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TheaterCourier April 2018

TheaterCourier April 2018 | Die Kunst- und Kulturzeitung für Sachsen | Lange Nacht der Dresdner Theater - Christian Thielemann - Aktionswochen Zusammen gegen Rassismus - Ausstellung Kernfusion - Radeberger Biertheater - Jekyll & Hyde - Unsere Frauen - DISKO IM FOYER - Interview Robert Jentzsch - Theaterkalender - Premieren - Ausstellung Tod & Ritual - Leipziger Typotage - Geigenbaumeister Joachim Zimmermann - Film Stars Don't Die in Liverpool Filmkritik - Der seidene Faden - Steig.nicht.aus! - Kolumne Holger Böhme uvm.

TheaterCourier April 2018 | Die Kunst- und Kulturzeitung für Sachsen | Lange Nacht der Dresdner Theater - Christian Thielemann - Aktionswochen Zusammen gegen Rassismus - Ausstellung Kernfusion - Radeberger Biertheater - Jekyll & Hyde - Unsere Frauen - DISKO IM FOYER - Interview Robert Jentzsch - Theaterkalender - Premieren - Ausstellung Tod & Ritual - Leipziger Typotage - Geigenbaumeister Joachim Zimmermann - Film Stars Don't Die in Liverpool Filmkritik - Der seidene Faden - Steig.nicht.aus! - Kolumne Holger Böhme uvm.

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Seite 4 | <strong>April</strong> <strong>2018</strong><br />

www.theatercourier.de<br />

THEATER<br />

Radeberger Biertheater: In „Malzau braut sich“ was zusammen<br />

Seit 2002 verspricht das<br />

1. Sächsische Mundart-<br />

Theater im Hotel Kaiserhof<br />

in Radeberg „Spaß<br />

beim Bier“<br />

Der prunkvolle Kaisersaal im Hotel Kaiserhof<br />

ist an diesem Samstagnachmittag<br />

proppevoll. Das Publikum ist gemischt, sogar<br />

größere Kinder sind dabei, alle sind leger<br />

gekleidet, ein Schlips ist nicht zu sehen.<br />

Dafür eine Menge Servierkräfte, die flink<br />

die Getränke- und Essenswünsche (viel<br />

Sächsisches auf der moderaten Speisekarte)<br />

der rund 300 Gäste erfüllen. Am Tresen<br />

„Malzau braut sich“ mit Bürgermeisterin Gisela, Ökofuzzi Sven, Unternehmer Trumpf,<br />

