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Landraub - Indigener Widerstand in Lateinamerika

Der Fortbestand kolonialistischer Muster und die grotesken Auswüchse des Kapitalismus, in deren Zuge auch die letzten gemeinschaftlich genutzten Ressourcen wie Land, Wasser oder indigenes Wissen privatisiert und zu Geld gemacht werden, verhindern in unseren lateinamerikanischen Partnerländern auch heute noch allzuoft Gerechtigkeit für indigene Völker. Viele indigene Gruppen leisten beharrlich Widerstand gegen den unersättlichen Landhunger nationaler und internationaler Konzerne. Von diesem Widerstand möchten wir Ihnen in der presente 1/2018 berichten. Viel Freude bei der Lektüre!

Der Fortbestand kolonialistischer Muster und die grotesken Auswüchse des Kapitalismus, in deren Zuge auch die letzten gemeinschaftlich genutzten Ressourcen wie Land, Wasser oder indigenes Wissen privatisiert und zu Geld gemacht werden, verhindern in unseren lateinamerikanischen Partnerländern auch heute noch allzuoft Gerechtigkeit für indigene Völker. Viele indigene Gruppen leisten beharrlich Widerstand gegen den unersättlichen Landhunger nationaler und internationaler Konzerne.
Von diesem Widerstand möchten wir Ihnen in der presente 1/2018 berichten.
Viel Freude bei der Lektüre!

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www.ci-romero.de<br />

Bullet<strong>in</strong> der Christlichen Initiative Romero 1/2018 E<strong>in</strong>e Stimme für Gerechtigkeit<br />

HONDURAS<br />

Pfarrer Melo über<br />

die Repression<br />

nach der Präsidentschaftswahl<br />

(Seite 18-20)<br />

LANDRAUB<br />

<strong>Indigener</strong> <strong>Widerstand</strong> <strong>in</strong><br />

Late<strong>in</strong>amerika


www.ci-romero.de<br />

Bullet<strong>in</strong> der Christlichen Initiative Romero 1/2018 E<strong>in</strong>e Stimme für Gerechtigkeit<br />

Editorial<br />

Liebe Leser*<strong>in</strong>nen,<br />

liebe Freund*<strong>in</strong>nen,<br />

<strong>in</strong> der Vorbereitung dieser presente haben wir<br />

uns mit <strong>in</strong>digenen Lebensweisen <strong>in</strong> unseren<br />

mittelamerikanischen Partnerländern ause<strong>in</strong>andergesetzt.<br />

Während des Redaktionsprozesses<br />

fiel unser Blick dann immer mehr auf<br />

die Land-Frage. Der Fortbestand kolonialistischer<br />

Muster und die grotesken Auswüchse<br />

des Kapitalismus, <strong>in</strong> deren Zuge auch die letzten<br />

geme<strong>in</strong>schaftlich genutzten Ressourcen<br />

wie Land, Wasser oder <strong>in</strong>digenes Wissen privatisiert<br />

und zu Geld gemacht werden, verh<strong>in</strong>dern<br />

<strong>in</strong> unseren late<strong>in</strong>amerikanischen<br />

Partnerländern auch heute noch allzuoft Gerechtigkeit<br />

für <strong>in</strong>digene Völker. Viele <strong>in</strong>digene<br />

Gruppen leisten beharrlich <strong>Widerstand</strong> gegen<br />

den unersättlichen Landhunger nationaler<br />

und <strong>in</strong>ternationaler Konzerne.<br />

Von diesem <strong>Widerstand</strong> möchten wir Ihnen<br />

<strong>in</strong> dieser Ausgabe berichten. Und das nicht<br />

nur <strong>in</strong> Texten, sondern auch <strong>in</strong> Bildern: Zum<br />

E<strong>in</strong>leitungsartikel auf Seite 4-7, der dem<br />

Schwerpunkt-Thema „<strong>Landraub</strong> und <strong>in</strong>digener<br />

<strong>Widerstand</strong>“ e<strong>in</strong>e kritische Betrachtung<br />

unserer weißen Bilder von Indigenen voranstellt,<br />

f<strong>in</strong>den Sie Auszüge e<strong>in</strong>es Riesen-<br />

Posters mit dem Titel „Mesoamérica resiste“<br />

(dt.: Mesoamerika widersetzt sich). Die ursprüngliche<br />

Graphik ist zweigeteilt: E<strong>in</strong>e an<br />

den Kolonialstil angelehnte Landkarte gibt<br />

die Sicht der Kolonialherrschaft wieder - von<br />

oben herab. Der zweite Teil, von uns abgebildet,<br />

zeigt den <strong>in</strong>digenen Graswurzel-<strong>Widerstand</strong>.<br />

Zahlreiche Elemente symbolisieren<br />

Strategien und Taktiken zu Aufbau und Verteidigung<br />

von Autonomie. Die Zeichnung<br />

stellt die Perspektive e<strong>in</strong>er Ameise dar, und<br />

reflektiert auf diese Weise die Erfahrungen<br />

derjenigen, die mit dem Land stark verwurzelt<br />

und ganz direkt von Plänen zur Landentwicklung<br />

betroffen s<strong>in</strong>d, so die Künstler*<strong>in</strong>nen<br />

des Beehive Design Collective.<br />

Durch die Nutzung von Tier-Metaphern,<br />

wie z.B. Ameisen, verzichtet das Design-<br />

Kollektiv darauf, Fotografien oder andere<br />

Bilder von Indigenen abzubilden, die wiederum<br />

zu e<strong>in</strong>er erneuten Stereotypisierung<br />

führen können. Wir empfehlen Ihnen e<strong>in</strong>en<br />

längeren Blick auf die Zeichnungen unter<br />

www.beehivecollective.org.<br />

Trotzdem bleibt die Frage, ob wir durch unsere<br />

zwangsläufig e<strong>in</strong>gefärbte Betrachtung<br />

nicht immer e<strong>in</strong> Bild von dem zeichnen, was<br />

wir Weißen glauben, was Late<strong>in</strong>amerika ist?!<br />

E<strong>in</strong>e Frage, die uns <strong>in</strong> unserer Arbeit <strong>in</strong> der CIR<br />

immer wieder beschäftigt und herausfordert.<br />

Zuletzt möchten wir uns bei Ihnen für die<br />

willkommenen Rückmeldungen zu unserer<br />

Arbeit bedanken, die wir immer zahlreicher<br />

erhalten. Ihr Lob, Ihre Kritik, Ihre Impulse bereichern<br />

unsere Arbeit!<br />

Nun wünschen wir Ihnen e<strong>in</strong>e anregende<br />

Lektüre.<br />

Ihr CIR-Team<br />

2 presente 1/2018<br />

Das Titelbild von James Rodríguez (mimundo.org) zeigt e<strong>in</strong>e<br />

Szene des 9-tägigen sogenannten „Indigenen, Kle<strong>in</strong>bauern- und<br />

bäuer<strong>in</strong>nen und Volks-Marsches“ zur Verteidigung von Mutter<br />

Erde, der se<strong>in</strong>en Abschluss im März 2012 <strong>in</strong> Guatemala Stadt<br />

fand. Rund 15.000 Protestierende setzen <strong>in</strong> der guatemaltekischen<br />

Hauptstadt e<strong>in</strong> kraftvolles Zeichen gegen Vertreibungen<br />

und Krim<strong>in</strong>alisierung und für e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tegrale Landentwicklung.<br />

1) QUELLE: AUS PROSPEKT-PERSIFLAGE EDEKA © WIGWAM EG<br />

HONDURAS<br />

Pfarrer Melo über<br />

die Repression<br />

nach der Präsidentschaftswahl<br />

(Seite 18-20)<br />

LANDRAUB<br />

<strong>Indigener</strong> <strong>Widerstand</strong> <strong>in</strong><br />

Late<strong>in</strong>amerika


presente 1/2018<br />

Inhalt<br />

THEMA<br />

<strong>Landraub</strong> – <strong>Indigener</strong> <strong>Widerstand</strong><br />

<strong>in</strong> Late<strong>in</strong>amerika<br />

4 JOSEPHINE BRÄMER<br />

Bilder von Indigenen<br />

FOTO: CHRISTIAN RUSSAU<br />

8 ALBRECHT SCHWARZKOPF (CIR)<br />

Wie sich die Chorti-Maya zum<br />

2. Mal ihr Land zurückholten<br />

11 ANONYM<br />

Kolonialisierung an der<br />

Atlantikküste <strong>in</strong> Nicaragua<br />

14 CHRISTIAN RUSSAU<br />

Angriff auf <strong>in</strong>digene Rechte<br />

<strong>in</strong> Brasilien<br />

MITTELAMERIKA<br />

Länderberichte<br />

18 SANDRA WEISS<br />

HONDURAS<br />

„Ich mache Präsident Hernández<br />

verantwortlich, sollte mir etwas<br />

zustoßen“<br />

Interview mit Padre Melo (Radio Progreso)<br />

21 PEDRO CABEZAS<br />

EL SALVADOR<br />

Historischer Sieg über Bergbau-<br />

Industrie <strong>in</strong> Gefahr<br />

KAMPAGNE<br />

24 SANDRA DUSCH SILVA (CIR)<br />

Konferenz „Nachhaltiger Orangensaft“<br />

<strong>in</strong> Berl<strong>in</strong><br />

26 SANDRA DUSCH SILVA (CIR)<br />

Billighühnchen aus Brasilien<br />

28 THORSTEN MOLL (CIR)<br />

Kaffee-Boom <strong>in</strong> Honduras<br />

ÜBER UNS<br />

30 Neues aus dem CIR-Team<br />

31 Bestellsche<strong>in</strong><br />

Diese presente könnte auch andere Personen oder<br />

Gruppen <strong>in</strong> Ihrem Umfeld <strong>in</strong>teressieren? Bestellen Sie<br />

gerne mit e<strong>in</strong>er Mail (cir@ci-romero.de) oder e<strong>in</strong>em<br />

