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Vortragstext von Herrn Neuhaus (158 KB)

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Manfred <strong>Neuhaus</strong> (Berlin)<br />

Klassiker unter Klassikern<br />

– Geschichte, editionsphilologische Grundlagen und Perspektiven<br />

der Marx-Engels-Gesamtausgabe (MEGA)<br />

Es ist eine Besonderheit deutscher Kultur und Geisteswissenschaften, den litera-<br />

rischen Nachlass <strong>von</strong> Dichtern und wirkungsmächtigen Denkern der Nachwelt<br />

in wohlfeilen Werkausgaben zu überliefern. Dies gilt gleichermaßen für das<br />

dabei angewandte wissenschaftliche Verfahren, das in Anknüpfung an Karl<br />

Lachmann <strong>von</strong> mehreren Gelehrtengenerationen während der Arbeit an solch<br />

berühmten Ausgaben wie der Weimerana mit den Schriften Martin Luthers, der<br />

Sophienausgabe <strong>von</strong> Goethes Werken – nicht zu vergessen Friedrich Beißners<br />

editorische Bemühungen um Friedrich Hölderlin – Konturen gewann und heute<br />

als Editionswissenschaft oder Textologie internationale Anerkennung geniesst.<br />

Im Falle <strong>von</strong> Marx und Engels stellen sich die Dinge allerdings disparater<br />

dar: Obwohl „Das Kapital“ nicht als politische Kampfschrift, sondern als „Tri-<br />

umph der deutschen Wissenschaft gelten“ sollte, so Marx am 20. Februar 1866<br />

an sein Alter ego in Manchester, betrachtete Engels die Herausgabe ihrer Werke<br />

letztendlich als Angelegenheit der Partei und übertrug das literarische Erbe, alles


2<br />

in allem mehr als Hunderttausend Blatt, zwei befreundeten honorigen Partei-<br />

politikern, nämlich August Bebel und Eduard Bernstein.<br />

Und so hat es denn ein reichliches Jahrhundert gedauert, die Marxphilo-<br />

logie aus politischen Interessenkonstellationen zu lösen und in einen akademi-<br />

schen Hafen zu steuern.<br />

Erste Schritte dazu unternahm der russische Gelehrte David Rjasanov,<br />

dessen tragisches Schicksal bis zum Ende der Sowjetunion beschwiegen wurde.<br />

Wie wir heute wissen, wurde Lenins respektloser menschewistischer Jahrgangs-<br />

genosse, der Stalin wiederholt herausgefordert hatte, am 21. Januar 1938 nach<br />

einer fünfzehnminütigen Prozeßfarce vor dem Militärkollegium des Obersten<br />

Gerichts der UdSSR hingerichtet.<br />

Einen Meilenstein auf dem Weg zu einer akademischen Marx-Edition<br />

verkörpert ungeachtet allen ideologischen Ballasts und der politischen Instru-<br />

mentalisierung des Projekts die 1975 <strong>von</strong> den Instituten für Marxismus-Leninis-<br />

mus bei den Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion und<br />

der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands begonnene Marx-Engels-<br />

Gesamtausgabe.<br />

Der endgültige Durchbruch zur Akademisierung und Internationalisierung<br />

des Projekts wurde jedoch erst nach dem Epochenjahr 1989 möglich. Die<br />

Rekonstruktion des Projekts – sprich Entideologisierung, Entpolitisierung,<br />

Akademisierung und Internationalisierung – war ein komplizierter, schmerz-


3<br />

hafter, aber auch ungemein befreiender Prozeß. Er wurde in mehreren Teil-<br />

schritten vollzogen, auf editorisch-methodologischer Ebene durch<br />

– die Revision des editionsphilologischen Kanons,<br />

– dessen Befreiung <strong>von</strong> allen politischen Kautelen,<br />

– die Redimensionierung des Projekts <strong>von</strong> 164 auf 114 Bände<br />

und die Erprobung innovativer Verfahren, die die Forschungsarbeit des Editors<br />

mit der Satz- und Drucktechnik digital vernetzen.<br />

Aus institutioneller und personeller Perspektive waren<br />

– die schrittweise Einbettung in dauerhafte akademische Strukturen,<br />

– die Integration des MEGA-Projekts in die langfristige Forschungsförderung<br />

der Bundesrepublik Deutschland,<br />

– der Wechsel <strong>von</strong> einem Partei- zu einem renommierten Wissenschaftsverlag<br />

sowie die personelle Erneuerung der Editorenteams die wichtigsten Schritte. An<br />

die Stelle wissenschaftsfremder hierarchischer Strukturen trat ein egalitäres<br />

internationales Forschungsnetzwerk mit Editorenteams auf drei Kontinenten,<br />

dessen Kern und Kommunikationszentrum das Akademienvorhaben Marx-<br />

Engels-Gesamtausgabe an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der<br />

Wissenschaften bildet.<br />

Mit Ihrer Erlaubnis möchte ich nun die vorangestellten Thesen durch einen<br />

Exkurs zu den editionsphilologischen Grundlagen der MEGA ergänzen: Diese<br />

wurden <strong>von</strong> mehreren Forschergenerationen in theoretischen Debatten und der


4<br />

editorischen Praxis gelegt. Wie ein Monolith steht Rjazanov am Anfang. Er<br />

formulierte wichtige historisch-philologische Grundsätze und begründete damit,<br />

wie eingangs erwähnt, die akademische Tradition der Marx-Engels-Edition.<br />

Infolge der Hitlerdiktatur und des in den 1930er Jahren eskalierenden stalinisti-<br />

schen Terrors, dem neben Rjazanov auch mehrere russische und deutsche<br />

Editoren zum Opfer fielen, blieb diese „erste“ MEGA mit zwölf zunächst in<br />

Berlin und nach 1933 in Moskau veröffentlichen Bänden ein Torso. Ungeachtet<br />

dessen gilt sie als die erste akademische Marx-Engels-Ausgabe. Neben dem<br />

vollständigen Textabdruck einer Fassung – in der Regel nach dem Prinzip letzter<br />

Hand – werden auch Varianten aus Handschriften und Drucken mit dem Instru-<br />

mentarium der zeitgenössischen Editionstechnik verzeichnet und textgenetische<br />

Analysen antizipiert. Es galt bereits das Kontaminationsverbot: Alle Texte wer-<br />

den in der Sprache des Originals auf der Grundlage eines bestimmten Text-<br />

zeugen dargeboten, wobei Orthographie und Interpunktion im Unterschied zur<br />

heutigen Editionspraxis modernisiert und normiert wurden. Außerordentliches<br />

leistete Rjazanovs internationales Editorenteam bei der Transkription der kom-<br />

plizierten Handschriften. Dies gilt gleichermaßen für die Autorschaftsbestim-<br />

mung <strong>von</strong> anonym oder pseudonym veröffentlichten Arbeiten sowie die exakte<br />

