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NaturGartenKunstErlebnis: 50 Jahre Merian Gärten in Brüglingen NaturGartenKunstErlebnis: 50 Jahre Merian Gärten in Brüglingen

christophmerianstiftung
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1857–2007 1857–2007 1857 PRESTIGEOBJEKT ORANGERIE Gärtner Zipfel betreut im Dienst von Stiftungsgründer Christoph Merian die Orangerie in Unter Brüglingen und führt akribisch Buch: 672 Pflanzenarten sind im noch erhaltenen Inventar aufgeführt. Orangerien mit nichteinheimischen Pflanzen sind seit dem 16. Jahrhundert Prestigeobjekte der adligen und bürgerlichen Oberschicht. Heute können die Räumlichkeiten für Seminare gemietet werden. 1857 ABSCHIEDSGESCHENK AN MARGARETHA Der vermutlich an Leberkrebs erkrankte Christoph Merian erteilt 1857 dem Architekten Johann Jakob Stehlin (1826–1894) den Auftrag für die Renovation der Villa im Stil des Second Empire – mit ‹orientalischer› Ornamentik an der Aussenfassade, wie sie damals für Sommerhäuser modern war und bis heute erhalten blieb. Eine Art Abschiedsgeschenk an seine «innigst geliebte Ehegattin», wie er sie in seinem Testament mehrfach bezeichnet. 1858 DIE GRÜNDERIN DER MERIAN GÄRTEN 1858 stirbt Stiftungsgründer Christoph Merian. Seine Witwe Margaretha (1806–1886), eine streng religiöse Frau, überlebt ihren Mann um fast dreissig Jahre, verwaltet den gemeinsamen Besitz und tätigt Schenkungen an zahlreiche soziale, konservativ ausgerichtete religiöse Institutionen. Sie verfügt, dass das Gut samt Villa als Andenken an ihren Mann erhalten werden solle. Ihr ist der Erhalt des englischen Gartens – heute Herzstück der Merian Gärten – zu verdanken. 19. Jahrhundert DIE BAHN ZERSCHNEIDET DAS STAMMLAND Schweizer Eisenbahnprojekte des 19. Jahrhunderts haben die Merians schon zu Lebzeiten zu zahlreichen Landabtretungen an die damalige Centralbahn verpflichtet. Die Jurabahn nach Delémont bildet ab 1875 die heutige Grenze der Merian Gärten nach Westen — im Osten verläuft die Grenze entlang der St. Jakob-Sportanlagen, die vor dem Zweiten Weltkrieg auf dem Stammland der Merians angelegt werden. 1886 DIE STIFTUNG TRITT IN KRAFT Margaretha Merian-Burckhardt stirbt 1886 und wird neben ihrem Mann in der Meriangruft in der von beiden gestifteten Elisabethen- kirche bestattet. Die Stiftung tritt in Kraft. 11 Millionen Franken in Form von Land und Vermögen gehen an die «liebe Vaterstadt» Basel. Die Erträge sollen zur «Linderung der Noth» und «zur Förderung des Wohles der Menschen» eingesetzt werden. Der Betrieb der Merian Gärten ist heute das grösste jährliche Engagement der Stiftung. 1962 ENGAGIERTE LOBBYISTEN Wegen des Neubaus der Unibibliothek scheint der Botanische Garten der Universität beim Spalentor Anfang der 1960er-Jahre gefährdet. 1962 gründen engagierte Gartenfreunde deshalb den Verein der Freunde eines neuen Botanischen Gartens und fordern Ersatz. Der Verein ist noch heute aktiv; er unterstützt die Gartenpflege mit Bei- trägen und bereichert das Angebot der Gärten mit eigenen Veran- staltungen. 1968 BLÜHENDE DIVIDENDE Der Botanische Garten beim Spalentor bleibt bestehen. Trotzdem wird ein zweiter angelegt. 1968 stellt die CMS dafür dreizehn Hektaren – ganz Vorder Brüglingen und die Villa Merian mit Landschaftsgarten – zur Verfügung. Die Gründung des Gartens trennt Merians Land. Eine Aktiengesellschaft übernimmt den Betrieb. Unter Brüglingen bleibt landwirtschaftlich genutzt. Erst 2012 werden der Brüglingerhof und der botanische Garten zu den Merian Gärten zusammengeführt. 