Individuell zugeschnitten: Ausbildung an der Uni
Individuell zugeschnitten: Ausbildung an der Uni
Individuell zugeschnitten: Ausbildung an der Uni
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4 2011<br />
<strong>Individuell</strong> <strong>zugeschnitten</strong>:<br />
<strong>Ausbildung</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Uni</strong><br />
Nazi-Fotografen auf <strong>der</strong> Spur<br />
Biochip für frohe Ferkel<br />
Durchstarten mit Deutschl<strong>an</strong>dstipendium<br />
www.magazin.uni-halle.de<br />
D A S M A G A Z I N D E R M A R T I N� L U T H E R� U N I V E R S I T Ä T H A L L E� W I T T E N B E R G
2 forschen<br />
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und publizieren scientia halensis 4/2011<br />
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Wir stehen für Sie Kopf !
Liebe Leserinnen,<br />
liebe Leser,<br />
auch in diesem Oktober darf sich die Martin-Luther-<br />
<strong>Uni</strong>versität wie<strong>der</strong> über Tausende neue Studierende<br />
freuen, die den Campus und die Stadt bereichern.<br />
Herzlich willkommen!<br />
Die Redaktion des <strong>Uni</strong>versitätsmagazins hofft auf<br />
viele weitere interessierte Leser, die scientia halensis<br />
in ihrer Studienzeit kritisch begleiten mögen<br />
– gleich, ob sie dazu das Heft in die H<strong>an</strong>d nehmen,<br />
die Internetseite besuchen o<strong>der</strong> zu Freunden auf<br />
Facebook werden (s. a. Infos in <strong>der</strong> R<strong>an</strong>dspalte).<br />
Doch nicht nur für sie hat ein neuer Lebensabschnitt<br />
begonnen. Am 1. August wurden auch 14 neue<br />
Auszubildende <strong>an</strong> <strong>der</strong> MLU begrüßt, einen Monat<br />
später 134 Azubis im <strong>Ausbildung</strong>szentrum für Gesundheitsfachberufe<br />
des <strong>Uni</strong>versitätsklinikums. Unser<br />
Willkommensgruß gilt selbstredend auch Ihnen.<br />
Mehr als 30 Berufe haben <strong>Uni</strong>versität und Klinikum<br />
im <strong>Ausbildung</strong>s<strong>an</strong>gebot. Gute Lehre und Forschung<br />
ohne gute Lehrlinge? In vielen Bereichen ist das<br />
kaum denkbar.<br />
Mit welcher Strategie die <strong>Uni</strong>versität ausbildet, was<br />
Azubis über ihre Lehrzeit denken, warum es Tierwirte,<br />
Gärtner und Co. <strong>an</strong> <strong>der</strong> Hochschule gibt, darüber<br />
berichtet scientia halensis ausführlich in dieser<br />
Ausgabe und im Internet. In allen Gesprächen mit<br />
Ausbil<strong>der</strong>n und Auszubildenden erfuhren die Auto-<br />
IMPRESSUM<br />
scientia halensis<br />
Magazin <strong>der</strong> Martin-Luther-<strong>Uni</strong>versität<br />
Halle-Wittenberg (MLU)<br />
Ausgabe 4/11, 19. Jahrg<strong>an</strong>g<br />
ISSN 0945-9529<br />
erscheint viermal im Jahr<br />
sowie im Internet:<br />
www.magazin.uni-halle.de<br />
Herausgeber:<br />
Rektor <strong>der</strong> Martin-Luther-<strong>Uni</strong>versität<br />
Halle-Wittenberg<br />
Redaktion:<br />
Carsten Heckm<strong>an</strong>n (V.i.S.d.P.),<br />
Corinna Bertz, Christi<strong>an</strong> Günther,<br />
Tom Leonhardt, Ute Olbertz,<br />
Maria Preußm<strong>an</strong>n, Mel<strong>an</strong>ie<br />
Zimmerm<strong>an</strong>n<br />
Kontakt:<br />
Martin-Luther-<strong>Uni</strong>versität Halle-<br />
Wittenberg<br />
Stabsstelle des Rektors / Pressestelle<br />
<strong>Uni</strong>versitätsplatz 9, 06108 Halle (S.)<br />
Telefon: 0345 55 21004<br />
Fax: 0345 55 27066<br />
E-Mail: magazin@uni-halle.de<br />
ren immer wie<strong>der</strong>, wie hoch die Motivation auf beiden<br />
Seiten ist. Was Wahrnehmung und Wertschätzung<br />
<strong>der</strong> <strong>Ausbildung</strong> durch Außenstehende <strong>an</strong>geht,<br />
scheint es hingegen m<strong>an</strong>chmal noch Nachholbedarf<br />
zu geben. Wir lassen in diesem Heft und online Auszubildende<br />
und Ausbil<strong>der</strong> zu Wort kommen – zum<br />
Beispiel den Gärtner Norbert Schirrmeister, <strong>der</strong> auf<br />
dem Titelbild zu sehen ist.<br />
Weitere Beiträge drehen sich um neue Lehrmethoden<br />
und -<strong>an</strong>gebote, das künftige Geistes- und<br />
Sozialwissenschaftliche Zentrum sowie sp<strong>an</strong>nende<br />
Erkenntnisse aus Geistes- und Naturwissenschaften.<br />
Der StuRa-Sprecher Tobias Grasse be<strong>an</strong>twortet<br />
unsere 20 Fragen, wir stellen hoch dekorierte Jungunternehmer<br />
und Nachwuchswissenschaftler vor.<br />
„Eine Investition in Wissen bringt immer noch die<br />
besten Zinsen“, wusste schon Benjamin Fr<strong>an</strong>klin.<br />
Zahlreiche aktuelle Belege dafür finden Sie auf den<br />
folgenden Seiten.<br />
Auf Wie<strong>der</strong>lesen!<br />
Carsten Heckm<strong>an</strong>n<br />
Leiter <strong>der</strong> Pressestelle<br />
Grafik-Design:<br />
Sisters of Design<br />
www.sistersofdesign.de<br />
Designkoordinierung:<br />
Christi<strong>an</strong> Günther<br />
Mediadaten:<br />
www.pr.uni-halle.de/mediadaten<br />
Anzeigen / Satz / Gesamtherstellung:<br />
Digital Druckservice Halle GmbH<br />
Telefon: 0345 47 88 601<br />
www.digitaldruck-halle.de<br />
E-Mail: info@digitaldruck-halle.de<br />
scientia halensis 4/2011 editorial<br />
Druck:<br />
IMPRESS Druckerei Halbritter KG<br />
www.impressonline.de<br />
Namentlich gekennzeichnete Beiträge<br />
geben die Meinung <strong>der</strong> Autoren<br />
wie<strong>der</strong>. Bei unverl<strong>an</strong>gt einges<strong>an</strong>dten<br />
Texten/Fotos besteht keine Gewähr für<br />
einen Abdruck.<br />
Die Redaktion behält sich Än<strong>der</strong>ungen<br />
einges<strong>an</strong>dter Texte vor. Der Nachdruck<br />
von Artikeln ist bei Angabe <strong>der</strong> Quelle<br />
gestattet. Die Redaktion bittet um ein<br />
Belegexemplar.<br />
Carsten Heckm<strong>an</strong>n<br />
(Foto: Michael Deutsch)<br />
Besuchen Sie scientia halensis<br />
auch im Internet und<br />
auf Facebook, entdecken Sie<br />
zusätzliche Inhalte, diskutieren<br />
Sie mit <strong>an</strong><strong>der</strong>en Lesern<br />
und <strong>der</strong> Redaktion o<strong>der</strong> schlagen<br />
Sie neue Themen vor:<br />
www.magazin.uni-halle.de<br />
www.facebook.com/scientiahalensis<br />
scientia halensis erscheint mit freundlicher<br />
Unterstützung <strong>der</strong> Vereinigung<br />
<strong>der</strong> Freunde und För<strong>der</strong>er <strong>der</strong> Martin-<br />
Luther-<strong>Uni</strong>versität Halle-Wittenberg<br />
e. V. (VFF)<br />
Titelbild:<br />
Reviergärtner Norbert Schirrmeister<br />
hat seine <strong>Ausbildung</strong> im bot<strong>an</strong>ischen<br />
Garten <strong>der</strong> MLU absolviert.<br />
(Foto: Maike Glöckner)<br />
3
4 inhaltsverzeichnis scientia halensis 3/2011<br />
Futuristisch unter<br />
„freiem Himmel“ {10}<br />
Im Frühjahr 2012 ist es soweit,<br />
d<strong>an</strong>n beginnt <strong>der</strong> Bau des Geistes-<br />
und Sozialwissenschaftlichen Zentrums.<br />
Vor allem <strong>der</strong> futuristische<br />
Bibliotheks-Kubus wird ein Blickf<strong>an</strong>g<br />
des neuen Campus werden.<br />
(Entwurf: Eßm<strong>an</strong>n/Gärtner/Nieper Architekten<br />
GbR) „Wir bilden auch aus!“ -<br />
Die <strong>Uni</strong> als <strong>Ausbildung</strong>sstätte {14}<br />
Mit dem iPad auf Visite {22}<br />
Auf seinen Visiten durch die Klinik<br />
hat Prof. Dr. Wolfg<strong>an</strong>g Marsch<br />
das iPad stets dabei. Direkt am<br />
Patienten k<strong>an</strong>n er so mit seinen<br />
Studenten Kr<strong>an</strong>kheitsverläufe vergleichen.<br />
(Foto: Silvio Kison)<br />
Nicht nur Studenten lernen <strong>an</strong> <strong>der</strong> MLU. In mehr als 30 Berufen<br />
bildet die Hochschule Lehrlinge aus. Eine neue Werbeoffensive<br />
soll noch mehr motivierte Lehrlinge <strong>an</strong> die <strong>Uni</strong> holen<br />
(S. 14). Denn gute Lehre und Forschung braucht gute Azubis<br />
– und diese brauchen engagierte Ausbil<strong>der</strong>. Zwei engagierte<br />
Lehrmeister (S. 21) und viele Auszubildende kommen im<br />
Heft (S. 18) und im Onlinemagazin zu Wort, darunter auch<br />
Chemielabor<strong>an</strong>tin Doreen Rüdel. (Foto: Maike Glöckner)<br />
QR-Codes und Webcodes im Heft<br />
Unter www.magazin.uni-halle.de ist das <strong>Uni</strong>magazin im Internet zu finden. Mit Hilfe <strong>der</strong> QR-Codes<br />
und Webcodes neben den Beiträgen gel<strong>an</strong>gen Sie direkt zur entsprechenden Internetseite. QR-Codes<br />
funktionieren ähnlich wie Barcodes. Mit einem Tastendruck bzw. einer Fotoaufnahme des Mobiltelefons<br />
können Sie die verlinkte Webseite aufrufen. Für die Eingabe <strong>der</strong> Webcodes nutzen Sie einfach die Internetseite<br />
www.uni-halle.de/webcode.
inhalt<br />
varia<br />
6 Mehr Geld für exzellente<br />
Studenten:<br />
MLU vergibt Deutschl<strong>an</strong>dstipendien<br />
8 „Das Stipendium entspricht<br />
meiner Herzensstrategie“:<br />
Interview mit Wolfg<strong>an</strong>g Lassm<strong>an</strong><br />
9 „Appetit auf Kommunikation“:<br />
Heide-Mensa eröffnet<br />
10 Lichtdurchflutete Bibliothek<br />
auf grünem Campus:<br />
Das Geistes- und Sozialwissenschaftliche<br />
Zentrum <strong>der</strong> MLU<br />
12 Sprachsalat / Bil<strong>der</strong>rätsel<br />
13 Europameister! – Und (k)eine<br />
typische Turnierm<strong>an</strong>nschaft<br />
titelthema<br />
14 Bei Luther in die Lehre gehen:<br />
<strong>Ausbildung</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> MLU<br />
17 In <strong>der</strong> Pflege liegt die Zukunft:<br />
Das <strong>Ausbildung</strong>szentrum für<br />
Gesundheitsberufe<br />
18 Das Chaos unter Kontrolle halten:<br />
Vom Reviergärtner bis zu den Tierwirten<br />
– Auszubildende <strong>der</strong> MLU<br />
21 Lehrmeister mit Leib und Seele:<br />
Zwei l<strong>an</strong>gjährige Ausbil<strong>der</strong> erzählen<br />
studieren,<br />
lehren, leben<br />
22 Mit dem iPad auf Visite:<br />
Neue Ideen in <strong>der</strong> medizinischen<br />
<strong>Ausbildung</strong> in Halle<br />
25 Toler<strong>an</strong>z-Debatten am<br />
Weißen Meer:<br />
Deutsche und russische<br />
Studierende arbeiten am<br />
mediA≡H-Projekt<br />
26 Bio? Aber bitte mit Ethik:<br />
Biologiestudenten holen die Ethik<br />
in ihren Lehrpl<strong>an</strong><br />
27 Bloggen aus <strong>der</strong> Vormo<strong>der</strong>ne:<br />
Katrin Moeller bringt neue Medien<br />
und alte Geschichte zusammen<br />
Forschen und<br />
publizieren<br />
28 Auf <strong>der</strong> Spur <strong>der</strong> Nazi-Fotografen:<br />
Eine Doktor<strong>an</strong>din <strong>der</strong> Geschichte<br />
sorgt für Aufsehen<br />
31 Neue Technologien für alte<br />
Schriften am Institut für Informatik<br />
32 Ein Hefepilz als Hühnerpille:<br />
Zwei Biologen entwickeln eine<br />
Schluckimpfung gegen Tierseuchen<br />
33 „Mech<strong>an</strong>ismen <strong>der</strong> Elitebildung“<br />
unter <strong>der</strong> Lupe<br />
34 Fachliteraturfabrik<br />
35 Post für den Sult<strong>an</strong>:<br />
Ausstellung „Bris<strong>an</strong>te<br />
Begegnungen“ zeigt nomadische<br />
Lebenswelten<br />
Personalia<br />
36 Biochip für Schweine bringt<br />
Absolventen Grün<strong>der</strong>preis<br />
38 Neuberufung<br />
39 Kurswechsel bei Entwicklungshilfe:<br />
Stef<strong>an</strong> Hielscher forscht zur<br />
Wirtschaftethik<br />
40 20 Fragen <strong>an</strong> Tobias Grasse<br />
42 Dr. Usus Zeitgeist<br />
Some stories are also available in English:<br />
www.international.uni-halle.de.<br />
Please look for the flag!<br />
scientia halensis 3/2011 inhaltsverzeichnis<br />
Auf <strong>der</strong> Spur <strong>der</strong><br />
Nazi-Fotografen {28}<br />
In New York taucht ein Album mit<br />
Fotos aus dem Dritten Reich auf.<br />
Auf <strong>der</strong> Suche nach dem Fotografen<br />
bittet die „New York Times“ ihre<br />
Leser um Mithilfe. Eine MLU-<br />
Doktor<strong>an</strong>din k<strong>an</strong>n das Rätsel lösen.<br />
(Quelle: Stadtarchiv Salzburg, Fotoarchiv Fr<strong>an</strong>z<br />
Krieger)<br />
20 Fragen <strong>an</strong> Tobias Grasse<br />
{40}<br />
Konjunktive mag er nicht, Zombie-Survivalguides<br />
schon eher:<br />
StuRa-Sprecher Tobias Grasse be<strong>an</strong>twortet<br />
diesmal den Fragebogen<br />
des <strong>Uni</strong>magazin und wirft mit<br />
seinen Antworten neue Fragen auf.<br />
(Foto: Maike Glöckner)<br />
5
6 varia scientia halensis 4/2011<br />
varia<br />
Mehr Geld für<br />
exzellente Studenten<br />
„Leistung muss sich lohnen.“ Dass hinter dieser Politik-Floskel nicht nur leere Worte stehen, zeigt die MLU ab<br />
dem kommenden Wintersemester. Denn ab Oktober dürfen sich 35 beson<strong>der</strong>s gute und engagierte Studierende<br />
über 300 zusätzliche Euro pro Monat freuen. Möglich macht das eine Kooperation aus Bund, <strong>Uni</strong>versität und<br />
regionaler Wirtschaft: das Deutschl<strong>an</strong>dstipendium.<br />
Bild oben: Egal ob als<br />
Büchergeld o<strong>der</strong> als Plus für<br />
die Haushaltskasse – die<br />
ersten 35 Deutschl<strong>an</strong>dstipendiaten<br />
<strong>an</strong> <strong>der</strong> MLU können<br />
sich über 300 Euro mehr im<br />
Monat freuen.<br />
(Foto: Maike Glöckner)<br />
Seit ungefähr einem Jahr laufen <strong>an</strong> <strong>der</strong> halleschen<br />
<strong>Uni</strong>versität die Vorbereitungen für das Deutschl<strong>an</strong>dstipendium.<br />
Damit das För<strong>der</strong>programm in geregelten<br />
Bahnen verlaufen k<strong>an</strong>n, mussten einige Hürden<br />
genommen werden: Eine eigene Ordnung <strong>an</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Uni</strong>, Rahmenverträge für die Vergabe <strong>der</strong> Stipendien<br />
und natürlich – die ersten Geldgeber. Obwohl die<br />
Region Mitteldeutschl<strong>an</strong>d eher als strukturschwach<br />
gilt, hat es die MLU auf insgesamt 35 Stipendien für<br />
die kommenden zwei Semester gebracht. „Mit dem<br />
Ergebnis sind wir zufrieden“, kommentiert Katrin<br />
Rehschuh, Leiterin <strong>der</strong> Stabstelle des Rektors den<br />
aktuellen St<strong>an</strong>d. „So ein nationales Stipendienprogramm<br />
braucht Zeit, um sich zu etablieren.“<br />
Viele Unternehmen wollen das Deutschl<strong>an</strong>dstipendium<br />
zuerst einmal „testen“, sagt auch Katrin<br />
Eckebrecht, Leiterin <strong>der</strong> Abteilung 1 – Studium und<br />
Lehre, internationale Angelegenheiten. Sie sei aber
guter Dinge, dass sich in den kommenden Jahren<br />
weitere Unternehmen für das För<strong>der</strong>programm<br />
gewinnen lassen und dass die bereits existierenden<br />
Stipendiengeber ihr Engagement ausbauen werden.<br />
Der Großteil <strong>der</strong> Stipendien wird aktuell durch große<br />
Unternehmen vergeben, wie auch das <strong>Uni</strong>klinikum,<br />
das für die kommenden zwei Semester fünf Stipendien<br />
zur Verfügung stellt. „Als einer <strong>der</strong> größten<br />
Arbeitgeber in Sachsen-Anhalt sind wir auf sehr gut<br />
ausgebildeten Nachwuchs <strong>an</strong>gewiesen. Mit dem<br />
Deutschl<strong>an</strong>dstipendium verbinden wir die Hoffnung,<br />
dass die künftigen Absolventen einen Beruf in<br />
<strong>der</strong> Region finden“, sagt <strong>der</strong> ärztliche Direktor des<br />
<strong>Uni</strong>klikums, PD Dr. Thomas Klöss.<br />
Aber auch Privatpersonen zählen zu den För<strong>der</strong>ern.<br />
So zum Beispiel <strong>der</strong> studierte Ökonom Carl-Friedrich<br />
Wentzel aus Teutschenthal: „Mit dem Stipendium<br />
will ich die Verbindung unserer Familie zur <strong>Uni</strong>versität<br />
wie<strong>der</strong> aufleben lassen. Schließlich war unser<br />
Großvater Ehrensenator <strong>der</strong> <strong>Uni</strong> Halle.“ Für Wentzel<br />
stellen solche För<strong>der</strong>programme die ideale Gelegenheit<br />
dar, „Themen für die Region zu bearbeiten,<br />
für die im Job keine Zeit mehr ist“. Deshalb pl<strong>an</strong>e er,<br />
eine eigene Stiftung ins Leben zu rufen. Insgesamt<br />
haben sich für das kommende Semester über 300<br />
MLU-Studierende für ein Deutschl<strong>an</strong>dstipendium<br />
beworben. „Es hat uns viel Spaß gemacht, die Bewerbungen<br />
durchzuschauen“, kommentiert Eckebrecht.<br />
Sie sei beeindruckt gewesen, wie viel Mühe<br />
die Bewerber in ihre Motivationsschreiben gesteckt<br />
haben. Neben bereits eingeschriebenen Studenten<br />
haben sich auch Studien<strong>an</strong>fänger für das Stipendium<br />
beworben, die erst im Oktober ihr Studium <strong>an</strong> <strong>der</strong><br />
MLU beginnen.<br />
Um die Vergabe <strong>der</strong> Stipendien tr<strong>an</strong>sparent und<br />
offen zu gestalten, wurde eine Auswahlkommission<br />
eingerichtet. Geleitet wird sie von Prof. Dr.<br />
Christoph Weiser, Prorektor für Studium und Lehre.<br />
„Das Deutschl<strong>an</strong>dstipendium ist in erster<br />
Linie ein Leistungsstipendium.“<br />
Ihm stehen drei Professoren zur Seite, jeweils ein<br />
Geistes-, ein Sozial- und ein Naturwissenschaftler.<br />
Darüber hinaus wird die Kommission von zwei wissenschaftlichen<br />
Mitarbeitern und zwei Studierenden<br />
unterstützt. Zusätzlich können einige Stipendiengeber<br />
in <strong>der</strong> Kommission mitwirken, allerdings<br />
nur mit beraten<strong>der</strong> Stimme.<br />
Der Einfluss <strong>der</strong> Stifter ist also begrenzt. Ziel des<br />
Stipendienprogramms sei es nämlich auch, so Eckebrecht,<br />
die Stipendien möglichst gleichmäßig innerhalb<br />
<strong>der</strong> <strong>Uni</strong>versität zu verteilen. „Eine Vorgabe des<br />
Bundes ist es, grundsätzlich ein Drittel <strong>der</strong> Stipendien<br />
zweckfrei zu vergeben.“ Also zum Beispiel für<br />
Fächer, die für die Wirtschaft auf den ersten Blick<br />
„uninteress<strong>an</strong>t“ erscheinen. Als Auswahlkriterium<br />
für die Vergabe <strong>der</strong> Stipendien zählen vor allem die<br />
Noten: „Das Deutschl<strong>an</strong>dstipendium ist in erster<br />
Linie ein Leistungsstipendium. Aber es gibt auch so<br />
gen<strong>an</strong>nte Hilfskriterien für die Vergabe.“ Dazu zählt<br />
