstemperaturen<br />

feiner ausgebildet. An die Schweißnaht schließt sich die wärmebeeinflusste Zone des


79<br />

Grundwerkstoffes an. In diesem Bereich sind verstärkt Zwillinge zu finden, die durch<br />

Schrumpfspannungen während der Abkühlung verursacht werden. Es zeigt sich, dass mit steigender<br />

Arbeitstemperatur die Oxidation der Schweißnähte deutlich zunimmt. Gleichzeitig<br />

dazu steigt die Porosität und der maximale Porendurchmesser innerhalb der Naht. Die sich bei<br />

einer Arbeitstemperatur von TArbeit 750 °C ausbildenden Oxidschichten sind porös und rissbehaftet.<br />

Sie wirken sich daher besonders negativ bei Beanspruchung aus.<br />

Abb.<br />

40: Trumpf CO2 – Laser und Bearbeitungseinheit<br />

PL eff. = 1600 W, f´ = 150 mm, Fokusdurchmesser ca. 0,2 mm<br />

Dauerstrichbetrieb (cw) und Pulsbetrieb (pm), Ringmod TEM01<br />

Durch die Variation der Schweißgeschwindigkeit wird die Nahtform, die Nahtgeometrie sowie<br />

das Nahtgefüge beeinflusst. Bei niedrigen Schweißgeschwindigkeiten (z.B.: s =1,2 mm,<br />

vS 4 m/min) entstehen infolge der geringeren Abkühlgeschwindigkeiten im Querschnitt Xförmige<br />

Schweißnähte, die im Vergleich zu den typischen schmalen Laserstrahlschweißnähten<br />

aufgrund der ungünstigeren Spannungsverteilung und der größeren Schrumpfung<br />

nachteilig sind. Die Erstarrungsrichtung und der Kristallstoß bilden sich stärker heraus.<br />

Mit steigender Schweißgeschwindigkeit werden die Schweißnähte zunehmend schlanker, das<br />

Gefüge feiner. Hohe Nahtgüten werden bei Schweißgeschwindigkeiten zwischen 4 und<br />

5 m/min mit Schweißtemperaturen zwischen 600 und 650 °C erreicht (Abbildung 41).<br />

Laserstrahlgeschweißtes TiAl-Probenmaterial wurde hinsichtlich Streckgrenze, Duktilität,<br />

Kriech- und Ermüdungsfestigkeit bei Anwendungstemperaturen bis zu 700 °C untersucht. Die<br />

Festigkeit des ungeschweißten Werkstoffes (100 %) und die jeweilige Festigkeitssteigerung-<br />

oder Verminderung durch das Fügen in % bezogen auf die Festigkeit des ungeschweißten<br />

Werkstoffes zeigt Abbildung 36.


Härte [HV1]<br />

550<br />

500<br />

450<br />

400<br />

350<br />

300<br />

250<br />

200<br />

s = 1,2 mm<br />

geätzt mit Titan I<br />

80<br />

-2 -1,5 -1 -0,5 0 0,5 1 1,5 2<br />

Abstand von der Schweißnahtmitte [mm]<br />

Abb. 41: Übersicht und Härteverlauf über die Fügeebene der Laserstrahlschweißver-<br />

bindung aus Ti46,5Al4(Cr, Nb, Ta, B), vS = 5 m/min, TArbeit = 600 °C,<br />

Meßstelle: Probenzentrum<br />

Die relative Verminderung der Streckgrenze, Duktilität und Ermüdungsfestigkeit durch das<br />

Laserstrahlschweißen von TiAl-Blechen beträgt ca. 10 - 20 % gegenüber dem ungeschweißten<br />

Zustand. Die im Zugversuch beanspruchten Laserstrahlschweißverbindungen brechen in<br />

der Wärmeeinflusszone und in der Schweißnaht. Es werden Zugfestigkeiten von 338 bis<br />

397 MPa ermittelt. Die Werte liegen im Streubereich des Grundwerkstoffes (Rm = 343 MPa).<br />

1.3.6.3. Perspektiven<br />

Die durchgeführten Untersuchungen zeigen, dass das Reib- und Laserstrahlschweißen für das<br />

Fügen von Titanaluminiden anwendbar ist. Die Festigkeit und Qualität der Schweißverbindung<br />

ist für die vorgesehenen Anwendungen ausreichend. Die Zugfestigkeit und Streckgrenze


81<br />

reibgeschweißter und anschließend geglühter Verbindungen liegt im Streubereich des intermetallischen<br />

Grundwerkstoffes. Die relative Verminderung der Duktilität und Ermüdungsfestigkeit<br />

durch das Rotationsreibschweißen von feingegossenen TiAl-Rundstäben und laserstrahlgeschweißten<br />

TiAl-Blechen beträgt ca. 10 – 33 % gegenüber dem ungeschweißten Zustand.<br />

Die Kriechfestigkeit wird durch das Rotationsreibschweißen um 20 % relativ zu der des<br />

Grundwerkstoffes erhöht. Titanaluminide sollen im Motoren- und Turbinenbau eingesetzt<br />

werden. Hinsichtlich der Fügetechnik stehen Verbindungen zwischen Ventilschaft und -teller<br />

sowie die Reparatur von Turbinengehäusen und Turbinenschaufeldeckbändern im Vordergrund.<br />

Werkstoffkombinationen von Titanaluminiden mit konventionellen hochwarmfesten Titanlegierungen<br />

und Stählen sind ebenfalls mit einer hohen Festigkeit herstellbar. Damit eröffnen<br />

sich interessante Applikationen in der Luft- und Raumfahrtindustrie und im Automobilbau.<br />

Die SLV München verfügt über langjährige Erfahrungen auf dem Gebiet des Reibschweißens<br />

nicht nur für Titanaluminide durch ihre eigene Entwicklungstätigkeit, sondern auch durch ihre<br />

Zusammenarbeit mit Maschinenherstellern und Lohnbetrieben. Die Anwendungsentwicklungen<br />

des Reibschweißprozesses für Titanaluminide artgleich und in Werkstoffkombination mit<br />

Stahl durch die SLV München hilft bei der schnellen und wirtschaftlichen Einführung fortschrittlicher<br />

Produkte. Die positiven Ergebnisse der Grundlagenuntersuchungen und die zunehmende<br />

Erfahrung im Umgang mit diesen Werkstoffen haben dazu geführt, dass verschiedene<br />

Industriefirmen sich mit dieser Thematik beschäftigen. Hier sind die Marktchancen vielversprechend.<br />

1.3.6.4. Veröffentlichungen<br />

1. N. N.: Entwicklung des Reib- und Laserstrahlschweißens zum Fügen von Titan- und Nickelaluminiden.<br />

Abschlußbericht Nr. 07 3/685/62/56/93/19/ 94/13/95/96 der SLV München<br />

GmbH zum öffentl. geförd. Forschungsvorhabens im Rahmen des Förderprogrammes<br />

„Neue Werkstoffe in Bayern“.<br />

2. H. Cramer, A. W. E. Nentwig: Reibschweißen von Titanaluminiden, Innomata`96, Dresden<br />

(1996).<br />

3. H. Cramer, A. W. E. Nentwig, W. G. Smarsly: Reib- und Laserstrahlschweißen zum Fügen<br />

von Titanaluminiden im Triebwerksbau, Große Schweißtechnische Tagung`98, Hamburg<br />

(1998).<br />

4. Smarsly, W.: Singheiser, L.: Intermetallische Phasen-Werkstoffe für zukünftige Gasturbinen,<br />

VDI Berichte 1151 (1995).<br />

5. Horn, H.: Reibschweißen von Sonderwerkstoffen, DVS-Berichte, 162 (1994).<br />

6. Patterson, R.A.: Damkroger, B.K.: Weldability of Gamma Titanium Aluminide, Proc.<br />

Symp. On Welability of Materials, Detroit (1990).


82<br />

2. TiAl-Bauteile an der Schwelle zum Einsatz<br />

2.1. Förderzeitraum 1999 bis 2003:<br />

Mit dem im letzten Abschnitt 1.3.3. beschriebenen Vorhaben „Permanentkokillenguß-Prozeß<br />

für TiAl-Ventile“ förderte das BMBF ein Projekt mit einem besonders hohen Innovationsgehalt<br />

und abzusehenden positiven Auswirkungen auf die Automobilbranche nicht nur in<br />

Deutschland. Es zeichnete sich ab, dass sich durch die TiAl-Ventile neue Möglichkeiten für<br />

zukünftige Motorgenerationen im Hinblick auf eine nachhaltige Ressourcenschonung durch<br />

kompaktere und leistungsfähigere Aggregate (z.B. elektromagnetische Einzelansteuerung von<br />

Ventilen) erschließen würden. Auch auf internationaler Ebene fanden die erreichten Ergebnisse<br />

starke Beachtung, z.B. wurde das Projekt mit dem Toyota-Preis 1997 geehrt. Mit diesem<br />

MaTech-Projekt wurde ein weltweiter Vorsprung bei der Entwicklung eines Herstellungsverfahrens<br />

für die wirtschaftliche Massenherstellung von Automobilventilen aus Titanaluminid-<br />

Legierungen erzielt.<br />

Aufbauend auf diesen Ergebnissen kann dieser erreichte technologische Vorsprung nur durch<br />

eine zu errichtende <strong>Pilotanlage</strong> in Deutschland gehalten werden. Da aufgrund dieses Innovationspotenzials<br />

die leichten TiAl-Ventile dem Massenmarkt Automobilindustrie am Standort<br />

Deutschland zu gängig gemacht werden müssen (jeder Automobilhersteller arbeitet an neuen<br />

Motorkonzepten, wobei nur leichte Ventile zum Einsatz kommen können), wurde im Juli<br />

1999 ein neues Projekt begonnen, in dessen Mittelpunkt der Entwurf, die Entwicklung, der<br />

Bau und der Betrieb einer Pilotgießanlage stehen. Dieser nächste Schritt war für alle Beteiligten<br />

von großer Bedeutung, da nur auf dieser Basis Investitionsentscheidungen für den späteren<br />

Bau einer Produktionsanlage getroffen werden können.<br />

Nach Aussagen der am Verbund Beteiligten und der von NMT befragten Automobilhersteller<br />

ist der erreichte Vorsprung nur durch eine möglichst umgehend zu errichtende <strong>Pilotanlage</strong> in<br />

Deutschland zu nutzen und nur so kann die Basis für eine spätere Produktion in Deutschland<br />

gelegt werden. Nur mit Hilfe einer <strong>Pilotanlage</strong> lässt sich die Skalierbarkeit der Gießanlage auf<br />

industrielle Größe feststellen, die Legierung in Abhängigkeit von der Fertigung optimieren<br />

und der Preis der Ventile bei einer späteren Herstellung abschätzen. Sie ist damit Voraussetzung<br />

für nachfolgende Investitionsentscheidungen.<br />

Mit der Realisierung dieses neuen Verbundvorhabens (siehe Tabelle 5) soll ein neuer Herstellungsweg<br />

in Deutschland aufgezeigt und die leichten Ventile der deutschen Automobilindustrie<br />

für zukünftige Motorgenerationen verfügbar gemacht werden. Die Automobilindustrie<br />

unterstützt nachhaltig den Bau dieser Anlage am Standort der RWTH Aachen im Forschungszentrum<br />

ACCESS, da es ein erfolgversprechender Weg ist, das in den TiAl-Projekten erarbeitete<br />

Know-how mittelfristig in Deutschland in Produkte umzusetzen. Außerdem ist es gelungen,<br />

Ford, Opel, VW, BMW und Audi mit einem abgestimmten Arbeitsplan in dieses Vorhaben<br />

einzubinden. Diese Firmen bringen, ohne öffentliche Förderung, Leistungen in Höhe von<br />

0,8 Mio. € für Bauteiltests in Motorprüfständen ein. Außerdem sollen die Automobilfirmen<br />

eine beratende Funktion bzgl. der Definition des Pflichtenheftes und den Vorgaben zur Qualitätssicherung<br />

ausüben. Nur so kann der endgültige Einsatz von TiAl-Ventilen in zukünftigen<br />

Motorgenerationen beurteilt und eine Akzeptanz durch die Automobilindustrie erreicht werden.<br />

Die Projektarbeiten der Firmen werden durch ACCESS koordiniert. Der gegenwärtige<br />

Stand dieses MaTech-Entwicklungsvorhabens wird nachfolgend im Abschnitt 2.1.3. beschrieben.


Tabelle 5: Förderzeitraum 1999 bis 2003:<br />

Optimierung der Herstellverfahren für feingegossene Ventile und<br />

geschmiedete Turbinenschaufeln<br />

Förderkennzeichen<br />

01SF9826<br />

(Förderanteil<br />

des BMBF:<br />

1.002 T €)<br />

01SF9825<br />

(Förderanteil<br />

des BMBF:<br />

1.003 T €)<br />

03N3071<br />

(Förderanteil<br />

des BMBF:<br />

2.735 T €)<br />

03N3030<br />

(Förderanteil<br />

des BMBF:<br />

1.473 T €)<br />

Projekte<br />

Innovative Werkstoffsysteme<br />

zur Wirkungsgradsteigerung<br />

von stationären<br />

Gasturbinen und Flugtriebwerken<br />

(Teilprojekt:<br />

Titanaluminide)<br />

(Laufzeit:<br />

01.01.1999 – 31.12.2001)<br />

- „ -<br />

(Laufzeit:<br />

01.01.1999 – 30.06.2001)<br />

Optimiertes Gießverfahren<br />

zur Herstellung von<br />

Leichtbau-TiAl-Ventilen<br />

für Verbrennungsmotoren<br />

(Laufzeit:<br />

01.09.1999 – 31.08.2003)<br />

Entwicklung einer Umformtechnik<br />

für eine intermetallische<br />

Titan-<br />

Aluminidlegierung<br />

(Laufzeit:<br />

01.07.1999 – 30.06.2003)<br />

83<br />

Projektleiter<br />

(Federführer unterstrichen)<br />

F. Appel, GKSS Geesthacht<br />

W.J. Quadakkers, L. Singheiser,<br />

FZ <strong>Jülich</strong><br />

M. Blum, ALD Erlensee<br />

P. Busse, ACCESS Aachen<br />

H.-J. Laudenberg, K. Segtrop,<br />

TRW Barsinghausen<br />

B. Nacke, Uni Hannover,<br />

V. Güther, GfE Nürnberg<br />

Beteiligte Automobilindustrie:<br />

Audi, BMW, Ford, Opel, VW,<br />

P. Janschek, Thyssen Remscheid<br />

D. Roth-Fagaraseanu, Rolls-<br />

Royce Dahlewitz<br />

F. Appell, GKSS Geesthacht<br />

V. Güther, GfE Nürnberg<br />

M. Baumgärtner, Leistritz Nürnberg<br />

W. Hufenbach, TU Dresden<br />

siehe<br />

Abschnitt<br />

2.1.1.<br />

2.1.2.<br />

2.1.3.<br />

2.1.4.


84<br />

Neben den endkonturnah gegossenen TiAl-Ventilen wird ein erneutes, volkswirtschaftlich<br />

sehr wichtiges Verbundvorhaben mit dem Ziel, eine Hochtemperaturumformtechnologie für<br />

die Herstellung von Bauteilen aus TiAl-Legierungen zu entwickeln, gefördert. Mit dieser<br />

Entwicklung (Vorhabensbericht in Abschnitt 2.1.4.) sollen, vorgegeben durch den Anwender<br />

Rolls-Royce, die materialwissenschaftlichen Grundlagen für die Herstellung von Verdichter-<br />

Laufschaufeln für Flugtriebwerke erarbeitet werden. Rolls-Royce Deutschland ist bei der<br />

Entwicklung neuer Triebwerke der BR 700-Familie bzgl. Kühlluft- und Treibstoffeinsparung<br />

gezwungen, leichtere Werkstoffe u.a. für Turbinenschaufeln einzusetzen und hat deshalb<br />

größtes Interesse daran, geschmiedete oder stranggepresste TiAl-Laufschaufeln, die weltweit<br />

noch nicht auf den Markt sind, für den Hochdruckverdichter zur Verfügung zu haben. Die<br />

TiAl-Schaufeln besitzen aufgrund der geringen Dichte im Vergleich zu den zur Zeit eingesetzten<br />

Laufschaufeln aus Nickel-Basis-Superlegierungen ein besonders hohes Leichtbaupotenzial.<br />

Die intermetallische Verbindung -TiAl galt bis 1999 als nicht umformbar. Es waren in erster<br />

Linie Erkenntnisse aus den USA, dass eine gezielte Gefügeeinstellung und die mit der<br />

schwierigen Metallurgie von TiAl verbundenen Probleme am besten über die Hochtemperaturumformung<br />

und nicht durch Gusstechnologien beherrscht werden können. Entsprechend<br />

dem neuesten Stand der Erkenntnisse ist deshalb für hochbeanspruchte und sicherheitsrelevante<br />

Bauteile die Entwicklung und Anwendung von Hochtemperatur-Umformtechniken unumgänglich.<br />

Thyssen gelang in dem im Abschnitt 1.3.4. beschriebenen Projekt „Entwicklung einer<br />

Schmiedetechnologie zur Herstellung von Verdichter-Laufschaufeln aus -TiAl“ die rissfreie<br />

Umformung unter eng definierten Bedingungen bei hohen Temperaturen. Jedoch zeigte sich<br />

die Herstellung einer geschmiedeten TiAl-Turbinenschaufel mit der aufwendigen Herstellung<br />

des Vormaterials durch Hochtemperaturstrangpressen der Gussblöcke und anschließendem<br />

Entfernen der Kapsel als kompliziert und teuer. Um einen wirtschaftlichen Herstellungsweg<br />

von umgeformten TiAl-Bauteilen aufzeigen zu können und die erreichten Grundlagenergebnisse<br />

im Vorläuferprojekt in die Anwendung zu überführen, hat sich dieses weiterführende<br />

Projekt als zwingend notwendig erwiesen.<br />

Ein weiteres im Laufe der Entwicklungsgeschichte der Titanaluminide zu lösendes Problem<br />

stellt sich nunmehr auch in der komplizierten Vormaterial-Herstellungstechnologie für die<br />

neue Generation von TiAl-Legierungen dar. Eine homogene Elementverteilung (die dritte<br />

Generation von TiAl-Legierungen setzt sich aus bis zu 8 Einzelelementen zusammen) muß<br />

auch bei wachsender Ingotgröße sichergestellt sein. Legierungsentwicklungen haben vor allem<br />

in den letzten Jahren gezeigt, dass ein ausgewogenes Eigenschaftspotenzial auf der<br />

Gleichmäßigkeit der chemischen Zusammensetzung über den gesamten Ingot hinweg beruht.<br />

Kennzeichnend für diese Situation ist, dass bislang keiner der großen US-amerikanischen<br />

Legierungsvormaterialhersteller bereit ist, -TiAl gemäß Kundenspezifikation verbindlich<br />

anzubieten (benutzen stets die Klausel „best effort“). Die Firma GfE in Nürnberg stellt sich<br />

dieser Herausforderung und ist in dem genannten Verbundvorhaben als Partner bemüht, eine<br />

Herstellungstechnologie zu entwickeln, die es gestatten soll, die Werkstoffe spezifikationsgerecht<br />

und preiswert im industriellen Maßstab herzustellen. Nach Aussagen der GfE sind zur<br />

Zeit die weltweiten Anfragen nach -TiAl-Vormaterial sehr groß.<br />

In den folgenden Abschnitten soll zunächst einleitend über den neuesten Stand der Legierungsentwicklung<br />

und den Oxidationsschutz von Titanaluminiden durch legierungstechnische<br />

Maßnahmen informiert werden. Es handelt sich hierbei um richtungsweisende Ergebnisse aus<br />

den vom BMBF geförderten „HGF-Strategiefonds-Projekten“ der letzten Jahre. Vor allem die


