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Kunst und Kultur im Sultanat Oman - Dubai Media AG

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■ <strong>Sultanat</strong> <strong>Oman</strong><br />

Reiz des<br />

Verbotenen<br />

30 DUBAI M<strong>AG</strong>AZIN<br />

<strong>Kunst</strong> <strong>und</strong> <strong>Kultur</strong> <strong>im</strong> <strong>Sultanat</strong> <strong>Oman</strong><br />

In Muscat überrascht eine reiche <strong>Kunst</strong>szene den Besucher.<br />

Ein Fest für die Augen ist die Architektur in Old Muscat <strong>und</strong> Muttrah.<br />

Mit Festivals in Muscat <strong>und</strong> Salalah wird für den Erhalt der<br />

kulturellen Traditionen <strong>im</strong> Land geworben. Manchmal eröffnet<br />

die <strong>Kunst</strong> die Möglichkeit, Verbotenes zu erleben.<br />

Muscat war 2006 <strong>Kultur</strong><br />

hauptstadt der Arabischen<br />

Welt <strong>und</strong> ohne Zweifel ha<br />

ben <strong>Kunst</strong> <strong>und</strong> <strong>Kultur</strong><br />

dadurch einen bedeutenderen Stellenwert als<br />

vorher erhalten. Davon hat auch das Ministerium<br />

für Erbe <strong>und</strong> <strong>Kultur</strong> profitiert. Es fördert<br />

talentierte Künstler aus allen Bereichen <strong>und</strong> finanziert<br />

omanische <strong>Kultur</strong>wochen, die regelmäßig<br />

<strong>im</strong> Ausland stattfinden. R<strong>und</strong> 200<br />

Folkloregruppen in den verschiedenen Landesteilen<br />

werden unterstützt <strong>und</strong> können dadurch<br />

bei lokalen Festivals auftreten. Diesem Ministerium<br />

unterstehen alle staatlichen Museen, das<br />

Haus der Musik, Theater, das Nationalarchiv,<br />

die Zentren für Literatur <strong>und</strong> Wissenschaften,<br />

das Zentrum für traditionelle Musik, sowie die<br />

Text + Fotos: Barbara Schumacher<br />

<strong>Kunst</strong>handwerkszentren. S. E. Saiid Haitham<br />

Bin Tariq, Minister of Heritage and Culture,<br />

erscheint gern höchstpersönlich zur Eröffnung<br />

kultureller Ereignisse <strong>und</strong> Vernissagen.<br />

Häuser der <strong>Kunst</strong><br />

Die Altstadt von Muscat mit ihren Moscheen<br />

<strong>und</strong> schneeweißen Prachtbauten <strong>im</strong> traditionellen<br />

Stil <strong>und</strong> den beiden portugiesischen<br />

Forts Jalali <strong>und</strong> Mirani sowie der Stadtteil<br />

Muttrah mit seinem Souq <strong>und</strong> den alten Handelshäusern<br />

in traditioneller Architektur inspirieren<br />

viele Künstler – nicht nur <strong>im</strong> Hinblick<br />

auf Malmotive sondern auch als Ort für<br />

Installationspräsentationen. Vier Persönlichkeiten<br />

sind es, die in Muscat die bildenden Küns-<br />

te aufregend präsentieren: Sarah White, Künstlerin<br />

<strong>und</strong> Autorin vieler Bücher <strong>und</strong> zahlreicher<br />

Artikel in Zeitungen <strong>und</strong> Fachmagazinen<br />

<strong>im</strong> Bait Al Zubair, Ellen Molliet in der Galerie<br />

Bait Muzna, Maryam Al Zadjali, selbst gefragte<br />

Künstlerin, in der <strong>Kunst</strong>gesellschaft <strong>und</strong><br />

Malik Al Hinai <strong>im</strong> nahe dem Fischkreisverkehr<br />

an der Muttrah Corniche gelegenen Bait al<br />

Baranda. In allen Häusern sind regelmäßig<br />

ausgezeichnete <strong>Kunst</strong>ausstellungen omanischer,<br />

arabischer <strong>und</strong> westlicher Künstler zu sehen.<br />

Bait Al Zubair<br />

Das Bait Al Zubair, seit 1998 für die Öffentlichkeit<br />

zugänglich, besteht aus drei Häusern.<br />

Das Privatmuseum wird von der 2005 gegründeten<br />

Bait Al Zubair Stiftung <strong>und</strong> ihrer Leite-


in Sarah White gemanagt. Die Stiftung n<strong>im</strong>mt<br />

die kulturellen <strong>und</strong> gesellschaftlichen Aufgaben<br />

des Familienunternehmens Zubair<br />

Corporation wahr, organisiert <strong>Kunst</strong>ausstellungen,<br />

fördert Projekte, die sich mit <strong>Kultur</strong>erbe<br />

<strong>und</strong> Geschichte <strong>Oman</strong>s befassen, unterstützt<br />

<strong>im</strong> Rahmen des Bildungsprogramms Schulen,<br />

Colleges <strong>und</strong> Universitäten durch Information<br />

<strong>und</strong> Materialien <strong>und</strong> veröffentlicht Fachbücher.<br />

Kaum ein Staatsgast oder VIP Besucher<br />

verlässt Muscat ohne einen Besuch dieses<br />

Museums. (www.baitalzubairmuseum.com)<br />

Das Hauptgebäude des drei Gebäude umfassenden<br />

Museumsgeländes ist das Bait Al Bagh<br />

(Haus der Gärten). Es war ursprünglich die<br />

1914 erbaute Familienresidenz von Sheikh Al<br />

Zubair bin Ali, der drei ehemaligen Sultanen<br />

als Minister <strong>und</strong> Berater diente. Das Haus war<br />

ein Versammlungsort für die damalige Elite <strong>und</strong><br />

trotz Umbaus reflektiert das Gebäude heute<br />

noch die traditionelle Architektur. Die Sammlung<br />

dieses Privatmuseums wurde über viele<br />

Jahre von der Al Zubair Familie zusammengetragen,<br />

die zu einer der wichtigen <strong>und</strong> dem<br />

Sultan ergebenen Familien des Landes gehört.<br />

Zu sehen gibt es hervorragend präsentierte<br />

Exponate: über 5.000 ausgesuchte, geerbte oder<br />

geschenkte Stücke aus mehreren Jahrh<strong>und</strong>erten<br />

<strong>und</strong> verschiedenen Regionen, die die größte<br />

<strong>und</strong> schönste private Sammlung zum Thema<br />

<strong>Kultur</strong>erbe, omanische Lebensart <strong>und</strong> Tradition<br />

