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Individuell zugeschnitten: Ausbildung an der Uni

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4 2011<br />

<strong>Individuell</strong> <strong>zugeschnitten</strong>:<br />

<strong>Ausbildung</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Uni</strong><br />

Nazi-Fotografen auf <strong>der</strong> Spur<br />

Biochip für frohe Ferkel<br />

Durchstarten mit Deutschl<strong>an</strong>dstipendium<br />

www.magazin.uni-halle.de<br />

D A S M A G A Z I N D E R M A R T I N� L U T H E R� U N I V E R S I T Ä T H A L L E� W I T T E N B E R G


2 forschen<br />

www.barner-event.de<br />

und publizieren scientia halensis 4/2011<br />

Von <strong>der</strong> Suche nach <strong>der</strong> idealen Location bis zum Morgenkaffee nach dem Event –<br />

wir pl<strong>an</strong>en und org<strong>an</strong>isieren Ihre Festlichkeit.<br />

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06108 Halle (Saale)<br />

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Wir stehen für Sie Kopf !


Liebe Leserinnen,<br />

liebe Leser,<br />

auch in diesem Oktober darf sich die Martin-Luther-<br />

<strong>Uni</strong>versität wie<strong>der</strong> über Tausende neue Studierende<br />

freuen, die den Campus und die Stadt bereichern.<br />

Herzlich willkommen!<br />

Die Redaktion des <strong>Uni</strong>versitätsmagazins hofft auf<br />

viele weitere interessierte Leser, die scientia halensis<br />

in ihrer Studienzeit kritisch begleiten mögen<br />

– gleich, ob sie dazu das Heft in die H<strong>an</strong>d nehmen,<br />

die Internetseite besuchen o<strong>der</strong> zu Freunden auf<br />

Facebook werden (s. a. Infos in <strong>der</strong> R<strong>an</strong>dspalte).<br />

Doch nicht nur für sie hat ein neuer Lebensabschnitt<br />

begonnen. Am 1. August wurden auch 14 neue<br />

Auszubildende <strong>an</strong> <strong>der</strong> MLU begrüßt, einen Monat<br />

später 134 Azubis im <strong>Ausbildung</strong>szentrum für Gesundheitsfachberufe<br />

des <strong>Uni</strong>versitätsklinikums. Unser<br />

Willkommensgruß gilt selbstredend auch Ihnen.<br />

Mehr als 30 Berufe haben <strong>Uni</strong>versität und Klinikum<br />

im <strong>Ausbildung</strong>s<strong>an</strong>gebot. Gute Lehre und Forschung<br />

ohne gute Lehrlinge? In vielen Bereichen ist das<br />

kaum denkbar.<br />

Mit welcher Strategie die <strong>Uni</strong>versität ausbildet, was<br />

Azubis über ihre Lehrzeit denken, warum es Tierwirte,<br />

Gärtner und Co. <strong>an</strong> <strong>der</strong> Hochschule gibt, darüber<br />

berichtet scientia halensis ausführlich in dieser<br />

Ausgabe und im Internet. In allen Gesprächen mit<br />

Ausbil<strong>der</strong>n und Auszubildenden erfuhren die Auto-<br />

IMPRESSUM<br />

scientia halensis<br />

Magazin <strong>der</strong> Martin-Luther-<strong>Uni</strong>versität<br />

Halle-Wittenberg (MLU)<br />

Ausgabe 4/11, 19. Jahrg<strong>an</strong>g<br />

ISSN 0945-9529<br />

erscheint viermal im Jahr<br />

sowie im Internet:<br />

www.magazin.uni-halle.de<br />

Herausgeber:<br />

Rektor <strong>der</strong> Martin-Luther-<strong>Uni</strong>versität<br />

Halle-Wittenberg<br />

Redaktion:<br />

Carsten Heckm<strong>an</strong>n (V.i.S.d.P.),<br />

Corinna Bertz, Christi<strong>an</strong> Günther,<br />

Tom Leonhardt, Ute Olbertz,<br />

Maria Preußm<strong>an</strong>n, Mel<strong>an</strong>ie<br />

Zimmerm<strong>an</strong>n<br />

Kontakt:<br />

Martin-Luther-<strong>Uni</strong>versität Halle-<br />

Wittenberg<br />

Stabsstelle des Rektors / Pressestelle<br />

<strong>Uni</strong>versitätsplatz 9, 06108 Halle (S.)<br />

Telefon: 0345 55 21004<br />

Fax: 0345 55 27066<br />

E-Mail: magazin@uni-halle.de<br />

ren immer wie<strong>der</strong>, wie hoch die Motivation auf beiden<br />

Seiten ist. Was Wahrnehmung und Wertschätzung<br />

<strong>der</strong> <strong>Ausbildung</strong> durch Außenstehende <strong>an</strong>geht,<br />

scheint es hingegen m<strong>an</strong>chmal noch Nachholbedarf<br />

zu geben. Wir lassen in diesem Heft und online Auszubildende<br />

und Ausbil<strong>der</strong> zu Wort kommen – zum<br />

Beispiel den Gärtner Norbert Schirrmeister, <strong>der</strong> auf<br />

dem Titelbild zu sehen ist.<br />

Weitere Beiträge drehen sich um neue Lehrmethoden<br />

und -<strong>an</strong>gebote, das künftige Geistes- und<br />

Sozialwissenschaftliche Zentrum sowie sp<strong>an</strong>nende<br />

Erkenntnisse aus Geistes- und Naturwissenschaften.<br />

Der StuRa-Sprecher Tobias Grasse be<strong>an</strong>twortet<br />

unsere 20 Fragen, wir stellen hoch dekorierte Jungunternehmer<br />

und Nachwuchswissenschaftler vor.<br />

„Eine Investition in Wissen bringt immer noch die<br />

besten Zinsen“, wusste schon Benjamin Fr<strong>an</strong>klin.<br />

Zahlreiche aktuelle Belege dafür finden Sie auf den<br />

folgenden Seiten.<br />

Auf Wie<strong>der</strong>lesen!<br />

Carsten Heckm<strong>an</strong>n<br />

Leiter <strong>der</strong> Pressestelle<br />

Grafik-Design:<br />

Sisters of Design<br />

www.sistersofdesign.de<br />

Designkoordinierung:<br />

Christi<strong>an</strong> Günther<br />

Mediadaten:<br />

www.pr.uni-halle.de/mediadaten<br />

Anzeigen / Satz / Gesamtherstellung:<br />

Digital Druckservice Halle GmbH<br />

Telefon: 0345 47 88 601<br />

www.digitaldruck-halle.de<br />

E-Mail: info@digitaldruck-halle.de<br />

scientia halensis 4/2011 editorial<br />

Druck:<br />

IMPRESS Druckerei Halbritter KG<br />

www.impressonline.de<br />

Namentlich gekennzeichnete Beiträge<br />

geben die Meinung <strong>der</strong> Autoren<br />

wie<strong>der</strong>. Bei unverl<strong>an</strong>gt einges<strong>an</strong>dten<br />

Texten/Fotos besteht keine Gewähr für<br />

einen Abdruck.<br />

Die Redaktion behält sich Än<strong>der</strong>ungen<br />

einges<strong>an</strong>dter Texte vor. Der Nachdruck<br />

von Artikeln ist bei Angabe <strong>der</strong> Quelle<br />

gestattet. Die Redaktion bittet um ein<br />

Belegexemplar.<br />

Carsten Heckm<strong>an</strong>n<br />

(Foto: Michael Deutsch)<br />

Besuchen Sie scientia halensis<br />

auch im Internet und<br />

auf Facebook, entdecken Sie<br />

zusätzliche Inhalte, diskutieren<br />

Sie mit <strong>an</strong><strong>der</strong>en Lesern<br />

und <strong>der</strong> Redaktion o<strong>der</strong> schlagen<br />

Sie neue Themen vor:<br />

www.magazin.uni-halle.de<br />

www.facebook.com/scientiahalensis<br />

scientia halensis erscheint mit freundlicher<br />

Unterstützung <strong>der</strong> Vereinigung<br />

<strong>der</strong> Freunde und För<strong>der</strong>er <strong>der</strong> Martin-<br />

Luther-<strong>Uni</strong>versität Halle-Wittenberg<br />

e. V. (VFF)<br />

Titelbild:<br />

Reviergärtner Norbert Schirrmeister<br />

hat seine <strong>Ausbildung</strong> im bot<strong>an</strong>ischen<br />

Garten <strong>der</strong> MLU absolviert.<br />

(Foto: Maike Glöckner)<br />

3


4 inhaltsverzeichnis scientia halensis 3/2011<br />

Futuristisch unter<br />

„freiem Himmel“ {10}<br />

Im Frühjahr 2012 ist es soweit,<br />

d<strong>an</strong>n beginnt <strong>der</strong> Bau des Geistes-<br />

und Sozialwissenschaftlichen Zentrums.<br />

Vor allem <strong>der</strong> futuristische<br />

Bibliotheks-Kubus wird ein Blickf<strong>an</strong>g<br />

des neuen Campus werden.<br />

(Entwurf: Eßm<strong>an</strong>n/Gärtner/Nieper Architekten<br />

GbR) „Wir bilden auch aus!“ -<br />

Die <strong>Uni</strong> als <strong>Ausbildung</strong>sstätte {14}<br />

Mit dem iPad auf Visite {22}<br />

Auf seinen Visiten durch die Klinik<br />

hat Prof. Dr. Wolfg<strong>an</strong>g Marsch<br />

das iPad stets dabei. Direkt am<br />

Patienten k<strong>an</strong>n er so mit seinen<br />

Studenten Kr<strong>an</strong>kheitsverläufe vergleichen.<br />

(Foto: Silvio Kison)<br />

Nicht nur Studenten lernen <strong>an</strong> <strong>der</strong> MLU. In mehr als 30 Berufen<br />

bildet die Hochschule Lehrlinge aus. Eine neue Werbeoffensive<br />

soll noch mehr motivierte Lehrlinge <strong>an</strong> die <strong>Uni</strong> holen<br />

(S. 14). Denn gute Lehre und Forschung braucht gute Azubis<br />

– und diese brauchen engagierte Ausbil<strong>der</strong>. Zwei engagierte<br />

Lehrmeister (S. 21) und viele Auszubildende kommen im<br />

Heft (S. 18) und im Onlinemagazin zu Wort, darunter auch<br />

Chemielabor<strong>an</strong>tin Doreen Rüdel. (Foto: Maike Glöckner)<br />

QR-Codes und Webcodes im Heft<br />

Unter www.magazin.uni-halle.de ist das <strong>Uni</strong>magazin im Internet zu finden. Mit Hilfe <strong>der</strong> QR-Codes<br />

und Webcodes neben den Beiträgen gel<strong>an</strong>gen Sie direkt zur entsprechenden Internetseite. QR-Codes<br />

funktionieren ähnlich wie Barcodes. Mit einem Tastendruck bzw. einer Fotoaufnahme des Mobiltelefons<br />

können Sie die verlinkte Webseite aufrufen. Für die Eingabe <strong>der</strong> Webcodes nutzen Sie einfach die Internetseite<br />

www.uni-halle.de/webcode.


inhalt<br />

varia<br />

6 Mehr Geld für exzellente<br />

Studenten:<br />

MLU vergibt Deutschl<strong>an</strong>dstipendien<br />

8 „Das Stipendium entspricht<br />

meiner Herzensstrategie“:<br />

Interview mit Wolfg<strong>an</strong>g Lassm<strong>an</strong><br />

9 „Appetit auf Kommunikation“:<br />

Heide-Mensa eröffnet<br />

10 Lichtdurchflutete Bibliothek<br />

auf grünem Campus:<br />

Das Geistes- und Sozialwissenschaftliche<br />

Zentrum <strong>der</strong> MLU<br />

12 Sprachsalat / Bil<strong>der</strong>rätsel<br />

13 Europameister! – Und (k)eine<br />

typische Turnierm<strong>an</strong>nschaft<br />

titelthema<br />

14 Bei Luther in die Lehre gehen:<br />

<strong>Ausbildung</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> MLU<br />

17 In <strong>der</strong> Pflege liegt die Zukunft:<br />

Das <strong>Ausbildung</strong>szentrum für<br />

Gesundheitsberufe<br />

18 Das Chaos unter Kontrolle halten:<br />

Vom Reviergärtner bis zu den Tierwirten<br />

– Auszubildende <strong>der</strong> MLU<br />

21 Lehrmeister mit Leib und Seele:<br />

Zwei l<strong>an</strong>gjährige Ausbil<strong>der</strong> erzählen<br />

studieren,<br />

lehren, leben<br />

22 Mit dem iPad auf Visite:<br />

Neue Ideen in <strong>der</strong> medizinischen<br />

<strong>Ausbildung</strong> in Halle<br />

25 Toler<strong>an</strong>z-Debatten am<br />

Weißen Meer:<br />

Deutsche und russische<br />

Studierende arbeiten am<br />

mediA≡H-Projekt<br />

26 Bio? Aber bitte mit Ethik:<br />

Biologiestudenten holen die Ethik<br />

in ihren Lehrpl<strong>an</strong><br />

27 Bloggen aus <strong>der</strong> Vormo<strong>der</strong>ne:<br />

Katrin Moeller bringt neue Medien<br />

und alte Geschichte zusammen<br />

Forschen und<br />

publizieren<br />

28 Auf <strong>der</strong> Spur <strong>der</strong> Nazi-Fotografen:<br />

Eine Doktor<strong>an</strong>din <strong>der</strong> Geschichte<br />

sorgt für Aufsehen<br />

31 Neue Technologien für alte<br />

Schriften am Institut für Informatik<br />

32 Ein Hefepilz als Hühnerpille:<br />

Zwei Biologen entwickeln eine<br />

Schluckimpfung gegen Tierseuchen<br />

33 „Mech<strong>an</strong>ismen <strong>der</strong> Elitebildung“<br />

unter <strong>der</strong> Lupe<br />

34 Fachliteraturfabrik<br />

35 Post für den Sult<strong>an</strong>:<br />

Ausstellung „Bris<strong>an</strong>te<br />

Begegnungen“ zeigt nomadische<br />

Lebenswelten<br />

Personalia<br />

36 Biochip für Schweine bringt<br />

Absolventen Grün<strong>der</strong>preis<br />

38 Neuberufung<br />

39 Kurswechsel bei Entwicklungshilfe:<br />

Stef<strong>an</strong> Hielscher forscht zur<br />

Wirtschaftethik<br />

40 20 Fragen <strong>an</strong> Tobias Grasse<br />

42 Dr. Usus Zeitgeist<br />

Some stories are also available in English:<br />

www.international.uni-halle.de.<br />

Please look for the flag!<br />

scientia halensis 3/2011 inhaltsverzeichnis<br />

Auf <strong>der</strong> Spur <strong>der</strong><br />

Nazi-Fotografen {28}<br />

In New York taucht ein Album mit<br />

Fotos aus dem Dritten Reich auf.<br />

Auf <strong>der</strong> Suche nach dem Fotografen<br />

bittet die „New York Times“ ihre<br />

Leser um Mithilfe. Eine MLU-<br />

Doktor<strong>an</strong>din k<strong>an</strong>n das Rätsel lösen.<br />

(Quelle: Stadtarchiv Salzburg, Fotoarchiv Fr<strong>an</strong>z<br />

Krieger)<br />

20 Fragen <strong>an</strong> Tobias Grasse<br />

{40}<br />

Konjunktive mag er nicht, Zombie-Survivalguides<br />

schon eher:<br />

StuRa-Sprecher Tobias Grasse be<strong>an</strong>twortet<br />

diesmal den Fragebogen<br />

des <strong>Uni</strong>magazin und wirft mit<br />

seinen Antworten neue Fragen auf.<br />

(Foto: Maike Glöckner)<br />

5


6 varia scientia halensis 4/2011<br />

varia<br />

Mehr Geld für<br />

exzellente Studenten<br />

„Leistung muss sich lohnen.“ Dass hinter dieser Politik-Floskel nicht nur leere Worte stehen, zeigt die MLU ab<br />

dem kommenden Wintersemester. Denn ab Oktober dürfen sich 35 beson<strong>der</strong>s gute und engagierte Studierende<br />

über 300 zusätzliche Euro pro Monat freuen. Möglich macht das eine Kooperation aus Bund, <strong>Uni</strong>versität und<br />

regionaler Wirtschaft: das Deutschl<strong>an</strong>dstipendium.<br />

Bild oben: Egal ob als<br />

Büchergeld o<strong>der</strong> als Plus für<br />

die Haushaltskasse – die<br />

ersten 35 Deutschl<strong>an</strong>dstipendiaten<br />

<strong>an</strong> <strong>der</strong> MLU können<br />

sich über 300 Euro mehr im<br />

Monat freuen.<br />

(Foto: Maike Glöckner)<br />

Seit ungefähr einem Jahr laufen <strong>an</strong> <strong>der</strong> halleschen<br />

<strong>Uni</strong>versität die Vorbereitungen für das Deutschl<strong>an</strong>dstipendium.<br />

Damit das För<strong>der</strong>programm in geregelten<br />

Bahnen verlaufen k<strong>an</strong>n, mussten einige Hürden<br />

genommen werden: Eine eigene Ordnung <strong>an</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Uni</strong>, Rahmenverträge für die Vergabe <strong>der</strong> Stipendien<br />

und natürlich – die ersten Geldgeber. Obwohl die<br />

Region Mitteldeutschl<strong>an</strong>d eher als strukturschwach<br />

gilt, hat es die MLU auf insgesamt 35 Stipendien für<br />

die kommenden zwei Semester gebracht. „Mit dem<br />

Ergebnis sind wir zufrieden“, kommentiert Katrin<br />

Rehschuh, Leiterin <strong>der</strong> Stabstelle des Rektors den<br />

aktuellen St<strong>an</strong>d. „So ein nationales Stipendienprogramm<br />

braucht Zeit, um sich zu etablieren.“<br />

Viele Unternehmen wollen das Deutschl<strong>an</strong>dstipendium<br />

zuerst einmal „testen“, sagt auch Katrin<br />

Eckebrecht, Leiterin <strong>der</strong> Abteilung 1 – Studium und<br />

Lehre, internationale Angelegenheiten. Sie sei aber


guter Dinge, dass sich in den kommenden Jahren<br />

weitere Unternehmen für das För<strong>der</strong>programm<br />

gewinnen lassen und dass die bereits existierenden<br />

Stipendiengeber ihr Engagement ausbauen werden.<br />

Der Großteil <strong>der</strong> Stipendien wird aktuell durch große<br />

Unternehmen vergeben, wie auch das <strong>Uni</strong>klinikum,<br />

das für die kommenden zwei Semester fünf Stipendien<br />

zur Verfügung stellt. „Als einer <strong>der</strong> größten<br />

Arbeitgeber in Sachsen-Anhalt sind wir auf sehr gut<br />

ausgebildeten Nachwuchs <strong>an</strong>gewiesen. Mit dem<br />

Deutschl<strong>an</strong>dstipendium verbinden wir die Hoffnung,<br />

dass die künftigen Absolventen einen Beruf in<br />

<strong>der</strong> Region finden“, sagt <strong>der</strong> ärztliche Direktor des<br />

<strong>Uni</strong>klikums, PD Dr. Thomas Klöss.<br />

Aber auch Privatpersonen zählen zu den För<strong>der</strong>ern.<br />

So zum Beispiel <strong>der</strong> studierte Ökonom Carl-Friedrich<br />

Wentzel aus Teutschenthal: „Mit dem Stipendium<br />

will ich die Verbindung unserer Familie zur <strong>Uni</strong>versität<br />

wie<strong>der</strong> aufleben lassen. Schließlich war unser<br />

Großvater Ehrensenator <strong>der</strong> <strong>Uni</strong> Halle.“ Für Wentzel<br />

stellen solche För<strong>der</strong>programme die ideale Gelegenheit<br />

dar, „Themen für die Region zu bearbeiten,<br />

für die im Job keine Zeit mehr ist“. Deshalb pl<strong>an</strong>e er,<br />

eine eigene Stiftung ins Leben zu rufen. Insgesamt<br />

haben sich für das kommende Semester über 300<br />

MLU-Studierende für ein Deutschl<strong>an</strong>dstipendium<br />

beworben. „Es hat uns viel Spaß gemacht, die Bewerbungen<br />

durchzuschauen“, kommentiert Eckebrecht.<br />

Sie sei beeindruckt gewesen, wie viel Mühe<br />

die Bewerber in ihre Motivationsschreiben gesteckt<br />

haben. Neben bereits eingeschriebenen Studenten<br />

haben sich auch Studien<strong>an</strong>fänger für das Stipendium<br />

beworben, die erst im Oktober ihr Studium <strong>an</strong> <strong>der</strong><br />

MLU beginnen.<br />

Um die Vergabe <strong>der</strong> Stipendien tr<strong>an</strong>sparent und<br />

offen zu gestalten, wurde eine Auswahlkommission<br />

eingerichtet. Geleitet wird sie von Prof. Dr.<br />

Christoph Weiser, Prorektor für Studium und Lehre.<br />

„Das Deutschl<strong>an</strong>dstipendium ist in erster<br />

Linie ein Leistungsstipendium.“<br />

Ihm stehen drei Professoren zur Seite, jeweils ein<br />

Geistes-, ein Sozial- und ein Naturwissenschaftler.<br />

Darüber hinaus wird die Kommission von zwei wissenschaftlichen<br />

Mitarbeitern und zwei Studierenden<br />

unterstützt. Zusätzlich können einige Stipendiengeber<br />

in <strong>der</strong> Kommission mitwirken, allerdings<br />

nur mit beraten<strong>der</strong> Stimme.<br />

Der Einfluss <strong>der</strong> Stifter ist also begrenzt. Ziel des<br />

Stipendienprogramms sei es nämlich auch, so Eckebrecht,<br />

die Stipendien möglichst gleichmäßig innerhalb<br />

<strong>der</strong> <strong>Uni</strong>versität zu verteilen. „Eine Vorgabe des<br />