Datierung einzelner Briefe, Manuskripte und Exzerpte.<br />

Obwohl Rjazanovs Editionsprojekt in der Zeit des sogenannten Tau-<br />

wetters nach Stalins Tod in Moskau und Berlin wieder aufgegriffen wurde,<br />

vergingen noch zwei Jahrzehnte, bis das Konzept für eine neue, „zweite“


5<br />

MEGA in den 1960er und 1970er Jahren nach kontroversen Debatten durch-<br />

gesetzt werden konnte. Die mit der Ausarbeitung des editionsphilologischen<br />

Kanons betrauten Wissenschaftler in Berlin und Moskau – darin besteht die<br />

Pointe dieser Auseinandersetzung – adaptierten für die neue historisch-kritische<br />

Marx-Engels-Gesamtausgabe die textologischen Innovationen der modernen<br />

Goethe- und Brechtphilologie. Die neugermanistische Editionstheorie und<br />

-praxis hatte seit den 1930er Jahren enorme Fortschritte gemacht. Der ent-<br />

scheidende Punkt, die Umkehrung des altphilologischen Editionsparadigmas, ist<br />

das textgenetische Prinzip: Als oberstes Gebot galt nun nicht mehr, einen Text<br />

zu generieren, der dem Willen des Autors möglichst nahe kommt, sondern<br />

diesen Text in seiner Genesis vom frühesten Entwurf bis zur letzten Fassung zu<br />

dokumentieren. Geleitet <strong>von</strong> solchen Überlegungen gewannen die editorischen<br />

Grundsätze für die Darbietung des literarischen Œuvres <strong>von</strong> Marx und Engels in<br />

der neuen, der „zweiten“ MEGA allmählich Gestalt. Aus guten Gründen gilt das<br />

Vollständigkeitspostulat: Nur eine vollständige Wiedergabe des gesamten litera-<br />

rischen Nachlasses, also aller Handschriften und Drucke, der Exzerpte und<br />

Notizen sowie auch der Briefe Dritter an Marx und Engels schließt eine wie<br />

immer motivierte tendenziöse Auswahl aus. Die MEGA bietet deshalb das<br />

literarische Erbe <strong>von</strong> Marx und Engels – soweit es überliefert und der Wissen-<br />

schaft zugänglich ist – erstmals in seiner Gesamtheit dar. Zu den bereits be-<br />

kannten Schriften, Artikeln und Briefen – erstmals auch der an sie gerichteten<br />

Briefe Dritter – kommen eine Reihe bisher unveröffentlichter beziehungsweise


6<br />

neu entdeckter Arbeiten hinzu. Durch Autorschaftsanalysen wird zudem die<br />

Urheberschaft <strong>von</strong> Marx oder Engels an zahlreichen Texten verifiziert oder<br />

falsifiziert.<br />

In ihrer Struktur übernimmt die „zweite“ MEGA Rjazanovs Grundgliede-<br />

rung nach Werkgattungen, ergänzt sie jedoch durch eine eigene, vierte Ab-<br />

teilung für Exzerpte, Notizbücher und Marginalien.<br />

Alle Texte werden strikt chronologisch angeordnet und gemäß den<br />

zugrundeliegenden Textzeugen originalgetreu unter Beibehaltung ihrer Ortho-<br />

graphie und Interpunktion dargeboten. Dies bildet die philologische Basis für<br />

Untersuchungen zum Sprachschatz und zur Begriffswelt <strong>von</strong> Marx und Engels.<br />

Unvollendete Manuskripte werden in jenem Bearbeitungsstadium dargeboten, in<br />

dem die Autoren sie hinterlassen haben. Mit modernen Editionsverfahren wird<br />

die Werkentwicklung <strong>von</strong> der ersten Gedankenskizze bis zur Fassung letzter<br />

Hand dargestellt. Partituren ähnliche Variantenverzeichnisse im wissenschaftli-<br />

chen Apparat veranschaulichen die autorisierte Textentwicklung in Manuskrip-<br />

ten und Drucken. Sie gestatten es, jede einzelne Fassung eines Werkes, aber<br />

auch die Textentwicklung in ihrer Gesamtheit zu analysieren. Damit wird ein<br />

bislang ungekannter Einblick in die Arbeitsweise der Autoren ermöglicht.<br />

Ein junger chinesischer Gelehrter, Professor Lu Lu, hat dies nach einem For-<br />

schungsaufenthalt in unserer Akademie eindrucksvoll beschrieben.<br />

Bei aller Anerkennung dieser innovativen textologischen Grundsätze blieb<br />

die Einstellung zum MEGA-Projekt als Ganzem viele Jahre ambivalent. Einer-


7<br />

seits respektierte die Fachwelt, daß in Berlin und Moskau, an der Akademie der<br />

Wissenschaften und verschiedenen Universitäten und Hochschulen der DDR<br />

penibel philologisch gearbeitet wurde. Andererseits war es kein Geheimnis, daß<br />

der „zweiten“ MEGA im Rahmen der „Entfaltung der internationalen Offensive<br />

des Marxismus-Leninismus“ – so das uns heute surreal anmutende propagandi-<br />

stische Stakkato jener Jahre – eine politische Funktion zugedacht war. Daraus<br />

erwuchs nach dem retrospektiven Urteil eines der Hauptakteure ein „gespanntes<br />

Verhältnis <strong>von</strong> marxistisch-leninistischem Credo und wissenschaftlichem An-<br />

spruch, editorischer Sorgfalt und legitimatorischen Zwecken“ – ich habe es auch<br />

so empfunden. Dieser Konflikt, den jeder Editor lange in seinem Innern trug,<br />

konnte erst nach dem Epochenjahr 1989 gelöst werden.<br />

Die gravierenden politischen Veränderungen der Jahre 1989 und 1990<br />

gefährdeten das Projekt abermals, eröffneten aber zugleich neue, bisher un-<br />

gekannte Chancen, die ich eingangs mit den Begriffen der Akademisierung und<br />

Internationalisierung umschrieben habe. Zunächst jedoch war es wissen-<br />

schaftlich und politisch umstritten, ob die MEGA nach dem Ende der DDR und<br />

der UdSSR fortgeführt werden könne und solle.<br />

Es gab drei Optionen: Abbruch, Neubeginn oder Fortführung nach gründ-<br />

licher Revision und Rekonstruktion auf der Basis der bereits vorliegenden<br />

Bände und Vorarbeiten.<br />

Dass es Gelehrten aus Ost und West gelungen ist, das einstige Prestige-<br />

vorhaben zweier gescheiterter kommunistischer Regierungsparteien an Mark


8<br />

und Gliedern zu reformieren und in einen akademischen Hafen, die Berlin-<br />

Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, zu steuern, mag einem Wun-<br />

der gleichen.<br />

Im Oktober 1990 errichteten das Internationale Institut für Sozial-<br />

geschichte der Königlich Niederländischen Akademie der Wissenschaften und<br />

das Karl-Marx-Haus der Friedrich-Ebert-Stiftung im Einvernehmen mit den<br />

beiden bisherigen Herausgeberinstituten in Amsterdam die Internationale Marx-<br />