1969 DIE IRIS-MUTTER 1969 vermacht die deutsche Gräfin Helen von Stein-Zeppelin (1905– 1995) ihre über den Zweiten Weltkrieg hinübergerettete Irissammlung dem Botanischen Garten Brüglingen. Die Merian Gärten gelangen so in den Besitz einer umfassenden Sammlung von 1 500 Sorten. Die europaweit grösste öffentliche Sammlung historischer Bartiris wird von Wissenschaftlerinnen und Blumenliebhabern gleichermassen geschätzt. 1972 DER IRIS-VATER 1972 beginnt die enge Zusammenarbeit mit dem Iris-Spezialisten Milan Blažek, dem langjährigen Direktor des Botanischen Gartens von Pruhonice in der Nähe von Prag. Zwischen Prag und Basel werden bis heute Pflanzen ausgetauscht. Auf Blažek geht auch die Struktur der Irissammlung in den Merian Gärten zurück, die heute mit ihren 1 500 Sorten Bartiris europaweit einzigartig ist. 1977 VON DER TERRASSENLANDSCHAFT ZUR SWISS MINIATURE Der Gartengestalter und Bildhauer Kurt Brägger prägt 1977 die Neugestaltung des nördlichen Teils von Vorder Brüglingen: Auf die nationale Gartenausstellung Grün 80 hin wird die bisher flache Terrassenlandschaft zu einer Hügellandschaft umgestaltet, um die Schweizer Topografie nachzubilden. 1978 ZURÜCK ZU DEN URSPRÜNGEN 1978 regt der renommierte Landschaftsarchitekt Dieter Kienast mit Mitfinanzierung des WWF im Hinblick auf die Grün 80 ein Trocken- biotop auf dem Hochplateau der heutigen Merian Gärten an. Auf dem Areal soll die ursprüngliche Birslandschaft mit naturnaher Vegetation rekonstruiert werden. Das Hochplateau besteht bis heute – mit einheimischen Trockenpflanzen. 1978 RHODODENDREN 1978 übergeben die Gärtner des Frankfurter Lederfabrikanten und Kunstmäzens Robert von Hirsch den Merian Gärten eine umfang- reiche Rhododendrensammlung aus dessen Villengarten in der Basler Engelgasse. Von Hirsch ist 1933 vor dem Naziregime nach Basel geflüchtet und hat die Rhododendren nach seinem Tod 1977 seinen Gärtnern vermacht. Mittlerweile wachsen 300 Pflanzen im Süden der Merian Gärten, im Rhododendrontal. 1980 GRÜN 80: RETOUR À LA NATURE Auf Initiative der Schweizer Gärtnermeister findet 1980 die zweite Schweizerische Ausstellung für Garten- und Landschaftsbau in Brüglingen statt. In einer Zeit, in der Umweltschutz zum grossen Thema wird, soll sie entfremdeten Städtern die Natur näherbringen. 3,6 Millionen Menschen besuchen die Grün 80. Relikte sind noch heute sichtbar: der Arzneipflanzengarten, der Wasserkanal zur Irissammlung oder etwa das Heckenlabyrinth. 1980 DIE QUEEN Am 1. Mai 1980 besucht Queen Elizabeth II. mit Prinzgemahl Philip die Grün 80. Mit Bundesrat Kurt Furgler und seiner Frau speist der illustre Tross in der Villa Merian (Spargeln und Gitzi) – und pflanzt danach vor der Villa eine Blutbuche. 80 000 Besucherinnen und Besucher winken dem hohen Gast begeistert zu. Die Queen, eine passionierte Gartenliebhaberin, soll «very amused» gewesen sein. 1984 DIE STADTGÄRTNEREI ZIEHT EIN 1984 bezieht die Stadtgärtnerei Basel die umgebauten Ökonomie- und Logistikgebäude sowie die neu errichteten Gewächshäuser in Unter Brüglingen und kultiviert dort Pflanzen, die nach der Aufzucht die Strassen und Rabatten der Stadt verschönern. 1984 KUNST UND NATUR 1984, vier Jahre nach der Skulpturenausstellung im Wenkenpark, er- öffnet der Basler Kunsthändler Ernst Beyeler (1921–2010) zusammen mit Reinhold Hohl und Marcel Schwander die zweite Ausstellung mit Skulpturen des 20. Jahrhunderts im ‹Merian Park›, wie er damals noch hiess. Markus Raetz’ ‹Kopf›, Enzo Cucchis an Schneckenfühler erinnernde Antennen und zahlreiche andere Kunstwerke sind noch heute in den Merian Gärten zu sehen. 