Bundes ist es, grundsätzlich ein Drittel <strong>der</strong> Stipendien<br />

zweckfrei zu vergeben.“ Also zum Beispiel für<br />

Fächer, die für die Wirtschaft auf den ersten Blick<br />

„uninteress<strong>an</strong>t“ erscheinen. Als Auswahlkriterium<br />

für die Vergabe <strong>der</strong> Stipendien zählen vor allem die<br />

Noten: „Das Deutschl<strong>an</strong>dstipendium ist in erster<br />

Linie ein Leistungsstipendium. Aber es gibt auch so<br />

gen<strong>an</strong>nte Hilfskriterien für die Vergabe.“ Dazu zählt<br />

zum Beispiel das gesellschaftliche o<strong>der</strong> politische<br />

Engagement <strong>der</strong> Bewerber.<br />

Die Entscheidung, welche Studierenden eins <strong>der</strong><br />

begehrten Stipendien erhalten, fiel erst nach Redaktionsschluss.<br />

Im Onlinemagazin werden einige <strong>der</strong><br />

glücklichen „Gewinner“ vorgestellt. Tom Leonhardt<br />

Kontakt: Katrin Eckebrecht<br />

Katrin Eckebrecht<br />

Abteilung 1 – Studium und Lehre, Internationale<br />

Angelegenheiten<br />

Telefon: 0345 55 21300<br />

E-Mail: katrin.eckebrecht@verwaltung.uni-halle.de<br />

scientia halensis 4/2011 varia<br />

Das Deutschl<strong>an</strong>dstipendium<br />

ist eine Initiative des<br />

Bundesministeriums für<br />

Bildung und Forschung.<br />

Der Pl<strong>an</strong>: Studierende mit<br />

beson<strong>der</strong>s guten Leistungen<br />

und großem gesellschaftlichen<br />

Engagement<br />

erhalten unabhängig vom<br />

Einkommen <strong>der</strong> Eltern<br />

300 Euro im Monat.<br />

Fin<strong>an</strong>ziert wird das<br />

Stipendium je zur Hälfte<br />

durch den Bund und durch<br />

die regionale Wirtschaft.<br />

Infos zum Deutschl<strong>an</strong>dstipendium<br />

<strong>an</strong> <strong>der</strong> MLU:<br />

www.uni-halle.de/<br />

deutschl<strong>an</strong>d-stipendium<br />

Stipendiaten im Porträt:<br />

www.uni-halle.de/webcode<br />

WEBCODE MAG� 11314<br />

QR� CODE<br />

7


8 varia scientia halensis 4/2011<br />

„Das Stipendium entspricht<br />

meiner Herzensstrategie“<br />

Um <strong>an</strong>onyme Spen<strong>der</strong> r<strong>an</strong>ken sich oft Legenden. Wer Geld gibt, k<strong>an</strong>n aber auch Gesicht zeigen, zumal es einem<br />

guten Zweck dient. Mit seinem privaten Vermögen engagiert sich <strong>der</strong> Wirtschaftsinformatiker Prof. Dr. Dr.<br />

Wolfg<strong>an</strong>g Lassm<strong>an</strong>n sehr für die hallesche <strong>Uni</strong>versität. Scientia halensis befragte ihn zu seinen Beweggründen.<br />

Bild rechts: Prof. Dr. Dr.<br />

Wolfg<strong>an</strong>g Lassm<strong>an</strong>n<br />

(Foto: itCampus)<br />

Im November 2010 riefen Sie die Wolfg<strong>an</strong>g-Lassm<strong>an</strong>n-Stiftung<br />

ins Leben. Ihr nicht<br />

g<strong>an</strong>z ernst gemeinter Ausspruch „… von dem<br />

Geld hätte ich meiner Frau auch einen Porsche<br />

kaufen können …“ ließ aufhorchen.<br />

Was bewegte Sie dazu, sich mit privaten Mitteln<br />

für die <strong>Uni</strong>versität einzusetzen?<br />

Das hat für mich in erster Linie persönliche Gründe.<br />

Als Kind verlor ich im Krieg die Eltern und meine<br />

Heimat. Große Freude am Lernen und ein starker<br />

Wille, das Leben positiv zu gestalten, waren mir als<br />

einziges geblieben.<br />

Da gab es Menschen, die mir geholfen und mich<br />

geför<strong>der</strong>t haben. Mit drei Hochschulabschlüssen<br />

konnte ich ein breites Wissen erwerben. In D<strong>an</strong>kbarkeit<br />

gebe ich gern einen Teil meines Vermögens<br />

<strong>an</strong> die <strong>Uni</strong>versität zurück, <strong>an</strong> <strong>der</strong> ich über 40 Jahre<br />

forschen und lehren durfte.<br />

Was wollen Sie mit <strong>der</strong> Stiftung bewirken?<br />

Ziel <strong>der</strong> Stiftung ist es, junge Akademiker mit einem<br />

sozial schwachen Hintergrund zu unterstützen und<br />

herausragende Abschlussarbeiten auszuzeichnen.<br />

Der 1912 in S<strong>an</strong>kt Petersburg geborene Mathematiker<br />

Leonid W. K<strong>an</strong>torowitsch war mein Doktorvater.<br />

Er erhielt 1975 den Wirtschaftsnobelpreis.<br />

Mir ist es ein beson<strong>der</strong>es Anliegen, die Erinnerung<br />

<strong>an</strong> ihn mit dem nach ihm ben<strong>an</strong>nten Preis wach zu<br />

halten und Nachwuchswissenschaftler in seinem<br />

Sinne zu ehren.<br />

Wie hoch ist das Stiftungskapital?<br />

Es beträgt 100.000 Euro und k<strong>an</strong>n durch Zustiftungen<br />

erhöht werden.<br />

Sie haben darüber hinaus ein Deutschl<strong>an</strong>dstipendium<br />

für die MLU aus privaten Quellen zur Verfügung<br />

gestellt...<br />

Ja, die Begeisterung <strong>der</strong> Wissenschaftsministerin<br />

Birgitta Wolff hat mich überzeugt. Hier bietet sich<br />

eine hervorragende Verbindung zwischen Wirtschaft<br />

und Bildung. Das Stipendium entspricht meiner<br />

Herzensstrategie, leistungsstarke Studierende<br />

zu unterstützen. Wirtschaftsinformatiker und Studierende<br />

aus den <strong>an</strong>grenzenden Bereichen Mathematik<br />

und Informatik kommen für eine För<strong>der</strong>ung<br />

in Betracht.<br />

Interview: Ute Olbertz


„Appetit auf Kommunikation“<br />

in <strong>der</strong> Heide-Mensa<br />

„Happy Birthday“ hieß es aus doppeltem Anlass am<br />

7. September in <strong>der</strong> neuen Heide-Mensa. Zu feiern<br />

gab es zeitgleich das 80-jährige Jubiläum des Studentenwerks<br />

Halle und seinen 20. Jahrestag nach<br />

<strong>der</strong> Neugründung 1991. Die Eröffnung <strong>der</strong> l<strong>an</strong>g<br />

ersehnten Mensa stelle dabei gewissermaßen ein<br />

„Geschenk“ dar, sagte Prof. Dr. H<strong>an</strong>s Lilie, Verwaltungsratsvorsitzen<strong>der</strong><br />

des Studentenwerks Halle.<br />

Vor allem <strong>Uni</strong>-Angehörige, die auf dem Campus Heide-Süd<br />

studieren, lehren und forschen, können sich<br />

darüber freuen. Zahlreiche Gäste aus Wissenschaft<br />

und Politik sowie Studierende kamen zur Feier.<br />

Insbeson<strong>der</strong>e in den verg<strong>an</strong>genen 20 Jahren konnte<br />

das Studentenwerk gemeinsam mit den Hochschulen<br />

und den Kommunen umf<strong>an</strong>greiche Erfolge bei<br />

<strong>der</strong> Gestaltung <strong>der</strong> Studienst<strong>an</strong>dorte erreichen.<br />

„Das Studentenwerk zählt zu den starken Partnern<br />

<strong>der</strong> <strong>Uni</strong>versität“, betonte MLU-Rektor Udo Sträter.<br />

„Der Campus steigert mit <strong>der</strong> neuen Mensateria<br />

enorm seine Anziehungskraft. Solche Räume sind<br />

wichtig für Ideen und Kreativität.“<br />

„Großen Appetit nicht nur aufs Essen son<strong>der</strong>n<br />

auch auf Kommunikation“, wünschte Sachsen-<br />

Anhalts Wissenschaftsministerin Birgitta Wolff den<br />

künftigen Nutzern. Täglich können die Gäste aus<br />

vier Speisen und einem Salatbüfett wählen. Helle<br />

Räumlichkeiten bieten darüber hinaus vielfache<br />

Möglichkeiten zum Austausch und locken zum Kommunizieren,<br />

gemeinsamen Arbeiten und zu Begegnungen.<br />

Das neue Gebäude, das fünf Millionen Euro<br />

gekostet hat, bietet nicht nur ein mo<strong>der</strong>nes Aussehen<br />

mit <strong>an</strong>spruchsvollem Ambiente. Es zeichnet<br />

sich außerdem durch eine beson<strong>der</strong>s nachhaltige,<br />

ökologische Bewirtschaftung aus, hob Dr. Volkmar<br />

Thom, Geschäftsführer des Studentenwerks Halle,<br />

hervor. Die benötigte Energie gewinnt das Haus zu<br />

einem großen Teil selbst aus Erdwärme und mit einer<br />

Photovoltaik-Anlage auf dem Dach.<br />

„In Anlehnung <strong>an</strong> den Charme alter Gewölbekeller,<br />

in denen sich Gäste gut aufgehoben fühlen,<br />

entst<strong>an</strong>d die Gestaltungsidee“, beschrieb <strong>der</strong> Architekt<br />

Gernot Schulz das Projekt. Außerdem k<strong>an</strong>n<br />

<strong>der</strong> Mensa-Besucher Rätsel lösen, die sich <strong>an</strong> den<br />

Wänden befinden: Hinter geheimnisvollen Grafiken<br />

aus Worten verbergen sich beim genaueren Hinsehen<br />

bedeutende Gelehrte o<strong>der</strong> frühere Studenten<br />

<strong>der</strong> <strong>Uni</strong>versität, darunter Martin Luther und Georg<br />

Friedrich Händel. Mit <strong>der</strong> neuen Einrichtung ist für<br />

die etwa 3.000 Studierenden und 300 Beschäftigten<br />

<strong>der</strong> MLU am Campus Heide-Süd künftig die<br />

Versorgung auf sichere Beine gestellt. Geöffnet ist<br />

werktags von 8 bis 19 Uhr. Ute Olbertz<br />

Kontakt: Dr. Volkmar Thom<br />

Studentenwerk Halle<br />

Tel.: 0345 68 47501<br />

E-Mail: geschaeftsfuehrung@studentenwerk-halle.de<br />

scientia halensis 4/2011 varia<br />

Bereits am Eröffnungstag<br />

nutzten zahlreiche Gäste<br />

die Angebote in <strong>der</strong> neuen<br />

Heide-Mensa. (Foto: Paolo<br />

Schubert)<br />

Das Studentenwerk<br />

Halle im Internet: www.<br />

studentenwerk-halle.de<br />

9


10 varia scientia halensis 4/2011<br />

Lichtdurchflutete Bibliothek<br />

auf grünem Campus<br />

Glasdach, Treppen und Lesebalkone stellen mo<strong>der</strong>ne Elemente <strong>der</strong> neuen Bibliothek dar, auf die ihre künftigen<br />

Nutzer im Geistes- und Sozialwissenschaftlichen Zentrum (GSZ) <strong>der</strong> Martin-Luther-<strong>Uni</strong>versität schon jetzt<br />

gesp<strong>an</strong>nt sein können.<br />

So soll nach Entwurf des<br />

Architekturbüros das künftige<br />

GSZ mit Park entl<strong>an</strong>g <strong>der</strong><br />

Emil-Ab<strong>der</strong>halden-Straße<br />

aussehen (Entwurf: Reiner<br />

Becker Architekten)<br />

Im Frühjahr 2012 wird Baubeginn sein. Doch zunächst<br />

gilt es für die Bauarbeiter, jene Gebäude<br />

auf dem Areal abzureißen, die zukünftig nicht mehr<br />

gebraucht werden. Später verlegen sie unter <strong>an</strong><strong>der</strong>em<br />

neue Wasser-, Abwasser- und Stromleitungen.<br />

Zeitgleich läuft für alle Bauabschnitte die Ausführungspl<strong>an</strong>ung.<br />

„Der Rückbau ist <strong>der</strong> Anf<strong>an</strong>g des Aufbaus – und auf<br />

den freuen wir uns“, sagt Rektor Prof. Dr. Udo Sträter.<br />

„Es ist und bleibt ein tolles Projekt.“ Im Juli fiel<br />

<strong>der</strong> Startschuss, 2014 soll alles fertig sein: An <strong>der</strong><br />

Emil-Ab<strong>der</strong>halden-Straße entsteht für 52 Millionen<br />

Euro das GSZ in <strong>der</strong> Regie des L<strong>an</strong>desbaubetriebs.<br />

Die Bibliothek wird wegen des Kostendeckels zwar<br />

kleiner ausfallen als ursprünglich gedacht, aber bereits<br />

in den Architekturentwürfen wird <strong>der</strong> Reiz des<br />

futuristischen „Bibliotheks-Kubus“ deutlich. „Und<br />

die Bibliothek wird 2014 funktionieren, es sind ausreichend<br />

Exp<strong>an</strong>sionsflächen vorh<strong>an</strong>den“, beschreibt<br />

<strong>Uni</strong>-K<strong>an</strong>zler Dr. Martin Hecht das Projekt. Der 17,5<br />

Meter hohe Bibliotheksneubau im Kubus wird einen<br />

beson<strong>der</strong>en Blickf<strong>an</strong>g des GSZ darstellen und als<br />

Wahrzeichen den Charakter des Campus bestimmen.<br />

Gelbliche Ziegel, die <strong>an</strong> das Hauptgebäude <strong>der</strong><br />

<strong>Uni</strong>versitäts- und L<strong>an</strong>desbibliothek (ULB) erinnern,<br />

stellen weithin sichtbare Gestaltungselemente dar.<br />

Eine weitere Beson<strong>der</strong>heit ist das Glasdach bzw.<br />

die großen Oberlichter im Dach. Bis in die unteren<br />

Ebenen sorgen sie für Helligkeit und erwecken für<br />

den Leser den Eindruck, unter „freiem Himmel“ zu<br />

arbeiten. Die Position scheinbar sparsam gesetzter<br />

Fenster erschließt sich im Innern des Hauses – hier<br />

ergeben sich aus den Lesebereichen und Büros <strong>an</strong>sprechende<br />

Ausblicke in den kleinen Park und auf<br />

den Campus.<br />

„Die Bücher sollen bildhaft als tragende Pfeiler des<br />

Gebäudes gesehen werden“, so das Konzept <strong>der</strong><br />

Architekten des Büros Eßm<strong>an</strong>n/Gärtner/Nieper.


Für die Nutzer stehen zwei lichtdurchflutete Lesebereiche<br />

zur Verfügung: ein großzügiger Raum auf<br />

<strong>der</strong> Westseite und Inseln sowie Lesebalkone auf <strong>der</strong><br />

Ostseite. „Offene Orte“ für die Leser <strong>an</strong> den Stegen<br />

und Treppen des mittleren Raums sollen darüber<br />

hinaus geschaffen werden. Ein großzügiges Foyer,<br />

in <strong>der</strong> Mittelzone ein Infotresen und ein Zeitschriftenbereich<br />

dürfen natürlich nicht fehlen.<br />

17.000 Quadratmeter groß ist die Gesamtfläche des<br />

Campus, die nun bebaut wird, die Nutzfläche im GSZ<br />

umfasst 11.400 Quadratmeter. Weichen müssen für<br />

die Neubauten unter <strong>an</strong><strong>der</strong>em die alten Stallungen<br />

auf dem einst von <strong>der</strong> L<strong>an</strong>dwirtschaftlichen Fakultät<br />

genutzten Areal. Prägende Gebäude <strong>an</strong> <strong>der</strong> Ludwig-<br />

Wucherer-Straße und <strong>der</strong> Adam-Kuckhoff-Straße<br />

bleiben erhalten und sollen s<strong>an</strong>iert werden.<br />

„Es ist gut, dass sich auch die Studierenden mit ihren<br />

Vorstellungen zum neuen Campus einbringen. Sie<br />

sind <strong>an</strong> den Pl<strong>an</strong>ungen beteiligt“, so K<strong>an</strong>zler Hecht.<br />

Einige <strong>der</strong> studentischen Vorschläge, zum Beispiel<br />

die Einrichtung von Räumen für Studierendenvertreter<br />

und Arbeitsgruppen, sollen in die Pl<strong>an</strong>ung bei<br />

<strong>der</strong> baulichen Umsetzung mit einfließen.<br />

Im Geistes- und Sozialwissenschaftlichen Zentrum<br />

werden Institute zusammengeführt, die aktuell auf<br />

17 St<strong>an</strong>dorte verteilt sind. Bis zu 350 Beschäftigte<br />

werden im GSZ arbeiten. Rund 3000 Studierende<br />

werden es nutzen. Der neue Campus wird öffentlich<br />

zugänglich sein, wahrscheinlich auch über einen<br />

Durchg<strong>an</strong>g am Steintor-Varieté.<br />

Carsten Heckm<strong>an</strong>n und Ute Olbertz<br />

Kontakt: Dr. Martin Hecht<br />

K<strong>an</strong>zler <strong>der</strong> MLU<br />

Telefon: 0345 55 21010<br />

E-Mail: k<strong>an</strong>zler@uni-halle.de<br />

sc scie scientia ie i nt n ia halensis hal al alen en e si sis 4/2011 4/20 2011 11 varia va vari ri r a 11 111<br />

Entwurf zur Innen<strong>an</strong>sicht<br />

des Bibliotheks-Neubaus –<br />

„Bücher als tragende Pfeiler<br />

des Gebäudes"<br />

(Entwurf: Eßm<strong>an</strong>n/Gärtner/<br />

Nieper Architekten GbR)<br />

Das GSZ im Internet:<br />

www.uni-halle.de/gsz


12 varia scientia halensis 4/2011<br />

bil<strong>der</strong>rätsel<br />

Was zeigt dieses<br />

Bild?<br />

Des Rätsels Lösung ist<br />

wie<strong>der</strong> im <strong>Uni</strong>magazin<br />

versteckt.<br />

Viel Vergnügen beim Lesen<br />

und beim Betrachten <strong>der</strong><br />

Bil<strong>der</strong>! Wer <strong>der</strong> Redaktion<br />

als Erste(r) per Telefon,<br />

E-Mail, Fax o<strong>der</strong> Post die<br />

richtige Lösung übermittelt,<br />

auf die o<strong>der</strong> den wartet<br />

ein Gutschein im Wert<br />

von 15 Euro, einzulösen<br />

im <strong>Uni</strong>-Shop im Marktschlösschen.<br />

Viel Glück!<br />

Das Rätselfoto in <strong>der</strong><br />

scientia halensis 3/11,<br />

Seite 8, zeigte den Henkel<br />

des Erdbeerkörbchens <strong>der</strong><br />

Thüringer Erdbeerkönigen<br />

auf Seite 30. Die<br />

Schnellste, die das Rätsel<br />

löste, war diesmal Babett<br />

Weigel. Sie arbeitet als<br />

Sekretärin <strong>der</strong> Abteilung<br />

Musikpädagogik am<br />

Institut für Musik. Den<br />

versprochenen Gutschein<br />

für den nächsten Einkauf<br />

im <strong>Uni</strong>-Shop hat sie<br />

bereits erhalten.<br />

Zeichnung: Oliver Weiss<br />

„Bitte einmal gemischten Sprachsalat …“<br />

Diesmal mit diversen internationalen<br />

„(Gastro-)Linguistica“<br />

„… Chinesisch braucht kein Mensch!“ Das k<strong>an</strong>n nicht<br />

sein, ich muss mich verguckt haben! An <strong>der</strong> nächsten<br />

Station klärt sich <strong>der</strong> Irrtum auf, ich lese das<br />

G<strong>an</strong>ze: „Dieses Versicherungs-Chinesisch …“, Werbung<br />

einer Versicherungskette. Aufsehen erregen<br />

will die mit dem Spruch – und erreicht ihr Ziel. Obwohl<br />

m<strong>an</strong>cher Bürger allem Fremdartigen mit Skepsis<br />

begegnet, hat es doch oft auch was Anziehendes;<br />

Neugier weckt es immer. Dabei ist die Verwendung<br />

lokaler Attribute zwecks eindeutiger Zuordnung –<br />

Abschreckung/Verlockung – des Gemeinten nicht<br />

neu (m<strong>an</strong> denke <strong>an</strong> „Fachchinesisch“, „Jäger-„ o<strong>der</strong><br />

„Anglerlatein“).<br />

Was „schwedische Gardinen“ (das Gefängnis in <strong>der</strong><br />

Gaunersprache) waren o<strong>der</strong> wofür die „englische<br />

Kr<strong>an</strong>kheit“ st<strong>an</strong>d (für Rachitis, zuerst beschrieben<br />

von einem englischen Arzt) o<strong>der</strong> gar die „fr<strong>an</strong>zösische<br />

[auch: sp<strong>an</strong>ische o<strong>der</strong> gallische] Kr<strong>an</strong>kheit“<br />

(für Syphilis – die natürlich nur <strong>an</strong><strong>der</strong>swo vorkam!),<br />

das war früher allgemein geläufig, auch wenn es sicher<br />

Leute gab, denen das „böhmische Dörfer“ waren<br />

(auf Grund ihrer „Unaussprechlichkeit“ fremd)<br />

und die deshalb gern sagten, so etwas käme ihnen<br />

sp<strong>an</strong>isch vor (diese Redewendung geht auf den 1530<br />

in Bologna gekrönten Kaiser Karl V. zurück).<br />

„Schottische Sparsamkeit“ gilt bis heute, je nach<br />

Lebenslage dem einen als Laster, dem <strong>an</strong><strong>der</strong>n als<br />

Tugend. In jedem Fall aber würde dieselbe ein Hin-<br />

<strong>der</strong>nis sein, „karibische Nächte“ zu genießen o<strong>der</strong><br />

beim „brasili<strong>an</strong>ischen Karneval“ mitzutun.<br />

Ein gewisses Geschmäckle eignet <strong>der</strong> noch immer<br />

gern zitierten „preußischen Pünktlichkeit“ – während<br />

die definitiv diskriminierende Absicht, wenn<br />

jem<strong>an</strong>d von „jüdischer Hast“ o<strong>der</strong> „polnischer Wirtschaft“<br />

sprach, schon vor Jahrzehnten bewirkte,<br />

dass diese Wortgruppen korrekterweise aus dem<br />

Sprachschatz verschwunden sind.<br />

„Wiener Würstchen“, „Amerik<strong>an</strong>er“ und „Russisch<br />

Brot“ (das uns indes witzigerweise keine kyrillischen,<br />

son<strong>der</strong>n lateinische Lettern schmackhaft<br />

macht) sind bis heute positiv konnotiert; „türkischer<br />

Kaffee“ und „Szegediner Goulasch“ (den übrigens<br />

so in Szeged niem<strong>an</strong>d kennt!) sind ein wenig aus<br />

<strong>der</strong> Mode, während m<strong>an</strong> „Schweizer Käse“, „griechischen<br />