Engels-Stiftung. Die Gründer der IMES konnten auf die Solidarität der scientific<br />

community bauen und wurden durch eine beispiellose Unterstützungsaktion<br />

japanischer Gelehrter beflügelt. Als die Implosion des sowjetischen Herrschafts-<br />

systems alles zur Disposition stellte, plädierten Wissenschaftler in aller Welt<br />

wider den Zeitgeist dafür, den geschichtlichen Marx aus den Trümmern der<br />

staatssozialistischen Tradierung zu bergen und sein wissenschaftliches Oeuvre<br />

neu zu vermessen.<br />

Die IMES besitzt die Herausgeberrechte und führt die MEGA seither als<br />

akademische Edition in internationaler Kooperation fort.<br />

Der Wissenschaftsrat der Bundesrepublik Deutschland empfahl nach einer<br />

internationalen Evaluation unter dem Vorsitz des Philosophen Dieter Henrich<br />

1993, das MEGA-Projekt in das Akademienprogramm aufzunehmen. Damit<br />

gewann die Marxphilologie erstmals in ihrer wechselvollen Geschichte eine<br />

akademische Heimstatt. Nach langwierigen Verhandlungen übernahm schließ-


9<br />

lich im November 1998 der Akademie Verlag die Betreuung der MEGA vom<br />

Karl Dietz Verlag.<br />

Im Gründungsjahr 1990 lagen 34 Bände vor. Unter der Herausgeberschaft<br />

der IMES konnten seither weitere 24 Bände veröffentlicht werden. Unser<br />

erklärtes Ziel besteht nämlich in quantitativer Hinsicht darin, jedes Jahr<br />

mindestens einen, wenn möglich, zwei neue Bände zu publizieren und durch<br />

Nachdrucke dafür zu sorgen, dass alle bereits veröffentlichten Bände lieferfähig<br />

bleiben. Demgemäß haben wir seit 1998 insgesamt 18 neue Bände ausgeliefert<br />

und drei bereits erschienene Bände unverändert nachgedruckt, hinzukommen<br />

sechs Bände des Marx-Engels-Jahrbuches 2003 bis 2008.<br />

Wie Max Weber, Joseph A. Schumpeter und andere Klassiker der Wirtschafts-<br />

und Sozialwissenschaften hat Karl Marx sein ökonomisches Hauptwerk nicht<br />

vollenden können, sondern lediglich den ersten Band des „Kapitals“ in modifi-<br />

zierten Fassungen publiziert. Die Bände 2 und 3 wurden <strong>von</strong> Engels aus dem<br />

umfangreichen Manuskriptmaterial des Nachlasses zusammengestellt und<br />

herausgegeben, so daß die Authentizität des „Kapitals“ bis heute strittig ist. Die<br />

Forschungs- und Publikationsstrategie der IMES war deshalb zunächst darauf<br />

gerichtet, die Zweite Abteilung (Das „Kapital“ und Vorarbeiten) fertig<br />

zustellen. Seit 1998 haben Carl-Erich Vollgraf und Regina Roth, teilweise mit<br />

japanischen und russischen Partnern, wie vor allem Teinosuke Otani (Hosei<br />

*


10<br />

Universität Tokio), Izumi Omura (Tohoku Universität Sendai) und Ljudmila<br />

Vasina (RGASPI Moskau), fünf Bände (II/11, II/12, II/13, II/14 und II/15)<br />

fertig gestellt, womit – den Teilband II/4.3 ausgenommen – die Abteilung<br />

abgeschlossen ist. Nach dem Tod <strong>von</strong> Larisa Miskevič musste die Bearbeitung<br />

des noch ausstehenden Teilbandes leider zeitweilig zurückgestellt werden. Er<br />

wird 15 bislang unveröffentlichte Manuskripte <strong>von</strong> Marx zum zweiten und<br />

dritten Buch des „Kapitals“ enthalten und soll zum Jahreswechsel vorliegen.<br />

Erstmals, dies kann nicht oft genug betont werden, liegen alle <strong>von</strong> Marx<br />

verfassten Manuskripte, alle redaktionellen Manuskripte <strong>von</strong> Engels sowie alle<br />

Druckfassungen des Werkes, die überliefert sind, vollständig vor. Ein großer<br />

Teil der Abteilung besteht aus Erstveröffentlichungen <strong>von</strong> Manuskripten, was<br />

insbesondere für die am Akademienvorhaben maßgeblich edierten Bände II/11,<br />

II/12 und II/14 gilt. Die hinterlassenen Texte zum „Kapital“ sind zahlreich,<br />

stammen aus verschiedenen Perioden und sind, was Umfang und Funktion<br />

betrifft, sehr unterschiedlich: Neben wenigen Gesamtentwürfen oder<br />

Niederschriften für mehrere Kapitel stehen mehrfache Fassungen der Anfänge<br />

vom zweiten und vom dritten Buch, aber auch Manuskripte und Notizen zu<br />

einzelnen Themen und Materialsammlungen des Autors. Sie entstanden<br />

zwischen 1863 und 1881. Hinzu kommen die redaktionellen Texte des<br />

Herausgebers Engels aus dem Zeitraum <strong>von</strong> 1883 bis 1894, nämlich für das<br />

zweite Buch ein Redaktionsmanuskript und für das dritte Buch mehrere<br />

Manuskripte unterschiedlicher Art. Die Druckfassungen des zweiten und dritten


11<br />

Buches, die Engels 1885 bzw. 1894 herausgab, sind in den Bänden II/13 und<br />

II/15 unserer Ausgabe dokumentiert. Im Band II/12 ist das <strong>von</strong> Engels<br />

zusammengestellte Redaktionsmanuskript erstmals veröffentlicht. Es gilt als<br />

Brückenglied zu den Marxschen Manuskripten für das zweite Buch und ist in<br />

einem mehrstufigen komplizierten Auswahl- und Arbeitsprozess entstanden. Im<br />

wissenschaftlichen Apparat bieten die Bände II/12, 13 und 15 darüber hinaus<br />

bisher nicht verfügbare Bezüge dieser Texte auf die ihnen zugrunde liegenden<br />

Originalmanuskripte <strong>von</strong> Marx, die in den Bänden II/4.2, (II/4.3), II/11 und II/14<br />

ediert sind: Provenienzverzeichnisse geben an, welche Passagen Engels aus<br />

welchen Marxschen Manuskripten für seine Druckfassungen verwandte; ein<br />

weiteres Verzeichnis sammelt bedeutsame inhaltliche Zusätze <strong>von</strong> Engels (II/15)<br />

bzw. die Textabweichungen des der Druckfassung zugrunde liegenden<br />

Redaktionsmanuskripts <strong>von</strong> den Marxschen Originalmanuskripten (II/12).<br />

Schließlich dokumentieren Gliederungsvergleiche die Veränderungen in der<br />

Strukturierung der verschiedenen Fassungen.<br />

Wie die Bearbeiter der Bände mit der gebotenen und sorgsam abwägenden<br />

Zurückhaltung des Editors in ihren Kommentaren und begleitenden Unter-<br />

suchungen zeigen, eröffnet dies neue Möglichkeiten und Zugänge zur Rekon-<br />

struktion der Genesis des „Kapitals“. Erstmals kann der Stand des unvollendet<br />

hinterlassenen Opus magnum <strong>von</strong> Marx, und vielleicht besteht darin die Pointe,<br />

unabhängig <strong>von</strong> seinem ersten Interpreten Engels untersucht werden. Fragen, wie<br />

die nach der Kontinuität und Diskontinuität des Forschungsprozesses, seiner


12<br />

Offenheit oder vermeintlichen Abgeschlossenheit, können neu thematisiert werden.<br />