<strong>Oman</strong>s bilden. <strong>Kunst</strong>handwerk, die traditionelle<br />

Kleidung der Menschen aus den verschiedenen<br />

Landesteilen an lebensgroßen Puppen,<br />

alter Schmuck sowie Dolche, Schwerter<br />

<strong>und</strong> Feuerwaffen sind in den vier Galerien des<br />

Erdgeschosses ausgestellt. Gleich am Eingang<br />

wird der Besucher vertraut gemacht mit der Al<br />

Busaidi Dynastie durch Fotocollagen, Reproduktionen<br />

historischer Fotos bzw. Gemälden<br />

von Sultan Qaboos bin Said Al Said <strong>und</strong> früherer<br />

Sultane. Satellitenbilder der Arabischen<br />

Halbinsel, Münzen, Briefmarken, traditionelle<br />

Musikinstrumente, Dokumente <strong>und</strong> Manuskripte<br />

erfreuen das Auge. In einem Video werden<br />

die verschiedenen Traditionen von Musik<br />

<strong>und</strong> Tanz vorgeführt. Im ersten Stock finden<br />

<strong>Kunst</strong>ausstellungen statt <strong>und</strong> hier ist eine<br />

Forschungsbibliothek untergebracht (nur nach<br />

Voranmeldung zugänglich). Das Haus wurde<br />

1999 mit dem Sultan Qaboos Architekturpreis<br />

ausgezeichnet. Im Garten kann man eine traditionelle<br />

Barasti Hütte aus Palmmaterial sehen<br />

<strong>und</strong> das Beispiel eines falajs (traditioneller<br />

Bewässerungsgraben), einen kleinen Souk <strong>und</strong><br />

eine Dhau.<br />

Das zum Museumsgelände gehörende zweite<br />

Gebäude ist das Bait Al Dalaleel (benannt nach<br />

dem gleichnamigen Stadtteil). Dieses Haus<br />

wurde renoviert <strong>und</strong> zeigt die typische Architektur<br />

des 19. Jh. Majlis (Gästeempfangsraum),<br />

Schlafz<strong>im</strong>mer <strong>und</strong> Dattellagerraum sind zu sehen.<br />

Das dritte Gebäude ist das Bait Al Oud<br />

(großes Haus), frühere Residenz des Vaters von<br />

Sheikh Al Zubair bin Ali <strong>und</strong> seiner Familie,<br />

die hier <strong>im</strong> 19. <strong>und</strong> 20. Jh. lebten, bis das Haus<br />

1940 abgerissen wurde, um Platz zu schaffen<br />

für eine breitere Straße zum Sultanspalast.<br />

Heute enthält das Gebäude <strong>im</strong> Erdgeschoß eine<br />

Empfangs- <strong>und</strong> Ausstellungshalle für wechselnde<br />

<strong>Kunst</strong>ausstellungen. Im ersten Stock gibt es<br />

eine große Sammlung früher Europäischer<br />

Landkarten der Arabischen Halbinsel <strong>und</strong> typische<br />

Möbel aus Muscat. Im zweiten Stockwerk<br />

sind frühe Drucke der Arabischen Halbinsel<br />

<strong>und</strong> von Ostafrika ausgestellt neben historischen<br />

Fotos von Muscat <strong>und</strong> einer Präsentation<br />

historischer Kameras.<br />

Bait Muzna<br />

Wer sich in <strong>Oman</strong>s Hauptstadt auf die Suche<br />

nach der besten <strong>Kunst</strong>galerie begibt, wird<br />

schnell fündig. Gegenüber dem Bait Al Zubair<br />

liegt die <strong>im</strong> Jahr 2000 eröffnete Galerie Bait<br />

Muzna. Inhaberin ist Susan Al-Said, verheiratet<br />

mit Seiner Hoheit Sayyid Rais Bin Tarik Al-<br />

Said, Cousin von Sultan Qaboos, der als einer<br />

der ersten Künstler <strong>Oman</strong>s gilt. Von Kindheit<br />

an war Susan mit der <strong>Kunst</strong> verb<strong>und</strong>en <strong>und</strong><br />

selbst sehr kreativ. Während <strong>und</strong> nach ihrem<br />

<strong>Kunst</strong>studium <strong>im</strong> französischen Aix-en-Provence<br />

malte sie <strong>und</strong> versuchte sich erfolgreich in<br />

der Töpferei. Nachdem sie die Galerie aufgebaut<br />

hatte, übergab sie vor zwei Jahren das gut<br />

gehende Geschäft an die jetzige Direktorin Ellen<br />

Molliet, die es begeistert zu einer Ideenschmiede<br />

gemacht hat <strong>und</strong> mit viel Sachverstand<br />

ausbaut.<br />

Das 1970 erbaute Haus <strong>im</strong> traditionellen Baustil<br />

gehörte Sayyida Bint Nadir, einer Tante des<br />

königlichen Cousins. Nachdem das Haus längere<br />

Zeit unbewohnt war, hatte ein Fre<strong>und</strong> die<br />

Idee, eine <strong>Kunst</strong>galerie einzurichten mit dem<br />

Ziel, omanische Künstler zu fördern <strong>und</strong> Raum<br />

für einen internationalen Künstleraustausch zu<br />

bieten. Das ist gelungen: inzwischen jagt eine<br />

Ausstellung die andere, internationale Künstler<br />

sind zu Gast <strong>und</strong> die Galerie n<strong>im</strong>mt als einzige<br />