1992 WIESE VON NATIONALER BEDEUTUNG Seit 1992 erhalten die Merian Gärten vom Kanton Basel-Landschaft finanzielle Beiträge für die sorgfältige Bewirtschaftung einer ihrer artenreichen Wiesen auf Münchensteiner Boden, auf dem Hochpla- teau. Wenig später wird die Wiese vom Bundesamt für Umwelt ins Inventar der Trockenwiesen und -weiden von nationaler Bedeutung (TWW) aufgenommen. Das 2,6 Hektar grosse ‹TWW-Objekt 124› steht seither unter Naturschutz. 1994 KLASSENZIMMER IM FREIEN Das Pächterehepaar Serge und Marie-Rose Morel bewirtschaftet den Brüglingerhof bis 2012. Dann wird der Hof in die Merian Gärten integriert. Auf ihre Initiative hin wird ab 1994 das Programm ‹Schule & Landwirtschaft› angeboten. Bis heute nehmen jedes Jahr dreissig Schulklassen am Programm teil. Die Christoph Merian Stiftung erreicht damit rund sechzig Prozent der dritten Primarschulklassen im Kanton Basel-Stadt. 1995 EINE TECHNISCHE SENSATION Seit 1995 ziehen die Merian Gärten ihre Jungpflanzen im neuen Folienhaus auf. Die dreilagige Hightech-Folie ist durchlässig für UV-Strahlen, schafft ideale Bedingungen für Jungpflanzen und ist erst noch selbstreinigend – damals eine Sensation. In den alten Gewächshäusern überwintern heute die Kübelpflanzen. Sie müssen im Herbst nicht mehr wie früher mühsam in den Keller des Pächterhauses und im Frühling wieder herausgeschleppt werden. 1999–2004 ZÖLLNER MIT HERZ 1999, 2002 und 2004 übergibt die Eidgenössische Zollverwaltung den Merian Gärten insgesamt 362 000 illegal importierte, geschützte Schneeglöckchen-Zwiebeln. Beschlagnahmte Pflanzen, die gemäss Artenschutzabkommen nur erschwert importiert werden dürfen. Sie zu vernichten bringen die Zöllner nicht übers Herz. Jetzt blühen die Pflänzchen im Winter verstreut in den Gärten – getrennt von der überwachten und dokumentierten Schneeglöckchensammlung. 2006 ROSEN FÜR ANNE FRANK Im Frühjahr 2006 kontaktiert der Basler Buddy Elias, ein Cousin des Holocaust-Opfers Anne Frank, die Merian Gärten. Und bittet sie, die letzten noch in Japan existierenden Exemplare der nach seiner Cousine benannten Rose aufzunehmen. Seither blüht die lachsfarbene Rose beim Bauerngarten und erinnert an das Mädchen, zu dessen Gedenken 1963 in Basel auch der Anne Frank Fonds gegründet wurde. 2006 ELEKTRISCH MOBIL Mit einem wendigen Elektromobil erreichen die Gärtnerinnen und Gärtner die abgelegensten Ecken. Mitfinanziert hat es Michaela Geiger, die ehemalige Präsidentin der Freunde des Botanischen Gartens. Der Naturliebhaberin liegen die Gärten sehr am Herzen. Nach ihrem Tod 2014 vermacht sie den Merian Gärten den Fonds Pamina. 2006 MASTERPLAN FÜR DEN NEUSTART Der Brüglingerhof mit seinen nur noch vier Hektaren Gemüseanbau kann nicht mehr kostendeckend bewirtschaftet werden. Zusammen mit der damaligen Merian Park AG nimmt die Christoph Merian Stiftung 2006 einen Masterplan für einen Neustart und eine Neu- positionierung des Merianschen Stammlands in Angriff. 2012 werden der Brüglingerhof und der Merian Park zu den Merian Gärten vereint. 2007 ZERSTÖRERISCHE FALTER 2007 taucht der Buchsbaumzünsler erstmals in der Region auf und befällt auch die Buchssträucher in Brüglingen. Eingeschleppt wurde der Falter, dessen Raupen ganze Bäume kahlfressen, vermutlich über Pflanzenimporte aus Ostasien. Die Gärtnerinnen und Gärtner müssen Sträucher vernichten und behandeln die gesunden heute aufwendig mit einer biologischen Bakterienmischung, die die Raupen tötet. 4 5