zum Beispiel das gesellschaftliche o<strong>der</strong> politische<br />
Engagement <strong>der</strong> Bewerber.<br />
Die Entscheidung, welche Studierenden eins <strong>der</strong><br />
begehrten Stipendien erhalten, fiel erst nach Redaktionsschluss.<br />
Im Onlinemagazin werden einige <strong>der</strong><br />
glücklichen „Gewinner“ vorgestellt. Tom Leonhardt<br />
Kontakt: Katrin Eckebrecht<br />
Katrin Eckebrecht<br />
Abteilung 1 – Studium und Lehre, Internationale<br />
Angelegenheiten<br />
Telefon: 0345 55 21300<br />
E-Mail: katrin.eckebrecht@verwaltung.uni-halle.de<br />
scientia halensis 4/2011 varia<br />
Das Deutschl<strong>an</strong>dstipendium<br />
ist eine Initiative des<br />
Bundesministeriums für<br />
Bildung und Forschung.<br />
Der Pl<strong>an</strong>: Studierende mit<br />
beson<strong>der</strong>s guten Leistungen<br />
und großem gesellschaftlichen<br />
Engagement<br />
erhalten unabhängig vom<br />
Einkommen <strong>der</strong> Eltern<br />
300 Euro im Monat.<br />
Fin<strong>an</strong>ziert wird das<br />
Stipendium je zur Hälfte<br />
durch den Bund und durch<br />
die regionale Wirtschaft.<br />
Infos zum Deutschl<strong>an</strong>dstipendium<br />
<strong>an</strong> <strong>der</strong> MLU:<br />
www.uni-halle.de/<br />
deutschl<strong>an</strong>d-stipendium<br />
Stipendiaten im Porträt:<br />
www.uni-halle.de/webcode<br />
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QR� CODE<br />
7
8 varia scientia halensis 4/2011<br />
„Das Stipendium entspricht<br />
meiner Herzensstrategie“<br />
Um <strong>an</strong>onyme Spen<strong>der</strong> r<strong>an</strong>ken sich oft Legenden. Wer Geld gibt, k<strong>an</strong>n aber auch Gesicht zeigen, zumal es einem<br />
guten Zweck dient. Mit seinem privaten Vermögen engagiert sich <strong>der</strong> Wirtschaftsinformatiker Prof. Dr. Dr.<br />
Wolfg<strong>an</strong>g Lassm<strong>an</strong>n sehr für die hallesche <strong>Uni</strong>versität. Scientia halensis befragte ihn zu seinen Beweggründen.<br />
Bild rechts: Prof. Dr. Dr.<br />
Wolfg<strong>an</strong>g Lassm<strong>an</strong>n<br />
(Foto: itCampus)<br />
Im November 2010 riefen Sie die Wolfg<strong>an</strong>g-Lassm<strong>an</strong>n-Stiftung<br />
ins Leben. Ihr nicht<br />
g<strong>an</strong>z ernst gemeinter Ausspruch „… von dem<br />
Geld hätte ich meiner Frau auch einen Porsche<br />
kaufen können …“ ließ aufhorchen.<br />
Was bewegte Sie dazu, sich mit privaten Mitteln<br />
für die <strong>Uni</strong>versität einzusetzen?<br />
Das hat für mich in erster Linie persönliche Gründe.<br />
Als Kind verlor ich im Krieg die Eltern und meine<br />
Heimat. Große Freude am Lernen und ein starker<br />
Wille, das Leben positiv zu gestalten, waren mir als<br />
einziges geblieben.<br />
Da gab es Menschen, die mir geholfen und mich<br />
geför<strong>der</strong>t haben. Mit drei Hochschulabschlüssen<br />
konnte ich ein breites Wissen erwerben. In D<strong>an</strong>kbarkeit<br />
gebe ich gern einen Teil meines Vermögens<br />
<strong>an</strong> die <strong>Uni</strong>versität zurück, <strong>an</strong> <strong>der</strong> ich über 40 Jahre<br />
forschen und lehren durfte.<br />
Was wollen Sie mit <strong>der</strong> Stiftung bewirken?<br />
Ziel <strong>der</strong> Stiftung ist es, junge Akademiker mit einem<br />
sozial schwachen Hintergrund zu unterstützen und<br />
herausragende Abschlussarbeiten auszuzeichnen.<br />
Der 1912 in S<strong>an</strong>kt Petersburg geborene Mathematiker<br />
Leonid W. K<strong>an</strong>torowitsch war mein Doktorvater.<br />
Er erhielt 1975 den Wirtschaftsnobelpreis.<br />
Mir ist es ein beson<strong>der</strong>es Anliegen, die Erinnerung<br />
<strong>an</strong> ihn mit dem nach ihm ben<strong>an</strong>nten Preis wach zu<br />
halten und Nachwuchswissenschaftler in seinem<br />
Sinne zu ehren.<br />
Wie hoch ist das Stiftungskapital?<br />
Es beträgt 100.000 Euro und k<strong>an</strong>n durch Zustiftungen<br />
erhöht werden.<br />
Sie haben darüber hinaus ein Deutschl<strong>an</strong>dstipendium<br />
für die MLU aus privaten Quellen zur Verfügung<br />
gestellt...<br />
Ja, die Begeisterung <strong>der</strong> Wissenschaftsministerin<br />
Birgitta Wolff hat mich überzeugt. Hier bietet sich<br />
eine hervorragende Verbindung zwischen Wirtschaft<br />
und Bildung. Das Stipendium entspricht meiner<br />
Herzensstrategie, leistungsstarke Studierende<br />
zu unterstützen. Wirtschaftsinformatiker und Studierende<br />
aus den <strong>an</strong>grenzenden Bereichen Mathematik<br />
und Informatik kommen für eine För<strong>der</strong>ung<br />
in Betracht.<br />
Interview: Ute Olbertz
„Appetit auf Kommunikation“<br />
in <strong>der</strong> Heide-Mensa<br />
„Happy Birthday“ hieß es aus doppeltem Anlass am<br />
7. September in <strong>der</strong> neuen Heide-Mensa. Zu feiern<br />
gab es zeitgleich das 80-jährige Jubiläum des Studentenwerks<br />
Halle und seinen 20. Jahrestag nach<br />
<strong>der</strong> Neugründung 1991. Die Eröffnung <strong>der</strong> l<strong>an</strong>g<br />
ersehnten Mensa stelle dabei gewissermaßen ein<br />
„Geschenk“ dar, sagte Prof. Dr. H<strong>an</strong>s Lilie, Verwaltungsratsvorsitzen<strong>der</strong><br />
des Studentenwerks Halle.<br />
Vor allem <strong>Uni</strong>-Angehörige, die auf dem Campus Heide-Süd<br />
studieren, lehren und forschen, können sich<br />
darüber freuen. Zahlreiche Gäste aus Wissenschaft<br />
und Politik sowie Studierende kamen zur Feier.<br />
Insbeson<strong>der</strong>e in den verg<strong>an</strong>genen 20 Jahren konnte<br />
das Studentenwerk gemeinsam mit den Hochschulen<br />
und den Kommunen umf<strong>an</strong>greiche Erfolge bei<br />
<strong>der</strong> Gestaltung <strong>der</strong> Studienst<strong>an</strong>dorte erreichen.<br />
„Das Studentenwerk zählt zu den starken Partnern<br />
<strong>der</strong> <strong>Uni</strong>versität“, betonte MLU-Rektor Udo Sträter.<br />
„Der Campus steigert mit <strong>der</strong> neuen Mensateria<br />
enorm seine Anziehungskraft. Solche Räume sind<br />
wichtig für Ideen und Kreativität.“<br />
„Großen Appetit nicht nur aufs Essen son<strong>der</strong>n<br />
auch auf Kommunikation“, wünschte Sachsen-<br />
Anhalts Wissenschaftsministerin Birgitta Wolff den<br />
künftigen Nutzern. Täglich können die Gäste aus<br />
vier Speisen und einem Salatbüfett wählen. Helle<br />
Räumlichkeiten bieten darüber hinaus vielfache<br />
Möglichkeiten zum Austausch und locken zum Kommunizieren,<br />
gemeinsamen Arbeiten und zu Begegnungen.<br />
Das neue Gebäude, das fünf Millionen Euro<br />
gekostet hat, bietet nicht nur ein mo<strong>der</strong>nes Aussehen<br />
mit <strong>an</strong>spruchsvollem Ambiente. Es zeichnet<br />
sich außerdem durch eine beson<strong>der</strong>s nachhaltige,<br />
ökologische Bewirtschaftung aus, hob Dr. Volkmar<br />
Thom, Geschäftsführer des Studentenwerks Halle,<br />
hervor. Die benötigte Energie gewinnt das Haus zu<br />
einem großen Teil selbst aus Erdwärme und mit einer<br />
Photovoltaik-Anlage auf dem Dach.<br />
„In Anlehnung <strong>an</strong> den Charme alter Gewölbekeller,<br />
in denen sich Gäste gut aufgehoben fühlen,<br />
entst<strong>an</strong>d die Gestaltungsidee“, beschrieb <strong>der</strong> Architekt<br />
Gernot Schulz das Projekt. Außerdem k<strong>an</strong>n<br />
<strong>der</strong> Mensa-Besucher Rätsel lösen, die sich <strong>an</strong> den<br />
Wänden befinden: Hinter geheimnisvollen Grafiken<br />
aus Worten verbergen sich beim genaueren Hinsehen<br />
bedeutende Gelehrte o<strong>der</strong> frühere Studenten<br />
<strong>der</strong> <strong>Uni</strong>versität, darunter Martin Luther und Georg<br />
Friedrich Händel. Mit <strong>der</strong> neuen Einrichtung ist für<br />
die etwa 3.000 Studierenden und 300 Beschäftigten<br />
<strong>der</strong> MLU am Campus Heide-Süd künftig die<br />
Versorgung auf sichere Beine gestellt. Geöffnet ist<br />
werktags von 8 bis 19 Uhr. Ute Olbertz<br />
Kontakt: Dr. Volkmar Thom<br />
Studentenwerk Halle<br />
Tel.: 0345 68 47501<br />
E-Mail: geschaeftsfuehrung@studentenwerk-halle.de<br />
scientia halensis 4/2011 varia<br />
Bereits am Eröffnungstag<br />
nutzten zahlreiche Gäste<br />
die Angebote in <strong>der</strong> neuen<br />
Heide-Mensa. (Foto: Paolo<br />
Schubert)<br />
Das Studentenwerk<br />
Halle im Internet: www.<br />
studentenwerk-halle.de<br />
9
10 varia scientia halensis 4/2011<br />
Lichtdurchflutete Bibliothek<br />
auf grünem Campus<br />
Glasdach, Treppen und Lesebalkone stellen mo<strong>der</strong>ne Elemente <strong>der</strong> neuen Bibliothek dar, auf die ihre künftigen<br />
Nutzer im Geistes- und Sozialwissenschaftlichen Zentrum (GSZ) <strong>der</strong> Martin-Luther-<strong>Uni</strong>versität schon jetzt<br />
gesp<strong>an</strong>nt sein können.<br />
So soll nach Entwurf des<br />
Architekturbüros das künftige<br />
GSZ mit Park entl<strong>an</strong>g <strong>der</strong><br />
Emil-Ab<strong>der</strong>halden-Straße<br />
aussehen (Entwurf: Reiner<br />
Becker Architekten)<br />
Im Frühjahr 2012 wird Baubeginn sein. Doch zunächst<br />
gilt es für die Bauarbeiter, jene Gebäude<br />
auf dem Areal abzureißen, die zukünftig nicht mehr<br />
gebraucht werden. Später verlegen sie unter <strong>an</strong><strong>der</strong>em<br />
neue Wasser-, Abwasser- und Stromleitungen.<br />
Zeitgleich läuft für alle Bauabschnitte die Ausführungspl<strong>an</strong>ung.<br />
„Der Rückbau ist <strong>der</strong> Anf<strong>an</strong>g des Aufbaus – und auf<br />
den freuen wir uns“, sagt Rektor Prof. Dr. Udo Sträter.<br />
„Es ist und bleibt ein tolles Projekt.“ Im Juli fiel<br />
<strong>der</strong> Startschuss, 2014 soll alles fertig sein: An <strong>der</strong><br />
Emil-Ab<strong>der</strong>halden-Straße entsteht für 52 Millionen<br />
Euro das GSZ in <strong>der</strong> Regie des L<strong>an</strong>desbaubetriebs.<br />
Die Bibliothek wird wegen des Kostendeckels zwar<br />
kleiner ausfallen als ursprünglich gedacht, aber bereits<br />
in den Architekturentwürfen wird <strong>der</strong> Reiz des<br />
futuristischen „Bibliotheks-Kubus“ deutlich. „Und<br />
die Bibliothek wird 2014 funktionieren, es sind ausreichend<br />
Exp<strong>an</strong>sionsflächen vorh<strong>an</strong>den“, beschreibt<br />
<strong>Uni</strong>-K<strong>an</strong>zler Dr. Martin Hecht das Projekt. Der 17,5<br />
Meter hohe Bibliotheksneubau im Kubus wird einen<br />
beson<strong>der</strong>en Blickf<strong>an</strong>g des GSZ darstellen und als<br />
Wahrzeichen den Charakter des Campus bestimmen.<br />
Gelbliche Ziegel, die <strong>an</strong> das Hauptgebäude <strong>der</strong><br />
<strong>Uni</strong>versitäts- und L<strong>an</strong>desbibliothek (ULB) erinnern,<br />
stellen weithin sichtbare Gestaltungselemente dar.<br />
Eine weitere Beson<strong>der</strong>heit ist das Glasdach bzw.<br />
die großen Oberlichter im Dach. Bis in die unteren<br />
Ebenen sorgen sie für Helligkeit und erwecken für<br />
den Leser den Eindruck, unter „freiem Himmel“ zu<br />
arbeiten. Die Position scheinbar sparsam gesetzter<br />
Fenster erschließt sich im Innern des Hauses – hier<br />
ergeben sich aus den Lesebereichen und Büros <strong>an</strong>sprechende<br />
Ausblicke in den kleinen Park und auf<br />
den Campus.<br />
„Die Bücher sollen bildhaft als tragende Pfeiler des<br />
Gebäudes gesehen werden“, so das Konzept <strong>der</strong><br />
Architekten des Büros Eßm<strong>an</strong>n/Gärtner/Nieper.
Für die Nutzer stehen zwei lichtdurchflutete Lesebereiche<br />
zur Verfügung: ein großzügiger Raum auf<br />
<strong>der</strong> Westseite und Inseln sowie Lesebalkone auf <strong>der</strong><br />
Ostseite. „Offene Orte“ für die Leser <strong>an</strong> den Stegen<br />
und Treppen des mittleren Raums sollen darüber<br />
hinaus geschaffen werden. Ein großzügiges Foyer,<br />
in <strong>der</strong> Mittelzone ein Infotresen und ein Zeitschriftenbereich<br />
dürfen natürlich nicht fehlen.<br />
17.000 Quadratmeter groß ist die Gesamtfläche des<br />
Campus, die nun bebaut wird, die Nutzfläche im GSZ<br />
umfasst 11.400 Quadratmeter. Weichen müssen für<br />
die Neubauten unter <strong>an</strong><strong>der</strong>em die alten Stallungen<br />
auf dem einst von <strong>der</strong> L<strong>an</strong>dwirtschaftlichen Fakultät<br />
genutzten Areal. Prägende Gebäude <strong>an</strong> <strong>der</strong> Ludwig-<br />
Wucherer-Straße und <strong>der</strong> Adam-Kuckhoff-Straße<br />
bleiben erhalten und sollen s<strong>an</strong>iert werden.<br />
„Es ist gut, dass sich auch die Studierenden mit ihren<br />
Vorstellungen zum neuen Campus einbringen. Sie<br />
sind <strong>an</strong> den Pl<strong>an</strong>ungen beteiligt“, so K<strong>an</strong>zler Hecht.<br />
Einige <strong>der</strong> studentischen Vorschläge, zum Beispiel<br />
die Einrichtung von Räumen für Studierendenvertreter<br />
und Arbeitsgruppen, sollen in die Pl<strong>an</strong>ung bei<br />
<strong>der</strong> baulichen Umsetzung mit einfließen.<br />
Im Geistes- und Sozialwissenschaftlichen Zentrum<br />
werden Institute zusammengeführt, die aktuell auf<br />
17 St<strong>an</strong>dorte verteilt sind. Bis zu 350 Beschäftigte<br />
werden im GSZ arbeiten. Rund 3000 Studierende<br />
werden es nutzen. Der neue Campus wird öffentlich<br />
zugänglich sein, wahrscheinlich auch über einen<br />
Durchg<strong>an</strong>g am Steintor-Varieté.<br />
Carsten Heckm<strong>an</strong>n und Ute Olbertz<br />
Kontakt: Dr. Martin Hecht<br />
K<strong>an</strong>zler <strong>der</strong> MLU<br />
Telefon: 0345 55 21010<br />
E-Mail: k<strong>an</strong>zler@uni-halle.de<br />
sc scie scientia ie i nt n ia halensis hal al alen en e si sis 4/2011 4/20 2011 11 varia va vari ri r a 11 111<br />
Entwurf zur Innen<strong>an</strong>sicht<br />
des Bibliotheks-Neubaus –<br />
„Bücher als tragende Pfeiler<br />
des Gebäudes"<br />
(Entwurf: Eßm<strong>an</strong>n/Gärtner/<br />
Nieper Architekten GbR)<br />
Das GSZ im Internet:<br />
www.uni-halle.de/gsz
12 varia scientia halensis 4/2011<br />
bil<strong>der</strong>rätsel<br />
Was zeigt dieses<br />
Bild?<br />
Des Rätsels Lösung ist<br />
wie<strong>der</strong> im <strong>Uni</strong>magazin<br />
versteckt.<br />
Viel Vergnügen beim Lesen<br />
und beim Betrachten <strong>der</strong><br />
Bil<strong>der</strong>! Wer <strong>der</strong> Redaktion<br />
als Erste(r) per Telefon,<br />
E-Mail, Fax o<strong>der</strong> Post die<br />
richtige Lösung übermittelt,<br />
auf die o<strong>der</strong> den wartet<br />
ein Gutschein im Wert<br />
von 15 Euro, einzulösen<br />
im <strong>Uni</strong>-Shop im Marktschlösschen.<br />
Viel Glück!<br />
Das Rätselfoto in <strong>der</strong><br />
scientia halensis 3/11,<br />
Seite 8, zeigte den Henkel<br />
des Erdbeerkörbchens <strong>der</strong><br />
Thüringer Erdbeerkönigen<br />
auf Seite 30. Die<br />
Schnellste, die das Rätsel<br />
löste, war diesmal Babett<br />
Weigel. Sie arbeitet als<br />
Sekretärin <strong>der</strong> Abteilung<br />
Musikpädagogik am<br />
Institut für Musik. Den<br />
versprochenen Gutschein<br />
für den nächsten Einkauf<br />
im <strong>Uni</strong>-Shop hat sie<br />
bereits erhalten.<br />
Zeichnung: Oliver Weiss<br />
„Bitte einmal gemischten Sprachsalat …“<br />
Diesmal mit diversen internationalen<br />
„(Gastro-)Linguistica“<br />
„… Chinesisch braucht kein Mensch!“ Das k<strong>an</strong>n nicht<br />
sein, ich muss mich verguckt haben! An <strong>der</strong> nächsten<br />
Station klärt sich <strong>der</strong> Irrtum auf, ich lese das<br />
G<strong>an</strong>ze: „Dieses Versicherungs-Chinesisch …“, Werbung<br />
einer Versicherungskette. Aufsehen erregen<br />
will die mit dem Spruch – und erreicht ihr Ziel. Obwohl<br />
m<strong>an</strong>cher Bürger allem Fremdartigen mit Skepsis<br />
begegnet, hat es doch oft auch was Anziehendes;<br />
Neugier weckt es immer. Dabei ist die Verwendung<br />
lokaler Attribute zwecks eindeutiger Zuordnung –<br />
Abschreckung/Verlockung – des Gemeinten nicht<br />
neu (m<strong>an</strong> denke <strong>an</strong> „Fachchinesisch“, „Jäger-„ o<strong>der</strong><br />
„Anglerlatein“).<br />
Was „schwedische Gardinen“ (das Gefängnis in <strong>der</strong><br />
Gaunersprache) waren o<strong>der</strong> wofür die „englische<br />
Kr<strong>an</strong>kheit“ st<strong>an</strong>d (für Rachitis, zuerst beschrieben<br />
von einem englischen Arzt) o<strong>der</strong> gar die „fr<strong>an</strong>zösische<br />
[auch: sp<strong>an</strong>ische o<strong>der</strong> gallische] Kr<strong>an</strong>kheit“<br />
(für Syphilis – die natürlich nur <strong>an</strong><strong>der</strong>swo vorkam!),<br />
das war früher allgemein geläufig, auch wenn es sicher<br />
Leute gab, denen das „böhmische Dörfer“ waren<br />
(auf Grund ihrer „Unaussprechlichkeit“ fremd)<br />
und die deshalb gern sagten, so etwas käme ihnen<br />
sp<strong>an</strong>isch vor (diese Redewendung geht auf den 1530<br />
in Bologna gekrönten Kaiser Karl V. zurück).<br />
„Schottische Sparsamkeit“ gilt bis heute, je nach<br />
Lebenslage dem einen als Laster, dem <strong>an</strong><strong>der</strong>n als<br />
Tugend. In jedem Fall aber würde dieselbe ein Hin-<br />
<strong>der</strong>nis sein, „karibische Nächte“ zu genießen o<strong>der</strong><br />
beim „brasili<strong>an</strong>ischen Karneval“ mitzutun.<br />
Ein gewisses Geschmäckle eignet <strong>der</strong> noch immer<br />
gern zitierten „preußischen Pünktlichkeit“ – während<br />
die definitiv diskriminierende Absicht, wenn<br />
jem<strong>an</strong>d von „jüdischer Hast“ o<strong>der</strong> „polnischer Wirtschaft“<br />
sprach, schon vor Jahrzehnten bewirkte,<br />
dass diese Wortgruppen korrekterweise aus dem<br />
Sprachschatz verschwunden sind.<br />
„Wiener Würstchen“, „Amerik<strong>an</strong>er“ und „Russisch<br />
Brot“ (das uns indes witzigerweise keine kyrillischen,<br />
son<strong>der</strong>n lateinische Lettern schmackhaft<br />
macht) sind bis heute positiv konnotiert; „türkischer<br />
Kaffee“ und „Szegediner Goulasch“ (den übrigens<br />
so in Szeged niem<strong>an</strong>d kennt!) sind ein wenig aus<br />
