05.04.2018 Aufrufe

Mixology - Magazin für Barkultur 2-18

Hellas, zusammen! Wir freuen uns, denn die MIXOLOGY 2/2018 ist da. Außer nach Griechenland geht es auch in die Stuttgarter Bars, wir wühlen nach unerkannten Tonic-Schätzen, trinken mit Manfred Klimek in Tokio und unser Mixology Taste Forum beleuchtet detailliert den Stand der Dinge in Sachen Dry Vermouth und Craft-Lager. Außerdem: Das korrekte Handling von Zitrusfrüchten, wie man im Jahr 2018 auf unterschiedlichste Weise Saft pressen kann und warum zwei Kopenhagener Schnaps aus Koji, Tacos und getorftem Wacholder brennt. Ein herzliches Cheerio!

Hellas, zusammen! Wir freuen uns, denn die MIXOLOGY 2/2018 ist da. Außer nach Griechenland geht es auch in die Stuttgarter Bars, wir wühlen nach unerkannten Tonic-Schätzen, trinken mit Manfred Klimek in Tokio und unser Mixology Taste Forum beleuchtet detailliert den Stand der Dinge in Sachen Dry Vermouth und Craft-Lager. Außerdem: Das korrekte Handling von Zitrusfrüchten, wie man im Jahr 2018 auf unterschiedlichste Weise Saft pressen kann und warum zwei Kopenhagener Schnaps aus Koji, Tacos und getorftem Wacholder brennt. Ein herzliches Cheerio!

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2/20<strong>18</strong> —— 16. Jahrgang<br />

Einzelverkaufspreis: [D] 8,50 € — [A, LUX] 9,50 € — [CH] 10 CHF


Bars & Menschen<br />

MIXOLOGY INTERN<br />

Leiche im Keller: welche Underdogs trinkt die Redaktion<br />

................................................................................ 8<br />

ZEHN<br />

Zehn große Tonics abseits des Radars<br />

.............................................................................. <strong>18</strong><br />

STADTGESCHICHTEN<br />

Stuttgart: Zwischen Rabattjagd und Rotlicht<br />

.............................................................................. 24<br />

NEUE BARS<br />

Torbar – Auf ein Date mit Dieter<br />

.............................................................................. 36<br />

NACHTRAUSCHEN<br />

Träumen von Scarlett in Tokio<br />

.............................................................................. 38<br />

AUF EIN GLAS MIT …<br />

Betty Kupsa mit Dreierlei Tequila<br />

.............................................................................. 40<br />

Flüssiges<br />

24 STADTGESCHICHTEN<br />

Es ist sehr einfach, Stuttgart blöd zu finden, gerade in der schwäbischen Diaspora.<br />

Wir machen uns daher auf in die Wiege des »Weggle« und finden heraus, dass sich<br />

Bausparvertrag und Bar nicht zwingend ausschließen und es sich auch in Städten<br />

ohne Kopfbahnhof auf höchstem Niveau der Kopf verlieren lässt.<br />

MIXTUR<br />

Neue Produkte aus dem Baruniversum<br />

.............................................................................. 10<br />

MEINUNG<br />

Bartender über ihr liebstes griechisches Produkt<br />

.............................................................................. 20<br />

MADE IN GSA<br />

Neues aus dem heimischen Barkosmos<br />

.............................................................................. 22<br />

FOOD & DRINK<br />

Ehre, wem Ehre gebührt: »Ginie«-Streich<br />

aus der Küche<br />

.............................................................................. 44<br />

DOSSIER<br />

Gift, eine Frage der Dosis<br />

.............................................................................. 46<br />

ALCHEMIST<br />

Saft, Saft, Saft: die Kunst des Pressens<br />

.............................................................................. 54<br />

BACK TO BASICS<br />

Zitrus: Vernachlässigter Standard<br />

.............................................................................. 60<br />

MIXOLOGY TASTE FORUM<br />

Lagerbier & Trockener Wermut<br />

.............................................................................. 64<br />

FOUR OF A KIND<br />

Viermal Wermut Rosé<br />

.............................................................................. 73<br />

HOW TO COCKTAIL<br />

Auf einen Vieux Carré ins Vieux Carré<br />

.............................................................................. 74<br />

TRINKWELT 76<br />

Dass in Griechenland immer<br />

schon gern getrunken wurde,<br />

ist kein Geheimnis. Wahrscheinlich<br />

hätte Sokrates ohne<br />

griechischen Wein keinen Ton<br />

herausgebracht. Auf Spurensuche<br />

im Symposion.<br />

46 DOSSIER<br />

Die meisten Dinge sind schlecht,<br />

wenn die Dosis nicht stimmt. Wir<br />

begeben uns auf eine Gratwanderung<br />

durch aromatoxische Landschaften.<br />

6


64 MIXOLOGY TASTE FORUM<br />

Wer <strong>für</strong> das Frühjahr noch auf ein<br />

angemessenes Herrengedeck gewartet<br />

hat – hier ist es: Lagerbier und trockener<br />

Wermut! Da kann man schon einmal<br />

einen gekühlten, trockenen Wermutstropfen<br />

vergießen, wenn das Glas leer ist.<br />

54 ALCHEMIST<br />

Saft wird an der Bar<br />

stiefmütterlich behandelt.<br />

Doch Saft kann nicht nur<br />

nichts da<strong>für</strong>, dass er keine<br />

Volumenprozente besitzt.<br />

Es ist sogar sehr gut so,<br />

denn ohne qualitativ<br />

hochwertigen Saft in all<br />

seinen Eigenschaften<br />

wären die allermeisten<br />

Bars Saftläden. Der große<br />

Rundumschlag zu allen<br />

Press-Fragen.<br />

TRINKWELT<br />

Griechenland: Absinth in Athen<br />

und Mastiha auf Mykonos<br />

.............................................................................. 76<br />

WHISK(E)Y NEWS<br />

Torfi ge, malzige und roggige Neuheiten<br />

.............................................................................. 82<br />

KLIMEK’S KAUFBEFEHL<br />

Txakoli: Ein Muss <strong>für</strong> jede Bar<br />

.............................................................................. 84<br />

KAFFEE<br />

Kapselkaffee: Weg mit den Vorurteilen!<br />

.............................................................................. 86<br />

KAFFEENOTIZEN<br />

Die wichtigsten Neuheiten der Kaffeewelt<br />

.............................................................................. 88<br />

BIERNOTIZEN<br />

Peter Eichhorn mit frischen Hopfi gkeiten<br />

.............................................................................. 90<br />

BIER<br />

Bock auf Bock (und andere Kraftmeier)!<br />

.............................................................................. 92<br />

BUSINESS<br />

Empirical Spirits: Die Auslotung der Brennkunst<br />

.............................................................................. 96<br />

GLOBAL PLAYER<br />

William Grants Ur-Enkelin im Gespräch<br />

.............................................................................. 98<br />

Wirtschaft & Kultur<br />

DIE FLASCHE IN ZAHLEN<br />

Thomas Henry<br />

........................................................................... 101<br />

HOMEBAR<br />

Highball Gläser 2.0<br />

........................................................................... 102<br />

MUSIK<br />

Jovanotti über Romantik und Renitenz<br />

........................................................................... 104<br />

ESSENTIAL CULTURE<br />

Neue Schätze <strong>für</strong> Augen und Ohren<br />

........................................................................... 106<br />

<strong>18</strong> ZEHN…<br />

… Tonics. Die Barszene der letzten<br />

Jahre wurde durch einen Hype aus<br />

Wacholder revolutioniert. Doch<br />

der kam nicht allein. Im Gepäck:<br />

einen volle Ladung Chinin abseits<br />

des Mainstreams.<br />

Neues & Notizen<br />

VERANSTALTUNGEN & WETTBEWERBE<br />

Alle wichtigen Termine der vergangenen<br />

und kommenden Wochen<br />

........................................................................... 108<br />

IMPRESSUM & KOMMENDE THEMEN<br />

........................................................................... 116<br />

7


24<br />

Foto: Jigger & Spoon


STADTGESCHICHTEN<br />

Stuttgart<br />

COCKTAILS &<br />

KONJUNKTIV<br />

Text Juliane E. Reichert


Jigger & Spoon<br />

Gymnasiumstraße 33, 70174 Stuttgart<br />

+49 711 2195 2260<br />

— jiggerandspoon.de<br />

Foto: Jigger & Spoon<br />

Trinken im Tresor gefällig? Willkommen in einer wahrhaft einzigartigen Bar-Location – nicht nur in Stuttgart<br />