85<br />

Ergebnisse der Legierungsentwicklungen, durchgeführt im GKSS Forschungszentrum, fließen<br />

maßgebend mit in das noch laufende MaTech-Projekt „Entwicklung einer Umformtechnik für<br />

intermetallische -TiAl-Legierungen“ ein (siehe späterer Abschnitt 2.1.4.). Die erreichbaren<br />

extrem hohen Festigkeiten (verglichen mit denen der Nickel-Basis-Legierungen) bedeuten,<br />

dass zukünftig TiAl-Legierungen bei Temperaturen > 750°C nicht nur in Flugturbinen einsetzbar<br />

sind, sondern auch in stationären Gasturbinen und anderen Energiewandlungssystemen.<br />

2.1.1. Entwicklung von TiAl-Legierungen der 3. Generation<br />

Autoren: F. Appel, M. Oehring, GKSS Forschungszentrum Geesthacht GmbH<br />

Das GKSS Forschungszentrum beschäftigt sich seit 1990 mit Legierungsentwicklungen zu<br />

den Titanaluminiden. Von 1998 bis 2001 förderte das BMBF aus den sogenannten „Strategiefonds“<br />

das GKSS Forschungszentrum zum Thema Titanaluminide, um mit gezielter Grundlagenforschung<br />

die Legierungsentwicklungen weiter voranzubringen. Da innerhalb dieses<br />

BMBF-Fördervorhabens vom GKSS Forschungszentrum eine neue Generation von Titanaluminid-Legierungen<br />

entwickelt werden konnte, die gegenwärtig in andere BMBF-Projekte<br />

Einzug halten, soll einleitend über diese Arbeiten berichtet werden.<br />

Bei den sogenannten Strategiefonds-Projekten handelte es sich um Verabredungen des BMBF<br />

mit den Helmholtz-Zentren und dem HGF-Senat von 1998 bis 2001 bestimmte Forschungsvorhaben<br />

schwerpunktmäßig zu fördern (hier Thema:„Innovative Werkstoffsysteme zur Wirkungsgradsteigerung<br />

von stationären Gasturbinen und Flugtriebwerken“).<br />

2.1.1.1. Motivation und Zielsetzungen<br />

Zur Durchsetzung von Leichbaukonzepten in Hochtemperaturtechnologien sind Werkstoffe<br />

mit hohen spezifischen Festigkeiten erforderlich, die zugleich temperatur- und korrosionsbeständig<br />

sind. Wie bereits gesagt wurde, bieten Titanaluminide aufgrund ihrer thermophysikalischen<br />

Eigenschaften hierfür besonders günstige Voraussetzungen.<br />

Mit Titanaluminiden sollen die etwa doppelt so schweren Nickelbasis-Superlegierungen in<br />

mittleren Temperaturbereichen um 700 °C ersetzt werden, an denen nach mehr als 40 jähriger<br />

Entwicklung ein sehr hoher Standard erreicht wurde. Gemessen daran sind die Titanaluminide<br />

der zweiten Generation vor allem hinsichtlich der Festigkeit und Kriechbeständigkeit unterlegen,<br />

selbst wenn diese Eigenschaften auf das spezifische Gewicht bezogen werden. Diese<br />

Verhältnisse werden durch Abbildung 42 verdeutlicht, in der die spezifischen Zugfestigkeiten<br />

von Titanaluminiden der zweiten Generation zusammen mit denen einiger konventionellen<br />

Hochtemperaturlegierungen dargestellt wurden.<br />

Ein Ausgleich dieses Festigkeitsdefizits würde ein massiveres Bauteildesign erfordern, wodurch<br />

der durch die Titanaluminide angestrebte Gewichtsvorteil allerdings wieder reduziert<br />

werden würde. Deutliche Designvorteile können mit Titanaluminiden also nur dann erwartet<br />

werden, wenn es gelingt, deren Festigkeitseigenschaften deutlich zu verbessern [1]. Ebenso<br />

wichtig ist es, die Anwendungstemperatur auf etwa 730 – 750 °C zu steigern, da hierdurch der<br />

Wirkungsgrad der Anlagen besonders günstig beeinflusst werden kann.


Abb. 42: Abhängigkeit der auf die Dichte bezogenen Streckgrenze von der Verfor-<br />

mungstemperatur für eine geschmiedete TiAl-Legierung der 2. Generation<br />

(1) und für die konventionellen Hochtemperatur-Legierungen IMI834 (2),<br />

René 95 (3), Inconel 718 (4) sowie IN713LC (5)<br />

86<br />

Im Hinblick auf diese Zielstellungen mussten in Titanaluminid-Legierungen zusätzliche Härtungsmechanismen<br />

implementiert werden, so dass die in Abbildung 42 dargestellten Kennwerte<br />

der konventionellen Hochtemperaturwerkstoffe nach Möglichkeit erreicht oder sogar<br />

übertroffen werden konnten. Bei Titanaluminiden besteht gegenüber konventionellen Werkstoffen<br />

die besondere Schwierigkeit darin, dass eine zusätzliche Versprödung des ohnehin<br />

schon bruchempfindlichen Werkstoffs vermieden werden muss.<br />

Titanaluminid-Werkstoffe sind bei den vorgesehenen Anwendungen in Gasturbinen bzw.<br />

Flugtriebwerken sehr aggressiven Medien ausgesetzt, was hohe Anforderungen an die chemische<br />

Beständigkeit des Materials stellt, denen die bisher verfügbaren Legierungen der zweiten<br />

Generation nur bedingt Rechnung tragen konnten. Für die angestrebte Erhöhung der Einsatztemperaturen<br />

ist daher auch eine deutliche Verbesserung der Beständigkeit gegenüber Oxidation<br />

und Korrosion bzw. die Entwicklung von geeigneten Schutzschichten erforderlich.<br />

Die hier skizzierten Zielstellungen waren Gegenstand des HGF-Strategiefondsprojekts „Innovative<br />

Werkstoffsysteme zur Wirkungsgradsteigerung von stationären Gasturbinen und Flugtriebwerken“.<br />

Die Thematik schließt alle wichtigen Aspekte der Herstellung und Charakterisierung<br />

von Legierungen und Beschichtungen ein und stellte somit eine komplexe Quer-


87<br />

schnittsaufgabe dar, an deren Bearbeitung die Forschungszentren DLR, FZJ, GKSS, HMI und<br />

FZK beteiligt waren. Die hierzu vereinbarte Arbeitsteilung ist in Abbildung 43 skizziert.<br />

Abb.<br />

43: Forschungskooperation innerhalb des HGF-Strategiefondsprojekts „Innovative<br />

Werkstoffsysteme zur Wirkungsgradsteigerung von stationären Gasturbinen<br />

und Flugtriebwerken, Teilprojekt Titanaluminide“<br />

2.1.1.2.<br />

Umsetzung und Ergebnisse<br />

Zur<br />

Festigkeitssteigerung wurden Mischkristalleffekte und Ausscheidungsreaktionen durch<br />

die Addition weiterer Legierungselemente eingesetzt. Bei intermetallischen Verbindungen,<br />

wie Titanaluminiden, sind die Einflüsse von ternären oder höheren Legierungselementen auf<br />

die mechanischen Eigenschaften jedoch sehr schwer absehbar. Durch zusätzliche Legierungselemente<br />

entstehen Abweichungen von der stöchiometrischen Zusammensetzung, außerdem<br />

wird die Ausdehnung der für die Gefügeausbildung maßgeblichen Phasenbereiche stark beeinflusst<br />

oder es werden sogar neue Phasen gebildet. Diese hier angedeuteten Prozesse hängen<br />

sehr stark davon ab, in welche Teilgitter der TiAl- bzw. Ti3Al-Matrix die Zusatzelemente<br />

eingebaut werden. Die Bevorzugung eines der beiden Teilgitter führt meist zu Änderungen<br />

der elektronischen Ladungsdichteverteilung und der Gitterkonstanten [2, 3], was sich sehr<br />

stark auf die Defektkonfigurationen und die mechanischen Eigenschaften auswirken kann.<br />

Erschwerend<br />

kommt hinzu, dass die Löslichkeit der 2- und -Phase für nichtmetallische Zusatzelemente,<br />

die meist zur Bildung von Ausscheidungen zulegiert werden, sehr unterschiedlich<br />

ist. Die Wirksamkeit von Ausscheidungsreaktionen hängt daher von der Konstitution des<br />

Gefüges und damit vom Aluminiumgehalt ab. Die hier betrachteten titanreichen Legierungen<br />

unterliegen bei der Herstellung umfangreichen Phasenumwandlungen und Ordnungsreaktio-


88<br />

nen, die sich aus den eben genannten Gründen ganz erheblich auf die Wirksamkeit von Härtungsmechanismen<br />

auswirken können. Das Implementieren von Härtungsmechanismen muss<br />

daher auch an die vorgesehenen Herstellungsverfahren angepasst werden.<br />

Aufgrund dieser sehr komplexen Verhältnisse wurden Mischkristalleffekte und Ausscheidungsreaktionen<br />

zunächst an übersichtlichen Legierungssystemen durch systematische Dotierungsreihen<br />

untersucht und mit den äquivalenten binären Legierungen verglichen. Hierbei<br />

wurde der in Abbildung 44 dargestellte Zyklus vielfach durchlaufen.<br />

Abb.<br />

44: Entwicklungszyklus zur Verbesserung der Festigkeitseigenschaften von<br />

Titanaluminid-Legierungen und eingesetzte Methoden<br />

Mit<br />

diesen aufwändigen Grundlagenuntersuchungen konnten Synergien zwischen Ausschei-<br />

dungsreaktionen, Mischkristalleffekten und Mikrostrukturen aufgefunden und für das Design<br />

von TiAl-Legierungen genutzt werden. Die hierzu parallel verlaufende Prozessentwicklung<br />

wurde frühzeitig in industrienahen Maßstäben durchgeführt, so dass die Übertragbarkeit der<br />

Ergebnisse auf technische Belange sichergestellt werden konnte.<br />

Ergebnisse:<br />

Aus<br />

der Entwicklung ist eine neue Klasse von TiAl-Legierungen (nachfolgend mit TNB be-<br />

zeichnet) hervorgegangen, die am internationalen Standard gemessen, eine Spitzenstellung<br />

einnimmt [4]. Die Legierungen lassen sich durch die allgemeine Zusammensetzung (in At.%)<br />

Ti-(44-47)Al-(5-10)Nb-(1-3)M-(0,5-1)X beschreiben, wobei M für metallische Elemente wie<br />

Cr, Ta, Mo, Er und W steht. Durch X werden Nichtmetalle wie B, Si und C vertreten, die zur<br />

Bildung von Ausscheidungsreaktionen zulegiert wurden. Die TNB-Legierungen zeichnen sich<br />

also gegenüber den bisher bekannten TiAl-Legierungen durch relativ hohe Nb-Gehalte aus.


89<br />

Das Niob wird in das Ti-Untergitter von (TiAl) und 2(Ti3Al) eingebaut [5], wobei die Kinetik<br />

der Lamellenbildung günstig beeinflusst und extrem feine Gefüge ausgebildet werden.<br />

Die TNB-Legierungen wurden zusätzlich durch Ausscheidungsdispersionen von Karbiden,<br />

Siliciden und Boriden gehärtet und verformen sich wesentlich homogener als konventionelle<br />

TiAl-Legierungen.<br />

Abb.<br />

45: Zugfestigkeiten von TNB-Legierungen:<br />

(a) Abhängigkeit der spezifische Streckgrenzen<br />

von der Verformungstemperatur für<br />

verschiedene TNB-Legierungen (2, 3) im Vergleich mit der Hochtemperatur-<br />

Titanlegierung IMI834 (4), den kommerziellen Superlegierungen René 95 (5), Inconel<br />

718 (6) und IN713LC (7) sowie einer geschmiedeten TiAl-Legierung der<br />

zweiten Generation mit der Zusammensetzung (At.%) Ti-47Al-2Cr-0,2Si (8).<br />

(b) Registrierkurve eines an einer Legierung TNB-V5 bei Raumtemperatur<br />

durchgeführten Zugexperiments.<br />

Der<br />

Werkstoff kann außerdem sehr schnell auf lokal auftretende Spannungskonzentrationen<br />

mit Zwillingsbildung reagieren, wodurch die Entstehung von Rissen unterdrückt wird. Die<br />

TNB-Legierungen sind daher trotz ihrer hohen Festigkeit auch bei Raumtemperatur noch<br />

recht gut verformbar, was sich durch plastische Zugdehnungen von teilweise mehr als 2 %<br />

ausweist (Abbildung 45a). Die Legierungen weisen gleichzeitig sehr hohe Zugfestigkeiten<br />

auf, die bei Raumtemperatur bei 1000 MPa liegen und an Titanaluminiden bisher nicht erreicht<br />

wurden. Sie sind damit in Bezug auf die spezifische Zugfestigkeit den derzeit gebräuchlichen<br />

Hochtemperaturlegierungen überlegen (Abbildung 45b).<br />

Durch<br />

den relativ niedrigen Diffusionskoeffizienten werden Klettervorgänge von Versetzungen<br />

und unerwünschte Strukturänderungen, die in konventionellen TiAl-Legierungen unter<br />

Kriechbelastung auftreten, sehr stark unterdrückt. Dies führt neben anderen Faktoren zu außergewöhnlich<br />

guten Kriecheigenschaften, die in Abbildung 46 in einer Larsen-Miller-<br />

Darstellung den Kriecheigenschaften einiger Superlegierungen gegenübergestellt sind. Danach<br />

können mit den TNB-Legierungen auch hinsichtlich der Kriecheigenschaften bei Anwendungstemperaturen<br />

zwischen 700 °C und 800 °C gegenüber den etablierten Hochtemperatur-Werkstoffen<br />

wie René 80 deutliche Designvorteile erreicht werden. In Bezug auf Hochtemperaturanwendungen<br />

kann darauf verwiesen werden, dass die TNB-Legierungen aufgrund


90<br />

ihrer relativ hohen Nb-Gehalte sehr gut oxidationsbeständig sind [6]. Sie stellen somit eine<br />

technisch attraktive Alternative zu den etwa doppelt so schweren Nickelbasis-<br />

Superlegierungen dar.<br />

Abb.<br />

46: Kriecheigenschaften von TNB-Legierungen;<br />

Vergleich mit einer konventionellen TiAl-Legierung<br />

Ti-48Al-2Cr (At.%) und<br />

dem kommerziellen Hochtemperaturwerkstoff René 80 durch eine Larson-Miller-<br />

Parameter(LPM)-Darstellung für die Dehnungen = 0,2 %, 0,5 % und 1 %<br />

2.1.1.3.<br />

Perspektiven<br />

Für<br />

die TNB-Legierungen konnten zwei Bereiche von Zusammensetzungen definiert werden,<br />

die Gegenstand der Patentanmeldungen Deutsches Patentamt, Aktenzeichen 1977 35 841.1<br />

und 100 58 155.2 sind. Für eine daraus ausgewählte Zusammensetzung (TNB-V5) wurde eine<br />

Lizenz vergeben. Eine besonders kriechbeständige Variante (TNB-V2) wird innerhalb des<br />

BMBF-Verbundprojekts "Entwicklung einer Umformtechnologie für intermetallische Gamma-Titanaluminid-Legierungen"<br />

zur Herstellung von Kompressor-Laufschaufeln für Flugzeugturbinen<br />

eingesetzt (siehe Abschnitt 2.1.4.).<br />

Die<br />

TNB-Legierungen wurden bisher in Form von Ingots bis zu 150 kg, als stranggepresstes<br />

Halbzeug und als Pulver hergestellt. Die Bauteilfertigung über Feingussverfahren steht noch<br />

aus, soll aber in einem neuen BMBF-Verbundprojekt "Entwicklung von Titanaluminid-<br />

Legierungen für die Bauteilfertigung über Gusstechnologien" erprobt werden.


2.1.1.4. Veröffentlichungen<br />

91<br />

1.<br />

F. Appel and R. Wagner, Mater. Sci. Eng. R22, 187 (1998).<br />

2.<br />

C. Woodward, S.A. Kajihara, S.I. Rao, and D.M. Dimiduk, in: Gamma Titanium Aluminides<br />

1999, eds. Y-W. Kim, D. M. Dimiduk, M.H. Loretto (TMS, Warrendale, PA, 1999),<br />

p. 49.<br />

3.<br />

M.H. Yoo and C.L. Fu, Metall. Mater. Trans. A, 29A, 49 (1998).<br />

4.<br />

F. Appel, M. Oehring and R. Wagner, Intermetallics, 8, 1283 (2000).<br />

5.<br />

C.J. Rossouw, C.T. Forwood, M.A. Gibson, and P.R. Miller, Phil. Mag. A74, 77 (1996).<br />

6.<br />

L. Singheiser, W.J. Quadakkers and V. Shemet, in: Gamma Titanium Aluminides 1999,<br />

eds. Y-W. Kim, D. M. Dimiduk, M.H. Loretto (TMS, Warrendale, PA, 1999), p. 743.<br />

Publikationen<br />

im Rahmen der Projekttätigkeit:<br />

U.<br />

Lorenz. M. Oehring, F. Appel, Effects of Dislocation Dynamics and Microstructure on<br />

Crack Growth Mechanisms in Two-Phase Titanium Aluminide Alloys. In: Intermetallics<br />

and Superalloys, Eds.: D.G. Morris, S. Naka and P. Caron, EUROMAT 99 – Volume 10,<br />

Wiley-VCH, Weinheim, 2000, Seiten 175-180.<br />

W.-J.<br />

Zhang, U. Lorenz and F. Appel, Recovery, Recrystallization and Phase Transformations<br />

During Thermomechanical Processing and Treatment of TiAl-Based Alloys, Acta<br />

mater. 48, 2803-2813 (2000).<br />

F.<br />

Appel, M. Oehring, R. Wagner, Novel Design Concepts for Gamma-Base Titanium<br />

Aluminide Alloys, Intermetallics 8, 1283-1312 (2000).<br />

F.<br />

Appel, U. Brossmann, U. Christoph, S. Eggert, P. Janschek, U. Lorenz, J. Müllauer, M.<br />

Oehring, and J.D.H. Paul, Recent Progress in the Development of Gamma Titanium Aluminide<br />

Alloys, Advanced Engeneering Materials 2, 699-719, (2000).<br />

F.<br />

Appel, Diffusion Assisted Dislocation Climb in Intermetallic Gamma TiAl, Materials<br />

Science and Engineering A317, 115-127 (2001).<br />

F.<br />

Appel and R. Wagner, Intermetallics: Titanium Aluminides. In: Encyclopedia of Materials:<br />

Science and Technology, Editors-in-Chief: K.-H.J. Buschow, R.W. Cahn, M.C.<br />

Flemings, B. Ilschner, E.J. Kramer, S. Mahajan, Pergamon, An imprint of Elsevier Science,<br />

Amsterdam, 2001.<br />

F.<br />

Appel, Advances in Intermetallic Titanium Aluminides. In: Materials for the Third Millenium,<br />

Eds.: R.K. Ray, V.S.R. Murthy, N.K. Batra, K.A. Padmanabhan, S. Ranganathan,<br />

Science Publishers Inc., Enfield, NH, 2001, pp. 145-173.<br />

F.<br />

Appel, Mechanistic Understanding of Creep in Gamma-Base Titanium Aluminide Alloys,<br />

Intermetallics, 9. 907 (2001).