<strong>der</strong> Mode, während m<strong>an</strong> „Schweizer Käse“, „griechischen<br />
Wein“ und „italienisches Eis“ vermutlich<br />
weltweit bekommt. Überhaupt: die Griechen und<br />
die Italiener! Vereint mit den Asiaten (o<strong>der</strong> gegen<br />
sie) bilden sie eine harte Konkurrenz für die (deutsche!)<br />
althergebrachte gutbürgerliche Küche. Das<br />
Fremde reizt und schmeckt!<br />
Schließlich seien noch die nützlichen Baskenmützen<br />
und die Norwegerpullover gen<strong>an</strong>nt, doch wer denkt<br />
dabei <strong>an</strong>s jeweilige Herkunftsl<strong>an</strong>d? Von <strong>der</strong> „portugiesischen<br />
Galeere“ lässt m<strong>an</strong> wohl besser die<br />
Finger, ebenso vom „Russischen Roulette“!<br />
Margarete Wein
Europameister!<br />
Und (k)eine typische Turnierm<strong>an</strong>nschaft<br />
Den MLU-Kickern ist Ende Juni eine kleine Sensation<br />
gelungen. Mit einem spektakulären 2:1-Sieg gegen<br />
die <strong>Uni</strong>fußballer aus Lille konnten sie den EM-Titel<br />
nach Halle bringen. Nach ihrer Heimreise wurden<br />
die glücklichen Sieger fast wie die „g<strong>an</strong>z Großen“<br />
empf<strong>an</strong>gen: Mit einer eigenen F<strong>an</strong>-Delegation, die<br />
extra aus Halle <strong>an</strong>gereist war. Geän<strong>der</strong>t hat sich<br />
für die Kicker <strong>der</strong> <strong>Uni</strong> Halle aber nach <strong>der</strong> Europameisterschaft<br />
in Ist<strong>an</strong>bul nicht viel: „Ich bin am<br />
nächsten Tag wie<strong>der</strong> in die <strong>Uni</strong> geg<strong>an</strong>gen“, so BWL-<br />
Student und VfL-Spieler Martin Wehlert.<br />
„Es ist halt trotzdem nur <strong>Uni</strong>fußball.“ Er habe sich<br />
aber über den Sektempf<strong>an</strong>g bei <strong>der</strong> Ankunft gefreut.<br />
Außerdem waren einige seiner Kommilitonen<br />
<strong>an</strong> den Tagen nach dem Sieg zu ihm gekommen,<br />
um ihm für das tolle Spiel zu gratulieren. Zu den<br />
Gratul<strong>an</strong>ten zählten auch MLU-Rektor Udo Sträter,<br />
Sachsen-Anhalts Wissenschaftsministerin Birgitta<br />
Wolff, Staatssekretär Marco Tullner und Halles<br />
Wirtschaftsdezernent Wolfram Neum<strong>an</strong>n, die mit<br />
<strong>der</strong> MLU-M<strong>an</strong>nschaft zur zehnten L<strong>an</strong>gen Nacht <strong>der</strong><br />
Wissenschaften auf <strong>der</strong> großen Bühne nochmals<br />
den Sieg feierten.<br />
„Vor dieser Leistung haben wir größte Achtung! Unsere<br />
M<strong>an</strong>nschaft hat mit ihrem Abschneiden neue<br />
Maßstäbe gesetzt“, freut sich Sträter.<br />
Er selbst habe das g<strong>an</strong>ze Turnier über auf den Sieg<br />
<strong>der</strong> MLU gehofft. Ein wenig nüchterner schätzt<br />
Trainer Thomas Diedrich den Erfolg ein: „Natürlich<br />
haben wir nicht wirklich damit gerechnet, Europameister<br />
zu werden.“<br />
Eigentlich hatten sie auf einen guten Platz im Mittelfeld<br />
gehofft. Wirklich im Finale zu stehen, damit<br />
habe <strong>der</strong> Trainer nicht gerechnet: „Sicher hätten wir<br />
sonst die Flüge nicht so knapp gebucht…“ Die glücklichen<br />
Sieger sind noch in <strong>der</strong>selben Nacht wie<strong>der</strong><br />
nach Deutschl<strong>an</strong>d geflogen.<br />
Viel Zeit zum Feiern blieb <strong>der</strong> M<strong>an</strong>nschaft auch in<br />
Halle nicht – Ende Juli war die Vorlesungszeit zu Ende<br />
und die Prüfungszeit hatte begonnen.<br />
Ob die MLU-Auswahl bei <strong>der</strong> nächsten Europameisterschaft<br />
wie<strong>der</strong> teilnehmen wird, ist noch unklar.<br />
Bis dahin will Martin zu seinen Fußball-Kollegen<br />
weiter engen Kontakt halten, „sowohl fußballerisch<br />
als auch auf <strong>der</strong> persönlichen Ebene“.<br />
Tom Leonhardt<br />
scientia halensis 4/2011 varia<br />
19 stolze Europameister in<br />
Ist<strong>an</strong>bul. (Foto: privat)<br />
Das Siegtor auf YouTube:<br />
WEBCODE MAG� 2280<br />
QR� CODE<br />
13
14 titelthema scientia halensis 4/2011<br />
titelthema<br />
Bei Luther<br />
in die Lehre gehen<br />
Die <strong>Uni</strong>versität bildet aus. Und zwar nicht nur Studierende. Viele wissen das nicht. Angesichts sinken<strong>der</strong> Bewerberzahlen<br />
startet die Personalabteilung daher eine Werbeoffensive. Zudem richtet sie die Berufsausbildung<br />
strategisch am zukünftigen Personalbedarf aus.<br />
Bild: Astrid Unger und<br />
Dr. Alina Seidel am neuen<br />
Messest<strong>an</strong>d <strong>der</strong> <strong>Uni</strong>, mit dem<br />
zukünftig um Auszubildende<br />
geworben werden wird<br />
(Foto: Maike Glöckner)<br />
Es ist ein trüber Tag, <strong>an</strong> dem die neuen Auszubildenden<br />
begrüßt werden. Von Sommer keine Spur.<br />
Sie müssen sich warm <strong>an</strong>ziehen <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Uni</strong>versität.<br />
Im wörtlichen Sinne, nicht im übertragenen. Die<br />
14 jungen Menschen sind guter Dinge <strong>an</strong> diesem<br />
1. August. „Klar, die erste Zeit wird sicher nicht<br />
leicht werden. Aber wir sind ja nicht auf den Mund<br />
gefallen“, sagt Aline Thomas, <strong>an</strong>gehende Fach<strong>an</strong>gestellte<br />
für Bürokommunikation. „Hauptsache, das<br />
Arbeitsklima ist gut“, ergänzt Beatrix Günther, die<br />
zur Kauffrau für Bürokommunikation ausgebildet<br />
wird. Im Dek<strong>an</strong>at <strong>der</strong> Naturwissenschaftlichen Fakultät<br />
III hat sie bereits ein vierwöchiges Praktikum<br />
absolviert. „Das war super, eine tolle Idee“, lobt ihre<br />
dortige Ausbil<strong>der</strong>in Kerstin Schüler. „Somit wussten<br />
wir frühzeitig, dass die Chemie stimmt.“<br />
Drei gemeinsame Jahre liegen vor Auszubildenden<br />
und Ausbil<strong>der</strong>n. Wer in seiner Lehrzeit gute Leis-
tungen erbringt, wird für ein Jahr übernommen, <strong>der</strong><br />
Beste des Jahrg<strong>an</strong>gs sogar für 15 Monate. Bezahlt<br />
wird nach Tarif, die <strong>Uni</strong>versität bietet kostenfreie<br />
Weiterbildungen. „Unsere Azubis können zudem<br />
viele unterschiedliche Bereiche kennen lernen und<br />
Praktika in <strong>an</strong><strong>der</strong>en Unternehmen machen, auch im<br />
Ausl<strong>an</strong>d“, nennt <strong>Ausbildung</strong>skoordinatorin Astrid<br />
Unger weitere Vorteile. Das Freizeit<strong>an</strong>gebot, zum<br />
Beispiel seitens des <strong>Uni</strong>sportzentrums, könnten sie<br />
natürlich auch nutzen. „Ich würde je<strong>der</strong>zeit zu einer<br />
Bewerbung <strong>an</strong> <strong>der</strong> MLU raten. Die Rahmenbedingungen<br />
sind sehr gut und m<strong>an</strong> sieht wirklich viel<br />
von <strong>der</strong> <strong>Uni</strong>“, sagt Kristin Wernicke, Vorsitzende <strong>der</strong><br />
Jugend- und Auszubildendenvertretung. Die Fach<strong>an</strong>gestellte<br />
für Bürokommunikation hat am Institut für<br />
Informatik gelernt und ist inzwischen unbefristet in<br />
<strong>der</strong> Philosophischen Fakultät III beschäftigt.<br />
Die 22-Jährige könnte glatt als Werbeträgerin fungieren.<br />
Zwar gibt es bisl<strong>an</strong>g keine Pend<strong>an</strong>ts zu<br />
den Studienbotschaftern – aber was nicht ist,<br />
könnte noch werden. Immerhin kam im September<br />
in Magdeburg erstmals ein eigener Messest<strong>an</strong>d<br />
zur Azubi-Werbung zum Einsatz. „Unser Bek<strong>an</strong>ntheitsgrad<br />
als <strong>Ausbildung</strong>sbetrieb muss unbedingt<br />
steigen“, erklärt Dr. Alina Seidel, seit 1. August<br />
Mehr als 30 Berufe im Angebot<br />
Leiterin <strong>der</strong> Personalabteilung, zuvor des Referats<br />
Personalentwicklung. „Die Zahl <strong>der</strong> Bewerber hat<br />
sich in den verg<strong>an</strong>genen Jahren nahezu halbiert,<br />
auch die Qualität <strong>der</strong> Vorbildung hat immens abgenommen.“<br />
Dass die MLU jedes Jahr bis zu 20 neue<br />
Auszubildende einstellt und 18 <strong>Ausbildung</strong>sberufe<br />
vom Biologielabor<strong>an</strong>ten bis zur zahnmedizinischen<br />
Fach<strong>an</strong>gestellten im Angebot hat (siehe Übersicht<br />
unten), scheinen viele junge Leute und <strong>der</strong>en Eltern<br />
nicht zu wissen. Darüber hinaus gibt es noch<br />
eine breite Palette im <strong>Uni</strong>versitätsklinikum: neun<br />
<strong>Ausbildung</strong>srichtungen in Kammer-, zehn weitere<br />
in Gesundheitsfachberufen (mehr dazu auf S. 17).<br />
„Wir haben jetzt <strong>an</strong>gef<strong>an</strong>gen, in Schulen zu gehen<br />
und <strong>Ausbildung</strong>smessen wahrzunehmen“, sagt Alina<br />
Seidel. Es gibt Postkarten, Flyer, ein Rollup. Stets mit<br />
<strong>der</strong> Botschaft: „Wir bilden auch aus.“ In großen Lettern<br />
pr<strong>an</strong>gt sie über dem drei Meter breiten Messest<strong>an</strong>d.<br />
„Natürlich stehen wir auch in Konkurrenz zu<br />
Unternehmen, gerade was die Abiturienten <strong>an</strong>geht.<br />
Im B<strong>an</strong>ken- und Versicherungssektor können Auszubildende<br />
da zum Teil auch mehr verdienen“, weiß<br />
die neue Personalchefin. Zudem spiele für viele Bewerber<br />
die Frage einer möglichen Übernahme die<br />
entscheidende Rolle. „Im Hinblick darauf können<br />
Jeweils rund 60 junge Menschen werden <strong>der</strong>zeit <strong>an</strong> <strong>der</strong> Martin-Luther-<strong>Uni</strong>versität und am <strong>Uni</strong>versitätsklinikum<br />
in 18 bzw. neun Kammerberufen ausgebildet. Gemeinsam erreichen Hochschule<br />
und Klinikum mit ihren Azubis Platz 13 unter den mehr als 2300 <strong>Ausbildung</strong>sbetrieben,<br />
die Mitglied <strong>der</strong> <strong>der</strong> Industrie- und H<strong>an</strong>delskammer Halle-Dessau sind. Darüber hinaus werden<br />
im <strong>Ausbildung</strong>szentrum für Gesundheitsfachberufe des <strong>Uni</strong>versitätsklinikums rund 520 Schüler<br />
in zehn Berufen ausgebildet.<br />
Bei den Kammerberufen im Hochschulbereich h<strong>an</strong>delt es sich um: Biologie-, Chemielabor<strong>an</strong>ten,<br />
Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik, Elektroniker für Geräte und Systeme, Fach<strong>an</strong>gestellte/Kaufleute<br />
für Bürokommunikation, Fach<strong>an</strong>gestellte für Medien- und Informationsdienste,<br />
Fachinformatiker für Systemadministration, Feinwerkmech<strong>an</strong>iker, Gärtner, Mediengestalter, Physiklabor<strong>an</strong>ten,<br />
Tierwirte, Tischler, Ver<strong>an</strong>staltungskaufleute, Verwaltungsfach<strong>an</strong>gestellte, Werkstoffprüfer,<br />
Zahnmedizinische Fach<strong>an</strong>gestellte. Am Klinikum sind es folgende Kammerberufe:<br />
Elektroniker für Automatisierungstechnik/Betriebstechnik, Fachinformatiker Systemintegration,<br />
IT-Systemelektroniker, Kaufleute für Bürokommunikation, Kaufleute im Gesundheitswesen,<br />
Mechatroniker, Medizinischer Fach<strong>an</strong>gestellter, Pharmazeutisch-kaufmännischer Angestellter.<br />
Carsten Heckm<strong>an</strong>n<br />
scientia halensis 4/2011 titelthema<br />
Mehr zur <strong>Ausbildung</strong> am<br />
<strong>Uni</strong>versitätsklinikum:<br />
www.medizin.uni-halle.<br />
de/index.php?id=387<br />
15
16 titelthema scientia halensis 4/2011<br />
Weitere Informationen zum<br />
Thema <strong>Ausbildung</strong> gibt es<br />
über den Menüpunkt „Servicebereiche“<br />
auf <strong>der</strong> Internetseite<br />
<strong>der</strong> Personalabteilung:<br />
http://personal.verwaltung.<br />
uni-halle.de.<br />
QR� CODE<br />
wir erst seit neuestem guten Gewissens für uns<br />
argumentieren.“<br />
Die MLU richtet ihre Berufsausbildung nunmehr<br />
strategisch aus. „Im Kern geht es darum, dass die<br />
<strong>Ausbildung</strong> bedarfsorientiert erfolgen soll, also<br />
ausgerichtet <strong>an</strong> konkreten freien Positionen, die<br />
nachzubesetzen sind“, erläutert Alina Seidel, die<br />
das neue Konzept zusammen mit Fr<strong>an</strong>k Thielicke<br />
auf den Weg gebracht hat, <strong>der</strong> dafür befristet in <strong>der</strong><br />
Personalabteilung beschäftigt war. Die Ausschreibung<br />
für die 23 im kommenden Jahr zu vergebenen<br />
<strong>Ausbildung</strong>splätze erfolgte nun erstmals basierend<br />
auf den Ergebnissen einer Bedarfs<strong>an</strong>alyse.<br />
„Das heißt, wir haben geschaut, wer 2015 die <strong>Uni</strong>versität<br />
verlässt und ob dessen Qualifizierung mit<br />
einer <strong>Ausbildung</strong> zu erreichen ist“, berichtet Alina<br />
Seidel. „Natürlich war auch zu bedenken, dass es<br />
laut Personalpl<strong>an</strong>ung nicht alle entsprechenden<br />
Stellen über 2015 hinaus geben soll. Und selbst von<br />
den verbleibenden Stellen werden wir nicht alle bedienen<br />
können – zudem können wir das G<strong>an</strong>ze lei<strong>der</strong><br />
nicht <strong>an</strong>gehen wie ein Unternehmen.“ In <strong>der</strong> freien<br />
Wirtschaft stelle m<strong>an</strong> sechs Azubis ein, um später<br />
<strong>an</strong> die besten drei von ihnen Stellen zu vergeben.<br />
Aufgrund des festgestellten Bedarfs wird es 2012<br />
erstmals zwei Lehrlinge geben, die zum Anlagenbauer<br />
ausgebildet werden. Aber es fallen, zumindest bis<br />
auf weiteres, eben auch <strong>Ausbildung</strong>sberufe weg:<br />
Glasbläser, Tischler und Ver<strong>an</strong>staltungskaufleute<br />
können in absehbarer Zeit nicht eingestellt werden.<br />
„Natürlich gefällt das nicht allen, schließlich bauen<br />
gerade viele personell nicht so gut ausgestattete<br />
Einrichtungen auf die Mitarbeit <strong>der</strong> Azubis“, sagt<br />
die Personalchefin. „Reibungspunkte wird es also<br />
geben – aber dort, wo es möglich ist, auch flexible<br />
Lösungen.“ Carsten Heckm<strong>an</strong>n<br />
Kontakt: Astrid Unger<br />
<strong>Ausbildung</strong>skoordinatorin<br />
Telefon: 0345 55 21521<br />
E-Mail: astrid.unger@verwaltung.uni-halle.de
In <strong>der</strong> Pflege liegt die Zukunft<br />
Die Menschen werden immer älter. Und kränker.<br />
Über die Vermittlungsquote von Absolventen k<strong>an</strong>n<br />
sich das <strong>Ausbildung</strong>szentrum für Gesundheitsfachberufe<br />
des <strong>Uni</strong>versitätsklinikums Halle deshalb<br />
nicht beschweren. „Die liegt bei nahezu einhun<strong>der</strong>t<br />
Prozent“, sagt die Leiterin des <strong>Ausbildung</strong>szentrums<br />
Dipl.-Stomatologin Carolin Schiewack. Über<br />
500 Schüler absolvieren <strong>der</strong>zeit ihre <strong>Ausbildung</strong><br />
in zehn verschiedenen Fachbereichen. Dazu gehören<br />
Gesundheits- und Kr<strong>an</strong>kenpflege, Geburtshilfe,<br />
Physiotherapie, Logopädie o<strong>der</strong> die Kin<strong>der</strong>kr<strong>an</strong>kenpflege.<br />
D<strong>an</strong>eben werden die Medizinisch-technische<br />
Radiologieassistenz, Laboratoriumsassistenz o<strong>der</strong><br />
Assistenz für Funktionsdiagnostik sowie die Operationstechnische<br />
und Anästhesietechnische Assistenz<br />
<strong>an</strong>geboten.<br />
Gerade bei Pflegeberufen besteht in Zukunft ein<br />
hoher Bedarf <strong>an</strong> Absolventen. Jährlich werden insgesamt<br />
35 Schülerinnen und Schüler für Gesundheits-<br />
und Kr<strong>an</strong>kenpflege, beziehungsweise Kin<strong>der</strong>kr<strong>an</strong>kenpflege<br />
ausgebildet. „Bereits nach einem<br />
dreiwöchigen Theorieblock arbeiten die Schüler<br />
zum ersten Mal auf den Kr<strong>an</strong>kenstationen“, sagt <strong>der</strong><br />
Leiter <strong>der</strong> Gesundheits- und Kr<strong>an</strong>kenpflege Diplom-<br />
Medizinpädagoge Klaus Spichale. Begleitet werden<br />
sie stets von einem Praxisleiter. Einen Anreiz, am<br />
<strong>Uni</strong>klinikum Halle zu bleiben, bietet in diesem Jahr<br />
<strong>der</strong> Leiter für Personalm<strong>an</strong>agement <strong>der</strong> Pflege<br />
Matthias Strauß, <strong>der</strong> verspricht, die besten Absolventen<br />
<strong>der</strong> <strong>Ausbildung</strong> zu übernehmen.<br />
Eine beliebte Berufswahl junger Frauen ist die Hebammenausbildung.<br />
„Das Beson<strong>der</strong>e ist, dass eine<br />
Hebamme selbstständig arbeiten darf und nur bei<br />
pathologischen Fällen einen Arzt hinzuziehen muss“,<br />
sagt Dipl.-Med.-Päd. Sus<strong>an</strong>ne May. Im August dieses<br />
Jahres hat Caroline H<strong>an</strong>isch ihre <strong>Ausbildung</strong><br />
zur Hebamme mit <strong>der</strong> Bewertung „Ausgezeichnet“<br />
abgeschlossen. Damit erhält sie eine Begabtenför<strong>der</strong>ung,<br />
die es ihr ermöglicht, sich weiterzubilden.<br />
Für Carolin H<strong>an</strong>isch endet die <strong>Ausbildung</strong> aber noch<br />
nicht, da sie inzwischen nebenbei Gesundheits- und<br />
Pflegewissenschaften studiert.<br />
Für diesen Bachelorstudieng<strong>an</strong>g k<strong>an</strong>n sich fast je<strong>der</strong><br />
Auszubildende nach dem ersten Halbjahr bewerben.<br />
„Ich denke, das ist eine gute Sache. Das eröffnet mir<br />
mehr Möglichkeiten“, so H<strong>an</strong>isch. Um neben dem<br />
Studium weiterhin praktisch tätig zu sein, arbeitet<br />
sie zudem in einem Geburtshaus. „Die Arbeit mit<br />
den Frauen und den Knirpsen macht mir einfach am<br />
meisten Spaß.“ Maria Preußm<strong>an</strong>n<br />
scientia halensis 4/2011 titelthema<br />
Dipl.-Med.-Päd. Sus<strong>an</strong>ne<br />
May und Hebammenschülerin<br />
Carolin Nolte<br />
(2. <strong>Ausbildung</strong>sjahr) üben <strong>an</strong><br />
einer Puppe (Foto: Katharina<br />
Wullenk)<br />
Mehr zum Artikel unter:<br />
www.uni-halle.de/webcode<br />
WEBCODE MAG� 11315<br />
QR� CODE<br />
17
18 titelthema scientia halensis 4/2011<br />
„Das Chaos unter Kontrolle halten”<br />
Dass Norbert Schirrmeister seine Arbeitszeit nicht im Büro verbringt, sieht m<strong>an</strong> auf den ersten Blick. Wer dem<br />
braungebr<strong>an</strong>nten jungen M<strong>an</strong>n im Bot<strong>an</strong>ischen Garten begegnet, wird ihn zunächst um sein blühendes Arbeitsreich<br />
beneiden. Spätestens beim nächsten Dauerregen o<strong>der</strong> bei den ersten Minusgraden möchte m<strong>an</strong> d<strong>an</strong>n aber<br />