Es ist allzu einfach, Stuttgart zu zerfetzen.<br />

Haben wir ja schon öfter bewiesen. Stuttgart wäre<br />

allerdings keine so spannende Stadt, wenn es<br />

da keine Bandbreite gäbe. Auf der von Spätzle<br />

gesäumten Route zwischen Rabattjagd und Rotlicht.<br />

Stuttgart also, ein paar Worte vorweg. Es wäre gelogen zu behaupten, mir<br />

wäre nicht daran gelegen, diese Stadtgeschichten zu schreiben. Stuttgart<br />

hat es bundesweit, in Berlin aber ganz besonders schwer. Es ist mühsam,<br />

von »Schwabylon« zu sprechen, die »Kauft nicht beim Schwaben«-Graffitis<br />

zu erwähnen und auch nicht die eingeschlagenen Scheiben bei den<br />

schwäbischen Bäckereien der Stadt. Aber notwendig und darum soeben<br />

geschehen. Notwendig nicht deshalb, weil die Schwaben es in Berlin ach<br />

so schwer haben. Nicht weil es <strong>für</strong> sie in irgendeiner Form schwieriger<br />

wäre, einen gastronomischen Fuß in die Tür der Kapitale zu setzen oder<br />

weil sie mehr Vorurteilen ausgeliefert wären, als die meisten anderen<br />

Regionen es sind. Es hat jedoch Wert, einen spezifischen Blick auf die<br />

schwäbischen Klischees zu werfen, gerade da es hier um Gastronomie<br />

geht. Die Gastronomie, ein Ort der Sinne und des Genusses, des Sich-gehen-lassens<br />

und Nicht-auf-die-Uhr-sehens und auch des Rausches, ob<br />

alkoholischer Natur oder auch nicht.<br />

Der sinnliche Schwabe, ein Oxymoron<br />

Das klingt irgendwie nicht nach dem Stuttgarter an sich, wie man so<br />

schön sagt, wenn es um eine vermeintlich objektive Beschreibung geht.<br />

Wie objektiv Klischees nun im Allgemeinen sind, kann man sich natürlich<br />

fragen, gehört allerdings nicht hierher. In jedem Falle sagt man<br />

dem Schwaben nach, er sei ein geiziger Pedant, ein gieriger Pessimist,<br />

der seinen (gerade akustisch) fröhlichen Zeitgenossen das Leben schwermacht.<br />

Hört man zumindest so. Zusammengefasst geht es hier nicht nur<br />

um einen peinlich kontrollierten und von einer Rabattjagd getriebenen<br />

Zugang zum Finanziellen, sondern auch um ein ans Pathologische angrenzende<br />

Verständnis von Fleiß. Erledigt auszusehen ist hier beinah<br />

Kompliment und <strong>für</strong> Lob vom Chef keine Zeit. Schließlich gilt – »net<br />

g’mault isch g’lobt gnuag!«<br />

26 Stadtgeschichten — Stuttgart


Le Petit Coq<br />

Hauptstätter Str. 59, 70178 Stuttgart<br />

+49 1523 3604 352<br />

— facebook.com/barlepetitcoqstuttgart<br />

Foto: Le Petit Coq<br />

Klein. Klassisch. Klandestin. Und im Sommer erstmals mit Terrasse<br />

Und wenn man nun schon einmal im Ciba Mato ist, wäre es eine Schande,<br />

nicht auch noch die übrigen drei Meter ins Le Petit Coq auf sich<br />

zu nehmen. Zweifelsohne am Speakeasy-Stil der 20er- und 30er-Jahre<br />

angelehnt, trinkt man hier geschützt hinter schwerem Stoffvorhang<br />

und nostalgischer Tapete unter der Ägide von Ferro F. Ceylan. Dieses<br />

Frühjahr darf man sich außerdem auf einen großzügigen Außenbereich<br />

freuen. Sowieso nicht so schlecht, wenn es im Inneren lediglich zu dreißigst<br />

zugeht. Ferro genügt das. Seine Gäste sollen sich in Ruhe unterhalten,<br />

seine Negroni-Variation mit Rye probieren, in der Schwere von<br />

Stoff und Holz versinken und sich an alte Zeiten erinnern. Zeiten, in<br />

denen Kopfbahnhöfe noch kein Problem darstellten.<br />

Wer extra versucht,<br />

nicht nett auszusehen,<br />

der wirkt am Ende –<br />

ja, noch netter...<br />

Bei Uwe und den beiden Erics<br />

Auf dem Weg aus der Kesselstadt sollte man jenen über das Jigger &<br />

Spoon nehmen. Beinahe alle Wege durch Stuttgart führen hieran vorbei<br />

und es ist kaum zu bestreiten, dass dort ein besonderes Cocktail-Geschehen<br />

stattfindet. Erst in diesem Jahr verkündete der Tänzer und Leiter<br />

des Ensembles Gauthier Dance, Eric Gauthier, seine Teilhaberschaft<br />

des Jigger & Spoon – ein Thema, über das man in Stuttgart bislang nicht<br />

gesprochen hatte. Die Bar unter der Leitung von Eric Bergmann und<br />

Uwe Heine, die es im letzten Jahr unter unsere zehn wichtigsten Neueröffnungen<br />

geschafft hatte, tat sich aus baulichen Gründen mit ihrer<br />

Eröffnung schwer. Das merkt man ihren Drinks nicht an, das Programm<br />

<strong>für</strong> Tastings wird ein ausgetüfteltes und <strong>für</strong> den Frühling ist eine mobile<br />

Bar angedacht. Und ganz ehrlich, wo Speakeasy auf Spätzlekultur trifft,<br />

da muss doch irgendetwas Neues entstehen.<br />

Stuttgart, das muss man ihm wirklich lassen, tut niemandem etwas. Hat<br />

ein bisschen Probleme, sich aus seinem bedröppelten Klischeekostüm<br />

aus Weindorf und Wiesennachahmungen zu schälen, sieht bei diesem<br />

Mauserungsversuch aber doch irgendwie nett aus. Und keiner will<br />

»nett« aussehen, deswegen verhält man sich in der Regel noch unbeholfener<br />

und sieht ... noch netter aus. Am Hauptbahnhof stehen daher<br />

lebensgroße Bierkrüge und verteilen Lebkuchenherzen von Stuttgarter<br />

Hofbräu, ist ja auch bald wieder Cannstatter Wasen. So stolz, wie man<br />

uns nachsagt, sind wir gar nicht. Manchmal verwechseln wir uns sogar<br />

selbst mit den Bayern.<br />

__<br />

34 Stadtgeschichten — Stuttgart


NEUE BARS<br />

OH, YEAH!<br />

Foto: Torbar / maxkissler.com<br />

Die Torstraße in Berlin-Mitte boomt. Seit Kurzem bereichert durch ein klassisches,<br />