1857–2007 1857–2007<br />

1857<br />

PRESTIGEOBJEKT ORANGERIE<br />

Gärtner Zipfel betreut im Dienst von Stiftungsgründer Christoph<br />

Merian die Orangerie in Unter Brüglingen und führt akribisch Buch:<br />

672 Pflanzenarten sind im noch erhaltenen Inventar aufgeführt.<br />

Orangerien mit nichteinheimischen Pflanzen sind seit dem 16. Jahrhundert<br />

Prestigeobjekte der adligen und bürgerlichen Oberschicht.<br />

Heute können die Räumlichkeiten für Seminare gemietet werden.<br />

1857<br />

ABSCHIEDSGESCHENK AN MARGARETHA<br />

Der vermutlich an Leberkrebs erkrankte Christoph Merian erteilt<br />

1857 dem Architekten Johann Jakob Stehlin (1826–1894) den Auftrag<br />

für die Renovation der Villa im Stil des Second Empire – mit ‹orientalischer›<br />

Ornamentik an der Aussenfassade, wie sie damals für Sommerhäuser<br />

modern war und bis heute erhalten blieb. Eine Art Abschiedsgeschenk<br />

an seine «innigst geliebte Ehegattin», wie er sie in seinem<br />

Testament mehrfach bezeichnet.<br />

1858<br />

DIE GRÜNDERIN DER MERIAN GÄRTEN<br />

1858 stirbt Stiftungsgründer Christoph Merian. Seine Witwe Margaretha<br />

(1806–1886), eine streng religiöse Frau, überlebt ihren Mann um<br />

fast dreissig Jahre, verwaltet den gemeinsamen Besitz und tätigt<br />

Schenkungen an zahlreiche soziale, konservativ ausgerichtete religiöse<br />

Institutionen. Sie verfügt, dass das Gut samt Villa als Andenken an<br />

ihren Mann erhalten werden solle. Ihr ist der Erhalt des englischen<br />

Gartens – heute Herzstück der Merian Gärten – zu verdanken.<br />

19. Jahrhundert<br />

DIE BAHN ZERSCHNEIDET DAS STAMMLAND<br />

Schweizer Eisenbahnprojekte des 19. Jahrhunderts haben die Merians<br />

schon zu Lebzeiten zu zahlreichen Landabtretungen an die damalige<br />

Centralbahn verpflichtet. Die Jurabahn nach Delémont bildet ab 1875<br />

die heutige Grenze der Merian Gärten nach Westen — im Osten verläuft<br />

die Grenze entlang der St. Jakob-Sportanlagen, die vor dem<br />

Zweiten Weltkrieg auf dem Stammland der Merians angelegt werden.<br />

1886<br />

DIE STIFTUNG TRITT IN KRAFT<br />

Margaretha Merian-Burckhardt stirbt 1886 und wird neben ihrem<br />

Mann in der Meriangruft in der von beiden gestifteten Elisabethen-<br />

kirche bestattet. Die Stiftung tritt in Kraft. 11 Millionen Franken in<br />

Form von Land und Vermögen gehen an die «liebe Vaterstadt» Basel.<br />

Die Erträge sollen zur «Linderung der Noth» und «zur Förderung des<br />

Wohles der Menschen» eingesetzt werden. Der Betrieb der Merian<br />

Gärten ist heute das grösste jährliche Engagement der Stiftung.<br />

1962<br />

ENGAGIERTE LOBBYISTEN<br />

Wegen des Neubaus der Unibibliothek scheint der Botanische Garten<br />

der Universität beim Spalentor Anfang der 1960er-Jahre gefährdet.<br />

1962 gründen engagierte Gartenfreunde deshalb den Verein der<br />

Freunde eines neuen Botanischen Gartens und fordern Ersatz. Der<br />

Verein ist noch heute aktiv; er unterstützt die Gartenpflege mit Bei-<br />

trägen und bereichert das Angebot der Gärten mit eigenen Veran-<br />

staltungen.<br />

1968<br />

BLÜHENDE DIVIDENDE<br />

Der Botanische Garten beim Spalentor bleibt bestehen. Trotzdem wird<br />

ein zweiter angelegt. 1968 stellt die CMS dafür dreizehn Hektaren –<br />

ganz Vorder Brüglingen und die Villa Merian mit Landschaftsgarten<br />

