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Heizungsjournal Sonderdruck 2017/2018 | YADOS Wärmenetztechnik

Heizen mit konventionellen und alternativen Energieträgern. KWK-Lösung für Wohn- und Betreuungseinrichtungen. Trinkwassererwärmung als patentierte Versorgungslösung. Treiber der Wärmewende. Ausgestaltung intelligenter Wärmenetze. #diekraftwärmekältemacher

Heizen mit konventionellen und alternativen Energieträgern.
KWK-Lösung für Wohn- und Betreuungseinrichtungen.
Trinkwassererwärmung als patentierte Versorgungslösung.
Treiber der Wärmewende. Ausgestaltung intelligenter Wärmenetze.

#diekraftwärmekältemacher

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<strong>Sonderdruck</strong><br />

<strong>2017</strong>/<strong>2018</strong><br />

T R E N D S | P R O D U K T E | S Y S T E M E | D E S I G N<br />

Heizen mit konventionellen und alternativen Energieträgern<br />

Seite 2- 4<br />

Hoher Energiebedarf<br />

sichert Wirtschaftlichkeit<br />

KWK-Lösung für Wohnund<br />

Betreuungseinrichtungen<br />

Seite 5- 9<br />

Karl Gentner:<br />

Trinkwassererwärmung<br />

als patentierte Versorgungstechnologie<br />

Seite 10 -12<br />

Treiber der Wärmewende<br />

Ausgestaltung intelligenter<br />

Wärmenetze 4.0


1 I<br />

Hoher Energiebedarf sichert Wirtschaftlichkeit<br />

KWK-Lösung für Wohn- und Betreuungseinrichtungen<br />

Nach Sanierung und Ausbau ihres energetischen Versorgungssystems erzeugt eine Seniorenanlage am<br />

Rande von Augsburg ihren Strom- und Wärmebedarf weitestgehend selbst. Das kürzlich abgeschlossene<br />

Projekt gibt Einblick in die Planung und Umsetzung eines dezentralen Effizienzkonzeptes und zeigt,<br />

wie sich Energieproduktion und -nutzung mit einer KWK-Lösung ökonomisch und ökologisch sinnvoll<br />