aber gleichsam innovatives Konzept aus Bar & Dining. Am Tresen der Torbar?<br />

Ein altbekanntes Berliner Bargesicht – ein Date mit Dieter inklusive.<br />

36


NACHTRAUSCHEN<br />

Text Manfred Klimek<br />

Unser Autor hasst das Fliegen. Doch er liebt die Sehnsucht, die bestimmte<br />

Orte erzeugen. Auch, weil man dabei wieder melancholisch an die Suche<br />

nach der persönlichen verflossenen Scarlett Johansson denkt.<br />

38<br />

New York Bar<br />

(im Hyatt Tokio)<br />

3-7-1-2 Nishi Shinjuku,<br />

Shinjuku-Ku, Tokyo,<br />

Japan, 163-1055<br />

Tel. +81 3 5322 1234<br />

Foto: Park Hyatt Tokyo


AUF EIN GLAS MIT … BETTY KUPSA<br />

CHUG THIS OUT!<br />

40


Betty Kupsa ist als ehemalige Moderatorin der MIXOLOGY<br />

BAR AWARDS, aktuelle Preisträgerin in den Kategorien Bar<br />

des Jahres Deutschland und Gastgeberin des Jahres bei<br />

MIXOLOGY keine Unbekannte. Trotzdem war ein Besuch in<br />

ihrem The Chug Club überfällig.<br />

mag, ist Überheblichkeit. Ich kann dem Gast<br />

empfehlen, den Tequila anders zu trinken, weil<br />

er die Aromen anders wahrnimmt. Aber wenn<br />

es darum geht, sich zehn Shots mit Salz und<br />

Zitrone reinzuknallen, wer bin ich denn, dass<br />

ich das verbiete oder den Spaß nehme? Das ist<br />

nicht meine Aufgabe. Wir haben keinen kalten<br />

Tequila, also servieren wir ihn auch nicht.<br />

Aber wir haben eine eigene Agavenkarte, wo<br />

man Flights zu jeweils 1 cl bekommt. Das nehmen<br />

viele Gäste wahr.<br />

Interview & Text Stefan Adrian<br />

Fotos Tim Gerdts<br />

Es ist einer dieser kalten Tage Anfang März, die<br />

das Land fest in ihrem frostigen Griff haben.<br />

Betritt man den The Chug Club, ist es jedoch<br />

schlagartig warm. Nicht nur wegen der Heizung,<br />

sondern weil die Bar von Betty Kupsa diese<br />

Wärme grundsätzlich ausstrahlt. Und das liegt<br />

vor allem auch an der Gastgeberin. Betty Kupsa<br />

bringt hier mit ihren Chugs – 4-cl-Mini-Cocktails<br />

– ihre Herzensangelegenheit Agavenspirituosen<br />

unters Volk. Die im September 2015 eröffnete<br />

Bar der Österreicherin und Wahl-Hamburgerin<br />

hat jedenfalls eingeschlagen. Aus diesem Grund<br />

haben wir auch das Interview aufgebaut wie ein<br />

Drei-Gänge-Chug- Menü: Es gibt jeweils drei Fragen<br />

zu einem Thema.<br />

<strong>Mixology</strong>: Betty, Thema Herkunft: Was<br />

würdest du nach 20 Jahren Hamburg noch als<br />

den österreichischsten Zug an dir bezeichnen?<br />

Betty Kupsa: Oh, da habe ich viele. Gott sei<br />

Dank! Es gibt ja den Spruch: »Wer viel fragt,<br />

gibt nicht gerne.« In Österreich wird einfach<br />

aufgetischt, das kannte ich seit meiner Kindheit.<br />

Wenn ich Besuch bekomme, wird erst<br />

mal eine Flasche aufgemacht. Mein Temperament<br />

ist österreichisch, und ich liebe die österreichische<br />

Küche.<br />

Warum bist du aus deiner alten<br />

Heimat weg gegangen?<br />

Ich hatte das Gefühl, ich müsse gehen, um<br />

mich zu finden, mich zu befreien. Wenn man<br />

etwas ein wenig anders machen will, stößt<br />

man in Österreich schon mal auf Ablehnung.<br />

Ich habe mich gefangen gefühlt. Aber das hat<br />

nichts damit zu tun, dass ich es dort nicht<br />

schön finde. Wien ist eine der spannendsten<br />

Städte in Europa. Versuch mal, dem Wiener zu<br />

erklären, dass du gleich sofort auf der Stelle etwas<br />

brauchst. Der lacht dich aus. Das mag ich.<br />

Was ist völlig österreich-untypisch an dir?<br />

Man ist Neuem gegenüber vielleicht nicht ganz<br />

so aufgeschlossen und auf Sicherheit bedacht.<br />

Diese Züge habe ich nicht. Ich bin All-in. So<br />

auch mit der Bar: Jeder einzelne Cent, den<br />

ich in meinem Leben gespart habe, steckt hier<br />

drin. Zur Eröffnung hatte ich 50 Cent in der<br />

Tasche und einen Haufen Schulden. Aber no<br />

risk no fun. Ich finde auch: Die Leute müssen<br />

mutiger sein. Ich habe mit Anfang 30 festgestellt,<br />

dass mir mein Leben so nicht gefällt, also<br />

musste ich es ändern. Dazu brauchst du aber<br />

ein bisschen Mut.<br />

Thema Tequila, und gleich eine gemeine Frage:<br />

Wie würdest du die drei Formen von Tequila<br />

persönlich ranken – Blanco, Añejo, Reposado?<br />

Man mag ja hoffentlich alle seine Kinder, aber<br />

wenn ich Tequila pur trinke, bevorzuge ich<br />

Reposado. Fürs Mixen finde ich alle drei spannend,<br />

und wenn ich jemanden von Tequila<br />

überzeugen möchte, würde ich auch mit einem<br />

Reposado beginnen. Kurzum: Wahrscheinlich<br />

bin ich ein Reposado-Mädchen. Aber ich liebe<br />

Tequila in allen Facetten. Er bringt so viel<br />

an Grundgeschmack mit. Wir infusionieren<br />

viel und arbeiten mit Sous Vide. Tequila harmoniert<br />

mit sehr vielen Aromen und ist eine<br />

unglaubliche Spielwiese, was saisonale Zutaten<br />

betrifft.<br />

Wann war dein Erweckungsmoment mit Tequila?<br />

Ich wurde bei meinem Praktikum im Blauen<br />

Barhaus am zweiten Tag zu einem Blind<br />

Tasting bei Sven Sudeck mitgenommen. Zum<br />

einen ist der Mann mit seiner Begeisterung ein<br />

Wahnsinn, der verkauft einem Eskimo einen<br />

Kühlschrank. Und ich habe Dinge probiert,<br />

von denen ich nicht in meinen kühnsten Träumen<br />

gedacht hätte, das könnte Tequila sein,<br />

z. B. ein Amate Reposado, von dem ich heute<br />

noch behaupte: Wem das nicht schmeckt, dem<br />

ist nicht zu helfen.<br />

Und wenn jemand im Chug Club einen<br />

Tequila mit Salz und Zitrone bestellt …<br />

Dann bekommt er das auch! Was wir haben, das<br />

servieren wir auch. Was ich überhaupt nicht<br />

Thema Chugs: Welche drei Drinks trinken<br />

wir hier?<br />

Einen »Pears in Heaven«, eine Mezcal-Martini-Variation<br />

mit Birnenbrand – Mezcal und<br />

Birne harmonieren hervorragend zusammen.<br />

Dazu einen »Pepper la Rita« mit frischer Paprika,<br />

selbst gemachtem Pfeffersirup und chiliund<br />

ananas-infusioniertem Reposado-Tequila.<br />

Ich mag Tomatensaft nicht sonderlich gerne,<br />

wollte aber etwas Würziges machen. Und zur<br />

Feier des Tages eine »Buttermilch Margarita«<br />

– der nach wie vor mit Abstand meistverkaufte<br />

Drink der Bar.<br />

Wie serviert ihr das Menü?<br />

Das Menü kommt hintereinander, auf Wunsch<br />

auch gleichzeitig. Häufig nehmen größere<br />

Gruppen ein paar Menüs und probieren durch.<br />

Es gibt Leute, die wollen es explizit zusammen<br />

Betty Kupsa<br />

Bettina »Betty« Kupsa wuchs in Kaindorf<br />

an der Sulm in der südlichen Steiermark<br />

auf. Sie absolvierte ein Marketing-Kommunikationsstudium<br />

und entschied<br />

sich mit Anfang 30 <strong>für</strong> die Bar, der sie<br />

– wie ihrer Wahlheimat Hamburg – treu<br />

geblieben ist. Nach Stationen im Blauen<br />

Barhaus, 3 Freunde Bar und Le Lion<br />

eröffnete sie im Herbst 2015 mit The<br />

Chug Club ihre eigene Bar samt dem<br />

angeschlossenen Pfauenzimmer. »Alles,<br />

was ich gemacht habe, hat mich dahin<br />

geführt, wo ich jetzt stehe«, umschreibt<br />

sie. Im Oktober 2017 war das in Berlin,<br />

wo sie die Preise als »Bar des Jahres<br />

Deutschland« und »Gastgeberin des<br />

Jahres« bei den MIXOLOGY BAR AWARDS<br />

20<strong>18</strong> entgegennahm.<br />

— thechugclub.bar<br />

41


Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift;<br />

allein die dosis machts, dass ein Ding kein Gift sei.<br />

Paracelsus<br />

46<br />

Illustrationen: Editienne


DOSSIER<br />

EIN SPIEL MIT<br />

DEM FEUER<br />

Text Philipp Gaux<br />

Besonders fancy klingt er nicht, der Arbeitsschutz. Und doch ist er überlebenswichtig.<br />

Zum Erhalt der Klasse unserer Bar, vor allem jedoch <strong>für</strong> das Wohlergehen unserer Gäste.<br />

Doch wie steht es um das Thema in der Bar? Wie kann ein Bartender diesem<br />

Thema gerecht werden? Eine Bestandsaufnahme.<br />

Manchmal erinnere ich mich an meine erste Chemiestunde, damals in<br />

der siebten Klasse. Ein ergrauter, zerzauster, mitunter gar ungepflegt<br />

wirkender Doktor mit Hornbrille, Goldzahn und einer schrullig-liebenswerten<br />