Die philologischen Befunde der genannten neuen Bände können und werden auch<br />

die Bemühungen um eine sachgerechte Interpretation der <strong>von</strong> Marx nicht<br />

abschließend ausgearbeiteten Untersuchungen befruchten. Da Engels solche<br />

Textfragmente meist nicht in die Druckfassung aufgenommen hatte, können sie<br />

nun dank ihrer Erstveröffentlichung in unserer Ausgabe analysiert werden.<br />

Zugleich wird es erstmals möglich, generell der Frage nach dem Einfluss <strong>von</strong><br />

Engels auf die Rezeption der Texte auf einer gesichteten Textgrundlage<br />

nachzugehen und damit letztlich auch der seit Jahrzehnten diskutierten Frage, ob<br />

Engels’ Druckfassung den Marxschen Gedankengang korrekt wiedergibt.<br />

Ohne der Forschung vorgreifen zu wollen, sind signifikante Unterschiede<br />

zwischen den handschriftlichen Fassungen <strong>von</strong> Marx und den <strong>von</strong> Engels<br />

bearbeiteten und herausgegebenen Buchausgaben zu konstatieren. Unsere<br />

Editorenkolleginnnen und -kollegen verweisen auf Akzentverschiebungen<br />

zwischen dem Marxschen Manuskript und der Engelsschen Darstellung,<br />

beispielsweise in der Behandlung des tendenziellen Falls der Profitrate und<br />

dessen Bedeutung für die langfristige Entwicklung des Kapitalismus: Die<br />

Manuskripte mit ihren verschiedenen Ansätzen dokumentieren, dass Marx<br />

diesbezüglich noch nicht zu einer finalen Ausarbeitung gelangt war, wie sie in<br />

der Druckfassung <strong>von</strong> Engels suggeriert und dann rezeptionsgeschichtlich<br />

wirkmächtig wurde. Auch die Richtigstellung <strong>von</strong> Rechenfehlern durch Engels<br />

hatte Auswirkungen auf die Rezeption. So führen die Reproduktionsschemata


13<br />

nur in der <strong>von</strong> Engels korrigierten Darstellung und nicht in Marx’ ursprünglicher<br />

Erörterung zu einer Betrachtung der erweiterten Reproduktion als<br />

gleichgewichtigem Wachstum. Schließlich lässt der nun mögliche Vergleich der<br />

Manuskripte mit der Druckfassung deutlich werden, wie sehr der Gedanke vom<br />

Zusammenbruch des kapitalistischen Systems im dritten Band des „Kapitals“<br />

durch redaktionelle Eingriffe <strong>von</strong> Engels akzentuiert worden ist.<br />

Diese wenigen Beispiele lassen vielleicht schon erahnen, dass die<br />

Forschungen zur Marxschen Kritik der Politischen Ökonomie ebenso wie die<br />

Dogmengeschichte insgesamt mit der nun (bis auf den erwähnten ausstehenden<br />

Teilband II/4.3) vorliegenden Zweiten Abteilung der MEGA ein neues<br />

Fundament erhalten. Die Debatten um eine Neubewertung der Marxschen<br />

Ökonomie haben im Kontext der Veröffentlichung der Bände bereits begonnen,<br />

im deutschen Sprachraum mit Interpreten wie Michael Heinrich ebenso wie auf<br />

internationaler Ebene, wie der jüngst erschienene Band „Re-Reading Marx. New<br />

Perspectives after the Critical Edition“ signalisiert.<br />

*<br />

Parallel zur schwerpunktmäßigen Arbeit am Abschluss der „Kapital“-Abteilung<br />

der MEGA haben IMES und BBAW die Bearbeitung <strong>von</strong> Bänden der Ersten<br />

Abteilung forciert. So konnte mit der Publikation des <strong>von</strong> unserem Kollegen<br />

Jürgen Herres und getreuen Helfern wie Richard Sperl, Rosemarie Giese und


14<br />

Detlev Mares bearbeiteten Band I/21 ein sehr schwieriges und aufwendiges<br />

Projekt erfolgreich abgeschlossen werden. MEGA I/21 dokumentiert Marx’<br />

Wirken in der Internationalen Arbeiterassoziation (IAA) zwischen September<br />

1867 und März 1871. Und dies nicht nur anhand der Veröffentlichung und<br />

modernen Kommentierung seiner eigenen Beiträge, sondern auch durch den<br />

Abdruck <strong>von</strong> 168 Sitzungsprotokollen des Generalrats. Die Ära der IAA (1864–<br />

1872) gehörte neben der Revolution <strong>von</strong> 1848/49 zur politisch aktivsten Zeit<br />

<strong>von</strong> Marx, sie gilt als Höhepunkt seiner politischen Karriere. Angesichts der in<br />

jüngster Zeit zu beobachtenden Neubeschreibung, wenn nicht Neuentdeckung<br />

des 19. Jahrhunderts als Ära entstehender Globalität – denken wir etwa an die<br />

beeindruckenden Forschungssynthesen <strong>von</strong> Jürgen Osterhammel – kann auch<br />

die IAA und Marx’ Wirken darin neue Aufmerksamkeit beanspruchen. Indem<br />

die Bearbeiter des Bandes die <strong>von</strong> Marx und Engels verfassten Werke, Artikel,<br />

Reden und Entwürfe in den zeitgeschichtlichen Kontext der europäischen<br />

Oppositionsbewegungen rücken, wird deren politisches und publizistisches<br />

Wirken als immanenter Bestandteil der kommunikativen Aushandlungs- und<br />

Reflexionsprozesse dieser Bewegungen sichtbar.<br />

Außerdem möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf den bereits früher<br />

erschienenen Band I/14 lenken. Er dokumentiert eine <strong>von</strong> der Forschung und<br />

Rezeption eher stiefmütterlich behandelte Komponente des Schaffens <strong>von</strong> Marx<br />

und Engels – ihre Korrespondententätigkeit für die „New-York Tribune“ und die<br />

Breslauer „Neue Oder-Zeitung“ im Jahre 1855, insgesamt 200 Artikel und


15<br />

Entwürfe, darunter 33 Texte, die erstmals in einer Ausgabe ihrer Werke<br />

veröffentlicht werden. Dabei handelt es sich hauptsächlich um anonym<br />

veröffentlichte Artikel in der „New-York Daily Tribune“, für die die<br />

Autorschaft <strong>von</strong> Marx und Engels im Kommentarband begründet wird. Marx<br />

und Engels waren ein reichliches Jahrzehnt, <strong>von</strong> 1851 bis zum Ausbruch des<br />

amerikanischen Bürgerkrieges, Leitartikler einer der größten und einfluß-<br />

reichsten Zeitungen der Welt. Etwa die Hälfte aller vom Journalistenduo<br />

Marx/Engels für die „New-York Tribune“ verfaßten Essays und Kommentare<br />

hat die Redaktion der Zeitung als ungezeichnete Leitartikel veröffentlicht. Daß<br />

ihr tatsächlicher Autor als Manager eines mittelständischen Textilunternehmens<br />

im fernen Manchester tätig war und Friedrich Engels hieß, dürfte nur wenigen<br />