Wein“ und „italienisches Eis“ vermutlich<br />

weltweit bekommt. Überhaupt: die Griechen und<br />

die Italiener! Vereint mit den Asiaten (o<strong>der</strong> gegen<br />

sie) bilden sie eine harte Konkurrenz für die (deutsche!)<br />

althergebrachte gutbürgerliche Küche. Das<br />

Fremde reizt und schmeckt!<br />

Schließlich seien noch die nützlichen Baskenmützen<br />

und die Norwegerpullover gen<strong>an</strong>nt, doch wer denkt<br />

dabei <strong>an</strong>s jeweilige Herkunftsl<strong>an</strong>d? Von <strong>der</strong> „portugiesischen<br />

Galeere“ lässt m<strong>an</strong> wohl besser die<br />

Finger, ebenso vom „Russischen Roulette“!<br />

Margarete Wein


Europameister!<br />

Und (k)eine typische Turnierm<strong>an</strong>nschaft<br />

Den MLU-Kickern ist Ende Juni eine kleine Sensation<br />

gelungen. Mit einem spektakulären 2:1-Sieg gegen<br />

die <strong>Uni</strong>fußballer aus Lille konnten sie den EM-Titel<br />

nach Halle bringen. Nach ihrer Heimreise wurden<br />

die glücklichen Sieger fast wie die „g<strong>an</strong>z Großen“<br />

empf<strong>an</strong>gen: Mit einer eigenen F<strong>an</strong>-Delegation, die<br />

extra aus Halle <strong>an</strong>gereist war. Geän<strong>der</strong>t hat sich<br />

für die Kicker <strong>der</strong> <strong>Uni</strong> Halle aber nach <strong>der</strong> Europameisterschaft<br />

in Ist<strong>an</strong>bul nicht viel: „Ich bin am<br />

nächsten Tag wie<strong>der</strong> in die <strong>Uni</strong> geg<strong>an</strong>gen“, so BWL-<br />

Student und VfL-Spieler Martin Wehlert.<br />

„Es ist halt trotzdem nur <strong>Uni</strong>fußball.“ Er habe sich<br />

aber über den Sektempf<strong>an</strong>g bei <strong>der</strong> Ankunft gefreut.<br />

Außerdem waren einige seiner Kommilitonen<br />

<strong>an</strong> den Tagen nach dem Sieg zu ihm gekommen,<br />

um ihm für das tolle Spiel zu gratulieren. Zu den<br />

Gratul<strong>an</strong>ten zählten auch MLU-Rektor Udo Sträter,<br />

Sachsen-Anhalts Wissenschaftsministerin Birgitta<br />

Wolff, Staatssekretär Marco Tullner und Halles<br />

Wirtschaftsdezernent Wolfram Neum<strong>an</strong>n, die mit<br />

<strong>der</strong> MLU-M<strong>an</strong>nschaft zur zehnten L<strong>an</strong>gen Nacht <strong>der</strong><br />

Wissenschaften auf <strong>der</strong> großen Bühne nochmals<br />

den Sieg feierten.<br />

„Vor dieser Leistung haben wir größte Achtung! Unsere<br />

M<strong>an</strong>nschaft hat mit ihrem Abschneiden neue<br />

Maßstäbe gesetzt“, freut sich Sträter.<br />

Er selbst habe das g<strong>an</strong>ze Turnier über auf den Sieg<br />

<strong>der</strong> MLU gehofft. Ein wenig nüchterner schätzt<br />

Trainer Thomas Diedrich den Erfolg ein: „Natürlich<br />

haben wir nicht wirklich damit gerechnet, Europameister<br />

zu werden.“<br />

Eigentlich hatten sie auf einen guten Platz im Mittelfeld<br />

gehofft. Wirklich im Finale zu stehen, damit<br />

habe <strong>der</strong> Trainer nicht gerechnet: „Sicher hätten wir<br />

sonst die Flüge nicht so knapp gebucht…“ Die glücklichen<br />

Sieger sind noch in <strong>der</strong>selben Nacht wie<strong>der</strong><br />

nach Deutschl<strong>an</strong>d geflogen.<br />

Viel Zeit zum Feiern blieb <strong>der</strong> M<strong>an</strong>nschaft auch in<br />

Halle nicht – Ende Juli war die Vorlesungszeit zu Ende<br />

und die Prüfungszeit hatte begonnen.<br />

Ob die MLU-Auswahl bei <strong>der</strong> nächsten Europameisterschaft<br />

wie<strong>der</strong> teilnehmen wird, ist noch unklar.<br />

Bis dahin will Martin zu seinen Fußball-Kollegen<br />

weiter engen Kontakt halten, „sowohl fußballerisch<br />

als auch auf <strong>der</strong> persönlichen Ebene“.<br />

Tom Leonhardt<br />

scientia halensis 4/2011 varia<br />

19 stolze Europameister in<br />

Ist<strong>an</strong>bul. (Foto: privat)<br />

Das Siegtor auf YouTube:<br />

WEBCODE MAG� 2280<br />

QR� CODE<br />

13


14 titelthema scientia halensis 4/2011<br />

titelthema<br />

Bei Luther<br />

in die Lehre gehen<br />

Die <strong>Uni</strong>versität bildet aus. Und zwar nicht nur Studierende. Viele wissen das nicht. Angesichts sinken<strong>der</strong> Bewerberzahlen<br />

startet die Personalabteilung daher eine Werbeoffensive. Zudem richtet sie die Berufsausbildung<br />

strategisch am zukünftigen Personalbedarf aus.<br />

Bild: Astrid Unger und<br />

Dr. Alina Seidel am neuen<br />

Messest<strong>an</strong>d <strong>der</strong> <strong>Uni</strong>, mit dem<br />

zukünftig um Auszubildende<br />

geworben werden wird<br />

(Foto: Maike Glöckner)<br />

Es ist ein trüber Tag, <strong>an</strong> dem die neuen Auszubildenden<br />

begrüßt werden. Von Sommer keine Spur.<br />

Sie müssen sich warm <strong>an</strong>ziehen <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Uni</strong>versität.<br />

Im wörtlichen Sinne, nicht im übertragenen. Die<br />

14 jungen Menschen sind guter Dinge <strong>an</strong> diesem<br />

1. August. „Klar, die erste Zeit wird sicher nicht<br />

leicht werden. Aber wir sind ja nicht auf den Mund<br />

gefallen“, sagt Aline Thomas, <strong>an</strong>gehende Fach<strong>an</strong>gestellte<br />

für Bürokommunikation. „Hauptsache, das<br />

Arbeitsklima ist gut“, ergänzt Beatrix Günther, die<br />

zur Kauffrau für Bürokommunikation ausgebildet<br />

wird. Im Dek<strong>an</strong>at <strong>der</strong> Naturwissenschaftlichen Fakultät<br />

III hat sie bereits ein vierwöchiges Praktikum<br />

absolviert. „Das war super, eine tolle Idee“, lobt ihre<br />

dortige Ausbil<strong>der</strong>in Kerstin Schüler. „Somit wussten<br />

wir frühzeitig, dass die Chemie stimmt.“<br />

Drei gemeinsame Jahre liegen vor Auszubildenden<br />

und Ausbil<strong>der</strong>n. Wer in seiner Lehrzeit gute Leis-


tungen erbringt, wird für ein Jahr übernommen, <strong>der</strong><br />

Beste des Jahrg<strong>an</strong>gs sogar für 15 Monate. Bezahlt<br />

wird nach Tarif, die <strong>Uni</strong>versität bietet kostenfreie<br />

Weiterbildungen. „Unsere Azubis können zudem<br />

viele unterschiedliche Bereiche kennen lernen und<br />

Praktika in <strong>an</strong><strong>der</strong>en Unternehmen machen, auch im<br />

Ausl<strong>an</strong>d“, nennt <strong>Ausbildung</strong>skoordinatorin Astrid<br />

Unger weitere Vorteile. Das Freizeit<strong>an</strong>gebot, zum<br />

Beispiel seitens des <strong>Uni</strong>sportzentrums, könnten sie<br />

natürlich auch nutzen. „Ich würde je<strong>der</strong>zeit zu einer<br />

Bewerbung <strong>an</strong> <strong>der</strong> MLU raten. Die Rahmenbedingungen<br />

sind sehr gut und m<strong>an</strong> sieht wirklich viel<br />

von <strong>der</strong> <strong>Uni</strong>“, sagt Kristin Wernicke, Vorsitzende <strong>der</strong><br />

Jugend- und Auszubildendenvertretung. Die Fach<strong>an</strong>gestellte<br />

für Bürokommunikation hat am Institut für<br />

Informatik gelernt und ist inzwischen unbefristet in<br />

<strong>der</strong> Philosophischen Fakultät III beschäftigt.<br />

Die 22-Jährige könnte glatt als Werbeträgerin fungieren.<br />

Zwar gibt es bisl<strong>an</strong>g keine Pend<strong>an</strong>ts zu<br />

den Studienbotschaftern – aber was nicht ist,<br />

könnte noch werden. Immerhin kam im September<br />

in Magdeburg erstmals ein eigener Messest<strong>an</strong>d<br />

zur Azubi-Werbung zum Einsatz. „Unser Bek<strong>an</strong>ntheitsgrad<br />

als <strong>Ausbildung</strong>sbetrieb muss unbedingt<br />

steigen“, erklärt Dr. Alina Seidel, seit 1. August<br />

Mehr als 30 Berufe im Angebot<br />

Leiterin <strong>der</strong> Personalabteilung, zuvor des Referats<br />

Personalentwicklung. „Die Zahl <strong>der</strong> Bewerber hat<br />

sich in den verg<strong>an</strong>genen Jahren nahezu halbiert,<br />

auch die Qualität <strong>der</strong> Vorbildung hat immens abgenommen.“<br />

Dass die MLU jedes Jahr bis zu 20 neue<br />

Auszubildende einstellt und 18 <strong>Ausbildung</strong>sberufe<br />

vom Biologielabor<strong>an</strong>ten bis zur zahnmedizinischen<br />

Fach<strong>an</strong>gestellten im Angebot hat (siehe Übersicht<br />

unten), scheinen viele junge Leute und <strong>der</strong>en Eltern<br />

nicht zu wissen. Darüber hinaus gibt es noch<br />

eine breite Palette im <strong>Uni</strong>versitätsklinikum: neun<br />

<strong>Ausbildung</strong>srichtungen in Kammer-, zehn weitere<br />

in Gesundheitsfachberufen (mehr dazu auf S. 17).<br />

„Wir haben jetzt <strong>an</strong>gef<strong>an</strong>gen, in Schulen zu gehen<br />

und <strong>Ausbildung</strong>smessen wahrzunehmen“, sagt Alina<br />

Seidel. Es gibt Postkarten, Flyer, ein Rollup. Stets mit<br />

<strong>der</strong> Botschaft: „Wir bilden auch aus.“ In großen Lettern<br />

pr<strong>an</strong>gt sie über dem drei Meter breiten Messest<strong>an</strong>d.<br />

„Natürlich stehen wir auch in Konkurrenz zu<br />

Unternehmen, gerade was die Abiturienten <strong>an</strong>geht.<br />

Im B<strong>an</strong>ken- und Versicherungssektor können Auszubildende<br />

da zum Teil auch mehr verdienen“, weiß<br />

die neue Personalchefin. Zudem spiele für viele Bewerber<br />

die Frage einer möglichen Übernahme die<br />

entscheidende Rolle. „Im Hinblick darauf können<br />

Jeweils rund 60 junge Menschen werden <strong>der</strong>zeit <strong>an</strong> <strong>der</strong> Martin-Luther-<strong>Uni</strong>versität und am <strong>Uni</strong>versitätsklinikum<br />

in 18 bzw. neun Kammerberufen ausgebildet. Gemeinsam erreichen Hochschule<br />

und Klinikum mit ihren Azubis Platz 13 unter den mehr als 2300 <strong>Ausbildung</strong>sbetrieben,<br />

die Mitglied <strong>der</strong> <strong>der</strong> Industrie- und H<strong>an</strong>delskammer Halle-Dessau sind. Darüber hinaus werden<br />

im <strong>Ausbildung</strong>szentrum für Gesundheitsfachberufe des <strong>Uni</strong>versitätsklinikums rund 520 Schüler<br />

in zehn Berufen ausgebildet.<br />

Bei den Kammerberufen im Hochschulbereich h<strong>an</strong>delt es sich um: Biologie-, Chemielabor<strong>an</strong>ten,<br />

Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik, Elektroniker für Geräte und Systeme, Fach<strong>an</strong>gestellte/Kaufleute<br />

für Bürokommunikation, Fach<strong>an</strong>gestellte für Medien- und Informationsdienste,<br />

Fachinformatiker für Systemadministration, Feinwerkmech<strong>an</strong>iker, Gärtner, Mediengestalter, Physiklabor<strong>an</strong>ten,<br />

Tierwirte, Tischler, Ver<strong>an</strong>staltungskaufleute, Verwaltungsfach<strong>an</strong>gestellte, Werkstoffprüfer,<br />

Zahnmedizinische Fach<strong>an</strong>gestellte. Am Klinikum sind es folgende Kammerberufe:<br />

Elektroniker für Automatisierungstechnik/Betriebstechnik, Fachinformatiker Systemintegration,<br />

IT-Systemelektroniker, Kaufleute für Bürokommunikation, Kaufleute im Gesundheitswesen,<br />

Mechatroniker, Medizinischer Fach<strong>an</strong>gestellter, Pharmazeutisch-kaufmännischer Angestellter.<br />

Carsten Heckm<strong>an</strong>n<br />

scientia halensis 4/2011 titelthema<br />

Mehr zur <strong>Ausbildung</strong> am<br />

<strong>Uni</strong>versitätsklinikum:<br />

www.medizin.uni-halle.<br />

de/index.php?id=387<br />

15


16 titelthema scientia halensis 4/2011<br />

Weitere Informationen zum<br />

Thema <strong>Ausbildung</strong> gibt es<br />

über den Menüpunkt „Servicebereiche“<br />

auf <strong>der</strong> Internetseite<br />

<strong>der</strong> Personalabteilung:<br />

http://personal.verwaltung.<br />

uni-halle.de.<br />

QR� CODE<br />

wir erst seit neuestem guten Gewissens für uns<br />

argumentieren.“<br />

Die MLU richtet ihre Berufsausbildung nunmehr<br />

strategisch aus. „Im Kern geht es darum, dass die<br />

<strong>Ausbildung</strong> bedarfsorientiert erfolgen soll, also<br />

ausgerichtet <strong>an</strong> konkreten freien Positionen, die<br />

nachzubesetzen sind“, erläutert Alina Seidel, die<br />

das neue Konzept zusammen mit Fr<strong>an</strong>k Thielicke<br />

auf den Weg gebracht hat, <strong>der</strong> dafür befristet in <strong>der</strong><br />

Personalabteilung beschäftigt war. Die Ausschreibung<br />

für die 23 im kommenden Jahr zu vergebenen<br />

<strong>Ausbildung</strong>splätze erfolgte nun erstmals basierend<br />

auf den Ergebnissen einer Bedarfs<strong>an</strong>alyse.<br />

„Das heißt, wir haben geschaut, wer 2015 die <strong>Uni</strong>versität<br />

verlässt und ob dessen Qualifizierung mit<br />

einer <strong>Ausbildung</strong> zu erreichen ist“, berichtet Alina<br />

Seidel. „Natürlich war auch zu bedenken, dass es<br />

laut Personalpl<strong>an</strong>ung nicht alle entsprechenden<br />

Stellen über 2015 hinaus geben soll. Und selbst von<br />

den verbleibenden Stellen werden wir nicht alle bedienen<br />

können – zudem können wir das G<strong>an</strong>ze lei<strong>der</strong><br />

nicht <strong>an</strong>gehen wie ein Unternehmen.“ In <strong>der</strong> freien<br />

Wirtschaft stelle m<strong>an</strong> sechs Azubis ein, um später<br />

<strong>an</strong> die besten drei von ihnen Stellen zu vergeben.<br />

Aufgrund des festgestellten Bedarfs wird es 2012<br />

erstmals zwei Lehrlinge geben, die zum Anlagenbauer<br />

ausgebildet werden. Aber es fallen, zumindest bis<br />

auf weiteres, eben auch <strong>Ausbildung</strong>sberufe weg:<br />

Glasbläser, Tischler und Ver<strong>an</strong>staltungskaufleute<br />

können in absehbarer Zeit nicht eingestellt werden.<br />

„Natürlich gefällt das nicht allen, schließlich bauen<br />

gerade viele personell nicht so gut ausgestattete<br />

Einrichtungen auf die Mitarbeit <strong>der</strong> Azubis“, sagt<br />

die Personalchefin. „Reibungspunkte wird es also<br />

geben – aber dort, wo es möglich ist, auch flexible<br />

Lösungen.“ Carsten Heckm<strong>an</strong>n<br />

Kontakt: Astrid Unger<br />

<strong>Ausbildung</strong>skoordinatorin<br />

Telefon: 0345 55 21521<br />

E-Mail: astrid.unger@verwaltung.uni-halle.de


In <strong>der</strong> Pflege liegt die Zukunft<br />

Die Menschen werden immer älter. Und kränker.<br />

Über die Vermittlungsquote von Absolventen k<strong>an</strong>n<br />

sich das <strong>Ausbildung</strong>szentrum für Gesundheitsfachberufe<br />

des <strong>Uni</strong>versitätsklinikums Halle deshalb<br />

nicht beschweren. „Die liegt bei nahezu einhun<strong>der</strong>t<br />

Prozent“, sagt die Leiterin des <strong>Ausbildung</strong>szentrums<br />

Dipl.-Stomatologin Carolin Schiewack. Über<br />

500 Schüler absolvieren <strong>der</strong>zeit ihre <strong>Ausbildung</strong><br />

in zehn verschiedenen Fachbereichen. Dazu gehören<br />

Gesundheits- und Kr<strong>an</strong>kenpflege, Geburtshilfe,<br />

Physiotherapie, Logopädie o<strong>der</strong> die Kin<strong>der</strong>kr<strong>an</strong>kenpflege.<br />

D<strong>an</strong>eben werden die Medizinisch-technische<br />

Radiologieassistenz, Laboratoriumsassistenz o<strong>der</strong><br />

Assistenz für Funktionsdiagnostik sowie die Operationstechnische<br />

und Anästhesietechnische Assistenz<br />

<strong>an</strong>geboten.<br />

Gerade bei Pflegeberufen besteht in Zukunft ein<br />

hoher Bedarf <strong>an</strong> Absolventen. Jährlich werden insgesamt<br />

35 Schülerinnen und Schüler für Gesundheits-<br />

und Kr<strong>an</strong>kenpflege, beziehungsweise Kin<strong>der</strong>kr<strong>an</strong>kenpflege<br />

ausgebildet. „Bereits nach einem<br />

dreiwöchigen Theorieblock arbeiten die Schüler<br />

zum ersten Mal auf den Kr<strong>an</strong>kenstationen“, sagt <strong>der</strong><br />

Leiter <strong>der</strong> Gesundheits- und Kr<strong>an</strong>kenpflege Diplom-<br />

Medizinpädagoge Klaus Spichale. Begleitet werden<br />

sie stets von einem Praxisleiter. Einen Anreiz, am<br />

<strong>Uni</strong>klinikum Halle zu bleiben, bietet in diesem Jahr<br />

<strong>der</strong> Leiter für Personalm<strong>an</strong>agement <strong>der</strong> Pflege<br />

Matthias Strauß, <strong>der</strong> verspricht, die besten Absolventen<br />

<strong>der</strong> <strong>Ausbildung</strong> zu übernehmen.<br />

Eine beliebte Berufswahl junger Frauen ist die Hebammenausbildung.<br />

„Das Beson<strong>der</strong>e ist, dass eine<br />

Hebamme selbstständig arbeiten darf und nur bei<br />

pathologischen Fällen einen Arzt hinzuziehen muss“,<br />

sagt Dipl.-Med.-Päd. Sus<strong>an</strong>ne May. Im August dieses<br />

Jahres hat Caroline H<strong>an</strong>isch ihre <strong>Ausbildung</strong><br />

zur Hebamme mit <strong>der</strong> Bewertung „Ausgezeichnet“<br />

abgeschlossen. Damit erhält sie eine Begabtenför<strong>der</strong>ung,<br />

die es ihr ermöglicht, sich weiterzubilden.<br />

Für Carolin H<strong>an</strong>isch endet die <strong>Ausbildung</strong> aber noch<br />

nicht, da sie inzwischen nebenbei Gesundheits- und<br />

Pflegewissenschaften studiert.<br />

Für diesen Bachelorstudieng<strong>an</strong>g k<strong>an</strong>n sich fast je<strong>der</strong><br />

Auszubildende nach dem ersten Halbjahr bewerben.<br />

„Ich denke, das ist eine gute Sache. Das eröffnet mir<br />

mehr Möglichkeiten“, so H<strong>an</strong>isch. Um neben dem<br />

Studium weiterhin praktisch tätig zu sein, arbeitet<br />

sie zudem in einem Geburtshaus. „Die Arbeit mit<br />

den Frauen und den Knirpsen macht mir einfach am<br />

meisten Spaß.“ Maria Preußm<strong>an</strong>n<br />

scientia halensis 4/2011 titelthema<br />

Dipl.-Med.-Päd. Sus<strong>an</strong>ne<br />

May und Hebammenschülerin<br />

Carolin Nolte<br />

(2. <strong>Ausbildung</strong>sjahr) üben <strong>an</strong><br />

einer Puppe (Foto: Katharina<br />

Wullenk)<br />

Mehr zum Artikel unter:<br />

www.uni-halle.de/webcode<br />

WEBCODE MAG� 11315<br />

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17


18 titelthema scientia halensis 4/2011<br />

„Das Chaos unter Kontrolle halten”<br />

Dass Norbert Schirrmeister seine Arbeitszeit nicht im Büro verbringt, sieht m<strong>an</strong> auf den ersten Blick. Wer dem<br />

braungebr<strong>an</strong>nten jungen M<strong>an</strong>n im Bot<strong>an</strong>ischen Garten begegnet, wird ihn zunächst um sein blühendes Arbeitsreich<br />

beneiden. Spätestens beim nächsten Dauerregen o<strong>der</strong> bei den ersten Minusgraden möchte m<strong>an</strong> d<strong>an</strong>n aber<br />

lieber nicht mit dem Freil<strong>an</strong>dgärtner tauschen. Im August 2011 hat er ausgelernt und ist nun <strong>der</strong> erste Gärtner<br />

seit zw<strong>an</strong>zig Jahren, <strong>der</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> MLU ausgebildet und übernommen wurde.<br />