<strong>Oman</strong>s bei <strong>Kunst</strong>messen <strong>im</strong> Ausland, wie<br />

z. B. bei der jährlichen ArtParis – Abu Dhabi<br />

mit einem eigenen Stand teil. „Diese Messe ist<br />

für uns ein großer Erfolg, wir haben jedes mal<br />

Zum Bait Al Zubair (oben) zählt<br />

auch das Bait Al Dalaleel <strong>und</strong> das<br />

Bait Al Oud (unten)<br />

DUBAI M<strong>AG</strong>AZIN 31


■ <strong>Sultanat</strong> <strong>Oman</strong><br />

Ghassan Muhsin (oben)<br />

<strong>und</strong> zwei seiner Werke<br />

Ellen Molliet <strong>und</strong> Susan Al-Said<br />

betreiben die Galerie Bait Muzna<br />

Das Museum Bait Al Baranda<br />

32 DUBAI M<strong>AG</strong>AZIN<br />

gut verkauft <strong>und</strong> auch interessante Werke für<br />

die ständige Ausstellung in der Galerie einkaufen<br />

können“, so Ellen Molliet.<br />

Von Susan Al-Said ist zu erfahren: „Bei den<br />

Ausstellungen in unserer Galerie versuchen wir,<br />

Künstler der verschiedensten Maltechniken<br />

vorzustellen. Ich wähle die Künstler zusammen<br />

mit Ellen Molliet aus <strong>und</strong> abwechselnd geht es<br />

um Aquarelle, Ölgemälde, Kalligrafie <strong>und</strong><br />

Skulpturen. Den Skulpturenbereich möchte ich<br />

in Zukunft ausbauen, ich wünsche mir eine<br />

intensivere Zusammenarbeit mit der Stadt. Zu<br />

unseren Ausstellungseröffnungen kommen<br />

r<strong>und</strong> 400 Gäste aus den Botschaften, den Ministerien<br />

<strong>und</strong> viele Intellektuelle <strong>und</strong> Geschäftsleute.<br />

In Zukunft möchte ich für die<br />

omanischen Nachwuchskünstler mehr Workshops<br />

anbieten, die von westlichen Künstlern<br />

geleitet werden sollen. Wichtigstes Ziel jedoch<br />

bleibt, den <strong>Oman</strong>is die Bedeutung der <strong>Kunst</strong><br />

nahe zu bringen. Da ist noch viel zu tun, wir<br />

sind <strong>im</strong> Hinblick auf <strong>Kunst</strong>verständnis in unserem<br />

Land Anfänger. Ein weiteres Problem ist<br />

das Urheberrecht. Gemälde, Grafiken, Kalligrafie<br />

werden einfach kopiert. Geistiges Eigentum<br />

<strong>und</strong> Urheberrechte sind den meisten<br />

<strong>Oman</strong>is Fremdworte <strong>und</strong> sie sind sich der entsprechenden<br />

Problematik überhaupt nicht bewusst“.<br />

(www.baitmuznagallery.com)<br />

<strong>Kunst</strong>gesellschaft<br />

Die 1993 gegründete <strong>Kunst</strong>gesellschaft (<strong>Oman</strong>i<br />

Society for Fine Arts) organisiert regelmäßig<br />

<strong>Kunst</strong>ausstellungen omanischer Künstler –<br />

meist Maler <strong>und</strong> Fotografen. Vor dem Gebäude<br />

steht der <strong>Oman</strong> gewidmete Buddy Bär aus<br />

der Berliner Buddy Bär Aktion, bei der jedes<br />

Land „seinen“ Bären selbst gestalten konnte.<br />

„Die <strong>Kunst</strong>gesellschaft bietet nicht nur gute<br />

Ausstellungsmöglichkeiten für zeitgenössische<br />

Künstler, sondern fördert auch junge Talente“,<br />

so die sich unermüdlich für die Künstler <strong>und</strong><br />

ihre <strong>Kunst</strong> einsetzende Maryam Al Zadjali.<br />

Die <strong>Kunst</strong>gesellschaft wird von den anderen<br />

Galerien nicht als Konkurrenz empf<strong>und</strong>en, wie<br />

Susan Al-Said bestätigt: „Besucher <strong>und</strong> VIPs,<br />

z. B. Delegationen der Botschaften kommen<br />

zu uns, die <strong>Kunst</strong>gesellschaft ist Ausländern<br />

kaum bekannt. Ich werde regelmäßig zu den<br />

Veranstaltungen der <strong>Kunst</strong>gesellschaft eingeladen,<br />

treffe dort Künstler <strong>und</strong> vor allem Nachwuchstalente.<br />

In dieser Hinsicht ist die <strong>Kunst</strong>gesellschaft<br />

eine gute Quelle. Auch an der<br />

<strong>Kunst</strong>fakultät der Universität gibt es viel versprechende<br />

Talente“.<br />

Bait Al Baranda<br />

Malik Al Hinai, der Direktor dieses Museums,<br />

freut sich über die günstige Lage seines Hauses<br />

an der Muttrah Corniche <strong>und</strong> die aus diesem<br />

Gr<strong>und</strong> zahlreichen Besucher, die vor allem von<br />

den Kreuzfahrtschiffen, die <strong>im</strong> Hafen von<br />

Muttrah anlegen, kommen. Er ist bestens über<br />

alle kulturellen Ereignisse der Hauptstadt informiert<br />

<strong>und</strong> ein wandelndes Lexikon in Sachen<br />

<strong>Kultur</strong>erbe. Die ständige Ausstellung gibt<br />

einen guten Überblick über Geschichte <strong>und</strong><br />

<strong>Kultur</strong> <strong>Oman</strong>s <strong>und</strong> man lernt, dass <strong>Oman</strong> der<br />

Mittelpunkt der Welt ist … Für Fre<strong>und</strong>e der<br />

Ethnologie sei die entsprechende Abteilung<br />

empfohlen, hier sind traditionelle Kleidung,<br />

Musikinstrumente <strong>und</strong> Gebrauchsgegenstände<br />

zu finden <strong>und</strong> mehrere Videos erklären den<br />

Sinn der einhe<strong>im</strong>ischen Musik <strong>und</strong> Tänze in<br />

den verschiedenen Provinzen – eine gute Vorbereitung<br />

für entsprechende Vorführungen,<br />

sollte man einmal das Glück haben, bei einer<br />

traditionellen Hochzeit dabei sein zu dürfen<br />

oder als Einst<strong>im</strong>mung zu den Festivals. Ein<br />

Raum ist dem Werdegang von Muscat in historischen<br />

Fotos gewidmet, ein weiterer Raum<br />

steht für temporäre Ausstellungen zur Verfügung:<br />

Gemälde, Fotos, Skulpturen zeitgenössischer<br />

Künstler werden hier wirkungsvoll in<br />

Szene gesetzt. Auch das Gebäude selbst ist wegen<br />

seiner Architektur innen <strong>und</strong> außen sehenswert<br />

– vom Dach hat man einen guten Blick<br />

über Muttrah.<br />

Gemalte Rahmen<br />

Zu den Künstlern, die regelmäßig <strong>im</strong> Bait<br />

Muzna ausstellen, gehört die Malerin Tahira<br />

Fida Hussain Al-Lawati, geboren <strong>und</strong> aufgewachsen<br />

in Muttrah. Der Betrachter bestaunt<br />

Kombinationen aus Reliefs <strong>und</strong> Malerei <strong>und</strong><br />