Art, die eine Lehrperson so häufig kurz vor der Pensionierung<br />

etabliert, empfing uns da. Er erzählte was von Reagenzgläsern, Kolben,<br />

sprach von Verbindungen, fragte ein paar Abkürzungen des Periodensystems<br />

ab und fackelte mit dem Bunsenbrenner herum. Heute, knapp<br />

13 Jahre später, habe ich alles, was mir dieser Herr mit polnischem<br />

Namen erzählte, vergessen. Nicht, dass ich es je wirklich gewusst hätte.<br />

Viel zu interessant waren neben den Fakten ja schließlich vor allem die<br />

Illusionen.<br />

Die Schüler von damals, die Trinker von heute<br />

Heute lernen wir keine chemischen Formeln mehr, wir konsumieren<br />

sie. Das tun wir in den meisten Fällen in Unkenntnis und meist sogar<br />

unbewusst. Doch wenn wir als Schüler von gestern der Trinker von<br />

heute sind, wenn uns also die Faszination rund um die Chemie geprägt<br />

durch gefährliches Halbwissen und allerhand Begeisterungsfähigkeit<br />

die Schulbank gegen die Theke hat eintauschen lassen, so müssen wir<br />

doch zumindest so kritisch sein und einmal hinterfragen, ob die Personen<br />

auf der anderen Seite der Bar – also die Bartender – mehr Kenntnis<br />

von alldem haben als wir selbst.<br />

47


ALCHEMIST<br />

JUICY<br />

STORYS<br />

Text Reinhard Pohorec<br />

Fotos Tim Klöcker<br />

Der Saft im Cocktail gilt vielen als unnötig, lächerlich oder – im<br />

besten Fall – schlichte Notwendigkeit. Dabei ist er doch viel mehr,<br />

und seine Herstellung verdient genauso viel Beachtung wie jede<br />

Spirituose. Denn auch heute, also nach dem Diktat des alkoholischen<br />

Fruchtpunsches, existiert im Prinzip keine Bar ohne ihn.<br />

55


So wie die Presse ihre »juicy<br />

storys« braucht – big and bold<br />

muss es heute sein, um sich über<br />

das alltagstosende Grundrauschen<br />

hinweg Gehör zu verschaffen<br />

–, giert auch die gedankliche<br />

Auseinandersetzung mit der Bar<br />

nach den großen Headlines. Es<br />

wird über jeden erdenklichen<br />

Sprit der Welt philosophiert,<br />

zu dem Hochgeistigen muss der<br />

passende Filler gesucht werden.<br />

Weil es außerdem nicht immer<br />

mit über 40 Umdrehungen im<br />

Triebwerk der Trinkfreude abgehen<br />

muss, begeistert man sich<br />

gleichsam <strong>für</strong> Aperitifs wie etwa<br />

verstärkte Weine.<br />

Die vermeintlich profaneren Themen schaffen<br />

es freilich selten auf die Titelseite. Immer<br />

wieder gibt es da jetzt Zero Waste, konzeptionelle<br />

Menüs oder ganze Single Concept Venues.<br />

Kennt man bereits; philosophische Streiflichter.<br />

Andere Streitthemen sind längst dem gähnenden<br />

Schlund der Drink-Historien-Fadesse<br />

in ihrer schieren Übersättigung zum Opfer gefallen.<br />

Eine extra »saftige« Materie scheint ob<br />

ihrer allgegenwärtig-selbstverständlichen Präsenz<br />

völlig übersehen: der Saft an sich.<br />

Fakt ist: Nach Disco-Disco, Glam und Glitter,<br />

Sprühkerze und Ballonglas treibt dem Mixologen<br />

der Saft vielleicht die Zornesröte ins Gesicht.<br />

Wallbanger, Tutti-Frutti-Mixturen und<br />

andere Saufgetränke, serviert in Monstrositätengläsern,<br />

die wie Goldfischbecken anmuten,<br />

taten der Saftreputation wenig Gutes. Quantität<br />

statt Qualität. Weil der Sprit bekanntlich<br />

teuer ist, boten sich »O« und »A« seit jeher<br />

als Lücken- und Gläserfüller an. Während der<br />

Inner Circle sich stirred and classic verbeißt,<br />

hängt damoklesartig die Erinnerung an den<br />

Pitcher voll Saft – oder gar schlimmer irgendeines<br />

leidigen Konzentrats, Nektars oder sonstigen<br />

Ersatzprodukts – im Hinterkopf. Der Begriff<br />

alleine hat’s nicht leicht.<br />

Das Was<br />

Dabei besteht selbst bei den puristischsten aller<br />

Drinks kein Zweifel an der Notwendigkeit<br />

von Säften, zumindest Zitrus verschiedenster<br />

Art. Dass diese makellos frisch sein sollen statt<br />

bloßer Bestandteil dubioser Sour-Premixes,<br />

ist noch gar nicht so lange en vogue. »Zitrus<br />

ist so allgegenwärtig in Drinks heute, dass es<br />

als selbstverständlich erachtet wird. Früher<br />

war das ›canned‹, also neon-grüner Sour-Mix.<br />

Während heutige Bartender ihren Fokus auf<br />

Apothekerkräuter und esoterische Tinkturen<br />

richten, bekommen die einfache Zitrone und<br />

Limette immer noch nicht die nötige Aufmerksamkeit«,<br />

hält Jeffrey Morgenthaler<br />

fest. Sowohl sein Blog als auch The Bar Book<br />

sind international geschätzte Referenzquellen<br />

<strong>für</strong> den modernen Bar-Alltag.<br />

Nicht zuletzt dank der Pionierarbeit herausragender<br />

Cocktailpersönlichkeiten sollte 20<strong>18</strong><br />

das Entsaften von Zitrone, Limette, Grapefruit<br />

und Co entweder à la minute oder vor der<br />

Schicht in rauen Mengen außer Frage stehen.<br />

Fakt ist auch: Mit stetig zunehmender Komplexität<br />

der Drink-Konzepte sowie der Schar trinkfreudiger<br />

Gäste, die alle gleichzeitig die neuesten<br />

Signatures schlürfen wollen, ist kurzfristig<br />

Arrangiertes <strong>für</strong> jeden Drink oft unmöglich.<br />

Einige der international bekanntesten und<br />

meistgefeierten Bars arbeiten fast ausschließlich<br />

mit Pre-Mixes, um der Menge bei hoher<br />

Qualitätsanforderung irgendwie Herr zu werden.<br />

Das zieht sich bis hin zum Handling frischer<br />

Säfte, sprich zur Frage, wann diese ihren<br />

Auftritt bekommen.<br />

Was die Saftqualität anbelangt, gehen Meinungen<br />

ohnehin auseinander. Wie verhalten<br />

und entwickeln sich Vitamine und Antioxidantien,<br />

wann nagen Licht und Sauerstoff am<br />

geruchlich-geschmacklichen Höhepunkt? Wie<br />

alt müssen oder dürfen Zitrone und Limette<br />

in flüssiger Form sein? Geschmäcker und<br />

Watschen, sie seien bekanntlich verschieden.<br />

In der Tat bringen selbst Blindverkostungen<br />

Mechanische<br />

Saftpresse<br />

Mexican Elbow oder<br />

Saftpresse mit Hebelarm<br />

+ top Saftqualität, weil hoher<br />

Gehalt ätherischer Öle<br />

+ unmittelbarste und am<br />

leichtesten handzuhabende<br />

Variante<br />

+ günstig, transportierbar<br />

– zeit- und arbeitsintensiv<br />

– nur <strong>für</strong> kleinere Mengen<br />

realistisch<br />

Masticating Slowjuicer<br />

+ sensibler, schonender Umgang mit Rohmaterial<br />

+ sehr gute Saftqualität und Bewahrung wertvoller<br />

Inhaltsstoffe<br />

+ klarer Saft<br />

– etwas langsamer und je nach Ausführung<br />

mühsamer in Handhabe und Reinigung<br />

– teurer als Zentrifugen<br />

Dampfentsafter<br />

+ große Mengen Obst in einer Beladung verwertet<br />

+ Sterilisation durch Hitze<br />

+ unkompliziert<br />

+ günstig<br />

– limitierter Einsatz (fast ausschließlich Frucht)<br />

56 Alchemist — Juicy Storys


Die Kehrseite dieser Saftmedaille spricht hingegen<br />

von verminderter Aromatik und schalerem<br />

Geschmack, einer mitunter heftigen<br />

Abhängigkeit vom Lieferanten hinsichtlich Lagerbestand<br />

(bei kurzfristigen Bestellungen beispielsweise),<br />

vielmehr aber noch davon, ob der<br />

Händler wirklich unbehandelte Früchte verwende.<br />

Unterm Strich war <strong>für</strong> Klein klar: »All<br />

diese Punkte berücksichtigend, haben wir uns<br />

entschlossen, wieder selbst zu entsaften. Zwar<br />

sind der Zeit- und Personalaufwand deutlich<br />

höher, die Qualitätssteigerung ist jedoch offensichtlich.<br />

Wir haben Kontrolle, sowohl über<br />

die Prozesse als auch die Ausgangsmaterialien<br />

und deren Herkunft.«<br />

Die Frage ist weniger, wie man den Saft aus der Frucht bekommt – sondern: mit welcher Qualität?<br />