– zur Verfügung. Die Gründung des Gartens trennt Merians Land. Eine<br />

Aktiengesellschaft übernimmt den Betrieb. Unter Brüglingen bleibt<br />

landwirtschaftlich genutzt. Erst 2012 werden der Brüglingerhof und<br />

der botanische Garten zu den Merian Gärten zusammengeführt.<br />

1969<br />

DIE IRIS-MUTTER<br />

1969 vermacht die deutsche Gräfin Helen von Stein-Zeppelin (1905–<br />

1995) ihre über den Zweiten Weltkrieg hinübergerettete Irissammlung<br />

dem Botanischen Garten Brüglingen. Die Merian Gärten gelangen so<br />

in den Besitz einer umfassenden Sammlung von 1 500 Sorten. Die<br />

europaweit grösste öffentliche Sammlung historischer Bartiris wird<br />

von Wissenschaftlerinnen und Blumenliebhabern gleichermassen geschätzt.<br />

1972<br />

DER IRIS-VATER<br />

1972 beginnt die enge Zusammenarbeit mit dem Iris-Spezialisten<br />

Milan Blažek, dem langjährigen Direktor des Botanischen Gartens von<br />

Pruhonice in der Nähe von Prag. Zwischen Prag und Basel werden bis<br />

heute Pflanzen ausgetauscht. Auf Blažek geht auch die Struktur der<br />

Irissammlung in den Merian Gärten zurück, die heute mit ihren 1 500<br />

Sorten Bartiris europaweit einzigartig ist.<br />

1977<br />

VON DER TERRASSENLANDSCHAFT<br />

ZUR SWISS MINIATURE<br />

Der Gartengestalter und Bildhauer Kurt Brägger prägt 1977 die<br />

Neugestaltung des nördlichen Teils von Vorder Brüglingen: Auf die<br />

nationale Gartenausstellung Grün 80 hin wird die bisher flache<br />

Terrassenlandschaft zu einer Hügellandschaft umgestaltet, um<br />

die Schweizer Topografie nachzubilden.<br />

1978<br />

ZURÜCK ZU DEN URSPRÜNGEN<br />

1978 regt der renommierte Landschaftsarchitekt Dieter Kienast mit<br />

Mitfinanzierung des WWF im Hinblick auf die Grün 80 ein Trocken-<br />

biotop auf dem Hochplateau der heutigen Merian Gärten an. Auf<br />

dem Areal soll die ursprüngliche Birslandschaft mit naturnaher<br />

Vegetation rekonstruiert werden. Das Hochplateau besteht bis<br />

heute – mit einheimischen Trockenpflanzen.<br />

1978<br />

RHODODENDREN<br />

1978 übergeben die Gärtner des Frankfurter Lederfabrikanten und<br />

Kunstmäzens Robert von Hirsch den Merian Gärten eine umfang-<br />

reiche Rhododendrensammlung aus dessen Villengarten in der<br />

Basler Engelgasse. Von Hirsch ist 1933 vor dem Naziregime nach<br />

Basel geflüchtet und hat die Rhododendren nach seinem Tod 1977<br />

seinen Gärtnern vermacht. Mittlerweile wachsen 300 Pflanzen im<br />

Süden der Merian Gärten, im Rhododendrontal.<br />

1980<br />

GRÜN 80: RETOUR À LA NATURE<br />

Auf Initiative der Schweizer Gärtnermeister findet 1980 die zweite<br />

Schweizerische Ausstellung für Garten- und Landschaftsbau in Brüglingen<br />

statt. In einer Zeit, in der Umweltschutz zum grossen Thema<br />

wird, soll sie entfremdeten Städtern die Natur näherbringen. 3,6 Millionen<br />

Menschen besuchen die Grün 80. Relikte sind noch heute sichtbar:<br />

der Arzneipflanzengarten, der Wasserkanal zur Irissammlung oder<br />

etwa das Heckenlabyrinth.<br />

1980<br />

DIE QUEEN<br />

Am 1. Mai 1980 besucht Queen Elizabeth II. mit Prinzgemahl Philip<br />

die Grün 80. Mit Bundesrat Kurt Furgler und seiner Frau speist der<br />

illustre Tross in der Villa Merian (Spargeln und Gitzi) – und pflanzt danach<br />