der Bilderrahmen ist gemalter Bestandteil ihrer<br />

Werke voller Symbolik. Neben Hieroglyphen<br />

verwendet sie Buchstaben aus dem Aramäischen<br />

<strong>und</strong> Arabischen, um so einzigartige<br />

<strong>Kunst</strong> zu kreieren in ganz eigenem Stil. Buchstaben<br />

<strong>und</strong> Worte sollen die Symbole unterstützen,<br />

denn jedes Bild will dem Betrachter<br />

eine Geschichte erzählen. Die Anfänge der<br />

Kommunikation der Menschen in aller Welt<br />

fasziniert sie <strong>und</strong> so versucht sie einen ästhetischen<br />

Weg der Interaktion zu schaffen. Die<br />

neuesten Bilder sind von arabischer Poesie oder<br />

kulturellen <strong>und</strong> ethnischen Geschichten geprägt.<br />

Es ist ein Erlebnis, der ausgebildeten<br />

Englischlehrerin, die am Majan College in<br />

Muscat unterrichtet, bei der Erklärung ihrer<br />

Werke zuzuhören: die Staunen erregende Ein-


führung in Landesk<strong>und</strong>e, Geschichte, Sitten<br />

<strong>und</strong> Gebräuche vor allem <strong>im</strong> Stadtteil Muttrah,<br />

dem lebendigsten <strong>und</strong> wegen des Souks <strong>und</strong><br />

der Corniche für viele Besucher nach dem alten<br />

Teil von Muscat attraktivsten Stadtteil, der<br />

auf den zweiten Blick viele Gehe<strong>im</strong>nisse birgt.<br />

Ihre Werke sind regelmäßig in den privaten<br />

<strong>Kunst</strong>galerien der Hauptstadt, bei Sonderausstellungen<br />

<strong>im</strong> Art Performing Center (hinter<br />

der Zawawi Moschee <strong>im</strong> Stadtteil Al Kwair)<br />

<strong>und</strong> auf den jährlichen Ausstellungen der<br />

<strong>Kunst</strong>gesellschaft ausgestellt. Dort hat sie z. B.<br />

mit ihrem Werk „Großmutters Geschichten“<br />

<strong>im</strong> Dezember 2008 einen Preis gewonnen. Das<br />

Bild erzählt die Geschichte einer Frau in<br />

Muttrah, die einen Mann liebt <strong>und</strong> ihn heiraten<br />

will. Sie steht am Fenster, kämmt ihr Haar<br />

<strong>und</strong> träumt von einer gemeinsamen Zukunft.<br />

Bei einer Ausstellung <strong>im</strong> Februar 2009 mit Bildern<br />

der berühmtesten zeitgenössischen arabischen<br />

Künstler <strong>im</strong> Bait Al Fransa, dem ehemaligen<br />

französischen Konsulat (heute Museum),<br />

deren Exponate Leihgaben des namhaften Institut<br />

du Monde in Paris waren, war sie vertreten.<br />

Wer <strong>im</strong> Shangri-La Hotel etwas außerhalb<br />

von Muscat wohnt, kann ein 7 m langes <strong>und</strong><br />

fast ein Meter hohes Werk der Künstlerin, das<br />

aus 5 Teilen zusammengesetzt ist, bestaunen.<br />

Auch international hat sie sich einen Namen<br />

gemacht durch Ausstellungen in Ägypten,<br />

Marokko, Libanon, Kuwait, Bahrain, Saudi-<br />

Arabien, Qatar, Indien, USA <strong>und</strong> Spanien.<br />

Ihr Ehemann ist der Bruder von Nadira<br />

Mahmoud Al-Lawati, eine der bekanntesten<br />

Künstlerinnen <strong>Oman</strong>s. Beide Frauen verstehen<br />

sich sehr gut, denn die <strong>Kunst</strong> verbindet sie.<br />

Während Nadira durch ihren eher westlichen<br />

Lebensstil (sie trug nie die traditionelle Abaya,<br />

ist mit einem britischen Anwalt verheiratet <strong>und</strong><br />

verbringt seit 2008 die meiste Zeit in <strong>Dubai</strong>)<br />

als „schwarzes Schaf“ des konservativen Schiiten-Stamms<br />

der Al-Lawati gilt, hat Tahira Fida<br />

keine Probleme, sich mit den strengen Regeln<br />

der Schiiten abzufinden – <strong>im</strong> Gegenteil: sie<br />

interessiert sich für die reiche Geschichte des<br />

Stammes <strong>und</strong> ihrer Fremden gegenüber verschlossen<br />

erscheinenden Familien. Die Lawatis<br />

bewohnen in Muscat ein Viertel des für Fremde<br />

nicht zugänglichen Stadtteils Muttrah <strong>und</strong><br />

spielen in Politik <strong>und</strong> Wirtschaft <strong>Oman</strong>s eine<br />

wichtige Rolle. So ist z. B. der Handels- <strong>und</strong><br />

Industrieminister Maqbool Al-Lawati ein Mitglied<br />

dieser einflussreichen Familie mit einer<br />

großen Schwäche für <strong>Kunst</strong>.<br />

„Meine Werke sehen aus wie Keramiken, aber<br />

ich brenne sie nicht <strong>im</strong> Ofen, sondern lasse die<br />

fertigen Arbeiten in der Sonne trocknen. Jedes<br />

Bild hat eine Geschichte <strong>und</strong> ist voller Symbolik.<br />

Das Werk ‚Leben <strong>im</strong> Zeichen des Mihrab<br />

(= nach Mekka gerichtete Gebetsnische, über<br />

die jede Moschee verfügt)’ hat Maqbool Al-<br />

Lawati sehr gut gefallen. Es war <strong>im</strong> Museum<br />

Bait Al Zubair ausgestellt <strong>und</strong> als er sich dort<br />

für das in grün (die Farbe des Islam) <strong>und</strong> gold<br />

gehaltene Werk interessierte, habe ich ihm dazu<br />

folgendes erzählt: Mit diesem Motiv will ich<br />

den Einfluss der Religion auf das gesellschaftliche<br />

Leben darstellen. Wenn wir uns verabreden,<br />

sagen wir z. B.: wir treffen uns nach dem<br />

Gebet, oder wir treffen uns in der Moschee.<br />

Im Stadtteil Muttrah ist die Moschee das erste,<br />

was man wahrn<strong>im</strong>mt, sie ist der berühmteste<br />

Ort <strong>und</strong> das größte Gebäude. Diese Moschee<br />

wurde neu errichtet an der Stelle der früheren<br />

Moschee <strong>und</strong> die Farben grün, gold <strong>und</strong> blau<br />