Anruf (0251-674413-0) gratis weitere Exemplare zum<br />

Verteilen im Kollegium, der Freizeitgruppe und dem<br />

Bekanntenkreis!<br />

Impressum<br />

E<strong>in</strong>e Stimme für Gerechtigkeit<br />

Herausgeber<strong>in</strong>:<br />

Christliche Initiative Romero (CIR)<br />

Schillerstraße 44a<br />

D-48155 Münster<br />

Telefon +49 (0) 251 - 67 44 13 -0<br />

Fax +49 (0) 251 - 67 44 13 -11<br />

cir@ci-romero.de<br />

www.ci-romero.de<br />

Redaktion:<br />

Kirsten Clodius, Sandra Dusch Silva,<br />

Joana E<strong>in</strong>k, Eva He<strong>in</strong>eke,<br />

Thomas Krämer, Thorsten Moll,<br />

Maik Pflaum, Albrecht Schwarzkopf,<br />

Isabell Ullrich (V.i.S.d.P.),<br />

Christian Wimberger<br />

Lektorat: Isabell Ullrich, Joana E<strong>in</strong>k<br />

Druck: Druckservice Roxel,<br />

Münster, März 2018<br />

Layout: Edith Jaspers<br />

Gedruckt auf 100% Recycl<strong>in</strong>gpapier<br />

Spenden an die CIR<br />

DKM Darlehnskasse Münster<br />

IBAN DE67 4006 0265 0003 1122 00<br />

BIC GENODEM1DKM<br />

Geprüft und empfohlen.<br />

Das DZI besche<strong>in</strong>igt der<br />

Christlichen Initiative<br />

Romero e<strong>in</strong>en verant -<br />

wortungsvollen Umgang<br />

mit Spendengeldern.<br />

><br />

Die Veröffentlichung der presente wurde mit f<strong>in</strong>anzieller Unterstützung der Europäischen<br />

Union ermöglicht. Für den Inhalt ist alle<strong>in</strong> die Christliche Initiative Romero verantwortlich;<br />

die hier dargestellten Positionen geben nicht den Standpunkt der Europäischen Union wieder.<br />

presente 1/2018 3


Dies ist nur e<strong>in</strong> Ausschnitt des Riesenposter „Mesoamerica Resiste“. Es erzählt <strong>in</strong> Fabeln von (post-)kolonialen Schrecken, die ‚der Westen‘ über Mittelamerika br<strong>in</strong>gt und den starken mittelamerikanischen<br />

Gesellschaften, die sich dagegen auflehnen. Auch e<strong>in</strong>ige Geschichten von CIR-Partnerorganisationen wurden verarbeitet. Weitere Erläuterungen f<strong>in</strong>den Sie im Editorial auf Seite 2. E<strong>in</strong> Blick auf<br />

das kommentierte Gesamtkunstwerk lohnt sich unter: beehivecollective.org/graphics-projects/mesoamerica-resiste.<br />

„Wenn du gekommen bist, um mir zu helfen,<br />

dann verschwendest du de<strong>in</strong>e Zeit.<br />

Wenn du aber gekommen bist,<br />

weil de<strong>in</strong>e Freiheit mit me<strong>in</strong>er verbunden ist,<br />

dann lass uns zusammenarbeiten.“<br />

LILLA WATSON, ABORIGINES-AKTIVISTIN, AKADEMIKERIN UND<br />

KÜNSTLERIN AUS QUEENSLAND, AUSTRALIEN<br />

FOTO:


Thema<br />

<strong>Landraub</strong> – <strong>Indigener</strong> <strong>Widerstand</strong> <strong>in</strong> Late<strong>in</strong>amerika<br />

Bilder von Indigenen<br />

Wer gibt hier eigentlich was<br />

über wen preis?<br />

In der presente und <strong>in</strong> unserer Arbeit s<strong>in</strong>d wir immer bemüht, ke<strong>in</strong> stereotypes B ild<br />

von unseren Partner*<strong>in</strong>nen und ihren mittelamerikanischen Ländern zu zeichnen.<br />

Aber gerade bevor wir uns <strong>in</strong> dieser Ausgabe verstärkt mit <strong>in</strong>digenen Gruppen befassen,<br />

möchten wir zunächst e<strong>in</strong>en Schritt zurückzutreten und die eigene Perspektive<br />

und Rolle kritisch betrachten. TEXT: JOSEPHINE BRÄMER<br />

GRAFIKEN: BEEHIVECOLLECTIVE.ORG<br />

In „Der Westen und der Rest“ hat Stuart<br />

Hall 1995 ausformuliert, dass die Art und<br />

Weise, wie <strong>in</strong> Europa nicht-europäische Menschen<br />

und Gesellschaften dargestellt und<br />

beschrieben werden, mehr über die Betrachtenden<br />

als über das Betrachtete 1 erzählen. In<br />

vielen entwicklungspolitischen Organisationen<br />

<strong>in</strong> Deutschland wird aus<br />

der guten Absicht heraus gehandelt,<br />

im Zeichen von<br />

Gerechtigkeit solidarisch<br />

mit Menschen im Globalen<br />

Süden zu se<strong>in</strong>.<br />

Dennoch werden nicht<br />

selten stereotype Bilder<br />

der „Hilfsbedürftigen“<br />

gezeichnet.<br />

In Statistiken wird von<br />

<strong>in</strong>sgesamt circa 50 Millionen<br />

„Indigenen“ <strong>in</strong> Late<strong>in</strong>amerika<br />

und der Karibik ausgegangen<br />

– die meisten davon <strong>in</strong><br />

Hochlandregionen der Anden und Zentralamerikas.<br />

Was jedoch genau unter dem Begriff<br />

zu verstehen ist, bleibt oft vage. Die sogenannte<br />

Cobo-Def<strong>in</strong>ition spricht von<br />

„<strong>in</strong>digenen Völkern“ wenn e<strong>in</strong>e Gruppe vorkoloniale<br />

Ahnen und speziellen Bezug zu<br />

e<strong>in</strong>em Territorium hat, kulturelle Eigenheiten<br />

bewahren möchte und marg<strong>in</strong>alisiert wird.<br />

In Zahlen bedeutet das: Unter dem Begriff<br />

„<strong>in</strong>digene Gruppen“ s<strong>in</strong>d alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> Mittelamerika<br />

aktuell über 30 verschiedene Gruppierungen<br />

zusammengefasst, die<br />

m<strong>in</strong> destens genauso viele<br />

Sprachen sprechen, auf alle<br />

Nationalstaaten und über<br />

ihre Staatsgrenzen h<strong>in</strong>weg<br />

verteilt s<strong>in</strong>d. Ihre<br />

Lebensrealitäten unterscheiden<br />

sich je nach<br />

sozio-ökonomischem<br />

Status, Landrechten<br />

bzw. Dynamiken von<br />

Enteignung, Geschlechterverhältnissen<br />

und Stadt-<br />

Land-Gefälle enorm. Diese<br />

vielfältigen Realitäten gehen <strong>in</strong> vere<strong>in</strong>heitlichenden<br />

Begriffen zumeist verloren.<br />

Sprache spielt dabei e<strong>in</strong>e wichtige Rolle:<br />

Vorherrschend ist derzeit von „Indigenen“ zu<br />

sprechen. Doch ersetzt der Term<strong>in</strong>us nicht<br />

><br />

1<br />

Hall 1995: The West and the Rest. Discourse and Power, S.215.<br />

presente 1/2018 5


Thema<br />

<strong>Landraub</strong> – <strong>Indigener</strong> <strong>Widerstand</strong> <strong>in</strong> Late<strong>in</strong>amerika<br />

nur se<strong>in</strong>e älteren Pendants? Nach wie vor wird<br />

der Begriff ausschließlich auf außereuropäische<br />

Menschen bezogen und führt damit die<br />

Tradition fort, all diesen Menschen Geme<strong>in</strong>samkeiten,<br />

aber auch „Rückständigkeit“ und<br />

„Primitivität“ 2 zu unterstellen.<br />

Koloniale Muster erkennen<br />

In den letzten Jahren haben verschiedene<br />

Publikationen e<strong>in</strong>e Debatte über koloniales<br />

Denken und Rassismen <strong>in</strong> der entwicklungspolitischen<br />

Landschaft anstoßen können.<br />

Koloniale Kont<strong>in</strong>uitäten <strong>in</strong> der Entwicklungszusammenarbeit<br />

generell und <strong>in</strong> der Repräsentation<br />

von „Indigenen“ herauszuarbeiten,<br />

bedeutet ke<strong>in</strong>eswegs, seit der Kolonialzeit<br />

habe ke<strong>in</strong> Wandel <strong>in</strong> der Darstellung stattgefunden.<br />