koordinieren lassen.<br />

Blockheizkraftwerke (BHKW), die auf Basis<br />

von Kraft-Wärme-Kopplung arbeiten,<br />

spielen eine entscheidende Rolle für das<br />

Gelingen der Energie- und Wärmewende<br />

in Deutschland. Hochentwickelte Anlagen,<br />

die gleichzeitig elektrische Energie<br />

und Wärme generieren, nutzen eingesetzte<br />

Primärenergie deutlich effizienter als<br />

solche mit getrennter Produktion. Bis zum<br />

Jahre 2020 soll die Stromerzeugung aus<br />

KWK-Anlagen deshalb auf 110 Terawattstunden<br />

pro Jahr (TWh/a) und bis zum Jahr<br />

2025 auf 120 TWh/a erhöht werden. Zum<br />

Vergleich: 2016 wurden in Deutschland<br />

insgesamt rund 648 Milliarden Kilowattstunden<br />

(648 TWh) Strom erzeugt.<br />

Lohnend ist die Investition in die KWK-<br />

Technologie vor allem dort, wo regelmäßig<br />

viel Strom und Wärme verbraucht<br />

wird. In Alten- und Pflegeheimen oder in<br />

betreuten Wohnanlagen ist die energetische<br />

Grundlast für gewöhnlich überdurchschnittlich<br />

hoch: Ältere Menschen<br />

weisen häufig einen erhöhten Wärmebedarf<br />

auf, Bäder und Badeeinrichtungen<br />

benötigen warmes Wasser in umfangreichen<br />

Mengen und der Verpflegungsbetrieb<br />

ist energieintensiv. Signifikante<br />

Stromaufwände entfallen darüber hinaus<br />

auf die Technische Gebäudeausrüstung<br />

(TGA) – etwa zur Belüftung, Beleuchtung<br />

oder zum Transport in und am Gebäude.<br />

2 <strong>Heizungsjournal</strong> 11.<strong>2017</strong>


Rahmenbedingungen<br />

und Herausforderungen<br />

Die seit 1995 von einer privaten, gemeinnützigen<br />

Stiftung betriebene Seniorenanlage<br />

bietet 121 Personen in unterschiedlichen<br />

Wohneinheiten des Altenpflegeheims<br />

oder in Apartmenthäusern eine<br />

Unterkunft. Zum Seniorenwohnheim gehören<br />

mehrere Gemeinschafts- und Speiseräume,<br />

ein Schwimmbad und Therapieräume<br />

sowie ein Restaurant- und<br />

Cafeteria-Betrieb.<br />

Die Notwendigkeit, das bisherige Versorgungssystem<br />

zu erneuern, resultierte<br />

aus der nahezu bis zur Kapazitätsgrenze<br />

ausgelasteten, energietechnischen Infrastruktur<br />

der Einrichtung. Die Wärmeerzeugung<br />

erfolgte bislang über eine Gaskessel-Kaskadenanlage<br />

mit einer Nennleistung<br />

von insgesamt 900 kW. Aufgrund<br />

des kontinuierlich gestiegenen Wärmebedarfs<br />

im Pflegebetrieb des Seniorenheims<br />

wurde die Anlage dauerhaft unter Volllast<br />

betrieben. Auch die Leistungsgrenze der<br />

Trinkwassererwärmungsanlage (TWE-Anlage)<br />

war erreicht. Weder die erhöhten<br />

Abnahmebedingungen konnten zukünftig<br />

erfüllt werden, noch waren die hygienetechnisch<br />

definierten Betriebstemperaturen<br />

für die zwei 1.500-Liter-Trinkwarmwasserspeicher<br />

mit vertretbarem Energieaufwand<br />

zu bewerkstelligen.<br />

1 I Die besonderen topografischen<br />

und infrastrukturellen Gegebenheiten<br />

erforderten eine passgenaue<br />

Aufstellung des Anlagencontainers<br />

am Standort. Innerhalb eines einzigen<br />

Tages erfolgte die Implementierung<br />

durch Bezler Sanitär und Yados<br />

gemeinsam mit den beauftragten<br />

Gewerken. Die Wärmezentrale wurde<br />

per Schwertransporter angeliefert –<br />

der Container verfügt über ein<br />

Gesamtgewicht von rund 47 Tonnen.<br />

2 I Schematische Darstellung<br />

der neu implementierten Energiezentrale<br />

der Seniorenanlage<br />

(Fließschema).<br />

2 I<br />

<strong>Heizungsjournal</strong> 11.<strong>2017</strong>3


Kraft-Wärme-Kopplung<br />

Vor diesem Hintergrund erhielt das in<br />

Augsburg ansässige HLK-Unternehmen<br />

Bezler Sanitär GmbH den Auftrag, eine<br />

Lösung zu entwickeln, die eine deutliche<br />

Verringerung des Primärenergieeinsatzes<br />

und damit zugleich eine entsprechende<br />

Senkung der Betriebskosten ermöglichen<br />

würde. Die darauf aufbauende technische<br />

Anlagenplanung und -ausführung<br />

übernahm der in Hoyerswerda beheimatete<br />

Energieanlagenspezialist Yados, der<br />

durch zahlreiche KWK-Großprojekte im<br />

In- und Ausland über die benötigte fachliche<br />

Expertise und Erfahrungskompetenz<br />

verfügt.<br />

Erzeuger und Verbraucher werden eins<br />

Das gemeinsame Konzeptziel beider Unternehmen<br />

sah ein kombiniertes Energieerzeugungssystem<br />

vor, mit dem die Stiftung<br />

sowohl Strom als auch Wärme selbst<br />

dezentral generieren und im Gebäudebetrieb<br />

nutzen kann – und das bei gleichzeitiger<br />

Entlastung der Gaskessel-Anlage<br />

und verbesserter Gesamtheizleistung.<br />

Ermöglicht wurde dies über eine bedarfskonform<br />

dimensionierte KWK-Anlage,<br />

welche die Effizienzpotentiale des<br />

Kopplungsprinzips von Strom- und Wärmeerzeugung<br />

optimal ausschöpft. Der<br />

Umstand, dass die Senioreneinrichtung in<br />

Stadtbergen über keine detaillierten Wärmeverbrauchswerte<br />

aus den Vorjahren<br />

verfügte, stellte dabei eine besondere<br />

Herausforderung für die planenden Ingenieure<br />

dar.<br />

Realisiert wurde schließlich ein von<br />

Yados entwickeltes, auf 8.000 Betriebsstunden<br />

ausgelegtes, wärmegeführtes<br />

BHKW, mit einer thermischen Leistung von<br />

80 kW und einer elektrischen Leistung von<br />

50 kW. Die im KWK-Prozess gewonnene<br />

Wärme sowie rund 400.000 kWh Strom<br />

werden größtenteils direkt am Standort<br />