der Kuppel sind weithin sichtbar“. Das Werk<br />

befindet sich seitdem in der Privatsammlung<br />

des Ministers. „Von den 15 Bildern meiner<br />

Ausstellung 2007 <strong>im</strong> Bait Al Muzna habe ich<br />

13 verkauft. Das Hauptthema war ‚Häuser <strong>und</strong><br />

Fenster in Muttrah’ mit den dominierenden<br />

Farben weiß <strong>und</strong> türkis“.<br />

Zu ihren Lieblingsmotiven gehören Fenster. „Es<br />

sind die Fenster der Häuser an der Corniche<br />

mit ihren türkisen Fensterrahmen. Warum die<br />

Farbe türkis? Weil viele Leute – entsprechend<br />

dem Rat des Propheten Mohammed, be<strong>im</strong><br />

Moscheebesuch einen Ring zu tragen - Ringe<br />

mit Türkis-Steinen auswählen“. Ein anderes<br />

Werk, in dem man ein Haus mit einem<br />

orangefarbenen Punkt <strong>im</strong> Giebel erkennt, hat<br />

folgende Bedeutung: „Noch in den 70-er Jahren,<br />

bevor die Straße an der Corniche gebaut<br />

wurde, kam das Meerwasser bei Sturm, Regen<br />

<strong>und</strong> hohem Wellengang bis in die Häuser von<br />

Muttrah. War es abgeflossen, blieben Schlamm<br />

<strong>und</strong> Muscheln in den Häusern zurück. Das Bild<br />

zeigt die Muscheln als Symbol für viele Geschichten.<br />

Die Häuser waren in quadratischer<br />

Form <strong>im</strong> Umkreis der Moschee gebaut, der<br />

orangene Punkt bedeutet die Macht der Menschen“.<br />

Die quadratische Form hat es ihr angetan.<br />

Die meisten Gemälde messen 1 m <strong>im</strong><br />

Quadrat, inklusive des Rahmens, der 15 cm<br />

breit ist <strong>und</strong> von ihr gemalt wird. Purpur, grün<br />

<strong>und</strong> blau sind die Lieblingsfarben.<br />

Auf die Frage nach Plänen für die nahe Zukunft<br />

antwortet sie: „Für Ende 2009 bereite<br />

ich meine erste Solo-Ausstellung vor. Es geht<br />

um das Thema „Liebe in der <strong>Kunst</strong>“. Ich will<br />

Tahira Fida Hussain Al-Lawati<br />

<strong>und</strong> zwei ihrer Werke<br />

DUBAI M<strong>AG</strong>AZIN 33


■ <strong>Sultanat</strong> <strong>Oman</strong><br />

34 DUBAI M<strong>AG</strong>AZIN<br />

Faszinierende<br />

Architektur an<br />

der Corniche<br />

von Muttrah<br />

Literatur, Geschichten <strong>und</strong> Novellen bekannter<br />

arabischer Dichter <strong>und</strong> Schriftsteller bildlich<br />

verarbeiten, wie z. B. Werke des syrischen Dichters<br />

Nizar Qabani, der 1997 starb, von Dr.<br />

Saida Khater, berühmte omanische Dichterin,<br />

die gerade einen internationalen Preis in Kairo<br />

gewann, Reem Al Lawati, die mit ihren 27 Jahren<br />

die neue Generation von Dichterinnen verkörpert<br />

<strong>und</strong> durch ihre Liebesgedichte bekannt<br />

ist. Ihre Großmutter war übrigens die beste<br />

Fre<strong>und</strong>in meiner Mutter <strong>und</strong> sie bewohnten<br />

das Nachbarhaus. Ideen für diese Ausstellung<br />

halte ich seit 20 Jahren in meinem Skizzenbuch<br />

fest. Ich habe 100 Bilder skizziert, 20 Bilder<br />

werde ich für die Ausstellung anfertigen. Die<br />

Bilder werden wie Fenster erscheinen, in denen<br />

sich Frauen-Figuren zeigen mit traditionellen<br />

Objekten <strong>und</strong> islamischen Ornamenten.<br />

Die Farben für diese Bilder stelle ich selbst her,<br />

ich möchte, dass sie transparent wirken“.<br />

Das Gehe<strong>im</strong>nis von Muttrah<br />

An der gut ausgebauten Corniche von Muttrah<br />

drängeln sich Einhe<strong>im</strong>ische, Gastarbeiter, Jogger<br />

<strong>und</strong> Besucher, die in den Souk streben. Nur<br />

die wenigsten wissen, welches Gehe<strong>im</strong>nis dieser<br />

Stadtteil von Muscat birgt. Die alten Handelshäuser<br />

<strong>im</strong> traditionellen Baustil, die vor<br />

einigen Jahren renoviert wurden, sind Malmotive<br />

für die lokalen Künstler <strong>und</strong> w<strong>und</strong>erschöne<br />