Gatte Harry, Schwester Gloria und Freund Kurt Johannes<br />

ist der als Bierkutscher Ernst bekannte<br />

Radeberger Stadtführer dabei, Glas für<br />

Glas mit dem einheimischen Hopfensaft<br />

zu füllen. Und schon geht es los: Das von<br />

Thomas Rauch geschriebene Stück „Malzau<br />

braut sich“ ist No. 16 der Backental-<br />

Sage und natürlich eine Eigenproduktion<br />

(Regie Ulrich Schwarz, Co-Regie Thomas<br />

Rauch, Bühnenbild Bernd Kühne, Musik<br />

Hans-Jörg Hombsch – einer der Bierhähne).<br />

Bürgermeisterin Gisela Kleinschmidt<br />

(Hans-Jörg Hombsch!) hat nicht nur einen<br />

üblen Frauenschnupfen, sondern auch das<br />

früher der Familie ihres Mannes Harry<br />

(Holger Blum) gehörende Grundstück der<br />

© Radeberger Biertheater<br />

ehemaligen HO-Gaststätte „Zur Linde“ an<br />

den Öko Sven Klose (Thomas Rauch) verkauft.<br />

Der war in seinem ersten Leben Anwalt.<br />

Jetzt baut er Kräuter an (auch mal für<br />

einen Joint für die Bürgermeisterin) und<br />

braut schließlich für den Hausgebrauch<br />

nach in der „Linde“ gefundenen Uralt-<br />

Rezepten ein Bier, bei dessen Genuss dem<br />

Ensembleteam Sterne aufgehen und der<br />

ganze Saal jedes Mal begeistert „würzig,<br />

süffig, einfach genial“ skandiert.<br />

Der Grundstücksverkauf und das neue Bier<br />

verärgern den Chef des ansässigen Bier-<br />

Unternehmens Detlef Trumpf (Peter Splitt<br />

hat ein „f“ mehr im Namen, dafür aber die<br />

verfemte blonde Fönfrisur), der mit allen<br />

illegalen Mitteln versucht, das Grundstück<br />

zu ergaunern. Bei jedem Besuch bei<br />

der Bürgermeisterin begibt er sich in Lebensgefahr,<br />

denn der Opa lauert draußen<br />

mit einem Gewehr auf ihn – und schießt<br />

zwar sehr laut, aber immer daneben. Dass<br />

er den pfiffigen Bürgermeister-Gatten<br />

Harry entlässt, lässt seinen Bierabsatz<br />

und damit sein Unternehmen in die roten<br />

Zahlen rutschen. Denn der nimmt nicht<br />

nur seine uralte Verkorkungsmaschine<br />

Uschi mit, sondern auch ein Geheimnis.<br />

Außerdem kommen noch Schwester Gloria<br />

(Gabi Köckritz) und deren zukünftiger<br />

Bräutigam Kurt Johannes (Jens Albrecht)<br />

zu Besuch in die Heimat. Und so kommt es,<br />

dass im 1. Sächsischen Mundart-Theater<br />

diesmal nicht ausschließlich Sächsisch,<br />

sondern noch Schwäbisch und sogar eine<br />

Abart von Englisch gesprochen wird. Wie<br />

das Stück ausgeht? Nach einigen historisch<br />

nicht belegten Überraschungen natürlich<br />

gut – es ist nur mal kurzzeitig ein<br />

Drama – und mit minutenlangem Beifall<br />

und Zugabe-Rufen! Traditionell machen<br />

die Bierhähne Hans-Jörg Hombsch (immer<br />

noch in Frauenkleidern, aber nicht mehr<br />

verschnupft) und Holger Blum (im Glitzeranzug<br />

wie eine Diskokugel) mit umgedichteten<br />

Mitklatsch-Songs von Udo<br />

Jürgens und Roland Kaiser den Abspann<br />

nach mehr als 2,5-stündiger kurzweiliger<br />

Unterhaltung. Autor Thomas Rauch hat<br />

viele witzige Pointen eingebaut, allerdings<br />

ohne Schenkelklopfermentalität.<br />

Mein Favorit: Harrys Ausspruch, „wenn<br />

wir Männer Schnupfen haben, jammern<br />

wir nicht, sondern legen uns ins Bett und<br />

sterben leise“.<br />

Regine Eberlein<br />

Malzau braut sich<br />

Radeberger Biertheater<br />

www.biertheater.de<br />

Tickethotline: 03528 - 48 70 70<br />

Das Gute und Böse im Menschen: Dr. Jekyll und Mr. Hyde im Theater Freiberg<br />

„Das Grauenvolle – das<br />

ist das, was zugleich<br />

lockt und schreckt“<br />

(Henrik Ibsen,1828-1906)<br />

Robert Louis Stevenson? Das ist doch der<br />

schottische Schriftsteller, der die „Schatzinsel“<br />

geschrieben hat! – Ja genau, aber<br />

neben Reiseerzählungen, Abenteuerliteratur<br />

und Novellen hat er in seinem<br />

kurzen Leben (1850-1894) nach einem<br />

authentischen Fall 1886 auch den psychologischen<br />

Horrorroman „Der sonderbare<br />

Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde“ zu Papier<br />

Alexander Donesch als Dr. Jekyll/Mr. Hyde und Jana Maria Gropp als seine Verlobte Lisa<br />