verbraucht. Zur Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit<br />

bei Spitzenlastzeiten<br />

oder einem Ausfall der Anlage wurde zusätzlich<br />

ein Gas-Brenn wertkessel mit einer<br />

Heizleistung von 260 kW integriert. Der<br />

große Modulationsbereich der Kesselanlage<br />

ermöglicht es, die Leistungsabgabe<br />

automatisch dem jeweiligen Wärmebedarf<br />

– der aufgrund jahreszeit licher Einflüsse<br />

und unterschiedlicher Warmwasser-Anforderungen<br />

variiert – exakt anzupassen.<br />

Die stufenlose Verbrennungsregelung<br />

reduziert dabei die Anzahl der<br />

Brennerstarts, was zu einer deutlichen<br />

Energieeinsparung führt. Der ermittelte<br />

Normnutzungsgrad des Gas-Brennwertkessels<br />

liegt bei knapp über 109 Prozent.<br />

Das vorhandene Trinkwassererwärmungssystem<br />

wurde durch eine leistungsstärkere<br />

Anlage mit zwei 1.000-<br />

Liter-Pufferspeichern ersetzt. Die Anlage<br />

entspricht den sicherheits- und<br />

hygienetechnischen Vorgaben relevanter<br />

Regelwerke (gem. Trinkwasserverordnung,<br />

TrinkwV 2001, und dem DVgW-<br />

Arbeitsblatt W 551 für Planung, Errichtung,<br />

Betrieb und Sanierung von<br />

Trinkwasser-Installationen). Sie basiert<br />

auf einem zweistufigen Speicherladesystem,<br />

das die Nutzung hoher primärer<br />

Vorlauftemperaturen erlaubt. Der Heizwasservolumenstrom<br />

wird dadurch<br />

deutlich verringert und heizwasserseitig<br />

lassen sich sehr niedrige Rücklauftemperaturen<br />

erzielen. Der reduzierte Volumenstrom<br />

wirkt sich positiv auf die Energieaufwandsbilanz<br />

der Anlage aus: Der<br />

Brennwerteffekt ist optimal nutzbar, der<br />

Strombedarf für den Pumpeneinsatz<br />

sinkt und Wärmeverluste in der Installation<br />

werden minimiert.<br />

Aufgrund ihrer bedarfsspezifischen<br />

Auslegung handelt es sich bei KWK-Anlagen<br />

stets um individuelle Kundenlösungen.<br />

Auch die Bauweise und die Art ihrer<br />

Integration in die energetische Infrastruktur<br />

vor Ort sind variabel anpassbar. Da<br />

sich der Aufstellungsort in unmittelbarer<br />

Nähe der Pflegebereiche, des Restaurants<br />

sowie von Feuerwehrzufahrt und Fluchtwegen<br />

befindet, waren für den Ausbau<br />

des Containers (insbesondere für Materialwahl<br />

und Komponentenausführung)<br />

deutlich erhöhte Brand- und Schallschutzvorschriften<br />

einzuhalten. In Stadtbergen<br />

wählte man deshalb eine flexible<br />

Con tainer-Ausführung, bei der die<br />

4 HeizuNgSjournal 11.<strong>2017</strong>


3 I<br />

Aggregate als Komplettsystem in einer<br />

speziell verstärkten Betonraumzelle verbaut<br />

wurden. Der Container (Abmessungen<br />

L x B x H: 9 x 5 x 4,5 m, Masse: 47 t),<br />

ausgestattet mit BHKW-Aggregat, neuer<br />

Kesselanlage, Pufferspeicher und Übergabestation,<br />

wurde komplett steckerfertig<br />

von Yados in Hoyerswerda vorkonfektioniert.<br />

Basis einer neuen<br />

Wärmenetzgeneration<br />

Weitere Effizienzpotentiale lassen sich erschließen,<br />

wenn technisch hochentwickelte<br />

Energieaggregate im Verbundsystem<br />

überwacht und möglichst präzise<br />

geregelt und gesteuert werden können.<br />

Übergeordnete Regelungseinheiten, wie<br />

beispielsweise die zentrale Leittechnik<br />

„Yado|Link“, vernetzen durchgängig alle<br />

Anlagenkomponenten und Funktionen.<br />

Die auf Basis von Bussystemen umgesetzte<br />

Systemtechnik realisiert dabei vielfältige<br />

Aufgaben: Verarbeitungsprozesse<br />

zwischen unterschiedlichen Energiequellen<br />

und Wärmeverbrauchern werden in<br />

Echtzeit erfasst, analysiert, visualisiert<br />

und bedarfsgerecht modifiziert. Die intelligente<br />

Steuerung sorgt damit für einen<br />

wirtschaftlichen, sicheren und energieeffizienten<br />

Anlagenbetrieb, von dem Betreiber,<br />

Verbraucher und nicht zuletzt die<br />

Umwelt profitieren. Mit dem aktuellen<br />

Förderprogramm „Modellvorhaben Wärmenetze<br />

4.0“, welches seit Juli <strong>2017</strong> erstmals<br />

eine systemische Förderung im Bereich<br />

der Wärmeinfrastruktur vorsieht,<br />

rücken intelligente Leit- und Kommunikationssysteme<br />

verstärkt in den Fokus<br />

von Planern und Betreibern. Sie gelten als<br />

Förderungsvoraussetzung für Einzeltechnologien<br />

und -komponenten sowie zukünftig<br />

auch für Gesamtsysteme. ❚<br />

[Martin Gentner, Yados GmbH,<br />

Hoyerswerda]<br />

Weitere Informationen unter:<br />

www.yados.de<br />

3 I Blick in den Systemcontainer:<br />

Die Betonraumzelle<br />

beherbergt<br />

die komplette Anlagentechnik<br />

für die dezentrale<br />

Energieerzeugung. Hier zu<br />

sehen: Das kompakte<br />

Blockheizkraftwerk<br />

mit einer thermischen<br />

Leistung von 80 kW und<br />

einer elektrischen Leistung<br />

von 50 kW. (Fotos: Yados)<br />

<strong>Heizungsjournal</strong> 11.<strong>2017</strong>5


Karl Gentner<br />

Trinkwassererwärmung als<br />

patentierte Versorgungstechnologie<br />

Die Bereitstellung von Trinkwarmwasser ist an restriktive Vorgaben der Trinkwasserhygiene gebunden.<br />

Mit wirtschaftlicher und ökologischer Intelligenz punkten Versorgungssysteme, die neben der Einhaltung<br />

von Hygienekonformität zugleich eine hohe Betriebseffizienz gewährleisten können. Ein patentiertes<br />

Trinkwassererwärmungssystem des Anlagenentwicklers Yados zeigt, wie sich durch Senkung der<br />