Fotomotive für Besucher. Diese Häuser<br />

grenzen an die große Moschee. Die traditionelle<br />

Architektur der Häuser <strong>und</strong> die Tatsache,<br />

dass man sie nur von der Vorderfront sehen<br />

kann, mag manchen ausländischen Fotografen<br />

ahnen lassen, dass es damit etwas Besonderes<br />

auf sich hat, zumal der Versuch, das<br />

seit einem Jahr durch eine weiße Wand verdeckte<br />

Tor zum Innern des Wohnviertels zu<br />

durchschreiten, an einem fre<strong>und</strong>lichen aber<br />

rigorosen Wächter scheitert. Für Nicht-Schiiten<br />

ist das Betreten dieses Stadtviertels verboten:<br />

ein Gesamtkunstwerk traditioneller Architektur<br />

mit morbidem Charme <strong>und</strong> langer Geschichte.<br />

Man sieht nur an zwei Tagen <strong>im</strong> Jahr,<br />

dass die alten Handelshäuser tatsächlich bewohnt<br />

sind, wenn die Balkone für komplett<br />

verschleierte Frauen in schwarzer Abaya begehrter<br />

Aussichtspunkt auf die Zeremonie der Feierlichkeiten<br />

zu den beiden höchsten Feiertagen<br />

der Schiiten darstellen. An diesen beiden<br />

Tagen, dem Todestag von Hussein, einem Enkel<br />

von Prophet Mohammed, der <strong>im</strong> Zentrum<br />

des Glaubens der Schiiten steht, <strong>und</strong> vierzig<br />

Tage später wird „Arbaeen“ in allen Gassen <strong>und</strong><br />

auf allen Plätzen des Wohnviertels mit jeweils<br />

gleichen Ritualen gefeiert. Nur am späten<br />

Nachmittag beider Tage erfolgt das Ritual für<br />

etwa eine St<strong>und</strong>e vor den Handelhäusern: Jungen<br />

<strong>und</strong> Männer jeden Alters bringen ergreifend<br />

<strong>und</strong> unhe<strong>im</strong>lich klingende Gesänge zu<br />

Gehör, bewegen sich in vorgeschriebenen<br />

Schrittfolgen <strong>und</strong> schlagen sich mit der rechten<br />

Hand auf Brust <strong>und</strong> Rücken. Spitze Gegenstände<br />

oder Ketten, mit denen sich die<br />

Gläubigen selbst blutig schlagen, wie das z. B.<br />

von den Schiiten in Irak praktiziert wird, sind<br />

auf Anordnung von Sultan Qaboos in <strong>Oman</strong><br />

verboten. Im Anschluss an diese Demonstration<br />

ist die große Moschee das Ziel, zu der nur<br />

Schiiten Zutritt haben.<br />

Wer könnte dem Angebot von Tahira Fida<br />

Hussain Al-Lawati widerstehen, das „verbotene<br />

Viertel“ des schiitischen Stammes der Al<br />

Lawati zu besuchen? „Wer ist das?“ fragt der<br />

Wächter am Tor des Haupteingangs an der<br />

Corniche. „Eine Fre<strong>und</strong>in, sie begleitet mich“<br />

– ist Tahiras Antwort, die den Wächter zufrieden<br />

stellt. „Es gibt noch einen kleineren,<br />

ebenfalls bewachten Eingang von der Landseite,<br />

beide Tore wurden früher nachts verschlossen.<br />

Nur in Begleitung eines Angehörigen der<br />

Lawatis ist es Fremden erlaubt, diesen Stadtteil<br />

von Muttrah zu betreten“, erklärt Tahira. Der<br />

Besuch erfolgt einen Tag nach dem höchsten<br />

Feiertag der Schiiten, deshalb sind noch Reste<br />

der Feierlichkeiten zu sehen: Auf langen Tischen<br />

stehen Dekorationsobjekte, breite Banner<br />

mit Koranversen schmücken Moschee,<br />

Wohnhäuser, Gassen <strong>und</strong> Plätze. Hohe Masten<br />

sind mit bunten Bändern geschmückt, die<br />

<strong>im</strong> Wind flattern. „Jedes dieser Bänder steht<br />

für einen Wunsch der Einwohner“, so Tahira.<br />

Während einige der mehrere h<strong>und</strong>ert Jahre alten<br />

Wohnhäuser abgerissen <strong>und</strong> neu errichtet<br />

wurden, gibt es noch viele Häuser, die in ihrem<br />

ursprünglichen Zustand sind – mache vom<br />

Zerfall bedroht, andere renoviert <strong>und</strong> mit schönen<br />

Treppenaufgängen, handgeschnitzten<br />

Holztüren <strong>und</strong> Holzbalkonen. Die winkligen<br />

Gassen sind am frühen Nachmittag, während<br />

die meisten Einwohner schlafen, wie ausgestorben<br />

auf dem Weg zu Tahiras Geburtshaus, einem<br />

winzigen Gebäude, das unbewohnt ist.<br />

„Ich hatte hier eine glückliche Kindheit, obwohl<br />

das Leben nicht leicht war. Bei Sturm kam<br />

das Wasser bis in unser Haus <strong>und</strong> meine Großmutter<br />

kümmerte sich um die Beseitigung von<br />

Sand, Schlamm <strong>und</strong> Muscheln. Ich erinnere<br />

mich daran, dass ich am ersten Feiertag, den<br />

ich bewusst erlebte, große Angst vor einem<br />

Araber-Sch<strong>im</strong>mel hatte, der plötzlich, ge-


schmückt mit Blumen <strong>und</strong> Kalligrafiebändern,<br />

aber ohne Reiter, in der Gasse vor unserem<br />

Haus auftauchte. Ich war damals 4 oder 5 Jahre<br />

alt. In den darauf folgenden Jahren habe ich<br />

mich dann um die Kinder in der Nachbarschaft<br />

gekümmert, wenn diese Angst hatten. Ein<br />

solchermaßen geschmückter Sch<strong>im</strong>mel war<br />

auch gestern hier. Er ist Symbol für den Tod<br />

von Hussein, denn als sein Pferd ohne Reiter<br />

auftauchte, wussten seine Anhänger, dass er tot<br />

war“.<br />

Be<strong>im</strong> Gang durch ein arabisches W<strong>und</strong>erland<br />