gebracht. Angeblich schrieb er innerhalb<br />

von sechs Tagen fast ohne Schlaf 60.000<br />

Worte mit dem Bleistift auf Papier...<br />

Steve Cuden und Frank Wildhorn machten<br />

daraus zu den Liedtexten von Leslie<br />

Bricusse ein Musical. Uraufführung war<br />

1990, sieben Jahre später lief das Stück<br />

am Broadway. Jetzt hatte es Premiere am<br />

Mittelsächsischen Theater Freiberg.<br />

Im London des 19. Jahrhundert faszinieren<br />

den angesehenen Arzt Dr. Henry<br />

Jekyll die Abgründe des Menschen. Seine<br />

These ist, mittels einer Droge die bösen<br />

Anteile von den guten abzuspalten und<br />

© Jörg Metzner<br />

damit die Welt ein wenig besser zu machen.<br />

Dazu wären allerdings medizinische<br />

Experimente an Menschen nötig.<br />

Seine Umgebung hat wenig Verständnis<br />

für seinen Forscherdrang, der künftige<br />

Schwiegervater zweifelt an ihm, sein<br />

enger Freund hat Angst um ihn und nur<br />

seine engelsgleiche Verlobte liebt ihn<br />

vorbehaltlos. Als er keine Hilfe vom geldgebenden<br />

Krankenhaus-Konsortium bekommt,<br />

entschließt sich der fanatische<br />

Wissenschaftler zum Selbsttest. Und<br />

dieses Labor-Experiment entgleist: Mr.<br />

Hyde ist geschaffen! In London ist fortan<br />

ein Monster unterwegs, Mitglieder des<br />

Konsortiums werden ermordet, selbst<br />

die Prostituierte Lucy, deren Vertrauen<br />

der Arzt mit Nächstenliebe errungen hat,<br />

bezahlt dies mit dem Leben. Mit Grauen<br />

merkt Jekyll, was Hyde mit ihm macht<br />

und dass er selbst seine Liebsten gefährdet.<br />

Schließlich bittet er seinen Freund<br />

um einen letzten Freundschaftsdienst –<br />

doch Hyde ist ebenso Jekyll...<br />

Regisseur Stefan Haufe bringt mit dem<br />

auch optisch (Ausstattung Tilo Staudte)<br />

im 19. Jahrhundert angesiedelten Stück<br />

schwungvolles, tiefgründiges Musiktheater<br />

auf die Bühne des weltweit ältesten<br />

Stadttheaters (1623 erbaut). Das Bühnenbild<br />

– variable schwarze Rechtecke mit<br />

einer Art Dach und Schornstein? – passt<br />

sich mit farbigem Licht und wenigen Objekten<br />

den jeweiligen Szenen ideal an.<br />

Sowohl seine ihn unbeirrt liebende Verlobte<br />

Lisa (engelsgleich: Jana Maria Gropp),<br />

die durch ihn wieder Lebensmut schöpfende<br />

Prostituierte Lucy (stark: Susanne<br />

Engelhardt) und sein treuer Freund John<br />

(Christian Härtig) überzeu gen schauspielerisch<br />

und stimmlich.<br />

Was jedoch der gebürtige Österreicher<br />

Alexander Donesch (Bariton) in seiner<br />

Doppelrolle auf der Bühne vollbringt, löst<br />

ständige Beifallsstürme aus. Wahrlich artistisch<br />

wechselt er in der dramatischen<br />

Endphase die zwei völlig verschiedenen<br />

Persönlichkeiten und „springt“ singend<br />

im Minutentakt vom verzweifelten Jekyll<br />

zum mörderischen Hyde. Alle Achtung!<br />

Nach verdientem minutenlangem Beifall<br />

und Bravorufen blieb trotz einfallsreichen<br />

Ballett- und Choreinlagen ein<br />

Wermutstropfen: Die teils überbordende<br />

Lautstärke ließ oftmals keine Textinhalte<br />

mehr erkennen.<br />

Regine Eberlein<br />

Jekyll & Hyde<br />

Mittelsächsisches Theater Freiberg<br />

22.04. | 13./19.05.18<br />

www.mittelsaechsisches-theater.de<br />

Tickethotline: 03731 - 35 82 35

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