primärseitigen Rücklauftemperaturen beide Anforderungen erfüllen lassen.<br />

Karl Gentner<br />

<strong>YADOS</strong> GmbH<br />

Yados-Straße 1<br />

D-02977 Hoyerswerda<br />

Fon (0 35 71) 2 09 32-0<br />

karl.gentner@yados.de<br />

www.yados.de<br />

Krefeld (NRW) im vergangenen Herbst:<br />

Ein Quartier mit rund 900 Wohneinheiten<br />

geht ans Fernwärmenetz. Nach rund<br />

60-jähriger Betriebszeit musste für die<br />

energetische Infrastruktur des Stadtteils<br />

Elfrath ein Neukonzept der Wärmeversorgung<br />

realisiert werden und eine umfassende<br />

Modernisierung von Leitungssystem<br />

und Anlagentechnik erfolgen. Insgesamt<br />

24 Mehrfamilienhäuser der in<br />

den 1960er-Jahren entstandenen Siedlung<br />

sollten dabei mit zukunftsfähigen<br />

Trinkwassererwärmungssystemen (TWE-<br />

Systemen) ausgestattet werden.<br />

Zwei zentrale Leistungskriterien standen<br />

bei der Wahl einer geeigneten Anschlusstechnologie<br />

im Fokus von Versorger<br />

und Anlagenbetreiber: ein hoher Systemwirkungsgrad<br />

zur Unterstützung eines maximal<br />

effizienten Anlagenbetriebs sowie<br />

die technische Umsetzbarkeit hygienerechtlicher<br />

Vorgaben, wie sie unter anderem<br />

die deutsche Trinkwasserverordnung<br />

(TrinkwV 2001), das Arbeitsblatt DVGW W<br />

551 und die Richtlinie VDI 6023 vorsehen.<br />

Die optimale technologische Lösung<br />

für Elfrath erkannten Planer in einem<br />

hoch entwickelten Niedertemperatursystem<br />

des Energieanlagenspezialisten<br />

Yados aus Hoyerswerda (Abb. 1).<br />

Seinem Anlagenkonzept zur Bereitstellung<br />

von Trinkwarmwasser liegt ein<br />

vielfach geprüftes, patentiertes Verfahren<br />

zugrunde, das eine optimale Nutzung<br />

der eingesetzten Primärenergien<br />

bei gleichzeitig konsequenter Einhaltung<br />

hygienetechnischer Regelwerksvorgaben<br />

ermöglicht (Anlagentyp „YADO|AQUA<br />

PR“; Abb. 3). Der Prozess der primären<br />

Rücklauftemperaturauskühlung nimmt<br />

dabei eine Schlüsselfunktion ein.<br />

6 Installationstechnik heizung <strong>2017</strong>


1 I<br />

Präzisionstechnologie für den<br />

regelwerkskonformen Anlagenbetrieb<br />

Das 2014 vom deutschen Patentamt<br />

(Patent-Nr. 10 2010 044 535) zugelassene<br />

Verfahren sowie das dazugehörige<br />

Anlagenkonzept sind das Ergebnis weitreichender<br />

Entwicklungs- und Prüfabläufe,<br />

die unter anderem in Zusammenarbeit<br />

mit den Stadtwerken München<br />

(SWM) im Rahmen des Forschungsprojekts<br />

„Low-Ex-Systeme“ untersucht<br />

und getestet wurden. Als Konzeptionsgrundlage<br />

für ein rücklaufoptimiertes<br />

Trinkwassererwärmungssystem wurden<br />

die Bestimmungen der Trinkwasserverordnung<br />

und die des Arbeitsblattes<br />

DVGW W 551 („Trinkwassererwärmungsund<br />

Trinkwasserleitungsanlagen; Technische<br />

Maßnahmen zur Verminderung<br />

des Legionellenwachstums; Planung,<br />

Errichtung, Betrieb und Sanierung von<br />

Trinkwasser-Installationen“) herangezogen<br />

und anlagentechnisch im Detail<br />

umgesetzt. Neben der Bereitstellung einer<br />

hygienisch einwandfreien Trinkwasserqualität,<br />

einschließlich der systematischen<br />

Minimierung des Legionellenrisikos,<br />

wurde als zweites zentrales Leistungsmerkmal<br />

die Erzeugung niedriger Rücklauftemperaturen<br />

definiert. Und das sowohl<br />

beim Fernwärmeanschluss als auch<br />

beim Einsatz von Brennwerttechnik und<br />

Blockheizkraftwerken.<br />

Darüber hinaus sollte durch Verminderung<br />

der Verkalkungsneigung insbesondere<br />

auch einem frühzeitigen Komponentenausfall<br />

(etwa von Pumpen- oder<br />

Wärmeübertragern) vorgebeugt werden.<br />

TWE-Technologie sichert<br />

Temperaturen und Fließverhalten<br />

Das DVGW-Arbeitsblatt W 551 spezifiziert<br />

die Anlagenfahrweise eines TWE-<br />

Systems bei Großanlagen. Die Bestimmungen<br />

betreffen dabei im Wesentlichen<br />

das Zirkulationsverhalten und einzuhaltende<br />

Temperaturniveaus innerhalb der<br />

Anlage.<br />

Demnach ist eine systematische Unterschreitung<br />

der Trinkwarmwassertemperatur<br />

am Trinkwassererwärmeraustritt<br />

von 60 Grad Celsius sowie von minimal<br />

55 Grad Celsius in der Zirkulationsleitung<br />

nicht zulässig. Gleichzeitig muss mindestens<br />

einmal in 24 Stunden eine Erwärmung<br />

des vollständigen Wasserinhalts des<br />

Speichers und der Vorwärmstufe auf 60<br />

Grad Celsius sichergestellt werden (tägliche<br />

Durchladung wegen Vorwärmstufe).<br />

Um die vorgeschriebene Trinkwasserhygiene<br />

stabil zu gewährleisten, ist neben<br />

thermischen Faktoren auch das Fließverhalten<br />

des Trinkwassers in der Installation<br />

zu berücksichtigen. Eine wichtige Rolle<br />

spielt hier die angemessene, fachgerechte<br />

Dimensionierung von Zirkulationsleitungen<br />

und Zirkulationspumpen sowie<br />

ein kontinuierlicher Zirkulationsfluss, der<br />

nicht länger als maximal acht Stunden pro<br />

Tag unterbrochen werden darf.<br />

Diese in den Regelwerken verbindlich<br />

festgelegten Richtwerte orientieren sich<br />

primär am aktuellen Wissensstand der<br />

Kontaminationsforschung und der Installationspraxis,<br />

die sich mit den Ursachen<br />

1 I Das Firmengelände der<br />

Yados GmbH in Hoyerswerda (2016).<br />

Installationstechnik heizung <strong>2017</strong> 7


und Auswirkungen mikrobieller Verunreinigungen in<br />

wasserführenden Systemen beschäftigt. Mit dem<br />

Ziel, einen höchstmöglichen Schutz des Verbrauchers<br />

vor gesundheitsgefährdenden Organismen wie dem<br />

Legionellen-Bakterium (Legionella pneumophila) zu<br />

gewährleisten, werden dabei vor allem replikationsfördernde<br />

Einflussgrößen fokussiert. Auf Grundlage der<br />

1. novellierten Trinkwasserverordnung traten 2011<br />

unter anderem für Betreiber von Großanlagen verschärfte<br />

Prüf- und Handlungspflichten in Kraft.<br />

Für die Ausbildung von Legionellen-Kolonien innerhalb<br />

eines Installationssystems sind zwei Faktoren besonders<br />

relevant: hohe Stagnationszeiten des Trinkwassers<br />

von über acht Stunden und kritische Temperaturbereiche<br />

zwischen 25 und 55 Grad Celsius.<br />

2 I<br />