traditioneller Architektur <strong>und</strong> verwunschener<br />

Gassen erzählt Tahira vom Ursprung der<br />

Lawatis. „Es gibt darüber verschiedene Versionen.<br />

Mir scheint am glaubwürdigsten die Meinung<br />

eines Lawati namens Khabouri. Er hat<br />

ein Buch in arabischer Sprache über den Ursprung<br />

der Lawatis verfasst, worin er von<br />

Sheikh Usama Al Lawati schreibt, der vor über<br />

600 Jahren in Muttrah geboren wurde, hier<br />

lebte <strong>und</strong> viele Anhänger um sich scharte. Er<br />

brachte viele Menschen von der gesamten Arabischen<br />

Halbinsel dazu, nach Muttrah zu kommen,<br />

um von hier aus Handel mit Indien <strong>und</strong><br />

Pakistan zu treiben. Die Händler ließen dazu<br />

große Dhaus bauen, sie legten den heute noch<br />

existierenden Souk an, dessen Gassen regelmäßig<br />

überschwemmt wurden. Mit Tüchern gegen<br />

die Sonne „überdachte“ Sandwege waren<br />

mit kleinen Ständen, auf denen jedoch das ganze<br />

Warenangebot des Orients lag, gesäumt. Sie<br />

bauten das daran angrenzende Wohnviertel<br />

„Soor Al Lawatia“ mit etwa 200 Häusern, in<br />

dem wir uns befinden. Manche Händler blieben<br />

mit ihren Familien in Indien, für einige<br />

Forscher Gr<strong>und</strong> zur Annahme, dass der Ursprung<br />

der Al-Lawatis in Indien sei, aber die<br />

Ansiedlung in Indien kam später. Ursprung der<br />

Al Lawatis ist Muttrah. Die meisten Häuser der<br />

Lawatis in Muttrah sind noch bewohnt, aber<br />

natürlich zieht es viele in modernere Stadtteile.<br />

Es gibt etwa 30.000 Mitglieder der Lawati-<br />

Familie. Einige wohnen auch in anderen GCC<br />

Staaten - vor allem in <strong>Dubai</strong> - <strong>und</strong> <strong>im</strong> Jemen.<br />

Prominente Lawatis sind übrigens neben dem<br />

Minister für Handel <strong>und</strong> Industrie die<br />

Tourismusministerin <strong>und</strong> die omanische<br />

Botschafterin in den Niederlanden sowie der<br />

omanische Botschafter in Pakistan“.<br />

Nach kulturellen Eigenheiten der Lawatis gefragt<br />

meint Tahira: „Die Lawatis haben ihre<br />

eigene <strong>Kultur</strong>, wozu auch eine eigene Sprache<br />

<strong>und</strong> eine eigene Schrift gehören. Die Sprache<br />

hat Ähnlichkeit mit Sindhi, einer Sprache der<br />

Gegend um Sind in Indien. Man sagt, die Sprache<br />

habe sich aus den Handelsbeziehungen<br />

zwischen Lawati <strong>und</strong> indischen Händlern entwickelt.<br />

Nur die alten Leute kennen noch die<br />

entsprechende Schrift für diese Sprache. Ich<br />

habe sie gelernt, wobei mir die Bücher meines<br />

Vaters <strong>und</strong> der Kontakt zu einem Fre<strong>und</strong> meines<br />

Vaters, der aber vor vier Jahren starb, geholfen<br />

haben. Ich verwende einzelne Schriftzeichen<br />

in meinen Gemälden. Heute ist die<br />

Sprache der Lawatis noch Umgangsprache, die<br />

jungen Leute sprechen aber zunehmend lieber<br />

Arabisch oder einen Mix aus beiden Sprachen“.<br />

Circle – unkonventionelle<br />

Präsentationen<br />

Die Gruppe der Circle-Künstler kann sich als<br />

Avantgardekünstler bezeichnen. Circle wird<br />

stetig von neuen Ideen gespeist <strong>und</strong> dafür sind<br />

die omanischen Künstler Hassan Meer <strong>und</strong><br />

Anwar Sonya, der als der Vater der modernen<br />

<strong>Kunst</strong> in <strong>Oman</strong> gilt, zuständig. Beide haben<br />

das Circle-Konzept <strong>im</strong> Jahr 2000 erf<strong>und</strong>en. Die<br />

vierte <strong>und</strong> bislang letzte Edition ihrer in mehrjährigen<br />

Abständen stattfindenden Ausstellungsreihe<br />

fand 2007 statt, als sie Besucher<br />

<strong>und</strong> Einwohner von Muscat erstmals mit<br />

<strong>Kunst</strong>-Installationen überraschten. Nicht nur<br />

in der Bait Muzna Galerie <strong>und</strong> <strong>im</strong> Museum<br />

Bait Al Baranda, sondern auch an der Corniche<br />

in Muttrah, <strong>im</strong> Muttrah Souk <strong>und</strong> <strong>im</strong> Stadtteil<br />