vor der Villa eine Blutbuche. 80 000 Besucherinnen und Besucher<br />

winken dem hohen Gast begeistert zu. Die Queen, eine passionierte<br />

Gartenliebhaberin, soll «very amused» gewesen sein.<br />

1984<br />

DIE STADTGÄRTNEREI ZIEHT EIN<br />

1984 bezieht die Stadtgärtnerei Basel die umgebauten Ökonomie-<br />

und Logistikgebäude sowie die neu errichteten Gewächshäuser in<br />

Unter Brüglingen und kultiviert dort Pflanzen, die nach der Aufzucht<br />

die Strassen und Rabatten der Stadt verschönern.<br />

1984<br />

KUNST UND NATUR<br />

1984, vier Jahre nach der Skulpturenausstellung im Wenkenpark, er-<br />

öffnet der Basler Kunsthändler Ernst Beyeler (1921–2010) zusammen<br />

mit Reinhold Hohl und Marcel Schwander die zweite Ausstellung mit<br />

Skulpturen des 20. Jahrhunderts im ‹Merian Park›, wie er damals noch<br />

hiess. Markus Raetz’ ‹Kopf›, Enzo Cucchis an Schneckenfühler erinnernde<br />

Antennen und zahlreiche andere Kunstwerke sind noch heute<br />

in den Merian Gärten zu sehen.<br />

1992<br />

WIESE VON NATIONALER BEDEUTUNG<br />

Seit 1992 erhalten die Merian Gärten vom Kanton Basel-Landschaft<br />

finanzielle Beiträge für die sorgfältige Bewirtschaftung einer ihrer<br />

artenreichen Wiesen auf Münchensteiner Boden, auf dem Hochpla-<br />

teau. Wenig später wird die Wiese vom Bundesamt für Umwelt ins<br />

Inventar der Trockenwiesen und -weiden von nationaler Bedeutung<br />

(TWW) aufgenommen. Das 2,6 Hektar grosse ‹TWW-Objekt 124› steht<br />

seither unter Naturschutz.<br />

1994<br />

KLASSENZIMMER IM FREIEN<br />

Das Pächterehepaar Serge und Marie-Rose Morel bewirtschaftet<br />

den Brüglingerhof bis 2012. Dann wird der Hof in die Merian Gärten<br />

integriert. Auf ihre Initiative hin wird ab 1994 das Programm ‹Schule<br />

& Landwirtschaft› angeboten. Bis heute nehmen jedes Jahr dreissig<br />

Schulklassen am Programm teil. Die Christoph Merian Stiftung<br />

erreicht damit rund sechzig Prozent der dritten Primarschulklassen<br />

im Kanton Basel-Stadt.<br />

1995<br />

EINE TECHNISCHE SENSATION<br />

Seit 1995 ziehen die Merian Gärten ihre Jungpflanzen im neuen Folienhaus<br />

auf. Die dreilagige Hightech-Folie ist durchlässig für UV-Strahlen,<br />

schafft ideale Bedingungen für Jungpflanzen und ist erst noch<br />

selbstreinigend – damals eine Sensation. In den alten Gewächshäusern<br />

überwintern heute die Kübelpflanzen. Sie müssen im Herbst nicht<br />