Zeitgenossen bekannt gewesen sein und gibt Edition und Forschung noch nach<br />

anderthalb Jahrhunderten so manches Rätsel auf.<br />

Damit ist das editionsphilologische Kernproblem dieses Bandes benannt,<br />

die Autorschaftsbestimmungen und Echtheitsprüfungen, durch die das Werk <strong>von</strong><br />

Marx und Engels noch immer neue Konturen gewinnt.<br />

Neben dem Erkennen literarischer Fälschungen und der Identifizierung<br />

<strong>von</strong> Autoren anonym oder unter Pseudonym erschienener Veröffentlichungen,<br />

denken wir an die verschlungenen Pfade der Shakespeare-, Nietzsche- oder<br />

Kafkaphilologie, gehört die Bestimmung der Zuverlässigkeit der jeweiligen<br />

Textgestalt zu den Hauptaufgaben des Editors. Wie ein Detektiv sucht er „Spu-<br />

ren“ und gelangt zu „Indizien“, das heißt festgestellten „Tatsachen“, mit deren


16<br />

Hilfe die Autorschaft hinreichend begründet oder ausgeschlossen werden kann.<br />

Im Falle der Mitarbeit <strong>von</strong> Marx und Engels an der „New-York Tribune“ sind es<br />

dreierlei Spurenarten: Erstens die überlieferten Parallelstellen aus Briefwechsel,<br />

Notizbüchern sowie früheren und späteren Texten <strong>von</strong> Marx und Engels, zwei-<br />

tens damit kongruenten Textpassagen in ungezeichneten Leitartikeln der „New-<br />

York Daily Tribune“ sowie drittens, Autoren und Redaktion kommunizierten ja<br />

noch nicht per E-Mail oder Fax, die Rekonstruktion des transatlantischen Post-<br />

schiffverkehrs. Der Editor ist also zunächst gehalten, alle formalen Autor-<br />

schaftsindizien in einer widerspruchsfreien Beweiskette zu synchronisieren,<br />

bevor in einem zweiten Schritt anhand <strong>von</strong> textkongruenten Parallelstellen die<br />

eigentliche Echtheitsprüfung vorgenommen wird.<br />

Der Forschungsertrag des Bandes I/14 ist ungewöhnlich und fügt dem <strong>von</strong><br />

mehreren Editorengenerationen erforschten Oeuvre <strong>von</strong> Marx und Engels mehr<br />

als ein Dutzend „neuer“ Texte hinzu. Das Themenspektrum des Bandes umfaßt<br />

die großen Fragen der europäischen Politik und Diplomatie, Konjunkturbeob-<br />

achtung, Parlamentsberichterstattung sowie Kriegskunst und Militärgeschichte.<br />

Mit einer an den Werken Helmuth <strong>von</strong> Moltkes und Adolf <strong>von</strong> Zastrows<br />

geschulten Analytik kommentiert Engels die Gefechte, Schlachten und Belage-<br />

rungsoperationen des Krimkrieges. Der Leser blickt in die Schreibwerkstatt<br />

zweier Journalisten, die gleichzeitig für ein Millionenpublikum in den<br />

Vereinigten Staaten und für eine der Zensur unterworfene preußische Regional-


17<br />

zeitung korrespondierten, ohne für die Leserschaft aus der Anonymität heraus-<br />

zutreten.<br />

Erlauben Sie nun einige Bemerkungen zur Briefabteilung der MEGA: In einer<br />

Zeit, in der handgeschriebene Briefe durch Telefon, Fax, serielle Computerkor-<br />

respondenz und e-mail ersetzt werden, erscheint das editorische Bemühen um<br />

Briefwechselausgaben als Anachronismus. Verlagskataloge und Feuilleton-<br />

debatten bezeugen allerdings das Gegenteil: Aufwendige Briefwechseleditionen<br />

werden in erstaunlicher Anzahl verlegt und erfreuen sich anhaltender<br />

Publikumsgunst. Ich möchte dafür einige Belege anführen und die praktizierten<br />

editionsphilologischen Verfahren resümieren. Der Suhrkamp Verlag vollendete<br />

vor einigen Jahren eine sechsbändige Ausgabe der gesammelten Briefe Walter<br />

Benjamins. Während dessen präsentierte S. Fischer die Briefe Franz Kafkas <strong>von</strong><br />

1900 bis 1912 und die Familienkorrespondenz der Pasternaks zwischen 1921<br />

und 1960. Metzler verdanken wir Nietzsches Briefwechsel mit dem Ehepaar<br />

Overbeck. Bei Hermann Böhlaus Nachfolgern in Weimar sind Lessings<br />

Brautbriefe mit Eva König erschienen. Klostermann veröffentlichte die<br />

Korrespondenz des Philosophen Schelling mit seiner Pyrmonter<br />

Kurbekanntschaft Eliza Trapp und den Briefwechsel zwischen Thomas Mann<br />

und Käte Hamburger. Die besondere Aufmerksamkeit der Fachwelt galt zu<br />

Recht der achtbändigen Neuedition des Korrespondenzkorpus <strong>von</strong> Ludwig van<br />

*


18<br />

Beethoven bei Henle: Im Unterschied zu bisherigen Ausgaben hat das deutsch-<br />

österreichisch-englisch-amerikanische Editorenteam um Sieghard Brandenburg<br />

vom Bonner Beethoven-Archiv die überlieferten Briefe der Korrespondenz-<br />

partner aufgenommen. Mit nunmehr 1789 Briefen des Komponisten, 370 an ihn<br />

gerichteten und 163 auf ihn bezogenen Schreiben ist diese Ausgabe ein Muster<br />

an Sorgfalt und Vollständigkeit. Vom ersten Schreiben des Zwölfjährigen an<br />

den Kurfürsten Maximilian Friedrich bis zum letzten an das Sankt Petersburger<br />

Handels- und Wechselhaus Stieglitz & Co. aus dem März 1827 sind<br />

zweiundvierzig <strong>von</strong> siebenundfünfzig Lebensjahren erstaunlich lückenlos<br />

dokumentiert.<br />

Gemäß heutigen editionsphilologischen Standards werden die Texte<br />

originalgetreu dargeboten. Dies ist nicht immer leserfreundlich und<br />

dokumentiert schonungslos Beethovens Probleme mit Orthographie und der<br />

Interpunktion. Seine Rechtschreibung dürfte heutigen Normverfechtern die<br />

Haare zu Berge stehen lassen: Begriffe und Namen, auch den eigenen schreibt er<br />

mit anarchischer Irregularität: [Da lesen wir im berühmten Brief an die<br />

„Unsterbliche Geliebte“ etwa den folgenden Abschnitt: „Es gibt Momente, wo<br />

ich finde dass die sprache noch gar nichts ist – erheitre dich – bleibe mein<br />