Doch diese kolonialen Muster haben<br />

die aktuell angeprangerten Ungleichheiten<br />

erst ermöglicht und verstetigt. Deshalb ist es<br />

notwendig, sie zu identifizieren:<br />

„Indigene Gruppen“ werden oftmals als<br />

traditionell, naturverbunden, arm, passiv und<br />

letztlich hilfsbedürftig dargestellt.<br />

Indigene werden trotz verschiedenster<br />

Sprachen und Praktiken <strong>in</strong> Darstellungen als<br />

e<strong>in</strong>e Gruppe gesehen.<br />

Letztlich wird e<strong>in</strong> nicht-europäisches,<br />

rückständiges<br />

„Anderes“ gezeichnet, <strong>in</strong><br />

dessen Spiegel die eigenen<br />

Werte, die eigene<br />

Zi vilisation als überlegen<br />

ersche<strong>in</strong>en.<br />

Die damit verbundene<br />

Hierarchisierung<br />

ist die Basis dafür, die<br />

eigenen (westlichen) Lösungskompetenzen<br />

für die<br />

identifizierten Probleme vor<br />

Ort bereitzustellen. Das bedeutet<br />

oft, Entwicklungsprozesse <strong>in</strong> die<br />

„Treuhandschaft“ von zumeist weißen, westlichen<br />

„Entwicklungs expert*<strong>in</strong>nen“ sowie<br />

e<strong>in</strong>heimischen Eliten zu geben und die eigenen<br />

Technologien, Werte und Erkenntnisse<br />

als universell übertragbar anzunehmen.<br />

Gleichzeitig wird das Versagen dar<strong>in</strong>, „<strong>in</strong>digene<br />

Völker weltweit anzuerkennen“ zumeist<br />

auf <strong>in</strong>nerstaatliche Abläufe zurückgeführt. 3<br />

In Länderpapieren der Gesellschaft für Internationale<br />

Zusammenarbeit (giz) zu Guatemala<br />

wird beispielsweise auf mangelhafte<br />

Integrationsbestrebungen des Staates sowie<br />

touristische Vermarktung „<strong>in</strong>digener Kulturen“<br />

verwiesen, jedoch nicht auf die historische<br />

Dimensionen dieser Ungleichheiten,<br />

sprich: die spezifische Rolle des europäischen<br />

Kolonialismus dabei und die aktuelle kapitalistische<br />

Ausbeutung der Ungleichheitsstrukturen<br />

<strong>in</strong> der Region.<br />

Kritische Reflexion<br />

Kritische Stimmen, die sich von stereotypen<br />

Repräsentationen emanzipieren, f<strong>in</strong>den sich<br />

durchaus vielfältig. In late<strong>in</strong>amerikanischen<br />

Räumen arbeiten Aktivist*<strong>in</strong>nen (z.B. Mujeres<br />

Indígenas de las Américas) wie Akademiker*<strong>in</strong>nen<br />

(z.B. María Lugones oder Ochy<br />

Curiel) seit Jahrzehnten an der Anerkennung<br />

nicht-westlicher Perspektiven. Ihre<br />

Stimmen gehen allerd<strong>in</strong>gs aufgrund<br />

kolo nialrassistischer<br />

Verhältnisse selten <strong>in</strong> aktuelle<br />

Debatten der deutschen<br />

Entwicklungszusammenarbeit<br />

e<strong>in</strong>.<br />

Im deutschsprachigen<br />

Raum werden zwar seit<br />

e<strong>in</strong>igen Jahren vermehrt<br />

postkoloniale Perspektiven<br />

und Erkenntnisse der<br />

Kritischen Weißse<strong>in</strong>sforschung<br />

diskutiert, doch das<br />

Bild des „Indianers“ ist immer noch<br />

unantastbar. Projekte wie „Forget W<strong>in</strong>netou“,<br />

die sich mit den Darstellun gen von<br />

„Indigenen“ <strong>in</strong> Deutschland beschäftigen,<br />

2<br />

Arndt 2011: Wie Rassismus aus Wörtern spricht, S. 691.<br />

§<br />

Giz 2010: Indigene Völker <strong>in</strong> Guatemala, https://www.giz.de/fachexpertise/downloads/giz2010-de-laenderpapier-guatemala.pdf.<br />

6<br />

presente 1/2018


h<strong>in</strong>terfragen diese Stereotype<br />

und zeigen dabei,<br />

dass beispielsweise von<br />

Karl May-geprägte Bilder<br />

mit den Realitäten<br />

wenig zu tun haben.<br />

Der Anspruch, unter<br />

entwicklungspolitischen<br />

Institutionen <strong>in</strong> Solidarität<br />

mit marg<strong>in</strong>alisierten<br />

Kämpfen <strong>in</strong> Mittelamerika<br />

zu handeln, bedeutet, diesen<br />

Bildern vielfältige Stimmen entgegenzusetzen<br />

und die H<strong>in</strong>tergründe heutiger<br />

Ungleichheiten zu h<strong>in</strong>terfragen: Was hat die<br />

aktuelle Ausbeutung von <strong>in</strong>digenen Frauen <strong>in</strong><br />

Maquilas <strong>in</strong> Mittel amerika mit Kolonialismus<br />

<strong>in</strong> der Region zu tun? Wer def<strong>in</strong>iert eigentlich,<br />

was „Entwicklung“ bedeutet? Woran misst<br />

sich Armut? Warum s<strong>in</strong>d mittelamerikanische<br />

Länder zumeist „Hilfe-Empfänger“?<br />

Und: Wie sehen sich weiße entwicklungspolitisch<br />

Aktive selbst im Spiegel des „Anderen“?<br />

Mit Weißse<strong>in</strong> ist hier e<strong>in</strong>e bestimmte<br />

Position im gesellschaftlichen Gefüge geme<strong>in</strong>t,<br />

die im hiesigen gesellschaftlichen<br />

Kontext als neutral/normal gilt und dementsprechend<br />

zumeist unsichtbar bleibt. Jedoch<br />

entfalten sich die damit e<strong>in</strong>hergehenden<br />

Privilegien unabhängig davon, ob die Person<br />

diese Position selbst wahrnimmt.<br />

Wie Peggy Piesche und Susan Arndt herausstellen,<br />

macht Rassismus weißen Menschen<br />

Angst. 4 Und zwar Angst davor, mit<br />

Rassismus <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung gebracht zu werden.<br />

Der Versuch, dies zu vermeiden, führt<br />

oft dazu, überhaupt nicht über Rassismus zu<br />

sprechen. Kritische Weißse<strong>in</strong>sforschung<br />

nimmt sich diesem Verdrängen an und legt<br />

die historischen, kulturellen und sozio-ökonomischen<br />

Bed<strong>in</strong>gungen von Rassismus offen.<br />

Übertragen auf die entwicklungspolitische<br />

Arbeit lässt sich damit fragen: Warum ersche<strong>in</strong>en<br />

die Länderpapiere über sogenannte<br />

Entwicklungsländer als objektive<br />

Berichte e<strong>in</strong>er externen,<br />

neutralen Betrachter*<strong>in</strong>?<br />

Wie kommt<br />

es, dass das hiesige Bild<br />

von „<strong>in</strong>digenen Gruppen“<br />

kaum geprägt ist<br />

von aktivem <strong>Widerstand</strong>,<br />

der ohne weiße<br />

„Hilfe“ auskommt? Wer<br />

wird als handlungsfähig dargestellt?<br />

Könnte es e<strong>in</strong> weißes<br />

europäisches Privileg se<strong>in</strong>, Menschen<br />

<strong>in</strong> Gruppen e<strong>in</strong>zuteilen und von außen<br />

zu beraten?<br />

Woh<strong>in</strong> geht die Reise?<br />

Es ist mehr als an der Zeit, Entwicklungszusammenarbeit<br />

und Anti-Rassismus-Arbeit<br />

aktiv zu verknüpfen. Dazu gehört auch der<br />

Blick <strong>in</strong> die eigenen Institutionen, auf die<br />

eigenen Praktiken, Wertvorstellungen und<br />

Motivationen. Dabei kann es nicht nur um<br />

abgewandelte Spendenaufrufe für „Hilfe-<br />

Empfänger*<strong>in</strong>nen“ gehen – Das koloniale<br />

Erbe der Entwicklungszusammenarbeit und<br />

dessen Effekte müssen <strong>in</strong> den Blick rücken.<br />

E<strong>in</strong>e kritische entwicklungspolitische Tätigkeit<br />

muss <strong>in</strong> der Lage se<strong>in</strong>, vielfältige<br />

Positionen, Privilegien und Perspektiven <strong>in</strong><br />

Ideen solidarischer Arbeit e<strong>in</strong>zubeziehen –<br />

sowohl im direkten Arbeitsumfeld <strong>in</strong><br />

Deutschland, als auch <strong>in</strong> der Arbeit mit Partnerorganisationen.<br />

Gerade der Anspruch, <strong>in</strong><br />

Solidarität mit denjenigen zu handeln, die<br />

von Ausbeutung, Vertreibung und Ausschluss<br />

betroffen s<strong>in</strong>d, macht es nötig, die Zusammenarbeit<br />

macht- und diskrim<strong>in</strong>ierungskritisch<br />

zu überdenken.<br />

Joseph<strong>in</strong>e Brämer hat zwei Jahre <strong>in</strong> Nicaragua gelebt<br />

und beschäftigt sich viel mit postkolonialer Theorie und<br />

Entwicklungspolitik - u.a. gibt sie rassismuskritische<br />

Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs.<br />

4<br />

Arndt 2011: Wie Rassismus aus Wörtern spricht, S. 192.<br />

presente 1/2018 7


Auf der Fahrt <strong>in</strong>s Hochland erfährt<br />

unser Guatemala-Referent immer<br />

<strong>in</strong>teressante Neuigkeiten.<br />

Wie sich die Chorti-Maya zum<br />

2. Mal ihr Land zurückholten<br />

Wenn ich unsere Partnerorganisationen <strong>in</strong> Guatemala besuche, ist die Fahrt raus<br />

aus der Hauptstadt, <strong>in</strong>s Hochland, immer e<strong>in</strong> Erlebnis. Nicht weil die Fahrt an sich<br />

besonders abenteuerlich wäre. Sondern weil man dabei stundenlang Zeit hat, sich<br />

mit se<strong>in</strong>en Mitfahrer*<strong>in</strong>nen zu unterhalten. Das eröffnet mir immer wieder neue<br />