Selbst die Abfälle haben ihre saftigen Seiten,<br />

füllen die Reste der Entsaftung doch schnell<br />

ganze Container. Klein behilft sich mit einer<br />

eigens angeschafften Biotonne zur strikten<br />

Mülltrennung. Darin landen nur jene Teile,<br />

die wirklich nicht mehr weiterverwertet werden<br />

können. Der Bad Ischler versucht, jedem<br />

Abschnitt Wertvolles zu entlocken.<br />

nicht immer stringente Ergebnisse, die eine<br />

klare Präferenz erkennen lassen. Das Fenster<br />

jedenfalls sollte den 24-Stunden-Rahmen nicht<br />

sprengen. Nach einer langen Nacht braucht der<br />

Saft nicht noch sehnsüchtigst auf den nächsten<br />

Abendansturm zu warten.<br />

Qualität und logistische Aspekte müssen<br />

schlüssig miteinander in Relation gesetzt werden.<br />

Die eierlegende Wollmilchsau gibt es wie<br />

immer: nicht. Was im kleinen Speakeasy mit<br />

einer Handvoll Gäste à la minute und direkt<br />

über den Tresen gilt, treibt dem Großcaterer<br />

Angstschweiß auf die Stirn (oder eher noch<br />

Tränen des Amüsements in die Augen). Im<br />

handwerklich orientierten Kleinformatlokal<br />

wird sorgsam jede Zitrusfrucht aufs Schneidebrett<br />

jongliert, mit dem klirrend scharfen<br />

Barmesser japanischer Provenienz halbiert,<br />

um anschließend mittels Handsaftpresse ihrer<br />

kostbaren Flüssigkeit entledigt zu werden.<br />

Durch das unmittelbare Auspressen sowie die<br />

sofortige Verarbeitung in Shaker oder Rührglas<br />

bleibt der Saft mit den über die Schale abgegebenen<br />

ätherischen Ölen stets in Kontakt.<br />

(Randbemerkung: Die Ergiebigkeit temperierter<br />

Früchte gegenüber jenen Vertretern frisch<br />

aus dem Kühlhaus ist deutlich höher – ein<br />

Umstand, der bei jeder Form der Entsaftung<br />

mitbedacht werden sollte.)<br />

Das Woher<br />

Für Kenny Klein, Catering-Unternehmer aus<br />

Oberösterreich, der bei seinen Großveranstaltungen<br />

oft durstigen Horden entgegentritt,<br />

schien ein Kampf mit der Handpresse, dem<br />

»Elbow«, eher einem Gemetzel gleich. Hier<br />

muss größeres Geschütz aufgefahren werden:<br />

»Bis vor einem halben Jahr haben wir frisch<br />

gepressten Zitronen-, Limetten- und Orangensaft<br />

beim Großhändler gekauft«, plaudert der<br />

Bad Ischler aus dem Nähkästchen. Die Argumente<br />

sind mannigfaltig. Da wären perfekte<br />

Kontrolle und eine gewisse Konstanz hinsichtlich<br />

Preis und Qualität – 24/7, 365 Tage im Jahr.<br />

Bauchweh beim Einkauf der Früchte wird<br />

ausgelagert. Die allfälligen Investitionskosten<br />

<strong>für</strong> Entsafter entfallen ebenso. Jeder Milliliter<br />

kann punktgenau dem Aufwand pro Auftrag<br />

zugeordnet werden – ein sicherlich gerade im<br />

Veranstaltungsbereich relevanter Aspekt; aber<br />

auch <strong>für</strong> optimiertes Controlling und Kalkulation<br />

einer unabhängigen Bar interessant.<br />

Dazu kommen die ausgeklammerten Variablen<br />

»Haltbarkeit« und »Arbeitszeit« – vor einer<br />

Wochenendschicht steht ein Barback schon<br />

mehrere Stunden am Gerät.<br />

Das Wie<br />

Hat man die grundsätzliche Frage »Kaufen<br />

oder selber Hand anlegen« <strong>für</strong> sich beantwortet,<br />

geht die Suche nach dem Stein der Weisen<br />

munter weiter. Wie sollen Frucht, Gemüse,<br />

Kräuter – und was sonst noch im Kühlhaus<br />

liegt – verflüssigt werden?<br />

Es gilt stets, die festen Bestandteile der Basismaterialien<br />

– oft Trester genannt – von<br />

flüssigen zu trennen. Dies kann über Reiben<br />

und Zerkleinerung passieren, eine Zentrifuge<br />

schleudert den Saft aus. Dem kostengünstigen<br />

Vorsprung der Zentrifugalmethode stehen<br />

schwankende Saftausbeute, große Hitzeentwicklung<br />

und hoher Oxidationsgrad gegenüber,<br />

da die Schneidwerke oft mit rasender<br />

Geschwindigkeit durch die Feststoffe schlagen.<br />

Folglich werden große Mengen Sauerstoff in<br />

den Saft eingewirbelt, was – von fluffiger Textur<br />

(mehr dazu bei Naren Young) abgesehen<br />

– eher nachteilig zu Buche schlägt.<br />

Alternativ greift man zu nicht-zentrifugierenden<br />

Entsaftern, die entweder mittels Schneidwerk,<br />

Schnecke oder zwei eng beieinanderliegenden<br />

Presswalzen agieren. Das derart<br />

zerkleinerte Gemüse, Obst oder Kraut wird<br />

gegen ein Sieb gepresst, der Saft kann ablaufen<br />

und aufgefangen werden. Generell sind sanft<br />

rotierende Walzen sowie Presskolben weitaus<br />

57


MIXOLOGY TASTE FORUM<br />

HELL &<br />

TROCKEN<br />

Text Peter Eichhorn<br />

Warum hat sich die Paarung aus einem frischen Lagerbier<br />

und einem knackigen, trockenen Wermut eigentlich noch nicht<br />

als sommerliches Gedeck etabliert? Denn das passt. Versprochen.<br />

Für alle Unschlüssigen nimmt das MIXOLOGY TASTE FORUM<br />

jedenfalls beide Gattungen gesondert unter die Lupe.<br />

Illustration: Editienne<br />

65


HOW TO COCKTAIL<br />

VIEUX CARRÉ<br />

Der »Andere« aus New Orleans. Lange Zeit im Schatten von Sazerac, Ramos Gin<br />

Fizz und Hurricane stehend, hat sich der Vieux Carré – kreiert 1938 im stilprägenden<br />

Hotel Monteleone – mittlerweile zu einem echten Liebhaberdrink entwickelt.<br />

Der Hybrid aus Manhattan und Old Fashioned besticht mit gleichzeitiger Würze<br />

und Milde, sein Name ist die französische Bezeichnung des historischen Stadtkerns.<br />

3 cl Bourbon<br />

3 cl Cognac VSOP<br />

3 cl roter Wermut<br />

1 – 2 BL D.O.M. Bénédictine<br />

1 Dash Aromatic Bitters<br />

2 Dashes Peychaud’s Bitters<br />

GLAS: Coupette oder Tumbler<br />

GARNITUR: Zitronenzeste<br />

ZUBEREITUNG: Zutaten in ein Rührglas geben und auf soliden Eiswürfeln<br />

gründlich mind. 30 Sekunden lang kaltrühren. Wahlweise auf einen großen<br />

Eiswürfel (Tumbler) oder »straight-up« (Coupette) in das vorgekühlte Glas<br />

abseihen.<br />

74<br />

Fotos: Constantin Falk, Drink-Design: Nils Wrage, Location: MIXOLOGY-Redaktion, Karl-Marx-Allee, Berlin


TRINKWELT<br />

HELLAS ODER<br />

DUNKLES?<br />

Text Roland Graf<br />

76


Illustrationen: Livia von Seld<br />

77


BUSINESS<br />

MIT VAKUUM<br />

UND KOJI<br />

Text Juliane E. Reichert & Helmut Adam<br />

Foto Sarah Buthmann<br />

Zwei ehemalige »Noma«-Mitarbeiter versuchen die Welt der Spirituose neu zu<br />

erfinden. Während alle Welt denkt, sie müsse weiterhin neue Gins produzieren,<br />

ist man in Kopenhagen ein paar Schritte weiter. Da torft man Wacholder, kultiviert<br />