92<br />

2.1.2. Beschichtungen für Titanaluminide<br />

Autor: W.J. Quadakkers, Forschungszentrum <strong>Jülich</strong> IWV-2<br />

Innerhalb<br />

des unter 2.1.1. genannten Strategiefondsthema „Innovative Werkstoffsysteme zur<br />

Wirkungsgradsteigerung von stationären Gasturbinen und Flugtriebwerken“ ist dem FZ <strong>Jülich</strong><br />

unter anderem gelungen, neue oxidationsbeständige Schichtsysteme für Titanaluminide zu<br />

entwickeln, die es gilt, weiter zu verfolgen. Zunächst handelt es sich um Ergebnisse der<br />

Grundlagenforschung, die noch nicht in eine industrielle Anwendung überführt worden sind.<br />

2.1.2.1.<br />

Motivation und Zielsetzungen<br />

Beim<br />

Hochtemperatureinsatz von Bauteilen aus Titanaluminiden ist eine ausreichende Oxida-<br />

tionsbeständigkeit der Werkstoffe von großer Bedeutung. Der Oxidationsschutz konventioneller<br />

metallischer Werkstoffe beruht auf der Bildung von langsam wachsenden Deckschichten<br />

auf Cr- oder Al-Oxidbasis, die sich während des Hochtemperatureinsatzes auf den Werkstoffoberflächen<br />

ausbilden. Dies erreicht man, indem die Werkstoffe mit ausreichend hohen Anteilen<br />

von Cr bzw. Al legiert werden. Titanaluminide enthalten per Definition hohe Al-Gehalte<br />

und die Ausbildung schützender Deckschichten sollte damit gewährleistet sein. Jedoch zeichnen<br />

sich alle Titanaluminide durch eine hohe Löslichkeit von Sauerstoff aus, das insbesondere<br />

für Werkstoffe auf der Basis 2- sowie für die orthorhombischen Phasen gilt. In -TiAl ist die<br />

Sauerstofflöslichkeit wesentlich geringer, jedoch bildet sich auch bei diesem TiAl-Typ durch<br />

oxidationsbedingte Al-Verarmung in oberflächennahen Bereichen nach längeren Einsatzzeiten<br />

2-Phasenanteile. Die hohe Sauerstofflöslichkeit bewirkt, dass Al zu innerer Oxidation<br />

neigt und somit keine schützende Deckschicht aus Al-Oxid ausbildet. Stattdessen tendieren<br />

alle Titanaluminide zur Bildung von relativ schnell wachsenden Mischoxiden aus Ti- und Al-<br />

Oxid, was den Einsatz der Werkstoffe bei hohen Temperaturen wesentlich einschränkt.<br />

Es<br />

stellte sich heraus, dass durch legierungstechnische Maßnahmen die Oxidationsbeständig-<br />

keit verbessert werden kann. Insbesondere Niob-Zusätze führen zu einer Reduzierung der<br />

Oxidationsrate. Jedoch sind relativ hohe Niob-Zusätze erforderlich, um einen signifikanten<br />

Effekt zu bewirken, der zu einer Erhöhung der Dichte und ggf. einer Beeinflussung der mechanischen<br />

Eigenschaften führt.<br />

Ziel<br />

der Untersuchungen war es daher, Oxidationsschutzschichten zu entwickeln, die es erlauben,<br />

eine Komponente auf der Basis eines hochfesten Titanaluminids und eines Schichtwerkstoffs<br />

zu konstruieren, der nur die Funktion des Oxidationsschutzes ausübt.<br />

2.1.2.2.<br />

Umsetzung und Ergebnisse<br />

Der<br />

Einsatz von konventionellen Schutzschichtsystemen für den Hochtemperaturbereich, z.B.<br />

auf der Basis NiCoCrAlY, sind für Titanaluminide auf Grund der fehlenden physikalischen<br />

und chemischen Kompatibilität zwischen Schicht- und Grundwerkstoff nicht geeignet. Die<br />

Arbeiten konzentrierten sich daher auf die Entwicklung einer Al-oxidbildenden Schutzschicht<br />

auf TiAl-Basis. Durch die Ähnlichkeit in der chemischen Zusammensetzung der Schutzschicht<br />

und des Grundwerkstoffes ist somit eine ausgezeichnete Kompatibilität gewährleistet.


93<br />

Es wurden zwei Strategien zur Schutzschichtentwicklung verfolgt:<br />

Schichten<br />

auf der Basis Ti-Al-Cr(-N) mit Al-Anteilen von 44 bis 63% und Cr-<br />

Zusätzen von 6 – 22%:<br />

Durch die hohen Cr-Zusätze<br />

wird in diesen Schichten die Bildung der sauerstoffreichen<br />

2-Phase unterdrückt, wodurch auch nach langen Zeiten stabile Al-Oxid-Deckschichten<br />

bei Temperaturen bis zu 900°C gebildet werden. Die Schichten auf der Basis von Ti-Al-<br />

Cr-Y-N besitzen, neben einer exzellenten Oxidationsbeständigkeit bis 950°C, zusätzlich<br />

noch eine hohe Verschleiß- und Erosionsbeständigkeit, wie sie in Flugtriebwerken oder<br />

stationären Gasturbinen im Bereich des Verdichters erforderlich sind. Die stickstoffhaltigen<br />

Schichten erhalten durch das spezielle Herstellungsverfahren, bei dem Lichtbogenverdampfung<br />

mit einem Magnetron-Sputter-Verfahren kombiniert wird, eine optimierte<br />

Mikrostruktur, wobei sich die mechanischen Eigenschaften der sehr dünnen Einzelschich-<br />

ten günstig auswirken. Bei einer Einzelschichtdicke von unter einem Nanometer sind die<br />

Schutzschichten aus mehreren tausend Einzellagen aufgebaut. Die Schichtsysteme wurden<br />

über mehrere tausend Stunden auch bei zyklischer thermischer Beanspruchung erfolgreich<br />

getestet.<br />

Schichten auf der Basis Ti-Al-Ag mit Al-Anteilen von 46 bis 52% und Ag-Zusätzen<br />

von 1.5 – 2.5%:<br />

Die positive Wirkung<br />

der geringen Ag-Zusätze basiert auf einer Stabilisierung der sogenannten<br />

Z-Phase (ternäre Verbindung mit nomineller Zusammensetzung Ti5Al3O2) in der<br />

Verarmungszone unterhalb der oxidischen Deckschicht, wodurch die Bildung der 2-<br />

Phase im oberflächennahen Bereich verhindert wird. Als Grundlage für die Schichtent-<br />

wicklung wurde das Phasendiagramm Ti-Al-Ag untersucht und anschließend eine Oxida-<br />

tionskarte für Ti-Al-Ag-Legierungen erarbeitet. Hieraus wurden Zusammensetzungen für<br />

optimale Schutzschichten ausgewählt. Diese Zusammensetzungen wurden mittels<br />

Magnetron-Sputtern auf eine Reihe von hochfesten -Titanaluminiden aufgebracht. Die<br />

Schichtdicken betrugen 20 bis 50 µm.<br />

a)<br />

Z-phase<br />

Ti-50Al-2Ag<br />

-Al 2O 3<br />

2 µm<br />

b)<br />

Al 2O 3 Z-phase<br />

Ti-Al-Ag Ti-48Al-2Ag coating<br />

Abb.<br />

47: Deckschichtbildung nach 1000h Oxidation bei 1000°C in Luft:<br />

a) Ti-Al-Ag-Modelllegierung,<br />

b) mittels Magnetronsputtern hergestellte<br />

Ti-Al-Ag-Schicht<br />

2 µm


2.1.2.3. Perspektiven<br />

94<br />

An<br />

den beschichteten Proben erfolgten Auslagerungsversuche in Sauerstoff und Luft bei<br />

Temperaturen im Bereich 600 – 800°C. Ziel der Untersuchungen war es zu prüfen, ob die<br />

Oxidationskinetiken der Schichten ähnliche Werte lieferten, wie sie bei Grundlagenversuchen<br />

an den Modellegierungen beobachtet wurden (Abbildung 47). Außerdem wurde die Interdiffusion<br />

zwischen Grundwerkstoff und Schicht bis zu Zeiten von 2000h ermittelt, um hieraus<br />

die durch Interdiffusion bedingte Lebensdauerbegrenzung als Funktion der Schichtdicke und -<br />

Zusammensetzung auf verschiedenen Substratwerkstoffen vorhersagen zu können.<br />

Die<br />

Ergebnisse zeigten, dass die bei den Modellsystemen beobachtete Al-Oxidbildung auch<br />

bei den Beschichtungen sowohl bei isothermer als auch zyklischer Temperaturbelastung in<br />

verschiedenen Testgasen (Luft, Sauerstoff, Wasserdampf) bis zu den maximal erreichten<br />

Testzeiten von 2000h und Temperaturen bis zu 800°C erhalten blieb. Die Breite der Interdiffusionszone<br />

(Abbildung 48) war sehr stark von der Zusammensetzung des Substratwerkstoffs<br />

abhängig. Das Vorhandensein von refraktären Elementen (z.B. Nb, Ta) verlangsamte die Interdiffusion.<br />

Dieser Effekt wurde auch bei Versuchen an Ti-Al-Ag-Schichten auf Titan und<br />

Titanlegierungen beobachtet.<br />

Die<br />

neueren Untersuchungen befassen sich mit der Modifizierung der Zusammensetzungen<br />

der Ti-Al-Ag-Schichten, um die oxidationsbedingten Einsatzgrenzen auf Temperaturen oberhalb<br />

900°C zu erweitern.<br />

Die<br />

Grundlagenuntersuchungen werden somit fortgeführt. Mit entsprechenden Anwenderfirmen<br />

wurden erste Gespräche geführt.<br />

a)<br />

Ti-Al-Ag-Coating<br />

Ti-46Al-4(Cr,Nb,Ta,B)<br />

substrate alloy ,<br />

Al 2 O 3 -scale<br />

Z-Phase<br />

Interdiffusion<br />

zone<br />

10 µm<br />

Width of interdiffusion zone ( µm )<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

Interdiffusion between Ti-Al-Ag coating<br />

and various substrate materials<br />

Ti-48Al-2Cr; 800°C<br />

Timetal CB; 600°C<br />

0<br />

0 200 400 600 800 1000 1200<br />

Time ( h)<br />

Titan; 700°C<br />

Ti-45Al-8Nb; 800°C<br />

Abb.<br />

48: a) Ti-Al-Ag-Schicht auf hochfester -TiAl-Substratlegierung nach Auslagerung<br />

bei 800°C in Luft,<br />

b) Typische zeitliche Entwicklung<br />

der Interdiffusionszone zwischen der<br />

Ti-Al-Ag-Schicht und verschiedenen Substratwerkstoffen während der Aus<br />

lagerung im Temperaturbereich von 600 bis 800°C.


2.1.2.4. Veröffentlichungen<br />

95<br />

V. Shemet, L. Niewolak, P. Ennis, L. Singheiser, W.J. Quadakkers; Oxidation Resistant<br />

-TiAl Based Alloys for Advanced Gas Turbine Components and Coating Systems,<br />

Parsons 2000 - Advanced Materials for 21st Century Turbines and Power Plant, Cambridge,<br />

UK, 3 - 7 July, 2000, Proceedings Eds. A. Strang, W. Banks, R. Conroy, G.<br />

McColvin, J. Neal, S. Simpson. University Press, Cambridge, U.K, ISBN 1-86125-<br />

113-0, p. 874-884.<br />

L. Niewolak, V. Shemet,<br />

A. Gil, E. Wessel, L. Singheiser, W.J. Quadakkers, Development<br />

of Alumina Forming Coatings for Titanium and Titanium Aluminides, 3rd Int.<br />

Symp. on Structural Intermetallics, Jackson Hole, Wyoming, USA, 23-27 Sept. 2001,<br />

Structural Intermetallics, Edts. K. Hemker, D. Dimiduk, H. Clemens, R. Dariola, H.<br />

Inui, J. Larsen, V. Sikka, M. Thomas, J. Whittenberger, The Minerals, Metals & Materials<br />

Society, 2001, p. 535-540.<br />

A.K. Tyagi, L. Niewolak, V. Shemet,<br />

U. Breuer, J.S. Becker, L. Singheiser, W.J.<br />

+<br />

Quadakkers, MCs -SIMS Studies of the Scale Formation on Alumina Forming -TiAl<br />

Alloys, Report Forschungszentrum <strong>Jülich</strong>, Jül-3821, Edt. J.S. Becker, November 2000,<br />

ISSN 0944-2952, p. 289-296.<br />

L. Niewolak, V. Shemet, A. Gil,<br />

L. Singheiser, W.J. Quadakkers, Alumina Forming<br />

Coatings for Titanium and Titanium Aluminides, Advanced Engineering Materials<br />

3(7) (2001) 496-500.<br />

L. Niewolak, V. Shemet,<br />

A. Gil, L. Singheiser, W.J. Quadakkers, Studies Concerning<br />

the Life Time of Alumina Forming Ti-Al-Ag Coatings, Workshop “Life Time Modelling<br />

of High Temperature Corrosion Processes”, EFC event 248, 22-23 Febr. 2001,<br />

Frankfurt, Proceedings in European Federation of Corrosion Monograph, Nr. 34, Edts.<br />

M. Schütze, W.J. Quadakkers, J. Nicholls, The Institute of Materials, London, 2001,<br />

ISSN 1354-5116, p. 297 – 310.<br />

Z. Tang, L. Niewolak, V. Shemet,<br />

L. Singheiser, W.J. Quadakkers, F. Wang, W. Wu,<br />

A. Gil, Development of Oxidation Resistant Coatings for -TiAl Based Alloys, Materials<br />

Science and Engineering, A328 (2002) 297-301.


96<br />

2.1.3. Bau einer <strong>Pilotanlage</strong> zur Massenfertigung von TiAl-Motorventilen<br />

Autor: P.Busse, ACCESS e.V.<br />

Die Partner des Vorhabens waren:<br />

- ACCESS e.V.<br />

- ALD Vacuum Technologies AG<br />

- BMW AG<br />

- GFE GmbH<br />

- TRW Deutschland GmbH<br />

- Institut für Elektrothermische Prozesstechnik, Universität Hannover<br />

- AUDI AG, BMW AG, Ford Forschungszentrum GmbH, Adam Opel AG, VW AG<br />

2.1.3.1. Motivation und Zielsetzungen<br />

Im Rahmen des Vorläuferprojektes “Permanentkokillenguss zur Herstellung von TiAl-Ventilen“<br />

wurde ein neuer Gießprozess zur kostengünstigen Fertigung von TiAl-Ventilen entwickelt.<br />

Er zeichnet sich durch einen sehr hohen Integrationsgrad aus, da Legierungsaufbau,<br />

Schmelzen, Reinigen und Gießen in einem Arbeitsgang stattfinden. Erreicht wird dies durch<br />

die Integration eines modifizierten Kaltwand-Induktionstiegelofens (KIT) und einer beheizten<br />

metallischen Schleudergusskokille in einer Vakuumkammer.<br />

In einer entsprechenden Laboranlage gegossene Ventile weisen bereits im Gusszustand hervorragende<br />

Festigkeitseigenschaften auf. Streckgrenze, Zugfestigkeit und Dehnung liegen<br />

deutlich über den Anforderungen der Automobilhersteller. Dies wird auch durch einen erfolgreich<br />

abgeschlossenen Motortest über 500 Stunden dokumentiert.<br />

Trotz des großen Interesses der Automobilkonzerne finden TiAl-Ventile bei der Entwicklung<br />

neuer Motoren erst dann Berücksichtigung, wenn nachgewiesen wird, dass der neue Gießprozess<br />

das Potenzial für eine kostengünstige Massenproduktion bei gleichbleibend hoher<br />

Qualität besitzt. Die Erfahrungen aus der Laboranlage haben jedoch deutlich gemacht, dass<br />

mit dem Konzept einer nicht automatisierbaren mehrlagigen Topfkokille die Herstellung großer<br />

Stückzahlen nicht möglich ist.<br />

Ziel des bis Ende August 2003 laufenden Verbundvorhabens ist es, eine neue Versuchsanlage<br />

aufzubauen und zu betreiben, die letztlich die Qualifizierung des Gießprozesses als Massenherstellungsverfahren<br />

für kostengünstige TiAl-Ventile ermöglicht.<br />

Das Konzept einer solchen <strong>Pilotanlage</strong> wurde in Zusammenarbeit zwischen ALD und<br />

ACCESS entwickelt, Abbildung 49. Kernstück ist ein um die horizontale Achse drehendes,<br />

zweiteiliges Kokillengießrad mit 50 Gießnestern, welches das automatische Entnehmen der<br />

gegossenen Ventile zulässt und somit den kontinuierlichen Betrieb der Anlage ohne Brechen<br />

des Vakuums ermöglicht.