lieber nicht mit dem Freil<strong>an</strong>dgärtner tauschen. Im August 2011 hat er ausgelernt und ist nun <strong>der</strong> erste Gärtner<br />
seit zw<strong>an</strong>zig Jahren, <strong>der</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> MLU ausgebildet und übernommen wurde.<br />
Bild: Norbert Schirrmeister in<br />
seinem Revier, <strong>der</strong> System<strong>an</strong>lage<br />
(Foto: Maike Glöckner)<br />
Auch im Sommer k<strong>an</strong>n seine Arbeit m<strong>an</strong>chmal un<strong>an</strong>genehm<br />
werden. „Wenn es sehr warm wird und m<strong>an</strong><br />
viel am Boden arbeitet, <strong>der</strong> noch zusätzlich Hitze<br />
abstrahlt, ist <strong>der</strong> Garten eine einzige Freiluftsauna“,<br />
sagt <strong>der</strong> 26-Jährige.<br />
Einige Aufgaben in seiner Abschlussprüfung spielten<br />
während <strong>der</strong> Lehrzeit im Bot<strong>an</strong>ischen Garten kaum<br />
eine Rolle. Zum Beispiel das Straußbinden o<strong>der</strong> das<br />
Topfen mit einer Topfmaschine: „In vielen großen<br />
Betrieben läuft das alles maschinisiert ab, vom<br />
Einfüllen <strong>der</strong> Erde bis zum Wässern. Hier machen<br />
wir aber alles von H<strong>an</strong>d. Wir mischen sogar unsere<br />
Substrate selbst.“<br />
In einem gewöhnlichen Gärtnerbetrieb wollte <strong>der</strong><br />
Hallenser nie arbeiten. Nach <strong>der</strong> Schule hatte er<br />
zunächst <strong>an</strong>gef<strong>an</strong>gen, Ethnologie und Arabistik zu<br />
studieren. D<strong>an</strong>n machte er ein Praktikum im Bot<strong>an</strong>ischen<br />
Garten. „Da war mir schnell klar, dass das<br />
die Arbeit ist, die ich machen möchte. Eine <strong>an</strong><strong>der</strong>e<br />
<strong>Ausbildung</strong>sstelle kam für mich nicht in Frage, weil
es in dieser Vielfalt nichts Vergleichbares gibt.“ Als<br />
Reviergärtner ist er im Garten vor allem für die System<strong>an</strong>lage<br />
ver<strong>an</strong>twortlich. Hinter dem technischen<br />
Begriff verbirgt sich eine l<strong>an</strong>ge Reihe von Beeten<br />
mit Pfl<strong>an</strong>zen, die gesät, gezüchtet und gepflegt werden<br />
wollen. „Die System<strong>an</strong>lage zeigt, wie Pfl<strong>an</strong>zen<br />
geordnet und kategorisiert werden können ‒ etwa<br />
nach <strong>der</strong> Anzahl <strong>der</strong> Keimblätter o<strong>der</strong> nach den<br />
Verw<strong>an</strong>dtschaftsbeziehungen“, erklärt er. „Meine<br />
Aufgabe ist es hier, ein Gleichgewicht herzustellen.<br />
Einige Arten wuchern sehr stark und müssen zurückgeschnitten<br />
werden, <strong>an</strong><strong>der</strong>e gedeihen schlechter.“<br />
Im Sommer heißt das: Gießen, Unkraut jäten, nebenbei<br />
Samen sammeln und vor allem „das Chaos<br />
unter Kontrolle halten“. Wenn die Saison vorbei<br />
ist, werden d<strong>an</strong>n die Zwiebeln und Rhizome aus<br />
<strong>der</strong> Erde geholt, die den Frost nicht überstehen<br />
würden. Einjährige Pfl<strong>an</strong>zen müssen ausgerissen<br />
und Samenstände zurückgeschnitten werden. In<br />
den Wintermonaten bleibt Zeit, um Maschinen und<br />
Werkzeuge zu warten, im J<strong>an</strong>uar fängt bereits die<br />
Aussaat wie<strong>der</strong> <strong>an</strong>. Im Frühling wird d<strong>an</strong>n <strong>an</strong>gezüchtet,<br />
ausgesät und <strong>an</strong>gepfl<strong>an</strong>zt.<br />
Für Schirrmeister hört die Gartenarbeit nach dem<br />
Feierabend aber nicht auf. Auch privat hat er viele<br />
Pfl<strong>an</strong>zen und pflegt nebenbei den Garten seiner<br />
Oma. „Der Wunsch, Gärtner zu werden, ist bei mir<br />
im Leben so gewachsen“, sagt er. „Ich war schon<br />
als Kind gern im Garten und das Interesse <strong>an</strong> dieser<br />
Arbeit ist immer bestehen geblieben. Damit, dass<br />
meine <strong>Ausbildung</strong> hier in einer Stelle übergeg<strong>an</strong>gen<br />
ist, ist für mich auch ein Traum in Erfüllung geg<strong>an</strong>gen."<br />
Corinna Bertz<br />
„Viel Fe<strong>der</strong>lesen” im Onlinemagazin: Azubis im Porträt<br />
Felix Semmler und Konrad Sterz lernen Geflügelwirt.<br />
Der eine kommt aus <strong>der</strong> Stadt, <strong>der</strong> <strong>an</strong><strong>der</strong>e vom<br />
L<strong>an</strong>de. Zwei grundverschiedene junge Männer, die<br />
im nutztierwissenschaftlichen Zentrum <strong>der</strong> MLU<br />
in Merbitz dieselbe ungewöhnliche <strong>Ausbildung</strong> absolvieren.<br />
Beide misten sie nicht nur aus, son<strong>der</strong>n<br />
eignen sich wirklich alles übers Fe<strong>der</strong>vieh <strong>an</strong>. Sie<br />
kümmern sich um Masthühner, Legehennen, Puten<br />
und Wachteln. Welche g<strong>an</strong>z unterschiedliche Einstellungen<br />
zu ihrem künftigen Beruf sie schon jetzt<br />
entwickelt haben, das ist alles im Nest – pardon<br />
Netz – nachzulesen.<br />
Doreen Rüdel wollte in ihrer <strong>Ausbildung</strong> das machen,<br />
was sie am meisten interessiert: „Das untersuchen,<br />
was m<strong>an</strong> zu sich nimmt und herausfinden,<br />
was drin ist.“ Wieviel Zucker ist zum Beispiel in einer<br />
Mettwurst? Die <strong>an</strong>gehende Chemielabor<strong>an</strong>tin arbeitet<br />
täglich mit Kolben, Pipetten und Messzylin<strong>der</strong>n.<br />
Was ihr dar<strong>an</strong> so viel Spaß macht, erzählt sie<br />
im Onlinemagazin.<br />
Felix Reißenweber war schon bei größeren Events<br />
als Kameram<strong>an</strong>n unterwegs, wie zum Beispiel dem<br />
Sputnik Springbreak Festival. Er hat im verg<strong>an</strong>genen<br />
Jahr seine <strong>Ausbildung</strong> zum Mediengestalter für Bild<br />
und Ton <strong>an</strong> <strong>der</strong> MLU <strong>an</strong>gef<strong>an</strong>gen. Undine Worbes<br />
absolviert ihre <strong>Ausbildung</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Uni</strong>versitäts- und<br />
L<strong>an</strong>desbibliothek. Mit verstaubten Büchern hat sie<br />
aber selten zu tun. Unter www.magazin.uni-halle.<br />
de berichten beide von ihrer <strong>Ausbildung</strong> und ihrem<br />
Arbeitsalltag. Corinna Bertz und Thomas Liersch<br />
scientia halensis 4/2011 titelthema<br />
Der Bot<strong>an</strong>ische Garten hat<br />
bis 29. Oktober montags<br />
bis freitags von 14 bis 18<br />
Uhr und am Wochenende<br />
und <strong>an</strong> Feiertagen von 10<br />
bis 18 Uhr geöffnet.<br />
Mehr im Internet:<br />
http://www2.biologie.<br />
uni-halle.de/bot/boga/<br />
Konrad Sterz absolviert eine<br />
<strong>Ausbildung</strong> zum Geflügelwirt<br />
(Foto: Maike Glöckner):<br />
Mehr zum Artikel unter:<br />
www.magazin.uni-halle.de/<br />
category/titelthema<br />
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19
20 titelthema scientia halensis 4/2011<br />
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Lehrmeister mit Leib und Seele<br />
M<strong>an</strong> könnte Ulrich Zschaege als Urgestein bezeichnen.<br />
O<strong>der</strong> als Vater <strong>der</strong> Komp<strong>an</strong>ie. Vielleicht<br />
würde m<strong>an</strong> ihm damit gerecht. Aber dem 62-Jährigen<br />
wären solcherlei Schlagwörter wohl ziemlich<br />
un<strong>an</strong>genehm. Klar, stolz ist er auf das, was er Besuchern<br />
in den Werkstätten des Instituts für Physik<br />
am Von-D<strong>an</strong>ckelm<strong>an</strong>n-Platz zeigen k<strong>an</strong>n. Aber er<br />
bleibt unaufgeregt, wählt wenige, dafür präzise<br />
Worte. „Auf die Genauigkeit kommt es <strong>an</strong>“, sagt er.<br />
Und meint seinen Beruf, den er hier jungen Leuten<br />
weitervermittelt.<br />
1967 hat Zschaege selbst als Lehrling <strong>an</strong> <strong>der</strong> MLU<br />
<strong>an</strong>gef<strong>an</strong>gen, damals im Hof des <strong>Uni</strong>-Gebäudes am<br />
Friedem<strong>an</strong>n-Bach-Platz, wo <strong>der</strong> wissenschaftliche<br />
Gerätebau <strong>an</strong>gesiedelt war. Feinmech<strong>an</strong>iker ist er<br />
geworden. In den Siebzigern folgte <strong>der</strong> Meisterlehrg<strong>an</strong>g.<br />
Nach dessen Abschluss hat <strong>der</strong> Hallenser<br />
ununterbrochen ausgebildet, seit acht Jahren<br />
alleinver<strong>an</strong>twortlich. Zwei Azubis sind es zurzeit.<br />
Der Beruf heißt inzwischen Feinwerkmech<strong>an</strong>iker,<br />
die grundlegenden Tätigkeiten sind die gleichen<br />
geblieben: Feilen, Fräsen, Drehen. „Inzwischen sind<br />
natürlich auch Maschinen zu bedienen, die computergesteuert<br />
Werkstücke herstellen. Es h<strong>an</strong>delt sich<br />
eben um einen sehr vielseitigen H<strong>an</strong>dwerksberuf.“<br />
Eine Grundausbildung dafür sei „Gold wert“. Umso<br />
unverständlicher findet es Zschaege, dass es Lehrlingen<br />
mitunter <strong>an</strong> Bereitschaft m<strong>an</strong>gelt, sie sich d<strong>an</strong>eben<br />
benehmen o<strong>der</strong> nicht zur Arbeit erscheinen.<br />
„Wenn wir hier nur Ärger und Aufregung haben, ist<br />
das schlecht. Aber zum Glück kommt das äußerst<br />
selten vor.“ Zschaege mag seinen Job und seine<br />
Rolle, die er darin sieht, „Menschen in den Beruf<br />
zu führen, aber auch dabei zu helfen, sich im Alltag<br />
zurechtzufinden“.<br />
Es sei nicht immer leicht, die Ver<strong>an</strong>twortung zu<br />
schultern und im Alltagsstress Zeit zu finden für<br />
die Bel<strong>an</strong>ge des Nachwuchses, berichtet Dorothea<br />
Rudolf, die seit 1999 Ausbil<strong>der</strong>in in <strong>der</strong> <strong>Uni</strong>versitäts-<br />
und L<strong>an</strong>desbibliothek ist.<br />
„Aber es ist immer wie<strong>der</strong> aufs Neue eine gute<br />
Erfahrung, mit jungen Leuten in Kontakt zu sein.<br />
Und für sie ist es unheimlich wichtig, einen Beruf<br />
zu erlernen.“ Fach<strong>an</strong>gestellte für Medien- und Informationsdienste<br />
bildet die Fachreferentin für Sozialwissenschaften<br />
aus. Von <strong>der</strong> Ausleihe über den<br />
Büchererwerb bis hin zur Katalogisierung reicht die<br />
Tätigkeitspalette.<br />
Fünf Auszubildende betreut Dorothea Rudolf <strong>der</strong>zeit.<br />
„Wir haben es hier mit Individuen zu tun – auf<br />
beiden Seiten“, umschreibt sie diplomatisch, dass<br />
nicht immer eitel Sonnenschein herrscht. Aber die<br />
Ausbil<strong>der</strong>in brennt für ihre Aufgabe, unterstützt die<br />
Azubis nach eigenen Worten, wo immer es geht. Sie<br />
motiviert sie auch, Praktika im Ausl<strong>an</strong>d zu machen.<br />
Alles in einer <strong>an</strong><strong>der</strong>en Sprache zu machen, das traue<br />
sich nicht je<strong>der</strong>. Aber die Erfahrung sei unheimlich<br />
wertvoll, auch in fachlicher Hinsicht. Zwar könne<br />
m<strong>an</strong> recherchieren, wie Bibliotheken in <strong>an</strong><strong>der</strong>en<br />
Län<strong>der</strong>n org<strong>an</strong>isiert sind. Aber bei aller Liebe zum<br />
gedruckten Wort: „Etwas gelebt zu haben ist eben<br />
mehr als es nur gelesen zu haben.“<br />
Carsten Heckm<strong>an</strong>n<br />
Kontakt: Ulrich Zschaege<br />
Feinmech<strong>an</strong>ische Werkstatt<br />
Telefon: 0345 55 252571<br />
E-Mail: zschaege@physik.uni-halle.de<br />
Kontakt: Dorothea Rudolf<br />
<strong>Uni</strong>versitäts- und L<strong>an</strong>desbibliothek Sachsen-Anhalt<br />
Telefon: 0345 55 22139<br />
E-Mail: dorothea.rudolf@bibliothek.uni-halle.de<br />
scientia halensis 4/2011 titelthema<br />
Dorothea Rudolf<br />
Bild links: Ulrich Zschaege<br />
(r.) mit seinem Auszubildenden<br />
Claudius George.<br />
(Fotos: Carsten Heckm<strong>an</strong>n)<br />
40 Ausbil<strong>der</strong> gibt es <strong>an</strong> <strong>der</strong><br />
MLU. Sie sind als solche<br />
sozusagen ehrenamtlich<br />
tätig. Am 13. September<br />
(nach Redaktionsschluss<br />
dieser Ausgabe) kamen sie<br />
am ersten „Ausbil<strong>der</strong>tag“<br />
zusammen, um sich auszutauschen<br />
und zu vernetzen.<br />
Auch einen „Tag<br />
<strong>der</strong> Azubis“ gibt es: am<br />
18. Oktober zum zweiten<br />
Mal.<br />
21
22 studieren, lehren, leben scientia halensis 4/2011<br />
studieren, lehren, leben<br />
Mit dem iPad auf Visite<br />
Seit 1717 – als erstmals in den Fr<strong>an</strong>ckeschen Stiftungen zu Halle klinischer Unterricht stattf<strong>an</strong>d – werden in<br />
<strong>der</strong> Saalestadt Ärzte ausgebildet. Die Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>an</strong> eine solche <strong>Ausbildung</strong> wachsen und sind stets von<br />
Verän<strong>der</strong>ungen geprägt. An <strong>der</strong> Medizinischen Fakultät und dem <strong>Uni</strong>versitätsklinikum in Halle führt eine<br />
innovative Idee zu einer weiteren Verbesserung <strong>der</strong> Lehre.<br />
Bild: Prof. Dr. Wolfg<strong>an</strong>g<br />
Marsch nutzt das iPad auf<br />
<strong>der</strong> Visite mit seinen Studierenden<br />
(Foto: Silvio Kison)<br />
Beispielhaft für den hohen Stellenwert <strong>der</strong> <strong>Ausbildung</strong><br />
ist <strong>der</strong> erstmals von <strong>der</strong> Medizinischen Fakultät<br />
<strong>der</strong> Martin-Luther-<strong>Uni</strong>versität verliehene Lehrpreis.<br />
„Die Fakultät würdigt damit Anstrengungen<br />
<strong>der</strong> Lehrenden, die <strong>Ausbildung</strong> <strong>der</strong> Medizinstudierenden<br />
nachhaltig zu verbessern“, sagt Studiendek<strong>an</strong><br />
Prof. Dr. Dieter Körholz. Der Lehrpreis wird einmal<br />
jährlich verliehen. In diesem Jahr wurden zehn<br />
K<strong>an</strong>didaten vorgeschlagen. Am Ende entschied sich<br />
das Preiskomitee – bestehend aus dem Studiendek<strong>an</strong>,<br />
sechs Studierenden und zwei Hochschullehrern<br />
– einstimmig für den renommierten und unter den<br />
Studierenden sehr beliebten Dermatologen Prof.<br />
Dr. Wolfg<strong>an</strong>g Marsch. Die Verleihung erfolgte im<br />
Rahmen <strong>der</strong> diesjährigen L<strong>an</strong>gen Nacht <strong>der</strong> Wissenschaften<br />
<strong>der</strong> MLU.<br />
Computer stellt Heilungsdynamik dar<br />
Professor Marsch folgte 1993 einem Ruf nach Halle,<br />
forscht seither <strong>an</strong> <strong>der</strong> MLU und engagiert sich in <strong>der</strong><br />
akademischen Lehre. Bevor er nach Halle kam, war<br />
er in Fr<strong>an</strong>kfurt am Main tätig. In dieser Zeit war er<br />
unter <strong>an</strong><strong>der</strong>em auch mehrere Jahre Dek<strong>an</strong> für Studium<br />
und Lehre. Derzeit ist Wolfg<strong>an</strong>g Marsch Direktor
<strong>der</strong> Klinik für Dermatologie und Venerologie am <strong>Uni</strong>versitätsklinikum<br />
und scheut auch nicht vor neuen<br />
Entwicklungen zurück. So vermittelt er seit einem<br />
halben Jahr mit Hilfe von tragbaren Kleincomputern<br />
Lerninhalte direkt am Patienten. „Die Idee entst<strong>an</strong>d<br />
bei einer Visite und durch die Anregung meines<br />
Kollegen Professor Dr. Joh<strong>an</strong>nes Wohlrab“, erklärt<br />
Marsch. Kurz d<strong>an</strong>ach wurden zehn Apple iPads für<br />
einen Stückpreis von 500 Euro <strong>an</strong>geschafft und seitdem<br />
in <strong>der</strong> Lehre eingesetzt.<br />
Sie werden bei vorlesungsbegleitenden Visiten <strong>an</strong><br />
die Studierenden verteilt, um die Inhalte <strong>der</strong> einzelnen<br />
Lerninhalte noch einmal bildlich darzustellen.<br />
„Wir sind so in <strong>der</strong> Lage, Bil<strong>der</strong> <strong>der</strong> einzelnen Kr<strong>an</strong>kheiten<br />
mit auf die Visite zu nehmen und am Patienten<br />
direkt zu zeigen. M<strong>an</strong> k<strong>an</strong>n so sehr gut den<br />
Ausg<strong>an</strong>gsbefund mit dem Ist-Befund vergleichen<br />
und hierdurch die Heilungsdynamik darstellen“,<br />
erklärt Marsch. Dabei seien die Patienten ebenso<br />
davon begeistert, ihren Kr<strong>an</strong>kheitsverlauf während<br />
<strong>der</strong> Visite noch einmal per Diashow nachvollziehen<br />
zu können, wie die Studierenden. Neben den Patientenbil<strong>der</strong>n<br />
sind die Computer auch mit sämtlichen<br />
Lerninhalten <strong>der</strong> Vorlesung versehen. „So k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong><br />
bei Fragen auf <strong>an</strong><strong>der</strong>e Inhalte <strong>der</strong> Vorlesung direkt<br />
vor Ort zugreifen.“<br />
i-Pads erfreuen sich großer Beliebtheit<br />
Dabei ist <strong>der</strong> Einsatz von iPads in diesem Bereich<br />
auch vom Hersteller Apple so gedacht. Der Verkaufsstart<br />
<strong>der</strong> ersten Generation des iPads beg<strong>an</strong>n<br />
Anf<strong>an</strong>g April 2010 in den USA. In Deutschl<strong>an</strong>d ist es<br />
scientia halensis 4/2011 studieren, lehren, leben<br />
seit Ende Mai 2010 ebenfalls erhältlich. Noch werden<br />
solche tragbaren Kleincomputer <strong>an</strong> <strong>der</strong> MLU<br />
nur von Prof. Marsch eingesetzt. „Ich bin allerdings<br />
offen für Anfragen und teile gerne meine Erfahrungen<br />
mit <strong>an</strong><strong>der</strong>en Kollegen“, so <strong>der</strong> Dermatologe.<br />
Den Lehrpreis selbst erhielt er natürlich nicht nur<br />
wegen seiner Idee mit den iPads, son<strong>der</strong>n hauptsächlich<br />
für sein l<strong>an</strong>gjähriges Engagement in <strong>der</strong><br />
akademischen Lehre. „Sein gut strukturiertes und<br />
methodisch-didaktisch abgestimmtes Lehrkonzept<br />
für Vorlesungen und Praktikum in seinem Fachgebiet<br />
wird von den Studierenden stets mit den Bestnoten<br />
bewertet“, sagt Dek<strong>an</strong> Professor Dr. Michael<br />
Gekle. Marsch selbst sieht das ähnlich. „Ich denke,<br />
dass die Idee das Sahnehäubchen ist, aber sicherlich<br />
nicht <strong>der</strong> Hauptgrund für die Verleihung eines solchen<br />
Preises“, so <strong>der</strong> engagierte Professor.<br />
Zusammen mit <strong>der</strong> Auszeichnung für seine großartige<br />
Leistung in <strong>der</strong> Lehre erhielt Professor Marsch<br />
zusätzlich 10.000 Euro. Geld, das er nun wie<strong>der</strong> in<br />
neue Ideen im Bereich Forschung und Lehre einsetzen<br />