Koji und schneidet Nächte lang Chilis <strong>für</strong> Habañero-Taco-Taco-Blend. Zu Besuch<br />

in einer Spirituosenwerkstatt, die Geschichte schreiben könnte.<br />

96


»Die Zukunft des Alkohols«, drunter macht es ein <strong>Magazin</strong> wie Vice<br />

nicht. Wenn prominente ehemalige Noma-Mitarbeiter ein neues Projekt<br />

starten, scheinen Superlative von den Medien großzügig frei Haus<br />

geliefert zu werden. Dabei hat Empirical Spirits, gegründet von Lars<br />

Williams – dem früheren Leiter der Research & Development-Abteilung<br />

des berühmten Kopenhagener Restaurants – und Mark Emil Hermansen,<br />

der <strong>für</strong> Noma-Betreiber Redzepi das vielgerühmte Mad-Symposium<br />

organisierte, noch nicht einmal dauerhaft ein Produkt verfügbar.<br />

Der Taxifahrer umkurvt mehrere Minuten riesige Lagerhallen auf der<br />

Suche nach der Adresse der jungen Firma. Die Freistadt Christiania<br />

mit ihren offenen Marijuanaverkaufsstellen und der neue Standort des<br />

Noma liegen hinter uns. Refshaleøen heißt die aufgeschüttete Halb insel,<br />

auf der wir uns befinden. Nach dem Aus der Werft, die hier früher<br />

Tausende von Mitarbeitern beschäftigte, haben sich Start-ups und Kreativfirmen<br />

wie die Brauspezialisten von Mikkeller oder die durch den<br />

Nautilus-Mordfall in den Schlagzeilen befindliche Copenhagen Suborbitals<br />

angesiedelt.<br />

Empirical Spirits kombiniert<br />

die Grundlagen der Shōchū-<br />

Herstellung mit dem Aromenverständnis<br />

des Parfümeurs.<br />

An einer Gruppe Bereitschaftspolizisten vorbeifahrend, die auf einem<br />

Stück offenen Geländes <strong>für</strong> Demonstrationseinsätze trainiert, erspähen<br />

wir schließlich ein großes Metalltor, vor dem uns freundlich Hiro<br />

Takeda, Head of Production bei Empirical Spirits, in Empfang nimmt.<br />

Der ehemalige Koch führt uns in die Halle, die sich die Spirituosenschmiede<br />

mit dem Hefespezialisten White Labs und dem Brau-Restaurant<br />

Amass teilt. Auf den ersten Blick ist überhaupt nicht zu erkennen,<br />

wo die eine Firma aufhört und die nächste anfängt. Aber genau diese<br />

Offenheit ist gewünscht, wie man von Hiro erfährt.<br />

Der Start als »White Blank Page«<br />

Das kleine Team rund um Hermansen und Williams möchte die Kunst<br />

der Destillation ohne vorgefasste Wege ausüben. Angesprochen auf die<br />

ungewöhnlich aussehenden Destillationsapparate erklärt Hiro, der die<br />

Präsenz in seinem Restaurant Wallace 293 in British Columbia <strong>für</strong> die<br />

Zusammenarbeit mit Williams aufgab, dass sie früher zur Gewinnung<br />

von Parfumbestandteilen verwendet wurden. Die Grundlage <strong>für</strong> die<br />

Spirituosenexperimente, die Empirical durchführt, bietet ein eigenes<br />

Destillat. Dieses beruht auf sogenanntem Koji, Getreide- oder Reissorten,<br />

die mit dem Schimmelpilz Aspergillus oryzae versetzt werden.<br />

Das Koji wird in einem aufwendigen Verfahren in Handarbeit produziert.<br />

In einem beheizten Container an der Wand der Halle, der sogenannten<br />

»Koji-Sauna«, liegt auf Holzgestellen Getreide in großen,<br />

flachen, mit feuchtem Stoff eingekleideten Haufen. Ein Mitarbeiter mit<br />

schwarzen Lebensmittelhandschuhen dreht und wendet die Mischung<br />

langsam und sorgfältig mit seinen Händen. Fast hat man den Eindruck,<br />

einer Meditationssitzung beizuwohnen. Das Endprodukt wird schließlich<br />

eingemaischt, vergoren und vakuumdestilliert. Derzeit verwendet<br />

das Team <strong>für</strong> den Gärprozess eine ursprünglich <strong>für</strong> die Bierherstellung<br />

entwickelte belgische Saisonhefe.<br />

Die Experimentalspirituose als Leinwand<br />

Die so gewonnene, klare Spirituose bildet anschließend die Leinwand<br />

<strong>für</strong> die aromatischen Farbspiele, <strong>für</strong> die Empirical gegründet wurde.<br />

Durch Mazeration und teilweise Redestillation finden Fichtensprossen,<br />

Hagebutten oder sogar Fisch ihren Weg in die fertigen Produkte,<br />

die blumige Titel wie »Easy Tiger« oder »Clarence & Alabama Blend«<br />

tragen. Bei unserem Besuch stellt uns Hiro eine Flasche »Fallen Pony<br />

Blend« hin: Quittentee und im Rotationsverdampfer destilliertes Kombucha<br />

geben diesem Produkt eine delikate, aber doch komplexe Aromatik.<br />

Dennoch ist <strong>für</strong> uns in diesem Moment schwer vorstellbar, wo<br />

dieses Produkt stattfinden soll. Die »Bar- und Restaurantszene« sei ihr<br />

erster Ansprechpartner, erklärt Hiro Takeda, und die Resonanz bisher<br />

»extrem gut«.<br />

Mehr kann er uns vor Ort nicht anbieten. Kurz vor Drucklegung<br />

erreicht uns in Berlin noch eine zu einem Drittel gefüllte Flasche<br />

»Charlene McGee Blend«. Dieser laut Beschreibung im Oloroso-Fass<br />

ausgebaute Tropfen ist zusätzlich mit Pilsner Malz hergestellt worden.<br />

Seine Aromatik wird bestimmt durch die Zugabe von geräuchertem<br />

Wacholder. Geschmacklich erinnert er an Whisky – aber ohne die übliche<br />

Wucht, Süße und Schwere. Tatsächlich ruht der finale Blend auch<br />

nur fünf Tage (!) im Fass.<br />

Ein Dealerparadies als Schnapszukunft?<br />

Die Knappheit ist Programm. Empirical Spirits vertreibt Easy Tiger<br />

und Co. bisher ausschließlich über den eigenen Internetauftritt. Über<br />

Soziale Medien und Newsletter werden Neuauflagen oder limitierte Abfüllungen<br />

angekündigt. Verkauft wird bisher immer an Freitagen. Und<br />

die rund 80 Euro teuren Flaschen gehen offenbar weg wie warme Semmeln,<br />

sind meist innerhalb einer Stunde vergriffen. Der Name »Noma«<br />

in den Lebensläufen der Gründer zieht.<br />

Beim Verlassen der Halle werfen wir einen Blick zurück. Der Ort wirkt<br />

wie ein Spielplatz <strong>für</strong> Brenner, Botaniker, Parfümeure oder Dealer. Für<br />

Brenner wegen all der Stahlbauten, Rohrsysteme und Brennblasen. Für<br />

Botaniker wegen des selbst gezüchteten Koji. Und <strong>für</strong> Dealer, weil all die<br />

Rotationsverdampfer doch sehr nach dem aussehen, was man sich so<br />

unter einem gut ausgestatteten Meth-Labor vorstellt. Wir sind gespannt,<br />

was dieses von Londoner Bartendern wie Ryan Chetiyawardana bereits<br />

gehypte Projekt in den nächsten Monaten noch »aufkochen« wird.<br />

__<br />

Empirical Spirits<br />

Refshalevej 173A,<br />

1432 Kopenhagen, Dänemark<br />

— empiricalspirits.co<br />

97


HOMEBAR<br />

Hommage Comète<br />

von Zwiesel <strong>18</strong>72<br />

Material: Kristallglas<br />

Füllmenge: 486 ml<br />

Preis: ca. € 30,50<br />

Quelle: Zwiesel Kristallglas<br />

Tom Dixon Tank<br />

High Ball Glass<br />

Material: Glas<br />

Füllmenge: nicht angegeben<br />

Preis: ca. € 77,00 im 2er-Set<br />

Quelle: Connox<br />

HOCH<br />

HINAUS!<br />

Bambus-Becher<br />

Material: Bambus<br />

Füllmenge: ca. 420 ml<br />

Preis: € 7,99<br />

Quelle: Cocktailian<br />

Ruby Grape<br />

Material: Glas<br />

Füllmenge: ca. 310 ml<br />

Preis: ca. € 87,10<br />

Quelle: Cristalica Kingdom<br />

Longchamp<br />

Longdrinkglas<br />

Material: Kristall<br />

Füllmenge: 360 ml<br />

Preis: € 29,99 im 6er-Set<br />

Quelle: Mäser Gläser<br />

Punk-Nachtmann<br />

Material: Kristall<br />

Füllmenge: 390 ml<br />

Preis: ca. € 4,99<br />

Quelle: Nachtmann-Shop<br />

102


In der zweiten Runde der Homebar in<br />

diesem Jahr geht es zum zweiten Mal ums Glas.<br />

Und zwar um jenes aus der Grauzone namens<br />

Longdrink- und Highball-Glas. Also das Glas<br />

<strong>für</strong> all jene Drinks, die zumindest vordergründig<br />

erst mal etwas süffiger sein wollen. Durst<br />

mitgebracht?<br />

Text Juliane E. Reichert<br />

Es gibt Zeiten im Leben, da kann man nicht immer von allen Dingen<br />

verschiedene Ausführungen haben. Manchmal muss man sich <strong>für</strong> einen<br />