Bild: Norbert Schirrmeister in<br />

seinem Revier, <strong>der</strong> System<strong>an</strong>lage<br />

(Foto: Maike Glöckner)<br />

Auch im Sommer k<strong>an</strong>n seine Arbeit m<strong>an</strong>chmal un<strong>an</strong>genehm<br />

werden. „Wenn es sehr warm wird und m<strong>an</strong><br />

viel am Boden arbeitet, <strong>der</strong> noch zusätzlich Hitze<br />

abstrahlt, ist <strong>der</strong> Garten eine einzige Freiluftsauna“,<br />

sagt <strong>der</strong> 26-Jährige.<br />

Einige Aufgaben in seiner Abschlussprüfung spielten<br />

während <strong>der</strong> Lehrzeit im Bot<strong>an</strong>ischen Garten kaum<br />

eine Rolle. Zum Beispiel das Straußbinden o<strong>der</strong> das<br />

Topfen mit einer Topfmaschine: „In vielen großen<br />

Betrieben läuft das alles maschinisiert ab, vom<br />

Einfüllen <strong>der</strong> Erde bis zum Wässern. Hier machen<br />

wir aber alles von H<strong>an</strong>d. Wir mischen sogar unsere<br />

Substrate selbst.“<br />

In einem gewöhnlichen Gärtnerbetrieb wollte <strong>der</strong><br />

Hallenser nie arbeiten. Nach <strong>der</strong> Schule hatte er<br />

zunächst <strong>an</strong>gef<strong>an</strong>gen, Ethnologie und Arabistik zu<br />

studieren. D<strong>an</strong>n machte er ein Praktikum im Bot<strong>an</strong>ischen<br />

Garten. „Da war mir schnell klar, dass das<br />

die Arbeit ist, die ich machen möchte. Eine <strong>an</strong><strong>der</strong>e<br />

<strong>Ausbildung</strong>sstelle kam für mich nicht in Frage, weil


es in dieser Vielfalt nichts Vergleichbares gibt.“ Als<br />

Reviergärtner ist er im Garten vor allem für die System<strong>an</strong>lage<br />

ver<strong>an</strong>twortlich. Hinter dem technischen<br />

Begriff verbirgt sich eine l<strong>an</strong>ge Reihe von Beeten<br />

mit Pfl<strong>an</strong>zen, die gesät, gezüchtet und gepflegt werden<br />

wollen. „Die System<strong>an</strong>lage zeigt, wie Pfl<strong>an</strong>zen<br />

geordnet und kategorisiert werden können ‒ etwa<br />

nach <strong>der</strong> Anzahl <strong>der</strong> Keimblätter o<strong>der</strong> nach den<br />

Verw<strong>an</strong>dtschaftsbeziehungen“, erklärt er. „Meine<br />

Aufgabe ist es hier, ein Gleichgewicht herzustellen.<br />

Einige Arten wuchern sehr stark und müssen zurückgeschnitten<br />

werden, <strong>an</strong><strong>der</strong>e gedeihen schlechter.“<br />

Im Sommer heißt das: Gießen, Unkraut jäten, nebenbei<br />

Samen sammeln und vor allem „das Chaos<br />

unter Kontrolle halten“. Wenn die Saison vorbei<br />

ist, werden d<strong>an</strong>n die Zwiebeln und Rhizome aus<br />

<strong>der</strong> Erde geholt, die den Frost nicht überstehen<br />

würden. Einjährige Pfl<strong>an</strong>zen müssen ausgerissen<br />

und Samenstände zurückgeschnitten werden. In<br />

den Wintermonaten bleibt Zeit, um Maschinen und<br />

Werkzeuge zu warten, im J<strong>an</strong>uar fängt bereits die<br />

Aussaat wie<strong>der</strong> <strong>an</strong>. Im Frühling wird d<strong>an</strong>n <strong>an</strong>gezüchtet,<br />

ausgesät und <strong>an</strong>gepfl<strong>an</strong>zt.<br />

Für Schirrmeister hört die Gartenarbeit nach dem<br />

Feierabend aber nicht auf. Auch privat hat er viele<br />

Pfl<strong>an</strong>zen und pflegt nebenbei den Garten seiner<br />

Oma. „Der Wunsch, Gärtner zu werden, ist bei mir<br />

im Leben so gewachsen“, sagt er. „Ich war schon<br />

als Kind gern im Garten und das Interesse <strong>an</strong> dieser<br />

Arbeit ist immer bestehen geblieben. Damit, dass<br />

meine <strong>Ausbildung</strong> hier in einer Stelle übergeg<strong>an</strong>gen<br />

ist, ist für mich auch ein Traum in Erfüllung geg<strong>an</strong>gen."<br />

Corinna Bertz<br />

„Viel Fe<strong>der</strong>lesen” im Onlinemagazin: Azubis im Porträt<br />

Felix Semmler und Konrad Sterz lernen Geflügelwirt.<br />

Der eine kommt aus <strong>der</strong> Stadt, <strong>der</strong> <strong>an</strong><strong>der</strong>e vom<br />

L<strong>an</strong>de. Zwei grundverschiedene junge Männer, die<br />

im nutztierwissenschaftlichen Zentrum <strong>der</strong> MLU<br />

in Merbitz dieselbe ungewöhnliche <strong>Ausbildung</strong> absolvieren.<br />

Beide misten sie nicht nur aus, son<strong>der</strong>n<br />

eignen sich wirklich alles übers Fe<strong>der</strong>vieh <strong>an</strong>. Sie<br />

kümmern sich um Masthühner, Legehennen, Puten<br />

und Wachteln. Welche g<strong>an</strong>z unterschiedliche Einstellungen<br />

zu ihrem künftigen Beruf sie schon jetzt<br />

entwickelt haben, das ist alles im Nest – pardon<br />

Netz – nachzulesen.<br />

Doreen Rüdel wollte in ihrer <strong>Ausbildung</strong> das machen,<br />

was sie am meisten interessiert: „Das untersuchen,<br />

was m<strong>an</strong> zu sich nimmt und herausfinden,<br />

was drin ist.“ Wieviel Zucker ist zum Beispiel in einer<br />

Mettwurst? Die <strong>an</strong>gehende Chemielabor<strong>an</strong>tin arbeitet<br />

täglich mit Kolben, Pipetten und Messzylin<strong>der</strong>n.<br />

Was ihr dar<strong>an</strong> so viel Spaß macht, erzählt sie<br />

im Onlinemagazin.<br />

Felix Reißenweber war schon bei größeren Events<br />

als Kameram<strong>an</strong>n unterwegs, wie zum Beispiel dem<br />

Sputnik Springbreak Festival. Er hat im verg<strong>an</strong>genen<br />

Jahr seine <strong>Ausbildung</strong> zum Mediengestalter für Bild<br />

und Ton <strong>an</strong> <strong>der</strong> MLU <strong>an</strong>gef<strong>an</strong>gen. Undine Worbes<br />

absolviert ihre <strong>Ausbildung</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Uni</strong>versitäts- und<br />

L<strong>an</strong>desbibliothek. Mit verstaubten Büchern hat sie<br />

aber selten zu tun. Unter www.magazin.uni-halle.<br />

de berichten beide von ihrer <strong>Ausbildung</strong> und ihrem<br />

Arbeitsalltag. Corinna Bertz und Thomas Liersch<br />

scientia halensis 4/2011 titelthema<br />

Der Bot<strong>an</strong>ische Garten hat<br />

bis 29. Oktober montags<br />

bis freitags von 14 bis 18<br />

Uhr und am Wochenende<br />

und <strong>an</strong> Feiertagen von 10<br />

bis 18 Uhr geöffnet.<br />

Mehr im Internet:<br />

http://www2.biologie.<br />

uni-halle.de/bot/boga/<br />

Konrad Sterz absolviert eine<br />

<strong>Ausbildung</strong> zum Geflügelwirt<br />

(Foto: Maike Glöckner):<br />

Mehr zum Artikel unter:<br />

www.magazin.uni-halle.de/<br />

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19


20 titelthema scientia halensis 4/2011<br />

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Lehrmeister mit Leib und Seele<br />

M<strong>an</strong> könnte Ulrich Zschaege als Urgestein bezeichnen.<br />

O<strong>der</strong> als Vater <strong>der</strong> Komp<strong>an</strong>ie. Vielleicht<br />

würde m<strong>an</strong> ihm damit gerecht. Aber dem 62-Jährigen<br />

wären solcherlei Schlagwörter wohl ziemlich<br />

un<strong>an</strong>genehm. Klar, stolz ist er auf das, was er Besuchern<br />

in den Werkstätten des Instituts für Physik<br />

am Von-D<strong>an</strong>ckelm<strong>an</strong>n-Platz zeigen k<strong>an</strong>n. Aber er<br />

bleibt unaufgeregt, wählt wenige, dafür präzise<br />

Worte. „Auf die Genauigkeit kommt es <strong>an</strong>“, sagt er.<br />

Und meint seinen Beruf, den er hier jungen Leuten<br />

weitervermittelt.<br />

1967 hat Zschaege selbst als Lehrling <strong>an</strong> <strong>der</strong> MLU<br />

<strong>an</strong>gef<strong>an</strong>gen, damals im Hof des <strong>Uni</strong>-Gebäudes am<br />

Friedem<strong>an</strong>n-Bach-Platz, wo <strong>der</strong> wissenschaftliche<br />

Gerätebau <strong>an</strong>gesiedelt war. Feinmech<strong>an</strong>iker ist er<br />

geworden. In den Siebzigern folgte <strong>der</strong> Meisterlehrg<strong>an</strong>g.<br />

Nach dessen Abschluss hat <strong>der</strong> Hallenser<br />

ununterbrochen ausgebildet, seit acht Jahren<br />

alleinver<strong>an</strong>twortlich. Zwei Azubis sind es zurzeit.<br />

Der Beruf heißt inzwischen Feinwerkmech<strong>an</strong>iker,<br />

die grundlegenden Tätigkeiten sind die gleichen<br />

geblieben: Feilen, Fräsen, Drehen. „Inzwischen sind<br />

natürlich auch Maschinen zu bedienen, die computergesteuert<br />

Werkstücke herstellen. Es h<strong>an</strong>delt sich<br />

eben um einen sehr vielseitigen H<strong>an</strong>dwerksberuf.“<br />

Eine Grundausbildung dafür sei „Gold wert“. Umso<br />

unverständlicher findet es Zschaege, dass es Lehrlingen<br />

mitunter <strong>an</strong> Bereitschaft m<strong>an</strong>gelt, sie sich d<strong>an</strong>eben<br />

benehmen o<strong>der</strong> nicht zur Arbeit erscheinen.<br />

„Wenn wir hier nur Ärger und Aufregung haben, ist<br />

das schlecht. Aber zum Glück kommt das äußerst<br />

selten vor.“ Zschaege mag seinen Job und seine<br />

Rolle, die er darin sieht, „Menschen in den Beruf<br />

zu führen, aber auch dabei zu helfen, sich im Alltag<br />

zurechtzufinden“.<br />

Es sei nicht immer leicht, die Ver<strong>an</strong>twortung zu<br />

schultern und im Alltagsstress Zeit zu finden für<br />

die Bel<strong>an</strong>ge des Nachwuchses, berichtet Dorothea<br />

Rudolf, die seit 1999 Ausbil<strong>der</strong>in in <strong>der</strong> <strong>Uni</strong>versitäts-<br />

und L<strong>an</strong>desbibliothek ist.<br />

„Aber es ist immer wie<strong>der</strong> aufs Neue eine gute<br />

Erfahrung, mit jungen Leuten in Kontakt zu sein.<br />

Und für sie ist es unheimlich wichtig, einen Beruf<br />

zu erlernen.“ Fach<strong>an</strong>gestellte für Medien- und Informationsdienste<br />

bildet die Fachreferentin für Sozialwissenschaften<br />

aus. Von <strong>der</strong> Ausleihe über den<br />

Büchererwerb bis hin zur Katalogisierung reicht die<br />

Tätigkeitspalette.<br />

Fünf Auszubildende betreut Dorothea Rudolf <strong>der</strong>zeit.<br />

„Wir haben es hier mit Individuen zu tun – auf<br />

beiden Seiten“, umschreibt sie diplomatisch, dass<br />

nicht immer eitel Sonnenschein herrscht. Aber die<br />

Ausbil<strong>der</strong>in brennt für ihre Aufgabe, unterstützt die<br />

Azubis nach eigenen Worten, wo immer es geht. Sie<br />

motiviert sie auch, Praktika im Ausl<strong>an</strong>d zu machen.<br />

Alles in einer <strong>an</strong><strong>der</strong>en Sprache zu machen, das traue<br />

sich nicht je<strong>der</strong>. Aber die Erfahrung sei unheimlich<br />

wertvoll, auch in fachlicher Hinsicht. Zwar könne<br />

m<strong>an</strong> recherchieren, wie Bibliotheken in <strong>an</strong><strong>der</strong>en<br />

Län<strong>der</strong>n org<strong>an</strong>isiert sind. Aber bei aller Liebe zum<br />

gedruckten Wort: „Etwas gelebt zu haben ist eben<br />

mehr als es nur gelesen zu haben.“<br />

Carsten Heckm<strong>an</strong>n<br />

Kontakt: Ulrich Zschaege<br />

Feinmech<strong>an</strong>ische Werkstatt<br />

Telefon: 0345 55 252571<br />

E-Mail: zschaege@physik.uni-halle.de<br />

Kontakt: Dorothea Rudolf<br />

<strong>Uni</strong>versitäts- und L<strong>an</strong>desbibliothek Sachsen-Anhalt<br />

Telefon: 0345 55 22139<br />

E-Mail: dorothea.rudolf@bibliothek.uni-halle.de<br />

scientia halensis 4/2011 titelthema<br />

Dorothea Rudolf<br />

Bild links: Ulrich Zschaege<br />

(r.) mit seinem Auszubildenden<br />

Claudius George.<br />

(Fotos: Carsten Heckm<strong>an</strong>n)<br />

40 Ausbil<strong>der</strong> gibt es <strong>an</strong> <strong>der</strong><br />

MLU. Sie sind als solche<br />

sozusagen ehrenamtlich<br />

tätig. Am 13. September<br />

(nach Redaktionsschluss<br />

dieser Ausgabe) kamen sie<br />

am ersten „Ausbil<strong>der</strong>tag“<br />

zusammen, um sich auszutauschen<br />

und zu vernetzen.<br />

Auch einen „Tag<br />

<strong>der</strong> Azubis“ gibt es: am<br />

18. Oktober zum zweiten<br />

Mal.<br />

21


22 studieren, lehren, leben scientia halensis 4/2011<br />

studieren, lehren, leben<br />

Mit dem iPad auf Visite<br />

Seit 1717 – als erstmals in den Fr<strong>an</strong>ckeschen Stiftungen zu Halle klinischer Unterricht stattf<strong>an</strong>d – werden in<br />

<strong>der</strong> Saalestadt Ärzte ausgebildet. Die Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>an</strong> eine solche <strong>Ausbildung</strong> wachsen und sind stets von<br />

Verän<strong>der</strong>ungen geprägt. An <strong>der</strong> Medizinischen Fakultät und dem <strong>Uni</strong>versitätsklinikum in Halle führt eine<br />

innovative Idee zu einer weiteren Verbesserung <strong>der</strong> Lehre.<br />

Bild: Prof. Dr. Wolfg<strong>an</strong>g<br />

Marsch nutzt das iPad auf<br />

<strong>der</strong> Visite mit seinen Studierenden<br />

(Foto: Silvio Kison)<br />

Beispielhaft für den hohen Stellenwert <strong>der</strong> <strong>Ausbildung</strong><br />

ist <strong>der</strong> erstmals von <strong>der</strong> Medizinischen Fakultät<br />

<strong>der</strong> Martin-Luther-<strong>Uni</strong>versität verliehene Lehrpreis.<br />

„Die Fakultät würdigt damit Anstrengungen<br />

<strong>der</strong> Lehrenden, die <strong>Ausbildung</strong> <strong>der</strong> Medizinstudierenden<br />

nachhaltig zu verbessern“, sagt Studiendek<strong>an</strong><br />

Prof. Dr. Dieter Körholz. Der Lehrpreis wird einmal<br />

jährlich verliehen. In diesem Jahr wurden zehn<br />

K<strong>an</strong>didaten vorgeschlagen. Am Ende entschied sich<br />

das Preiskomitee – bestehend aus dem Studiendek<strong>an</strong>,<br />

sechs Studierenden und zwei Hochschullehrern<br />

– einstimmig für den renommierten und unter den<br />

Studierenden sehr beliebten Dermatologen Prof.<br />

Dr. Wolfg<strong>an</strong>g Marsch. Die Verleihung erfolgte im<br />

Rahmen <strong>der</strong> diesjährigen L<strong>an</strong>gen Nacht <strong>der</strong> Wissenschaften<br />

<strong>der</strong> MLU.<br />

Computer stellt Heilungsdynamik dar<br />

Professor Marsch folgte 1993 einem Ruf nach Halle,<br />

forscht seither <strong>an</strong> <strong>der</strong> MLU und engagiert sich in <strong>der</strong><br />

akademischen Lehre. Bevor er nach Halle kam, war<br />

er in Fr<strong>an</strong>kfurt am Main tätig. In dieser Zeit war er<br />

unter <strong>an</strong><strong>der</strong>em auch mehrere Jahre Dek<strong>an</strong> für Studium<br />

und Lehre. Derzeit ist Wolfg<strong>an</strong>g Marsch Direktor


<strong>der</strong> Klinik für Dermatologie und Venerologie am <strong>Uni</strong>versitätsklinikum<br />

und scheut auch nicht vor neuen<br />

Entwicklungen zurück. So vermittelt er seit einem<br />

halben Jahr mit Hilfe von tragbaren Kleincomputern<br />

Lerninhalte direkt am Patienten. „Die Idee entst<strong>an</strong>d<br />

bei einer Visite und durch die Anregung meines<br />

Kollegen Professor Dr. Joh<strong>an</strong>nes Wohlrab“, erklärt<br />

Marsch. Kurz d<strong>an</strong>ach wurden zehn Apple iPads für<br />

einen Stückpreis von 500 Euro <strong>an</strong>geschafft und seitdem<br />

in <strong>der</strong> Lehre eingesetzt.<br />

Sie werden bei vorlesungsbegleitenden Visiten <strong>an</strong><br />

die Studierenden verteilt, um die Inhalte <strong>der</strong> einzelnen<br />

Lerninhalte noch einmal bildlich darzustellen.<br />

„Wir sind so in <strong>der</strong> Lage, Bil<strong>der</strong> <strong>der</strong> einzelnen Kr<strong>an</strong>kheiten<br />

mit auf die Visite zu nehmen und am Patienten<br />

direkt zu zeigen. M<strong>an</strong> k<strong>an</strong>n so sehr gut den<br />

Ausg<strong>an</strong>gsbefund mit dem Ist-Befund vergleichen<br />

und hierdurch die Heilungsdynamik darstellen“,<br />

erklärt Marsch. Dabei seien die Patienten ebenso<br />

davon begeistert, ihren Kr<strong>an</strong>kheitsverlauf während<br />

<strong>der</strong> Visite noch einmal per Diashow nachvollziehen<br />

zu können, wie die Studierenden. Neben den Patientenbil<strong>der</strong>n<br />

sind die Computer auch mit sämtlichen<br />

Lerninhalten <strong>der</strong> Vorlesung versehen. „So k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong><br />

bei Fragen auf <strong>an</strong><strong>der</strong>e Inhalte <strong>der</strong> Vorlesung direkt<br />

vor Ort zugreifen.“<br />

i-Pads erfreuen sich großer Beliebtheit<br />

Dabei ist <strong>der</strong> Einsatz von iPads in diesem Bereich<br />

auch vom Hersteller Apple so gedacht. Der Verkaufsstart<br />

<strong>der</strong> ersten Generation des iPads beg<strong>an</strong>n<br />

Anf<strong>an</strong>g April 2010 in den USA. In Deutschl<strong>an</strong>d ist es<br />

scientia halensis 4/2011 studieren, lehren, leben<br />

seit Ende Mai 2010 ebenfalls erhältlich. Noch werden<br />

solche tragbaren Kleincomputer <strong>an</strong> <strong>der</strong> MLU<br />

nur von Prof. Marsch eingesetzt. „Ich bin allerdings<br />

offen für Anfragen und teile gerne meine Erfahrungen<br />

mit <strong>an</strong><strong>der</strong>en Kollegen“, so <strong>der</strong> Dermatologe.<br />