Treuer einziger schaz, mein alles, wie ich dir das übrige müssen die Götter<br />

schicken, was für unss seyn muss und seyn soll.“]<br />

Als herausragende editorische Leistungen aus unserem engeren zeitlichen<br />

Kontext möchte ich Ihnen Theodor und Emilie Fontanes Ehebriefwechsel in der


19<br />

Großen Brandenburger Ausgabe des Berliner Aufbau-Verlages empfehlen.<br />

Dieser Briefwechsel vermittelt ein ungewöhnlich plastisches Zeitbild, darunter<br />

auch dem Marx-Editor vertraute kulturhistorische Details: Um Diebstahl<br />

vorzubeugen, hat Fontane, ebenso wie Engels, die Pfundnoten zerschnitten und<br />

die zweite Hälfte erst abgeschickt, wenn die erste wohlbehalten angekommen<br />

war. Wir erfahren, wie saure Gurken in der preußischen Gesandtschaftspost<br />

geschmuggelt wurden, was Mäntel, Wolle, Pflaumenmus kosteten, wie<br />

Schokoladenmehlspeise à la Henriette zubereitet wurde und staunen, daß die<br />

Briefpost <strong>von</strong> Berlin nach London vor einhundertfünfzig Jahren nicht einmal<br />

zwei Tage benötigte.<br />

Wie Sie wissen, korrespondierten Marx und Engels über einen Zeitraum<br />

<strong>von</strong> knapp 60 Jahren mit mehr als 2000 Personen in fast allen europäischen<br />

Ländern und den USA. Die <strong>von</strong> ihnen nach der gescheiterten Revolution <strong>von</strong><br />

1848/49 geknüpften Briefnetzwerke der Emigranten waren ein bedeutendes,<br />

aber erst wenig erforschtes Kommunikationsmedium, das neben die klassische<br />

Briefkultur des Bürgertums tritt. Die überlieferte Korrespondenz <strong>von</strong> Marx und<br />

Engels umfaßt 14 400 Briefe, die in der dritten Abteilung der MEGA in 35<br />

Bänden ediert werden. In den seit dem Verlagswechsel veröffentlichten vier<br />

neuen Bänden der Dritten Abteilung werden die Briefe an Marx und Engels<br />

nicht mehr gesondert in einem Anhang abgedruckt, vielmehr werden alle Von-<br />

und An-Briefe in chronologischer Reihenfolge veröffentlicht. Durch diesen<br />

gleichberechtigten Abdruck der Briefe aller Korrespondenzpartner in einer


20<br />

chronologischen Ordnung tritt nunmehr der dialogische Charakter des<br />

Briefwechsels zutage. Für den Leser bringt dies viel Gewinn. Denn nun dürfte es<br />

viel einfacher sein, beispielsweise die Auseinandersetzung zwischen Marx und<br />

seinem Dichterfreund Ferdinand Freiligrath über das Spannungsverhältnis <strong>von</strong><br />

Parteidisziplin und künstlerischer Autonomie zu rekonstruieren, die schließlich<br />

zum Bruch zwischen beiden führte: „Meiner, u[nd] der Natur jedes Poeten“, so<br />

argumentierte Freiligrath, „tut die Freiheit Noth! Auch die Parthei ist ein Käfig<br />

u[nd] es singt sich, selbst für die Parthei, besser draus als drin.“ 1<br />

Glückliche Umstände haben dazu geführt,<br />

Für historisch-kritische Briefausgaben, lassen Sie mich dieses editions-<br />

philologische Resümee wagen, gilt methodisch das gleiche wie für historisch-<br />

kritische Werkausgaben. Spezifische Verfahrensweisen resultieren aus den<br />

Besonderheiten der Textsorte „Brief“. Für die Textkonstitution sollten ebenfalls<br />

die strengen Maßstäbe historisch-kritischer Werkausgaben angelegt werden. Sie<br />

verpflichten den Editor, nur bei offensichtlichen Schreib- oder Druckfehlern in<br />

den Text einzugreifen und darüber im Apparat Rechenschaft abzulegen. Er<br />

sollte in jedem Falle die originale Form beibehalten. Gerade bei Briefen sind<br />

Vereinheitlichungen unsinnig. Damit komme ich zur heikelsten Frage der<br />

Briefedition, dem Kommentar. Generell sollte auch hier gelten, was Manfred<br />

Fuhrmann zu Protokoll gegeben hat: Von einem guten Kommentar dürfe man<br />

erwarten, daß er sich ähnlich verhält wie ein aufmerksamer Diener, stets zur<br />

1 Ferdinand Freiligrath an Marx, 28. Februar 1860. In: MEGA 2 III/10. S. 320.


21<br />

Stelle ist, wo man ihn braucht, aber nach Möglichkeit vermeidet, sich<br />

aufzudrängen, wenn nicht nach ihm verlangt wird. Ziel des Briefkommentars sei<br />

es, gab Jürgen Behrens zu bedenken, das gesamte Ausmaß der historischen<br />

Bezüge deutlich zu machen. Dies sei freilich unerreichbar, der Briefeditor liefere<br />

deshalb <strong>von</strong> vornherein die unvollkommenste aller Editionen. Form und Anlage<br />

richten sich nach den zu kommentierenden Briefen, nicht umgekehrt. Es sei<br />

denn, man wünsche eine bestimmte Ansicht politischer, theologischer oder<br />

welcher Natur auch immer, in die Briefe hinein- und anschließend wieder<br />

herauszuinterpretieren. Die Frage, die sich der Editor zu stellen habe, sei<br />

einfach: was braucht der Leser, um den Zusammenhang dieser oder jener<br />

Briefstelle zu verstehen. Und als Erläuterung fügt er hinzu: „Die potentielle<br />

Leserschaft ist so verschiedenartig, daß ich als Maxime vorschlagen würde,<br />

beim Leser eine vage Vorstellung <strong>von</strong> Goethe und Schiller vorauszusetzen, auch<br />

zu glauben, daß er sich unter den Namen Napoleon oder Wilhelm II. etwas<br />

vorzustellen vermag und es damit gut sein zu lassen, d. h. alles übrige lieber zu<br />

erläutern.“ Sehr bedenkenswert ist schließlich Winfried Woeslers Mahnung an<br />

Briefkommentatoren, den Nutzer für die Relativität der Briefäußerungen, den<br />

Widerspruch zwischen historischer Wirklichkeit und subjektiver Darstellung zu<br />

sensibilisieren. Wie haltet ihr es in der MEGA, werden Sie nun fragen? Unsere<br />

Kommentierung strebt ein Maximum an Transparenz bei allen editions-<br />

philologischen Entscheidungen an. Eine prägnante wissenschaftsgeschichtliche<br />

Würdigung der <strong>von</strong> Marx und Engels rezipierten Autoren, zumal jener, die nicht