Evergreen entscheiden, <strong>für</strong> eine Variante, die einfach »sitzt« und im<br />

Regal steht – ob es nun Montagvormittag oder Samstagnacht ist. Das<br />

Longdrink-Glas aus der Hommage-Serie ist genau so ein Fall. Mundgeblasen<br />

und aus der Premium-Serie von Charles Schumann wurde hier<br />

ein klassischer Schliff neu interpretiert und beweist mit dickem Boden<br />

und dünnen Glaswänden, dass Stabilität und Eleganz kein Widerspruch<br />

sind. Glaubt man ja manchmal. Im Zweierset bestellbar, mag es<br />

möglicherweise ein wenig kostspieliger werden, eine komplette Bar zu<br />

bestücken. Noch viel teurer wird es allerdings, wenn der Tresen leer<br />

bleibt, weil die Bar nebenan die deutlich schöneren Longdrinkgläser<br />

hat. Passiert mit dem Hommage Comète von Zwiesel <strong>18</strong>72 nicht und<br />

darum geht’s.<br />

Weil es aber nicht immer klassisch zugehen kann und soll, weil wir es<br />

auch mal bunt mögen und weil ein wenig Exzentrik ebenfalls nicht schadet,<br />

gibt es auch die exotische Variante. Aus Bambus, selbstredend. Aus<br />

jeweils einer Bambusstange geschnitten, ist jeder Becher ein Unikat,<br />

was in Zeiten von Maß und Norm durchaus als ein ästhetischer Urlaub<br />

anzusehen ist. Man stelle sich einmal einen Tiki-Drink in einer Tiki-Bar<br />

bei einer Tiki-Laune vor – der dann in diesem Becher kommt. Das ist<br />

nicht nur stilecht, sondern erfordert auch die passende Einrichtung.<br />

Ein breites Rum-Sortiment, Hängematten, Dinge mit Bast. Oder eben<br />

auch nicht, ihr macht das schon. Kann man <strong>für</strong> diesen Preis ja nun auch<br />

einfach einmal ausprobieren und sehen, wie es sich daraus trinkt. Nur<br />

»bedingt spülmaschinenfest« ist der Bambusbecher wegen seiner Lasur.<br />

Eine eher sanfte Reinigung mit lauwarmem Wasser hilft einem Naturprodukt<br />

wie diesem daher, auf lange Sicht Cocktails zu beheimaten, als<br />

wären sie <strong>für</strong> diesen Bambus-Becher erfunden worden.<br />

Über das Leben und seine Preise<br />

Wir wären nicht wir, wenn es in dieser Rubrik nicht mindestens ein<br />

Exemplar mit Goldapplikation gäbe. In diesem Falle ist es das Tom<br />

Dixon Tank High Ball Glass. Mit hauchdünnen und mundgeblasenen<br />

Glaswänden steht es auf einem güldenen Sockel, als gäbe es auf der Welt<br />

kein Leid. Und in diesem Falle stimmt das auch – denn es begrenzt<br />

sich darauf, dass das Glas irgendwann leer ist. Das Gute: Je öfter man<br />

dieses Prozedere ausführt, desto öfter kann man das Glas anfassen. Es<br />

ist ein Quell ewiger Freude und das <strong>für</strong> alle Beteiligten. Sie sind elegant<br />

und leicht, formschön und in keiner Tresenkombination fehlbar. Die<br />

Tom-Dixon-Serie umfasst außerdem Wassergläser, Karaffen, Dekanter,<br />

Champagner- sowie Weingläser. Wer es also zeitlos schick mag, gerade<br />

auch finanziell, und wer seinen Gästen ein wenig Geschick zutraut, der<br />

sollte es tun. Sollte sich an dieser Reihe laben und lieber an den Spirituosen<br />

sparen. Gut, Letzteres haben wir nicht gesagt.<br />

Ebenfalls in der Kategorie »klassisch, zeitlos und in vielen Bars zu<br />

Hause« findet sich das Longchamp Longdrinkglas und ist definitiv<br />

genauso elegant wie sein Name. Mit edlem Kristallschliff und in Tulpenform<br />

lassen sich vermutlich auch die schlechtesten Drinks stilvoll<br />

genießen. Gleichwohl wir das natürlich keinem wünschen. Selbstverständlich<br />

in Frankreich gefertigt, ist das Longchamp ein Glas, mit dem<br />

man besticht ohne zu bedrohen, mit dem man gewinnt ohne überhaupt<br />

einen Verlust zu riskieren. Es ist sozusagen ein Absurdum in einer<br />

Welt aus Allgemeinwahrheiten. Wenn anmutige Noblesse tatsächlich<br />

in sechsfacher Ausführung <strong>für</strong> 30 Euro käuflich ist, sollte man nicht<br />

zögern. Natürlich hat alles im Leben seinen Preis. Aber manchmal im<br />

Leben sind es dann eben doch wirklich nur 30 Euro.<br />

Zwischen Minesweeper und Mai Linh<br />

Dieses Longdrinkglas hat es maßgeblich in diese Rubrik geschafft, weil<br />

es etwas Verstörendes hat. Auf eine gute Weise! Und zwar ist es dieser<br />

Mix aus einem Nietengürtel, den Erinnerungen an Minesweeper und<br />

dem plötzlichen Verlangen nach einer Partie Tetris, der auf eine ganz<br />

eigene Weise betörend wirkt. Auch das Handgefühl ist ein besonderes<br />

und es lauert definitiv die Gefahr, seine Abendbegleitung über die<br />

Tuchfühlung mit dem Punk-Nachtmann zu vergessen und stattdessen<br />

mit ihm auf eine Zeitreise durch die 90er, 80er bis in die Eiszeit. Denn<br />

man stelle sich dieses Glas einmal gefrostet vor und ahne, welch cineastischen<br />

Wert dieses Longdrinkglas an einen Tresen bringt, wenn es<br />

bernsteinfarben leuchtet und dann auch noch die richtige Musik läuft.<br />

Zum Beispiel das Korobeyniki als Klassikversion! Und ganz ehrlich:<br />

Aus Kristall, spülmaschinenfest und zu einem solchen Preis daherkommend,<br />

ist ein »Nein« zu diesem Punk wirklich schwierig.<br />

Exakt, wir haben es uns absichtlich <strong>für</strong> den Schluss aufgehoben. Und Sie<br />

müssen wohl zugeben, dass es, was immer man davon halte, schwer ist,<br />

den Blick davon abzuwenden! Es ist nicht nur sehr rot und golden, es ist<br />

auch weiß bemalt mit filigranen Blumen und Weintrauben. Vermutlich<br />

ist auch das der Grund da<strong>für</strong>, dass dieses Exemplar den stolzen Namen<br />

Ruby Grape trägt. Könnte das Lieblingsstück der Großmutter gewesen<br />

sein, an einem Ort namens »Mai Linh« stehen, könnte aber auch an<br />

den einen oder anderen rot beleuchteten Tresen in Hamburg passen.<br />

Tatsächlich ist jedes Stück dieser Serie ein Unikat – und das, obwohl das<br />

Design ohnehin schon relativ einzigartig ist. Als tatsächliche Kollektion<br />

aus Glas, Vase, Schale, Krug, Karaffe und Aschenbecher möglicherweise<br />

ein wenig viel floral, als bloße Longdrink-Variante allerdings ein Statement.<br />

Und zwar eines, das aufgrund einer speziellen Technik entsteht,<br />

mit der 24-karätiges Gold auf Glas aufgetragen, kunstvoll verarbeitet<br />

und mit Zeit und Geduld getrocknet wird. Bestimmt kein Fall <strong>für</strong> jeden<br />

und schon gar nicht <strong>für</strong> jeden Tag. Aber wie so oft sind das die besten<br />