Abb. 49: Die bei ACCESS aufgestellte und optimierte <strong>Pilotanlage</strong> hat eine Jahres-<br />

kapazität von 600 000 Teilen.<br />

Der Betrieb der Anlage kann mit einer Person aufrechterhalten werden.<br />

97<br />

Zur Qualifizierung des Gießprozesses gehört auch die direkte motorische Erprobung der gegossenen<br />

Ventile in verschiedenen Otto- und Dieselaggregaten, die durch ihr Motorkonzept<br />

eine erhöhte thermische und mechanische Belastung der Ventile aufweisen. Um das Potenzial<br />

der TiAl-Ventile besser bewerten zu können, werden bei den fünf am Verbundvorhaben beteiligten<br />

Automobilkonzerne anders als bei bisherigen Motortests mit TiAl-Ventilen modifizierte<br />

d.h. den leichteren Ventilen angepasste Ventiltriebe eingesetzt. Untersucht wird neben dem<br />

Bauteillangzeitverhalten, die Ventildynamik, die auftretende Reibleistung, das Geräusch- und<br />

Vibrationsniveau, die Ventiltemperatur sowie Abgaskennwerte und das Potenzial zur Kraftstoffeinsparung.<br />

2.1.3.2. Umsetzung und Ergebnisse<br />

Der Ablauf des Projektes lässt sich in drei Phasen unterteilen. Im Mittelpunkt der ersten Phase<br />

standen die Auslegung des Gießrades und die Konstruktion der Gesamtanlage. Gegenstand<br />

der zweiten Phase war der Aufbau der Anlage sowie die Entwicklung eines geeigneten Qualitätssicherungskonzeptes.<br />

In der dritten Phase wurde die Anlage in Betrieb genommen und<br />

notwendige Optimierungsarbeiten durchgeführt. Zurzeit werden Versuchsteile hergestellt und<br />

die Massenproduktion im Schichtbetrieb erprobt.<br />

Das neue Gießrad ist ein thermisch und mechanisch äußerst hoch beanspruchtes Bauteil, dargestellt<br />

in Abbildung 50. Da es sich um eine komplette Neuentwicklung handelt, wurden vor<br />

der eigentlichen Detailkonstruktion umfangreiche Analysen und Berechnungen bzw. Simulationsarbeiten<br />

auf Basis des Konzeptentwurfs von ALD und ACCESS durchgeführt. Ferner


98<br />

wurde bei ACCESS ein Wassermodell des Gießrades aufgebaut und erprobt. Mit Hilfe einer<br />

„Schnellen Kamera“ bzw. mitdrehenden CCD-Minikamera konnte der Prozessablauf überprüft<br />

und wesentliche Erkenntnisse für die Konstruktion gewonnen werden.<br />

Um die Qualität der Ventile aus dem Vorläuferprojekt zu erhalten, wurde bei der Auslegung<br />

des Gießrades darauf geachtet, dass die thermischen Bedingungen bei der Erstarrung der Ventile<br />

vergleichbar mit den Bedingungen in der Laboranlage sind. Ferner wurde unter Berücksichtigung<br />

technologischer, aber auch wirtschaftlicher Randbedingungen der Prozessablauf<br />

definiert.<br />

Auf Basis der Voruntersuchungen erfolgte die Konstruktion der Gesamtanlage bei ALD Vacuum<br />

Technologies AG. An die Fertigung der einzelnen Anlagenkomponenten schloss sich<br />

die Integration und Inbetriebnahme der <strong>Pilotanlage</strong> am Standort ACCESS an.<br />

Abb. 50: Im Zentrum des neu entwickelten Gießrades für den Abguss von 50 TiAl-<br />

Ventilen ist der Kaltwand-Induktions-Tiegel und der Gießtrichter zu erkennen.<br />

Ersten Probeabgüssen mit Aluminium, mit denen die grundsätzliche Funktionalität des Gießradprinzips<br />

unter Beweis gestellt werden konnte, folgten Abgüsse von TiAl. Hierzu wurde die<br />

Vorwärmung der Niobnester erprobt sowie mit instrumentierten Heizversuchen die Temperaturverteilung<br />

erfasst. Die Übertragung des Wärmehaushaltes von der Laborkokille auf das<br />

Gießrad gelang wie beabsichtigt. Die benötigte Aufheizzeit zur Einstellung des Temperaturprofils<br />

liegt bei ca. 8 Minuten, die Schmelzzeit des TiAl im KIT bei max. 15 Minuten.<br />

Nach Abschluss notwendig gewordener konstruktiver Anpassungsarbeiten konnte der automatische<br />

Betrieb der Gießanlage aufgenommen werden und die aus wirtschaftlicher Sicht<br />

angestrebte Taktzeit der Anlage von max. 30 Minuten ohne Einschränkung erreicht, ja sogar<br />

unterschritten werden. Daraus ergibt sich für die <strong>Pilotanlage</strong> eine Kapazität von 600 000 Tei-


99<br />

len pro Jahr im 3-Schichtbetrieb. Mittlerweile konnten mehr als 6000 Ventile ohne offensichtliche<br />

Verschleißerscheinungen in ein und derselben Kokille abgegossen werden.<br />

Während der Projektlaufzeit fanden weitere erfolgreiche Motortests mit TiAl-Ventilen aus<br />

dieser Gießlinie statt. Zur Durchführung der geplanten Untersuchungen werden jedem der<br />

beteiligten Automobilhersteller während der Projektlaufzeit 200 Versuchsteile zu Testzwecken<br />

zur Verfügung gestellt mit dem Ziel, das Potenzial des TiAl für die verschiedenen<br />

Motorkonzepte ausloten zu können und benötigte Informationen für die Auslegungen neuer<br />

Motorkonzepte mit leichten Ventilen zu gewinnen.<br />

Die Weiterverarbeitung der Ventile, wie z.B. das Abtrennen der Ventile vom Gießbaum, wurde<br />

bei ACCESS mittels Wasserstrahltechnologie etabliert und optimiert. Mit dieser Technik<br />

sind alle Voraussetzungen für ein kostengünstiges und schnelles Abtrennen der Ventile vom<br />

Gießbaum gegeben. Die Bearbeitung und Beschichtung der Rohlinge wird bei TRW Deutschland<br />

GmbH unter dem Gesichtspunkt der Massenherstellung erprobt, optimiert und bewertet.<br />

Das benötigte Ingotmaterial für den Gießprozess wird von der GFE GmbH in Nürnberg hergestellt.<br />

Neben der Rollen des Zulieferers werden schlüssige Recyclingkonzepte untersucht,<br />

mit dem Ziel, den Legierungspreis deutlich absenken zu können.<br />

Trotz der Verzögerungen während des Anlagenbaus und der Inbetriebnahme kann davon ausgegangen<br />

werden, dass das Projektziel bis Ende 2003 erreicht wird. Insbesondere liegen klare<br />

und belastbare Informationen zur Ermittlung der Kosten für TiAl-Ventile vor. Des weiteren<br />

kann aufgrund der technologischen Erfahrungen und der ermittelten Qualitätskriterien die<br />

schnelle Umsetzung in eine Massenfertigung sichergestellt werden.<br />

2.1.3.3. Perspektiven<br />

Der Bedarf an leichten Ventilen für Auto- und Motorradmotoren ist unumstritten. Ventile aus<br />

TiAl haben in zahlreichen Tests ihre Eignung und Potenzial unter Beweis stellen können.<br />

Falls die Kosten der neuen Gießroute nicht über den kalkulierten Kosten liegen und die Einsparmöglichkeiten<br />

bei der Bearbeitung der Ventile die höheren Materialkosten kompensieren,<br />

besteht berechtigte Hoffnung auf den Einsatz der Ventile im Großserienmaßstab.<br />

Der Aufbau einer entsprechenden Fertigungsstrecke lässt sich mit dem entwickelten Anlagenkonzept<br />

in angemessener Zeit umsetzen. Der zwischenzeitliche Bedarf kann durch die<br />

vorhandene <strong>Pilotanlage</strong> abgedeckt werden. Die benötigten Investitionsmittel halten sich im<br />

Rahmen, da die Bearbeitung der Rohlinge auf den vorhandenen Produktionsmaschinen<br />

durchgeführt werden kann.<br />

2.1.3.4. Veröffentlichungen<br />

M. Blum, G. Jarczyk, H. Scholz, S. Pleier, P. Busse, H.-J. Laudenberg, K. Stegtrop, R.<br />

Simon: Prototype Plant for the Economical Mass Production of TiAl-Valves. 5th<br />

International Conference on Structural & Functional Intermetallics (ICSFI 2000), 16-<br />

20 July 2000, Vancouver<br />

G. Jarczyk, M. Blum, P. Busse, H. Scholz, H.-J. Laudenberg, K. Segtrop: New casting<br />

technology for low-priced titanium-aluminide automotive valves. Inzynieria materialowa<br />

120 (2001) 1, p. 46-49.


100<br />

M. Blum, P.Busse, H. G. Fellmann, H. Franz, G. Jarczyk, T. Ruppel, K. Segtrop, H.-J.<br />

Laudenberg: Commissioning of a prototype plant for the economical mass production<br />

of TiAl-valves. Structural Intermetallics 2001, ed. by K. J. Hemker, Warrendale :<br />

TMS, 2002, p. 131-135.<br />

2.1.4. Umformtechnologien für hochfeste TiAl-Legierungen der 3. Generation<br />

Autoren: F. Appel, M. Oehring, GKSS Forschungszentrum Geesthacht GmbH<br />

Die Partner des Verbundvorhabens waren:<br />

- Thyssen Umformtechnik Turbinenkomponenten GmbH, Remscheid;<br />

- Rolls-Royce Deutschland GmbH, Dahlewitz;<br />

- GfE Metalle und Materialien GmbH, Nürnberg;<br />

- Leistritz AG, Nürnberg;<br />

- GKSS-Forschungszentrum Geesthacht GmbH<br />

- Unterauftragnehmer: Institut für Leichtbau und Kunststofftechnik, TU Dresden; Lehrstuhl<br />

Metallkunde und Werkstofftechnik, BTU Cottbus;<br />

2.1.4.1. Motivation und Zielsetzungen<br />

Die Entwicklung einer Schmiedetechnologie zur Herstellung von TiAl-Turbinenschaufeln<br />

war bereits Gegenstand eines BMBF-Vorhabens gewesen, über das in Abschnitt 1.3.4. berichtet<br />

wurde. In diesem Vorhaben konnte die Anwendbarkeit der eingeschlagenen Herstellroute<br />

eindeutig nachgewiesen werden, was sich in der Herstellung von ca. 200 fehlerfreien Verdichterschaufeln<br />

manifestiert hat.<br />

Neben dieser erfolgreichen Bilanz haben sich jedoch verschiedene Probleme gezeigt, die einer<br />

Serienfertigung von Titanaluminidbauteilen für sicherheitsrelevante Anlagen noch im Wege<br />

stehen. Hierzu zählt die unzulängliche Qualität von großen Gussblöcken von etwa 250 kg<br />

Gewicht. Die Probleme liegen hier in nicht zu tolerierenden Abweichungen von der Soll-<br />

Zusammensetzung, im Auftreten von Mikro- und Makroseigerungen sowie in der Bildung<br />

von Rissen und Lunkern.<br />

Diese Qualitätsprobleme ließen sich mit den bisherigen amerikanischen Lieferanten nicht<br />

lösen, weshalb ein deutscher Rohmaterialproduzent in ein Nachfolgeprojekt einbezogen wurde,<br />

um entsprechende Entwicklungsarbeiten durchführen zu können.<br />

Ein weiteres Problem der bis dahin entwickelten Schmiedetechnologie waren die hohen Herstellkosten,<br />

denen zum einen durch die Übertragung der erprobten Primärumformverfahren<br />

auf Ingots mit mindestens 80 kg Gewicht begegnet werden sollte, zum anderen durch die<br />

Entwicklung von CFK-armierten Schmiedegesenken, um die sehr teuren und schnell verschleißenden<br />

Gesenke auf Molybdän-Basis zu vermeiden.<br />

Weiterhin bestand sehr großes Interesse bei der in das Vorgängerprojekt eingebundenen Anwenderfirma<br />

Rolls-Royce Deutschland, auch für die neuentwickelten TiAl-Legierungen der 3.<br />

Generation eine industrielle Umformtechnologie zu entwickeln, da diese Legierungen eine<br />

Erweiterung des Einsatzspektrums von TiAl-Legierungen im Flugtriebwerk erwarten ließen.


101<br />

Dabei war abzusehen, dass sowohl die beträchtliche Warmfestigkeit als auch die erhöhte Gefügestabilität<br />

dieser Legierungen die Umformeigenschaften negativ beeinflussen würden und<br />

daher die Prozessbedingungen neu zu ermitteln waren.<br />

Ziel des hier dargestellten Vorhabens ist aus diesen Gründen, für die Legierungen der 3. Generation<br />

eine wirtschaftliche und über alle Prozessstufen sicher beherrschbare Umformtechnologie<br />

zu entwickeln.<br />

2.1.4.2. Umsetzung und Ergebnisse<br />

Für das Projekt waren zwei Umformrouten vorgesehen:<br />

Die erste Route sollte aus dem Strangpressen eines ganzen Ingots auf einer industriellen Presse<br />

sowie der nachfolgenden mechanischen Fertigung von Schaufelvorformen und ihrer abschließenden<br />

Formgebung durch elektrochemisches Senken bestehen.<br />

In der zweiten Route sollte nach dem Primärumformen durch Isothermschmieden oder<br />

Strangpressen eine Vorformscheibe in Gesenke geschmiedet werden, aus der dann Schaufelrohlinge<br />

getrennt und diese anschließend in die Endform geschmiedet werden sollten.<br />

Für das Vorhaben wurden 2 Legierungen gewählt: die -TAB-Legierung, deren Umformverhalten<br />

gut bekannt war, und eine der im GKSS Forschungszentrum neu entwickelten, Nbreichen,<br />

aushärtbaren Legierungen - TNBV2 - , mit der sich Festigkeiten über 1000 MPa und<br />

exzellente Kriechfestigkeit erreichen lassen.<br />

Ermittlung von Umformfenstern:<br />

Mit reibungsfreien Zylinderstauchversuchen wurden in einer systematischen Studie die Umformeigenschaften<br />

von Ingotmaterial und von stranggepresstem Material der TNBV2-<br />

Legierung untersucht, um geeignete Prozessfenster bestimmen zu können. Die aufgenommenen<br />

Fließkurven (Abbildung 51) und begleitende metallographische Untersuchungen zeigten,<br />

dass diese Legierung eine beträchtliche Warmfestigkeit aufweist und nur langsam rekristallisiert.<br />

Insbesondere für Ingotmaterial müssen möglichst Temperaturen oberhalb 1150 C angewendet<br />

werden, um ausreichend rekristallisierte Gefüge zu erreichen.<br />

Aus diesen Untersuchungen ließen sich optimale Umformbedingungen ableiten, wobei für die<br />

TNBV2-Legierung geringe Umformgeschwindigkeiten und noch höhere Umformtemperaturen<br />

als für andere TiAl-Legierungen gewählt werden müssen und deshalb die<br />

Grenztemperatur der Gesenke auf Molybdän-Basis erreicht wird.


(MPa)<br />

600<br />

500<br />

400<br />

300<br />

200<br />

102<br />

100<br />

1050 °C<br />

1100 °C<br />

1150 °C<br />

0<br />

0.0 0.2 0.4<br />

1200 °C<br />

0.6 0.8<br />

Umformgrad <br />

950 °C<br />

1000 °C<br />

Abb. 51: In reibungsfreien Zylinderstauchversuchen an Ingotmaterial<br />

der TNBV2-Legierung für eine wahre Umformgeschwindigkeit<br />

von 1 · 10 -3 s -1 ermittelte Fließkurven.<br />

Primärumformung:<br />

Das Heißstrangpressen war im Vorgängerprojekt an Rohlingen mit einem Durchmesser von<br />

65 mm durchgeführt worden und hatte sich als geeignetes Verfahren herausgestellt, um zuverlässig<br />

Material mit völlig rekristallisierten Gefügen herzustellen. Um die Wirtschaftlichkeit<br />

des Verfahrens zu erhöhen, sollte das Verfahren nun auf das Umformen ganzer Ingots mit<br />

Durchmesser 220 mm übertragen werden, wofür eine industrielle Presse mit einer Kapazität<br />

von mindestens 30 MN erforderlich ist. Wegen des deutlich geänderten Wärmehaushalts der<br />

viel größeren Rohlinge war eine Anpassung des verwendeten Kapseldesign erforderlich. Für<br />

die Strangpressversuche wurden zwei unterschiedliche Matrizengeometrien gewählt, da für<br />

die reine Strangpressroute Halbzeug mit rechteckigem Querschnitt optimal ist, während für<br />

das Schmieden der Vorformscheiben zylinderförmiges Material benötigt wird.<br />

Ein großer Vorteil des Strangpressverfahrens liegt darin begründet, dass die Umformtemperatur<br />

oberhalb einer Minimaltemperatur beliebig gewählt werden kann und daher die Gefügeeinstellung<br />

zwischen globularen und feinen lamellaren Gefügen variiert werden kann. Daher<br />

wurden für die Strangpressungen unterschiedliche Temperaturen im ( + )- oder im -Gebiet<br />

gewählt. Bei allen der bisher durchgeführten 6 Strangpressungen konnten völlig fehlerfreie<br />

Stränge einer Länge zwischen 4 m und 8 m hergestellt werden (Abbildung 52). Die Gefüge<br />

im extrudierten Material waren feinkörnig globular bzw. nahezu lamellar (Abbildung 53),<br />

wobei die Streifigkeit nur gering ausgeprägt war. Dies ist auf die verbesserte chemische Homogenität<br />

des Materials zurückzuführen, die von der Fa. GfE in Nürnberg inzwischen erreicht


103<br />

wird. Insgesamt ist das Heißstrangpressen als wirtschaftliches und routinemäßig einsetzbares<br />

Umformverfahren zu bezeichnen, mit dem völlig rekristallisierte, auf die jeweilige Herstellroute<br />

angepasste Gefüge eingestellt werden können.<br />

Abb. 52: Strangabschnitte der TNBV2-Legierung, die durch Strangpressen ganzer<br />

Ingots hergestellt wurden.<br />

Abb. 53: Gefüge nach dem Strangpressen von Ingotmaterial der TNBV2-Legierung<br />

Für eine Strangpresstemperatur im ( + )-Gebiet (a) bzw. oberhalb der<br />

-Transus-Temperatur (b).


104<br />

Für die reine Strangpressroute war vorgesehen, durch mechanische Bearbeitung Rohlinge aus<br />

den Strängen zu fertigen und aus diesen dann nach einer abschließenden Wärmebehandlung<br />

durch elektrochemisches Senken die Verdichter-Laufschaufeln herzustellen. Dabei lässt sich<br />

die Anisotropie der mechanischen Eigenschaften in stranggepresstem Material nutzen. Obwohl<br />

die Textur nach dem Strangpressen relativ schwach ist, hat sie eine signifikant höhere<br />

Festigkeit und Bruchzähigkeit für eine Belastung in Strangpressrichtung zur Folge. Dies lässt<br />

sich auf die ausgeprägte Anisotropie der lamellaren Gefüge zurückführen, die sowohl für Versetzungen<br />

als auch für die Rissausbreitung starke Hindernisse darstellen.<br />

Bei der Fa. Leistritz AG wurden geeignete Parameter für die mechanische Bearbeitung des<br />

extrudierten Materials ermittelt, wobei ein beträchtlicher Aufwand erforderlich war, um ausreichende<br />

Schnittgeschwindigkeiten für diesen hochfesten Werkstoff zu erhalten. Inzwischen<br />

wurden Schaufelrohlinge mit einer Ausrichtung in Strangpressrichtung aus einigen Metern<br />

extrudierten Materials gefertigt (Abbildung 54) und befinden sich zur Zeit in der Endbearbeitung<br />

durch ECM (elektrochemisches Senken in Abschnitt: 1.3.4).<br />

Abb. 54: Mechanisch gefertigte Schaufelrohlinge aus stranggepresstem<br />

Material der TNBV2-Legierung.<br />

Isothermschmieden:<br />

Im Gegensatz zum Vorgängerprojekt wurde ein Stadiengang gewählt, mit dem sich im ersten<br />

Schmiedeschritt bereits mehrere Rohlinge für das anschließende Fertigschmieden herstellen<br />

lassen. Um den Stadiengang optimal auszulegen, wurden wieder alle Schmiedeschritte mit<br />

FE-Rechnungen simuliert, wobei die gemessenen Fließkurven als Eingangsgrößen dienten.<br />

Für das Schmieden der Mehrfach-Vorformen wurden dann zylindrische Rohlinge aus stranggepresstem<br />

Material verwendet, die je einen Durchmesser und eine Höhe von 70 mm aufwiesen.<br />

Diese ließen sich rissfrei in die Gesenke schmieden, wobei die Stege zwischen den


105<br />

Schaufel-Vorformen auf eine Dicke von einigen Millimetern, d. h. bis auf Umformgrade von<br />

mehr als 90 % in einem Schritt geschmiedet wurden (Abbildung 55).<br />

Das Formänderungsvermögen des Materials ist unter den angewendeten Bedingungen also<br />

ausgesprochen gut, was sicher auf die Feinheit und Homogenität des Gefüges im Ausgangsmaterial<br />

dieser schwierig umzuformenden Legierung zurückzuführen ist. Nach dem Schmieden<br />

wird eine weitere Zunahme der Homogenität des Gefüges festgestellt, das dann praktisch<br />

völlig frei von der gewöhnlich in TiAl-Legierungen zu beobachtenden Streifigkeit ist (siehe<br />

Abbildung 56).<br />

Abb. 55: Geschmiedete Mehrfachvorform aus stranggepresstem Material der<br />

TNBV2-Legierung.<br />

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind in diesem noch laufenden Vorhaben noch keine Schaufeln<br />

geschmiedet worden. Vorversuche zum Schmieden an der TU Dresden zeigten, dass mit<br />

CFC-Gesenken eine sehr gute Maßhaltigkeit zu erzielen ist und das angestrebte Präzisionsschmieden<br />

möglich sein sollte. Weiterhin zeigten diese Versuche, dass mit CFC-Gesenken die<br />

Schmiedetemperatur noch beträchtlich erhöht werden kann. Dies ist im Hinblick auf das<br />

Schmieden der Vorformscheiben interessant, da hier die Maximalkraft der Presse erreicht<br />

wird. Inzwischen liegt ein von der TU Dresden hergestelltes CFC-armiertes Gesenk bei Thyssen<br />

vor und das Schaufelschmieden kann nun mit diesem Gesenk durchgeführt werden.