Entsprechend lassen sich hochentwickelte und präzise<br />

regelbare TWE-Systeme als wirksames Instrument in<br />

der Legionellenprävention gemäß der allgemein anerkannten<br />

Regeln der Technik (a.a.R.d.T.) nutzbar<br />

machen. Wie auf Grundlage gesenkter Primär-Rücklauftemperaturen<br />

gleichzeitig hohe energetische und<br />

wirtschaftliche Effizienzpotenziale erschlossen werden<br />

können, zeigt das Funktionsprinzip der „YADO|AQUA<br />

PR“-Anlage (Abb. 4).<br />

Verbesserte Energiebilanz<br />

durch gesenkte Rücklauftemperaturen<br />

3 I<br />

2 I Trinkwassererwärmungssystem „YADO|AQUA PR“.<br />

3 I Systeminstallation in einem Münchener Mehrfamilienhaus<br />

mit Fernwärmeübergabestation, Trinkwassererwärmungssystem<br />

und Pufferspeicher.<br />

4 I Funktionsschema des Trinkwassererwärmungssystems<br />

„YADO|AQUA 1IL-PR“ mit zweistufiger Speicherladung.<br />

5 I 24-Stunden-Messprotokoll aus einem Münchener<br />

Neubau während der Heizperiode: Die ermittelten durchschnittlichen<br />

Fernwärme-Rücklauftemperaturen liegen bei<br />

knapp über 30 Grad Celsius.<br />

6 I Messergebnisse nach Sanierung der Warmwasserbereitung<br />

ohne Heizungsoptimierung: In einem Altbau wurde lediglich<br />

ein Registerspeicher durch das Trinkwassererwärmungssystem<br />

„YADO|AQUA PR“ ersetzt. Die Auswertung zeigt, dass der<br />

benötigte Volumenstrom des Fernheizwassers deutlich reduziert<br />

und die Rücklauftemperaturen gesenkt werden konnten.<br />

(Fotos/Grafiken: Yados GmbH)<br />

Die TWE-Anlage basiert auf einem zweistufigen Speicherladesystem,<br />

bei dem durch Nutzung hoher primärer<br />

Vorlauftemperaturen der Heizwasservolumenstrom<br />

deutlich verringert werden kann und sich heizwasserseitig<br />

sehr niedrige Rücklauftemperaturen erzielen<br />

lassen. Dies geschieht durch eine spezielle Schaltung<br />

eines Vor- und Nachwärmers: Der Zirkulationsvolumenstrom<br />

wird dabei permanent und unterbrechungsfrei<br />

erwärmt, sodass eine optimale Schichtung im Trinkwarmwasser-Pufferspeicher<br />

unter Einhaltung der hygienerechtlich<br />

geforderten Trinkwarmwassertemperatur<br />

von 60 Grad Celsius erzielt werden kann. Die Reduktion<br />

des Volumenstroms wiederum wirkt sich positiv auf<br />

die Energieaufwandsbilanz der Anlage aus; so lassen<br />

sich der Strombedarf für den Pumpeneinsatz senken<br />

und Wärmeverluste in der Installation minimieren.<br />

Im Prozess der Speicherladung wird zunächst die<br />

Trinkwarmwassertemperatur des Zirkulationsvolumenstroms<br />

im Nachwärmer auf 60 Grad Celsius angehoben.<br />

Gleichzeitig kühlt Wasser aus dem Trinkwarmwasserspeicher<br />

den Heizwasservolumenstrom im Vorwärmer<br />

gezielt ab. Sobald dem Speicher im oberen<br />

Teil Trinkwarmwasser über die Zapfstellen entnommen<br />

wird, strömt kaltes Trinkwasser in den unteren Teil<br />

des Pufferspeichers nach. Dieser Vorgang führt zu<br />

einer natürlichen stabilen Temperaturschichtung im<br />

Speicher, ohne dass eine zu große Mischzone durch<br />

Konvektion entsteht (Schichtladespeicherung). Wird<br />

aus dem Pufferspeicher kein Trinkwarmwasser gezapft,<br />

etwa in der Nacht, läuft kein kaltes Trinkwasser<br />

mehr in den unteren Speicherbereich nach. Das Trinkwarmwasser<br />

verdrängt den Restbestand des Kaltwassers,<br />

bis der Trinkwarmwasserspeicher auf 60 Grad<br />

8 InstaLLatIonstEchnIK hEIzUng <strong>2017</strong>


durchgeladen ist. Erst ab diesem Zeitpunkt<br />

steigt die Primärrücklauftemperatur<br />

wieder an.<br />

Effizienzpotenziale bei Planung,<br />

Betrieb und Werterhaltung<br />

Heizwasservorlauf<br />

Regelung<br />

Trinkwarmwasser<br />

Aus ökonomischer Perspektive lassen sich<br />

durch Einsatz eines rücklaufoptimierten<br />

TWE-Systems bereits im Planungsprozess,<br />

aber auch in der nachgelagerten<br />

Instandhaltung Einspareffekte realisieren,<br />

unter anderem<br />

• bei der Dimensionierung<br />

des Leitungsnetzes durch<br />

verringerte Leitungsquerschnitte,<br />

• bei der Dimensionierung der<br />

Anlagentechnologie durch Wahl<br />

kleinerer Pumpen mit niedrigerer<br />

elektrischer Energieaufnahme,<br />

Heizwasserrücklauf<br />

Dreiwegeventil<br />

Wärmezähler<br />

Speicherladekreispumpe<br />

Heizwasserladepumpe<br />

Wärmeübertrager<br />

(Vorwärmer)<br />

Wärmeübertrager<br />

(Nachwärmer)<br />

Durchgangsventil<br />

Trinkwarmwasser<br />

Zirkulationspumpe<br />

Trinkwarmwasserzirkulation<br />

Speicher<br />

Trinkwasser<br />

4 I<br />

• im Rahmen von Wartungs- und<br />

Instandsetzungsmaßnahmen aufgrund<br />

verringerter thermischer Beanspruchung<br />

des Installationsmaterials und<br />

reduzierter Verkalkungsneigung.<br />

Die Höhe des real erzielbaren Effizienzgrades<br />

hängt dabei wesentlich vom<br />

individuellen Nutzerverhalten (Abnahmemenge<br />

des Warmwassers) ab und wird<br />

entscheidend durch bau- und planungstechnische<br />

Maßnahmen beeinflusst.<br />

Hierzu zählen insbesondere die angemessene<br />

Dimensionierung und Dämmung<br />

des Trinkwarmwasserspeichers und der<br />

Zirkulationsleitungen sowie ein sachgerechter<br />

hydraulischer Abgleich.<br />

Fazit<br />

70,00<br />

65,00<br />

60,00<br />

55,00<br />

50,00<br />

45,00<br />

40,00<br />

35,00<br />

30,00<br />

25,00<br />

20,00<br />

15,00<br />

10,00<br />

5,00<br />

0,00<br />

Georg Kerschensteiner Str. 29 am 17. Januar 2015<br />

17.01.2015 00:01<br />

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17.01.2015 12:01<br />

17.01.2015 12:31<br />

17.01.2015 13:01<br />

17.01.2015 13:31<br />

17.01.2015 14:01<br />

17.01.2015 14:31<br />

17.01.2015 15:01<br />

17.01.2015 15:31<br />

17.01.2015 16:01<br />

17.01.2015 16:31<br />

17.01.2015 17:01<br />

17.01.2015 17:31<br />

17.01.2015 18:01<br />

17.01.2015 18:31<br />

17.01.2015 19:01<br />

17.01.2015 19:31<br />

17.01.2015 20:01<br />

17.01.2015 20:31<br />

17.01.2015 21:01<br />

17.01.2015 21:31<br />

17.01.2015 22:01<br />

17.01.2015 22:31<br />

17.01.2015 23:01<br />

17.01.2015 23:31<br />

18.01.2015 00:01<br />

Fernwärme Rücklauf Speicherfühler Aus Trinkwarmwasser FW Rücklauf Soll: 45°C FW Rücklauf Mittelwert: 32,39 °C<br />