Dinge: die besonderen.<br />

__<br />

103


GEMEINSAMES<br />

BILDUNGSTRINKEN<br />

Mit dem Bar Symposium Cologne bringt das Team um Dominique Simon<br />

und Dominik Mohr ein Veranstaltungskonzept an den Start, das seit vielen Jahren<br />

das ambitionierteste im deutsch sprachigen Raum ist. Am 23. & 24. April steht<br />

die Domstadt komplett unter dem Zeichen des Shakers.<br />

»Das Wort ›sympós on‹ stammt aus dem Altgriechischen und hatte dort<br />

die Bedeutung ›gemeinsames, geselliges Trinken‹, heute wird es eher als<br />

wissenschaftliche Konferenz übersetzt – genau die beiden Bedeutungen<br />

wollen wir miteinander verbinden«, so der Kölner Bar-Impresario<br />

Dominique Simon. Mit dem Bar Symposium Cologne (BSC) gehen<br />

er und sein langjähriger Mitarbeiter, Spirits-Barchef Dominik Mohr,<br />

einen entscheidenden Schritt: Denn das BSC möchte sich als wichtige<br />

fachliche Plattform innerhalb der deutschsprachigen Bar-Landschaft<br />

etablieren.<br />

Zwei Bühnen – ein Füllhorn an Programm<br />

SAVE THE DATE<br />

BAR SYMPOSIUM COLOGNE<br />

23. UND 24. APRIL 20<strong>18</strong><br />

THE NEW YORKER HARBOUR CLUB, KÖLN<br />

TICKETS VIA SPILLANDCUT.TICKET.IO<br />

— BARSYMPOSIUM.COM<br />

Angesprochen auf das Programm erläutert Simon: »Zwei Tage, zwei<br />

Bühnen, vollgepackt mit Inspiration, Innovationen, tollen Konzepten<br />

und jeder Menge Wissen.« So wird es auf der ersten Bühne in Fachvorträgen<br />

und Diskussionen um zentrale derzeitige Themen des Berufs<br />

gehen – etwa um zeitgemäßes Personalmanagement, Arbeiten im Ausland,<br />

Digitalisierung oder Nachhaltigkeit. Die andere Bühne wird sich<br />

– ganz in der Tradition der Le Bar Rouge bei der Pariser Cocktails Spirits<br />

– innovativen und vielbeachteten Bars widmen, die dort den Besuchern<br />

des Symposiums ihr Konzept erklären und näherbringen werden.<br />

Als Partner hat Simon mit Campari einen starken Partner an seiner<br />

Seite, der das BSC unterstützt. Ansonsten liegt die Betonung der Veranstaltung<br />

jedoch klar auf dem Fokus der Bildung, weniger auf jenem<br />

einer Messe. Zu haben sind Tickets (unter Fachnachweis) zu fairen Konditionen<br />

à 19 Euro pro Tag oder als Kombiticket <strong>für</strong> 35 Euro.<br />

Schnell sein!<br />

Für alle Bartender empfiehlt es sich also, Ende April im Kalender zu<br />

blocken und schon mal eine Couch oder ein Hotelbett in der Rhein-<br />

Metropole zu organisieren – denn die Kölner Bars, die ohnehin einen<br />

vortrefflichen Ruf genießen, dürften an den beiden Tagen des Symposiums<br />

gut gefüllt sein mit alten Bekannten und dem Who’s Who der<br />

hiesigen Szene. Aufgrund der Limitierung auf 400 Besucher pro Tag<br />

und der großen Resonanz innerhalb der Szene dürfte man als »früher<br />

Vogel« beim Ticketkauf gut beraten sein. <strong>Mixology</strong> freut sich auf ein<br />

spannendes erstes Bar Symposium Cologne!<br />

__<br />

110 Veranstaltungen & Wettbewerbe


EINMAL FRANKFURT-ATHEN, BITTE!<br />

SAVE THE DATE<br />

MADE IN GSA COMPETITION 20<strong>18</strong><br />

28. MAI 20<strong>18</strong> IN FRANKFURT AM MAIN<br />

— MADE-IN-GSA.DE<br />

Noch wenige Tage lang ist die Bewerbungsphase<br />

<strong>für</strong> die sechste Made in GSA Competition, diesmal<br />

mit Finale in Frankfurt am Main. Als Hauptgewinn<br />

winkt eine Reise zur Athens Bar Show. Teilnehmen<br />

können alle Bartender und Connaisseurs aus<br />

Deutschland, Österreich, der Schweiz und Südtirol.<br />

Das Fenster ist noch bis zum 9. April offen: Dann endet die Bewerbungsphase<br />

der Made in GSA Competition 20<strong>18</strong>, die mit dem Finale<br />

am 28. Mai 20<strong>18</strong> in Frankfurt am Main ihren Schlusspunkt finden wird.<br />

Damit geht die wichtigste markenübergreifende Cocktail-Competition<br />

im deutschsprachigen Raum in ihre sechste Runde.<br />

Nur noch bis Montag!<br />

An den Anforderungen an die Teilnehmer hat sich seit den Anfängen<br />

im Prinzip nichts geändert: Jeder Kandidat ist aufgerufen, auf Basis des<br />

breiten Pools an Partnerprodukten der Competition einen zeitgemäßen,<br />

114 Veranstaltungen & Wettbewerbe<br />

balancierten Cocktail zu entwickeln, der nicht nur die Güte des eigenen<br />

Handwerks, sondern vor allem die Mixability der gewählten<br />

heimischen Produkte demonstriert. Freilich dürfen auch Fremdprodukte<br />

zur Entwicklung der Rezeptur herangezogen werden, die Basis<br />

jeder Einreichung jedoch muss eine Spirituose bzw. ein Produkt aus<br />

dem Partner-Pool sein – bei über 100 Produkten dürfte wohl <strong>für</strong> jeden<br />

Geschmack und jede Mix-Vorliebe etwas dabei sein. Wie schon in den<br />

Vorjahren werden zwei Getränkebereiche gesondert betont: Einerseits<br />

durch die feste Sonderkategorie »Limonade & Filler«, andererseits mit<br />

der diesjährigen Spirituosen-Sonderkategorie »Likör & Wermut« – denn<br />

auch in diesem Segment haben die Alpenländer sowohl reichlich Traditionelles<br />

als auch Innovatives zu bieten. Alle Einzelheiten zur Teilnahme,<br />

den Anforderungen und zum Regelwerk gibt es selbstverständlich<br />

auf der Website der Competition.<br />

Erst Äbbelwoi, dann griechischer Wein?<br />

Und die Teilnahme lohnt sich wie immer: Der oder die Dritt- und<br />

Zweitplatzierte erhalten wie immer bei Made in GSA einen Einkaufsgutschein<br />

<strong>für</strong> den Cocktailian Online Shop bzw. eine Reise zur Berliner<br />

Barwoche im Oktober – inklusive Anreise, Übernachtung und Ticket<br />

zum BCB sowie den <strong>Mixology</strong> Bar Awards. Für den Sieger des Jahres<br />

20<strong>18</strong> gibt es indes ein ganz besonderes Schmankerl: Sie oder er gewinnt<br />

eine Reise zur Athens Bar Show im November 20<strong>18</strong>. Die Athener Bars<br />

haben sich in den letzten Jahren als mixologische und gastliche Orte<br />

nicht nur einen fast einzigartigen Ruf erarbeitet, nein: Die Athens Bar<br />

Show zählt mittlerweile zu den wichtigsten und szeneintern beliebtesten<br />

Fachveranstaltungen in ganz Europa. Der Gewinner der Made in<br />

GSA Competition 20<strong>18</strong> reist nach Athen, natürlich mit allem Drum und<br />

Dran.<br />

Worauf also noch warten? Das Anmeldeformular ruft und ist bis zum<br />

Abend des 9. April geöffnet. Rund <strong>18</strong>0 Bartender aus dem deutschsprachigen<br />

Raum haben sich 2017 beworben, wir sind gespannt, wie<br />

viele es diesmal werden. Übrigens: Die bisherigen Sieger stammten aus<br />

Deutschland und der Schweiz – Österreich, da geht noch was! __<br />

Foto: Constantin Falk


U N S E R W I S S E N Ü B E R F A S S H Ö L Z E R<br />

I S T G E N A U S O K O M P L E X<br />

W I E U N S E R E W H I S K Y S<br />

Bei Glenmorangie sind wir ausgewiesene Experten,<br />

um die feinsten Eichenfässer in aller Welt zu finden und<br />

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