106<br />

Abb. 56: Gefüge nach dem Schmieden von stranggepresstem Material<br />

der TNBV2-Legierung.<br />

2.1.4.3. Perspektiven<br />

Obwohl das Vorhaben noch nicht abgeschlossen ist, haben die bisher entwickelten Umformtechnologien<br />

bei Anwendern Interesse gefunden. Die Fa. Thyssen Umformtechnik Turbinenkomponenten<br />

GmbH hat von einem Flugturbinenhersteller eine Anfrage über das Schmieden<br />

einer großen Zahl von Niederdruckturbinenschaufeln einer Länge von 230 mm erhalten. Ein<br />

erteilter Auftrag könnte mit der heute vorliegenden Technologie erfüllt werden. GKSS hat<br />

bislang Industrieaufträge im Umfang von insgesamt mehreren 100 TDM durchgeführt bzw.<br />

erhalten, in denen für verschiedene Firmen hochfeste Legierungen der 3. Generation zu<br />

stranggepresstem Halbzeug verarbeitet wurden. Es kann in jedem Fall festgehalten werden,<br />

dass die nun weit fortgeschrittenen Umformtechnologien eine wesentliche Voraussetzung für<br />

den Einsatz von hochbeanspruchten sicherheitsrelevanten Bauteilen aus TiAl-Legierungen<br />

darstellt.<br />

2.1.4.4. Veröffentlichungen<br />

M. Oehring, U. Lorenz, F. Appel, D. Roth-Fagaraseanu, in: Structural Intermetallics 2001,<br />

hrsg. v. K.J. Hemker, D.M. Dimiduk, H. Clemens, R. Darolia, H. Inui, J.M. Larsen, V.K.<br />

Sikka, M. Thomas, J.D. Whittenberger (TMS, Warrendale, PA, 2001), S. 157.<br />

D. Roth-Fagaraseanu, S. Jain, W. Voice, A. Se, P. Janschek, F. Appel, in: Structural Intermetallics<br />

2001, hrsg. v. K.J. Hemker, D.M. Dimiduk, H. Clemens, R. Darolia, H. Inui,<br />

J.M. Larsen, V.K. Sikka, M. Thomas, J.D. Whittenberger (TMS, Warrendale, PA, 2001),<br />

S. 241.


107<br />

J. Lindemann, D. Roth-Fagaraseanu, L. Wagner, in: Structural Intermetallics 2001, hrsg.<br />

v. K.J. Hemker, D.M. Dimiduk, H. Clemens, R. Darolia, H. Inui, J.M. Larsen, V.K. Sikka,<br />

M. Thomas, J.D. Whittenberger (TMS, Warrendale, PA, 2001), S. 323.<br />

V. Güther. R. Joos, H. Clemens,in: Structural Intermetallics 2001, hrsg. v. K.J. Hemker,<br />

D.M. Dimiduk, H. Clemens, R. Darolia, H. Inui, J.M. Larsen, V.K. Sikka, M. Thomas,<br />

J.D. Whittenberger (TMS, Warrendale, PA, 2001), S. 167.<br />

F. Appel, M. Oehring, J.D.H. Paul, U. Lorenz, in: Structural Intermetallics 2001, hrsg. v..<br />

K.J. Hemker, D.M. Dimiduk, H. Clemens, R. Darolia, H. Inui, J.M. Larsen, V.K. Sikka,<br />

M. Thomas, J.D. Whittenberger (TMS, Warrendale, PA, 2001), S. 63.<br />

U. Brossmann, M. Oehring, F. Appel, in: Structural Intermetallics 2001, hrsg. v. K.J.<br />

Hemker, D.M. Dimiduk, H. Clemens, R. Darolia, H. Inui, J.M. Larsen, V.K. Sikka, M.<br />

Thomas, J.D. Whittenberger (TMS, Warrendale, PA, 2001), S. 191.<br />

U. Brossmann, M. Oehring, U. Lorenz, F. Appel, H. Clemens, Z. Metallkd. 92, 8 (2001).<br />

U. Lorenz, M. Oehring, F. Appel, in: EUROMAT 2001, Symp. Intermetallics, veröffentlicht<br />

als CD (Associazione Italiana di Metallurgia, Mailand, 2001).


108<br />

3. Bewertungen des Einsatzes von TiAl-Bauteilen<br />

3.1. Zulieferindustrie<br />

Thyssen:<br />

L.Knippschild, P.Janschek, ThyssenKrupp Automotive AG<br />

Bei unseren Überlegungen zum Einsatz von TiAl-Bauteilen gehen wir von einer deutlichen<br />

Zunahme des Individual- und Luftverkehrs in den nächsten Jahren aus. Vor diesem Hintergrund<br />

sind wir als ein bedeutender Zulieferant der Automobil- und Luftfahrtindustrie bestrebt,<br />

einen entsprechenden Beitrag zur Reduzierung der Schadstoffemission zu leisten. Konkret<br />

wollen wir mit der Weiterentwicklung von neuen Werkstoffen unsere technischen Möglichkeiten<br />

einsetzen, um der steigenden Kohlendioxydemission entgegen zu wirken und auch die<br />

Ressourcen fossiler Brennstoffe zu schonen, so dass auf diese Weise der Verbrauch in Triebwerken<br />

und Kraftfahrzeugen weiter deutlich gesenkt werden kann. Durch den Einsatz von<br />

TiAl-Bauteilen im Kraftfahrt- und Luftfahrtbereich sehen wir gute Chancen zur konsequenten<br />

Umsetzung des allgemein geforderten Leichtbauprinzips.<br />

Die intermetallischen γ-Titanaluminide besitzen hervorragende spezifische Materialeigenschaften<br />

(E-Modul, Dichte, hohe Materialfestigkeit und Streckgrenze) und sind daher als<br />

Konstruktionswerkstoffe im Motoren- und Triebwerksbau bestens geeignet. Der Einsatz<br />

von γ-TiAl-Werkstoffen führt, wie schon vielfach erörtert, neben der Senkung des Treibstoffes<br />

und der Erhöhung der Wirtschaftlichkeit auch zu einer signifikanten Verbesserung der<br />

Laufeigenschaften von Motoren.<br />

γ-TiAl-Legierungen eignen sich sowohl als Schmiedelegierungen für Pleuel in Otto- und Dieselmotoren<br />

als auch für Schaufeln im Verdichterteil der fliegenden Gasturbine. Mit dieser<br />

neuartigen Werkstoffgruppe bietet sich die Möglichkeit bisherige konventionelle Werkstoffe<br />

durch Leichtbaukonstruktionen zu ersetzen bzw. in der Luft im Turbinenbau teure und schwere<br />

hochwarmfeste Werkstoffe in der Gasturbine zu substituieren.<br />

Die Entwicklung von wirtschaftlichen Herstellverfahren für TiAl-Bauteile in der Automobil-<br />

und Luftfahrtindustrie wird zur Zeit in Deutschland sehr intensiv betrieben, ebenso in England<br />

und den USA. Der in Deutschland erworbene Entwicklungsstand ist weltweit führend.<br />

Aufgrund neuerer Erkenntnisse im Herstellungsprozess ist diese Werkstoffgruppe in neuester<br />

Zeit international in das besondere Blickfeld gelangt. So zeigt sich bereits jetzt ein erhebliches<br />

Substitutionspotenzial für Stahlventile durch γ-TiAl-Ventile, die sowohl in einem neuen,<br />

weltweit noch nicht existierenden Gießprozess als auch Schmiedeprozess erstellt werden.<br />

Bei ThyssenKrupp wurden in den letzten acht Jahren erfolgreiche Entwicklungen auf dem<br />

Gebiet der Umformung von TiAl für Luftfahrtteile in Angriff genommen und erfolgreich abgeschlossen.<br />

Für diese Teile konnte das Werkstoffpotenzial durch angepasste Schmiedeverfahren<br />

erstmalig erschlossen und zusammen mit dem Kooperationspartner Rolls Royce für<br />

Bauteile im Verdichterteil der fliegenden Turbine evaluiert werden.<br />

Wir haben in unserem Werk in Remscheid für die Umformung von Bauteilen aus TiAl-<br />

Legierungen nach erfolgreicher Durchführung verschiedener Entwicklungsvorhaben in einem<br />

derzeit laufenden Vorhaben nunmehr die Serienreife erlangt. TUT hat bisher 250 isotherm<br />

geschmiedete Hochdruckverdichterschaufeln an RR Deutschland geliefert. Aus der Luftfahrt-


109<br />

industrie liegen konkrete Anfragen nicht nur für relativ kleine Verdichterschaufeln (Blattlänge<br />

ca. 30 mm), sondern auch für Niederdruck-Turbinenschaufeln mit Blattlängen um 200 mm<br />

vor. Ferner scheinen Laufschaufeln für stationäre Gasturbinen durch ein „upscaling“ der bisher<br />

entwickelten Technologie im Zeithorizont von ca. 5 Jahren machbar.<br />

Weiterhin wurden bereits ca. 1000 Auslassventile zum Einsatz im Formel 1-Rennsport für<br />

einen amerikanischen Kunden isotherm geschmiedet, die sich im Einsatz außerordentlich gut<br />

bewährt haben.<br />

Eine weitere Verbreitung von TiAl-Bauteilen wird sicherlich von einer drastischen Verringerung<br />

des Vormaterialpreises abhängen. Ausschlaggebend ist dabei eine preiswerte Konvertierung<br />

der gegossenen Billets zu Vormaterial mit umformbaren Gefüge, die im Labormaßstab<br />

schon existiert (Zug-Druck-Torsion statt Strangpressen).<br />

TRW:<br />

K. Segtrop, H.-J. Laudenberg, TRW Deutschland GmbH Barsinghausen<br />

TRW Deutschland GmbH, als Hersteller von Motorenteilen, insbesondere Ventilen, hat sich<br />

den Anforderungen der Automobilindustrie nach leichteren Bauteilen schon seit vielen Jahren<br />

gestellt. Ein bedeutender Schritt wurde bereits mit Stahlventilen erzielt, die im PKW- Bereich<br />

in der Serie in den vergangenen 20 Jahren von 8 mm auf inzwischen 6 bzw. teilweise schon 5<br />

mm im Schaftdurchmesser reduziert und damit im Gesamtgewicht um mehr als 60% verringert<br />

wurden.<br />

Trotz erheblicher Gewichtseinsparungen sollen die Leistungsfähigkeit sowie die Zuverlässigkeit<br />

der entsprechenden Bauteile ständig gesteigert werden. Im Bereich der Motorkomponenten<br />

sind insbesondere die Aspekte der Kraftstoffverbrauchsreduzierung, der Geräusch- und<br />

Reibungsverminderung und der Reduzierung der CO2–Emissionen durch höhere Verbrennungstemperaturen<br />

von besonderer Bedeutung.<br />

Im Rahmen der Entwicklung neuartiger Ventilsteuerungen stehen kurz- oder mittelfristig bezüglich<br />

bewegter Massen und Reibleistung optimierte Systeme im Vordergrund der weiteren<br />

Motorentwicklungen. Längerfristige Entwicklungsprojekte können das Prinzip der mechanischen<br />

Ventilbetätigung ablösen. So gewinnt beispielsweise der elektromagnetische Ventiltrieb<br />

zunehmend an Bedeutung. Für die genannten Konzepte stellt die Reduzierung des Bauteilgewichts<br />

einen wichtigen Beitrag dar. Das Interesse an leichten Ventilen hat unter den zuvor<br />

genannten Aspekten in den vergangenen Jahren stark zugenommen.<br />

Der Werkstoff TiAl mit seiner geringen Dichte bei gleichzeitig guten Festigkeits- bzw.<br />

Warmfestigkeitseigenschaften steht seit vielen Jahren als Werkstoff für Auslassventile im<br />

Vordergrund des Interesses, wobei verschiedene Wege der Herstellung und Verarbeitung dieses<br />

Werkstoffs bis hin zum fertigen Bauteil beschritten wurden. Eine sehr erfolgversprechende<br />

Route der Herstellung von Ventilen ist das Schleudergießen unter Vakuum mit gerichteter<br />

Erstarrung. Gegenüber den bisher bekannt gewordenen Gussverfahren soll auf die nachgeschaltete,<br />

sehr teure HIP(Heißisostatisches Pressen)-Behandlung zur Beseitigung von Poren<br />

und Schrumpflunkern verzichtet werden. Gegenüber der Herstelltechnologie durch Anstauchen<br />

und Schmieden stellt sich der Schleudergussprozess bislang kostengünstiger dar.


110<br />

In einem ersten Projekt, in dem nach diesem Prinzip Gussrohlinge im Labormaßstab hergestellt,<br />

anschließend bearbeitet und in Motoren erprobt wurden, konnte bereits die Eignung und<br />

erfolgreiche Prüfung von Werkstoff und Herstellverfahren nachgewiesen werden.<br />

Die in der Laboranlage hergestellten Ventilrohlinge wurden mechanisch fertigbearbeitet (Abbildung<br />

57) und anschließend beschichtet (Abbildung 58).<br />

Abb. 57: Bearbeitete Ventile Abb.58: Mittels PVD-Technologie<br />

beschichteter Ventilschaft<br />

Getestet wurden die Ventile in einem 4-Zylinder/4-Ventil-Motor mittels eines 500 h-Volllastlaufes.<br />

Die auf der Auslassseite eingesetzten, ungeHIPten TiAl-Ventile zeigten nach diesem<br />

als sehr anspruchsvoll geltenden Testlauf ein sehr gutes, verschleißfreies Aussehen am<br />

Schaft und am Sitz (Abbildungen 59 und 60).<br />

Abb. 59: Gelaufene TiAl-Ventile (500 h) Abb. 60: Ventilsitz eines TiAl-Ventiles<br />

(Laufzeit 500 h)


111<br />

Im Rahmen eines Anschlussprojektes soll ein bedeutender Schritt hin zu einer industriellen<br />

Serienfertigung unternommen werden. Die Funktion einer dazu konzipierten und erstellten<br />

Anlage zum Gießen der Rohlinge ist inzwischen nachgewiesen. Ein Dauerbetriebsnachweis<br />

für diese Anlage steht kurz bevor. Die Qualität der hergestellten Versuchsbauteile bestätigt<br />

die gewonnen Erkenntnisse aus der Laboranlage. Durch weitere Optimierungsschritte bei der<br />

Anlagentechnik und den Prozessparametern sind noch deutliche Verbesserungen der<br />

Ventilrohlingsqualität zu erwarten.<br />

Konventionelle Stahlventile sind zum Verschleißschutz oftmals am Schaftende gehärtet, am<br />

Schaft verchromt und am Sitz gepanzert. Abhängig vom Motortyp und vom verwendeten<br />

Ventiltrieb müssen auch bei TiAl-Ventilen Maßnahmen zur Erhöhung der Verschleißbeständigkeit<br />

angewendet werden. An Verbesserungen wie z.B. durch Reibschweißen (härtbares<br />

Schaftende, Abbildung 61) und Varianten der Beschichtung (z.B. CrN-Schichten, aufgekohlte<br />

Schichten, usw.) wird seitens TRW ständig gearbeitet, um zu dauerfesten Lösungen in den<br />

unterschiedlichsten Motoren zu gelangen. Hierbei stehen Motoren im Vordergrund, deren<br />

Leistung und Effizienz durch höhere Drehzahlen gesteigert werden sollen.<br />

Abb. 61: Reibschweißverbindung TiAl/ Ventilstahl<br />

Längerfristig ist darüber hinaus der Einsatz in Motoren mit nockenwellenfreien Ventiltrieben<br />

von Bedeutung und Erfolg versprechend.<br />

Ein weiterer Schwerpunkt, an dem TRW mit den Projektpartnern intensiv arbeitet, ist eine<br />

Wirtschaftlichkeitsanalyse mit besonderem Augenmerk auf die Kosten für TiAl-Ventile. Bedingt<br />

durch die hohen Anlagen- und Werkstoffkosten sind die derzeitigen Kosten gegenüber<br />

Stahlventilen deutlich höher. Die Fertigungstechnologieentwicklung unter ökonomischen Gesichtspunkten<br />

ist die Grundlage für eine entsprechende Ausbreitung auf dem Automobilmarkt.<br />

Die höheren Werkstoffkosten können jedoch abhängig von der Ventilausführungsform<br />

durch die Einsparung von Bearbeitungsschritten z.T. kompensiert werden.<br />

Allen Beteiligten ist bewusst, dass eine Umsetzung des erfolgreichen Projektes in die industrielle<br />

Praxis, d.h. der Serieneinsatz in Fahrzeugmotoren, auch eine Kostenstruktur erfordert,<br />

die mit Alternativlösungen konkurrieren kann.