22<br />

als Sterne erster Ordnung am Firnament der Gelehrtenwelt strahlen, soll es<br />

gestatten, Zeitgebundenheit und Originalität der Texte <strong>von</strong> Marx und Engels im<br />

Sinne einer konsequenten Historisierung auszuloten. Als methodisches Prinzip<br />

gilt die schwierige Unterscheidung zwischen erklären und interpretieren.<br />

Paragraph 2.4, Seite 39, der revidierten Editionsrichtlinien verpflichtet den<br />

Editor zum Verzicht auf interpretatorische Ambitionen. Unter dem Rubrum<br />

„Erläuterungen“ führt der verbindliche editionsphilologische Kanon statt dessen<br />

Erklärungen, die ein besseres Verständnis <strong>von</strong> Sachverhalten ermöglichen. Es<br />

geht um Texterklärungen, die am modernen Forschungsstand orientiert sind, das<br />

Verständnis komplizierter Textstellen erleichtern und den schmalen Grat zur<br />

Interpretation nicht überschreiten. Patentrezepte dafür wird es niemals geben. Es<br />

ist schon viel erreicht, wenn der Editor diese Zusammenhänge kritisch reflektiert<br />

und die erarbeiteten Lösungen im Editorenteam und mit den konsultierten<br />

Fachspezialisten debattieren kann.<br />

Lassen Sie mich zum Ausgang zurückkehren: Der manische Epistolo-<br />

graph Stefan Zweig führte vor einem Menschenalter bittere Klage, eine edle und<br />

kostbare Kunst, die Kunst des Briefes scheine ihrem Ende entgegenzugehen. In<br />

Zweigs Vision gefährdeten Zeitung, Schreibmaschine und Telefon diese Kunst.<br />

Was hätte er wohl zu Computer und Internet gesagt? Soweit ich zurückdenke,<br />

wurde ein Medium nicht einfach durch ein anderes ersetzt. Das Fernsehen<br />

versetzte weder dem Kino den Todesstoß, noch hat die Tonaufzeichnung<br />

Musikaufführungen verdrängt oder die Fotografie die Malerei auf dem


23<br />

Gewissen. Ebensowenig wird die elektronische Übermittlung <strong>von</strong> Text und Bild<br />

zum Debakel der Gutenberggalaxis. Wie stets zuvor wird die interessierte<br />

Menschheit Wege finden, das eine zu tun, ohne das andere zu lassen, nämlich zu<br />

einer Art Arbeitsteilung <strong>von</strong> neuen und traditionellen Medien und Kommuni-<br />

kationsformen zu finden. Mein zugegeben naiver Opimismus gründet sich nicht<br />

zuletzt auch darauf, daß die Lektüre fremder Briefe, wie Peter <strong>von</strong> Matt<br />

beobachtet hat, immer etwas Unanständiges hat. Es sei, als sitze man mit einer<br />

Tarnkappe in einer fremden Stube und höre zu, wie die Leute einander Dinge<br />

sagen, die sie nie sagen würden, wenn sie wüßten, daß noch einer im Raum ist.<br />

Mir scheint, darauf möchte auch künftig niemand verzichten.<br />

Völlig neue Facetten des Werkes <strong>von</strong> Marx und Engels werden durch die<br />

Veröffentlichung ihrer Exzerpte und Notizen in den Bänden der vierten Ab-<br />

teilung unserer Ausgabe sichtbar. So beispielsweise die erstmals im Band IV/12<br />

dargebotenen Studien zur spanischen Geschichte. Marx’ Interesse galt be-<br />

kannten Gelehrten, schließt aber auch Autoren ein, die in den Annalen der<br />

Wissenschaftsgeschichte nur wenig Spuren hinterlassen haben und deren Ori-<br />

ginalität heute bestenfalls Spezialisten kennen. Ein kritischer Wegbegleiter wür-<br />

digte die vierte Abteilung der MEGA deshalb als einen Jahrhundertspiegel der<br />

Ideengeschichte.<br />

*


24<br />

Sein Tatsachenwissen zur modernen spanischen Geschichte schöpfte<br />

Marx aus verschiedenen Quellen, den Berichten englischer Forschungsreisender<br />

ebenso wie den Werken französischer und spanischer Staatsmänner und Histo-<br />

riker, meist Zeitzeugen und Chronisten in einer Person.<br />

Gemessen am Glanz einstiger Größe erschien das bourbonische Spanien<br />

Marx’ Zeitgenossen als Hort der Dekadenz und des Niedergangs. Dort entfaltete<br />

sich die moderne bürgerliche Gesellschaft mit einer Konfliktdynamik und<br />

Gewalteskalation wie sonst nirgendwo in Europa. Auf der Grundlage seiner in<br />

fünf Exzerptheften niedergeschriebenen Materialsammlungen interpretierte<br />

Marx das verwirrende Bild aufeinanderfolgender Militäraufstände und Palast-<br />

revolten, Revolutionen und Gegenrevolutionen, Reform- und Restaurations-<br />

phasen, die Spanien in dem Jahrhundert zwischen dem Unabhängigkeitskrieg<br />

am Beginn des 19. und dem Bürgerkrieg im 20. Jahrhundert mehr als 100 Re-<br />

gierungen beschieden, als „revolutionary cycle“, über den sich die bürgerliche<br />

Gesellschaft, quälend langsam zwar und durch retardierende Bewegungen<br />

mehrmals zurückgeworfen, dennoch unaufhaltsam Bahn gebrochen habe.<br />

Obwohl die moderne Historiographie manche Einsichten und Erkennt-<br />

nisse, die Marx aus den Werken verschiedener Autoren übernahm, oder in-<br />

spiriert durch diese Vorgänger, formulierte, in einigen Details oder in der<br />

Gesamtperspektive neu akzentuiert und korrigiert hat, regen nicht wenige dieser<br />

Arbeiten noch heute die Forschung an.


25<br />

Dies gilt beispielsweise für Marx’ Einspruch gegen Chateaubriands Ver-<br />

dikt, das Liberale Triennium 1820–1823 sei nur eine in kastilischen Kostümen<br />

auf der Madrider Bühne aufgeführte Parodie auf die Französische Revolution:<br />

Es könne nicht erwartet werden, wandte Marx dagegen ein, daß die Kämpfe der<br />

verschiedenen Völker, die aus dem feudalen Zustand der Gesellschaft heraus-<br />

treten und sich zur bürgerlichen Ordnung hinbewegen, durch etwas anderes<br />

unterscheiden als durch das besondere Kolorit, das sich aus Rasse, Nationalität,<br />