Blickw<strong>in</strong>kel aus der Lebenswelt der Maya und ihrem Streben nach Anerkennung <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er multi-ethnischen Umgebung. TEXT: ALBRECHT SCHWARZKOPF (CIR)<br />

Mit me<strong>in</strong>em Freund Eddy Aspuac fahre<br />

ich fünf Stunden nach San Marcos im<br />

Westen, nahe der mexikanischen Grenze. Er<br />

ist e<strong>in</strong> junger Rechtsanwalt, Kaqchiquel-Maya,<br />

und arbeitet mit der Asociación de Abogados<br />

Mayas, der Rechtsanwaltsvere<strong>in</strong>igung<br />

der Maya, zusammen. Als er von dem Fall der<br />

Chorti-Maya <strong>in</strong> Chiquimula berichtet, die e<strong>in</strong>en<br />

Landtitel aus dem Jahr 1777 zurückerlangten,<br />

werde ich sehr hellhörig, denn davon<br />

hatte ich noch nichts gehört. Dass es sich dabei<br />

um Ländereien <strong>in</strong> der Größenordnung von<br />

635 Caballerías, also 28.650 Hektar, handelt,<br />

macht es nur noch <strong>in</strong>teressanter. Wie kann so<br />

etwas nach so langer Zeit gel<strong>in</strong>gen und was<br />

s<strong>in</strong>d die entscheidenden Faktoren dafür?<br />

Im Osten viel Neues<br />

Eddy erzählt, wie die Chorti-Maya <strong>in</strong> Jocatán,<br />

ganz im Osten des Landes, ihre Grundstücksrechte<br />

im zentralamerikanischen Archiv <strong>in</strong> der<br />

Hauptstadt wiederfanden. Ihre Vorfahren<br />

hatten das Land von der spanischen Krone<br />

gekauft, und es war als kollektiver Landtitel<br />

der Chorti aus Jocotán 1777 <strong>in</strong>s Register e<strong>in</strong>getragen<br />

worden. Eddy erklärt, dass es sich<br />

8 presente 1/2018


Thema<br />

<strong>Landraub</strong> – <strong>Indigener</strong> <strong>Widerstand</strong> <strong>in</strong> Late<strong>in</strong>amerika<br />

FOTO: DEZALB (PIXABAY.DE); ALBRECHT SCHWARZKOPF (CIR)<br />

um „kollektives Land der <strong>in</strong>digenen Geme<strong>in</strong>deverwaltung<br />

<strong>in</strong> Jocotán“ handelt. Aber so<br />

ganz erschließt sich mir der Sachverhalt da<br />

noch nicht.<br />

Als wir vor unserem Ziel, San Marcos, durch<br />

deren Zwill<strong>in</strong>gsstadt San Pedro Sacatepéquez<br />

fahren, erklärt mir Eddy, wieso San Pedro<br />

häufig als Lad<strong>in</strong>o-Stadt (mestizische<br />

Stadt) bezeichnet wird. Im Zuge der liberalen<br />

Reform von 1871 hat sich San Pedro zu e<strong>in</strong>er<br />

lad<strong>in</strong>ischen Geme<strong>in</strong>deverwaltung erklärt.<br />

Damit hat sie die Rechte der parallel existierenden<br />

<strong>in</strong>digenen Geme<strong>in</strong>deverwaltung aufgegeben.<br />

Das bedeutete vor allem, dass das<br />

Geme<strong>in</strong>deland nicht mehr kollektives Eigentum<br />

der <strong>in</strong>digenen Geme<strong>in</strong>de war, sondern<br />

frei verkäuflich. Anderswo blieb die <strong>in</strong>digene<br />

Geme<strong>in</strong>deverwaltung mit ihren Autoritäten<br />

parallel bestehen, wie, so Eddy Aspuac, auch<br />

<strong>in</strong> Jocotán. Und das bis heute.<br />

Damit hatten die Chorti-Maya dort e<strong>in</strong>e<br />

Grundlage, um vor fast 20 Jahren e<strong>in</strong>en Prozess<br />

vor dem Handelsgericht zur Rückübereignung<br />

des Landes anzustoßen. Freilich ist<br />

es schon absurd, dass die Chorti-Maya 1777<br />

von der spanischen Krone ihr eigenes Land<br />

zurückkaufen mussten, das die Spanier*<strong>in</strong>nen<br />

usurpiert hatten. Doch jetzt ist der Kaufvertrag<br />

e<strong>in</strong> wichtiges Beweisdokument für<br />

den Besitzanspruch. Auch dank der Unterstützung<br />

der Rechtsanwaltsvere<strong>in</strong>igung der<br />

Maya, darunter auch der befreundete Kaqchiquel<br />

Anwalt Juan Castro, fällte das Gericht<br />

das Urteil zugunsten der <strong>in</strong>digenen Geme<strong>in</strong>deverwaltung,<br />

deren Rechtsvertre ter*<strong>in</strong>nen<br />

die <strong>in</strong>digenen Geme<strong>in</strong>deführer*<strong>in</strong>nen s<strong>in</strong>d.<br />

Weiter verfügte das Gericht, dass dies entsprechend<br />

im Grundbuchamt e<strong>in</strong>getragen<br />

wird. Die lad<strong>in</strong>ische Geme<strong>in</strong>deverwaltung hat<br />

somit ke<strong>in</strong> Anrecht auf das Land. Welch e<strong>in</strong><br />

besonderer Erfolg für die Maya-Bewegung!<br />

Denn es geht hier nicht nur um das Materielle,<br />

die Landtitel, sondern auch um die Anerkennung<br />

der <strong>in</strong>digenen Autoritäten.<br />

„Doch wie wird jetzt verfahren, nachdem<br />

die Besitzverhältnisse 250 Jahre nach dem<br />

Kauf des Landes geklärt s<strong>in</strong>d?“, frage ich<br />

Eddy. Die bisherigen Campes<strong>in</strong>os/as (Bäuer<strong>in</strong>nen<br />

und Bauern) kultivieren ihr Land wie<br />

zuvor. Soll e<strong>in</strong> Landstück veräußert werden,<br />

bedarf es des Konsenses der <strong>in</strong>digenen Geme<strong>in</strong>deverwaltung.<br />

Zwar wurde der Fall noch<br />

dem Verfassungsgericht vorgelegt, aber, so<br />

me<strong>in</strong>t Eddy, das Verfassungsgericht werde<br />

dem Spruch des Handelsgerichts folgen.<br />

Da geht noch mehr<br />

Die Maya haben <strong>in</strong> vielen Teilen des Landes<br />

ihre Selbstverwaltung aufrechterhalten können.<br />

Wenngleich die politischen Verhältnisse ><br />

Die Chorti-Maya aus<br />

Chiquimula haben sich ihr<br />

Land wieder zurückgeholt.<br />

><br />

presente 1/2018 9


Thema<br />

<strong>Landraub</strong> – <strong>Indigener</strong> <strong>Widerstand</strong> <strong>in</strong> Late<strong>in</strong>amerika<br />

momentan nicht günstig s<strong>in</strong>d, haben die<br />

Maya e<strong>in</strong>en historisch längeren Atem als aktuelle,<br />

korruptionsanfällige und der lad<strong>in</strong>ischen<br />

Oligarchie geneigte Regierungen.<br />

Der Fall der Chorti-Maya ist e<strong>in</strong> Exempel,<br />

etwa für die Ixil-Maya, die <strong>in</strong> Chiwila <strong>in</strong>digenes<br />

Land zurückfordern.<br />

Und die Landtitel s<strong>in</strong>d nur e<strong>in</strong> Beispiel für<br />

e<strong>in</strong>e erstarkende Bewegung, h<strong>in</strong> zur Selbstermächtigung<br />

der Maya. Vor e<strong>in</strong>em Jahr haben<br />

wir hier über die „Tejedoras“, die Weber<strong>in</strong>nen,<br />

berichtet. Sie fordern, dass die Designs ihrer<br />

traditionellen Kleidung als kollektives geistiges<br />

Eigentum geschützt werden. Jetzt haben<br />

sie e<strong>in</strong>e Anhörung beim Interamerikanischen<br />

Gerichtshof erhalten, s<strong>in</strong>d also auf<br />

e<strong>in</strong>em guten Weg. Außerdem stehen die <strong>in</strong>digenen<br />