112<br />

Insbesondere erfüllt diese Technologie die Wünsche der Automobilindustrie bezüglich leichter<br />

Auslassventile für zukünftige Motorgenerationen.<br />

Bei positivem Abschluss des Projektes sind alle Möglichkeiten vorhanden, TiAl-Ventile, die<br />

gemäß dieser Technologie hergestellt werden, in den Großserieneinsatz zu bringen, wobei<br />

noch Optimierungen bezüglich Verfahren, Beschichtungs- und Verschleißtechnologie möglich<br />

sind.<br />

Plansee:<br />

M. Krehl, Sinterstahl GmbH Füssen; G. Kneringer, Plansee AG/Technologiezentrum Reutte<br />

Der Transfer der <strong>Pilotanlage</strong> von -TiAl-Motorkomponenten aus dem F&E-Bereich in Reutte<br />

(Technologiezentrum) zur Sinterstahl GmbH in Füssen ist im März 2002 erfolgreich abgeschlossen<br />

worden. Wir liefern bereits serienmäßig die ersten an diesem Standort gefertigten<br />

Produkte (Ventile für Hochleistungsmotoren) an Kunden aus. Die dabei verantwortliche Fertigungs-,<br />

Marketing- und Vertriebsmannschaft hat inzwischen gemäß unserer Wachstumsziele<br />

eine Größe von ca. 20 Personen erreicht.<br />

Da sowohl die Produktpalette erweitert als auch die Größe der jeweiligen Lieferlose gesteigert<br />

werden sollen, werden noch beträchtliche Verfahrens- und Kapazitätsanpassungen notwendig<br />

sein, so dass die endgültige Größe dieser neuen Fertigungseinheit frühestens in 2 bis 3 Jahren<br />

erreicht werden kann.<br />

Wir gehen davon aus, dass bei erwarteter Entwicklung der Geschäftszahlen in diesem Zeitraum<br />

zumindest 50 neue Arbeitsplätze geschaffen werden können. Da die Basis für diese positive<br />

Implementierung eines neuen Werkstoffes auch auf die Unterstützung durch das BMBF<br />

innerhalb des MaTech-Projektes 03N3043C zurückzuführen ist, möchten wir uns bei allen<br />

dafür verantwortlichen Stellen bedanken.<br />

GfE:<br />

V. Güther, GfE Metalle und Materialien GmbH, Nürnberg<br />

Die Verfügbarkeit von innovativen Materialien nicht nur im Labormaßstab, sondern auch in<br />

industriellen Dimensionen, hat entscheidenden Einfluss auf die Bereitschaft der Industrie,<br />

derartige Werkstoffe kommerziellen Anwendungen zuzuführen. Die GfE Metalle und Materialien<br />

GmbH hat sich seit 1994 intensiv mit der Herstellung von Werkstoffen auf der Basis<br />

von -TiAl beschäftigt. Es stellte sich sehr schnell heraus, dass die einfache Übertragung von<br />

Technologien zur Herstellung von Titanlegierungen im Fall von -TiAl-Legierungen nicht<br />

zum Erfolg führt. Insbesondere die in diesem Ausmaß bislang nicht bekannten Anforderungen<br />

an die chemische und strukturelle Homogenität von Ingotmaterialien erwiesen sich als sehr<br />

ernste Barriere bei der Materialherstellung. Verschiedene bekannte Basistechnologien (Electron<br />

Beam Melting (EBM), Plasma Arc Melting (PAM), Vacuum Arc Remelting (VAR))<br />

wurden hinsichtlich ihrer Eignung für die Herstellung von Titan-Aluminiden untersucht.<br />

Die aus qualitativen Gründen erfolgversprechendste VAR-Technologie wurde in Teilbereichen<br />

der Prozesstechnik neu entwickelt und an die Besonderheiten des intermetallischen<br />

Werkstoffs angepasst. Die wesentlichen Entwicklungsergebnisse wurden dabei im Rahmen<br />

von BMBF Verbundforschungsprojekten erarbeitet. So konnten zum Beispiel die lokalen<br />

Schwankungen des Aluminiumgehaltes in industriellen Ingots auf Werte von kleiner als +/-


113<br />

0,5 at.-% reduziert werden. Auch die in der Literatur häufig beschriebene<br />

Seigerungsproblematik von Legierungsbestandteilen (Nb, Mo, Ta u.a.) wurde überwunden.<br />

Die GfE Metalle und Materialien GmbH hat weltweit als erstes Unternehmen die Herstellung<br />

von -TiAl-Ingotmaterialien für Umform- und Gussanwendungen in den industriellen<br />

Maßstab überführt und ist heute dementsprechend uneingeschränkter Markt- und<br />

Technologieführer. Die Ingots werden gemäß Kundenspezifikation hergestellt. Das<br />

entsprechend der Norm DIN EN ISO 9001:2000 zertifizierte Qualitätssicherungssystem<br />

gestattet die durchgängige Prozesskontrolle beginnend mit den Rohstoffen bis hin zur<br />

Endlegierung. Bezüglich der Legierungszusammensetzung bestehen mittlerweile Erfahrungen<br />

auf der Basis von mehr als 50 verschiedenen -TiAl-Legierungen, die kundenspezifisch in<br />

verschiedenen Ingot-Abmessungen hergestellt werden können.<br />

Der gegenwärtig schnell wachsende Markt für -TiAl-Ingotmaterialien stellt bereits wieder<br />

neue Herausforderungen an die Werkstoffproduzenten. Zur Lösung der zukünftigen Aufgaben<br />

entwickelt GfE speziell auf -TiAl angepasste neuartige Schmelztechnologien, die<br />

insbesondere durch Erhöhung der Produktivität und der damit verbundenen Kostensenkung<br />

dazu beitragen sollen, den Hochleistungswerkstoff -TiAl möglichst breiten Anwendungen<br />

zuzuführen.<br />

3.2. Automobilindustrie<br />

Audi:<br />

B. von Großmann, AUDI AG Ingolstadt<br />

Die weltweiten Rahmenbedingungen für den Fahrzeugbau ändern sich mit der Energieverfügbarkeit,<br />

dem Energiepreis, der Rohstoffverfügbarkeit, und durch Umwelteinflüsse. Die steigenden<br />

Anforderungen an die Automobilhersteller insbesondere durch Gesetze und Verordnungen<br />

hinsichtlich Abgasemissionen und Kraftstoffverbräuche, aber auch durch steigende<br />

Ansprüche der Kunden verlangen von den Automobilherstellern zunehmende Anstrengungen,<br />

diese Ansprüche zu erfüllen. Entscheidende Entwicklungsziele für die Automobilhersteller in<br />

der Zukunft sind 1 :<br />

der Einsatz von energiesparenden Materialien und Fertigungsverfahren<br />

die Verringerung der translatorischen und rotatorischen Massen<br />

die Reduzierung der Fahrwiderstände<br />

die Verbesserung der Fahrzeugverfügbarkeit, Zuverlässigkeit und Langzeitverhalten<br />

die Recyclingfähigkeit der verwendeten Werkstoffe<br />

die Steigerung des Fahrkomforts.<br />

Eine Schlüsselrolle bei der Erreichung dieser Entwicklungsziele nimmt die Werkstoff- und<br />

Verfahrensentwicklung ein, sie ist der Treiber für künftige Produktinnovationen.<br />

Einer der Schwerpunkte in der Werkstoffentwicklung für den Fahrzeugbau ist die Entwicklung<br />

von Werkstoffen für thermisch und mechanisch hochbelastete Bauteile wie z.B. Ventile,<br />

Kolben, Pleuel oder Abgaskomponenten. Ziel ist die Reduzierung der oszillierenden und rotierenden<br />

Massen und damit eine Reduktion des Kraftstoffverbrauchs. Weiterhin kann durch<br />

1 Haldenwanger, H.-G. Zum Einsatz alternativer Werkstoffe und Verfahren im konzeptioneller Leichtbauvon<br />

PKW-Rohkarrosserien, Dissertation TU Dresden /ILK (1997)


114<br />

den Einsatz von Leichtbauwerkstoffen bei Höchstleistungsmotoren das Leistungsspektrum<br />

des Motors nochmals gesteigert werden.<br />

Besonders die Legierungen auf Basis der Titanaluminide sind aufgrund ihrer niedrigen Dichte<br />

(ς = 3,8 g/cm 3 ), ihrer hervorragenden Hochtemperaturbeständigkeit und ihres sehr hohen spezifischen<br />

E-Moduls besonders geeignet für die Anwendung bei höchstbelasteten Bauteilen.<br />

Mögliche Bauteile, die für den Einsatz von TiAl in Frage kommen, sind z.B.: Ventile, Kolben<br />

oder Abgasturbinenräder.<br />

TiAl-Bauteile können zum einen durch verschiedene Gießverfahren (z.B. Feinguss oder<br />

Schleuderguss) oder Strangpressen hergestellt werden. Während sich das Gießen vor allem<br />

für geometrisch komplexe Bauteile in near-netshape-Geometrie eignet, ist das Strangpressen<br />

besonders für Bauteile, die sehr hohen mechanischen Belastungen ausgesetzt sind, ideal, da<br />

durch die hohe Gefügehomogenität nach dem Strangpressprozess sehr hohe Festigkeiten erreicht<br />

werden können.<br />

Gerade bei der Entwicklung von leichten Ventilen gab es in den letzten Jahren verstärkte Aktivitäten<br />

mit dem Ziel die Ventilmasse zu reduzieren. Beispielhaft für diese Anstrengungen<br />

seien hier die Entwicklung der Keramikventile auf Basis von Siliziumnitrid, die Entwicklung<br />

von Blechventilen und die Entwicklung von Ventilen aus Titanlegierungen genannt. Die Vorteile,<br />

die leichte Ventile im Motorenbau bieten, werden derzeit schon im Rennsport durch den<br />

Einsatz von Titan-Ventilen genutzt. Ziel der Entwicklung muss es sein, die ausgewiesenen<br />

Vorteile von Leichtbauventilen auch für Serienfahrzeuge nutzen zu können.<br />

Auch die Entwicklungsaktivitäten zum Einsatz von TiAl als Werkstoff für Auslassventile von<br />

Verbrennungsmotoren sind bereits weit fortgeschritten. In vielen Publikationen wurde bereits<br />

die Eignung von TiAl als Werkstoff für Ventile positiv beschrieben. So kann durch den Einsatz<br />

von TiAl Ventilen eine Reduktion der Ventilmasse von ca. 50 % erreicht werden, wodurch<br />

es möglich ist den Kraftstoffverbrauch zu reduzieren und eine deutlich Leistungssteigerung<br />

über die Erhöhung des maximalen Drehzahlbereichs eines Aggregats zu erreichen.<br />

Durch die Reduktion der Ventilmasse können weitere weitreichende Gewichtsreduktionspotenziale<br />

im gesamten Bereich des Zylinderkopfes erschlossen werden. Auch im Hinblick auf<br />

die Realisierung von neuen Motorenkonzepten, wie z.B. der Einsatz eines vollvariablen Ventiltrieb<br />

mit einer direkten Ansteuerung der Ventile ist eine Reduktion der Ventilmassen notwendig.<br />

Entscheidend für den Serieneinsatz von Titanaluminiden im Automobilbau wird neben der<br />

Frage der technischen Realisierbarkeit auch die Frage der mit dem Einsatz der Legierung verbundenen<br />

Kosten sein. Hierbei zeigt besonders das vom BMBF geförderte Projekt zur Herstellung<br />

von TiAl-Ventilen mit einem optimierten Schleudergussverfahren einen Weg auf, auf<br />

dem Bauteile aus Titanaluminiden zu einem konkurrenzfähigen Preis angeboten werden können.<br />

Das Potenzial für eine Einführung der Technologie in einen Großserienprozess ist aus<br />

heutiger Sicht gegeben.<br />

Im Hinblick auf eine Serienfertigung von TiAl-Komponenten erhält der Aspekt einer gesicherten<br />

und vor allem preisgünstigen Fertigungstechnologie eine Schlüsselfunktion bei der<br />

wirtschaftlichen Nutzung und Akzeptanz dieses neuen Strukturwerkstoffes. Ziel bei der Entwicklung<br />

von kostengünstigen Herstellungsverfahren muss die Vermeidung von überflüssigen<br />

Zerspanaufwand durch endkonturnahe Formgebung über near-netshape-Verfahren sein, wie<br />

es bei der Herstellung von TiAl-Ventilen über das Schleudergussverfahren bereits vorbildlich


115<br />

umgesetzt wird. Im Zerspanverhalten zeigt TiAl ein im Vergleich zu anderen im Automobilbau<br />

eingesetzten Hochtemperaturwerkstoffen ein deutlich differenziertes Verhalten. Hier<br />

neigt der relativ spröde Werkstoff zu Ausbrüchen oder zu Bildung von Oberflächendefekten.<br />

Bearbeitungsprozesse sind daher so auszulegen, dass ungünstige Randzonenstrukturen unter<br />

Einbringung von Vorschädigung durch Risse vermieden werden.<br />

Ein weiterer Aspekt, der für zukünftige Anwendungen im Automobilbau noch weiterer Untersuchungen<br />

bedarf, sind die relativ schlechten tribologischen Eigenschaften von Titanaluminiden.<br />

Hier ist eine Neu- bzw. Weiterentwicklung von geeigneten Oberflächenbeschichtungen<br />

insbesondere auch von nanostrukturierten Oberflächen von Bedeutung, die an die jeweilige<br />

spezielle tribologische Belastung des Bauteils angepasst ist.<br />

Abschließend kann gesagt werden, dass der Werkstoff Titanaluminid, bei entsprechender Lösung<br />

noch offener Problemfelder, ein hohes Potenzial aufweist, als alternativer Leichtbauwerkstoff<br />

für höchst belastete Bauteile im Fahrzeugbau eingesetzt zu werden.<br />

BMW:<br />

C. Schäfer, BMW AG M, Vorentwicklung, Motor München<br />

Zur Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs und der Schadstoffemissionen bedarf es einer stetigen<br />

Optimierung aller Bauteile eines Verbrennungsmotors.<br />

Neben der Abgasnachbehandlung ist die Senkung der Rohemissionen durch die Optimierung<br />

der Verbrennung und insbesondere durch die Reduzierung der bewegten Massen und der<br />

Reibleistung ein zielführender Weg.<br />

Hierzu bedarf es jedoch neuer Werkstoffe, die sich durch niedriges spezifisches Gewicht gepaart<br />

mit hoher Festigkeit und gleichzeitiger guter Verarbeitbarkeit auszeichnen. Und das<br />

alles zu akzeptablen Kosten.<br />

Darüber hinaus ermöglichen sie, die Leistungsfähigkeit unserer Motoren zu erhöhen – ohne<br />

dabei größere Aggregate bauen zu müssen.<br />

Vom Werkstoff TiAl erhoffen wir uns im Bereich des Ventiltriebs und der Pleuelstange einen<br />

weiteren Schritt in Richtung Reduzierung der Reibarbeit und der Massenträgheit gehen zu<br />

können.<br />

DaimlerChrysler:<br />

H. Baur, DaimlerChrysler AG<br />

Leichte, hochtemperaturbeständige Werkstoffe werden einen wesentlichen Beitrag für zukünftige<br />

umweltfreundliche Motoren leisten. Dies begründet sich insbesondere durch die steigenden<br />

Temperaturen und Drücke in den Verbrennungsräumen als auch durch die immer höher<br />

werdenden Umdrehungszahlen der oszillierenden und rotierenden Komponenten. Die heute<br />

zum Einsatz kommenden Metalle wie Stahl, Aluminium und Nickel-Basislegierungen sind<br />

begrenzt in ihrer Hochtemperatureinsatzfähigkeit bei Motorkomponenten wie Ventile, Pleuel,<br />

Kolben und Turboladerräder. Titanaluminium ist ein ernst zu nehmender Kandidat für die<br />

Substitution dieser Serienwerkstoffe. Dabei zeichnet sich TiAl durch eine Kombination aus


116<br />

guter Hochtemperaturfestigkeit und geringer Dichte aus, die den Serienwerkstoffen überlegen<br />

ist. Bauteil- und Fahrversuche haben bereits in den letzten Jahren dieses Einsatzpotenzial bewiesen.<br />

Der Werkstoff Titanaluminium hat heute einen technischen Reifegrad erlangt, bei der es um<br />

die Absicherung des Serieneinsatzes geht. Dabei spielen unter anderem folgende Aspekte die<br />

entscheidende Rolle:<br />

- Verfügbarkeit des Ausgangsmaterials und des Halbzeugs (Industrieller Maßstab)<br />

- Prozesssicherheit (Herstellungsverfahren)<br />

- Werkstoffqualität bzw. Qualitätssicherung<br />

- Kosten (Material- und Bauteilkosten)<br />

- Recycling.<br />

Ob TiAl sich als Motorenwerkstoff nachhaltig behaupten kann, hängt von mehreren Faktoren<br />

ab:<br />

In erster Linie geht es dabei um die Bauteilkosten. Die Preise für TiAl-Bauteile liegen heute<br />

im Vergleich zu den Serienbauteilen um mindestens den Faktor 2 höher und bedürfen einer<br />

bedeutenden Anstrengung in Richtung Kostensenkung. Dabei spielt der gesamte Fertigungsprozess<br />

beginnend bei der Vormaterialherstellung bis hin zur Qualitätssicherung und Recycling<br />

eine Rolle. Der Werkstoff Titanaluminium ist heute für etwa 50 €/kg auf dem Weltmarkt<br />

erhältlich. Dies begründet sich in dem aufwendigen Herstellungsverfahren (1- 2-fach-<br />

Lichtbogen-Umschmelzen – VAR), welches für eine ausreichend gute Werkstoffqualität notwendig<br />

ist. Neue Legierungsherstellungsverfahren wie Kaltwand-Induktivumschmelzen direkt<br />

aus den Ausgangselementen zeigen ein Potenzial, den Materialpreis deutlich nach unten<br />

zu korrigieren, insbesondere dann, wenn das Bauteil aus der Ausgangsschmelze direkt abgegossen<br />

werden kann.<br />

Die in Frage kommenden Werkstoffhersteller als auch die Automobilindustrie haben diese<br />

Rahmenbedingungen verstanden und entsprechende Anstrengungen bereits gestartet. In Kooperation<br />

mit kompetenten Partnern aus Industrie und Forschung wird heute versucht, kosteneffiziente<br />

Herstellungsprozesse des TiAl-Vormaterials und der TiAl-Bauteile zu entwickeln.<br />

Es kann heute davon ausgegangen werden, dass in den kommenden 3 – 5 Jahren diese Hürden<br />

genommen werden und eine Serienreife im industriellen Maßstab für oszillierende und rotierende<br />

Motorkomponenten erreicht wird. Zusammenfassend kann die Prognose gestellt werden,<br />

dass sich TiAl als Nischenwerkstoff in der Automobilindustrie durchsetzen wird.<br />

Ford:<br />

J. Wesemann, Ford Forschungszentrum Aachen GmbH<br />

Die europäischen Automobilhersteller haben sich zu einer 25-prozentigen Reduzierung der<br />

CO2-Emission von 1998 bis 2008 verpflichtet. Damit ist eines der Kernziele der Entwicklung<br />

neuer Automobile, den Kraftstoffverbrauch und die Emissionen deutlich zu senken, erreicht.<br />

Einen wesentlichen Beitrag zum Erreichen dieses Zieles wird der Antriebsstrang leisten.<br />

Durch Auswahl geeigneter Werkstoffe und Verfahren lassen sich reibarme Schichten herstellen<br />

und die Masse oszillierender Teile des Antriebsstrangs wird gesenkt. Der Einsatz von γ-<br />

Titanaluminiden ist vor allem für Ventile und Turboladerrotoren interessant. Dass dieser<br />

Werkstoff grundsätzlich für diese Komponenten geeignet ist, wurde bereits in Feldversuchen,


117<br />

Kleinserien und im Rennsport nachgewiesen. Leichte Ventile können den Kraftstoffverbrauch<br />

und die CO2-Emission auf vielfältige Art senken: die verringerten Massenkräfte ermöglichen<br />

reduzierte Federkräfte und die Verwendung schmalerer und somit reibärmerer Lager. Nockenkonturen<br />

lassen sich optimieren und weitere Ventiltriebskomponenten im Gewicht senken.<br />

Daraus resultieren ein geringerer Kraftstoffverbrauch sowie ein geräuscharmer Ventiltrieb.<br />

Werden die Federkräfte nicht verringert, dann ermöglichen leichte TiAl-Ventile höhere<br />

Drehzahlen und unterstützen somit verbrauchsfreundliche „Down-Sizing-Konzepte“.<br />

Neben dem Einsatz in Motoren mit konventionellem Ventiltrieb sind leichte Ventile ideal für<br />

elektromagnetisch betätigte Ventiltriebe geeignet. Nach dem heutigen Wissensstand wird die<br />

Einführung dieses Verbrauch und Emissionen reduzierenden Ventiltriebkonzepts erheblich<br />

durch leichte Ventile unterstützt.<br />

Leichte Ventile bieten ferner Vorteile für umweltfreundliche Gasmotoren. Durch reduzierte<br />

Federkraft verschleißen die Ventilsitze deutlich weniger – ein Problem bei Gasmotoren.<br />

Für Turboladerrotoren stehen Titanaluminide in Konkurrenz mit Nickelbasislegierungen. Das<br />

deutlich niedrigere Gewicht von TiAl-Turboladern verbessert das Ansprechverhalten des Motors.<br />

Somit reduzieren Titanaluminide das sogenannte "Turboloch" bei hochaufgeladenen<br />

Motoren. Dieses Turboloch empfinden Kunden als störend. Genauso wie leichte Ventile unterstützen<br />

daher TiAl-Turbolader verbrauchsgünstige „Down-Sizing-Konzepte“.<br />

Welche Hürden müssen Titanaluminide zur weiten Verbreitung im Automobilbau nehmen?<br />

Eine hohe Qualität muss auch bei der Herstellung großer Stückzahlen reproduzierbar sein,<br />

und die Kosten von TiAl-Bauteilen müssen noch deutlich sinken. Auch Automobilhersteller<br />

müssen die Entwicklung weiter vorantreiben: Das Potenzial von TiAl-Komponenten für verschiedene<br />