5 I<br />

Anlagenkonzepte, wie sie Yados für das<br />

Wohnquartier Krefeld-Elfrath entwickelt<br />

und umgesetzt hat, unterstützen<br />

Netz- und Anlagenbetreiber darin, hohe<br />

hygienerechtliche Vorgaben durch wirtschaftlich<br />

intelligent planbare Versorgungslösungen<br />

zu realisieren. Bereits<br />

heute ist das TWE-System „YADO|AQUA<br />

PR“ bundesweit in vielen Städten (darunter<br />

München, Augsburg, Erding, Markt<br />

Schwaben, Freising, Ulm, Stuttgart, Freiburg,<br />

Frankfurt, Offenbach, Köln, Bonn,<br />

Krefeld und Potsdam) sowie in vielen kleineren<br />

Fernwärmenetzen im Einsatz (Abb.<br />

2, 5, 6). Es fördert dort ein zukunftsfähiges<br />

Energiemanagement, das die zentralen<br />

Kriterien der Sicherheit, der ökonomischen<br />

Effizienz, des Nutzungskomforts<br />

und nicht zuletzt der ökologischen<br />

Nachhaltigkeit in einer ausbilanzierten<br />

Gesamtlösung zusammenführt. ❚<br />

WA Enzensbergerstr. 30, 85570 Markt Schwaben<br />

90<br />

24.000<br />

°C l/h<br />

85<br />

22.000<br />

80<br />

20.000<br />

75<br />

18.000<br />

70<br />

16.000<br />

65<br />

14.000<br />

60<br />

12.000<br />

55<br />

10.000<br />

50<br />

8.000<br />

45<br />

6.000<br />

40<br />

4.000<br />

35<br />

2.000<br />

30<br />

0<br />

Durchschnittliche<br />

Rücklauftemperatur<br />

Fernwärme vor<br />

Optimierung = 57,52°C<br />

(inkl. Heizung)<br />

Durchschnittliche<br />

Rücklauftemperatur<br />

Fernwärme nach<br />

Optimierung = 44,29°C<br />

(inkl. Heizung)<br />

WzVLPrimär(°C)<br />

WzRLPrimär(°C)<br />

Primärvolumenstrom( l/h)<br />

Durchschnittlicher<br />

Volumenstrom<br />

Fernwärme vor<br />

Optimierung = 4123 l/h<br />

(inkl. Heizung)<br />

Durchschnittlicher<br />

Volumenstrom<br />

Fernwärme nach<br />

Optimierung = 1852 l/h<br />

(inkl. Heizung)<br />

6 I<br />

Installationstechnik heizung <strong>2017</strong>9


Wärmeversorgung<br />

1 I<br />

Treiber der Wärmewende<br />

Ausgestaltung intelligenter Wärmenetze 4.0<br />

Der erfolg des energetischen<br />

transformationsprozesses<br />

hängt wesentlich von der<br />

entwicklung in der Wärmeversorgung<br />

ab. Dies betrifft<br />

insbesondere den gebäudesektor.<br />

eine geeignete<br />

option für eine ökologisch<br />

und ökonomisch tragfähige<br />

Wärmeerzeugung und<br />

-verteilung bieten intelligente<br />

Wärmenetze der sogenannten<br />

vierten generation. Welche<br />

Vorteile eine solche Netzlösung<br />

aus Betreiber- und<br />

nutzerperspektive aufweisen<br />

kann, zeigt beispielhaft<br />

das nahwärmeprojekt der<br />

gemeinde Teningen in<br />

Baden-Württemberg.<br />

Gut die Hälfte des deutschen Endenergieverbrauchs<br />

entfällt auf die Wärmeversorgung:<br />

mehr als 50 Prozent auf den<br />

Raumwärmebedarf, gefolgt von Prozesswärme<br />

und Warmwasser. Damit bietet<br />

der Wärmemarkt ein beachtliches Potential<br />

für die Transformation der Energieversorgung<br />

und die Reduktion von CO 2 -<br />

Emissionen. Im Fokus der angestrebten<br />

Wärmewende steht die Aufgabe, Effizienzpotentiale<br />

regenerativer Energieträger<br />

– auch im Mix mit fossilen Brennstoffen<br />

– wirksam auszuschöpfen.<br />

Als Schlüsselkonzepte setzen sich zunehmend<br />

progressive Nahwärmenetzlösungen<br />

durch. Langfristig technologieoffene<br />

Systeme gestatten es, erneuerbare<br />

Energien, optimierte Kraft-Wärme-Kopplung<br />

(KWK) und Abwärme mit höchsten<br />

Wirkungsgraden und einer deutlichen<br />

Reduktion des Primärenergieeinsatzes zu<br />

nutzen. Neben regulatorischen Rahmenbedingungen<br />

und staatlichen Anreizprogrammen<br />

werden insbesondere Gemeinden<br />

und Kommunen dazu beitragen<br />

können, den Auf- und Ausbau der netzgebundenen<br />

Wärmeversorgung zu forcieren.<br />

Ausschlaggebend für die erfolgreiche<br />

Umsetzung auf kommunaler<br />

Ebene sind strategisch ausgerichtete<br />

Wärmeplanungen, die gegebene Rahmenbedingungen<br />

integrieren und adäquate<br />

wirtschaftliche und technische<br />

Konzepte für Stadtteile, Quartiere und<br />

Einzelgebäude weiterentwickeln.<br />

Projekt Nahwärmenetz:<br />

Einflussgrößen und Erfolgsfaktoren<br />

Die Entscheidung für den Auf- oder Ausbau<br />

eines Nahwärmenetzes geht mit der<br />

Festlegung auf ein langfristig angelegtes<br />

Versorgungskonzept und den zugehörigen<br />

Investitionserfordernissen einher. Detaillierte<br />

Machbarkeitsstudien und solide<br />

Wirtschaftlichkeitsberechnungen auf Basis<br />

harter Standortfaktoren und ökono-<br />

10 qUaRtIERsEntWIcKLUng <strong>Heizungsjournal</strong>-special 1-2.<strong>2018</strong>