Al Khuwair wurde <strong>Kunst</strong> so installiert, dass sie<br />

die Sehgewohnheiten in gewohnter Umgebung<br />

veränderte. An dieser Aktion nahmen 26<br />

Künstler teil, die Hälfte aus <strong>Oman</strong>, die andere<br />

Hälfte aus Staaten am Arabischen Golf, Pakistan,<br />

Südafrika, Libanon, Österreich <strong>und</strong><br />

Deutschland – ein Anzeichen dafür, wie auch<br />

ausländische Künstler in zunehmendem Maße<br />

von der <strong>Kunst</strong>szene in Muscat angezogen werden.<br />

Als Themen für die Installationen hatte<br />

man sich Beobachtungen aus dem täglichen<br />

Leben ausgedacht, die zum Nachdenken anregen<br />

sollten, wie die folgenden drei Beispiele<br />

omanischer Künstler, die alle internationale<br />

Erfahrung haben, zeigen:<br />

Wohl jedem Besucher der omanischen Hauptstadt<br />

fällt die Sauberkeit in der Stadt auf. Man<br />

kann die vielen indischen <strong>und</strong> pakistanischen<br />

Straßenkehrer mit ihren Besen beobachten.<br />

Budoor Al Ryami hatte sich dazu die Installation<br />

„Besen in Käfigen“ ausgedacht. Besen in<br />

Glasvitrinen standen vor dem Hintergr<strong>und</strong> einer<br />

Reihe von Fotos, die aus der Vogelperspektive<br />

die Besen <strong>und</strong> die Tätigkeit des Fegens zei-<br />

Anwar Sonya gilt als Vater der<br />

modernen <strong>Kunst</strong> (Mitte) in <strong>Oman</strong><br />

Konzeptkünstler<br />

Hassan<br />

Meer<br />

DUBAI M<strong>AG</strong>AZIN 35


■ <strong>Sultanat</strong> <strong>Oman</strong><br />

Das Khareef Festival in Salalah<br />

Das Muscat Festival bietet viel<br />

Folklore <strong>und</strong> Tradition<br />

36 DUBAI M<strong>AG</strong>AZIN<br />

gen. Die Gesichter der Arbeiter bleiben unbekannt,<br />

Symbol für ihre Lage <strong>im</strong> wirklichen<br />

Leben, in dem sie quasi anonym, eine niemandes<br />

Interesse erregende, scheinbar gänzlich<br />

unwichtige Tätigkeit ausüben.<br />

Der auch in Deutschland bekannte omanische<br />

Konzeptkünstler Hassan Meer öffnete sein Atelier<br />

in Al Khuwair dem allgemeinen Publikum.<br />

Noch bei der fünften Biennale <strong>im</strong> Jahr 2001<br />

in Sharjah war er mit konventionellen Gemälden<br />

vertreten, entdeckte dann jedoch seine<br />

Vorliebe für Videos, in denen er sich mit vielfachen<br />

Themen wie Entfremdung, Ambiguität,<br />

Identität, Tod <strong>und</strong> Spiritualität auseinandersetzte.<br />

Inzwischen hat Hassan Meer für sich<br />

die Malerei wieder neu entdeckt. Auf der<br />

ArtParis-Abu Dhabi waren auf dem Stand der<br />

Galerie Bait Al Muzna Gemälde von ihm zu<br />

erwerben <strong>und</strong> auch in der Ausstellung zeitgenössischer<br />

Arabischer Künstler <strong>im</strong> Bait Al<br />

Fransa war er mit einem Gemälde vertreten,<br />

das <strong>im</strong> Besitz des Institut du Monde in Paris<br />

ist.<br />

Anwar Sonya, der zu den viel gefragten<br />

omanischen Künstlerpionieren gehört, <strong>und</strong> den<br />

viele Nachwuchskünstler bei allen sich bietenden<br />

Gelegenheiten um Rat fragen, hatte den<br />

Muttrah Souk als Ort für seine Installation<br />

„Reflektion“ ausgewählt. Die Besucher des<br />

Souks konnten sich <strong>und</strong> das Geschehen um sie<br />

herum in einem überd<strong>im</strong>ensionalen Spiegel<br />

sehen. Das alles wurde von der Kamera des<br />

Künstlers gefilmt: der ständige Wandel an einem<br />

Ort, der seit Jahrh<strong>und</strong>erten besteht. Auch<br />

Anwar Sonya gehört zu den vielseitigen Künstlern,<br />

die mit Gemälden auf Ausstellungen in<br />

der Bait Muzna Galerie <strong>und</strong> weltweit vertreten<br />

sind.<br />

Im Laufe der Jahre haben sich die Circle Projekte<br />

weiter entwickelt <strong>und</strong> kommen ihrem<br />

Ziel, eine neue Sprache der <strong>Kunst</strong> in unserer<br />

globalisierten Welt zu schaffen, <strong>im</strong>mer näher.<br />

Man darf gespannt sein auf die nächste Präsentation<br />

2010 in Muscat.<br />

Festivals<br />

Im <strong>Sultanat</strong> <strong>Oman</strong> werden zwei Kukturfestivals<br />

pro Jahr durchgeführt, die jeweils 3-4 Wochen<br />

dauern.<br />

Khareef Festival in Salalah<br />

Im Juli/August wird das Khareef-Festival in<br />

Salalah gefeiert – benannt nach dem Monsun,<br />

der die südliche Provinz Dhofar dann, durch<br />

den damit einhergehenden Regen, in ein grünes<br />

Paradies verwandelt – besonders geschätzt<br />

von Besuchern aus den Golfstaaten, die der<br />

he<strong>im</strong>atlichen Hitze entfliehen, um hier<br />

Nieselregen <strong>und</strong> Nebelschwaden bei angenehmen<br />

25 Grad <strong>und</strong> eine durch die Feuchtigkeit<br />

grüne Natur erleben. Musik, Tanz <strong>und</strong> Dichterlesungen<br />

stehen auf dem Programm bei vielen<br />

Open Air Veranstaltungen. Die Folkloregruppen,<br />

zu denen auch viele Frauen gehören,<br />

haben Hochkonjunktur.<br />

Muscat Festival<br />

Da sonnenhungrige westliche Besucher von<br />

Regenwetter weniger angezogen werden, ist das<br />

jährlich in der Hauptstadt Muscat <strong>im</strong> Januar/<br />

Februar stattfindende Muscat Festival schon<br />

attraktiver, zumal in dieser Jahreszeit die besten<br />

Temperaturen herrschen. Das von der<br />

Muscat Municipality organisierte Festival hat<br />

sich inzwischen zu einem <strong>Kultur</strong>-, Shopping<strong>und</strong><br />

Unterhaltungsereignis entwickelt, das<br />

2009 nicht nur viele Einhe<strong>im</strong>ische, sondern<br />

auch Besucher aus den benachbarten Golfstaaten<br />

angezogen hat. Vier Wochen lang<br />

strömten 2 Millionen (!) Besucher aller Altersgruppen<br />

in die Naseem Gärten, den Qurum<br />

National Park <strong>und</strong> zum Seeb Beach.<br />

Für europäische Besucher, die sich für authentische<br />

omanische Folklore interessieren, ist der<br />

Besuch des omanischen Dorfs <strong>im</strong> Qurum National<br />

Park besonders interessant. Dort kann<br />

man eine große Dhau bestaunen, Dichter tragen<br />

Gedichte vor, eine Hochzeit wird nachgestellt,<br />

sämtliche traditionellen <strong>Kunst</strong>handwerke<br />

werden von Männern <strong>und</strong> Frauen vor Ort<br />

praktiziert, Beduinenfrauen kochen traditionelle<br />

Speisen <strong>und</strong> in einem riesigen Kupfergefäß<br />

entsteht Halwa, die nationale Süßspeise. Natürlich<br />

kann alles frisch probiert werden. Tänzer<br />

<strong>und</strong> Sänger unterhalten die Gäste <strong>und</strong> die<br />

Musiker geben ihr Bestes: mit Laute (oud), Flöte<br />

(mizmar), einer Art Oboe (sirnai) <strong>und</strong> einer<br />

Vielzahl von Trommeln. Auch das Leben auf<br />

dem Land wird demonstriert, wenn mühsam<br />

aus einem Brunnen Wasser geholt wird, wobei<br />

Mensch <strong>und</strong> Tier harte Arbeit leisten. Besonders<br />

beliebt sind die abendlichen Shows, zu<br />

denen beliebte Künstler aus den Nachbarstaaten<br />

eingeladen werden. Diese Shows zum<br />

Muscat Festival werden sogar <strong>im</strong> omanischen<br />

Fernsehen übertragen. In einem gesonderten<br />

Pavillon kann man <strong>Kunst</strong>handwerk aus aller<br />

Welt erstehen – zu erstaunlich moderaten Preisen<br />

in bester Qualität. ■

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