k<strong>an</strong>n. Was genau er aber damit machen wird,<br />
dass wisse er noch nicht genau. „Wobei ich mir sicher<br />
bin, dass dabei die Lehre die Domin<strong>an</strong>z haben<br />
wird“, deutet er bereits <strong>an</strong>. Silvio Kison<br />
Kontakt: Prof. Dr. Wolfg<strong>an</strong>g Marsch<br />
<strong>Uni</strong>versitätsklinik und Poliklinik für Dermatologie und<br />
Venerologie<br />
Telefon: 0345 55 73925<br />
E-Mail: wolfg<strong>an</strong>g.marsch@medizin.uni-halle.de<br />
„Skills Lab“: Mit Kunstblut und Hightech lernen<br />
Auf etwa 500 Quadratmetern können Medizinstudierende seit Mai 2011 ihre Fähigkeiten <strong>an</strong><br />
lebensgroßen Puppen so l<strong>an</strong>ge trainieren, bis je<strong>der</strong> H<strong>an</strong>dgriff sitzt. Sogar für das nötige Kunstblut<br />
ist gesorgt. Bluttr<strong>an</strong>sfusionen, Injektionen, Infusionen, das Legen eines Blasenkatheters<br />
und vieles mehr k<strong>an</strong>n zukünftig in <strong>der</strong> neu eingerichteten Lernklinik <strong>an</strong> <strong>der</strong> Magdeburger Straße<br />
geübt werden. Neben einfachen h<strong>an</strong>dwerklichen Fähigkeiten sollen die Studierenden auch die<br />
Kommunikation mit dem Patienten erlernen. In eigens dafür eingerichteten Patientenzimmern<br />
können die <strong>an</strong>gehenden Ärzte <strong>an</strong> „Schauspielpatienten“ den richtigen Umg<strong>an</strong>g mit Kr<strong>an</strong>ken und<br />
Angehörigen trainieren. Das sogen<strong>an</strong>nte „Skills Lab“ <strong>an</strong> <strong>der</strong> Medizinischen Fakultät wird durch<br />
die Fakultät fin<strong>an</strong>ziert und kostet im ersten Jahr etwa 200.000 Euro. Corinna Bertz<br />
„Mit dem iPad<br />
k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> den<br />
Ausg<strong>an</strong>gsbefund<br />
sehr gut mit<br />
dem Ist-Befund<br />
vergleichen.“<br />
Prof. Dr. W. Marsch<br />
23
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scientia halensis 4/2011 studieren, lehren, leben<br />
Toler<strong>an</strong>z-Debatten am Weißen Meer<br />
Deutsche und russische Studierende arbeiten <strong>an</strong> gemeinsamem Medienprojekt<br />
Was bedeutet Toler<strong>an</strong>z? Dieser Frage gingen im<br />
Mai dieses Jahres die Mitglie<strong>der</strong> des interkulturellen<br />
Medienprojekts mediA≡H in Arch<strong>an</strong>gelsk am<br />
Weißen Meer nach. Seit November 2004 existiert<br />
die studentische Initiative. Einmal im Jahr fahren<br />
entwe<strong>der</strong> Studierende <strong>der</strong> MLU <strong>an</strong> die Pomoren-<br />
<strong>Uni</strong>versität Arch<strong>an</strong>gelsk in Nordrussl<strong>an</strong>d o<strong>der</strong> es<br />
kommen Studierende <strong>der</strong> Partneruniversität zum<br />
Workshop nach Halle.<br />
„Der Impuls kam von <strong>der</strong> russischen Seite. Wir haben<br />
versucht, uns diesem komplexen und auch sehr<br />
schwierigen Thema <strong>der</strong> Toler<strong>an</strong>z durch mediale Umsetzung<br />
zu nähern“, erklärt Elli Mack. Sie studiert im<br />
zehnten Fachsemester <strong>an</strong> <strong>der</strong> MLU und ist seit ihrer<br />
Zeit als Sprachassistentin in Arch<strong>an</strong>gelsk im Herbst<br />
2006 dabei. Anf<strong>an</strong>gs sprachen die Teilnehmer über<br />
den Begriff im Allgemeinen. „Es wurde schnell klar,<br />
dass wir davon alle unterschiedliche Vorstellungen<br />
haben – nicht nur zwischen <strong>der</strong> russischen und deutschen<br />
Gruppe gab es Unterschiede, auch innerhalb<br />
<strong>der</strong> Län<strong>der</strong>gruppen“, erklärt die Studentin.<br />
Deshalb wollten sich die 16 deutschen und 15<br />
russischen Studierenden dem Begriff durch unterschiedliche<br />
Ausdruckformen nähern. So entst<strong>an</strong>den<br />
in diesen Tagen ein Kurzfilm, ein Podcast, eine Fotostrecke,<br />
mehrere Blogartikel und kleine Improvisationstheaterstücke,<br />
die direkt vor Ort aufgeführt<br />
wurden. „Speziell die Filmgruppe, zu <strong>der</strong> ich gehört<br />
habe, hat versucht, einen Kurzfilm zu gestalten, <strong>der</strong><br />
den Zuschauern die Möglichkeit gibt, sich selbst<br />
über ihre Vorstellung von Toler<strong>an</strong>z klar zu werden“,<br />
erklärt Elli Mack. Neben <strong>der</strong> Arbeit in den einzelnen<br />
Gruppen ging es aber auch um das Mitein<strong>an</strong><strong>der</strong>.<br />
„Wir lebten in Gastfamilien und haben neben <strong>der</strong><br />
praktischen Arbeit auch viel erlebt“, erinnert sich<br />
Mack. So besuchten sie am Abend Konzerte und<br />
Kurzfilmabende o<strong>der</strong> erfuhren tagsüber bei Stadtführungen,<br />
Ausflügen ins Grüne nach Malye Karley<br />
o<strong>der</strong> bei Schulbesuchen mehr über L<strong>an</strong>d und Leute.<br />
„Diese Reise war ein unbeschreibliches Erlebnis! Wir<br />
haben sehr viel gelacht, sehr viel Spaß gehabt und<br />
dennoch viel geschafft“, sagt auch <strong>der</strong> hallesche<br />
Student Vitalij Dajev, <strong>der</strong> bereits zum zweiten Mal<br />
mit dabei war.<br />
Aber auch Neumitglie<strong>der</strong> wie die Hallenserin Fr<strong>an</strong>ziska<br />
Samos waren begeistert: „Eigentlich k<strong>an</strong>n ich<br />
kein konkretes Erlebnis benennen, da alles, was ich<br />
mit mediA≡H erlebt habe, großartig war. Ein schöner<br />
Moment war <strong>der</strong> Abschlussabend im Juli in <strong>der</strong><br />
Goldenen Rose in Halle, wo wir unsere Ergebnisse<br />
präsentieren konnten. Es war schön zu sehen, dass<br />
sich ‚fremde‘ Menschen für unser Projekt und unsere<br />
Arbeit interessieren.“ Das Projekt wird von DAAD,<br />
StuRa, Fachschafträten und <strong>der</strong> MLU unterstützt.<br />
Die Vereinigung <strong>der</strong> Freunde und För<strong>der</strong>er <strong>der</strong><br />
Martin-Luther-<strong>Uni</strong>versität Halle-Wittenberg e.V. fin<strong>an</strong>zierte<br />
bereits zum dritten Mal die Durchführung<br />
<strong>der</strong> abschließenden Präsentationsver<strong>an</strong>staltungen.<br />
Silvio Kison<br />
Kontakt: Interkulturelles Medienprojekt mediA≡H<br />
Büro: Ludwig-Wucherer-Str. 81<br />
E-Mail: medienprojekt.ah@googlegroups.com<br />
Internet: www.mediah.de<br />
Das Medienprojekt sucht<br />
immer neue Mitglie<strong>der</strong>.<br />
Derzeit wird die nächste<br />
Workshopwoche in Halle<br />
im Jahr 2012 gepl<strong>an</strong>t. Ein<br />
Thema steht noch nicht<br />
fest. Wer sich einbringen<br />
möchte, k<strong>an</strong>n sich je<strong>der</strong>zeit<br />
<strong>an</strong> die Gruppe wenden.<br />
Keine Ch<strong>an</strong>ce für Hunde,<br />
Raucher, Eisesser o<strong>der</strong><br />
Rollschuhläufer: In einem<br />
Supermarkt in Arch<strong>an</strong>gelsk<br />
wird wenig toleriert<br />
(Foto: Nikolaus Weihe)<br />
25
26 studieren, lehren, leben scientia halensis 4/2011<br />
Gehört Ethik tatsächlich<br />
in ein Bio-Studium?<br />
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Bio? Aber bitte mit Ethik!<br />
Wie weit darf Genforschung gehen? Sind Tierversuche<br />
ethisch vertretbar? Und welche Grenzen gibt<br />
es bei <strong>der</strong> Sterbehilfe? Fragen <strong>der</strong> Bioethik werden<br />
in <strong>der</strong> Öffentlichkeit immer wie<strong>der</strong> heiß diskutiert.<br />
Im Studium <strong>der</strong> Biologie sind sie allerdings kaum ein<br />
Thema. Eine Gruppe von Studierenden <strong>an</strong> <strong>der</strong> MLU<br />
will das än<strong>der</strong>n. Die „Studentische För<strong>der</strong>initiative<br />
<strong>der</strong> Naturwissenschaften“ bietet ab Oktober bereits<br />
zum zweiten Mal ein Studienmodul zur Bioethik <strong>an</strong>.<br />
„Bei den Theologen gibt es ein Bioethik-Seminar,<br />
aber in den Naturwissenschaften nicht. Das ist<br />
schade und auch ein bisschen absurd“, findet die<br />
Biologiestudentin Julia Dieskau. Über aktuelle Forschungsvorhaben<br />
wird in <strong>der</strong> Vorlesung intensiv<br />
diskutiert, aber ethische Aspekte werden eher<br />
selten <strong>an</strong>gesprochen. „Es stimmt, dass Bioethik im<br />
Studium zurzeit kaum eine Rolle spielt“, bestätigt<br />
Prof. Isabell Hensen, die Prodek<strong>an</strong>in für Lehre <strong>an</strong><br />
<strong>der</strong> Naturwissenschaftlichen Fakultät II. Eine naturwissenschaftliche<br />
<strong>Ausbildung</strong> sollte sich auch<br />
auf die Naturwissenschaften beziehen, finden die<br />
meisten befragten Biowissenschaftler. Diskussionen<br />
über ethische Fragen schließen sie aber nicht aus.<br />
„Natürlich ist es für Biologen wichtig, dass sie eine<br />
ethische Denkweise lernen, aber genauso wichtig ist<br />
es beispielsweise, dass sie betriebswirtschaftliche<br />
und patentrechtliche Kenntnisse erwerben. Das<br />
können wir in <strong>der</strong> Genetik ebenfalls nicht sinnvoll<br />
<strong>an</strong>bieten“, findet <strong>der</strong> Pfl<strong>an</strong>zengenetiker Dr. Jens<br />
Boch. „Vielleicht ist für das Angebot solcher <strong>an</strong>grenzen<strong>der</strong><br />
Fachgebiete <strong>der</strong> SFI gut geeignet.“<br />
Ab 24. Oktober werden aller zwei Wochen Referenten<br />
über Themen wie Sterbehilfe, Gentechnik<br />
o<strong>der</strong> Org<strong>an</strong>spende sprechen. „Unser Ziel ist es<br />
dabei nicht so sehr, Stellung zu beziehen, son<strong>der</strong>n<br />
den interdisziplinären Dialog <strong>an</strong>zuregen und die<br />
verschiedenen Meinungen zusammenzubringen,<br />
um einen gemeinsamen Konsens zu finden o<strong>der</strong> ihm<br />
zumindest näher zu kommen“, erläutert Org<strong>an</strong>isatorin<br />
Julia Dieskau. Corinna Bertz
Bloggen aus <strong>der</strong> Vormo<strong>der</strong>ne<br />
Alte Geschichte und neue Medien ‒ für viele passt<br />
das bis heute nicht beson<strong>der</strong>s gut zusammen. „Eine<br />
gewisse Scheu ist da zum Teil noch zu erkennen“,<br />
gibt Dr. Katrin Moeller zu. Und die wenigsten Studiengänge<br />
bieten beides im Tiefg<strong>an</strong>g. „Aber <strong>der</strong> Markt<br />
dafür ist da“, ist die bloggende Historikerin überzeugt.<br />
Sie sorgt dafür, das am halleschen Institut für<br />
Geschichte schon länger fleißig gebloggt und gepostet<br />
wird. Blogs sind ein wichtiger Best<strong>an</strong>dteil ihrer<br />
Seminare. „Nur so erfährt je<strong>der</strong>, wie m<strong>an</strong> bloggt und<br />
welche Schwierigkeiten dabei auftreten können.“<br />
In ihrem letzten Seminar haben die Studenten ein<br />
gemeinsames Blog als wissenschaftliche Plattform<br />
aufgebaut, in dem sie über ihre Projektarbeiten<br />
schrieben. Damit sind die virtuellen Möglichkeiten<br />
<strong>der</strong> technikbegeisterten Dozentin aber längst nicht<br />
ausgeschöpft. Um im Netz weiterdiskutieren zu<br />
können, haben ihre Seminarteilnehmer ein eigenes<br />
kleines Content M<strong>an</strong>agement System namens<br />
„Noctua“ gebastelt. Auch ein Chat wurde in <strong>der</strong><br />
Lehrver<strong>an</strong>staltung <strong>an</strong>geboten. „Inwieweit <strong>der</strong> genutzt<br />
wurde, weiß ich zwar nicht. Aber das Schöne<br />
am Netz ist ja, dass m<strong>an</strong> all diese verschiedenen<br />
Möglichkeiten <strong>an</strong>wenden k<strong>an</strong>n und trotzdem nicht<br />
auf ein Medium festgelegt ist.“<br />
Schon als Kind hat Katrin Moeller gerne den von<br />
ihrem Bru<strong>der</strong> selbstgebastelten PC ausein<strong>an</strong><strong>der</strong>genommen,<br />
erzählt sie: „Das Ding war ständig kaputt.<br />
Ich habe gerne dar<strong>an</strong> herumgeschraubt und<br />
dadurch sehr viel über Computer gelernt.“ Für die<br />
Berufswahl war trotzdem das Interesse <strong>an</strong> Geschichte,<br />
insbeson<strong>der</strong>e <strong>an</strong> <strong>der</strong> Vormo<strong>der</strong>ne, ausschlag-<br />
Dr. Katrin Moeller<br />
(Foto: Maike Glöckner)<br />
scientia halensis 4/2011 studieren, lehren, leben<br />
gebend. Auf mo<strong>der</strong>ne Technik hat die engagierte<br />
Historikerin dennoch nie verzichtet. Am Institut für<br />
Geschichte leitet sie die Abteilung „Neue Medien<br />
und qu<strong>an</strong>titative Methoden“ und das Historische<br />
Datenzentrum Sachsen-Anhalt.<br />
Auf dem großen geschichtswissenschaftlichen Online-Portal<br />
„historicum.net“ betreut sie außerdem<br />
den Bereich <strong>der</strong> Hexenforschung. Im Wintersemester<br />
sollen jetzt dazu in einem Master-Seminar<br />
Film<strong>an</strong>imationen umgesetzt werden. „In dem Bereich<br />
habe ich in letzter Zeit viel probiert, unter<br />
<strong>an</strong><strong>der</strong>em weil ich mit meinen Kin<strong>der</strong>n zusammen<br />
ein paar Brickfilme gedreht habe.“ Über 1.000 Einzelaufnahmen<br />
von Legofiguren werden in Brickfilmen<br />
zusammengefügt, um die Figuren zu <strong>an</strong>imieren.<br />
Das jüngste Blog-Projekt am Institut für Geschichte<br />
ging noch vor dem Semesterstart online: In<br />
„Praktikabel“ sollen Studenten über ihre Praktika<br />
berichten. Denn das wertvollste <strong>an</strong> den Blogs und<br />
Online-Portalen ist für sie <strong>der</strong> Wissensaustausch,<br />
<strong>der</strong> dadurch möglich wird. „Diese Medien haben in<br />
den Geschichtswissenschaften eine Wissensrevolution<br />
ausgelöst. Für das, was in den nationalen Digitalisierungsprojekten<br />
online zur Verfügung gestellt<br />
wird, wäre ich sonst fünf Jahre l<strong>an</strong>g durchs L<strong>an</strong>d<br />
gereist!“ Corinna Bertz<br />
Kontakt: Dr. Katrin Moeller<br />
Wirtschafts- und Sozialgeschichte<br />
Telefon: 0345 55 24286<br />
E-Mail: katrin.moeller@geschichte.uni-halle.de<br />
Die Geschichts-Blogs im Überblick:<br />
„Es reicht nicht,<br />
nur über neue<br />
Medien zu sprechen,<br />
sie müssen selbst<br />
ausprobiert werden“<br />
Dr. Katrin Moeller<br />
Was hat die mo<strong>der</strong>ne Berufswelt<br />
mit <strong>der</strong> Arbeitswelt <strong>der</strong><br />
Vormo<strong>der</strong>ne gemeinsam? Das<br />
verrät Dr. Katrin Moeller im<br />
Online-Interview zu ihrer<br />
Forschungsarbeit. www.unihalle.de/webcode<br />
WEBCODE MAG� 11320<br />
QR� CODE<br />
• „Praktikabel“ ‒ Ein Blog über Praktika im Geschichtsstudium:<br />
http://blogs.urz.uni-halle.de/praktikabel<br />
• „Porta Nova“ ‒ Studenten bloggen über neue Medien in den Geschichtswissenschaften:<br />
http://blogs.urz.uni-halle.de/port<strong>an</strong>ova<br />
• „Noctua“ ‒ Studentische Rezensionen zu Lehr- und Lernsoftware für Historiker:<br />
http://www.histdata.uni-halle.de/noctua<br />
• „Haseneger, Bolettenweiber und Rosstäuscher“ ‒ Ein Blog über verschwundene Arbeit<br />
und historische Berufe: http://blogs.urz.uni-halle.de/alteberufe<br />
27
28 forschen und publizieren scientia halensis 4/2011<br />
forschen und publizieren<br />
Auf <strong>der</strong> Spur <strong>der</strong><br />
Nazi-Fotografen<br />
Der Propag<strong>an</strong>daapparat <strong>der</strong> Nazis funktionierte tadellos. Die dafür arbeitenden Fotografen trugen einen<br />
entscheidenden Teil dazu bei. Harriet Scharnberg untersucht in ihrer Promotion die Aufnahmen <strong>der</strong> Propag<strong>an</strong>dakomp<strong>an</strong>ien<br />
<strong>der</strong> Wehrmacht. Nebenbei gab sie <strong>der</strong> New York Times und dem Besitzer eines rätselhaften<br />
Nazi-Fotoalbums den entscheidenden Tipp und sorgte so für mediales Aufsehen.<br />
Bild oben: Das private<br />
Fotoalbum, das in New York<br />
auftauchte, enthält Fotos von<br />
<strong>der</strong> Ostfront im 2. Weltkrieg<br />
(Quelle: privat, via New<br />
York Times LensBlog)<br />
Seit 2005 schreibt Harriet Scharnberg <strong>an</strong> <strong>der</strong> Martin-Luther-<strong>Uni</strong>versität<br />
am Lehrstuhl für Neuere und<br />
Neueste Geschichte bei Professor M<strong>an</strong>fred Hettling<br />
<strong>an</strong> Ihrer Promotion mit dem Titel: „Propag<strong>an</strong>dabil<strong>der</strong>.<br />
Judenfeindliche Pressefotos 1938-1943: Die<br />
Propag<strong>an</strong>dakomp<strong>an</strong>ien und die illustrierte Presse“.<br />
„Die Kriegspropag<strong>an</strong>da setzt 1938 ein. In dieser Zeit<br />
wurden zum einen die ersten Propag<strong>an</strong>dakomp<strong>an</strong>ien<br />
aufgestellt. Zum <strong>an</strong><strong>der</strong>en war die Reichskristallnacht<br />
im November 1938 Anlass für die erste <strong>an</strong>tise-<br />
mitische Großkampagne in <strong>der</strong> deutschen Presse“,<br />
so Scharnberg. Seit Herbst 1941 setzte die fotografische<br />
Darstellung von Juden in <strong>der</strong> Presse aus. 1943<br />
hatten die Komp<strong>an</strong>ien ihre Hochzeit überschritten<br />
und wurden umstrukturiert. „Ihre Hauptaufgabe lag<br />
nicht mehr in <strong>der</strong> Berichterstattung, son<strong>der</strong>n in <strong>der</strong><br />
Aktivpropag<strong>an</strong>da – also in <strong>der</strong> Propag<strong>an</strong>da gegen<br />
den militärischen Feind“, so die Wissenschaftlerin.<br />
Die 35-Jährige lebt und arbeitet in Hamburg, wo sie<br />
auch bis 2004 Geschichtswissenschaft und Politik
studierte. „Allerdings hat mich das Thema schon<br />
wesentlich früher beschäftigt“, sagt sie. Bereits<br />
1997 kam sie damit in Kontakt, als sie in <strong>der</strong> KZ-<br />
Gedenkstätte Neuengamme als studentische Hilfskraft<br />
im Fotoarchiv zu arbeiten beg<strong>an</strong>n. Es folgte ein<br />
Semester in Polen. Nach ihrer Rückkehr arbeitete sie<br />
d<strong>an</strong>n als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Hamburger<br />
Institut für Sozialforschung <strong>an</strong> <strong>der</strong> zweiten<br />
Wehrmachtsausstellung mit. In ihrer Magisterarbeit<br />
beschäftigte sie sich mit <strong>der</strong> Darstellung des Warschauer<br />
Ghettos in Fotografien deutscher Soldaten.<br />
Ein Fotoalbum sorgt für Aufsehen<br />
Bei vielen ihrer Recherchen ist die Dokotr<strong>an</strong>din<br />
so mit Bil<strong>der</strong>n in Kontakt gekommen, die für ihre<br />
direkte Arbeit zwar kaum von Bel<strong>an</strong>g waren, ihr<br />