1 I Mobile Kompaktlösung an der Wärmequelle: Am Standort der<br />

Biogasanlage baute Yados eine Hydraulikstation mit Wärmeauskopplungsmodul<br />

und integrierten Netzpumpen zur Einspeisung in das Wärmenetz<br />

in Containerausführung. Das Containersystem ist ortsbeweglich<br />

und kann bei Bedarf flexibel umgesetzt werden.<br />

mischer Einflussgrößen sind daher für<br />

eine belastbare Kalkulationsgrundlage<br />

unerlässlich.<br />

Die Wirtschaftlichkeit von Nahwärmekonzepten<br />

ist eng an die reale Zahl der<br />

Anschlussnehmer gebunden. Nur wenn<br />

der Abnehmerkreis ausreichend groß ist,<br />

können Investitionsbeträge kosteneffektiv<br />

umgelegt und konkurrenzfähige Wärmepreise<br />

generiert werden. Synergien<br />

und Einsparpotentiale, wie beispielsweise<br />

anstehende Heizungserneuerungen in<br />

öffentlichen Liegenschaften, sollten bereits<br />

im Vorfeld einer Planung evaluiert<br />

und berücksichtigt werden.<br />

In der Gemeinde Teningen, unweit<br />

von Freiburg, lag der energetische Verbrauchsanteil<br />

der kommunalen Liegenschaften<br />

mit 8,5 Prozent des Primärenergiebedarfs<br />

im Stadtteil Oberdorf<br />

überdurchschnittlich hoch. Gleichzeitig<br />

verfügten mehrere Einrichtungen über<br />

Heizungssysteme mit akutem Modernisierungsbedarf.<br />

Über 90 Prozent der<br />

Anlagen in Oberdorf wurden bislang<br />

mit fossilen Energieträgern betrieben,<br />

größtenteils mit Gas oder Heizöl. Das<br />

Durchschnittsalter der Heizanlagen betrug<br />

17 Jahre.<br />

Ein zentrales Argument für eine netzgebundene<br />

Wärmeversorgung stellen lokale,<br />

regenerative Wärmeerzeuger dar.<br />

Die Gemeinde Teningen konnte eine bereits<br />

existierende Biogasanlage mit einer<br />

thermischen Leistung von 250 kW und<br />

mehreren Millionen ungenutzter Kilowattstunden<br />

Wärme pro Jahr in ihr<br />

Nahwärmenetz einbinden. Zweite Wärmequelle<br />

ist eine Holzhackschnitzel-Heizung<br />

im Schul- und Sportzentrum mit<br />

600 kW und freier Leistungskapazität. Bis<br />

zu 95 Prozent der benötigten Heizmasse<br />

liefert ein nahegelegenes Sägewerk. Die<br />

kurzen Transportwege ermöglichen es,<br />

das energetische Potential des biogenen<br />

Festbrennstoffes – mit vergleichsweise<br />

geringer Energiedichte bei großem Volumen<br />

– optimal auszuschöpfen. Darüber<br />

hinaus unterstützt eine dezentrale Versorgung<br />

die Entwicklung der Wirtschaftsregion:<br />

Die gesamte Wertschöpfungskette<br />

ist lokal angesiedelt, die Abhängigkeit<br />

von externen Preisen, Ressourcen oder<br />

Lieferengpässen entfällt.<br />

Ergänzt wurde die neue Infrastruktur<br />

der Gemeinde um eine Solarthermieanlage<br />

und einen zuschaltbaren Gaskessel<br />

mit 600 kW. Drei Pufferspeicher mit insgesamt<br />

54 m³ Fassungsvermögen sorgen<br />

für den Ausgleich von Wärmeangebot<br />

und Wärmenachfrage.<br />

Planung von 6 km Wärmenetz<br />

Ein gleichermaßen ökonomisch wie ökologisch<br />

effektives Nahwärmenetz basiert<br />

auf einer professionellen Planung und<br />

ausgereifter Anlagentechnik. Die Planung<br />

für das 6.000 m umfassende Wärmenetz<br />

in Teningen erfolgte in Rosenheim.<br />

Die dort ansässige dme consult GmbH<br />

konzipierte ein hocheffizientes, saisonal-speichergestütztes<br />

und mit diversen<br />

erneuerbaren und konventionellen<br />

Energieträgern betreibbares Netz der sogenannten<br />

vierten Generation.<br />

Die Herausforderung bei der Planung<br />

eines zukunftsfähigen Wärmenetzes<br />

liegt darin, ein (betriebs-)technisches<br />

Design zu entwickeln, das die effektive<br />

Absenkung des erforderlichen Primärenergieeinsatzes<br />

unterstützt. Das Niveau<br />

der Netzvorlauf- und -rücklauftemperaturen<br />

spielt dabei eine wesentliche Rolle.<br />

Gelingt es, diese durch eine möglichst<br />

hohe Spreizung dauerhaft auf einem optimalen<br />

Niveau zu halten, können Pumpenleistungen<br />

und Rohrdimensionierungen<br />

reduziert werden. Das spart nicht<br />

nur Investitionskosten für Material und<br />

Anlagentechnik, sondern verhindert zugleich<br />

kostenintensive Wärmeverluste<br />

im Netz. In Teningen wurden hochwertige<br />

Stahldoppelrohre mit verstärkter<br />

Dämmschicht verbaut. Im Vergleich zu<br />

Einzelleitungen übertragen diese deutlich<br />

weniger Wärme an das umgebende<br />

Erdreich.<br />

Für die Gemeinde Teningen fertigte<br />

die Yados GmbH leistungsfähige, rücklaufoptimierte<br />

Komponenten zur Wärmespeicherung,<br />