Den Lehrpreis selbst erhielt er natürlich nicht nur<br />

wegen seiner Idee mit den iPads, son<strong>der</strong>n hauptsächlich<br />

für sein l<strong>an</strong>gjähriges Engagement in <strong>der</strong><br />

akademischen Lehre. „Sein gut strukturiertes und<br />

methodisch-didaktisch abgestimmtes Lehrkonzept<br />

für Vorlesungen und Praktikum in seinem Fachgebiet<br />

wird von den Studierenden stets mit den Bestnoten<br />

bewertet“, sagt Dek<strong>an</strong> Professor Dr. Michael<br />

Gekle. Marsch selbst sieht das ähnlich. „Ich denke,<br />

dass die Idee das Sahnehäubchen ist, aber sicherlich<br />

nicht <strong>der</strong> Hauptgrund für die Verleihung eines solchen<br />

Preises“, so <strong>der</strong> engagierte Professor.<br />

Zusammen mit <strong>der</strong> Auszeichnung für seine großartige<br />

Leistung in <strong>der</strong> Lehre erhielt Professor Marsch<br />

zusätzlich 10.000 Euro. Geld, das er nun wie<strong>der</strong> in<br />

neue Ideen im Bereich Forschung und Lehre einsetzen<br />

k<strong>an</strong>n. Was genau er aber damit machen wird,<br />

dass wisse er noch nicht genau. „Wobei ich mir sicher<br />

bin, dass dabei die Lehre die Domin<strong>an</strong>z haben<br />

wird“, deutet er bereits <strong>an</strong>. Silvio Kison<br />

Kontakt: Prof. Dr. Wolfg<strong>an</strong>g Marsch<br />

<strong>Uni</strong>versitätsklinik und Poliklinik für Dermatologie und<br />

Venerologie<br />

Telefon: 0345 55 73925<br />

E-Mail: wolfg<strong>an</strong>g.marsch@medizin.uni-halle.de<br />

„Skills Lab“: Mit Kunstblut und Hightech lernen<br />

Auf etwa 500 Quadratmetern können Medizinstudierende seit Mai 2011 ihre Fähigkeiten <strong>an</strong><br />

lebensgroßen Puppen so l<strong>an</strong>ge trainieren, bis je<strong>der</strong> H<strong>an</strong>dgriff sitzt. Sogar für das nötige Kunstblut<br />

ist gesorgt. Bluttr<strong>an</strong>sfusionen, Injektionen, Infusionen, das Legen eines Blasenkatheters<br />

und vieles mehr k<strong>an</strong>n zukünftig in <strong>der</strong> neu eingerichteten Lernklinik <strong>an</strong> <strong>der</strong> Magdeburger Straße<br />

geübt werden. Neben einfachen h<strong>an</strong>dwerklichen Fähigkeiten sollen die Studierenden auch die<br />

Kommunikation mit dem Patienten erlernen. In eigens dafür eingerichteten Patientenzimmern<br />

können die <strong>an</strong>gehenden Ärzte <strong>an</strong> „Schauspielpatienten“ den richtigen Umg<strong>an</strong>g mit Kr<strong>an</strong>ken und<br />

Angehörigen trainieren. Das sogen<strong>an</strong>nte „Skills Lab“ <strong>an</strong> <strong>der</strong> Medizinischen Fakultät wird durch<br />

die Fakultät fin<strong>an</strong>ziert und kostet im ersten Jahr etwa 200.000 Euro. Corinna Bertz<br />

„Mit dem iPad<br />

k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> den<br />

Ausg<strong>an</strong>gsbefund<br />

sehr gut mit<br />

dem Ist-Befund<br />

vergleichen.“<br />

Prof. Dr. W. Marsch<br />

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scientia halensis 4/2011 studieren, lehren, leben<br />

Toler<strong>an</strong>z-Debatten am Weißen Meer<br />

Deutsche und russische Studierende arbeiten <strong>an</strong> gemeinsamem Medienprojekt<br />

Was bedeutet Toler<strong>an</strong>z? Dieser Frage gingen im<br />

Mai dieses Jahres die Mitglie<strong>der</strong> des interkulturellen<br />

Medienprojekts mediA≡H in Arch<strong>an</strong>gelsk am<br />

Weißen Meer nach. Seit November 2004 existiert<br />

die studentische Initiative. Einmal im Jahr fahren<br />

entwe<strong>der</strong> Studierende <strong>der</strong> MLU <strong>an</strong> die Pomoren-<br />

<strong>Uni</strong>versität Arch<strong>an</strong>gelsk in Nordrussl<strong>an</strong>d o<strong>der</strong> es<br />

kommen Studierende <strong>der</strong> Partneruniversität zum<br />

Workshop nach Halle.<br />

„Der Impuls kam von <strong>der</strong> russischen Seite. Wir haben<br />

versucht, uns diesem komplexen und auch sehr<br />

schwierigen Thema <strong>der</strong> Toler<strong>an</strong>z durch mediale Umsetzung<br />

zu nähern“, erklärt Elli Mack. Sie studiert im<br />

zehnten Fachsemester <strong>an</strong> <strong>der</strong> MLU und ist seit ihrer<br />

Zeit als Sprachassistentin in Arch<strong>an</strong>gelsk im Herbst<br />

2006 dabei. Anf<strong>an</strong>gs sprachen die Teilnehmer über<br />

den Begriff im Allgemeinen. „Es wurde schnell klar,<br />

dass wir davon alle unterschiedliche Vorstellungen<br />

haben – nicht nur zwischen <strong>der</strong> russischen und deutschen<br />

Gruppe gab es Unterschiede, auch innerhalb<br />

<strong>der</strong> Län<strong>der</strong>gruppen“, erklärt die Studentin.<br />

Deshalb wollten sich die 16 deutschen und 15<br />

russischen Studierenden dem Begriff durch unterschiedliche<br />

Ausdruckformen nähern. So entst<strong>an</strong>den<br />

in diesen Tagen ein Kurzfilm, ein Podcast, eine Fotostrecke,<br />

mehrere Blogartikel und kleine Improvisationstheaterstücke,<br />

die direkt vor Ort aufgeführt<br />

wurden. „Speziell die Filmgruppe, zu <strong>der</strong> ich gehört<br />

habe, hat versucht, einen Kurzfilm zu gestalten, <strong>der</strong><br />

den Zuschauern die Möglichkeit gibt, sich selbst<br />

über ihre Vorstellung von Toler<strong>an</strong>z klar zu werden“,<br />

erklärt Elli Mack. Neben <strong>der</strong> Arbeit in den einzelnen<br />

Gruppen ging es aber auch um das Mitein<strong>an</strong><strong>der</strong>.<br />

„Wir lebten in Gastfamilien und haben neben <strong>der</strong><br />

praktischen Arbeit auch viel erlebt“, erinnert sich<br />

Mack. So besuchten sie am Abend Konzerte und<br />

Kurzfilmabende o<strong>der</strong> erfuhren tagsüber bei Stadtführungen,<br />

Ausflügen ins Grüne nach Malye Karley<br />

o<strong>der</strong> bei Schulbesuchen mehr über L<strong>an</strong>d und Leute.<br />

„Diese Reise war ein unbeschreibliches Erlebnis! Wir<br />

haben sehr viel gelacht, sehr viel Spaß gehabt und<br />

dennoch viel geschafft“, sagt auch <strong>der</strong> hallesche<br />

Student Vitalij Dajev, <strong>der</strong> bereits zum zweiten Mal<br />

mit dabei war.<br />

Aber auch Neumitglie<strong>der</strong> wie die Hallenserin Fr<strong>an</strong>ziska<br />

Samos waren begeistert: „Eigentlich k<strong>an</strong>n ich<br />

kein konkretes Erlebnis benennen, da alles, was ich<br />

mit mediA≡H erlebt habe, großartig war. Ein schöner<br />

Moment war <strong>der</strong> Abschlussabend im Juli in <strong>der</strong><br />

Goldenen Rose in Halle, wo wir unsere Ergebnisse<br />

präsentieren konnten. Es war schön zu sehen, dass<br />

sich ‚fremde‘ Menschen für unser Projekt und unsere<br />

Arbeit interessieren.“ Das Projekt wird von DAAD,<br />

StuRa, Fachschafträten und <strong>der</strong> MLU unterstützt.<br />

Die Vereinigung <strong>der</strong> Freunde und För<strong>der</strong>er <strong>der</strong><br />

Martin-Luther-<strong>Uni</strong>versität Halle-Wittenberg e.V. fin<strong>an</strong>zierte<br />

bereits zum dritten Mal die Durchführung<br />

<strong>der</strong> abschließenden Präsentationsver<strong>an</strong>staltungen.<br />

Silvio Kison<br />

Kontakt: Interkulturelles Medienprojekt mediA≡H<br />

Büro: Ludwig-Wucherer-Str. 81<br />

E-Mail: medienprojekt.ah@googlegroups.com<br />

Internet: www.mediah.de<br />

Das Medienprojekt sucht<br />

immer neue Mitglie<strong>der</strong>.<br />

Derzeit wird die nächste<br />

Workshopwoche in Halle<br />

im Jahr 2012 gepl<strong>an</strong>t. Ein<br />

Thema steht noch nicht<br />

fest. Wer sich einbringen<br />

möchte, k<strong>an</strong>n sich je<strong>der</strong>zeit<br />

<strong>an</strong> die Gruppe wenden.<br />

Keine Ch<strong>an</strong>ce für Hunde,<br />

Raucher, Eisesser o<strong>der</strong><br />

Rollschuhläufer: In einem<br />

Supermarkt in Arch<strong>an</strong>gelsk<br />

wird wenig toleriert<br />

(Foto: Nikolaus Weihe)<br />

25


26 studieren, lehren, leben scientia halensis 4/2011<br />

Gehört Ethik tatsächlich<br />

in ein Bio-Studium?<br />

Diskutieren Sie mit:<br />

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Bio? Aber bitte mit Ethik!<br />

Wie weit darf Genforschung gehen? Sind Tierversuche<br />

ethisch vertretbar? Und welche Grenzen gibt<br />

es bei <strong>der</strong> Sterbehilfe? Fragen <strong>der</strong> Bioethik werden<br />

in <strong>der</strong> Öffentlichkeit immer wie<strong>der</strong> heiß diskutiert.<br />

Im Studium <strong>der</strong> Biologie sind sie allerdings kaum ein<br />

Thema. Eine Gruppe von Studierenden <strong>an</strong> <strong>der</strong> MLU<br />

will das än<strong>der</strong>n. Die „Studentische För<strong>der</strong>initiative<br />

<strong>der</strong> Naturwissenschaften“ bietet ab Oktober bereits<br />

zum zweiten Mal ein Studienmodul zur Bioethik <strong>an</strong>.<br />

„Bei den Theologen gibt es ein Bioethik-Seminar,<br />

aber in den Naturwissenschaften nicht. Das ist<br />

schade und auch ein bisschen absurd“, findet die<br />

Biologiestudentin Julia Dieskau. Über aktuelle Forschungsvorhaben<br />

wird in <strong>der</strong> Vorlesung intensiv<br />

diskutiert, aber ethische Aspekte werden eher<br />

selten <strong>an</strong>gesprochen. „Es stimmt, dass Bioethik im<br />

Studium zurzeit kaum eine Rolle spielt“, bestätigt<br />

Prof. Isabell Hensen, die Prodek<strong>an</strong>in für Lehre <strong>an</strong><br />

<strong>der</strong> Naturwissenschaftlichen Fakultät II. Eine naturwissenschaftliche<br />

<strong>Ausbildung</strong> sollte sich auch<br />

auf die Naturwissenschaften beziehen, finden die<br />

meisten befragten Biowissenschaftler. Diskussionen<br />

über ethische Fragen schließen sie aber nicht aus.<br />

„Natürlich ist es für Biologen wichtig, dass sie eine<br />

ethische Denkweise lernen, aber genauso wichtig ist<br />

es beispielsweise, dass sie betriebswirtschaftliche<br />

und patentrechtliche Kenntnisse erwerben. Das<br />

können wir in <strong>der</strong> Genetik ebenfalls nicht sinnvoll<br />

<strong>an</strong>bieten“, findet <strong>der</strong> Pfl<strong>an</strong>zengenetiker Dr. Jens<br />

Boch. „Vielleicht ist für das Angebot solcher <strong>an</strong>grenzen<strong>der</strong><br />

Fachgebiete <strong>der</strong> SFI gut geeignet.“<br />

Ab 24. Oktober werden aller zwei Wochen Referenten<br />

über Themen wie Sterbehilfe, Gentechnik<br />

o<strong>der</strong> Org<strong>an</strong>spende sprechen. „Unser Ziel ist es<br />

dabei nicht so sehr, Stellung zu beziehen, son<strong>der</strong>n<br />

den interdisziplinären Dialog <strong>an</strong>zuregen und die<br />

verschiedenen Meinungen zusammenzubringen,<br />

um einen gemeinsamen Konsens zu finden o<strong>der</strong> ihm<br />

zumindest näher zu kommen“, erläutert Org<strong>an</strong>isatorin<br />

Julia Dieskau. Corinna Bertz


Bloggen aus <strong>der</strong> Vormo<strong>der</strong>ne<br />

Alte Geschichte und neue Medien ‒ für viele passt<br />

das bis heute nicht beson<strong>der</strong>s gut zusammen. „Eine<br />

gewisse Scheu ist da zum Teil noch zu erkennen“,<br />

gibt Dr. Katrin Moeller zu. Und die wenigsten Studiengänge<br />

bieten beides im Tiefg<strong>an</strong>g. „Aber <strong>der</strong> Markt<br />

dafür ist da“, ist die bloggende Historikerin überzeugt.<br />

Sie sorgt dafür, das am halleschen Institut für<br />

Geschichte schon länger fleißig gebloggt und gepostet<br />

wird. Blogs sind ein wichtiger Best<strong>an</strong>dteil ihrer<br />

Seminare. „Nur so erfährt je<strong>der</strong>, wie m<strong>an</strong> bloggt und<br />

welche Schwierigkeiten dabei auftreten können.“<br />

In ihrem letzten Seminar haben die Studenten ein<br />

gemeinsames Blog als wissenschaftliche Plattform<br />

aufgebaut, in dem sie über ihre Projektarbeiten<br />

schrieben. Damit sind die virtuellen Möglichkeiten<br />

<strong>der</strong> technikbegeisterten Dozentin aber längst nicht<br />

ausgeschöpft. Um im Netz weiterdiskutieren zu<br />

können, haben ihre Seminarteilnehmer ein eigenes<br />

kleines Content M<strong>an</strong>agement System namens<br />

„Noctua“ gebastelt. Auch ein Chat wurde in <strong>der</strong><br />

Lehrver<strong>an</strong>staltung <strong>an</strong>geboten. „Inwieweit <strong>der</strong> genutzt<br />

wurde, weiß ich zwar nicht. Aber das Schöne<br />

am Netz ist ja, dass m<strong>an</strong> all diese verschiedenen<br />

Möglichkeiten <strong>an</strong>wenden k<strong>an</strong>n und trotzdem nicht<br />

auf ein Medium festgelegt ist.“<br />

Schon als Kind hat Katrin Moeller gerne den von<br />

ihrem Bru<strong>der</strong> selbstgebastelten PC ausein<strong>an</strong><strong>der</strong>genommen,<br />

erzählt sie: „Das Ding war ständig kaputt.<br />

Ich habe gerne dar<strong>an</strong> herumgeschraubt und<br />

dadurch sehr viel über Computer gelernt.“ Für die<br />

Berufswahl war trotzdem das Interesse <strong>an</strong> Geschichte,<br />

insbeson<strong>der</strong>e <strong>an</strong> <strong>der</strong> Vormo<strong>der</strong>ne, ausschlag-<br />

Dr. Katrin Moeller<br />

(Foto: Maike Glöckner)<br />

scientia halensis 4/2011 studieren, lehren, leben<br />

gebend. Auf mo<strong>der</strong>ne Technik hat die engagierte<br />

Historikerin dennoch nie verzichtet. Am Institut für<br />

Geschichte leitet sie die Abteilung „Neue Medien<br />

und qu<strong>an</strong>titative Methoden“ und das Historische<br />

Datenzentrum Sachsen-Anhalt.<br />

Auf dem großen geschichtswissenschaftlichen Online-Portal<br />

„historicum.net“ betreut sie außerdem<br />

den Bereich <strong>der</strong> Hexenforschung. Im Wintersemester<br />

sollen jetzt dazu in einem Master-Seminar<br />

Film<strong>an</strong>imationen umgesetzt werden. „In dem Bereich<br />

habe ich in letzter Zeit viel probiert, unter<br />

<strong>an</strong><strong>der</strong>em weil ich mit meinen Kin<strong>der</strong>n zusammen<br />

ein paar Brickfilme gedreht habe.“ Über 1.000 Einzelaufnahmen<br />

von Legofiguren werden in Brickfilmen<br />

zusammengefügt, um die Figuren zu <strong>an</strong>imieren.<br />

Das jüngste Blog-Projekt am Institut für Geschichte<br />

ging noch vor dem Semesterstart online: In<br />

„Praktikabel“ sollen Studenten über ihre Praktika<br />

berichten. Denn das wertvollste <strong>an</strong> den Blogs und<br />

Online-Portalen ist für sie <strong>der</strong> Wissensaustausch,<br />

<strong>der</strong> dadurch möglich wird. „Diese Medien haben in<br />

den Geschichtswissenschaften eine Wissensrevolution<br />

ausgelöst. Für das, was in den nationalen Digitalisierungsprojekten<br />

online zur Verfügung gestellt<br />

wird, wäre ich sonst fünf Jahre l<strong>an</strong>g durchs L<strong>an</strong>d<br />

gereist!“ Corinna Bertz<br />

Kontakt: Dr. Katrin Moeller<br />

Wirtschafts- und Sozialgeschichte<br />

Telefon: 0345 55 24286<br />

E-Mail: katrin.moeller@geschichte.uni-halle.de<br />

Die Geschichts-Blogs im Überblick:<br />

„Es reicht nicht,<br />

nur über neue<br />

Medien zu sprechen,<br />

sie müssen selbst<br />

ausprobiert werden“<br />

Dr. Katrin Moeller<br />

Was hat die mo<strong>der</strong>ne Berufswelt<br />

mit <strong>der</strong> Arbeitswelt <strong>der</strong><br />

Vormo<strong>der</strong>ne gemeinsam? Das<br />

verrät Dr. Katrin Moeller im<br />

Online-Interview zu ihrer<br />

Forschungsarbeit. www.unihalle.de/webcode<br />

WEBCODE MAG� 11320<br />

QR� CODE<br />

• „Praktikabel“ ‒ Ein Blog über Praktika im Geschichtsstudium:<br />

http://blogs.urz.uni-halle.de/praktikabel<br />

• „Porta Nova“ ‒ Studenten bloggen über neue Medien in den Geschichtswissenschaften:<br />

http://blogs.urz.uni-halle.de/port<strong>an</strong>ova<br />

• „Noctua“ ‒ Studentische Rezensionen zu Lehr- und Lernsoftware für Historiker:<br />

http://www.histdata.uni-halle.de/noctua<br />

• „Haseneger, Bolettenweiber und Rosstäuscher“ ‒ Ein Blog über verschwundene Arbeit<br />

und historische Berufe: http://blogs.urz.uni-halle.de/alteberufe<br />

27


28 forschen und publizieren scientia halensis 4/2011<br />

forschen und publizieren<br />

Auf <strong>der</strong> Spur <strong>der</strong><br />

Nazi-Fotografen<br />

Der Propag<strong>an</strong>daapparat <strong>der</strong> Nazis funktionierte tadellos. Die dafür arbeitenden Fotografen trugen einen<br />

entscheidenden Teil dazu bei. Harriet Scharnberg untersucht in ihrer Promotion die Aufnahmen <strong>der</strong> Propag<strong>an</strong>dakomp<strong>an</strong>ien<br />

<strong>der</strong> Wehrmacht. Nebenbei gab sie <strong>der</strong> New York Times und dem Besitzer eines rätselhaften<br />

Nazi-Fotoalbums den entscheidenden Tipp und sorgte so für mediales Aufsehen.<br />

Bild oben: Das private<br />

Fotoalbum, das in New York<br />

auftauchte, enthält Fotos von<br />

<strong>der</strong> Ostfront im 2. Weltkrieg<br />

(Quelle: privat, via New<br />

York Times LensBlog)<br />

Seit 2005 schreibt Harriet Scharnberg <strong>an</strong> <strong>der</strong> Martin-Luther-<strong>Uni</strong>versität<br />

am Lehrstuhl für Neuere und<br />

Neueste Geschichte bei Professor M<strong>an</strong>fred Hettling<br />

<strong>an</strong> Ihrer Promotion mit dem Titel: „Propag<strong>an</strong>dabil<strong>der</strong>.<br />

Judenfeindliche Pressefotos 1938-1943: Die<br />

Propag<strong>an</strong>dakomp<strong>an</strong>ien und die illustrierte Presse“.<br />

„Die Kriegspropag<strong>an</strong>da setzt 1938 ein. In dieser Zeit<br />

wurden zum einen die ersten Propag<strong>an</strong>dakomp<strong>an</strong>ien<br />

aufgestellt. Zum <strong>an</strong><strong>der</strong>en war die Reichskristallnacht<br />

im November 1938 Anlass für die erste <strong>an</strong>tise-<br />

mitische Großkampagne in <strong>der</strong> deutschen Presse“,<br />

so Scharnberg. Seit Herbst 1941 setzte die fotografische<br />

Darstellung von Juden in <strong>der</strong> Presse aus. 1943<br />

hatten die Komp<strong>an</strong>ien ihre Hochzeit überschritten<br />

und wurden umstrukturiert. „Ihre Hauptaufgabe lag<br />

nicht mehr in <strong>der</strong> Berichterstattung, son<strong>der</strong>n in <strong>der</strong><br />

Aktivpropag<strong>an</strong>da – also in <strong>der</strong> Propag<strong>an</strong>da gegen<br />

den militärischen Feind“, so die Wissenschaftlerin.<br />

Die 35-Jährige lebt und arbeitet in Hamburg, wo sie<br />

auch bis 2004 Geschichtswissenschaft und Politik


studierte. „Allerdings hat mich das Thema schon<br />

wesentlich früher beschäftigt“, sagt sie. Bereits<br />

1997 kam sie damit in Kontakt, als sie in <strong>der</strong> KZ-<br />

Gedenkstätte Neuengamme als studentische Hilfskraft<br />

im Fotoarchiv zu arbeiten beg<strong>an</strong>n. Es folgte ein<br />

Semester in Polen. Nach ihrer Rückkehr arbeitete sie<br />

d<strong>an</strong>n als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Hamburger<br />

Institut für Sozialforschung <strong>an</strong> <strong>der</strong> zweiten<br />