mehr wie früher mühsam in den Keller des Pächterhauses und im<br />

Frühling wieder herausgeschleppt werden.<br />

1999–2004<br />

ZÖLLNER MIT HERZ<br />

1999, 2002 und 2004 übergibt die Eidgenössische Zollverwaltung den<br />

Merian Gärten insgesamt 362 000 illegal importierte, geschützte<br />

Schneeglöckchen-Zwiebeln. Beschlagnahmte Pflanzen, die gemäss<br />

Artenschutzabkommen nur erschwert importiert werden dürfen. Sie<br />

zu vernichten bringen die Zöllner nicht übers Herz. Jetzt blühen die<br />

Pflänzchen im Winter verstreut in den Gärten – getrennt von der<br />

überwachten und dokumentierten Schneeglöckchensammlung.<br />

2006<br />

ROSEN FÜR ANNE FRANK<br />

Im Frühjahr 2006 kontaktiert der Basler Buddy Elias, ein Cousin<br />

des Holocaust-Opfers Anne Frank, die Merian Gärten. Und bittet sie,<br />

die letzten noch in Japan existierenden Exemplare der nach seiner<br />

Cousine benannten Rose aufzunehmen. Seither blüht die lachsfarbene<br />

Rose beim Bauerngarten und erinnert an das Mädchen, zu dessen<br />

Gedenken 1963 in Basel auch der Anne Frank Fonds gegründet wurde.<br />

2006<br />

ELEKTRISCH MOBIL<br />

Mit einem wendigen Elektromobil erreichen die Gärtnerinnen und<br />

Gärtner die abgelegensten Ecken. Mitfinanziert hat es Michaela Geiger,<br />

die ehemalige Präsidentin der Freunde des Botanischen Gartens. Der<br />

Naturliebhaberin liegen die Gärten sehr am Herzen. Nach ihrem Tod<br />

2014 vermacht sie den Merian Gärten den Fonds Pamina.<br />

2006<br />

MASTERPLAN FÜR DEN NEUSTART<br />

Der Brüglingerhof mit seinen nur noch vier Hektaren Gemüseanbau<br />

kann nicht mehr kostendeckend bewirtschaftet werden. Zusammen<br />

mit der damaligen Merian Park AG nimmt die Christoph Merian<br />

Stiftung 2006 einen Masterplan für einen Neustart und eine Neu-<br />

positionierung des Merianschen Stammlands in Angriff. 2012 werden<br />

der Brüglingerhof und der Merian Park zu den Merian Gärten vereint.<br />

2007<br />

ZERSTÖRERISCHE FALTER<br />

2007 taucht der Buchsbaumzünsler erstmals in der Region auf und<br />

befällt auch die Buchssträucher in Brüglingen. Eingeschleppt wurde<br />

der Falter, dessen Raupen ganze Bäume kahlfressen, vermutlich über<br />

Pflanzenimporte aus Ostasien. Die Gärtnerinnen und Gärtner müssen<br />

Sträucher vernichten und behandeln die gesunden heute aufwendig<br />

mit einer biologischen Bakterienmischung, die die Raupen tötet.<br />

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