Gruppen <strong>in</strong> der Bevölkerung besonders<br />

aktiv gegen die Ausbeutung des Landes durch<br />

Rohstoff-Konzerne e<strong>in</strong> (siehe auch S.21-23).<br />

Nur e<strong>in</strong>es fehlt noch…<br />

Die Massenproteste gegen Korruption <strong>in</strong> Guatemala<br />

vor über e<strong>in</strong>em Jahr haben die Diskussion<br />

über Justizreformen und den „Pluralismo<br />

Jurídico“, e<strong>in</strong>en juristischen Pluralismus,<br />

erneut entfacht. Das Parlament diskutierte<br />

sogar darüber, traditionelle Rechtsprechung<br />

<strong>in</strong> den von Indigenen besiedelten Gebieten<br />

parallel zum herrschenden Justizsystem anzuerkennen.<br />

In late<strong>in</strong>amerikanischen Ländern<br />

mit nennenswertem <strong>in</strong>digenen Bevölkerungsanteil,<br />

wie Kolumbien, Ecuador und Bolivien,<br />

gibt es e<strong>in</strong>en solchen verfassungsrechtlich akzeptierten<br />

juristischen Pluralismus.<br />

Nach vier Monaten parlamentarischer Diskussion<br />

und e<strong>in</strong>er ungünstigen Machtverschiebung<br />

im Parlament ist die mit Hoffnung<br />

begonnene Debatte jedoch fallengelassen<br />

worden. Indigene Autoritäten erklärten jetzt<br />

sogar, dass sie diese Frage unter den aktuellen<br />

Verhältnissen nicht diskutieren wollten,<br />

da im Parlament ke<strong>in</strong> wirklicher E<strong>in</strong>igungswille<br />

zu Reformschritten vorhanden sei. Als wir<br />

<strong>in</strong> San Marcos ankommen, ergänzt Eddy<br />

aber, dass die Maya <strong>in</strong>des das Gewohnheitsrecht<br />

<strong>in</strong> vielen ihrer Geme<strong>in</strong>den praktizierten.<br />

Obwohl hier also für e<strong>in</strong>e gesamtstaatliche<br />

Regelung noch ke<strong>in</strong> Land <strong>in</strong> Sicht ist, schreitet<br />

die Bewegung der Maya zusehends voran.<br />

Mit Leidenschaft für<br />

Maya-Rechte<br />

Die Maya-Frauenorganisation AFEDES<br />

koord<strong>in</strong>iert e<strong>in</strong>e sehr engagierte aktive<br />

Gruppe von 650 Weber<strong>in</strong>nen aus verschiedenen<br />

Orten. Sie setzt sich für e<strong>in</strong> Gesetz<br />

zum Schutz des kollektiven Eigentums an<br />

Stil und Machart des Maya-Kunsthandwerks<br />

e<strong>in</strong>. Die Maya-Frauen organisierten<br />

unter anderem <strong>in</strong> Guatemala-Stadt Demonstrationen<br />

gegen die Tourismus-Agen tur<br />

INGUAT, die die „Típicos“ (typische Webmuster)<br />

im großen Stil kopiert und vermarktet.<br />

Inzwischen hat AFEDES e<strong>in</strong>e Anhörung<br />

beim Interamerikanischen Gerichtshof für<br />

das Anliegen erstritten. Für 2.500 Euro erstellt<br />

e<strong>in</strong>e Jurist<strong>in</strong> nun e<strong>in</strong> Rechtsgutachten,<br />

um die Position der Weber <strong>in</strong>nen zu stärken.<br />

Die CIR hat AFEDES hierfür Unterstützung<br />

zugesagt.<br />

Wir freuen uns, wenn Sie<br />

dieses wichtige Anliegen der<br />

Maya-Geme<strong>in</strong>den unterstützen.<br />

Stichwort<br />

»MAYA-WEBERINNEN«<br />

FOTO: ALBRECHT SCHWARZKOPF (CIR)<br />

10 presente 1/2018


L<strong>in</strong>ks: Geflüchtete aus Wilu <strong>in</strong><br />

der Schule von Musawas<br />

Rechts: Kolonisten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

öffentlichen Dorfversammlung<br />

<strong>in</strong> Musawas<br />

FOTO: VOM AUTOREN<br />

Kolonialisierung an der<br />

Atlantikküste <strong>in</strong> Nicaragua<br />

Das Gebiet Sauni As <strong>in</strong> der nicaraguanischen Autonomen Region Nördliche<br />

Karibikküste galt bis vor zehn Jahren als Paradebeispiel für den Schutz <strong>in</strong>digener<br />

Völker. Seitdem überrollt e<strong>in</strong>e Welle moderner Kolonialisierung das Naturschutzgebiet<br />

und se<strong>in</strong>e Bewohner*<strong>in</strong>nen, die <strong>in</strong>digenen Mayangnas.<br />

TEXT: ANONYM (AUS SICHERHEITSGRÜNDEN MÖCHTE DER AUTOR NICHT GENANNT WERDEN)<br />

Eigentlich s<strong>in</strong>d die <strong>in</strong>digenen Gebiete an der<br />

Pazifikküste Nicaraguas vor Invasion geschützt,<br />

seit 2003 das Gesetz 445 zum kommunalen<br />

Besitz <strong>in</strong> den <strong>in</strong>digenen Gebieten<br />

Nicaraguas erlassen wurde. 2005 überreicht<br />

die Regierung Alejandro Bolaños den Landtitel<br />

für Sauni As <strong>in</strong> der Kirche der Herrnhuter<br />

Brüdergeme<strong>in</strong>e <strong>in</strong> Musawas an den Geme<strong>in</strong>deältesten,<br />

Juan Devis, und den Dorfvorsteher,<br />

Coleman Rufus. Bis dah<strong>in</strong> war Sauni As<br />

als e<strong>in</strong>zige Region im BOSAWAS-Biosphärenreservat<br />

nur von den Mayangnas bewohnt,<br />

während <strong>in</strong> anderen <strong>in</strong>digenen Territorien der<br />

Atlantikküste ab den 90er Jahren immer mehr<br />

Geme<strong>in</strong>den von Kolonist*<strong>in</strong>nen besetzt wurden.<br />

Mit anderen Worten: Das erklärte Ziel<br />

jeder nicaraguanischen Regierung seit den<br />

1930er Jahren, die Ausdehnung der landwirtschaftlichen<br />

Nutzfläche an der Karibik-Küste,<br />

schreitet trotz der erklärten Autonomie der<br />

Küstenregion rasant voran. Über die Zerstörung<br />

der natürlichen Ressourcen h<strong>in</strong>aus leidet<br />

><br />

presente 1/2018 11


Thema<br />

<strong>Landraub</strong> – <strong>Indigener</strong> <strong>Widerstand</strong> <strong>in</strong> Late<strong>in</strong>amerika<br />

<strong>in</strong>sbesondere die ursprüngliche Bevölkerung<br />

darunter: Miskitos, Mayangnas (Sumus) und<br />

Ramas.<br />

Sie verlieren Zug um Zug ihre Gebiete, die<br />

sie für die landwirtschaftliche Produktion<br />

(traditionell und weiterh<strong>in</strong> mehrheitlich) zum<br />

Eigenbedarf, für die Jagd und die Fischerei und<br />

forstwirtschaftlich für den Bau ihrer Häuser<br />

und Brennholz nutzen. Die restliche Fläche<br />

tasten sie nicht an. Zudem s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>ige Orte <strong>in</strong><br />

den geschützten Gebieten heilige Orte der ursprünglichen<br />

Religion. Der Verlust der landwirtschaftlichen<br />

Anbauflächen sorgt dafür,<br />

DIE REGIERUNG:<br />

HALBHERZIGE SCHUTZ-<br />

MASSNAHMEN<br />

Im Sommer 2015 veröffentlicht die nicaraguanische<br />

Regierung e<strong>in</strong>e Resolu tion,<br />

die die juristische und praktische Sicherheit<br />

des Mayangna-Territoriums Sauni<br />

As garantiert. Außerdem stellte sie zum<br />

Schutz des Biosphärenreservats e<strong>in</strong> Ökologisches<br />

Bataillon der Armee (BECO)<br />

auf, das wesentlich von der deutschen<br />

Regierung mitf<strong>in</strong>anziert wird. Auch gibt<br />

es freiwillige Waldschützer* <strong>in</strong>nen unter<br />

den Mayangnas, aber all diese Maßnahmen<br />

bleiben bisher unwirksam.<br />

Etwa 30 Mayangnas bilden<br />

e<strong>in</strong>en Verteidigungs-Trupp,<br />

um den Ort Wilu vor<br />

Kolonist*<strong>in</strong>nen zu schützen.<br />

dass sich die <strong>in</strong>digenen Familien nicht mehr<br />

ernähren können.<br />

Alle Proteste und E<strong>in</strong>sprüche bei den staatlichen<br />

Instanzen <strong>in</strong> den letzten Jahren haben<br />

ke<strong>in</strong>erlei Wirkung erzielt. Die Invasion und <strong>in</strong><br />

Folge die Zerstörung des Territoriums schreiten<br />

immer rasanter voran. Nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen wenigen<br />

Fällen wehren sich die Mayangnas mit<br />

Anzeigen oder Klagen. Das ökologische<br />

Bataillon BECO greift nur auf Befehl der Regierung<br />

e<strong>in</strong>, die Waldschützer*<strong>in</strong>nen haben<br />

kaum Handhabe. Ebenso selten haben sich<br />

die Mayangnas mit Waffen verteidigt, sondern<br />

haben sich bei den Invasionen zurückgezogen<br />

und ihre Geme<strong>in</strong>den, ihre Wälder und<br />

Anbauflächen widerstandslos aufgegeben.<br />

Dagegen dr<strong>in</strong>gen die Kolonist*<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> der<br />

Regel organisiert und mit Waffengewalt e<strong>in</strong>,<br />

schüchtern die <strong>in</strong>digene Bevölkerung e<strong>in</strong>, bedrohen<br />

sie, haben e<strong>in</strong>ige Male Bewohner*-<br />

<strong>in</strong>nen festgehalten und misshandelt, die Ernte<br />

gestohlen und bereits bebaute Flächen übernommen.<br />

Es gibt ke<strong>in</strong>erlei Kontrollen zum<br />

Waffenbesitz der Kolonist*<strong>in</strong>nen, lediglich die<br />

Waffen der Mayangnas werden von der<br />

Polizei immer wieder darauf kontrolliert, ob<br />

sie registriert s<strong>in</strong>d. Oft werden sie konfisziert<br />

und nach Strafzahlung wieder ausgehändigt.<br />

WER SIND DIE<br />

KOLONIST*INNEN?<br />

Die Kolonist*<strong>in</strong>nen s<strong>in</strong>d Campes<strong>in</strong>os<br />