aber dennoch in Erinnerung geblieben sind. Ein<br />
Beispiel dafür ist ein Fotobuch, das in diesem Jahr<br />
für Aufsehen sorgte. Am 21. Juni 2011 veröffentlichte<br />
die New York Times und die Spiegelonlineseite<br />
einestages Bil<strong>der</strong> von <strong>der</strong> Ostfront im Zweiten Weltkrieg,<br />
welche von einem unbek<strong>an</strong>nten Fotografen<br />
aufgenommen wurden und als Fotobuch in den<br />
scientia halensis 4/2011 forschen und publizieren<br />
Händen eines Geschäftsm<strong>an</strong>ns aus New Jersey wie<strong>der</strong><br />
auftauchten. Die Journalisten baten ihre Leser<br />
um Mithilfe bei <strong>der</strong> Suche nach dem unbek<strong>an</strong>nten<br />
Fotografen.<br />
Die Hamburgerin löste das Rätsel während ihrer<br />
Mittagspause. „Mir war sofort klar, wer <strong>der</strong> unbek<strong>an</strong>nte<br />
Fotograf war“, erinnert sie sich. Und so<br />
schrieb sie bereits einige Stunden nach <strong>der</strong> Veröffentlichung<br />
auf Spiegelonline: „Der Fotograf <strong>der</strong><br />
Bil<strong>der</strong> ist Fr<strong>an</strong>z Krieger.“ Hinweise gab es einige.<br />
Zum Beispiel war <strong>der</strong> Fotograf mit dem „Reichs-<br />
Autozug Deutschl<strong>an</strong>d“ unterwegs, zu dem Harriet<br />
Scharnberg bereits geforscht hatte. „Da kam mir<br />
Krieger natürlich gleich in den Sinn. Und es waren<br />
sehr signifik<strong>an</strong>te Bil<strong>der</strong> im Blog <strong>der</strong> New York Times<br />
eingestellt, wie zum Beispiel das Foto, in dem er<br />
sich selbst im Rückspiegel fotografiert hat“, so die<br />
Historikerin.<br />
Vom Pressefotografen zum Propag<strong>an</strong>dareporter<br />
Bereits in den zw<strong>an</strong>ziger Jahren war die Pressefotografie<br />
ein bedeutendes Medium in Deutschl<strong>an</strong>d<br />
geworden. Auch das Ansehen <strong>der</strong> Fotografen in <strong>der</strong><br />
Öffentlichkeit stieg. Allerdings waren viele <strong>der</strong> bek<strong>an</strong>nten<br />
Fotografen 1933 gezwungen zu immigrieren,<br />
da je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> weiter als Bildjournalist arbeiten<br />
wollte, seine „arische“ Abstammung nachweisen<br />
musste. Die „arischen“ Bildreporter besetzten die<br />
Plätze <strong>der</strong> Emigr<strong>an</strong>ten und führten das Alltagsgeschäft<br />
unter nationalsozialistischer Lenkung weiter.<br />
Vor dem Kriegsausbruch wurden die Propag<strong>an</strong>dakomp<strong>an</strong>ien<br />
gegründet. „Diese Einheiten haben die<br />
Besetzung Polens fotografiert und sind 1940/41 in<br />
den polnischen Ghettos erneut sehr aktiv geworden“,<br />
erläutert Scharnberg.<br />
Bis heute ist umstritten, wie diese Fotografen<br />
zu bewerten sind. „Sie haben auf Anweisung Fotos<br />
gemacht. Die Themen waren oft vorgegeben,<br />
aber nicht in dem Maße wie m<strong>an</strong> sich das heute<br />
vorstellt. Die, die im Kriegsgebiet waren, hatten<br />
tägliche Anweisungen, wie vorzugehen ist. Denen,<br />
die <strong>an</strong> Schauplätzen ohne kriegerische H<strong>an</strong>dlungen<br />
stationiert waren, wurde nicht vorgegeben, was zu<br />
berichten war. Sie mussten aber dennoch Fotos und<br />
Texte einreichen“, so Scharnberg. Viele <strong>der</strong> Propag<strong>an</strong>dakomp<strong>an</strong>ie-Fotografen<br />
gingen später zurück<br />
in die Freie Presse und wurden erfolgreiche Fotografen<br />
im Nachkriegsdeutschl<strong>an</strong>d. Etwa die Hälfte<br />
Bild links: Ein Fotograf <strong>der</strong><br />
SS-Propag<strong>an</strong>da-Komp<strong>an</strong>ie<br />
fotografiert im Ghetto Litzm<strong>an</strong>nstadt<br />
(Quelle: Bundesarchiv,<br />
Bild 101III Schilf<br />
003 24, Fotograf: Schilf )<br />
29
30 forschen und publizieren scientia halensis 4/2011<br />
Das rätselhafte Fotoalbum im<br />
“Lens-Blog” <strong>der</strong> New York<br />
Times:<br />
http://lens.blogs.nytimes.com<br />
(Eintrag vom 21.06.2011)<br />
QR� CODE<br />
<strong>der</strong> insgesamt in diesem Zeitraum aufgenommenen<br />
Fotos sind überliefert. In den einzelnen Archiven<br />
lagern rund 1,2 Millionen Bil<strong>der</strong>, <strong>der</strong> Großteil davon<br />
im Bundesarchiv in Koblenz.<br />
„In meiner Doktorarbeit habe ich zwei Hauptquellenbestände.<br />
Zum einen Illustrierte und Wochenzeitungen,<br />
zum <strong>an</strong><strong>der</strong>en Bil<strong>der</strong>, die von Fotografen<br />
<strong>der</strong> so gen<strong>an</strong>nten Propag<strong>an</strong>dakomp<strong>an</strong>ien aufgenommen<br />
wurden“, erklärt Harriet Scharnberg. Der<br />
Diskurs aus dem diese Bil<strong>der</strong> heraus entst<strong>an</strong>den<br />
sind, ist nach wie vor recht unbek<strong>an</strong>nt. „Aus diesem<br />
Grund ist es sinnvoll sich die Bildpropag<strong>an</strong>da <strong>der</strong><br />
Nazis <strong>an</strong>zuschauen, um die Narrative aufzudecken“,<br />
findet die Historikerin.<br />
„Den Best<strong>an</strong>d im Bundesarchiv habe ich mir komplett<br />
<strong>an</strong>geschaut und alle Bil<strong>der</strong> von Juden herausgezogen.<br />
Dazu gibt es noch in verschiedenen<br />
Verlagsarchiven weitere Positive“, berichtet sie.<br />
Dabei hatte sie ein sehr strenges Auswahlkriterium.<br />
„Ich habe die Kennzeichnung durch den Judenstern<br />
als Anhaltspunkt übernommen, um die für meine<br />
Arbeit interess<strong>an</strong>ten Bil<strong>der</strong> herauszufiltern.“ Allein<br />
einen Monat verbrachte sie im Archiv in Koblenz.<br />
Schon im Medizinstudium<br />
Privatpatient!<br />
TOP-Leistungen für Studenten <strong>der</strong><br />
Hum<strong>an</strong>medizin ab dem 1. Semester:<br />
� 100 % für ärztliche Leistungen – ohne<br />
Begrenzung auf die Höchstsätze von GOÄ<br />
und GOZ<br />
� 100 % für Vorsorgeuntersuchungen –<br />
ohne Begrenzung auf gesetzlich eingeführte<br />
Programme<br />
� 100 % für Heilpraktikerleistungen ohne<br />
Begrenzung auf die Höchstsätze des GebüH<br />
� im Kr<strong>an</strong>kenhaus Chefarztbeh<strong>an</strong>dlung und<br />
Unterbringung im 1-Bettzimmer<br />
� kein Selbstbehalt<br />
Sie reiste zudem nach Paris und Berlin, um dort in<br />
Regierungsarchiven zu recherchieren. Hinzu kamen<br />
Besuche in unterschiedlichen Verlagen und kleinere<br />
Recherchen bei Sammlern.<br />
„Im Bundesarchiv liegen die Bil<strong>der</strong> als Kontaktabzüge<br />
<strong>der</strong> Negativstreifen vor. M<strong>an</strong> hat also je 10 bis 20<br />
Bil<strong>der</strong> in <strong>der</strong> H<strong>an</strong>d, die m<strong>an</strong> überfliegt“, so Scharnberg<br />
über ihre mühevolle Recherchearbeit. „Für<br />
mich war es vor allem wichtig in den Archiven die<br />
Originale zu sehen und nicht nur die digitalisierten<br />
Vari<strong>an</strong>ten, da sich auf vielen <strong>der</strong> Bil<strong>der</strong> Stempel und<br />
Notizen befinden, die nicht mit digitalisiert werden,<br />
aber für mich wichtig sind, um die Herkunft und die<br />
Hintergründe <strong>der</strong> Entstehung zu bestimmen.“ Spuren,<br />
die für Historiker oft interess<strong>an</strong>ter sein können<br />
als das Bild selbst.<br />
Viel Recherchearbeit liegt inzwischen hinter ihr.<br />
„Für meine Promotion hatte ich ein Stipendium von<br />
<strong>der</strong> Hamburger Stiftung zur För<strong>der</strong>ung von Wissenschaft<br />
und Kultur, welches jetzt ausgelaufen ist“,<br />
erklärt Scharnberg. Sie hofft nun, ihre Doktorarbeit<br />
bis Anf<strong>an</strong>g des nächsten Jahres abgeben zu können.<br />
Silvio Kison<br />
Und das zu kleinen Beiträgen!<br />
So zahlen Studenten zwischen 21 – 25 Jahren<br />
M<strong>an</strong>n 64,74 EUR/Monat<br />
Frau 128,38 EUR/Monat<br />
(Tarif (B)VHV1, ohne private Pflegepflichtversicherung)<br />
Infos gibt‘s hier:<br />
Barmenia Kr<strong>an</strong>kenversicherung a. G.<br />
Reilstr. 31, 06114 Halle/Saale<br />
Tel. (03 45) 52 16 14 15<br />
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E-Mail hartmut.hoffm<strong>an</strong>n@barmenia.de<br />
www.hartmut.hoffm<strong>an</strong>n.barmenia.de<br />
AZ 088
scientia halensis 4/2011 forschen und publizieren<br />
Neue Technologien für alte Schriften<br />
Wie sich Informatik immer mehr mit Fächern vernetzt<br />
Rechner, H<strong>an</strong>dys, Automobile, Digitalfotoapparate,<br />
Navigationsgeräte – Informatik ist überall! „Sie<br />
durchdringt unsichtbar unseren Alltag und stellt<br />
eine Schlüsseltechnologie für viele Wissenschaften<br />
sowie die Industrie dar“, sagt Prof. Dr. Paul Molitor,<br />
Direktor des Instituts für Informatik <strong>der</strong> MLU. Aber<br />
auch scheinbar entfernte Gebiete wie Linguistik,<br />
Philologien o<strong>der</strong> Archäologie sind heute bei ihren<br />
Forschungsarbeiten auf die Informationstechnologie<br />
<strong>an</strong>gewiesen.<br />
„Alte Schriften treffen immer öfter auf neue Technologien“,<br />
erklärt Molitor. Die Edition von historischen<br />
und k<strong>an</strong>onisierten Texten stellt traditionell<br />
eines <strong>der</strong> Arbeitsfel<strong>der</strong> <strong>der</strong> Philologien dar. Dies<br />
betrifft sowohl die altertumsbezogenen als auch<br />
die mo<strong>der</strong>nen und gesprochenen Sprachen. „Der<br />
seit dem frühen 19. Jahrhun<strong>der</strong>t mit Hilfe von Karteikarten<br />
o<strong>der</strong> von H<strong>an</strong>d vorgenommene Abgleich<br />
unterschiedlicher Überlieferungsstufen literarischer<br />
Texte o<strong>der</strong> von Wörterbüchern erfolgt zunehmend<br />
auf elektronischem Wege“, so <strong>der</strong> Informatiker.<br />
„Elektronisches Edieren“ heißt <strong>der</strong> neue interdisziplinäre<br />
Arbeitskreis am <strong>Uni</strong>versitätszentrum für<br />
Informatik <strong>der</strong> MLU (UZI), <strong>der</strong> das Ziel verfolgt, informationstechnologische<br />
Methoden in den Geisteswissenschaften<br />
zu etablieren. Wissenschaftler aus<br />
Rom<strong>an</strong>istik, Germ<strong>an</strong>istik, Altertumswissenschaften<br />
und Informatik haben sich hier zusammengefunden.<br />
„Erste modellhafte Projekte haben wir bereits realisiert,<br />
bearbeitet o<strong>der</strong> gepl<strong>an</strong>t“, beschreibt Molitor<br />
die Tätigkeit des Teams, das Dr. Jörg Ritter aus seiner<br />
Arbeitsgruppe leitet.<br />
Dazu gehört die Entwicklung einer weitgehend<br />
automatischen Tr<strong>an</strong>sformation des im pdf-Format<br />
vorliegenden von <strong>der</strong> Arbeitsgruppe um Prof. Dr.<br />
H<strong>an</strong>s-Joachim Solms am Germ<strong>an</strong>istischen Institut<br />
erarbeiteten Mittelelbischen Wörterbuchs nach<br />
XML. Das bedeutet, es k<strong>an</strong>n künftig im Internet mit<br />
Verlinkungen bereitgestellt werden und gestattet<br />
eine effiziente Arbeitsweise ohne l<strong>an</strong>gwierige Einarbeitungszeiten.<br />
Außerdem wird so <strong>der</strong> Export des<br />
Wörterbuchs in verschiedene Publikationsformate<br />
möglich.<br />
Auch für die Editionen <strong>der</strong> Dramen von Karl Ferdin<strong>an</strong>d<br />
Gutzkow sowie seiner „Briefe aus Paris“, die<br />
Wissenschaftler um Prof. Dr. Thomas Bremer am<br />
Institut für Rom<strong>an</strong>istik bearbeiten, stellt <strong>der</strong> Arbeitskreis<br />
elektronische Umgebungen her, mit <strong>der</strong>en Hilfe<br />
künftig kommentierte Online-Ausgaben erstellt<br />
werden können. Solche Projekte lassen ahnen, welche<br />
zentrale Rolle Informatik in den verschiedensten<br />
Anwendungen spielt. Ute Olbertz<br />
Bild: „Alte Bücher im Netz“ –<br />
zu sehen ist eine Ausgabe <strong>der</strong><br />
Dramen von Karl F. Gutzkow<br />
von 1847, die sinnbildlich<br />
per „USB-Anschluss<br />
<strong>an</strong>gezapft wird“ (Foto: Dr.<br />
Jörg Ritter)<br />
Weitere sp<strong>an</strong>nende Informatik-Kooperationen<br />
gibt es<br />
mit den unterschiedlichsten<br />
Fächern. Dies zeigt die<br />
vielfältige Vernetzung des<br />
Instituts für Informatik, das<br />
im Oktober zw<strong>an</strong>zig Jahre<br />
alt wird. Mehr über diese<br />
Projekte: www.uni-halle.de/<br />
informatik<br />
QR� CODE<br />
31
32 forschen und publizieren scientia halensis 4/2011<br />
Ein Hefepilz als Hühnerpille<br />
Zwei Biologen entwickeln eine Schluckimpfung gegen Tierseuchen<br />
Bild rechts: Prof. Dr. Sven-<br />
Erik Behrens und Prof. Dr.<br />
Karin Breunig untersuchen<br />
den Biomasse-Anteil einer<br />
Hefe-Kultur (Foto: Thomas<br />
Meinicke)<br />
„Vakzinova“ wurde vom<br />
Bundesministerium für<br />
Bildung und Forschung<br />
als ForMaT-Projekt von<br />
August 2009 bis Juli 2011<br />
mit 1,37 Millionen Euro<br />
geför<strong>der</strong>t.<br />
ForMaT steht für Forschung<br />
für den Markt im<br />
Team. In diese Projekte<br />
werden Wirtschaftswissenschaftler<br />
von Anf<strong>an</strong>g<br />
<strong>an</strong> eng miteinbezogen,<br />
um einen frühzeitigen<br />
Wissens- und Technologietr<strong>an</strong>sfer<br />
zu gewährleisten.<br />
Ohne Hefe wäre die Geschichte <strong>der</strong> Menschheit<br />
vermutlich g<strong>an</strong>z <strong>an</strong><strong>der</strong>s verlaufen. Schon die alten<br />
Ägypter nutzten die Mikroorg<strong>an</strong>ismen, um Bier,<br />
Wein und Brot herzustellen. Heute werden jährlich<br />
Millionen Tonnen von Hefe für die Alkohol- und Lebensmittelindustrie<br />
gebraucht. Aber die primitiven<br />
Einzeller lassen sich auch medizinisch nutzen: Mit<br />
genetisch verän<strong>der</strong>ter Hefe haben Karin Breunig<br />
und Sven-Erik Behrens ein völlig neues Impfverfahren<br />
entwickelt, um Tiere zukünftig vor Seuchen zu<br />
schützen.<br />
Seit zweieinhalb Jahren arbeiten die Hefegenetikerin<br />
und <strong>der</strong> Virologe in ihrem Projekt „Vakzinova“<br />
<strong>an</strong> einer „Hefepille“, die zum Beispiel Hühner gegen<br />
hoch<strong>an</strong>steckende Kr<strong>an</strong>kheiten immunisieren soll.<br />
Mit ihrer ersten Zusammenarbeit begeben sich die<br />
Biologen auf ein weitgehend unerforschtes Gebiet.<br />
Weltweit arbeiten zurzeit mehrere Forschergruppen<br />
<strong>an</strong> <strong>der</strong> Entwicklung oraler Impfstoffe für Tiere, aber<br />
das MLU-Konzept ist völlig neu. „Wir sparen uns einen<br />
riesigen Aufw<strong>an</strong>d bei <strong>der</strong> Impfstoff-Produktion,<br />
indem wir g<strong>an</strong>ze Hefen verfüttern“, sagt Professor<br />
Behrens. „Wir arbeiten mit dem Haustier von Frau<br />
Breunig – einer Milchhefe, die mit <strong>der</strong> Bäckerhefe<br />
vergleichbar ist“, erzählt er. Kluyveromyces lactis,<br />
mit dem Karin Breunig schon seit über 25 Jahren<br />
arbeitet, war offenbar die richtige Wahl. Sie löst<br />
tatsächlich nach <strong>der</strong> Verfütterung im Körper <strong>der</strong><br />
Tiere eine spezifische Immun<strong>an</strong>twort aus. „Die Hefe<br />
stimuliert das Immunsystem <strong>der</strong> Tiere nicht nur<br />
allgemein, son<strong>der</strong>n so, dass im Blut Antikörper die<br />
gewünschten Antikörper produziert werden können“,<br />
erläutert Professorin Breunig.<br />
Damit die Tiere nach einer solchen Impfung wirksam<br />
gegen Infektionen geschützt sind, müssen<br />
g<strong>an</strong>z unterschiedliche Probleme gelöst werden:<br />
„Wir haben zunächst verschiedene Virus<strong>an</strong>tigene<br />
getestet, die gegen bestimmte Kr<strong>an</strong>kheiten immunisieren<br />
können“, erklärt <strong>der</strong> Virologe Behrens,<br />
„denn im Unterschied zu gängigen Impfverfahren<br />
immunisieren wir nicht mit dem Virus selbst, son<strong>der</strong>n<br />
lediglich mit Strukturen seiner Oberfläche“.<br />
Der Impfstoff wird nicht wie sonst üblich als Virus<br />
in Tieren her<strong>an</strong>gezüchtet, son<strong>der</strong>n besteht aus genetisch<br />
modifizierten Hefen. „Das ist nicht nur kostengünstiger<br />
son<strong>der</strong>n auch viel tierfreundlicher“,<br />
erläutert Behrens. Dazu arbeitete Karin Breunig <strong>an</strong><br />
verschiedenen Hefestämmen. „Die Hefe muss genetisch<br />
so verän<strong>der</strong>t werden, dass sie die <strong>an</strong>tigenen<br />
Virusproteine in großer Menge selbst herstellt“,<br />
sagt sie. Einer <strong>der</strong> entwickelten Stämme wurde <strong>an</strong><br />
Hühnern erfolgreich getestet und lieferte damit den<br />
„proof of principle“. Ein Zehntel <strong>der</strong> geimpften Tiere<br />
war gegen eine Geflügelkr<strong>an</strong>kheit Infektiöse Bursitis<br />
geschützt. „Diesen Prototyp wollen wir jetzt so optimieren,<br />
dass das Verfahren industriell <strong>an</strong>wendbar<br />
wird“, sagt Sven-Erik Behrens. In etwa zweieinhalb<br />
Jahren soll <strong>der</strong> Impfstoff marktreif sein. Den erfolgreichen<br />
Hefestamm und das Impfverfahren haben<br />
sich die beiden Wissenschaftler schon patentieren<br />
lassen. Corinna Bertz<br />
Kontakt: Prof. Dr. Sven-Erik Behrens<br />
Mikrobielle Biotechnologie<br />
Telefon: 0345 55 24960<br />
E-Mail: sven.behrens@biochemtech.uni-halle.de<br />
Kontakt: Prof. Dr. Karin Breunig<br />
Molekulargenetik<br />
Telefon: 0345 55 26304<br />
E-Mail: karin.breunig@genetik.uni-halle.de
Wie schön zu sehen:<br />
Miss GERMANY 2011<br />
für TROTHE OPTIK<br />
scientia halensis 4/2011 forschen und publizieren<br />
„Mech<strong>an</strong>ismen <strong>der</strong> Elitebildung“ unter <strong>der</strong> Lupe<br />
Den „Mech<strong>an</strong>ismen <strong>der</strong> Elitebildung im deutschen<br />
Bildungssystem“ widmet sich künftig die Forschergruppe<br />
(FOR 1612), nachdem Anf<strong>an</strong>g Juli 2011 die<br />
positive Entscheidung des Senats <strong>der</strong> Deutschen<br />
Forschungsgemeinschaft (DFG) fiel.<br />
Sechs Projektvorhaben, von denen vier <strong>an</strong> <strong>der</strong> Martin-Luther-<strong>Uni</strong>versität<br />
und die weiteren am Institut<br />
für Hochschulforschung in Wittenberg sowie <strong>der</strong><br />
<strong>Uni</strong>versität Freiburg <strong>an</strong>gesiedelt sind, nehmen ihre<br />
Arbeit auf. Sprecher <strong>der</strong> Forschergruppe ist Prof.<br />