Anwendungen muss quantitativ bestimmt werden. Das ist die Basis für die Entscheidung,<br />

welche Kosten zum Beispiel für ein TiAl-Ventil oder einen TiAl-Turboladerrotor<br />

akzeptabel sind.<br />

Opel:<br />

C. Schwärzel, Adam Opel AG, Internationales Entwicklungszentrum, Rüsselsheim<br />

Bei der Motorenentwicklung spielt gerade die Ventiltriebauslegung im Hinblick auf<br />

Verbrauchs- und Leistungsoptimierung eine entscheidende Rolle. Als Konsequenz bietet die<br />

Verwendung von Leichtbauventilen anstelle von konventionellen Stahlventilen dem Konstrukteur<br />

die Möglichkeit, auch weitere Ventiltriebteile, wie Ventilfeder, Nockenwelle, Ventilfederteller<br />

usw., zu optimieren.<br />

Die Optimierung kann in Richtung Leistungssteigerung (leichtere Ventile ermöglichen höhere<br />

Ventilbeschleunigungen und Ventilhübe) oder Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs durch<br />

Absenkung der Ventiltriebreibung (geringere bewegte Massen, niedrigere Ventilfederkräfte)<br />

betrieben werden. Versuche mit gegossenen TiAl-Ventilen bei der Adam Opel AG haben eine<br />

Reduzierung des Ventiltriebreibmomentes von ca. 20% gegenüber dem konventionellen Ventiltrieb<br />

ergeben. Auslassventilen kommt zusätzlich die hohe Warmfestigkeit und Zunderbeständigkeit<br />

zugute.Für eine breite Anwendung ist ein zuverlässiger Herstellungsprozess mit


118<br />

gleichbleibender Qualität und ein konkurrenzfähiger Preis im Vergleich zu anderen Leichtbauventilen<br />

oder z.B. zu Natrium gefüllten- oder Ni-Basis-Ventilen zwingend notwendig.<br />

Beides scheint mit dem Schleudergießverfahren realisierbar. Eine eventuelle Markteinführung<br />

ist zuerst in ”High Performance Motoren” zu erwarten.<br />

3.3. Flugzeugindustrie<br />

Rolls-Royce:<br />

D. Roth-Fagaraseau, Rolls-Royce Deutschland Ltd & Co KG, Dahlewitz<br />

Der Markt für zivile Luftfahrtantriebe ist auf Grund der großen prognostizierten Nachfrage in<br />

nahezu allen Schubsegmenten stark umkämpft. Während in den oberen Schubklassen wegen<br />

der meist langen Betriebszeiten im Reiseflug nach wie vor der Brennstoffverbrauch das entscheidende<br />

Wettbewerbskriterium darstellt, wird der Wettbewerb in den mittleren und unteren<br />

Schubsegmenten zunehmend über die Kriterien Preis, Wartungskosten, Lärm und Emissionen<br />

entschieden. Um den genannten Anforderungen gerecht zu werden, muss in dem mittleren<br />

Schubsegment, in dem Rolls-Royce Deutschland hauptsächlich aktiv ist, die Entwicklung von<br />

Technologien vorangetrieben werden insbesondere in Richtung Zuverlässigkeit, Gewicht- und<br />

Kostensenkung.<br />

Werkstoffe auf der Basis von intermetallischen Titan-Aluminiden haben für einen Einsatz in<br />

zukünftigen Triebwerkskonzepten das größte Potenzial, Ni-Superlegierungen für einige Anwendungen<br />

zu ersetzen. Sie zeichnen sich durch eine höhere Anwendungstemperatur aus bei<br />

einer Dichte, die nur die Hälfte der Ni-Basislegierungen beträgt.<br />

Gusstechnologie:<br />

Die Gusstechnologie wurde lange Zeit als die effizientere Methode zur Herstellung von TiAl-<br />

Laufschaufeln im Bereich Niederdruck-Turbine gesehen. Das Nichterreichen eines Produktionsstandards<br />

für die Gusstechnologie nach langjährigen und intensiven Entwicklungsarbeiten<br />

sowohl in Europa als auch in USA hat immer mehr zur einer Einschränkung der Entwicklungsaktivitäten<br />

auf diesem Gebiet geführt. Auch bei Rolls-Royce wurde in diese Technologie<br />

massiv investiert, die zum Teil zu erfolgreichen Laboruntersuchungen bis hin zu Bauteiluntersuchungen<br />

geführt hat.<br />

Obwohl der Gussprozess als eine preiswerte Variante für die Herstellung von Bauteilen angesehen<br />

wird, sind die Kosten für die TiAl-Technologie durch die überdurchschnittlich hohen<br />

Ausschussraten zur Zeit nicht marktfähig. Der letzte Schritt zur einer stabilen Prozessführung<br />

ist für eine Anwendung in diesem Bereich notwendig, wobei das Fehlen eines europäischen<br />

Industriepartners für die Herstellung von Gusskomponenten als nachteilig angesehen wird.<br />

Schmiedetechnologie<br />

Parallel zur Entwicklung der Gussroute wurde bei Rolls-Royce vor allem in den letzten Jahren<br />

die Schmiederoute als sehr attraktiv angesehen. Die Schmiederoute wurde lange Zeit aufgrund<br />

der hohen Fliesspannungen als technologisch schwierig eingestuft. Für eine Anwendung<br />

als Verdichterschaufel kommen aber aufgrund der hohen Anforderungen insbesondere<br />

bezüglich der Schadenstoleranz nur Umformprozesse in Frage. Zusammen mit den Partnern


119<br />

Thyssen und dem Forschungsinstitut GKSS wurde in einem vom BMBF geförderten Projekt<br />

eine Machbarkeitsstudie zur Umformung von TiAl-Legierungen erfolgreich abgeschlossen.<br />

Die Zusammenarbeit in diesem Projekt hat wesentlich dazu beigetragen, die relativ spröden<br />

TiAl-Legierungen besser zu verstehen und neue Konzepte zur Auslegung solcher Teilen zu<br />

entwickeln. Das Vorhaben hat deutlich gezeigt, dass die Prozessroute durch Umformen einen<br />

vielversprechenden Weg zur Herstellung von Verdichterschaufeln darstellt. Gleichzeitig wurde<br />

die Richtung zur weiteren Optimierung seitens Material und Prozessroute identifiziert. In<br />

einem noch laufenden Folgeprojekt mit einer Industriebeteiligung, repräsentativ für die gesamte<br />

Prozesskette, wird die Schmiedetechnologie intensiv in Richtung Serienproduktion<br />

entwickelt und optimiert.<br />

In den letzten Jahren wurden große Fortschritte erzielt, und die Technologie erreicht in qualitativer<br />

Hinsicht allmählich Produktionsstandard. Die Umformprozesse wurden intensiv untersucht<br />

und das Verständnis insbesondere im Umgang mit Heißrissen, internen Spannungen und<br />

Gefügeeffekten verbessert. Parallel zu den Entwicklungen des Umformprozesses sind sowohl<br />

im Bereich der Bearbeitung auf Endmaß als auch bei der zerstörungsfreien Untersuchung der<br />

TiAl-Komponenten Fortschritte realisiert worden.<br />

Demonstration und die Zukunft der TiA-Technologie<br />

Durch die Erfolge bei der Entwicklung der Umformprozesse hat sich Rolls-Royce entschlossen,<br />

die in diesem Vorhaben entwickelte Technologie für Verdichterschaufeln in einem sogenannten<br />

Triebwerksdemonstrator zu validieren. Der Test ist für 2004 vorgesehen und wird als<br />

Basis für zukünftige Triebwerkstechnologien betrachtet. Ein erfolgreiches Testen der TiAl-<br />

Verdichterschaufeln in diesem Demonstrator stellt die Basis für eine Implementierung dieser<br />

Technologie in aktuellen und zukünftigen Triebwerksgenerationen dar.<br />

Parallel zu der Technologiedemonstration müssen aber weitere Investitionen entlang der Herstellungskette<br />

betrieben werden, um sowohl die Prozesse als auch die Kosten in Richtung<br />

Marktfähigkeit zu entwickeln.<br />

MTU:<br />

W. Smarsly, MTU Aero Engines GmbH München<br />

Moderne Flugtriebwerke haben einen hohen Perfektionsgrad erreicht , insbesondere bezüglich<br />

Zuverlässigkeit , Wartungsfreundlichkeit, Treibstoffverbrauch und Lärmemission. Die derzeitige<br />

konstruktive Grundauslegung wird sich in den nächsten 5 bis 10 Jahren kaum ändern.<br />

Dennoch gibt es Fortschritte, die auf beträchtlichen Detailverbesserungen auf zahlreichen<br />

Gebieten basieren.<br />

Der Wettbewerb zwischen den Triebwerksherstellern wird sich zukünftig vorwiegend auf der<br />

Kostenseite abspielen. Die Hersteller bemühen sich um neue Möglichkeiten zur Verringerung<br />

der Lebenswegkosten der Triebwerke bei gleichzeitiger Verbesserung der Leistung. Dies wird<br />

erreicht durch konstruktive Verbesserungen, verbesserte Werkstoffe und durch optimierte<br />

Fertigungsprozesse. Als verbesserte Werkstoffe mit höherer Festigkeit und/oder geringerem<br />

Gewicht, werden TiAl-Strukturwerkstoffe für die hinteren Stufen der Hochdruckverdichter<br />

und der Niederdruckturbinen entwickelt.


120<br />

Der mittelfristig erwartete Einführungszeitpunkt ist davon abhängig, wie schnell für die neuen<br />

TiAl-Strukturwerkstoffe/Bauweisen die erforderlichen Lebensdauermodelle, Qualitätssicherungskonzepte<br />

und die hohe Stabilität der Herstellprozesse, wie Feingiessen und Schmieden<br />

einschließlich der Endbearbeitung, bei akzeptablen Kosten erreicht werden.<br />

Geschmiedete<br />

Hochdruckverdichter-<br />

Laufschaufel<br />

Abb. 62: Mittelfristige Triebwerksanwendungen von Titanaluminiden<br />

Feingegossene<br />

Niederdruckturbinen-<br />

Laufschaufel<br />

Am Ende des Jahrzehnts können Triebwerke (Abbildung 62) mit erheblich geändertem<br />

Grundkonzept zum Einsatz kommen. Diese Triebwerke haben ein Nebenstromverhältnis von<br />

über 10, ein Getriebe zwischen der schnell-laufenden transsonischen Niederdruckturbine und<br />

dem mit verstellbaren Schaufeln ausgestatteten großen Fan, sowie neuartige mehrstufige<br />

Brennkammern für eine schadstoffarme Verbrennung. Mit diesen Triebwerkskonzepten sollen<br />

folgende Ziele erreicht werden: Verminderung des Treibstoffverbrauchs um 20 % ,<br />

Lärmminderung um 10 dBA sowie eine Reduktion der Stickoxide um 85 %.<br />

Noch fortschrittlichere Triebwerkskonzepte, z.B. für Triebwerke mit Rekuperator-<br />

Wärmetauscher werden für den Serieneinsatz ab 2015 entwickelt. Diese fortschrittlichen<br />

Triebwerkskonzepte erfordern für ihre kritischen Komponenten eine langfristige Weiterentwicklung<br />

von TiAl-Werkstoffen höchster Festigkeit und Temperaturbeständigkeit sowie von<br />

Schutzschichten gegen Verschleiss, Oxidation und Korrosion.


4. Fazit<br />

121<br />

Von 1990 bis 2002 sind innerhalb der BMFT/BMBF-Werkstoffprogramme Matfo und<br />

MaTech die Titanaluminid-Projekte mit insgesamt ca. 23,6 Mio. € gefördert worden. Während<br />

1990 die Förderquote für die Industrieunternehmen bei 55% lag, reduzierte sich diese bis<br />

1999 auf ca. 39%. Das wachsende Interesse der Industrie an den Forschungsergebnissen kann<br />

daran abgelesen werden.<br />

Die hochgesteckten Erwartungen aller Projektbeteiligten und des BMBF haben sich damit<br />

voll erfüllt. Diese vorzeigbaren Ergebnisse können als ein gelungenes Beispiel dafür herangezogen<br />

werden, dass eine nachhaltige staatliche Förderung von Forschung und Entwicklung in<br />

Deutschland notwendig ist, strategische Technologiepositionen im internationalen Wettbewerb<br />

zu begründen und eine Akzeptanz der nationalen Forscher im globalen Verbund zu sichern.<br />

Das Innovationspotenzial dieses Werkstoffes hat den auf diesem Gebiete tätigen Groß-<br />

und mittelständisch orientierten Unternehmen u. a. auch im Vergleich zu den USA eine Spitzenposition<br />

verschafft. Es hat sich darüber hinaus auch gezeigt, dass stark risikobehaftete<br />

Entwicklungsvorhaben erfolgreich umgesetzt werden können.<br />

Es bleibt festzustellen, dass diese Spitzenleistung nur möglich wurde durch systematische<br />

Untersuchungen der Werkstoffeigenschaften über einen für Materialentwicklungen üblichen<br />

langen Zeitraum und der Korrelation der Ergebnisse mit der Prozesstechnologie.<br />

Die an den Projekten beteiligten Partner haben erklärt und wiederholt bestätigt, dass ein derartiges<br />

komplexes Vorgehen, das die Bündelung von Kompetenzen notwendig macht, nur in<br />

Verbundforschungsprojekten mit staatlicher Förderung durch das BMBF möglich ist. Es<br />

konnte beispielhaft für zukünftige in diese Richtung gehende Forschungsarbeiten aufgezeigt<br />

werden, wie das Prinzip der Verbundforschungsprojekte, d.h. Einbindung der Firmen entlang<br />

der Wertschöpfungskette mit begleitenden Forschungseinrichtungen, zum Erfolg der Arbeiten<br />

über einen langen Zeitraum beigetragen hat.<br />

Die über 15 Jahre andauernde, staatlich geförderte Entwicklung der Titanaluminide in<br />

Deutschland führte zum Durchbruch einer völlig neuen Werkstoffklasse. Dabei spielte<br />

neben der Legierungsentwicklung die Einführung neuer, verbesserter Herstellungs- und Verarbeitungsverfahren<br />

eine große Rolle. Gekoppelt an die Bauteile „Ventile“ für Verbrennungsmotoren<br />

und „Flugturbinenschaufeln“ wurden in Deutschland die TiAl-Legierungen auf<br />

den Weg gebracht. Es ist ein Paradebeispiel für eine erfolgreiche interdisziplinäre Zusammenarbeit<br />

von Werkstoffwissenschaftlern, Physikern, Chemikern, Metallurgen, Anlagenbau-<br />

und Maschinenbauingenieuren. Zur Zeit sind überwiegend Marketingfachleute gefragt, damit<br />

diese neue Werkstoffgruppe in andere Anwendungsgebiete Eingang findet und weiterentwickelt<br />

wird.<br />

Ein Vergleich der zur Zeit verfügbaren metallischen Hochtemperaturwerkstoffe erinnert an<br />

die ca. 60 jährige Entwicklungsgeschichte der Superlegierungen. Die Legierungs- und<br />

Prozessentwicklung der Superlegierungen steht im engen Zusammenhang mit der Einführung<br />

der Flugzeuggasturbine Anfang der vierziger Jahre und der heute noch andauernden Weiterentwicklung<br />

der stationären und fliegenden Gasturbinen infolge der geforderten höheren Turbineneintrittstemperaturen<br />

und der daraus resultierenden Wirkungsgradsteigerung (in hochtemperaturbeanspruchten<br />

Gasturbinenbauteilen werden heute überwiegend Nickel-Basis-<br />

Superlegierungen eingesetzt). Systematische Entwicklungsschritte führten dazu, dass die<br />

Temperaturbeanspruchungsgrenzen der Superlegierungen sich weitgehend dem Schmelzpunkt<br />

näherten (siehe Tabelle 6). Aus der Tabelle ist ersichtlich, dass zukünftig bei den Superlegie-


122<br />

rungen nur noch kleine Entwicklungsschritte zu erwarten sind, jedoch steht zur Zeit noch kein<br />

alternativer Werkstoff für den Hochtemperaturbereich zur Verfügung. Aber es ist auch erkennbar,<br />

dass vergleichsweise bei den Titanaluminiden die Temperaturbeanspruchungsgrenzen<br />

noch nicht ausgeschöpft sind, d.h. die Legierungs- und Prozessentwicklungen der Titanaluminide<br />

müssen fortgesetzt werden.<br />

Legierungen<br />

Ni-Basis-Superlegierungen *<br />

(einkristallin)<br />

-Titanalumide:<br />

Legierung der 2. Generation:<br />

<br />

Legierung der 3. Generation:<br />

(TNB),(TNC)<br />

Dichte<br />

in g/cm 3<br />

8,0 bis 8,6<br />

ca. 3,9<br />

Schmelzpunkt<br />

in °C<br />

1280 bis 1360<br />

ca. 1480<br />

Tabelle 6: Beanspruchungsgrenzen von -Titanaluminiden und Nickel-Basis-<br />

Superlegierungen<br />

(* persönliche Mitteilung, Fa. Siemens)<br />

Maximale Einsatz-<br />

temperatur in °C<br />

Industriegasturbinen:<br />

bis 1000<br />

Flugzeuggasturbinen:<br />

bis 1100<br />

ca. 700<br />

ca. 800<br />

Durch die BMBF-Förderung der -TiAl-Ventile ist folgender messbarer Entwicklungsstand<br />

erreicht worden (Übersicht: Abbildung 63):<br />

- ein weltweit neuer wirtschaftlicher Herstellungsprozess gegossener Ventile für<br />

große Stückzahlen ist in der Probephase (<strong>Pilotanlage</strong> bei ACCESS in Aachen),<br />

- in der <strong>Pilotanlage</strong> können ab dem nächsten Jahr 2400 Ventile pro Tag hergestellt werden;<br />

Kosten-Nutzen-Analysen werden direkt von der Automobilindustrie vorgenommen,<br />

- die Voraussetzung für einen großtechnisch, später hochskalierbaren Massenherstellungsprozess<br />

wird geschaffen; mehrere Firmen stehen für Investitionsentscheidungen<br />

bereit, in absehbarer Zeit werden dadurch neue Arbeitsplätze geschaffen,<br />

- das Institut ACCESS, als gemeinnütziges Forschungszentrum an der RWTH Aachen,<br />

konnte seine Kapazitäten zur Material- und Prozessentwicklung im industriellen Maßstab<br />

erheblich ausbauen, in einem neu angemieteten Technikum entstehen neue Arbeitsplätze<br />

an der Schnittstelle: wissenschaftliche Erkenntnisse – industrielle Anwendung,<br />

- die Umsetzung der F+E-Ergebnisse bzgl. der über die Umformroute hergestellten Ti-<br />

Al-Ventile hat die österreichische Firma Plansee übernommen und in Deutschland eine<br />

Serienproduktion aufgebaut, Plansee wird die Anzahl der damit zur Zeit in<br />

Deutschland geschaffenen neuen Arbeitsplätze (ca. 20) in nächster Zeit wesentlich erhöhen,<br />

- mit der Firma GfE hat sich in Deutschland ein heute weltweit führender Hersteller von<br />

-TiAl-Ingotmaterialien für Umform- und Gussanwendungen etablieren können, ob-


123<br />

wohl, wirtschaftlich bedingt, sich die gängigen Materiallieferanten (z.B. von Superlegierungen,<br />