(Kle<strong>in</strong>bauern und -bäuer<strong>in</strong>nen), die<br />

überwiegend aus dem pazifischen Teil<br />

Nicaraguas kommen, aber auch aus dem<br />

atlantischen Teil, wie e<strong>in</strong>e Studie der<br />

autonomen Regierung von Sauni As von<br />

2015 zeigt. Geschätzt 2000 Kolonist*-<br />

<strong>in</strong>nen leben schon <strong>in</strong> Sauni As, <strong>in</strong>sbesondere<br />

<strong>in</strong> den Gebieten um Betlehem<br />

und Sulun. Die Mayangnas zählen dort<br />

nur etwa 8000 Bewohner.<br />

12 presente 1/2018


FOTO: VOM AUTOREN<br />

AKTUELLE SITUATION:<br />

ESKALATION<br />

In Wilu am Oberlauf des Waspuk ist der<br />

Konflikt zwischen Indigenen und e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>genden<br />

Siedler*<strong>in</strong>nen vor Kurzem<br />

eskaliert. Bei bewaffneten Ause<strong>in</strong>andersetzungen<br />

sollen m<strong>in</strong>destens fünf<br />

Kolonist*<strong>in</strong>nen ums Leben gekommen<br />

se<strong>in</strong>. Die E<strong>in</strong>wohner*<strong>in</strong>nen von Wilu<br />

ziehen sich nach mehreren Gefechten,<br />

abgesehen von e<strong>in</strong>em etwa 30-köpfigen<br />

Verteidigungs-Trupp, <strong>in</strong> die nahen<br />

Wälder und Berge zurück und s<strong>in</strong>d jetzt<br />

provisorisch zumeist <strong>in</strong> der Schule von<br />

Musawas untergebracht. Um die Dörfer<br />

gegen die E<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gl<strong>in</strong>ge zu verteidigen,<br />

bewachen bewaffnete Truppen seit<br />

mehreren Wochen die Orte und<br />

kontrollieren mehrere Punkte, an denen<br />

die Kolonist*<strong>in</strong>nen bereits die Invasion<br />

vorbereiten.<br />

Der Landerwerb der Kolonist*<strong>in</strong>nen ist<br />

illegal. Sie kaufen das Land, das den Mayangnas<br />

kollektiv gehört, zu viel zu niedrigen Preisen<br />

ab, vermittelt unter anderem durch die<br />

autonome Regierung von Sauni As und das<br />

Umweltm<strong>in</strong>isterium.<br />

Im ersten Schritt der Invasion schlagen sie<br />

dann Carriles (Pfade) durch den Wald und<br />

durch von Mayangnas bewirtschaftete Gebiete.<br />

Dann bereiten die Kolonist*<strong>in</strong>nen Flächen<br />

zum Anbau vor, falls sie nicht bereits von<br />

Mayangnas genutzt werden, zerstören den<br />

Wald durch Brandrodung und beg<strong>in</strong>nen sofort<br />

mit der ersten Aussaat von Reis und<br />

Bohnen. Weniger fruchtbarer Boden wird zu<br />

Weideflächen aufgearbeitet, um ihn an Großgrundbesitzer*<strong>in</strong>nen<br />

weiterzuverkaufen.<br />

Ansche<strong>in</strong>end besetzen die Kolonist*<strong>in</strong>nen<br />

das Land teilweise auch, um Gold und anderen<br />

Rohstoffe abzubauen. Denn die Regierung<br />

hat e<strong>in</strong> Gesetzesblatt veröffentlicht, <strong>in</strong><br />

dem sie an nationale und <strong>in</strong>ternationale<br />

Bergbaukonzerne Konzessionen zum Abbau<br />

von M<strong>in</strong>eralien erteilt.<br />

„La Prensa“-Artikel: „Wegen der Kolonist*<strong>in</strong>nen<br />

können wir nicht mehr schlafen“<br />

Inzwischen ist der Überblick über die besetzten<br />

Orte und die Zahl der Kolonist*<strong>in</strong>nen<br />

verlorengegangen. In den vergangenen Wochen<br />

wurde relativ breit <strong>in</strong> den Medien über<br />

die prekäre Situation berichtet. E<strong>in</strong>ige Mayangnas<br />

haben staatliche und nichtstaatliche<br />

Organisationen aufgesucht und ihren Protest<br />

öffentlich gemacht. In e<strong>in</strong>em nächsten Schritt<br />

gilt es, auch systematisch juristisch gegen die<br />

permanente Landrecht-Verletzung, die Zerstörung<br />

der Umwelt und die Bedrohung der<br />

Bevölkerung vorzugehen. Es bedarf solcher<br />

effektiven, umfassenden Maßnahmen, um<br />

die Menschenrechtsverletzungen und das<br />

drohende Ende des Mayangna-Volks zu<br />

stoppen. Und die Regierung – die schon 2010<br />

das UN-Übere<strong>in</strong>kommen zu den Rechten <strong>in</strong>digener<br />

Völker unterzeichnet hat – muss endlich<br />

für den Schutz se<strong>in</strong>er <strong>in</strong>digenen Bevölkerung<br />

sorgen.<br />

Rechte der Indigenen<br />

schützen!<br />

Das nicaraguanische Zentrum für Menschenrechte,<br />

CENIDH, steht den aktuell<br />

von Gewalt und Vertreibung betroffenen Indigenen<br />

<strong>in</strong> den autonomen Regionen der<br />

Karibikküste zur Seite, mit Rechtsberatung,<br />

Konfliktmediation und öffentlichem Druck.<br />

Unterstützen Sie sie dabei<br />

mit e<strong>in</strong>er Spende!<br />

Stichwort »CENIDH«<br />

presente 1/2018 13


Das Belo Monte Wasserkraftwerk sorgt<br />

nicht nur für Strom, sondern auch für<br />

e<strong>in</strong>en dramatischen Umbruch der <strong>in</strong>digenen<br />

Kultur und Lebensweise.<br />

Angriff<br />

auf <strong>in</strong>digene<br />

Rechte<br />

<strong>in</strong> Brasilien<br />

Die geme<strong>in</strong>same Front der brasilianischen<br />

Großfarmer*<strong>in</strong>nen und der<br />

Bergbaukonzerne will mit allen Mitteln<br />

Zugriff auf <strong>in</strong>digene Territorien.<br />

TEXT: CHRISTIAN RUSSAU<br />

Blairo Maggi ist der weltgrößte Sojaproduzent.<br />

Zudem ist er aber auch Brasiliens<br />

Landwirtschaftsm<strong>in</strong>ister. Für Maggi ist die<br />

„brasilianische Landwirtschaft die nachhaltigste<br />

der Welt“. Dies erklärte Maggi 2016 auf<br />

der Weltklimakonferenz COP 22 <strong>in</strong> Marroko.<br />

Und er legte <strong>in</strong> knappen Worten dar, wieso er<br />

die Gesetze für Umweltschutz und für den<br />

Schutz <strong>in</strong>digener Territorien für übertrieben<br />

hält: Amazonien sei wie „e<strong>in</strong> Hotel mit 100<br />

Zimmern, von denen nur 20 benutzt werden<br />

dürfen.“ Denn <strong>in</strong> Amazonien müssen neu zu<br />

bewirtschaftende Landflächen den Primärwald<br />

zu 80 Prozent erhalten. Eigentlich. Doch<br />

auch unter diesen 80 Prozent lagern noch<br />

riesige unerschlossene Bodenschätze: Eisen,<br />

Bauxit, Phosphat, Gold, Diamanten und<br />

Uran.<br />

E<strong>in</strong> Megaprojekt jagt<br />

das nächste<br />

Um den Energie-Hunger der Bergbaukonzerne<br />

beim Abbau und bei der Verarbeitung<br />

der m<strong>in</strong>eralischen Bodenschätze zu stillen,<br />

werden Wasserkraftwerke wie Belo Monte<br />

errichtet. Und den hochtrabenden Entwicklungsplänen<br />

der Regierung stehen <strong>in</strong> solchen<br />

Fällen oft die Rechte der betroffenen <strong>in</strong>digenen<br />

Bevölkerung entgegen.<br />

Die Indigenen haben Entschädigungen, Autos<br />

und Computer erhalten, aber eigenständig<br />

ihren Lebensunterhalt bestreiten können<br />

sie nicht mehr. Statt wie vorher frischen Fisch<br />

im Fluss zu fangen, leben sie nun von Lebensmittelpaketen<br />

oder kaufen Tiefkühlfisch im<br />

Supermarkt. „Was hier vorgeht, ist e<strong>in</strong> kompletter<br />

Umbruch des Lebenswandels, der Ernährung,<br />

der Arbeitswelt der Indigenen“, sagt<br />

FOTO: CHRISTIAN RUSSAU<br />

14 presente 1/2018


Thema<br />

<strong>Landraub</strong> – <strong>Indigener</strong> <strong>Widerstand</strong> <strong>in</strong> Late<strong>in</strong>amerika<br />

Thaís Santi, Bundesstaatsanwält<strong>in</strong> <strong>in</strong> der nahegelegenen<br />