Dr. Heinz-Herm<strong>an</strong>n Krüger (MLU), die Position des<br />
Stellvertreters hat Prof. Dr. Werner Helsper (MLU)<br />
inne. Das fin<strong>an</strong>zielle Volumen wird für die ersten<br />
drei För<strong>der</strong>jahre insgesamt 2,2 Millionen Euro betragen,<br />
davon etwa 1,7 Millionen Euro allein für die<br />
halleschen Projekte.<br />
„Die Forschergruppe untersucht die Prozesse <strong>der</strong><br />
Konstruktion und Herstellung von Exzellenz in zen-<br />
tralen Bildungsinstitutionen und Bildungsorten in<br />
Deutschl<strong>an</strong>d von <strong>der</strong> Vorschule bis zur Hochschule“,<br />
sagt Heinz-Herm<strong>an</strong>n Krüger. „Weiterhin wird<br />
<strong>der</strong>en Bedeutung für die Bildungsadressaten und<br />
die Professionellen unter die Lupe genommen. Es<br />
sind neue Erkenntnisse zu Mech<strong>an</strong>ismen <strong>der</strong> Elitebildung<br />
zu erwarten, die sich auf <strong>der</strong> Grundlage<br />
systematischer und breit <strong>an</strong>gelegter empirischer<br />
Forschungen erschließen.“<br />
Unter <strong>der</strong> Perspektive von Mech<strong>an</strong>ismen <strong>der</strong> Elitebildung<br />
sollen folgende Aspekte im Blick stehen:<br />
die bildungspolitischen Diskurse um Exzellenz, das<br />
Zusammenspiel von Familie und Institutionen in<br />
Elementarbildung und Grundschule, das exklusive<br />
gymnasiale Schulsegment, Hochschulen mit einem<br />
Elite<strong>an</strong>spruch sowie soziale Abgrenzungen in Peerwelten<br />
auch unter Berücksichtigung kontrastiver<br />
Vergleichsfälle. Ute Olbertz<br />
TROTHE OPTIK<br />
Große Steinstraße 10 · 06108 Halle<br />
Telefon (03 45) 2029241<br />
Steinweg 27 · 06110 Halle<br />
Telefon (03 45) 5126560<br />
www.trothe.de<br />
TROTHE sehzentrum<br />
Das Themenfeld „Elite<br />
und Bildung“, das die<br />
bildungspolitischen Diskurse<br />
in Deutschl<strong>an</strong>d in<br />
den verg<strong>an</strong>genen Jahren<br />
entscheidend geprägt hat,<br />
wurde in <strong>der</strong> erziehungs-<br />
und sozialwissenschaftlichen<br />
Forschung bisl<strong>an</strong>g<br />
kaum untersucht.<br />
Kontaktlinsen-Institut<br />
vergrößernde Sehhilfen<br />
Rathenauplatz 12 · 06114 Halle<br />
Telefon (0345) 5238000<br />
www.trothe-sehzentrum.de<br />
33
34 forschen und publizieren scientia halensis 4/2011<br />
Lese-Empfehlungen querbeet<br />
Ausführliche Rezension:<br />
www.uni-halle.de/webcode<br />
WEBCODE MAG� 11321<br />
Ausführliche Rezension:<br />
www.uni-halle.de/webcode<br />
WEBCODE MAG� 11322<br />
(fach-)literaturfabrik universität<br />
Der „erste K<strong>an</strong>ti<strong>an</strong>er auf einem halleschen Lehrstuhl“<br />
In <strong>der</strong> halleschen <strong>Uni</strong>versitäts- und L<strong>an</strong>desbibliothek<br />
lag fast 80 Jahre eine H<strong>an</strong>dschrift: Sie enthielt<br />
die Lebensgeschichte Ludwig Heinrich v. Jakobs<br />
(1759–1827), Professor <strong>der</strong> Philosophie und späterer<br />
Staatsrechtler sowie mehrmaliger Prorektor<br />
<strong>der</strong> <strong>Uni</strong>versität Halle am Beginn des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts.<br />
Ein M<strong>an</strong>uskript, das dieser zwischen 1812<br />
und 1820 für seine Familie verfasst hatte und das<br />
l<strong>an</strong>ge in <strong>der</strong>en Besitz geblieben war. Von H<strong>an</strong>s-<br />
Joachim Kertscher ist es nun in Zusammenarbeit<br />
mit Michael Mehlow für den Druck aufbereitet und<br />
erstmals einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich<br />
gemacht worden.<br />
Die Arbeit hat sich gelohnt, denn diese Lebensgeschichte<br />
eines M<strong>an</strong>nes, den Kertscher als den<br />
„ersten K<strong>an</strong>ti<strong>an</strong>er auf einem halleschen Lehrstuhl“<br />
einführt, ist viel mehr als eine Gelehrtenbiografie,<br />
über die sich die Fachwelt freut. Sie ist eine kulturgeschichtliche<br />
Fundgrube, die dem Interessierten<br />
Im Frühjahr 2011 erschien B<strong>an</strong>d 1 <strong>der</strong> Reihe „Mitteldeutsche<br />
Aufklärung“ mit zehn Aufsätzen und<br />
Abh<strong>an</strong>dlungen von Günter Mühlpfordt, <strong>der</strong>en Erstfassungen<br />
teils über ein halbes Jahrhun<strong>der</strong>t zurückreichen.<br />
Vor 1989/90 konnte vieles nur vereinzelt im Ausl<strong>an</strong>d<br />
publiziert werden, so dass eine Neu-Edition<br />
nicht nur für Fachkollegen längst überfällig war.<br />
Das Aufklärungszeitalter als G<strong>an</strong>zes, die Mitteldeutsche<br />
Aufklärung und die Halle-Leipziger Aufklärung<br />
als <strong>der</strong>en Kernstück bestimmten lebensl<strong>an</strong>g die<br />
Forschungen des international renommierten Historikers.<br />
Der erste Teil beleuchtet den „Geschichtsraum<br />
Mitteldeutschl<strong>an</strong>d bis zu seiner Frühneuzeit“. Die<br />
Bedeutung von Elitegymnasien und Exzellenzuniversitäten<br />
für die hiesige Bildungsl<strong>an</strong>dschaft – nebst<br />
Wittenberger Reformation und Weimar-Jenaer Klas-<br />
sowohl Einblicke in die hallesche <strong>Uni</strong>versitätsgeschichte,<br />
Eindrücke von <strong>der</strong> napoleonischen Besatzung<br />
im Oktober 1806 als auch Beobachtungen über<br />
das Leben <strong>an</strong> einer russischen <strong>Uni</strong>versität um 1810,<br />
schließlich Aufschlüsse über die zaristische Ministerialbürokratie<br />
in St. Petersburg liefert.<br />
Das Nachwort von H<strong>an</strong>s-Joachim Kertscher, Anmerkungen<br />
und ein Register beför<strong>der</strong>n eine vertiefende<br />
Lektüre und werden den B<strong>an</strong>d für künftige<br />
historische Forschungen unverzichtbar machen.<br />
Heidi Ritter<br />
Ludwig Heinrich v. Jakob: Denkwürdigkeiten<br />
aus meinem Leben. Neue Reihe: Perspektiven<br />
<strong>der</strong> Aufklärung, B<strong>an</strong>d �, <strong>Uni</strong>versitätsverlag ����,<br />
Herausgegeben von H<strong>an</strong>s-Joachim Kertscher in<br />
Zusammenarbeit mit Michael Mehlow, ��,�� Euro,<br />
ISBN: ���-�-�����-���-�<br />
Halle-Leipziger Aufklärung – ein Leitstern europäischer Geschichte<br />
sik – wird <strong>an</strong>schaulich dargestellt, ebenso die historische<br />
Brückenfunktion zwischen West und Ost<br />
Europas.<br />
Im zweiten Teil geht es vor allem um die <strong>Uni</strong>versitäten<br />
Halle und Leipzig sowie um die weitreichende<br />
Wirkung des Geheimbunds Deutsche <strong>Uni</strong>on.<br />
Für sein Lebenswerk wurde <strong>der</strong> Gelehrte jüngst<br />
im Rahmen eines Kolloquiums geehrt – aus Anlass<br />
seines 90. Geburtstages gemeinsam ausgerichtet<br />
von den Fr<strong>an</strong>ckeschen Stiftungen, dem Hallischen<br />
Verein für Stadtgeschichte und <strong>der</strong> Martin-Luther-<br />
<strong>Uni</strong>versität. Margarete Wein<br />
Günter Mühlpfordt: Halle-Leipziger Aufklärung.<br />
Kernstück <strong>der</strong> Mitteldeutschen Aufklärung,<br />
Mitteldeutscher Verlag Halle ����, ��� Seiten,<br />
��,�� Euro, ISBN: ���-������-����-�
Post für den Sult<strong>an</strong><br />
Ausstellung „Bris<strong>an</strong>te Begegnungen“ zeigt nomadische Lebenswelten<br />
Wissen ist Macht – und die Geschwindigkeit <strong>der</strong><br />
Wissensübermittlung ist es im Krisenfall nicht min<strong>der</strong>.<br />
Dessen war sich auch <strong>der</strong> Mamlukensult<strong>an</strong><br />
Baibars I. bewusst, als er sein Reich zugleich aus<br />
dem Zweistroml<strong>an</strong>d und von Palästina her bedroht<br />
sah. 1262 befahl er seinem K<strong>an</strong>zleichef in Damaskus,<br />
„ihn fortlaufend mit Nachrichten zu versorgen<br />
und mit Neuigkeiten von den Tataren (Mongolen)<br />
und Fr<strong>an</strong>ken (Kreuzfahrern). Und er sagte zu ihm:<br />
‚Wenn du es fertigbringst, mich keine Nacht und<br />
keinen Morgen zubringen zu lassen, ohne dass ich<br />
eine Nachricht habe, so tue das!‘“ Laut al-Umari,<br />
dem Neffen und Nachfolger jenes K<strong>an</strong>zleichefs,<br />
wurde daraufhin <strong>der</strong> barīd ins Leben gerufen, ein<br />
Depeschendienst, <strong>der</strong> Kairo mit den Reichsgrenzen<br />
und Provinzenhauptstädten verb<strong>an</strong>d.<br />
Binnen eines Jahres wurden mindestens 81 Relaisstationen<br />
errichtet, bem<strong>an</strong>nt und mit Wechselpferden<br />
ausgestattet. Die Wegstrecken zwischen ihnen<br />
betrugen oft weniger als zwei Stunden im Trab und<br />
beliefen sich auf insgesamt rund 1.900 Kilometer<br />
Länge. Bis in die Mitte des 14. Jahrhun<strong>der</strong>ts kamen<br />
weitere 50 Stationen und etwa 4.200 Streckenkilo-<br />
Kairo<br />
Damaskus<br />
scientia halensis 4/2011 forschen und publizieren<br />
meter hinzu. Der barīd griff tief in das Gefüge <strong>der</strong><br />
räumlichen und zeitlichen Dist<strong>an</strong>zen ein. Indem ein<br />
Kurier gegen 200 Kilometer <strong>an</strong> einem Tag zurückzulegen<br />
vermochte, reisten Marschbefehle, Ernennungsurkunden,<br />
Schenkungen und Strafurteile nun<br />
sehr rasch: Damaskus rückte auf vier, die Euphratgrenze<br />
auf sieben Tagesreisen <strong>an</strong> Kairo her<strong>an</strong>. Ehrgeizige<br />
Reiter konnten gar die Reisezeit halbieren.<br />
Damit wuchs die Fähigkeit <strong>der</strong> Sult<strong>an</strong>e, zeitnahe und<br />
lagebezogene Entscheidungen zu treffen – und die<br />
Zentralisierung des Mamlukenreiches.<br />
Allerdings führten ausgedehnte Streckenabschnitte<br />
durch Wüsten und Steppen, wo nomadisch lebende<br />
Beduinen vorherrschten. Dort hing das Postwesen<br />
von ihrem Verzicht auf Überfälle, teils aber auch<br />
ihrer tätigen Unterstützung ab. Im nördlichen Sinai<br />
– <strong>der</strong> einzigen Verbindung zwischen Ägypten und<br />
Syrien – regelte dies 1263 ein Vertrag mit Baibars<br />
I.: Den lokalen Nomadenstämmen oblag „das monatliche<br />
Pferde-Deputat“, d. h. sie hatten reihum<br />
die Stationen mit Wechselpferden und Viehfutter<br />
zu versorgen. Dafür erhielten sie Län<strong>der</strong>eien am<br />
R<strong>an</strong>d des Nildeltas.<br />
Trotz vielfältigen Konflikten mit beduinischen Gruppen<br />
wurden die Postrouten nicht unterbrochen.<br />
Al-Umari betont darum die Wertschätzung für sie:<br />
„Unaufhörlich zeigt sich <strong>der</strong> Mamluk gefällig für<br />
ihr Kommen und schenkt ihnen die prächtigsten<br />
Reichtümer. Er gibt ihnen den Großteil des L<strong>an</strong>des<br />
in Pacht zum Lob ihrer Macht und im Vertrauen auf<br />
ihre guten Seiten.“ Kurt Fr<strong>an</strong>z<br />
Kontakt: Dr. Kurt Fr<strong>an</strong>z<br />
Orientalisches Institut<br />
Telefon: 0345 5524078<br />
E-Mail: kurt.fr<strong>an</strong>z@orientphil.uni-halle.de<br />
Kontakt: Prof. Dr. Annegret Nippa<br />
Institut für Ethnologie <strong>der</strong> <strong>Uni</strong>versität Leipzig<br />
E-Mail: <strong>an</strong>negret.nippa@uni-leipzig.de<br />
Vom Nil bis <strong>an</strong> den<br />
Euphrat sp<strong>an</strong>nten die<br />
Mamluken das Streckennetz<br />
ihrer Botenreiter. Wie<br />
dies die Politik beschleunigte<br />
und warum es dazu<br />
nomadischer Mitwirkung<br />
bedurfte, ist eines <strong>der</strong><br />
Themen des Son<strong>der</strong>forschungsbereichs<br />
586 „Differenz<br />
und Integration“.<br />
Dessen über zehnjährige<br />
Forschungsarbeit wird<br />
ab dem 17. November in<br />
<strong>der</strong> Abschlussausstellung<br />
„Bris<strong>an</strong>te Begegnungen“<br />
im Völkerkundemuseum<br />
Hamburg zu sehen sein.<br />
Scientia halensis bietet mit<br />
einer Serie interess<strong>an</strong>te<br />
Blicke auf einige Exponate.<br />
Bild links: Ausschnitt: Linien<br />
und Stationen in Palästina<br />
(Entwurf: Kurt Fr<strong>an</strong>z; Kartographie:<br />
Martin Grosch)<br />
35
36 personalia scientia halensis 4/2011<br />
personalia<br />
Biochip für Schweine<br />
Bild oben: „PIGchip“ für frohe<br />
Ferkel (Foto: Hochschulgrün<strong>der</strong>netzwerk)<br />
bringt Absolventen Grün<strong>der</strong>preis<br />
Pickeldi und Fre<strong>der</strong>ick erkunden als glückliche Ferkel unbeschwert die Welt. Doch den beliebten Trickfilmfiguren<br />
ergeht es besser als ihren real existierenden Artgenossen. Denn männliche Ferkel werden in ihren ersten<br />
Lebenstagen ohne Betäubung chirurgisch kastriert. Längst hat diese Praxis nicht nur empörte Tierschützer auf<br />
den Pl<strong>an</strong> gerufen. Künftig k<strong>an</strong>n das neue Verfahren „PIGchip“ Abhilfe schaffen, es wurde beim Ideenwettbewerb<br />
Scidea ausgezeichnet. Ein weiterer Preis ging <strong>an</strong> „i-like.mobi“ mit seinem „Gefällt-mir-Daumen“.<br />
Prämiert wurden beim Ideenwettbewerb des Hochschulgrün<strong>der</strong>netzwerks<br />
Sachsen-Anhalt Süd die<br />
besten Ideenpapiere kreativer (Nachwuchs-)Akademiker<br />
<strong>der</strong> Region. Zwei Preise gingen <strong>an</strong> junge Unternehmen,<br />
die aus <strong>der</strong> Martin-Luther-<strong>Uni</strong>versität<br />
hervorgeg<strong>an</strong>gen sind. „PIGchip“ kürte die Expertenjury<br />
mit dem „Son<strong>der</strong>preis Forscher“. Verdient hatte<br />
die Auszeichnung das dreiköpfige Team: Dr. J<strong>an</strong>a<br />
Heise und Dr. J<strong>an</strong> Heise, Wissenschaftler und Absolventen<br />
<strong>der</strong> MLU, sowie Dr. D<strong>an</strong>iel Mörlein von <strong>der</strong><br />
<strong>Uni</strong>versität Göttingen. Die Preisträger entwickelten<br />
eine Idee für einen Biochip zur Überprüfung <strong>der</strong><br />
Eberfleischqualität auf Schlachthöfen. Dieser k<strong>an</strong>n<br />
künftig die Kastration <strong>der</strong> Ferkel überflüssig ma-
chen. „Im Laufe <strong>der</strong> Geschlechtsreifung produzieren<br />
männliche Schweine Subst<strong>an</strong>zen, die – wenn zu<br />
stark ausgeprägt – das Fleisch für den Verbraucher<br />
ungenießbar machen“, sagt <strong>der</strong> Molekularbiologe<br />
Dr. J<strong>an</strong> Heise. Zwar entwickeln nur 1 bis 19 Prozent<br />
<strong>der</strong> Eber – je nach Rasse, Fütterung und Haltung<br />
– den unliebsamen Geruch. Dennoch werden in<br />
Deutschl<strong>an</strong>d jährlich weit über 20 Millionen Tiere<br />
kastriert, denn ein einziger „Stinker“ erreicht rund<br />
100 Verbraucher. „Mit dem von uns beschriebenen<br />
Biochip lässt sich die Qualität von Schweinefleisch<br />
online überprüfen“, erklärt Heise. „Das Verfahren<br />
basiert auf einem schnellen und kostengünstigen,<br />
automatisierten Bluttest.“ Es bietet Schlachthöfen<br />
erstmalig die Möglichkeit, zuverlässig die wenigen<br />
geruchsauffälligen Eber zu identifizieren und<br />
zu selektieren. Deren Fleisch lässt sich zu für den<br />
Verbraucher unproblematischen Produkten verarbeiten.<br />
„Nachdem ihr Marktpotential erwiesen ist,<br />
sind wir bestärkt, unsere Idee weiterzuentwickeln.<br />
Mit dem Preis erhielten wir zusätzliches positives<br />
Feedback“, freut sich Heise, <strong>der</strong> als MLU-Absolvent<br />
2007 das Biotechnologie-Unternehmen „NH Dyeagnostics“<br />
auf dem Weinberg-Campus in Halle gründete.<br />
Dass „PIGchip“ Furore machen wird, lässt sich<br />
absehen, denn die europäischen L<strong>an</strong>dwirte haben<br />
sich bereits zu einer Abschaffung <strong>der</strong> Kastration bis<br />
2018 verpflichtet, ohne bisher über gängige Alternativen<br />
zu verfügen.<br />
Beim Ideenwettbewerb räumte noch ein zweites<br />
aus <strong>der</strong> MLU hervorgeg<strong>an</strong>genes Unternehmen einen<br />
Preis ab: Mirko Kisser, J<strong>an</strong> Kursawe und Tim<br />
Friedrich belegten mit „i-like.mobi“ den ersten<br />
Platz in <strong>der</strong> Kategorie „Innovative Dienstleistung“.<br />
Mit dem ausgeklügelten Projekt wollen sie eine Lücke<br />
zwischen realer und vernetzter digitaler Welt<br />
schließen und damit ein neues Zeitalter einläuten.<br />
Es ermöglicht künftig, mit mobilem Internet (H<strong>an</strong>dy)<br />
und QR-Codes erstmals beliebige Gegenstände,<br />
Orte, Lebewesen o<strong>der</strong> Events direkt in Facebook zu<br />
posten, auch wenn dafür noch gar keine Inhalte im<br />
Internet existieren. „Der Ideenwettbewerb war für<br />
uns ein Motor: Eine Idee, die schon l<strong>an</strong>g im Kopf<br />
herumschwirrte, wurde damit konkret und schneller<br />
vor<strong>an</strong>getrieben“, sagt Mirko Kisser, Absolvent<br />
<strong>der</strong> MLU sowie Grün<strong>der</strong> und Geschäftsführer <strong>der</strong><br />
celloon GmbH in Halle.<br />
Auf i-like.mobi k<strong>an</strong>n je<strong>der</strong> mit wenigen Klicks eine<br />
eigene mobile Website seiner Empfehlung mit<br />
einem Foto erstellen. Zeitgleich wird ein QR-Code<br />
mit dem bek<strong>an</strong>nten „Gefällt-mir-Daumen“ generiert,<br />
<strong>der</strong> zu dieser Seite verlinkt. Die Cellcodes können<br />
zum Beispiel auf Poster o<strong>der</strong> Karten gedruckt<br />
o<strong>der</strong> als Sticker bestellt werden. Wer irgendwo auf<br />
einen Sticker trifft, k<strong>an</strong>n sofort mit dem Mobiltelefon<br />
eine weitere Facebook-Empfehlung abgeben.<br />
Ute Olbertz<br />
Kontakt: Dr. Sus<strong>an</strong>ne Hübner<br />
Hochschulgrün<strong>der</strong>netzwerk Sachsen-Anhalt Süd<br />
Telefon: 0345 552 29 55<br />
E-Mail: huebner@univations.de<br />
Zwei Millionen Euro für Gründungsför<strong>der</strong>ung<br />
Die Martin-Luther-<strong>Uni</strong>versität gehört zu den zehn besten Grün<strong>der</strong>hochschulen Deutschl<strong>an</strong>ds.<br />
Für die Umsetzung ihrer Strategie <strong>der</strong> Innovations- und Gründungsför<strong>der</strong>ung erhält die MLU in<br />
den nächsten fünf Jahren rund zwei Millionen Euro vom Bundesministerium für Wirtschaft und<br />
Technologie. Staatssekretär Dr. Bernhard Heitzer zeichnete Anf<strong>an</strong>g Juli in Berlin jene Hochschulen<br />
aus, die sich im För<strong>der</strong>wettbewerb „EXIST-Gründungskultur – Die Grün<strong>der</strong>hochschule“ durchgesetzt<br />
haben. 83 Hochschulen hatten sich beworben, 24 waren in die Finalrunde eingezogen.<br />