Wehrmachtsausstellung mit. In ihrer Magisterarbeit<br />

beschäftigte sie sich mit <strong>der</strong> Darstellung des Warschauer<br />

Ghettos in Fotografien deutscher Soldaten.<br />

Ein Fotoalbum sorgt für Aufsehen<br />

Bei vielen ihrer Recherchen ist die Dokotr<strong>an</strong>din<br />

so mit Bil<strong>der</strong>n in Kontakt gekommen, die für ihre<br />

direkte Arbeit zwar kaum von Bel<strong>an</strong>g waren, ihr<br />

aber dennoch in Erinnerung geblieben sind. Ein<br />

Beispiel dafür ist ein Fotobuch, das in diesem Jahr<br />

für Aufsehen sorgte. Am 21. Juni 2011 veröffentlichte<br />

die New York Times und die Spiegelonlineseite<br />

einestages Bil<strong>der</strong> von <strong>der</strong> Ostfront im Zweiten Weltkrieg,<br />

welche von einem unbek<strong>an</strong>nten Fotografen<br />

aufgenommen wurden und als Fotobuch in den<br />

scientia halensis 4/2011 forschen und publizieren<br />

Händen eines Geschäftsm<strong>an</strong>ns aus New Jersey wie<strong>der</strong><br />

auftauchten. Die Journalisten baten ihre Leser<br />

um Mithilfe bei <strong>der</strong> Suche nach dem unbek<strong>an</strong>nten<br />

Fotografen.<br />

Die Hamburgerin löste das Rätsel während ihrer<br />

Mittagspause. „Mir war sofort klar, wer <strong>der</strong> unbek<strong>an</strong>nte<br />

Fotograf war“, erinnert sie sich. Und so<br />

schrieb sie bereits einige Stunden nach <strong>der</strong> Veröffentlichung<br />

auf Spiegelonline: „Der Fotograf <strong>der</strong><br />

Bil<strong>der</strong> ist Fr<strong>an</strong>z Krieger.“ Hinweise gab es einige.<br />

Zum Beispiel war <strong>der</strong> Fotograf mit dem „Reichs-<br />

Autozug Deutschl<strong>an</strong>d“ unterwegs, zu dem Harriet<br />

Scharnberg bereits geforscht hatte. „Da kam mir<br />

Krieger natürlich gleich in den Sinn. Und es waren<br />

sehr signifik<strong>an</strong>te Bil<strong>der</strong> im Blog <strong>der</strong> New York Times<br />

eingestellt, wie zum Beispiel das Foto, in dem er<br />

sich selbst im Rückspiegel fotografiert hat“, so die<br />

Historikerin.<br />

Vom Pressefotografen zum Propag<strong>an</strong>dareporter<br />

Bereits in den zw<strong>an</strong>ziger Jahren war die Pressefotografie<br />

ein bedeutendes Medium in Deutschl<strong>an</strong>d<br />

geworden. Auch das Ansehen <strong>der</strong> Fotografen in <strong>der</strong><br />

Öffentlichkeit stieg. Allerdings waren viele <strong>der</strong> bek<strong>an</strong>nten<br />

Fotografen 1933 gezwungen zu immigrieren,<br />

da je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> weiter als Bildjournalist arbeiten<br />

wollte, seine „arische“ Abstammung nachweisen<br />

musste. Die „arischen“ Bildreporter besetzten die<br />

Plätze <strong>der</strong> Emigr<strong>an</strong>ten und führten das Alltagsgeschäft<br />

unter nationalsozialistischer Lenkung weiter.<br />

Vor dem Kriegsausbruch wurden die Propag<strong>an</strong>dakomp<strong>an</strong>ien<br />

gegründet. „Diese Einheiten haben die<br />

Besetzung Polens fotografiert und sind 1940/41 in<br />

den polnischen Ghettos erneut sehr aktiv geworden“,<br />

erläutert Scharnberg.<br />

Bis heute ist umstritten, wie diese Fotografen<br />

zu bewerten sind. „Sie haben auf Anweisung Fotos<br />

gemacht. Die Themen waren oft vorgegeben,<br />

aber nicht in dem Maße wie m<strong>an</strong> sich das heute<br />

vorstellt. Die, die im Kriegsgebiet waren, hatten<br />

tägliche Anweisungen, wie vorzugehen ist. Denen,<br />

die <strong>an</strong> Schauplätzen ohne kriegerische H<strong>an</strong>dlungen<br />

stationiert waren, wurde nicht vorgegeben, was zu<br />

berichten war. Sie mussten aber dennoch Fotos und<br />

Texte einreichen“, so Scharnberg. Viele <strong>der</strong> Propag<strong>an</strong>dakomp<strong>an</strong>ie-Fotografen<br />

gingen später zurück<br />

in die Freie Presse und wurden erfolgreiche Fotografen<br />

im Nachkriegsdeutschl<strong>an</strong>d. Etwa die Hälfte<br />

Bild links: Ein Fotograf <strong>der</strong><br />

SS-Propag<strong>an</strong>da-Komp<strong>an</strong>ie<br />

fotografiert im Ghetto Litzm<strong>an</strong>nstadt<br />

(Quelle: Bundesarchiv,<br />

Bild 101III Schilf<br />

003 24, Fotograf: Schilf )<br />

29


30 forschen und publizieren scientia halensis 4/2011<br />

Das rätselhafte Fotoalbum im<br />

“Lens-Blog” <strong>der</strong> New York<br />

Times:<br />

http://lens.blogs.nytimes.com<br />

(Eintrag vom 21.06.2011)<br />

QR� CODE<br />

<strong>der</strong> insgesamt in diesem Zeitraum aufgenommenen<br />

Fotos sind überliefert. In den einzelnen Archiven<br />

lagern rund 1,2 Millionen Bil<strong>der</strong>, <strong>der</strong> Großteil davon<br />

im Bundesarchiv in Koblenz.<br />

„In meiner Doktorarbeit habe ich zwei Hauptquellenbestände.<br />

Zum einen Illustrierte und Wochenzeitungen,<br />

zum <strong>an</strong><strong>der</strong>en Bil<strong>der</strong>, die von Fotografen<br />

<strong>der</strong> so gen<strong>an</strong>nten Propag<strong>an</strong>dakomp<strong>an</strong>ien aufgenommen<br />

wurden“, erklärt Harriet Scharnberg. Der<br />

Diskurs aus dem diese Bil<strong>der</strong> heraus entst<strong>an</strong>den<br />

sind, ist nach wie vor recht unbek<strong>an</strong>nt. „Aus diesem<br />

Grund ist es sinnvoll sich die Bildpropag<strong>an</strong>da <strong>der</strong><br />

Nazis <strong>an</strong>zuschauen, um die Narrative aufzudecken“,<br />

findet die Historikerin.<br />

„Den Best<strong>an</strong>d im Bundesarchiv habe ich mir komplett<br />

<strong>an</strong>geschaut und alle Bil<strong>der</strong> von Juden herausgezogen.<br />

Dazu gibt es noch in verschiedenen<br />

Verlagsarchiven weitere Positive“, berichtet sie.<br />

Dabei hatte sie ein sehr strenges Auswahlkriterium.<br />

„Ich habe die Kennzeichnung durch den Judenstern<br />

als Anhaltspunkt übernommen, um die für meine<br />

Arbeit interess<strong>an</strong>ten Bil<strong>der</strong> herauszufiltern.“ Allein<br />

einen Monat verbrachte sie im Archiv in Koblenz.<br />

Schon im Medizinstudium<br />

Privatpatient!<br />

TOP-Leistungen für Studenten <strong>der</strong><br />

Hum<strong>an</strong>medizin ab dem 1. Semester:<br />

� 100 % für ärztliche Leistungen – ohne<br />

Begrenzung auf die Höchstsätze von GOÄ<br />

und GOZ<br />

� 100 % für Vorsorgeuntersuchungen –<br />

ohne Begrenzung auf gesetzlich eingeführte<br />

Programme<br />

� 100 % für Heilpraktikerleistungen ohne<br />

Begrenzung auf die Höchstsätze des GebüH<br />

� im Kr<strong>an</strong>kenhaus Chefarztbeh<strong>an</strong>dlung und<br />

Unterbringung im 1-Bettzimmer<br />

� kein Selbstbehalt<br />

Sie reiste zudem nach Paris und Berlin, um dort in<br />

Regierungsarchiven zu recherchieren. Hinzu kamen<br />

Besuche in unterschiedlichen Verlagen und kleinere<br />

Recherchen bei Sammlern.<br />

„Im Bundesarchiv liegen die Bil<strong>der</strong> als Kontaktabzüge<br />

<strong>der</strong> Negativstreifen vor. M<strong>an</strong> hat also je 10 bis 20<br />

Bil<strong>der</strong> in <strong>der</strong> H<strong>an</strong>d, die m<strong>an</strong> überfliegt“, so Scharnberg<br />

über ihre mühevolle Recherchearbeit. „Für<br />

mich war es vor allem wichtig in den Archiven die<br />

Originale zu sehen und nicht nur die digitalisierten<br />

Vari<strong>an</strong>ten, da sich auf vielen <strong>der</strong> Bil<strong>der</strong> Stempel und<br />

Notizen befinden, die nicht mit digitalisiert werden,<br />

aber für mich wichtig sind, um die Herkunft und die<br />

Hintergründe <strong>der</strong> Entstehung zu bestimmen.“ Spuren,<br />

die für Historiker oft interess<strong>an</strong>ter sein können<br />

als das Bild selbst.<br />

Viel Recherchearbeit liegt inzwischen hinter ihr.<br />

„Für meine Promotion hatte ich ein Stipendium von<br />

<strong>der</strong> Hamburger Stiftung zur För<strong>der</strong>ung von Wissenschaft<br />

und Kultur, welches jetzt ausgelaufen ist“,<br />

erklärt Scharnberg. Sie hofft nun, ihre Doktorarbeit<br />

bis Anf<strong>an</strong>g des nächsten Jahres abgeben zu können.<br />

Silvio Kison<br />

Und das zu kleinen Beiträgen!<br />

So zahlen Studenten zwischen 21 – 25 Jahren<br />

M<strong>an</strong>n 64,74 EUR/Monat<br />

Frau 128,38 EUR/Monat<br />

(Tarif (B)VHV1, ohne private Pflegepflichtversicherung)<br />

Infos gibt‘s hier:<br />

Barmenia Kr<strong>an</strong>kenversicherung a. G.<br />

Reilstr. 31, 06114 Halle/Saale<br />

Tel. (03 45) 52 16 14 15<br />

Mobil (01 72) 91 68 200<br />

E-Mail hartmut.hoffm<strong>an</strong>n@barmenia.de<br />

www.hartmut.hoffm<strong>an</strong>n.barmenia.de<br />

AZ 088


scientia halensis 4/2011 forschen und publizieren<br />

Neue Technologien für alte Schriften<br />

Wie sich Informatik immer mehr mit Fächern vernetzt<br />

Rechner, H<strong>an</strong>dys, Automobile, Digitalfotoapparate,<br />

Navigationsgeräte – Informatik ist überall! „Sie<br />

durchdringt unsichtbar unseren Alltag und stellt<br />

eine Schlüsseltechnologie für viele Wissenschaften<br />

sowie die Industrie dar“, sagt Prof. Dr. Paul Molitor,<br />

Direktor des Instituts für Informatik <strong>der</strong> MLU. Aber<br />

auch scheinbar entfernte Gebiete wie Linguistik,<br />

Philologien o<strong>der</strong> Archäologie sind heute bei ihren<br />

Forschungsarbeiten auf die Informationstechnologie<br />

<strong>an</strong>gewiesen.<br />

„Alte Schriften treffen immer öfter auf neue Technologien“,<br />

erklärt Molitor. Die Edition von historischen<br />

und k<strong>an</strong>onisierten Texten stellt traditionell<br />

eines <strong>der</strong> Arbeitsfel<strong>der</strong> <strong>der</strong> Philologien dar. Dies<br />

betrifft sowohl die altertumsbezogenen als auch<br />

die mo<strong>der</strong>nen und gesprochenen Sprachen. „Der<br />

seit dem frühen 19. Jahrhun<strong>der</strong>t mit Hilfe von Karteikarten<br />

o<strong>der</strong> von H<strong>an</strong>d vorgenommene Abgleich<br />

unterschiedlicher Überlieferungsstufen literarischer<br />

Texte o<strong>der</strong> von Wörterbüchern erfolgt zunehmend<br />

auf elektronischem Wege“, so <strong>der</strong> Informatiker.<br />

„Elektronisches Edieren“ heißt <strong>der</strong> neue interdisziplinäre<br />

Arbeitskreis am <strong>Uni</strong>versitätszentrum für<br />

Informatik <strong>der</strong> MLU (UZI), <strong>der</strong> das Ziel verfolgt, informationstechnologische<br />

Methoden in den Geisteswissenschaften<br />

zu etablieren. Wissenschaftler aus<br />

Rom<strong>an</strong>istik, Germ<strong>an</strong>istik, Altertumswissenschaften<br />

und Informatik haben sich hier zusammengefunden.<br />

„Erste modellhafte Projekte haben wir bereits realisiert,<br />

bearbeitet o<strong>der</strong> gepl<strong>an</strong>t“, beschreibt Molitor<br />

die Tätigkeit des Teams, das Dr. Jörg Ritter aus seiner<br />

Arbeitsgruppe leitet.<br />

Dazu gehört die Entwicklung einer weitgehend<br />

automatischen Tr<strong>an</strong>sformation des im pdf-Format<br />

vorliegenden von <strong>der</strong> Arbeitsgruppe um Prof. Dr.<br />

H<strong>an</strong>s-Joachim Solms am Germ<strong>an</strong>istischen Institut<br />

erarbeiteten Mittelelbischen Wörterbuchs nach<br />

XML. Das bedeutet, es k<strong>an</strong>n künftig im Internet mit<br />

Verlinkungen bereitgestellt werden und gestattet<br />

eine effiziente Arbeitsweise ohne l<strong>an</strong>gwierige Einarbeitungszeiten.<br />

Außerdem wird so <strong>der</strong> Export des<br />

Wörterbuchs in verschiedene Publikationsformate<br />

möglich.<br />

Auch für die Editionen <strong>der</strong> Dramen von Karl Ferdin<strong>an</strong>d<br />

Gutzkow sowie seiner „Briefe aus Paris“, die<br />

Wissenschaftler um Prof. Dr. Thomas Bremer am<br />

Institut für Rom<strong>an</strong>istik bearbeiten, stellt <strong>der</strong> Arbeitskreis<br />

elektronische Umgebungen her, mit <strong>der</strong>en Hilfe<br />

künftig kommentierte Online-Ausgaben erstellt<br />

werden können. Solche Projekte lassen ahnen, welche<br />

zentrale Rolle Informatik in den verschiedensten<br />

Anwendungen spielt. Ute Olbertz<br />

Bild: „Alte Bücher im Netz“ –<br />

zu sehen ist eine Ausgabe <strong>der</strong><br />

Dramen von Karl F. Gutzkow<br />

von 1847, die sinnbildlich<br />

per „USB-Anschluss<br />

<strong>an</strong>gezapft wird“ (Foto: Dr.<br />

Jörg Ritter)<br />

Weitere sp<strong>an</strong>nende Informatik-Kooperationen<br />

gibt es<br />

mit den unterschiedlichsten<br />

Fächern. Dies zeigt die<br />

vielfältige Vernetzung des<br />

Instituts für Informatik, das<br />

im Oktober zw<strong>an</strong>zig Jahre<br />

alt wird. Mehr über diese<br />

Projekte: www.uni-halle.de/<br />

informatik<br />

QR� CODE<br />

31


32 forschen und publizieren scientia halensis 4/2011<br />

Ein Hefepilz als Hühnerpille<br />

Zwei Biologen entwickeln eine Schluckimpfung gegen Tierseuchen<br />

Bild rechts: Prof. Dr. Sven-<br />

Erik Behrens und Prof. Dr.<br />

Karin Breunig untersuchen<br />

den Biomasse-Anteil einer<br />

Hefe-Kultur (Foto: Thomas<br />

Meinicke)<br />

„Vakzinova“ wurde vom<br />

Bundesministerium für<br />

Bildung und Forschung<br />

als ForMaT-Projekt von<br />

August 2009 bis Juli 2011<br />

mit 1,37 Millionen Euro<br />

geför<strong>der</strong>t.<br />

ForMaT steht für Forschung<br />

für den Markt im<br />

Team. In diese Projekte<br />

werden Wirtschaftswissenschaftler<br />

von Anf<strong>an</strong>g<br />

<strong>an</strong> eng miteinbezogen,<br />

um einen frühzeitigen<br />

Wissens- und Technologietr<strong>an</strong>sfer<br />

zu gewährleisten.<br />

Ohne Hefe wäre die Geschichte <strong>der</strong> Menschheit<br />

vermutlich g<strong>an</strong>z <strong>an</strong><strong>der</strong>s verlaufen. Schon die alten<br />

Ägypter nutzten die Mikroorg<strong>an</strong>ismen, um Bier,<br />

Wein und Brot herzustellen. Heute werden jährlich<br />

Millionen Tonnen von Hefe für die Alkohol- und Lebensmittelindustrie<br />

gebraucht. Aber die primitiven<br />

Einzeller lassen sich auch medizinisch nutzen: Mit<br />

genetisch verän<strong>der</strong>ter Hefe haben Karin Breunig<br />

und Sven-Erik Behrens ein völlig neues Impfverfahren<br />

entwickelt, um Tiere zukünftig vor Seuchen zu<br />

schützen.<br />

Seit zweieinhalb Jahren arbeiten die Hefegenetikerin<br />

und <strong>der</strong> Virologe in ihrem Projekt „Vakzinova“<br />

<strong>an</strong> einer „Hefepille“, die zum Beispiel Hühner gegen<br />

hoch<strong>an</strong>steckende Kr<strong>an</strong>kheiten immunisieren soll.<br />

Mit ihrer ersten Zusammenarbeit begeben sich die<br />

Biologen auf ein weitgehend unerforschtes Gebiet.<br />

Weltweit arbeiten zurzeit mehrere Forschergruppen<br />

<strong>an</strong> <strong>der</strong> Entwicklung oraler Impfstoffe für Tiere, aber<br />

das MLU-Konzept ist völlig neu. „Wir sparen uns einen<br />

riesigen Aufw<strong>an</strong>d bei <strong>der</strong> Impfstoff-Produktion,<br />

indem wir g<strong>an</strong>ze Hefen verfüttern“, sagt Professor<br />

Behrens. „Wir arbeiten mit dem Haustier von Frau<br />

Breunig – einer Milchhefe, die mit <strong>der</strong> Bäckerhefe<br />

vergleichbar ist“, erzählt er. Kluyveromyces lactis,<br />

mit dem Karin Breunig schon seit über 25 Jahren<br />

arbeitet, war offenbar die richtige Wahl. Sie löst<br />

tatsächlich nach <strong>der</strong> Verfütterung im Körper <strong>der</strong><br />

Tiere eine spezifische Immun<strong>an</strong>twort aus. „Die Hefe<br />

stimuliert das Immunsystem <strong>der</strong> Tiere nicht nur<br />

allgemein, son<strong>der</strong>n so, dass im Blut Antikörper die<br />

gewünschten Antikörper produziert werden können“,<br />

erläutert Professorin Breunig.<br />

Damit die Tiere nach einer solchen Impfung wirksam<br />

gegen Infektionen geschützt sind, müssen<br />

g<strong>an</strong>z unterschiedliche Probleme gelöst werden:<br />

„Wir haben zunächst verschiedene Virus<strong>an</strong>tigene<br />

getestet, die gegen bestimmte Kr<strong>an</strong>kheiten immunisieren<br />

können“, erklärt <strong>der</strong> Virologe Behrens,<br />

„denn im Unterschied zu gängigen Impfverfahren<br />

immunisieren wir nicht mit dem Virus selbst, son<strong>der</strong>n<br />

lediglich mit Strukturen seiner Oberfläche“.<br />

Der Impfstoff wird nicht wie sonst üblich als Virus<br />

in Tieren her<strong>an</strong>gezüchtet, son<strong>der</strong>n besteht aus genetisch<br />

modifizierten Hefen. „Das ist nicht nur kostengünstiger<br />

son<strong>der</strong>n auch viel tierfreundlicher“,<br />

erläutert Behrens. Dazu arbeitete Karin Breunig <strong>an</strong><br />

verschiedenen Hefestämmen. „Die Hefe muss genetisch<br />

so verän<strong>der</strong>t werden, dass sie die <strong>an</strong>tigenen<br />

Virusproteine in großer Menge selbst herstellt“,<br />

sagt sie. Einer <strong>der</strong> entwickelten Stämme wurde <strong>an</strong><br />

Hühnern erfolgreich getestet und lieferte damit den<br />

„proof of principle“. Ein Zehntel <strong>der</strong> geimpften Tiere<br />

war gegen eine Geflügelkr<strong>an</strong>kheit Infektiöse Bursitis<br />

geschützt. „Diesen Prototyp wollen wir jetzt so optimieren,<br />

dass das Verfahren industriell <strong>an</strong>wendbar<br />

wird“, sagt Sven-Erik Behrens. In etwa zweieinhalb<br />

Jahren soll <strong>der</strong> Impfstoff marktreif sein. Den erfolgreichen<br />

Hefestamm und das Impfverfahren haben<br />

sich die beiden Wissenschaftler schon patentieren<br />

lassen. Corinna Bertz<br />

Kontakt: Prof. Dr. Sven-Erik Behrens<br />

Mikrobielle Biotechnologie<br />

Telefon: 0345 55 24960<br />

E-Mail: sven.behrens@biochemtech.uni-halle.de<br />

Kontakt: Prof. Dr. Karin Breunig<br />

Molekulargenetik<br />

Telefon: 0345 55 26304<br />

E-Mail: karin.breunig@genetik.uni-halle.de


Wie schön zu sehen:<br />

Miss GERMANY 2011<br />

für TROTHE OPTIK<br />

scientia halensis 4/2011 forschen und publizieren<br />

„Mech<strong>an</strong>ismen <strong>der</strong> Elitebildung“ unter <strong>der</strong> Lupe<br />

Den „Mech<strong>an</strong>ismen <strong>der</strong> Elitebildung im deutschen<br />

Bildungssystem“ widmet sich künftig die Forschergruppe<br />

(FOR 1612), nachdem Anf<strong>an</strong>g Juli 2011 die<br />

positive Entscheidung des Senats <strong>der</strong> Deutschen<br />

Forschungsgemeinschaft (DFG) fiel.<br />

Sechs Projektvorhaben, von denen vier <strong>an</strong> <strong>der</strong> Martin-Luther-<strong>Uni</strong>versität<br />

und die weiteren am Institut<br />

für Hochschulforschung in Wittenberg sowie <strong>der</strong><br />

<strong>Uni</strong>versität Freiburg <strong>an</strong>gesiedelt sind, nehmen ihre<br />