Kle<strong>in</strong>stadt Altamira. Deshalb<br />

hat sie 2015 wegen Ethnozids im Falle des<br />

Baus von Belo Monte Klage gegen die Staudammfirma<br />

und die brasilianische Regierung<br />

e<strong>in</strong>gereicht. „Während e<strong>in</strong> Genozid die Völker<br />

physisch ermordet, tötet e<strong>in</strong> Ethnozid sie <strong>in</strong><br />

ihrem Geist“, erklärt sie. „E<strong>in</strong>e ganze Kultur<br />

und Lebensweise steht hier auf dem Spiel.“<br />

Doch die Mühlen der Justiz arbeiten langsam<br />

<strong>in</strong> Brasilien. Vor allem, wenn es um Klagen<br />

gegen die Regierung geht. Denn die sieht<br />

<strong>in</strong> solchen Fällen ihr „nationales Interesse“ bedroht<br />

und legt die Klagen der Bundesstaatsanwaltschaft<br />

erstmal auf Eis. Über zwei Dutzend<br />

solcher Verfassungsklagen liegen gegen<br />

Belo Monte vor. Und während die letzten Turb<strong>in</strong>en<br />

<strong>in</strong>stalliert werden und Belo Monte<br />

Strom produziert, schlummern die Klagen <strong>in</strong><br />

verstaubten Aktenschränken. So werden <strong>in</strong><br />

Brasilien vollendete Tatsachen geschaffen.<br />

Unstillbarer Rohstoffhunger<br />

Doch die Bergbaukonzerne wollen mehr. Die<br />

Umweltorganisation Instituto Socioambiental<br />

(ISA) hatte bereits 2013 errechnet, dass<br />

für das brasilianische Amazonasgebiet derzeit<br />

bereits 4.220 Anträge für Bergbauprojekte<br />

auf <strong>in</strong>digenen Territorien auf die Bewilligung<br />

warten. 152 <strong>in</strong>digene Gebiete wären<br />

davon betroffen. Der H<strong>in</strong>tergrund: Zwar s<strong>in</strong>d<br />

bereits ausgewiesene <strong>in</strong>digene Territorien geschützt,<br />

aber nur deren Oberfläche. Der Bund<br />

bleibt weiterh<strong>in</strong> Eigentümer des Untergrunds,<br />

also aller im Boden lagernden Rohstoffe.<br />

Daher arbeiten die Lobbyist*<strong>in</strong>nen der Bergbaukonzerne<br />

aus aller Welt seit Jahren <strong>in</strong><br />

Brasília daran, e<strong>in</strong>en neuen Bergbaukodex zu<br />

verabschieden, der die Erschließung der Bodenschätze<br />

Brasiliens <strong>in</strong> ganz andere Dimensionen<br />

heben könnte.<br />

Dazu bedarf es aber auch e<strong>in</strong>er Beschneidung<br />

der <strong>in</strong>digenen Landrechte. Im vergangenen<br />

Jahr scheiterte am Obersten Gerichtshof<br />

– für Beobachter*<strong>in</strong>nen durchaus überraschend<br />

– der erste große Versuch, den Schutz<br />

der künftigen aber auch der bereits ausgewiesenen<br />

<strong>in</strong>digenen Territorien durch e<strong>in</strong> sogenanntes<br />

Stichtagsgesetz zu unterm<strong>in</strong>ieren.<br />

Der Oberste Vorsitzende Richter des Gerichtshofs<br />

<strong>in</strong> Brasília, der erzkonservative Gilmar<br />

Mendes, zeigt aber schon die Marschrichtung<br />

an: „Wenn wir die Stichtagsregelung<br />

nicht anwenden, wo enden dann die Ansprüche<br />

der Indigenen? Müssen wir ihnen dann<br />

auch den Strand von Copacabana zurückgeben?“<br />

Schon jetzt stehen weitere Grundsatzklagen<br />

gegen <strong>in</strong>digene Rechte an und der Nationalkongress<br />

verfolgt noch immer e<strong>in</strong>e<br />

Verfassungsänderung. Diese würde die Entscheidung<br />

über die Schutzgebiete vom Präsidenten<br />

auf den von Großfarmer*<strong>in</strong>nen dom<strong>in</strong>ierten<br />

Kongress übertragen. Geme<strong>in</strong>sam<br />

mit den Bergbaulobbyist*<strong>in</strong>nen wären sie die<br />

ersten, die den <strong>in</strong>digenen und traditionellen<br />

Völkern Brasiliens ihr Recht auf Land nehmen.<br />

Der breitangelegte Angriff ist eröffnet und<br />

wird sich verschärfen.<br />

Christian Russau arbeitet als freier Journalist und Aktivist<br />

für Menschenrechte <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>. Se<strong>in</strong> Schwerpunkt ist<br />

Brasilien.<br />

Menschenrechte s<strong>in</strong>d<br />

unverhandelbar!<br />

Wenn es irgendwo – wie im Fall Belo<br />

Monte – zu akuten Menschenrechtsverletzungen<br />

kommt, unterstützen<br />

wir unsere Partnerorganisationen <strong>in</strong> Brasilien<br />

und <strong>in</strong> Mittelamerika unter anderem<br />

dabei, sich bei e<strong>in</strong>em Rechtsstreit juristischen<br />

Beistand zu holen.<br />

Doch gute Anwält*<strong>in</strong>nen kosten Geld.<br />

Dafür bitten wir um Ihre Spende.<br />

Stichwort »LANDRECHTE«<br />

><br />

presente 1/2018 15


CIR-Projekte<br />

Nicaragua<br />

Junge Männer gegen Machismo<br />

Unter dem <strong>in</strong> Nicaragua<br />

nach wie vor<br />

grassierenden Machismo<br />

leiden viele Frauen – und<br />

auch Männer. E<strong>in</strong> großer<br />

Teil von ihnen ist ohne väterliche<br />

Zärtlichkeit und<br />

Zuneigung aufgewachsen,<br />

zur Männlichkeit gehörte<br />

für sie Härte, Gewalt,<br />

ke<strong>in</strong>e Gefühle. Nicht<br />

wenige wollen aus diesem<br />

männlichen Teufelskreis<br />

ausbrechen.<br />

Die CIR-Partnerorga-<br />

In <strong>in</strong>teraktiven Workshops<br />

reflektieren die Jugendlichen<br />

ihre Vorstellungen<br />

von Männlichkeit.<br />

nisation ADIC versucht<br />

deshalb jetzt <strong>in</strong> Matagalpa,<br />

die zwei Seiten e<strong>in</strong>er Medaille zu verb<strong>in</strong>den:<br />

E<strong>in</strong>erseits stärkt ADIC Mädchen und<br />

Frauen und unterstützt Betroffene von männlicher<br />

Gewalt. Andererseits versuchen sie <strong>in</strong><br />

mehreren Geme<strong>in</strong>den, mit männlichen Jugendlichen<br />

e<strong>in</strong> neues Bild von Maskul<strong>in</strong>ität zu<br />

entwickeln.<br />

Dieser neue Ansatz soll nicht nur den beteiligten<br />

Männern helfen, sondern auch ihren<br />

künftigen K<strong>in</strong>dern und Frauen e<strong>in</strong> Leben mit<br />

mehr Zuneigung und weniger Gewalt ermöglichen.<br />

In dem 3-jährigen Projekt benötigt ADIC<br />

für jeden Jugendlichen, der an den Workshops<br />

teilnimmt, 310 Euro.<br />

Wir bitten Sie dafür um Ihre f<strong>in</strong>anzielle<br />

Unterstützung.<br />

Stichwort »GEGEN MACHISMO«<br />

Grundsätze<br />

unserer<br />

Projektarbeit<br />

Mit Ihrer Spende kann die Christliche Initiative Romero e.V.<br />

Projektpartner*<strong>in</strong>nen unterstützen, die sich e<strong>in</strong>setzen für<br />

• die Selbstbestimmung von Frauen<br />

• die Ach tung und Anerkennung arbeitender K<strong>in</strong>der<br />

• menschenwürdige Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen<br />

• die Ökologie<br />

• die politische Stärkung der Zivilgesellschaft<br />

• die Achtung und Selbstbestimmung <strong>in</strong>digener Bevölkerung


Guatemala<br />

Für e<strong>in</strong> „gutes Leben“<br />

ohne Diskrim<strong>in</strong>ierung<br />

In der Region San Marcos setzt sich das<br />

MTC – Bewegung von Arbeiter*<strong>in</strong>nen und<br />

Campes<strong>in</strong>os/as – für e<strong>in</strong> anderes Guatemala<br />

e<strong>in</strong>. E<strong>in</strong> Guatemala, <strong>in</strong> dem e<strong>in</strong> gutes, würdevolles<br />