-verteilung und -übergabe<br />

sowie zur Bereitstellung von Warmwasser.<br />

Das Unternehmen mit Sitz in Hoyerswerda<br />

ist spezialisiert auf ganzheitliche<br />

Energielösungen, die den Gesamtprozess<br />

von der Erzeugung bis zur Verteilung und<br />

Übergabe abdecken. Sämtliche Komponenten<br />

und Energieerzeuger sind in<br />

ein übergeordnetes Leit- und Kommunikationssystem<br />

(„Yado|Link“) integriert.<br />

Unabhängig von der Art des Energieträgers<br />

– Holz, Biogas oder Solarenergie<br />

– und der jeweiligen Leistung des Wärmeerzeugers<br />

sorgt das intelligente, zugriffsgeschützte<br />

System für eine präzise<br />

und stabile Zusammenarbeit der Einspeiser.<br />

Das LON-Bus basierte Netzwerksystem<br />

ermöglicht es, das Gesamtnetz inklusive<br />

Energieerzeuger und Einspeisepumpen<br />

exakt zu steuern und zu überwachen.<br />

Alle anlagenrelevanten Daten werden<br />

an integrierten Knotenpunkten erfasst,<br />

über eine Regelungseinheit an das Leitsystem<br />

übermittelt und dort analysiert<br />

und visualisiert. Kommt es bei den gesteuerten<br />

Erzeugungs- und Verteilprozessen<br />

zu Abweichungen oder Störungen,<br />

lassen sich diese unmittelbar in Echtzeit<br />

beheben. Darüber hinaus kann die Anlagenfahrweise<br />

über das Leitsystem<br />

kontinuierlich modifiziert und optimiert<br />

werden. Die Ausregelung der Rücklauftemperaturen<br />

in Abhängigkeit vom Nutzerverhalten<br />

ist während des laufenden<br />

Betriebs per Fernwartung möglich.<br />

quartiersentwicklung HeizungsJournal-Special 1-2.<strong>2018</strong>11


Fazit: Konkurrenzfähige<br />

Wärmegestehungskosten<br />

Seit über zwei Jahren ist das mit Fördermitteln<br />

der Europäischen Union und dem<br />

Land Baden-Württemberg unterstützte<br />

Teninger Wärmenetz in Betrieb. Die Wärmegestehungskosten<br />

für die Anschlussnehmer<br />

sind stabil und liegen im Vergleich<br />

leicht unter den Kosten für das<br />

Heizen mit fossilen Energieträgern.<br />

Bereits im ersten Jahr sparte die Gemeinde<br />

durch den Netzbetrieb 351.000<br />

Liter Heizöl. Das entspricht einer CO 2 -<br />

Vermeidung von 1.100 Tonnen. Vor<br />

dem Hintergrund der positiven Ökobilanz<br />

wurde das Leuchtturmprojekt<br />

gleich mehrfach ausgezeichnet, unter<br />

anderem im Rahmen des Förderprogramms<br />

„Klimaschutz mit System“ des<br />

Umweltministeriums Baden-Württemberg<br />

und vom Fachverband Biogas.<br />

In einer zweiten und geplanten dritten<br />

Bauphase erweitert die Gemeinde<br />

ihr Wärmenetz, sodass sich die energetische<br />

Effizienz und Wirtschaftlichkeit<br />

des Netzbetriebs zukünftig weiter verbessern<br />

lässt. Gleichzeitig profitieren<br />

rund 200 zusätzliche Haushalte mit 450<br />

Verbrauchern, das Schulzentrum, zwei<br />

Kindergärten und das örtliche Freibad<br />

von einer stabilen und umweltentlastenden<br />

Wärmeversorgung.<br />

❚<br />

[Karl Gentner, Yados GmbH]<br />

2 I<br />

Weitere Informationen unter:<br />

www.yados.de<br />

www.nahwaerme-teningen.de<br />

2 I Vom Wärmenetz in den Haushalt:<br />

Die Wärmeübergabestation ist das Bindeglied<br />

zwischen Wärmeanschlussleitung und<br />

Gebäudeheizung. Sie reguliert Druck und<br />

Temperatur des Heizwassers und berechnet<br />

die notwendige Vorlauftemperatur nach<br />

individuellen Vorgaben und abhängig von den<br />

jeweils vorherrschenden Außenbedingungen.<br />

(Fotos: Yados)<br />

3 I<br />

4 I<br />

3 I Die Oberfläche des Leit- und Kommunikationssystems:<br />

Der energetische Soll- und<br />

Istzustand jedes einzelnen Wärmenetzkunden<br />

wird in Echtzeit visualisiert. Heizzeiten,<br />

Temperaturen und Einstellungen können<br />

per Fernwartung überwacht und gesteuert<br />

werden. Darüber hinaus zeigt das System den<br />

Wärmeverbrauch des Abnehmers in Tages-,<br />

Wochen- und Monatsbalkendiagrammen an.<br />

Aus den generierten Daten lassen sich<br />

wichtige Informationen für die Betriebsoptimierung<br />

ableiten.<br />

4 I Der größte regenerative Energieerzeuger<br />

in Teningen ist die Holzhackschnitzel-Heizung<br />

an der örtlichen Schule. Die verwertbare<br />

Biomasse wird von einem regionalen Sägewerk<br />

bezogen und in einem 120 m³ großen Speicher<br />

gelagert. Sein Fassungsvermögen reicht im<br />

Winter für zwei Wochen Volllastbetrieb.<br />

© Heizungs-Journal Verlags-GmbH • Postfach 370 • D-71351 Winnenden • Tel. (0 71 95) 92 84-01 • www.heizungsjournal.de

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