Arbeit auf. Sprecher <strong>der</strong> Forschergruppe ist Prof.<br />

Dr. Heinz-Herm<strong>an</strong>n Krüger (MLU), die Position des<br />

Stellvertreters hat Prof. Dr. Werner Helsper (MLU)<br />

inne. Das fin<strong>an</strong>zielle Volumen wird für die ersten<br />

drei För<strong>der</strong>jahre insgesamt 2,2 Millionen Euro betragen,<br />

davon etwa 1,7 Millionen Euro allein für die<br />

halleschen Projekte.<br />

„Die Forschergruppe untersucht die Prozesse <strong>der</strong><br />

Konstruktion und Herstellung von Exzellenz in zen-<br />

tralen Bildungsinstitutionen und Bildungsorten in<br />

Deutschl<strong>an</strong>d von <strong>der</strong> Vorschule bis zur Hochschule“,<br />

sagt Heinz-Herm<strong>an</strong>n Krüger. „Weiterhin wird<br />

<strong>der</strong>en Bedeutung für die Bildungsadressaten und<br />

die Professionellen unter die Lupe genommen. Es<br />

sind neue Erkenntnisse zu Mech<strong>an</strong>ismen <strong>der</strong> Elitebildung<br />

zu erwarten, die sich auf <strong>der</strong> Grundlage<br />

systematischer und breit <strong>an</strong>gelegter empirischer<br />

Forschungen erschließen.“<br />

Unter <strong>der</strong> Perspektive von Mech<strong>an</strong>ismen <strong>der</strong> Elitebildung<br />

sollen folgende Aspekte im Blick stehen:<br />

die bildungspolitischen Diskurse um Exzellenz, das<br />

Zusammenspiel von Familie und Institutionen in<br />

Elementarbildung und Grundschule, das exklusive<br />

gymnasiale Schulsegment, Hochschulen mit einem<br />

Elite<strong>an</strong>spruch sowie soziale Abgrenzungen in Peerwelten<br />

auch unter Berücksichtigung kontrastiver<br />

Vergleichsfälle. Ute Olbertz<br />

TROTHE OPTIK<br />

Große Steinstraße 10 · 06108 Halle<br />

Telefon (03 45) 2029241<br />

Steinweg 27 · 06110 Halle<br />

Telefon (03 45) 5126560<br />

www.trothe.de<br />

TROTHE sehzentrum<br />

Das Themenfeld „Elite<br />

und Bildung“, das die<br />

bildungspolitischen Diskurse<br />

in Deutschl<strong>an</strong>d in<br />

den verg<strong>an</strong>genen Jahren<br />

entscheidend geprägt hat,<br />

wurde in <strong>der</strong> erziehungs-<br />

und sozialwissenschaftlichen<br />

Forschung bisl<strong>an</strong>g<br />

kaum untersucht.<br />

Kontaktlinsen-Institut<br />

vergrößernde Sehhilfen<br />

Rathenauplatz 12 · 06114 Halle<br />

Telefon (0345) 5238000<br />

www.trothe-sehzentrum.de<br />

33


34 forschen und publizieren scientia halensis 4/2011<br />

Lese-Empfehlungen querbeet<br />

Ausführliche Rezension:<br />

www.uni-halle.de/webcode<br />

WEBCODE MAG� 11321<br />

Ausführliche Rezension:<br />

www.uni-halle.de/webcode<br />

WEBCODE MAG� 11322<br />

(fach-)literaturfabrik universität<br />

Der „erste K<strong>an</strong>ti<strong>an</strong>er auf einem halleschen Lehrstuhl“<br />

In <strong>der</strong> halleschen <strong>Uni</strong>versitäts- und L<strong>an</strong>desbibliothek<br />

lag fast 80 Jahre eine H<strong>an</strong>dschrift: Sie enthielt<br />

die Lebensgeschichte Ludwig Heinrich v. Jakobs<br />

(1759–1827), Professor <strong>der</strong> Philosophie und späterer<br />

Staatsrechtler sowie mehrmaliger Prorektor<br />

<strong>der</strong> <strong>Uni</strong>versität Halle am Beginn des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts.<br />

Ein M<strong>an</strong>uskript, das dieser zwischen 1812<br />

und 1820 für seine Familie verfasst hatte und das<br />

l<strong>an</strong>ge in <strong>der</strong>en Besitz geblieben war. Von H<strong>an</strong>s-<br />

Joachim Kertscher ist es nun in Zusammenarbeit<br />

mit Michael Mehlow für den Druck aufbereitet und<br />

erstmals einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich<br />

gemacht worden.<br />

Die Arbeit hat sich gelohnt, denn diese Lebensgeschichte<br />

eines M<strong>an</strong>nes, den Kertscher als den<br />

„ersten K<strong>an</strong>ti<strong>an</strong>er auf einem halleschen Lehrstuhl“<br />

einführt, ist viel mehr als eine Gelehrtenbiografie,<br />

über die sich die Fachwelt freut. Sie ist eine kulturgeschichtliche<br />

Fundgrube, die dem Interessierten<br />

Im Frühjahr 2011 erschien B<strong>an</strong>d 1 <strong>der</strong> Reihe „Mitteldeutsche<br />

Aufklärung“ mit zehn Aufsätzen und<br />

Abh<strong>an</strong>dlungen von Günter Mühlpfordt, <strong>der</strong>en Erstfassungen<br />

teils über ein halbes Jahrhun<strong>der</strong>t zurückreichen.<br />

Vor 1989/90 konnte vieles nur vereinzelt im Ausl<strong>an</strong>d<br />

publiziert werden, so dass eine Neu-Edition<br />

nicht nur für Fachkollegen längst überfällig war.<br />

Das Aufklärungszeitalter als G<strong>an</strong>zes, die Mitteldeutsche<br />

Aufklärung und die Halle-Leipziger Aufklärung<br />

als <strong>der</strong>en Kernstück bestimmten lebensl<strong>an</strong>g die<br />

Forschungen des international renommierten Historikers.<br />

Der erste Teil beleuchtet den „Geschichtsraum<br />

Mitteldeutschl<strong>an</strong>d bis zu seiner Frühneuzeit“. Die<br />

Bedeutung von Elitegymnasien und Exzellenzuniversitäten<br />

für die hiesige Bildungsl<strong>an</strong>dschaft – nebst<br />

Wittenberger Reformation und Weimar-Jenaer Klas-<br />

sowohl Einblicke in die hallesche <strong>Uni</strong>versitätsgeschichte,<br />

Eindrücke von <strong>der</strong> napoleonischen Besatzung<br />

im Oktober 1806 als auch Beobachtungen über<br />

das Leben <strong>an</strong> einer russischen <strong>Uni</strong>versität um 1810,<br />

schließlich Aufschlüsse über die zaristische Ministerialbürokratie<br />

in St. Petersburg liefert.<br />

Das Nachwort von H<strong>an</strong>s-Joachim Kertscher, Anmerkungen<br />

und ein Register beför<strong>der</strong>n eine vertiefende<br />

Lektüre und werden den B<strong>an</strong>d für künftige<br />

historische Forschungen unverzichtbar machen.<br />

Heidi Ritter<br />

Ludwig Heinrich v. Jakob: Denkwürdigkeiten<br />

aus meinem Leben. Neue Reihe: Perspektiven<br />

<strong>der</strong> Aufklärung, B<strong>an</strong>d �, <strong>Uni</strong>versitätsverlag ����,<br />

Herausgegeben von H<strong>an</strong>s-Joachim Kertscher in<br />

Zusammenarbeit mit Michael Mehlow, ��,�� Euro,<br />

ISBN: ���-�-�����-���-�<br />

Halle-Leipziger Aufklärung – ein Leitstern europäischer Geschichte<br />

sik – wird <strong>an</strong>schaulich dargestellt, ebenso die historische<br />

Brückenfunktion zwischen West und Ost<br />

Europas.<br />

Im zweiten Teil geht es vor allem um die <strong>Uni</strong>versitäten<br />

Halle und Leipzig sowie um die weitreichende<br />

Wirkung des Geheimbunds Deutsche <strong>Uni</strong>on.<br />

Für sein Lebenswerk wurde <strong>der</strong> Gelehrte jüngst<br />

im Rahmen eines Kolloquiums geehrt – aus Anlass<br />

seines 90. Geburtstages gemeinsam ausgerichtet<br />

von den Fr<strong>an</strong>ckeschen Stiftungen, dem Hallischen<br />

Verein für Stadtgeschichte und <strong>der</strong> Martin-Luther-<br />

<strong>Uni</strong>versität. Margarete Wein<br />

Günter Mühlpfordt: Halle-Leipziger Aufklärung.<br />

Kernstück <strong>der</strong> Mitteldeutschen Aufklärung,<br />

Mitteldeutscher Verlag Halle ����, ��� Seiten,<br />

��,�� Euro, ISBN: ���-������-����-�


Post für den Sult<strong>an</strong><br />

Ausstellung „Bris<strong>an</strong>te Begegnungen“ zeigt nomadische Lebenswelten<br />

Wissen ist Macht – und die Geschwindigkeit <strong>der</strong><br />

Wissensübermittlung ist es im Krisenfall nicht min<strong>der</strong>.<br />

Dessen war sich auch <strong>der</strong> Mamlukensult<strong>an</strong><br />

Baibars I. bewusst, als er sein Reich zugleich aus<br />

dem Zweistroml<strong>an</strong>d und von Palästina her bedroht<br />

sah. 1262 befahl er seinem K<strong>an</strong>zleichef in Damaskus,<br />

„ihn fortlaufend mit Nachrichten zu versorgen<br />

und mit Neuigkeiten von den Tataren (Mongolen)<br />

und Fr<strong>an</strong>ken (Kreuzfahrern). Und er sagte zu ihm:<br />

‚Wenn du es fertigbringst, mich keine Nacht und<br />

keinen Morgen zubringen zu lassen, ohne dass ich<br />

eine Nachricht habe, so tue das!‘“ Laut al-Umari,<br />

dem Neffen und Nachfolger jenes K<strong>an</strong>zleichefs,<br />

wurde daraufhin <strong>der</strong> barīd ins Leben gerufen, ein<br />

Depeschendienst, <strong>der</strong> Kairo mit den Reichsgrenzen<br />

und Provinzenhauptstädten verb<strong>an</strong>d.<br />

Binnen eines Jahres wurden mindestens 81 Relaisstationen<br />

errichtet, bem<strong>an</strong>nt und mit Wechselpferden<br />

ausgestattet. Die Wegstrecken zwischen ihnen<br />

betrugen oft weniger als zwei Stunden im Trab und<br />

beliefen sich auf insgesamt rund 1.900 Kilometer<br />

Länge. Bis in die Mitte des 14. Jahrhun<strong>der</strong>ts kamen<br />

weitere 50 Stationen und etwa 4.200 Streckenkilo-<br />

Kairo<br />

Damaskus<br />

scientia halensis 4/2011 forschen und publizieren<br />

meter hinzu. Der barīd griff tief in das Gefüge <strong>der</strong><br />

räumlichen und zeitlichen Dist<strong>an</strong>zen ein. Indem ein<br />

Kurier gegen 200 Kilometer <strong>an</strong> einem Tag zurückzulegen<br />

vermochte, reisten Marschbefehle, Ernennungsurkunden,<br />

Schenkungen und Strafurteile nun<br />

sehr rasch: Damaskus rückte auf vier, die Euphratgrenze<br />

auf sieben Tagesreisen <strong>an</strong> Kairo her<strong>an</strong>. Ehrgeizige<br />

Reiter konnten gar die Reisezeit halbieren.<br />

Damit wuchs die Fähigkeit <strong>der</strong> Sult<strong>an</strong>e, zeitnahe und<br />

lagebezogene Entscheidungen zu treffen – und die<br />

Zentralisierung des Mamlukenreiches.<br />

Allerdings führten ausgedehnte Streckenabschnitte<br />

durch Wüsten und Steppen, wo nomadisch lebende<br />

Beduinen vorherrschten. Dort hing das Postwesen<br />

von ihrem Verzicht auf Überfälle, teils aber auch<br />

ihrer tätigen Unterstützung ab. Im nördlichen Sinai<br />

– <strong>der</strong> einzigen Verbindung zwischen Ägypten und<br />

Syrien – regelte dies 1263 ein Vertrag mit Baibars<br />

I.: Den lokalen Nomadenstämmen oblag „das monatliche<br />

Pferde-Deputat“, d. h. sie hatten reihum<br />

die Stationen mit Wechselpferden und Viehfutter<br />

zu versorgen. Dafür erhielten sie Län<strong>der</strong>eien am<br />

R<strong>an</strong>d des Nildeltas.<br />

Trotz vielfältigen Konflikten mit beduinischen Gruppen<br />

wurden die Postrouten nicht unterbrochen.<br />

Al-Umari betont darum die Wertschätzung für sie:<br />

„Unaufhörlich zeigt sich <strong>der</strong> Mamluk gefällig für<br />

ihr Kommen und schenkt ihnen die prächtigsten<br />

Reichtümer. Er gibt ihnen den Großteil des L<strong>an</strong>des<br />

in Pacht zum Lob ihrer Macht und im Vertrauen auf<br />

ihre guten Seiten.“ Kurt Fr<strong>an</strong>z<br />

Kontakt: Dr. Kurt Fr<strong>an</strong>z<br />

Orientalisches Institut<br />

Telefon: 0345 5524078<br />

E-Mail: kurt.fr<strong>an</strong>z@orientphil.uni-halle.de<br />

Kontakt: Prof. Dr. Annegret Nippa<br />

Institut für Ethnologie <strong>der</strong> <strong>Uni</strong>versität Leipzig<br />

E-Mail: <strong>an</strong>negret.nippa@uni-leipzig.de<br />

Vom Nil bis <strong>an</strong> den<br />

Euphrat sp<strong>an</strong>nten die<br />

Mamluken das Streckennetz<br />

ihrer Botenreiter. Wie<br />

dies die Politik beschleunigte<br />

und warum es dazu<br />

nomadischer Mitwirkung<br />

bedurfte, ist eines <strong>der</strong><br />

Themen des Son<strong>der</strong>forschungsbereichs<br />

586 „Differenz<br />

und Integration“.<br />

Dessen über zehnjährige<br />

Forschungsarbeit wird<br />

ab dem 17. November in<br />

<strong>der</strong> Abschlussausstellung<br />

„Bris<strong>an</strong>te Begegnungen“<br />

im Völkerkundemuseum<br />

Hamburg zu sehen sein.<br />

Scientia halensis bietet mit<br />

einer Serie interess<strong>an</strong>te<br />

Blicke auf einige Exponate.<br />

Bild links: Ausschnitt: Linien<br />

und Stationen in Palästina<br />

(Entwurf: Kurt Fr<strong>an</strong>z; Kartographie:<br />

Martin Grosch)<br />

35


36 personalia scientia halensis 4/2011<br />

personalia<br />

Biochip für Schweine<br />

Bild oben: „PIGchip“ für frohe<br />

Ferkel (Foto: Hochschulgrün<strong>der</strong>netzwerk)<br />

bringt Absolventen Grün<strong>der</strong>preis<br />

Pickeldi und Fre<strong>der</strong>ick erkunden als glückliche Ferkel unbeschwert die Welt. Doch den beliebten Trickfilmfiguren<br />

ergeht es besser als ihren real existierenden Artgenossen. Denn männliche Ferkel werden in ihren ersten<br />

Lebenstagen ohne Betäubung chirurgisch kastriert. Längst hat diese Praxis nicht nur empörte Tierschützer auf<br />

den Pl<strong>an</strong> gerufen. Künftig k<strong>an</strong>n das neue Verfahren „PIGchip“ Abhilfe schaffen, es wurde beim Ideenwettbewerb<br />

Scidea ausgezeichnet. Ein weiterer Preis ging <strong>an</strong> „i-like.mobi“ mit seinem „Gefällt-mir-Daumen“.<br />

Prämiert wurden beim Ideenwettbewerb des Hochschulgrün<strong>der</strong>netzwerks<br />

Sachsen-Anhalt Süd die<br />

besten Ideenpapiere kreativer (Nachwuchs-)Akademiker<br />

<strong>der</strong> Region. Zwei Preise gingen <strong>an</strong> junge Unternehmen,<br />

die aus <strong>der</strong> Martin-Luther-<strong>Uni</strong>versität<br />

hervorgeg<strong>an</strong>gen sind. „PIGchip“ kürte die Expertenjury<br />

mit dem „Son<strong>der</strong>preis Forscher“. Verdient hatte<br />

die Auszeichnung das dreiköpfige Team: Dr. J<strong>an</strong>a<br />

Heise und Dr. J<strong>an</strong> Heise, Wissenschaftler und Absolventen<br />

<strong>der</strong> MLU, sowie Dr. D<strong>an</strong>iel Mörlein von <strong>der</strong><br />

<strong>Uni</strong>versität Göttingen. Die Preisträger entwickelten<br />

eine Idee für einen Biochip zur Überprüfung <strong>der</strong><br />

Eberfleischqualität auf Schlachthöfen. Dieser k<strong>an</strong>n<br />

künftig die Kastration <strong>der</strong> Ferkel überflüssig ma-


chen. „Im Laufe <strong>der</strong> Geschlechtsreifung produzieren<br />

männliche Schweine Subst<strong>an</strong>zen, die – wenn zu<br />

stark ausgeprägt – das Fleisch für den Verbraucher<br />

ungenießbar machen“, sagt <strong>der</strong> Molekularbiologe<br />

Dr. J<strong>an</strong> Heise. Zwar entwickeln nur 1 bis 19 Prozent<br />

<strong>der</strong> Eber – je nach Rasse, Fütterung und Haltung<br />

– den unliebsamen Geruch. Dennoch werden in<br />

Deutschl<strong>an</strong>d jährlich weit über 20 Millionen Tiere<br />

kastriert, denn ein einziger „Stinker“ erreicht rund<br />

100 Verbraucher. „Mit dem von uns beschriebenen<br />

Biochip lässt sich die Qualität von Schweinefleisch<br />

online überprüfen“, erklärt Heise. „Das Verfahren<br />

basiert auf einem schnellen und kostengünstigen,<br />

automatisierten Bluttest.“ Es bietet Schlachthöfen<br />

erstmalig die Möglichkeit, zuverlässig die wenigen<br />

geruchsauffälligen Eber zu identifizieren und<br />

zu selektieren. Deren Fleisch lässt sich zu für den<br />

Verbraucher unproblematischen Produkten verarbeiten.<br />

„Nachdem ihr Marktpotential erwiesen ist,<br />

sind wir bestärkt, unsere Idee weiterzuentwickeln.<br />

Mit dem Preis erhielten wir zusätzliches positives<br />

Feedback“, freut sich Heise, <strong>der</strong> als MLU-Absolvent<br />

2007 das Biotechnologie-Unternehmen „NH Dyeagnostics“<br />

auf dem Weinberg-Campus in Halle gründete.<br />

Dass „PIGchip“ Furore machen wird, lässt sich<br />

absehen, denn die europäischen L<strong>an</strong>dwirte haben<br />

sich bereits zu einer Abschaffung <strong>der</strong> Kastration bis<br />

2018 verpflichtet, ohne bisher über gängige Alternativen<br />

zu verfügen.<br />

Beim Ideenwettbewerb räumte noch ein zweites<br />

aus <strong>der</strong> MLU hervorgeg<strong>an</strong>genes Unternehmen einen<br />

Preis ab: Mirko Kisser, J<strong>an</strong> Kursawe und Tim<br />

Friedrich belegten mit „i-like.mobi“ den ersten<br />

Platz in <strong>der</strong> Kategorie „Innovative Dienstleistung“.<br />

Mit dem ausgeklügelten Projekt wollen sie eine Lücke<br />

zwischen realer und vernetzter digitaler Welt<br />

schließen und damit ein neues Zeitalter einläuten.<br />

Es ermöglicht künftig, mit mobilem Internet (H<strong>an</strong>dy)<br />

und QR-Codes erstmals beliebige Gegenstände,<br />

Orte, Lebewesen o<strong>der</strong> Events direkt in Facebook zu<br />

posten, auch wenn dafür noch gar keine Inhalte im<br />

Internet existieren. „Der Ideenwettbewerb war für<br />

uns ein Motor: Eine Idee, die schon l<strong>an</strong>g im Kopf<br />

herumschwirrte, wurde damit konkret und schneller<br />

vor<strong>an</strong>getrieben“, sagt Mirko Kisser, Absolvent<br />

<strong>der</strong> MLU sowie Grün<strong>der</strong> und Geschäftsführer <strong>der</strong><br />

celloon GmbH in Halle.<br />

Auf i-like.mobi k<strong>an</strong>n je<strong>der</strong> mit wenigen Klicks eine<br />

eigene mobile Website seiner Empfehlung mit<br />

einem Foto erstellen. Zeitgleich wird ein QR-Code<br />

mit dem bek<strong>an</strong>nten „Gefällt-mir-Daumen“ generiert,<br />

<strong>der</strong> zu dieser Seite verlinkt. Die Cellcodes können<br />

zum Beispiel auf Poster o<strong>der</strong> Karten gedruckt<br />

o<strong>der</strong> als Sticker bestellt werden. Wer irgendwo auf<br />

einen Sticker trifft, k<strong>an</strong>n sofort mit dem Mobiltelefon<br />

eine weitere Facebook-Empfehlung abgeben.<br />

Ute Olbertz<br />

Kontakt: Dr. Sus<strong>an</strong>ne Hübner<br />

Hochschulgrün<strong>der</strong>netzwerk Sachsen-Anhalt Süd<br />

Telefon: 0345 552 29 55<br />

E-Mail: huebner@univations.de<br />

Zwei Millionen Euro für Gründungsför<strong>der</strong>ung<br />

Die Martin-Luther-<strong>Uni</strong>versität gehört zu den zehn besten Grün<strong>der</strong>hochschulen Deutschl<strong>an</strong>ds.<br />

Für die Umsetzung ihrer Strategie <strong>der</strong> Innovations- und Gründungsför<strong>der</strong>ung erhält die MLU in<br />

den nächsten fünf Jahren rund zwei Millionen Euro vom Bundesministerium für Wirtschaft und<br />

Technologie. Staatssekretär Dr. Bernhard Heitzer zeichnete Anf<strong>an</strong>g Juli in Berlin jene Hochschulen<br />

aus, die sich im För<strong>der</strong>wettbewerb „EXIST-Gründungskultur – Die Grün<strong>der</strong>hochschule“ durchgesetzt<br />

haben. 83 Hochschulen hatten sich beworben, 24 waren in die Finalrunde eingezogen.<br />

