Preisverleihung 1987 - Theodor-Heuss-Stiftung
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sporn, den eingeschlagenen Weg weiterzuverfolgen.<br />
Ich möchte diesen festlichen Rahmen zum Anlaß<br />
nehmen, Ihnen in vier Punkten die Grundüberlegungen<br />
für das darzustellen, was andere<br />
gelegentlich als das »Rottweiler Modell« bezeichnet<br />
haben.<br />
1. Die Bemühungen der Stadt und der Stadtwerke<br />
Rottweil auf dem Gebiet der Energieversorgung<br />
lassen sich auf eine schlichte Formel<br />
bringen. Zum einen erzeugen wir in eigenen<br />
Anlagen Strom, so in unserem Blockheizkraftwerk,<br />
in unserer Kläranlage, durch Wasserkraft<br />
und - vielleicht in einer nicht allzu femen Zukunft<br />
- auch in einer Müllverwertungsanlage.<br />
Zum anderen sind wir seit Jahren dabei, die<br />
angebotene Energie durch sinnvolle Maßnahmen<br />
wie Blockheizkraftwerke, Nahwänne-Konzepte<br />
oder Lastspitzenoptimierung besser zu<br />
nutzen. Alle diese Einrichtungen haben den<br />
einfachen Zweck, den Bezug von Strom und<br />
Gas von unseren Vorlieferanten, der Energieversorgung<br />
Schwaben und der Gasversorgung<br />
Süddeutschland, zu verringern . Diese Bemühungen<br />
sind keineswegs von der Absicht getragen<br />
, die Geschäftsinteressen unserer Vorlieferanten<br />
zu beeinträchtigen, vielmehr wollen wir<br />
damit unseren Beitrag dazu leisten, daß ein<br />
wahrscheinlich auch weiterhin wachsender<br />
Energiebedarf nicht zwangsläufig zur Vergrößerung<br />
oder Neuplanung von Großkraftwerken<br />
jeglicher Art führen muß. Unsere Bemühungen<br />
bleiben allerdings sinnlos, wenn andere leistungsfähige<br />
kommunale Versorgungsbetriebe<br />
nicht mitmachen. Ich verstehe deshalb die heutige<br />
Auszeichnung mit der TI-lEODOR<br />
HEUSS-MEDAILLE auch als Ansporn und als<br />
einen Anreiz für alle diejenigen kommunalen<br />
Versorgungsbetriebe, die sich nicht nur als reine<br />
Verteilerwerke von geliefertem Strom oder Gas<br />
betrachten, sondern mit eigenen Ideen zur Verringerung<br />
dieser Bezugsmengen beitragen<br />
wollen.<br />
2. Die Weiterführung der energiepolitischen<br />
Anstrengungen der Stadt Rottweil ist nur in<br />
einem partnerschaftlichen Verhältnis mit unseren<br />
Vorlieferanten möglich. Ohne die sichere<br />
zentrale Versorgung wären unsere Bemühungen<br />
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umsonst. Dezentrale Energietechniken wie in<br />
Rottweil können unsere zentralen Versorger<br />
nicht ersetzen. Was wir aber wollen, ist eine<br />
differenzierte Energielandschaft, in der die<br />
kommunalen Versorgungsbetriebe mit einem<br />
hohen Eigenerzeugungsanteil ihren festen und<br />
selbstverständlichen Platz haben. Monopole haben<br />
in der sozialen Marktwirtschaft nach unserem<br />
Verständnis keinen Platz, sei es im Bereich<br />
der Wirtschaft, im Bereich der Medien oder<br />
auch bei der Energieversorgung.<br />
3. Die Rottweiler Bemühungen um dezentrale<br />
Eigenerzeugung von Strom und eine verbesserte<br />
Energieausnutzung haben in erster Linie einen<br />
umweltpolitischen Sinn. Geringerer Energieverbrauch<br />
bedeutet nämlich immer auch eine Schonung<br />
von Umweltressourcen. Dieser umweltpolitische<br />
Effekt wird bei uns aber nicht durch<br />
Auflagen oder staatlichen Dirigismus erreicht,<br />
sondern unsere Anstrengungen sind auch wirtschaftlich<br />
sinnvoll. »Die Dinge rechnen sich«,<br />
wie unser engagierter Stadtwerke-Direktor Rettich<br />
immer zu sagen pflegt. Und so haben wir<br />
die glückliche Erfahrung machen können, daß<br />
ein verbesserter Umweltschutz nicht nur mit<br />
staatlichen Eingriffen und Auflagen, sondern<br />
mit den ureigensten Mitteln der sozialen Marktwirtschaft<br />
erreicht werden kann. Die Versöhnung<br />
von Ökonomie und Ökologie, das Motto<br />
Ihrer diesjährigen <strong>Preisverleihung</strong>, findet hier<br />
einen sehr sinnfälligen Ausdruck.<br />
4. Die Rottweiler Initiativen zur verbesserten<br />
Eigenerzeugung und Einsparung von Energie<br />
werden von allen politischen Gruppierungen<br />
unserer Stadt getragen. Angefangen bei der<br />
CDU-Mehrheitsfraktion über die SPD, die<br />
'Freien Wähler, die Grün-Alternative Liste und<br />
die FDP sind wir uns einig in dem Ziel, die<br />
Energieversorgung durch eigene Anstrengungen<br />
ein Stück mehr zu dezentralisieren. Wir<br />
sehen diese Bemühungen vor dem gesamtpolitischen<br />
Hintergrund, daß etwa gerade die Stromerzeugung<br />
in Großkraftwerken an umweltpolitische<br />
Grenzen stoßen wird, sei es die Stromerzeugung<br />
in Kohle- oder in Kernkraftwerken.<br />
Diese Überlegung ist eigentlich nicht neu. Sie<br />
wurde bei uns vor allem nicht durch die Stichworte<br />
»Buschhaus« oder »Tschernobyl« ausge-