Kern <strong>der</strong> Verwertungs- und Gründungsstrategie <strong>der</strong> MLU ist es, Gründungskompetenzen <strong>an</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Uni</strong>versität zu bündeln und zu professionalisieren. Sie verfolgt dabei mehrere Ziele: die Gründungskultur<br />
<strong>an</strong> <strong>der</strong> Hochschule zu stärken, praxisnah und interdisziplinär Gründungwissen zu<br />
generieren und als Teil <strong>der</strong> Lehre zu vermitteln, Gründungspotenziale von Forschungsergebnissen<br />
zu erschließen, das Gründungaufkommen zu steigern sowie die Überlebensfähigkeit und das<br />
Wachstum universitärer Spin-offs zu sichern. Carsten Heckm<strong>an</strong>n<br />
scientia halensis 4/2011 personalia<br />
Dr. J<strong>an</strong> Heise (Foto: privat)<br />
Mirco Kisser (Foto: Hochschulgrün<strong>der</strong>netzwerk)<br />
Informationen zum Wettbewerb<br />
und den Grün<strong>der</strong>n im<br />
Internet:<br />
www.hochschulgruen<strong>der</strong>.net<br />
QR� CODE<br />
37
38 personalia scientia halensis 4/2011<br />
Prof. Dr. Kathrin Dörr<br />
Institut für Physik<br />
Tel: 0345 55 255 42<br />
E-Mail: kathrin.doerr@<br />
physik.uni-halle.de<br />
(Foto: Maike Glöckner)<br />
Anzeige<br />
Kathrin Dörr hat bei Experimenten Spaß wie Miss Marple<br />
Kathrin Dörr ist Heimkehrerin. Seit dem 1. Juli 2011<br />
ist sie zurück – in Halle und <strong>an</strong> <strong>der</strong> MLU. Als Professorin<br />
für Experimentalphysik. 1986 legte sie <strong>an</strong> den<br />
Spezialklassen für Mathematik und Naturwissenschaften<br />
<strong>der</strong> MLU ihr Abitur ab. Vor 45 Jahren ist<br />
sie in Halle zur Welt gekommen.<br />
Nach 25 Jahren ist Dörr nun <strong>an</strong> die Saale heimgekehrt<br />
und begierig darauf, die zwischenzeitlichen<br />
Verän<strong>der</strong>ungen zu entdecken. „Halle ist eine ungewöhnlich<br />
abwechslungsreiche Stadt mit einer<br />
ebensolchen Geschichte.“ Den beson<strong>der</strong>en wissenschaftlichen<br />
Reiz, den die MLU auf sie übt, fassen<br />
zwei Worte: „N<strong>an</strong>ostrukturierte Materialien“ – ein<br />
Forschungsschwerpunkt, in den ihre Forschungsrichtung<br />
hervorragend passt und <strong>der</strong> durch das L<strong>an</strong>desexzellenznetzwerk<br />
weiter gestärkt wird.<br />
Während ihrer Absenz spezialisierte sich Dörr auf<br />
neuartige elektronische Materialien, die vielleicht<br />
die Datenspeicher o<strong>der</strong> Sensoren <strong>der</strong> Zukunft werden.<br />
Zunächst studierte sie <strong>an</strong> <strong>der</strong> TU Dresden Physik.<br />
Dort wurde sie 1996 auch promoviert. In Dres-<br />
den habilitierte sie sich 2007 zu spinpolarisiertem<br />
Tr<strong>an</strong>sport in magnetischen Oxiden. Wissenschaftlich<br />
tätig war sie als Forschungsgruppenleiterin am<br />
IFW und Privatdozentin <strong>an</strong> <strong>der</strong> TU Dresden sowie als<br />
Gast am Trinity College Dublin. Außerdem arbeitete<br />
sie regelmäßig am Oak Ridge National Laboratory<br />
in Tennessee.<br />
Was ihr <strong>an</strong> ihrer Arbeit beson<strong>der</strong>e Freude bereitet?<br />
„Mit einem Kore<strong>an</strong>er, einer Russin und einem Brasili<strong>an</strong>er<br />
über dieselbe Sache diskutieren zu können.“<br />
Sp<strong>an</strong>nend findet sie auch, detektivisch aus vielen<br />
experimentellen Fakten die entscheidenden zu finden:<br />
„Da k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> Spaß haben wie Miss Marple.“<br />
Und ihre Begeisterung will sie auch auf <strong>an</strong><strong>der</strong>e<br />
übertragen: „Ich möchte international gefragte Forschung<br />
mit einer attraktiven <strong>Ausbildung</strong> verbinden,<br />
die mehr junge Leute für die Physik gewinnt.“<br />
Dörr ist verheiratet und hat einen 15-jährigen<br />
Sohn. Ihre knappe Freizeit nutzt sie für Familie und<br />
Freunde, zum Lesen, um die Natur zu erkunden, Musik<br />
zu hören o<strong>der</strong> Geige zu spielen. Thomas Liersch
scientia halensis 4/2011 personalia<br />
Kurswechsel bei Entwicklungshilfe<br />
Wirtschaftsethiker Stef<strong>an</strong> Hielscher dreifach ausgezeichnet<br />
Alles beginnt mit einer Frage. Auch bei Wirtschaftsethiker<br />
Dr. Stef<strong>an</strong> Hielscher. Also fragt er: „Warum<br />
sollten Unternehmen wohl Gewinne machen?“<br />
Hmm, weil das ihr Anreiz ist? Der Antrieb überhaupt<br />
in <strong>der</strong> Marktwirtschaft? Der 34-Jährige lächelt. Klar,<br />
es kommt auf die Sichtweise <strong>an</strong>, auch und gerade<br />
für einen Wirtschaftsethiker. „Gewinne“, sagt Hielscher,<br />
„spornen ein Unternehmen <strong>an</strong>, durch Produkte<br />
gesellschaftliche Probleme zu lösen. Das wie<strong>der</strong>um<br />
spornt <strong>an</strong><strong>der</strong>e Unternehmen <strong>an</strong>, noch mehr<br />
gesellschaftliche Probleme in Angriff zu nehmen.“<br />
Das Beste, was passieren k<strong>an</strong>n, ist eine Kettenreaktion<br />
– ja quasi ein Wettlauf, bei dem alle schneller<br />
laufen und letztlich alle zum Sieger werden – auch<br />
die Gesellschaft.<br />
Das klingt alles toll. Doch eigentlich wollen wir über<br />
die Preisverleihungen reden? Dr. Stef<strong>an</strong> Hielscher,<br />
wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für<br />
Wirtschaftsethik, hat dieses Jahr für seine Dissertation<br />
zum Thema „Kooperation statt Hilfe: Ein ordonomischer<br />
Beitrag zur Theorie <strong>der</strong> Entwicklungspolitik“<br />
sowohl den begehrten K<strong>an</strong>torovitsch-Preis<br />
als auch den Dorothea-Erxleben-Preis erhalten.<br />
Zudem wurde er mit dem „Best Paper Award 2011“<br />
des Wirtschaftswissenschaftlichen Bereichs ausgezeichnet.<br />
Kurz: Der Wirtschaftswissenschaftler<br />
steht in <strong>der</strong> Hitliste <strong>der</strong> Preisverleihungen 2011 <strong>an</strong><br />
<strong>der</strong> MLU <strong>an</strong> erster Stelle.<br />
Und genau <strong>an</strong> diesem Punkt, verweist Hielscher<br />
auf die Ausg<strong>an</strong>gsfrage. „Es geht nicht darum, dass<br />
ein einzelner tolle Preise gewinnt.“ Es gehe um den<br />
Prozess. Vielmehr seien Preise ein Anreiz für viele,<br />
neugierig zu fragen, zu forschen, um insgesamt ein<br />
besseres Verständnis für gesellschaftliche Zusammenhänge<br />
zu entwickeln.<br />
Ein neues Ged<strong>an</strong>kenmodell muss her<br />
Drängend und ernst sind die Probleme allemal, mit<br />
denen sich Hielscher in seiner mehrfach prämierten<br />
Dissertation beschäftigt. Dazu widmet er sich einem<br />
altbek<strong>an</strong>nten Problem, nämlich dem, wie die mo-<br />
<strong>der</strong>ne Gesellschaft die Armut in Entwicklungslän<strong>der</strong>n<br />
bekämpfen k<strong>an</strong>n. „Nur Geld zu überweisen<br />
ist zwar beruhigend, hat aber in <strong>der</strong> Verg<strong>an</strong>genheit<br />
nicht funktioniert. Wir brauchen also ein neues<br />
Ged<strong>an</strong>kenmodell“, sagt <strong>der</strong> Wirtschaftsethiker, <strong>der</strong><br />
aufgrund vielfacher Ausl<strong>an</strong>dsaufenthalte hervorragend<br />
Englisch, Italienisch, Sp<strong>an</strong>isch und passabel<br />
Fr<strong>an</strong>zösisch und Russisch spricht.<br />
Und sein Modell verl<strong>an</strong>gt ein Umdenken, durchaus<br />
radikaler Art. „Zunächst müssen wir uns im Klaren<br />
sein, wofür wir diese Län<strong>der</strong> überhaupt brauchen?<br />
Und wir brauchen sie! Etwa beim Klima- und Umweltschutz,<br />
im Kampf gegen Terrorismus und zur<br />
Prävention von Kr<strong>an</strong>kheiten.“ Diese Aufgabenkreise<br />
lassen sich alle unter dem Begriff <strong>der</strong> globalen<br />
öffentlichen Güter zusammenfassen. Die Einsicht<br />
müsse lauten: Nur mit einer Kooperation k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong><br />
die Armut in den Entwicklungslän<strong>der</strong>n austreiben.<br />
Blauäugig auf Zusammenarbeit hoffen, könne m<strong>an</strong><br />
jedoch nicht.<br />
Hilfe, sagt Hielscher, müsse <strong>an</strong> Bedingungen geknüpft<br />
sein. Dabei gehe es um Gar<strong>an</strong>tien, dass das<br />
Geld dort <strong>an</strong>kommt, wo es gebraucht wird. Also<br />
müsse höherer Druck auf die vorherrschenden – ja<br />
oft korrupten – Machtstrukturen in den Entwicklungslän<strong>der</strong>n<br />
ausgeübt werden, so <strong>der</strong> gebürtige<br />
Chemnitzer.<br />
Gewagte Thesen o<strong>der</strong> wirtschaftspolitischer Kurswechsel:<br />
Stef<strong>an</strong> Hielscher, <strong>der</strong> moment<strong>an</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Uni</strong> Halle habilitiert, ist mittlerweile nicht nur<br />
ein viel gereister und bepreister M<strong>an</strong>n, son<strong>der</strong>n<br />
mit seinen Ideen auch ein gefragter Referent.<br />
Michael Deutsch<br />
Kontakt: Dr. Stef<strong>an</strong> Hielscher<br />
Wirtschaftsethik<br />
Telefon: 0345 55 23387<br />
E-Mail: stef<strong>an</strong>.hielscher@wiwi.uni-halle.de<br />
Preisgekrönt und viel gereist:<br />
Wirtschaftsethiker Dr. Stef<strong>an</strong><br />
Hielscher<br />
(Foto: Michael Deutsch)<br />
Die L<strong>an</strong>gfassung des Artikels:<br />
WEBCODE MAG� 12055<br />
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39
40 personalia scientia halensis 4/2011<br />
Tobias Grasse<br />
Unzählige Vari<strong>an</strong>ten des Fragebogens, <strong>der</strong> durch Marcel Proust so berühmt geworden ist, sind in den Medien zu<br />
finden. Scientia halensis spielt ebenfalls mit. Diesmal ist unser Match-Partner StuRa-Sprecher Tobias Grasse.<br />
1 | Warum leben Sie in Halle und nicht <strong>an</strong><strong>der</strong>swo?<br />
Wo die Liebe hinfällt… außerdem gibt<br />
es hier Medien- und Kommunikationswissenschaften,<br />
in München (meiner Heimatstadt) nur<br />
Kommunikationswissenschaften.<br />
2 | Wenn nicht Student, was wären Sie d<strong>an</strong>n<br />
geworden? Ich hätte wahrscheinlich eine <strong>Ausbildung</strong><br />
im Medienbereich (Audio) gemacht.<br />
3 | Was war <strong>an</strong> Ihrer Studienzeit am besten?<br />
Die Möglichkeit, sich überall auszuprobieren, und<br />
die theoretischen Debatten mit Kommilitonen.<br />
4 | Welchen Rat fürs Überleben würden Sie<br />
Studenten geben? Engagieren, pl<strong>an</strong>en, Pläne<br />
verwerfen, Schwerpunkte setzen. Und den Mund<br />
aufmachen.<br />
5 | Wenn Sie Rektor einer <strong>Uni</strong>versität wären,<br />
was würden Sie als erstes tun? Die digitale<br />
Campus-Infrastruktur verbessern.<br />
6 | Was ist für Sie die erste Aufgabe <strong>der</strong> Wissenschaft?<br />
Die Ausein<strong>an</strong><strong>der</strong>setzung des Menschen<br />
mit <strong>der</strong> Welt und sich selbst, um vielleicht<br />
irgendw<strong>an</strong>n wirklich zu verstehen.<br />
7 | Was haben Intelligenz und Menschlichkeit<br />
mitein<strong>an</strong><strong>der</strong> zu tun? Von beidem braucht es ein<br />
gutes Maß, um eine Persönlichkeit zu entwickeln.
8 | Worüber ärgern Sie sich am meisten? Wenn<br />
Leute sich ihre Fehler nicht eingestehen, um aus<br />
ihnen zu lernen.<br />
9 | Was bringt Sie zum Lachen? Absurditäten<br />
des Alltags.<br />
10 | Was schätzen Sie bei Ihren Freunden?<br />
Ehrlichkeit, Humor, Begeisterungsfähigkeit – und<br />
einen kleinen Spleen.<br />
11 | Wo sehen Sie Ihre Stärken? Ehrlichkeit,<br />
Engagement, nicht alle meine Stärken auswendig<br />
aufzählen zu können.<br />
12 | Was erwarten Sie von <strong>der</strong> Zukunft?<br />
Vieles was ich jetzt noch nicht weiß. Ich hoffe,<br />
dass ich d<strong>an</strong>n darauf zurückschauen und es "erfüllt"<br />
nennen k<strong>an</strong>n.<br />
13 | Wor<strong>an</strong> glauben Sie? Dar<strong>an</strong>, dass Wissen<br />
nicht alles ist, und Glauben "nicht wissen" bedeutet.<br />
14 | Welchen bedeutenden Menschen unserer<br />
Zeit hätten Sie gern als Gesprächspartner?<br />
Sir Tim Berners-Lee.<br />
15 | Wer war o<strong>der</strong> ist (bisher) für Sie <strong>der</strong> wichtigste<br />
Mensch in Ihrem Leben? Es wi<strong>der</strong>strebt<br />
mir, meine liebsten Mitmenschen in R<strong>an</strong>glisten<br />
zu zwängen. Einer geht nicht ohne die <strong>an</strong><strong>der</strong>en.<br />
16 | Welchen Ort <strong>der</strong> Welt möchten Sie unbedingt<br />
kennen lernen? Den Nordpol.<br />
17 | Womit verbringen Sie Ihre Freizeit am<br />
liebsten? Mit allem, was mir gerade in den Sinn<br />
kommt – o<strong>der</strong> damit, darüber zu sinnieren, was<br />
davon sinnvoll sein könnte.<br />
18 | Was wären Ihre drei Bücher für die Insel?<br />
Der Zombie-Survivalguide, ein guter Rom<strong>an</strong> den<br />
ich noch nicht kenne, How To Get Off A Lonely<br />
Isl<strong>an</strong>d In Five Easy Steps<br />
19 | Wenn Sie einen Wunsch frei hätten …?<br />
Würde ich mir mehr Wünsche wünschen, o<strong>der</strong><br />
<strong>an</strong> <strong>der</strong> Auswahl verzweifeln.<br />
20 | Ihr Motto? Wi<strong>der</strong> die Konjunktivitis!<br />
scientia halensis 4/2011 personalia<br />
Aus <strong>der</strong> Vita<br />
Geboren am 04.11.1986<br />
in Gräfelfing bei<br />
München, Studium <strong>der</strong><br />
Medien- und Kommunikationswissenschaften<br />
und Politikwissenschaften<br />
<strong>an</strong> <strong>der</strong> Martin-Luther-<br />
<strong>Uni</strong>versität. Seit 2010<br />
einer <strong>der</strong> Sprecher des<br />
Studierendenrates.<br />
Bild: Tobias Grasse<br />
(Foto: Maike Glöckner)<br />
41
42 zeitgeist scientia halensis 4/2011<br />
Der Zeitgeist, Jahrg<strong>an</strong>g<br />
1760, tauchte zuerst bei<br />
Joh<strong>an</strong>n Gottfried Her<strong>der</strong><br />
auf. Auch Joh<strong>an</strong>n Wolfg<strong>an</strong>g<br />
von Goethe setzte<br />
ihm ein Denkmal, indem<br />
er Faust vom „Geist <strong>der</strong><br />
Zeiten“ sprechen ließ.<br />
Inzwischen wirkt er -<br />
unübersetzt o<strong>der</strong> als „spirit<br />
of the times“ - längst auch<br />
in <strong>der</strong> englischsprachigen<br />
Welt.<br />
Zeichnung: Oliver Weiss<br />
Oh, Kreativität.<br />
Wo bist Du nur geblieben? Ich weiß, gerade erst<br />
warst du g<strong>an</strong>z prominent bei den Kollegen in <strong>der</strong><br />
hastuzeit unterwegs. Ein g<strong>an</strong>zes Heft haben sie<br />
Dir gewidmet. Da siehst Du, wie weit mein Elend<br />
reicht. Nicht einmal ein eigenes Thema für meine<br />
g<strong>an</strong>z persönliche letzte Seite wollte mir einfallen.<br />
Nein, stattdessen wird geklaut. Hier wie überall, so<br />
steht es in <strong>der</strong> Zeitung: „Fiese Diebe klauen Kin<strong>der</strong>-<br />
Dreirä<strong>der</strong>“, „Jugendliche klauen Feuerwehrauto<br />
und fahren ins Saarl<strong>an</strong>d“, „Schalke will Ex-Trainer<br />
Magath die Punkte klauen“ und „Frau klaut eimerweise<br />
Kürbisse“.<br />
Apropos Kürbisse.<br />
Da ist er also endlich, <strong>der</strong> Herbst. Seit Juni schon hagelt<br />
es Hinweise vom Himmel. Und jetzt? Halloween<br />
und Hexenfeuer. Was soll m<strong>an</strong> zu dieser Zeit schon<br />
machen, außer zu Hause sinnieren o<strong>der</strong> bei Nieselregen<br />
durch bunte Blätter spazieren? Ist das nicht<br />
das richtige Ambiente, um mal wie<strong>der</strong> vorbeizuschauen,<br />
gute, alte Kreativität? Dein letzter Besuch<br />
ist zu l<strong>an</strong>ge her. Das waren die Zeiten, als die Fe<strong>der</strong><br />
förmlich noch g<strong>an</strong>z von allein über die Zeilen flog.<br />
Ich erinnere mich nur noch dunkel...<br />
Dr. Usus Zeitgeist<br />
Versuch einer Ode <strong>an</strong> die Kreativität<br />
O<strong>der</strong>: Der Kampf mit <strong>der</strong> offenen Leere<br />
Apropos dunkel.<br />
Da ist sie wie<strong>der</strong>, die Dunkelheit, die einen morgens<br />
immer später in den Tag entlässt und abends immer<br />
früher empfängt. Wie soll ich die bitte ertragen, ohne<br />
Dich, meine liebe Kreativität? Ist Dir eine letzte,<br />
weiße Seite in <strong>der</strong> ehrwürdigen scientia halensis<br />
nicht genug? Was willst Du noch? So erlöse mich<br />
doch! Und wenn nicht von <strong>der</strong> Ideenlosigkeit, d<strong>an</strong>n<br />
wenigstens von <strong>der</strong> Krux dieser leeren Seite.<br />
Apropos Leere.<br />
Die scheint ja zurzeit auch außerhalb meines promovierten<br />
Kopfes zu regieren. Leere Kassen und leere<br />
Worte gähnen einem allerorts entgegen. Aber was<br />
rede ich da – die leere Menge ist schließlich Teilmenge<br />
je<strong>der</strong> Menge. Sagen jedenfalls die Mathematiker.<br />
An denen sollten wir uns ein Beispiel nehmen. Für<br />
sie ist Leere nur eine Frage <strong>der</strong> Definition. Ist eine<br />
leere Menge offen, so sprechen sie bereits von einer<br />
offenen Menge. Auch jede offene Kugel ist übrigens<br />
eine offene Menge.<br />
Apropos Kugel.<br />
Ich d<strong>an</strong>ke Dir, Google! Wenigstens Du lässt mich<br />
nie im Stich!
Leistungsstark, zielorientiert, praxisnah – die Stärken von DHL<br />
zählen auch im <strong>Uni</strong>-Alltag. Wir wünschen den Studierenden <strong>der</strong><br />
Martin-Luther-<strong>Uni</strong>versität Halle-Wittenberg viel Erfolg!
44 forschen und publizieren scientia halensis 4/2011<br />
Alles unter einem Dach!<br />
Kreatives Tagen in einem innovativen<br />
Umfeld, individuelle und persönliche Betreuung von<br />
<strong>der</strong> Anfrage bis zum Ver tragsabschluss, Service bis ins<br />
kleinste Detail – das alles und vieles mehr bietet<br />
Ihnen das M Hotel Halle.<br />
Wir begrüßen alle Mitarbeiter, Ver<strong>an</strong>staltungsteilnehmer<br />
sowie Freunde <strong>der</strong> Martin-Luther-<strong>Uni</strong>versität, Gast in unserem<br />
Haus zu sein.<br />
Nutzen Sie die vielfältigen Vorteile wie beispielsweise Son<strong>der</strong>konditionen<br />
für Übernachtungsgäste, die aufgrund <strong>der</strong> Partnerschaft<br />
zwischen <strong>der</strong> Martin-Luther-<strong>Uni</strong>versität und dem<br />
M Hotel Halle bestehen.<br />
Wir freuen uns auf Ihren Besuch!<br />
M Hotel Halle · Riebeckplatz 4 · 06110 Halle<br />
Telefon 0345 5101-713 · Telefax 0345 5101-777<br />
reservierung.hal@maritim.de · www.maritim.de