Kern <strong>der</strong> Verwertungs- und Gründungsstrategie <strong>der</strong> MLU ist es, Gründungskompetenzen <strong>an</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Uni</strong>versität zu bündeln und zu professionalisieren. Sie verfolgt dabei mehrere Ziele: die Gründungskultur<br />

<strong>an</strong> <strong>der</strong> Hochschule zu stärken, praxisnah und interdisziplinär Gründungwissen zu<br />

generieren und als Teil <strong>der</strong> Lehre zu vermitteln, Gründungspotenziale von Forschungsergebnissen<br />

zu erschließen, das Gründungaufkommen zu steigern sowie die Überlebensfähigkeit und das<br />

Wachstum universitärer Spin-offs zu sichern. Carsten Heckm<strong>an</strong>n<br />

scientia halensis 4/2011 personalia<br />

Dr. J<strong>an</strong> Heise (Foto: privat)<br />

Mirco Kisser (Foto: Hochschulgrün<strong>der</strong>netzwerk)<br />

Informationen zum Wettbewerb<br />

und den Grün<strong>der</strong>n im<br />

Internet:<br />

www.hochschulgruen<strong>der</strong>.net<br />

QR� CODE<br />

37


38 personalia scientia halensis 4/2011<br />

Prof. Dr. Kathrin Dörr<br />

Institut für Physik<br />

Tel: 0345 55 255 42<br />

E-Mail: kathrin.doerr@<br />

physik.uni-halle.de<br />

(Foto: Maike Glöckner)<br />

Anzeige<br />

Kathrin Dörr hat bei Experimenten Spaß wie Miss Marple<br />

Kathrin Dörr ist Heimkehrerin. Seit dem 1. Juli 2011<br />

ist sie zurück – in Halle und <strong>an</strong> <strong>der</strong> MLU. Als Professorin<br />

für Experimentalphysik. 1986 legte sie <strong>an</strong> den<br />

Spezialklassen für Mathematik und Naturwissenschaften<br />

<strong>der</strong> MLU ihr Abitur ab. Vor 45 Jahren ist<br />

sie in Halle zur Welt gekommen.<br />

Nach 25 Jahren ist Dörr nun <strong>an</strong> die Saale heimgekehrt<br />

und begierig darauf, die zwischenzeitlichen<br />

Verän<strong>der</strong>ungen zu entdecken. „Halle ist eine ungewöhnlich<br />

abwechslungsreiche Stadt mit einer<br />

ebensolchen Geschichte.“ Den beson<strong>der</strong>en wissenschaftlichen<br />

Reiz, den die MLU auf sie übt, fassen<br />

zwei Worte: „N<strong>an</strong>ostrukturierte Materialien“ – ein<br />

Forschungsschwerpunkt, in den ihre Forschungsrichtung<br />

hervorragend passt und <strong>der</strong> durch das L<strong>an</strong>desexzellenznetzwerk<br />

weiter gestärkt wird.<br />

Während ihrer Absenz spezialisierte sich Dörr auf<br />

neuartige elektronische Materialien, die vielleicht<br />

die Datenspeicher o<strong>der</strong> Sensoren <strong>der</strong> Zukunft werden.<br />

Zunächst studierte sie <strong>an</strong> <strong>der</strong> TU Dresden Physik.<br />

Dort wurde sie 1996 auch promoviert. In Dres-<br />

den habilitierte sie sich 2007 zu spinpolarisiertem<br />

Tr<strong>an</strong>sport in magnetischen Oxiden. Wissenschaftlich<br />

tätig war sie als Forschungsgruppenleiterin am<br />

IFW und Privatdozentin <strong>an</strong> <strong>der</strong> TU Dresden sowie als<br />

Gast am Trinity College Dublin. Außerdem arbeitete<br />

sie regelmäßig am Oak Ridge National Laboratory<br />

in Tennessee.<br />

Was ihr <strong>an</strong> ihrer Arbeit beson<strong>der</strong>e Freude bereitet?<br />

„Mit einem Kore<strong>an</strong>er, einer Russin und einem Brasili<strong>an</strong>er<br />

über dieselbe Sache diskutieren zu können.“<br />

Sp<strong>an</strong>nend findet sie auch, detektivisch aus vielen<br />

experimentellen Fakten die entscheidenden zu finden:<br />

„Da k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> Spaß haben wie Miss Marple.“<br />

Und ihre Begeisterung will sie auch auf <strong>an</strong><strong>der</strong>e<br />

übertragen: „Ich möchte international gefragte Forschung<br />

mit einer attraktiven <strong>Ausbildung</strong> verbinden,<br />

die mehr junge Leute für die Physik gewinnt.“<br />

Dörr ist verheiratet und hat einen 15-jährigen<br />

Sohn. Ihre knappe Freizeit nutzt sie für Familie und<br />

Freunde, zum Lesen, um die Natur zu erkunden, Musik<br />

zu hören o<strong>der</strong> Geige zu spielen. Thomas Liersch


scientia halensis 4/2011 personalia<br />

Kurswechsel bei Entwicklungshilfe<br />

Wirtschaftsethiker Stef<strong>an</strong> Hielscher dreifach ausgezeichnet<br />

Alles beginnt mit einer Frage. Auch bei Wirtschaftsethiker<br />

Dr. Stef<strong>an</strong> Hielscher. Also fragt er: „Warum<br />

sollten Unternehmen wohl Gewinne machen?“<br />

Hmm, weil das ihr Anreiz ist? Der Antrieb überhaupt<br />

in <strong>der</strong> Marktwirtschaft? Der 34-Jährige lächelt. Klar,<br />

es kommt auf die Sichtweise <strong>an</strong>, auch und gerade<br />

für einen Wirtschaftsethiker. „Gewinne“, sagt Hielscher,<br />

„spornen ein Unternehmen <strong>an</strong>, durch Produkte<br />

gesellschaftliche Probleme zu lösen. Das wie<strong>der</strong>um<br />

spornt <strong>an</strong><strong>der</strong>e Unternehmen <strong>an</strong>, noch mehr<br />

gesellschaftliche Probleme in Angriff zu nehmen.“<br />

Das Beste, was passieren k<strong>an</strong>n, ist eine Kettenreaktion<br />

– ja quasi ein Wettlauf, bei dem alle schneller<br />

laufen und letztlich alle zum Sieger werden – auch<br />

die Gesellschaft.<br />

Das klingt alles toll. Doch eigentlich wollen wir über<br />

die Preisverleihungen reden? Dr. Stef<strong>an</strong> Hielscher,<br />

wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für<br />

Wirtschaftsethik, hat dieses Jahr für seine Dissertation<br />

zum Thema „Kooperation statt Hilfe: Ein ordonomischer<br />

Beitrag zur Theorie <strong>der</strong> Entwicklungspolitik“<br />

sowohl den begehrten K<strong>an</strong>torovitsch-Preis<br />

als auch den Dorothea-Erxleben-Preis erhalten.<br />

Zudem wurde er mit dem „Best Paper Award 2011“<br />

des Wirtschaftswissenschaftlichen Bereichs ausgezeichnet.<br />

Kurz: Der Wirtschaftswissenschaftler<br />

steht in <strong>der</strong> Hitliste <strong>der</strong> Preisverleihungen 2011 <strong>an</strong><br />

<strong>der</strong> MLU <strong>an</strong> erster Stelle.<br />

Und genau <strong>an</strong> diesem Punkt, verweist Hielscher<br />

auf die Ausg<strong>an</strong>gsfrage. „Es geht nicht darum, dass<br />

ein einzelner tolle Preise gewinnt.“ Es gehe um den<br />

Prozess. Vielmehr seien Preise ein Anreiz für viele,<br />

neugierig zu fragen, zu forschen, um insgesamt ein<br />

besseres Verständnis für gesellschaftliche Zusammenhänge<br />

zu entwickeln.<br />

Ein neues Ged<strong>an</strong>kenmodell muss her<br />

Drängend und ernst sind die Probleme allemal, mit<br />

denen sich Hielscher in seiner mehrfach prämierten<br />

Dissertation beschäftigt. Dazu widmet er sich einem<br />

altbek<strong>an</strong>nten Problem, nämlich dem, wie die mo-<br />

<strong>der</strong>ne Gesellschaft die Armut in Entwicklungslän<strong>der</strong>n<br />

bekämpfen k<strong>an</strong>n. „Nur Geld zu überweisen<br />

ist zwar beruhigend, hat aber in <strong>der</strong> Verg<strong>an</strong>genheit<br />

nicht funktioniert. Wir brauchen also ein neues<br />

Ged<strong>an</strong>kenmodell“, sagt <strong>der</strong> Wirtschaftsethiker, <strong>der</strong><br />

aufgrund vielfacher Ausl<strong>an</strong>dsaufenthalte hervorragend<br />

Englisch, Italienisch, Sp<strong>an</strong>isch und passabel<br />

Fr<strong>an</strong>zösisch und Russisch spricht.<br />

Und sein Modell verl<strong>an</strong>gt ein Umdenken, durchaus<br />

radikaler Art. „Zunächst müssen wir uns im Klaren<br />

sein, wofür wir diese Län<strong>der</strong> überhaupt brauchen?<br />

Und wir brauchen sie! Etwa beim Klima- und Umweltschutz,<br />

im Kampf gegen Terrorismus und zur<br />

Prävention von Kr<strong>an</strong>kheiten.“ Diese Aufgabenkreise<br />

lassen sich alle unter dem Begriff <strong>der</strong> globalen<br />

öffentlichen Güter zusammenfassen. Die Einsicht<br />

müsse lauten: Nur mit einer Kooperation k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong><br />

die Armut in den Entwicklungslän<strong>der</strong>n austreiben.<br />

Blauäugig auf Zusammenarbeit hoffen, könne m<strong>an</strong><br />

jedoch nicht.<br />

Hilfe, sagt Hielscher, müsse <strong>an</strong> Bedingungen geknüpft<br />

sein. Dabei gehe es um Gar<strong>an</strong>tien, dass das<br />

Geld dort <strong>an</strong>kommt, wo es gebraucht wird. Also<br />

müsse höherer Druck auf die vorherrschenden – ja<br />

oft korrupten – Machtstrukturen in den Entwicklungslän<strong>der</strong>n<br />

ausgeübt werden, so <strong>der</strong> gebürtige<br />

Chemnitzer.<br />

Gewagte Thesen o<strong>der</strong> wirtschaftspolitischer Kurswechsel:<br />

Stef<strong>an</strong> Hielscher, <strong>der</strong> moment<strong>an</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Uni</strong> Halle habilitiert, ist mittlerweile nicht nur<br />

ein viel gereister und bepreister M<strong>an</strong>n, son<strong>der</strong>n<br />

mit seinen Ideen auch ein gefragter Referent.<br />

Michael Deutsch<br />

Kontakt: Dr. Stef<strong>an</strong> Hielscher<br />

Wirtschaftsethik<br />

Telefon: 0345 55 23387<br />

E-Mail: stef<strong>an</strong>.hielscher@wiwi.uni-halle.de<br />

Preisgekrönt und viel gereist:<br />

Wirtschaftsethiker Dr. Stef<strong>an</strong><br />

Hielscher<br />

(Foto: Michael Deutsch)<br />

Die L<strong>an</strong>gfassung des Artikels:<br />

WEBCODE MAG� 12055<br />

QR� CODE<br />

39


40 personalia scientia halensis 4/2011<br />

Tobias Grasse<br />

Unzählige Vari<strong>an</strong>ten des Fragebogens, <strong>der</strong> durch Marcel Proust so berühmt geworden ist, sind in den Medien zu<br />

finden. Scientia halensis spielt ebenfalls mit. Diesmal ist unser Match-Partner StuRa-Sprecher Tobias Grasse.<br />

1 | Warum leben Sie in Halle und nicht <strong>an</strong><strong>der</strong>swo?<br />

Wo die Liebe hinfällt… außerdem gibt<br />

es hier Medien- und Kommunikationswissenschaften,<br />

in München (meiner Heimatstadt) nur<br />

Kommunikationswissenschaften.<br />

2 | Wenn nicht Student, was wären Sie d<strong>an</strong>n<br />

geworden? Ich hätte wahrscheinlich eine <strong>Ausbildung</strong><br />

im Medienbereich (Audio) gemacht.<br />

3 | Was war <strong>an</strong> Ihrer Studienzeit am besten?<br />

Die Möglichkeit, sich überall auszuprobieren, und<br />

die theoretischen Debatten mit Kommilitonen.<br />

4 | Welchen Rat fürs Überleben würden Sie<br />

Studenten geben? Engagieren, pl<strong>an</strong>en, Pläne<br />

verwerfen, Schwerpunkte setzen. Und den Mund<br />

aufmachen.<br />

5 | Wenn Sie Rektor einer <strong>Uni</strong>versität wären,<br />

was würden Sie als erstes tun? Die digitale<br />

Campus-Infrastruktur verbessern.<br />

6 | Was ist für Sie die erste Aufgabe <strong>der</strong> Wissenschaft?<br />

Die Ausein<strong>an</strong><strong>der</strong>setzung des Menschen<br />

mit <strong>der</strong> Welt und sich selbst, um vielleicht<br />

irgendw<strong>an</strong>n wirklich zu verstehen.<br />

7 | Was haben Intelligenz und Menschlichkeit<br />

mitein<strong>an</strong><strong>der</strong> zu tun? Von beidem braucht es ein<br />

gutes Maß, um eine Persönlichkeit zu entwickeln.


8 | Worüber ärgern Sie sich am meisten? Wenn<br />

Leute sich ihre Fehler nicht eingestehen, um aus<br />

ihnen zu lernen.<br />

9 | Was bringt Sie zum Lachen? Absurditäten<br />

des Alltags.<br />

10 | Was schätzen Sie bei Ihren Freunden?<br />

Ehrlichkeit, Humor, Begeisterungsfähigkeit – und<br />

einen kleinen Spleen.<br />

11 | Wo sehen Sie Ihre Stärken? Ehrlichkeit,<br />

Engagement, nicht alle meine Stärken auswendig<br />

aufzählen zu können.<br />

12 | Was erwarten Sie von <strong>der</strong> Zukunft?<br />

Vieles was ich jetzt noch nicht weiß. Ich hoffe,<br />

dass ich d<strong>an</strong>n darauf zurückschauen und es "erfüllt"<br />

nennen k<strong>an</strong>n.<br />

13 | Wor<strong>an</strong> glauben Sie? Dar<strong>an</strong>, dass Wissen<br />

nicht alles ist, und Glauben "nicht wissen" bedeutet.<br />

14 | Welchen bedeutenden Menschen unserer<br />

Zeit hätten Sie gern als Gesprächspartner?<br />

Sir Tim Berners-Lee.<br />

15 | Wer war o<strong>der</strong> ist (bisher) für Sie <strong>der</strong> wichtigste<br />

Mensch in Ihrem Leben? Es wi<strong>der</strong>strebt<br />

mir, meine liebsten Mitmenschen in R<strong>an</strong>glisten<br />

zu zwängen. Einer geht nicht ohne die <strong>an</strong><strong>der</strong>en.<br />

16 | Welchen Ort <strong>der</strong> Welt möchten Sie unbedingt<br />

kennen lernen? Den Nordpol.<br />

17 | Womit verbringen Sie Ihre Freizeit am<br />

liebsten? Mit allem, was mir gerade in den Sinn<br />

kommt – o<strong>der</strong> damit, darüber zu sinnieren, was<br />

davon sinnvoll sein könnte.<br />

18 | Was wären Ihre drei Bücher für die Insel?<br />

Der Zombie-Survivalguide, ein guter Rom<strong>an</strong> den<br />

ich noch nicht kenne, How To Get Off A Lonely<br />

Isl<strong>an</strong>d In Five Easy Steps<br />

19 | Wenn Sie einen Wunsch frei hätten …?<br />

Würde ich mir mehr Wünsche wünschen, o<strong>der</strong><br />

<strong>an</strong> <strong>der</strong> Auswahl verzweifeln.<br />

20 | Ihr Motto? Wi<strong>der</strong> die Konjunktivitis!<br />

scientia halensis 4/2011 personalia<br />

Aus <strong>der</strong> Vita<br />

Geboren am 04.11.1986<br />

in Gräfelfing bei<br />

München, Studium <strong>der</strong><br />

Medien- und Kommunikationswissenschaften<br />

und Politikwissenschaften<br />

<strong>an</strong> <strong>der</strong> Martin-Luther-<br />

<strong>Uni</strong>versität. Seit 2010<br />

einer <strong>der</strong> Sprecher des<br />

Studierendenrates.<br />

Bild: Tobias Grasse<br />

(Foto: Maike Glöckner)<br />

41


42 zeitgeist scientia halensis 4/2011<br />

Der Zeitgeist, Jahrg<strong>an</strong>g<br />

1760, tauchte zuerst bei<br />

Joh<strong>an</strong>n Gottfried Her<strong>der</strong><br />

auf. Auch Joh<strong>an</strong>n Wolfg<strong>an</strong>g<br />

von Goethe setzte<br />

ihm ein Denkmal, indem<br />

er Faust vom „Geist <strong>der</strong><br />

Zeiten“ sprechen ließ.<br />

Inzwischen wirkt er -<br />

unübersetzt o<strong>der</strong> als „spirit<br />

of the times“ - längst auch<br />

in <strong>der</strong> englischsprachigen<br />

Welt.<br />

Zeichnung: Oliver Weiss<br />

Oh, Kreativität.<br />

Wo bist Du nur geblieben? Ich weiß, gerade erst<br />

warst du g<strong>an</strong>z prominent bei den Kollegen in <strong>der</strong><br />

hastuzeit unterwegs. Ein g<strong>an</strong>zes Heft haben sie<br />

Dir gewidmet. Da siehst Du, wie weit mein Elend<br />

reicht. Nicht einmal ein eigenes Thema für meine<br />

g<strong>an</strong>z persönliche letzte Seite wollte mir einfallen.<br />

Nein, stattdessen wird geklaut. Hier wie überall, so<br />

steht es in <strong>der</strong> Zeitung: „Fiese Diebe klauen Kin<strong>der</strong>-<br />

Dreirä<strong>der</strong>“, „Jugendliche klauen Feuerwehrauto<br />

und fahren ins Saarl<strong>an</strong>d“, „Schalke will Ex-Trainer<br />

Magath die Punkte klauen“ und „Frau klaut eimerweise<br />

Kürbisse“.<br />

Apropos Kürbisse.<br />

Da ist er also endlich, <strong>der</strong> Herbst. Seit Juni schon hagelt<br />

es Hinweise vom Himmel. Und jetzt? Halloween<br />

und Hexenfeuer. Was soll m<strong>an</strong> zu dieser Zeit schon<br />

machen, außer zu Hause sinnieren o<strong>der</strong> bei Nieselregen<br />

durch bunte Blätter spazieren? Ist das nicht<br />

das richtige Ambiente, um mal wie<strong>der</strong> vorbeizuschauen,<br />

gute, alte Kreativität? Dein letzter Besuch<br />

ist zu l<strong>an</strong>ge her. Das waren die Zeiten, als die Fe<strong>der</strong><br />

förmlich noch g<strong>an</strong>z von allein über die Zeilen flog.<br />

Ich erinnere mich nur noch dunkel...<br />

Dr. Usus Zeitgeist<br />

Versuch einer Ode <strong>an</strong> die Kreativität<br />

O<strong>der</strong>: Der Kampf mit <strong>der</strong> offenen Leere<br />

Apropos dunkel.<br />

Da ist sie wie<strong>der</strong>, die Dunkelheit, die einen morgens<br />

immer später in den Tag entlässt und abends immer<br />

früher empfängt. Wie soll ich die bitte ertragen, ohne<br />

Dich, meine liebe Kreativität? Ist Dir eine letzte,<br />

weiße Seite in <strong>der</strong> ehrwürdigen scientia halensis<br />

nicht genug? Was willst Du noch? So erlöse mich<br />

doch! Und wenn nicht von <strong>der</strong> Ideenlosigkeit, d<strong>an</strong>n<br />

wenigstens von <strong>der</strong> Krux dieser leeren Seite.<br />

Apropos Leere.<br />

Die scheint ja zurzeit auch außerhalb meines promovierten<br />

Kopfes zu regieren. Leere Kassen und leere<br />

Worte gähnen einem allerorts entgegen. Aber was<br />

rede ich da – die leere Menge ist schließlich Teilmenge<br />

je<strong>der</strong> Menge. Sagen jedenfalls die Mathematiker.<br />

An denen sollten wir uns ein Beispiel nehmen. Für<br />

sie ist Leere nur eine Frage <strong>der</strong> Definition. Ist eine<br />

leere Menge offen, so sprechen sie bereits von einer<br />

offenen Menge. Auch jede offene Kugel ist übrigens<br />

eine offene Menge.<br />

Apropos Kugel.<br />

Ich d<strong>an</strong>ke Dir, Google! Wenigstens Du lässt mich<br />

nie im Stich!


Leistungsstark, zielorientiert, praxisnah – die Stärken von DHL<br />

zählen auch im <strong>Uni</strong>-Alltag. Wir wünschen den Studierenden <strong>der</strong><br />

Martin-Luther-<strong>Uni</strong>versität Halle-Wittenberg viel Erfolg!


44 forschen und publizieren scientia halensis 4/2011<br />

Alles unter einem Dach!<br />

Kreatives Tagen in einem innovativen<br />

Umfeld, individuelle und persönliche Betreuung von<br />

<strong>der</strong> Anfrage bis zum Ver tragsabschluss, Service bis ins<br />

kleinste Detail – das alles und vieles mehr bietet<br />

Ihnen das M Hotel Halle.<br />

Wir begrüßen alle Mitarbeiter, Ver<strong>an</strong>staltungsteilnehmer<br />

sowie Freunde <strong>der</strong> Martin-Luther-<strong>Uni</strong>versität, Gast in unserem<br />

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Nutzen Sie die vielfältigen Vorteile wie beispielsweise Son<strong>der</strong>konditionen<br />

für Übernachtungsgäste, die aufgrund <strong>der</strong> Partnerschaft<br />

zwischen <strong>der</strong> Martin-Luther-<strong>Uni</strong>versität und dem<br />

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Wir freuen uns auf Ihren Besuch!<br />

M Hotel Halle · Riebeckplatz 4 · 06110 Halle<br />

Telefon 0345 5101-713 · Telefax 0345 5101-777<br />

reservierung.hal@maritim.de · www.maritim.de

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