Sprache, Stand <strong>von</strong> Sitten und Gebräuchen ergibt.<br />

Mehrere Exzerpte dokumentieren, daß Marx der Entstehung und der Wir-<br />

kung der am 19. März 1812 in Cádiz verabschiedeten Verfassung große Auf-<br />

merksamkeit gewidmet und in diesem Zusammenhang verfassungsgeschicht-<br />

liche Studien aus einer komparativen Perspektive betrieben hat. Die Aus-<br />

arbeitung, Einführung und Unterdrückung dieser Verfassung, die zu den<br />

Geburtsurkunden des europäischen Liberalismus zählt und die Verfassungsent-<br />

wicklung in mehreren Ländern beeinflußt hat, betrachteten Zeitgenossen als<br />

Kuriosität. Wähnten die Anhänger des Ancien Régime eine zu große Nähe zur<br />

Verfassungstheorie und -praxis der Französischen Revolution, so ging den<br />

liberalen und demokratischen Kritikern der Rückgriff auf die autochthonen<br />

spanischen Rechtstraditionen zu weit. Auch um dem Vorwurf zu begegnen, ihr<br />

Gesetzeswerk ahme die Verfassung des französischen Kriegsfeindes nach, hatte<br />

den Caditaner Verfassungsvätern viel daran gelegen, die mittelalterlichen Fueros<br />

und Ayuntamientos zu neuem Leben zu erwecken und den Bedingungen der


26<br />

Zeit anzupassen. Marx hat dies aufmerksam registriert, die strittige Frage der<br />

Originalität diskutiert und die Einzelfallanalyse später durch grundsätzliche<br />

Überlegungen erweitert. Die Adäquanz <strong>von</strong> Verfassungen generell werde näm-<br />

lich durch die jeweiligen historischen Kontexte bestimmt, und nicht durch ihren<br />

abstrakt-normativen Gehalt: „Die Konstitution <strong>von</strong> 1812“, so argumentiert er in<br />

einem erst während der Editionsarbeiten identifizierten Essay für die „New-<br />

York Tribune“, „trug ganz deutlich denselben Stempel der Unausführbarkeit,<br />

der alle Grundgesetze charakterisiert, die ursprünglich <strong>von</strong> modernen Nationen<br />

in der Epoche ihrer Erneuerung entworfen worden sind. In der revolutionären<br />

Epoche, der sie ihre Entstehung verdanken, sind sie nicht ausführbar, nicht etwa<br />

wegen dieses oder jenes Paragraphen, sondern nur wegen ihres konstitutionellen<br />

Charakters. In der konstitutionellen Epoche sind sie fehl am Platze, weil sie<br />

durchtränkt sind <strong>von</strong> den großherzigen Verblendungen, die untrennbar mit der<br />

Morgendämmerung der gesellschaftlichen Erneuerung verbunden sind.“<br />

In seinen Studien zur neueren und neuesten Geschichte Spaniens widmete<br />

Marx auch dem heute als asymmetrische Kriegsführung benannten Phänomen<br />

beträchtliche Aufmerksamkeit. Es erstaunt, daß Carl Schmitt, der die diesbezüg-<br />

lichen Überlegungen <strong>von</strong> Engels aus dem Deutsch-Französischen Krieges im<br />

Kontext seiner Partisanentheorie sorgfältig gelesen hat, hier nicht fündig wurde.<br />

Lassen Sie mich ein vorläufiges Fazit wagen: Ungeachtet der gelungenen Re-<br />

strukturierung und Redimensionierung der Ausgabe sowie der Transparenz ihres


27<br />

editorischen Vorgehens bleibt die perspektivische Planung wegen der Kom-<br />

plexität des editorischen Materials, der internationalen Vernetzung und auch<br />

aufgrund finanzieller und personeller Sachzwänge weiterhin schwierig. Von 114<br />

geplanten Bänden sind bereits 58 Bände gedruckt. Etwa 20 weitere Bände<br />

werden gegenwärtig in Berlin, Kopenhagen, Marburg, Moskau, New York,<br />

Paris, Sendai, Tokio und Toulouse bearbeitet. Alle Details dazu finden Sie in<br />

einer kleinen Broschüre, deren Schlüsseltexte dank der Bemühungen meines<br />

verehrten Kollegen Wenchao Li glücklicherweise auch in Chinesisch vorliegen.<br />

Voraussichtlich wird es uns 2011/2012 gelingen, die „Kapital“-Abteilung<br />

zu vollenden. Damit wäre ein bedeutender Teil des Projekts abgeschlossen.<br />

Digitale Text-, Apparat- und Registerkumulationen aller nun vollständig veröf-<br />

fentlichten „Kapital“-Manuskripte und der zu Lebzeiten <strong>von</strong> Marx und Engels<br />

erschienenen Ausgaben sollen dann, wie Ihnen Regina Roth demonstrieren<br />

kann, die klassische Buchausgabe durch komfortablere Rechercheoptionen<br />

bereichern und ergänzen.<br />

Danach hat die Fertigstellung der ersten, der „Werke“-Abteilung, Priori-<br />

tät. Unser besonderes Augenmerk gilt dabei den ausstehenden Bänden des Früh-<br />

werks, nämlich den Bänden I/4, I/5 und I/6 mit der „Heiligen Familie“, der<br />

„Lage der arbeitenden Klasse in England“, der „Deutschen Ideologie“, „Misère<br />

de la philosophie“ und dem „Manifest der Kommunistischen Partei“.<br />

Parallel dazu ist ein kontinuierliches, möglichst chronologisches Erschei-<br />

nen weiterer Bände der Brief-Abteilung zu gewährleisten.


28<br />

In der vierten Abteilung (Exzerpte, Notizen, Marginalien) soll schließlich<br />

der bisher eingeschlagene Weg, durch die Erstpublikation wissenschaftsge-<br />

schichtlich und thematisch besonders interessanter Texte und Materialien der<br />

Öffentlichkeit neue Facetten des Marxschen Werkes zu präsentieren, fortgesetzt<br />

werden.<br />

*<br />

Lassen Sie mich schließen: Wer einen authentischen Marx und einen authen-<br />

tischen Engels sucht, ist gut beraten, unsere Ausgabe zur Hand nehmen. Hier<br />

findet er auch jene Texte, die während der marxistisch-leninistischen Tristesse<br />

nicht beachtet, oder unter Zensur gestellt wurden. Er wird einem Denker be-<br />

gegnen, der für rechtsstaatliche Verhältnisse eintrat – „Ein Gesetzbuch ist die<br />

Freiheitsbibel eines Volkes“2 –, der jegliche Gesinnungsjustiz verabscheute:<br />

„Gesetze, die nicht die Handlung als solche, sondern die Gesinnung des<br />

Handelnden zu ihren Hauptcriterien machen, sind nichts als positive Sanctionen<br />

der Gesetzlosigkeit“3 und der ein Leben lang für die Pressefreiheit stritt: „Das<br />

Wesen der freien Presse ist das charaktervolle, vernünftige, sittliche Wesen der<br />

Freiheit“, lesen wir auf Seite 146 des ersten Bandes unserer Ausgabe: „Der<br />

Charakter der censirten Presse ist das charakterlose Unwesen der Unfreiheit, sie<br />

ist ein civilisirtes Ungeheuer, eine parfümirte Mißgeburt.“<br />

2 Marx: Die Verhandlungen des 6. Rheinischen Landtags. Erster Artikel: Debatten über Preßfreiheit und<br />

Publikation der Landständischen Verhandlungen. In: MEGA 2 I/1. S. 150.<br />

3 Marx: Bemerkungen über die neueste preußische Zensurinstruktion. In: MEGA 2 I/1. S. 107.

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