Aluminiumlegierungen u.a.) in den USA befinden und Marktführer sind,<br />

- das bei der Firma ThyssenKrupp im Werk Remscheid erarbeitet Know how bezüglich<br />

des Schmiedens von TiAl-Turbinenschaufeln wurde genutzt und das Verfahren auf die<br />

Herstellung von Ventilen übertragen, ein Kunde wird mit geschmiedeten Ventilen beliefert.<br />

Zur Kostenfrage von TiAl-Ventilen ergibt sich folgende Einschätzung:<br />

Mit der Anwendung eines modifizierten Kaltwandinduktionstiegels zum Erschmelzen der<br />

TiAl-Legierungen in der <strong>Pilotanlage</strong> bei ACCESS wurde ein völlig neuer Weg beschritten,<br />

um das bisher praktizierte und notwendige dreimalige Umschmelzen der TiAl-Legierungen<br />

auf einen Arbeitsgang zu minimieren. Es werden daher zukünftig große Kosteneinsparungen<br />

für Bauteile aus Titanaluminiden beim Vormaterial – dem Hauptkostenfaktor - erwartet. An<br />

der Lösung des Problem wird intensiv weiter gearbeitet, da sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt<br />

der Preis der TiAl-Ventile am oberen Ende des von der Automobilindustrie akzeptierten<br />

Preissegmentes bewegt. Hierbei sollte an die Entwicklung und Herstellung der Keramikventile<br />

erinnert werden. Vergleichsweise war der zu hohe Preis das „Aus“ für das Keramikventil.<br />

Nach Aussage von DaimlerChrysler musste die für Keramikventile geforderte 100%ige Qualität<br />

zu teuer erkauft werden (Zusatzkosten für Qualitätskontrolle und Bearbeitung der Ventile).<br />

Für die BMBF-geförderte Entwicklung der umformtechnisch hergestellten -TiAl-<br />

Turbinenschaufeln ergibt sich folgender Stand (Abbildung 64):<br />

- an einem Fertigungsprozess im Pilotmaßstab wird bei ThyssenKrupp noch gearbeitet,<br />

- isotherm geschmiedete Hochdruckverdichterschaufeln mit einer Blattlänge von ca.<br />

30 mm können von der Firma ThyssenKrupp im Werk Remscheid als Einzelteile hergestellt<br />

werden, wobei dieser mit BMBF-Mitteln erworbene Entwicklungsstand weltweit<br />

führend ist,<br />

- Ersatz der Superlegierungen im Flugtriebwerksbau:<br />

im Hochdruckverdichter von Flugtriebwerken werden zur Zeit Laufschaufeln aus den<br />

„schweren“ Nickel-Basis-Superlegierungen eingesetzt, Rolls-Royce Deutschland (Projektpartner<br />

in den BMBF-Vorhaben) wird für diese Anwendung als weltweit einzige<br />

Triebwerksfirma -TiAl-Schaufeln evaluieren, die Validierung soll in einem Triebwerksdemonstrator<br />

im Jahre 2004 erfolgen,<br />

- die erreichte Wertschöpfung der gesamten Prozesskette in Deutschland ist als sehr<br />

hoch einzuschätzen, die Firmen Leistritz (Schaufelbearbeitung) und GfE (Materiallieferant)<br />

sind in diese Prozesskette mit eingebunden und tragen im wesentlichen zu dieser<br />

Technologieführerschaft bei,<br />

- mit den systematischen, intensiven Grundlagenuntersuchungen bezüglich der Weiterentwicklung<br />

der -TiAl-Legierungen am GKSS Forschungszentrum in Geesthacht<br />

wurde weltweit ein wesentlicher Beitrag zu den Legierungsentwicklungen der sogenannten<br />

-TiAl-Legierungen der dritten Generation geliefert (Anmeldung zahlreicher<br />

Patente), im Vergleich zu den Legierungsentwicklungen vor allem in den USA und in<br />

Japan liegt der wesentliche Vorteil darin, dass vom GKSS Forschungszentrum Legierungsentwicklungen<br />

erfolgten, die auf verfügbare, industrielle Umformverfahren abgestimmt<br />

wurden,<br />

- mit der Weiterführung der Legierungs- und Prozessentwicklungen der -TiAl-<br />

Legierungen scheint die Herstellung von Laufschaufeln für stationäre Gasturbinen mit<br />

Blattlängen bis ca. 200 mm und größer in absehbarer Zeit machbar.


Förder-<br />

zeitraum<br />

2002<br />

2001<br />

2000<br />

1999<br />

1998<br />

1997<br />

1996<br />

1995<br />

1994<br />

1993<br />

1992<br />

1991<br />

1990<br />

1989<br />

1988<br />

1987<br />

1986<br />

Umformtechnisch<br />

hergestellte<br />

Ventile<br />

Firmengründung<br />

<strong>Pilotanlage</strong><br />

<strong>Pilotanlage</strong><br />

Plansee<br />

(Verformungsrouten:<br />

(Verformungs- Strangpressen<br />

routen und Schmieden) Strangpressen<br />

und Schmiede)<br />

124<br />

TiAl-Ventil<br />

<strong>Pilotanlage</strong><br />

Herstellung:<br />

ca. 100 Stück/Stunde<br />

Herstellung von Motorkomponenten<br />

(Feingusstechnik, Umformungsverfahren,<br />

Legierungsentwicklungen)<br />

Auswahl der Intermetallischen<br />

Phasen-Basissysteme<br />

Screening-Phase<br />

Endkonturnah gegossene Ventile<br />

Potenzial: 2400 Ventile/Tag<br />

Übernahme durch die Industrie<br />

Laboranlage<br />

(Kaltwandinduktionstiegelofen,Schleudergusstechnik)<br />

max. 36 Ventile/Tag<br />

Gesamtfördersumme - Ventile: ca. 9 Mio. €<br />

Zuwendung<br />

in Mio. €<br />

2,7<br />

4,4<br />

2,0<br />

5,6<br />

Abb. 63: BMBF-geförderte Entwicklungen der Titanaluminid-Ventile


Förder-<br />

zeitraum<br />

2002<br />

2001<br />

2000<br />

1999<br />

1998<br />

1997<br />

1996<br />

1995<br />

1994<br />

1993<br />

1992<br />

1991<br />

1990<br />

1989<br />

Herstellung,<br />

Erprobung<br />

von IP für<br />

hochbean-<br />

spruchte<br />

Triebwerks-<br />

komponenten<br />

Feingießen<br />

Errichtung<br />

der PIGA-<br />

Anlage,<br />

GKSS<br />

125<br />

Validierung im Triebwerksdemonstrator,<br />

Ziel: Weltweite Technologieführerschaft<br />

Hochdruck-<br />

verdichter-<br />

schaufel<br />

Schmieden,<br />

Strangpressen,<br />

neue Legierung<br />

für T>700°C<br />

Nachweis des<br />

Isotherm-<br />

schmiedens<br />

Entwicklung<br />

einer Umformtechnik<br />

Pulver-<br />

herstellung<br />

Geplantes Bauteil:<br />

Schaufel für Niederdruckturbine,<br />

noch<br />

nicht eingesetzt<br />

Weltneuheit:<br />

Gebaute TiAl-<br />

Hohlschaufel<br />

Pulvermetallurgisch<br />

hergestellte<br />

Bleche, Superplastische<br />

Umformung,<br />

Walzen<br />

von<br />

weltweitgrößtem<br />

TiAl-<br />

Blech<br />

Walzen<br />

Geplantes<br />

Bauteil:<br />

Verdichterschaufel,<br />

noch<br />

nicht eingesetzt <br />

Entwicklung<br />

der<br />

-TAB<br />

Feinguss-<br />

Leg.,<br />

Einsatztemp.<br />

700°C<br />

Herstellung<br />

von<br />

TiAl-<br />

Turbinenschaufeln<br />

mit<br />

Feingussverfahren<br />

Abb. 64: Überblick - Förderung der TiAl-Turbinenschaufeln<br />

im Materialforschungsprogramm des BMBF<br />

Entwicklung<br />

eingestellt,<br />

Nebenergebnis:<br />

Herstellung einer<br />

TiAl-Deckschicht,<br />

Entwicklung<br />

einer<br />

pulvermetallurgischhergestelltenTurbinenschaufel <br />

Mechanisches<br />

Legieren,<br />

Zuwendung<br />

in Mio. €<br />

1,5<br />

2,2<br />

5,2<br />

Gesamtfördersumme - Schaufeln:<br />

ca. 8,9 Mio. €<br />

(ohne Pilotprojekt „Intermetallische Phasen“)


5. Nachwort<br />

126<br />

Für eine große Anzahl neuer Werkstoffe wird die Frage nach den Kosten in einem viel zu<br />

frühen Stadium in den Vordergrund gedrängt, wodurch die meisten innovativen Entwicklungen<br />

schon in den Ansätzen gestoppt werden. Im Fall der Titanaluminide hat das BMBF mit<br />

seiner Förderpolitik geholfen, eine Materialentwicklung auf den Weg zu bringen, die erst jetzt<br />

praktische Bedeutung erlangt.<br />

Es ist zu wünschen, dass die Partner aus der Industrie und der Forschung, ungeachtet des<br />

Wettbewerbes, den Entwicklungsweg der Titanalumide gemeinsam und zielgerichtet weiter<br />

mit gestalten. Aus allen Branchen wurden Know-how-Träger etabliert und damit eine geschlossene<br />

Wertschöpfungskette für neue Produkte in Deutschland zur Sicherung des Wirtschaftsstandortes<br />

geschaffen. Auch wenn industriepolitisch die Bedeutung dieses neuen<br />

Werkstoffes, verglichen mit den Umsätzen auf der Rohstoff- oder Bauteilebene, zur Zeit noch<br />

sehr gering ist, sind erfahrungsgemäß „Zukunftswerkstoffe“ Vorreiter für neue Verfahren und<br />

Entwicklung neuer Produkte. Mit Hilfe der Entwicklungsarbeiten zu den Titanaluminiden<br />

konnte gezeigt werden, dass vor allem für neue Werkstoffentwicklungen anhaltende Forschungsbereitschaft<br />

notwendig ist. Dabei spielt eine nachhaltige Forschungsförderung durch<br />

das BMBF eine entscheidende Rolle und führt zum Erfolg – wie das vorliegende Beispiel der<br />

Titanaluminide zeigt.<br />

Der Dank gilt allen genannten Autoren, die maßgebend zum Gelingen der Broschüre beigetragen<br />

und noch einmal die wichtigsten Entwicklungsschritte benannt bzw. den erreichten<br />

Stand dokumentiert haben. Es soll allen der schwierige Weg der Erforschung eines neuen<br />

Werkstoffes, von einem sehr frühen Forschungsstadium ausgehend, vor Augen gehalten werden<br />

und deutlich machen, welcher lange Atem für eine Werkstoffentwicklung notwendig ist.<br />

Die Broschüre soll aber auch verdeutlichen, dass – nicht nur durch die staatliche Unterstützung<br />

– sondern auch durch das Engagement einzelner handelnder Personen/Projektbearbeiter,<br />

die Titanaluminide in Deutschland diesen hohen Entwicklungsstand erreicht haben. Es wurden<br />

deshalb bewusst Namen genannt, um an deren Mitarbeit zu erinnern.<br />

Madeleine Dietrich<br />

PTJ-NMT


6. Autorenverzeichnis<br />

Dr. habil. Fritz Appel<br />

GKSS Forschungszentrum Geesthacht GmbH<br />

Institut für Werkstoffforschung<br />

Postfach 1160<br />

D-21494 Geesthacht<br />

Tel.: (04152) 87-2504<br />

Fax: (04152) 87-2534<br />

E-mail: FritzAppel@gkss.de<br />

Dr. Arno Bartels<br />

TU Hamburg/Harburg<br />

Werkstoffphysik - Technologie<br />

Eißendorfer Str. 42<br />

21073 Hamburg<br />

Tel.: (040) 42878-3135<br />

Fax: (040) 42878-4070<br />

E-mail: bartels@tu-harburg.de<br />

Dr. Hartmut Baur<br />

DaimlerChrysler AG, Forschung & Technologie<br />

RBP/SM<br />

Forschungszentrum Ulm<br />

Wilhelm-Runge Straße 11<br />

D-89081 Ulm<br />

Tel.: (0731) 505-2772<br />

Fax: (0731) 505-4227<br />

E-mail: hartmut.baur@daimlerchrysler.com<br />

Dr. Peter Busse<br />

ACCESS e.V.<br />

Intzestr. 5<br />

D-52072 Aachen<br />

Tel.: (0241) 8098-004<br />

Fax: (0241) 38578<br />

E-mail: P.Busse@access.rwth-aachen.de<br />

Prof. Dr. Helmut Clemens<br />

GKSS Forschungszentrum Geesthacht GmbH<br />

Institut für Werkstoffforschung<br />

Postfach 1160<br />

D-21494 Geesthacht<br />

Tel.: (04152) 87-<br />

Fax: (04152) 87-2534<br />

E-mail: HelmutClemens@gkss.de<br />

127


Dr. Heidi Cramer<br />

SLV München – Niederlassung der GSI mbH<br />

Schachenmeierstr. 37<br />

D-80636 München<br />

Tel.: (089) 126802-61<br />

Fax: (089) 181643<br />

E-mail: cramer@slv-muenchen.de<br />

Dipl.-Ing. Madeleine Dietrich<br />

Forschungszentrum <strong>Jülich</strong> GmbH<br />

<strong>Projektträger</strong> PTJ-NMT<br />

D-52425 <strong>Jülich</strong><br />

Tel.: (02461) 61-2622<br />

Fax: (02461) 61-2398<br />

E-mail: m.dietrich@fz-juelich.de<br />

Dipl.-Ing. Dan Roth-Fagaraseanu<br />

Rolls-Royce Deutschland GmbH<br />

Eschenweg 11<br />

D-15827 Dahlewitz<br />

Tel.: (033708) 6-1253<br />

Fax: (033708) 6-3142<br />

E-mail: dan.roth-fagaraseanu@rolls-royce.com<br />

Dr. Rainer Gerling<br />

GKSS Forschungszentrum Geesthacht GmbH<br />

Institut für Werkstoffforschung<br />

Postfach 1160<br />

D-21494 Geesthacht<br />

Tel.: (04152) 87-2545<br />

Fax: (04152) 87-2534<br />

E-mail: RainerGerling@gkss.de<br />

Dr. Berthold von Großmann<br />

AUDI AG<br />

I/EG-34<br />

D-85045 Ingolstadt<br />

Tel.: (0841) 89-35950<br />

Fax: (0841) 89-31238<br />

E-mail: berthold.grossmann@audi.de<br />

Dr. Volker Güther<br />

GfE Metalle und Materialien GmbH<br />

Höfener Str. 45<br />

D-90431 Nürnberg<br />

Tel.: (0911) 9315-446<br />

Fax: (0911) 9315-490<br />

E-mail: vg@gfe-online.de<br />

128


129<br />

Dipl.-Ing. Peter Janschek<br />

Thyssen Umformtechnik Turbinenkomponenten GmbH<br />

Papenberger Str. 37<br />

D-42859 Remscheid<br />

Tel.. (02191) 15-1453<br />

Fax: (02191) 15-1587<br />

E-mail: Peter.Janschek@tut.thyssenkrupp.com<br />

Dr. Heinrich Kestler<br />

Plansee AG<br />

Technologiezentrum<br />

A-6600 Reutte/Tirol<br />

Tel.: +43 (05672) 600-2772<br />

Fax: +43 (05672) 600-536<br />

E-mail: heinrich.kestler@plansee.at<br />

Dr. Günter Kneringer<br />

Plansee AG<br />

Technologiezentrum<br />

A-6600 Reutte/Tirol<br />

Tel.: +43 (05672) 600-2229<br />

Fax: +43 (05672) 600-500<br />

E-mail: guenter.kneringer@plansee.at<br />

Dr. Lothar Knippschild<br />

ThyssenKrupp Automotive AG<br />

Alleestr. 165<br />

D-44793 Bochum<br />

Tel.: (0234) 919-6135<br />

Fax: (0234) 919-6137<br />

E-mail: knippschild@tka.thyssenkrupp.com<br />

Dr. Michael Krehl<br />

Sinterstahl GmbH Füssen<br />

Hiebelerstr. 4<br />

D-87629 Füssen<br />

Tel.: (08362) 506-110<br />

Fax: (08362) 506-188<br />

E-mail: mkrehl@sinterstahl.com<br />

Dr. Hans-Josef Laudenberg<br />

TRW Deutschland GmbH<br />

Postfach 1111<br />

D-30881 Barsinghausen<br />

Tel.: (05105) 518-450<br />

Fax: (05105) 518-440<br />

E-mail: hans-josef.laudenberg@trw.com


Dr. Michael Oehring<br />

GKSS Forschungszentrum Geesthacht GmbH<br />

Institut für Werkstoffforschung<br />

Postfach 1160<br />

D-21494 Geesthacht<br />

Tel.: 04152/87-2512<br />

Fax: 04152/87-2534<br />

E-mail: MichaelOehring@gkss.de<br />

Dr. Willem Joseph Quadakkers<br />

Forschungszentrum <strong>Jülich</strong> GmbH<br />

Institut IWV 2<br />

D-52425 <strong>Jülich</strong><br />

Tel.: (02461) 61-4668<br />

Fax: (02461) 61-3687<br />

E-mail: j.quadakkers@fz-juelich.de<br />

Priv. Doz. Dr. Gerhard Sauthoff<br />

Max-Planck-Institut für Eisenforschung GmbH<br />

Max-Planck-Str. 1<br />

D-40237 Düsseldorf<br />

Tel.. (0211) 6792-313<br />

Fax: (0211) 6792-268<br />

E-mail: sauthoff@mpie.de<br />

Dipl.-Ing. Christian Schäfer<br />

BMW M<br />

Gesellschaft für individuelle Automobile<br />

Preußenstr. 45<br />

D-80809 München<br />

Tel.: (089) 32903-443<br />

Fax: (0899 32903-442<br />

E-mail: Christian.Schaefer@zs.bmw.de<br />

130<br />

Prof. Dr. Michael Schütze<br />

DECHEMA<br />

Gesellschaft für Chem. Technik u. Biotechnologie e.V.<br />

Theodor-Heuss-Allee 25<br />

D-60486 Frankfurt am Main<br />

Tel.: (069) 7564-337<br />

Fax: (0699 7564-388<br />

E-mail: schuetze@dechema.de<br />

Dipl.-Ing. Claus Schwärzel<br />

Adam Opel AG<br />

Internationales Techn. Entwicklungszentrum<br />

IPC 85-70<br />

D-65423 Rüsselsheim<br />

Tel.: (06142) 7-78017<br />

Fax: (06142) 7-78203<br />

E-mail: Claus.Schwaerzel@de.opel.com


Dr. Klaus Segtrop<br />

TRW Deutschland GmbH<br />

Postfach 1111<br />

D-30881 Barsinghausen<br />

Tel.: (05105) 518-400<br />

Fax: (05105) 518-359<br />

E-mail: klaus.segtrop@trw.com<br />

Dr. Wilfried Smarsly<br />

MTU Aero Engines GmbH<br />

Abt.: TWBN<br />

Dachauer Str. 665<br />

D-80995 München<br />

Tel.: (089) 1489-4886<br />

Fax: (089) 1489-6101<br />

E-mail: wilfried.smarsly@muc.mtu.de<br />

Dr.Jürgen Wesemann<br />

Ford Forschungszentrum Aachen GmbH<br />

Suesterfeldstr. 200<br />

D-52072 Aachen<br />

Tel.: (0241) 9421-228<br />

Fax: (0241) 9421-306<br />

E-mail: jweseman@ford.com<br />

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