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Die Geburtshelferkröte (Alytes obstetricans) - Karch

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Von der zoologischen Merkwürdigkeit zum Modellorganismus: Kommunikation<br />

bei den <strong>Geburtshelferkröte</strong>n <strong>Alytes</strong> <strong>obstetricans</strong> und <strong>Alytes</strong> cisternasii.<br />

<strong>Geburtshelferkröte</strong>n sind eine primitive Anurengruppe mit eigentümlichem<br />

Fortpflanzungsverhalten. <strong>Die</strong> Paarung ist terrestrisch; die Männchen zeigen ein<br />

obligates Brutpflegeverhalten, indem sie die Eischnüre um ihre Hinterextremitäten<br />

gewickelt mehrere Wochen an Land herumtragen, bis die Kaulquappen voll ausgebildet<br />

ins Wasser entlassen werden. Zusätzlich zum Brutpflegeverhalten besitzt <strong>Alytes</strong> eine<br />

stark vereinfachte vokale Kommunikation. Paarungsrufe sind kurze, tonale Rufe -<br />

praktisch reine Töne - ohne harmonische Struktur und ohne ausgebildete<br />

Amplitudenmodulation. Verschiedene <strong>Alytes</strong>-Populationen wurden seit 1987 im<br />

kontinentalen Spanien untersucht. Beschreibende Studien kamen zum Schluss, dass<br />

Rufdauer und dominante Ruffrequenz statische Charakteristika sind, dass dagegen die<br />

Rufintervalle viel dynamischer und hochvariabel sind. Signifikante Korrelationen wurden<br />

zwischen den statischen Rufcharakteristika und andern Variablen gefunden: die<br />

Rufdauer ist hoch korreliert mit der Temperatur, und die Ruffrequenz ist mit der Größe<br />

des Männchens korreliert. <strong>Die</strong> Verteilung der Rufdauer und Frequenz überlappte<br />

zwischen verschiedenen <strong>Alytes</strong>-Populationen, sogar wenn sie zu verschiedenen Arten<br />

gehörten. Jedoch variierte die Kovarianz zwischen Temperatur und Rufdauer signifikant<br />

zwischen Populationen aus verschiedenen taxonomischen Gruppen. Ein<br />

Fortpflanzungsvorteil für große Männchen wurde in verschiedenen Populationen beider<br />

Arten und in mehreren Saisons gefunden. <strong>Die</strong>se Tendenz ergibt sich hauptsächlich aus<br />

der Tatsache, dass größere Männchen an mehr Paarungen beteiligt sind und dadurch<br />

größere Eierzahlen von mehr Weibchen als kleinere Männchen austragen. Zwei Arten<br />

Phonotaxis-Tests mit zwei Lautsprechern zeigten, dass tiefere Ruffrequenzen (durch<br />

größere Männchen erzeugt) für Weibchen attraktiver waren als Rufe mit hohen<br />

Frequenzen. In syntopen Populationen der beiden Arten waren keine Anzeichen einer<br />

Merkmalstrennung bei den Rufen der Männchen festzustellen, jedoch war die Wahl<br />

durch die Weibchen anders als in allopatrischen Situationen: eine Bevorzugung für<br />

tiefere Ruffrequenzen (die durch Männchen der andern Art hätten ausgesandt werden<br />

können) verschwanden bei A. cisternasii, und weibliche A. <strong>obstetricans</strong> zeigten keine<br />

Bevorzugung für Rufe mit längerer Dauer (die durch Männchen der andern Art hätten<br />

ausgesandt werden können). Studien der akustischen Interaktionen zwischen<br />

Männchen zeigten, dass Männchen ihre Rufrate erhöhten, wenn sie den Rufen eines<br />

benachbarten Konkurrenten ausgesetzt wurden. <strong>Die</strong> Antwort ist unterschiedlich, je<br />

nachdem die Ruffrequenz des Konkurrenten hoch oder tief bzw. dessen Rufrate schnell<br />

oder langsam ist. Abwechselnde Rufe zwischen Männchen sind nicht zufällig, beide<br />

Arten zeigen die gleichen Phasenverschiebungen. Obwohl sich Rufüberlappungen<br />

zwischen zwei Männchen negativ auf die Wahl durch die Weibchen auswirken, führt in<br />

der Natur das abwechselnde Rufen zu keiner Abnahme der Rufüberlappung und kann<br />

deshalb nicht als Methode zur Maximierung der Signalübertragung erklärt werden. <strong>Die</strong><br />

Bevorzugung der Weibchen für Rufanführer (im Duett) oder für Nachahmer ist<br />

unterschiedlich zwischen den Arten, obwohl es scheint, dass die Bevorzugung bei<br />

unterschiedlichen Temperaturen umgedreht werden kann.<br />

Viele der Differenzen, die man im akustischen Wettbewerb zwischen Männchen<br />

beobachtet, können mit den unterschiedlichen Längen der Paarungszeit der beiden<br />

Arten (A. cisternasii ist im allgemeinen ein “explosive breeder”, während A. <strong>obstetricans</strong><br />

eine stark verlängerte Paarungszeit hat), und mit den Unterschieden im<br />

Selektionsdruck, der aus diesen beiden Szenarien erwächst, erklärt werden. Es<br />

resultiert das Bild eines Fortpflanzungssystems, in welchem die Konkurrenz zwischen<br />

den Männchen rein akustisch ist, und die Wahl der Weibchen auf dynamischen und<br />

statischen Rufcharakteristika basiert.<br />

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