Leben ohne ethnische Diskrim<strong>in</strong>ierung<br />

möglich ist.<br />

Die Organisation setzt dabei besonders auf<br />

die Arbeit mit Frauen. In 11 Geme<strong>in</strong>den bildet<br />

das MTC 30 Frauen als Multiplikator<strong>in</strong>nen<br />

aus, damit sie die Belange von Frauen und<br />

K<strong>in</strong>dern <strong>in</strong> den Bürgermeisterämtern vertreten<br />

können.<br />

Vilma Mendez, Koord<strong>in</strong>ator<strong>in</strong> der MTC-<br />

Frauenarbeit, betont: „Die Rolle der Frauen<br />

und der Jugend <strong>in</strong> ländlichen<br />

Maya-Gebieten<br />

muss weiter gestärkt<br />

werden.“ Als alle<strong>in</strong>erziehende<br />

Mutter zweier K<strong>in</strong>der<br />

weiß sie, wie wichtig<br />

dies ist.<br />

El Salvador<br />

Gerechtigkeit für Romero<br />

e<strong>in</strong>klagen<br />

El Salvador hat außerhalb von Kriegsgebieten<br />

die höchste Mordrate weltweit.<br />

E<strong>in</strong>e Ursache der Gewalt ist die Straffreiheit.<br />

Die Menschenrechtsorganisation „Tutela<br />

Legal Doctora María Julia Hernández” weiß:<br />

Ohne Gerechtigkeit ist ke<strong>in</strong> Frieden möglich.<br />

Für die Jurist*<strong>in</strong>nen von Tutela Legal ist<br />

e<strong>in</strong>er der entscheidendsten Fälle der bis heute<br />

un gesühnte Mord an Oscar Romero vor 38<br />

Jahren. Im Mai 2017 gelang es e<strong>in</strong>em Bündnis<br />

um Tutela Legal endlich, dass der Fall Romero<br />

neu aufgerollt wird. Tutela Legal begleitet<br />

den Prozess <strong>in</strong>tensiv und tritt sogar als<br />

Neben kläger<strong>in</strong> auf, weil die Staatsanwaltschaft<br />

selbst nur<br />

schleppend agiert.<br />

Die CIR unterstützt<br />

Tutela Legal <strong>in</strong><br />

diesem jahrelangen<br />

Pro zess für Gerechtigkeit.<br />

Setzen Sie sich mit Ihrer<br />

Spende für die Frauen <strong>in</strong><br />

San Marcos e<strong>in</strong>!<br />

Vilma Mendez (3.v.l) neben CIR-Referent<br />

Albrecht Schwarzkopf beim Guatemala-<br />

Besuch im November 2017<br />

Bitte helfen Sie uns<br />

dabei mit e<strong>in</strong>er<br />

Spende.<br />

FOTOS: CIR<br />

Stichwort »FRAUEN DES MTC«<br />

Stichwort »ROMERO-PROZESS«<br />

IHRE<br />

SPENDE<br />

HILFT<br />

Unsere Projekte stehen für Wege zu mehr Gerechtigkeit, zukunftsfähiger<br />

Entwicklung und kultureller Vielfalt und Toleranz. Wenn<br />

nötig, leistet die CIR <strong>in</strong> Mittelamerika auch Notfall- und Katastrophen hilfe.<br />

Für Planung, Durchführung und korrekten E<strong>in</strong>satz der Gelder s<strong>in</strong>d wir<br />

geme<strong>in</strong>sam mit unseren Projektpartner*<strong>in</strong>nen verantwortlich. Um ihnen<br />

langfristige Perspektiven geben zu können, s<strong>in</strong>d wir auf Ihre Spenden ebenso<br />

angewiesen, wie auf Zuwendungen der Europäischen Union, des Weltgebetstags<br />

der Frauen, der Stiftung Umwelt und Entwicklung Nordrhe<strong>in</strong>-<br />

Westfalen (SUE), des Bundesm<strong>in</strong>isteriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />

und Entwicklung (BMZ) und des Katholischen Fonds, sowie auf<br />

Spenden aus Kirchen- und Pfarrgeme<strong>in</strong>den, Schulen und E<strong>in</strong>e-Welt-Läden.<br />

SPENDENKONTO<br />

Bitte unterstützen Sie<br />

unsere Projektpartner*<strong>in</strong>nen<br />

mit e<strong>in</strong>er Spende.<br />

Darlehnskasse Münster<br />

IBAN: DE67 4006 0265<br />

0003 1122 00<br />

BIC: GENODEM1DKM


Ismael Moreno Coto,<br />

besser bekannt als<br />

Padre Melo, setzt<br />

sich trotz der zunehmenden<br />

Repression<br />

unverändert leidenschaftlich<br />

für die<br />

Menschenrechte <strong>in</strong><br />

Honduras e<strong>in</strong>.<br />

Honduras<br />

„Ich mache Präsident Hernández<br />

verantwortlich, sollte mir etwas<br />

zustoßen“<br />

18<br />

presente 1/2018


Länderberichte<br />

In Honduras protestiert die Zivilgesellschaft gegen die verfassungswidrige Wiederwahl<br />

des Präsidenten Juan Orlando Hernández. E<strong>in</strong>er der lautesten Kritiker ist der Jesuitenpater<br />

Melo, der <strong>in</strong> der CIR-Partnerorganisation ERIC auch für den unabhängigen<br />

Radiosender „Radio Progreso“ verantwortlich ist. Im Interview spricht er über se<strong>in</strong>e<br />

Situation, die Lage im Land und die Rolle der EU. INTERVIEW: SANDRA WEISS<br />

FOTOS: RADIO PROGRESO; IGNATION SOLIDARITY NETWORK<br />

Padre Melo, Sie und andere Mitarbeiter*<strong>in</strong>nen<br />

des Jesuitenradios Progreso <strong>in</strong> Honduras<br />

haben Drohungen erhalten. In den sozialen<br />

Netzwerken wurde verbreitet, sie würden<br />

Waffen vertreiben, und sie wurden als „Achse<br />

des Bösen“ diffamiert. Wissen Sie, wer<br />

dah<strong>in</strong>ter steckt?<br />

Wir s<strong>in</strong>d sehr besorgt und haben Anzeige<br />

erstattet. Die Drohungen sehen<br />

wir im Zusammenhang mit unserer<br />

journalistischen Arbeit, unserem E<strong>in</strong>satz<br />

für die Menschenrechte und unserer Proteste<br />

gegen die betrügerische Wiederwahl von Präsident<br />

Juan Orlando Hernández. Daher gehe<br />

ich davon aus, dass die Drohungen aus dem<br />

Umfeld der Regierung stammen. Aber wir<br />

warten noch auf e<strong>in</strong>e offizielle Antwort.<br />

Radio Progreso ist e<strong>in</strong>es der wenigen kritischen<br />

Medien <strong>in</strong> Honduras. Sehen Sie <strong>in</strong> den<br />

Drohungen auch e<strong>in</strong>en Anschlag auf die<br />

Presse- und Me<strong>in</strong>ungsfreiheit?<br />

Auf jeden Fall. Zum Beispiel wurden Anfang<br />

Dezember auch unsere Übertragungsstationen<br />

<strong>in</strong> der Hauptstadt sabotiert. Ich b<strong>in</strong> mir<br />

sicher, dass dies von regierungsnahen Kreisen<br />

ausgeht, denen unsere Kritik e<strong>in</strong> Dorn im<br />

Auge ist.<br />

Aktivisten und Journalisten. Das bedeutet,<br />

dass die Polizei häufiger bei uns Streife fährt.<br />

Aber der Personenschutz ist nicht das Problem.<br />

Der eigentliche Knackpunkt s<strong>in</strong>d die<br />

Ermittlungen. Auf solche Drohungen reagiert<br />

man am besten, <strong>in</strong>dem man sie aufklärt und<br />

die Verantwortlichen zur Rechenschaft zieht.<br />

In welchem Zustand ist das Land nach der<br />

umstrittenen Wiederwahl von Präsident<br />

Hernández?<br />

Honduras ist sehr <strong>in</strong>stabil und polarisiert. Die<br />

Oppositionsallianz hat zu e<strong>in</strong>em Generalstreik<br />

Ende Januar aufgerufen. Wir rechnen<br />

mit weiteren Demonstrationen und Repression<br />

durch die Sicherheitskräfte.<br />

Die Kirche hat zu e<strong>in</strong>em Dialog aufgerufen.<br />

Sehen Sie dafür die Voraussetzungen?<br />

Dialog ist pr<strong>in</strong>zipiell positiv. Aber wenn<br />

Hernández dazu aufruft, ist das problematisch<br />

und wirkt mehr so, als wolle er den Wahlbetrug<br />

re<strong>in</strong>waschen. Dialog ist nur dann<br />

möglich, wenn man die Berichte der Wahlbeobachter<br />

als Ausgangspunkt nimmt, wonach<br />

es im November Wahlbetrug gab, und<br />

wenn er nicht von Hernández e<strong>in</strong>berufen<br />

wird, sondern von e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>ternational glaubwürdigen<br />

Instanz.<br />

Honduras ist e<strong>in</strong> gefährliches Land für<br />

Aktivist*<strong>in</strong>nen, Umweltschützer*<strong>in</strong>nen und<br />

Journalist*<strong>in</strong>nen. Haben Sie Vorsichtsmassnahmen<br />

getroffen, wie etwa Leibwächter?<br />

Bodyguards lehne ich ab. Wir haben aber<br />

Das sche<strong>in</strong>t eher unwahrsche<strong>in</strong>lich. Welche<br />

Szenarien bleiben Honduras dann?<br />

E<strong>in</strong>es ist, dass wir Demokratie und Rechtsstaat<br />

zurückerobern, <strong>in</strong>dem die Proteste der<br />

Überwachungskameras <strong>in</strong> der Nähe des Gesellschaft erhört und die Wahlen annulliert<br />

Radio senders, und wir Mitarbeiter*<strong>in</strong>nen von<br />

Radio Progreso s<strong>in</strong>d im Schutzprogramm für<br />

werden. Hernández müsste die Macht an e<strong>in</strong>e<br />

Übergangsregierung abgeben, die Neuwah- ><br />

presente 1/2018 19


Länderberichte<br />

len e<strong>in</strong>beruft. Das andere ist der Weg <strong>in</strong> die<br />

Diktatur. E<strong>in</strong>er illegitimen Regierung wie der<br />

von Hernández bleibt ke<strong>in</strong>e andere Wahl als<br />

Regierungsfähigkeit und Stabilität durch Repression<br />

zu erzw<strong>in</strong>gen und die Loyalität von<br />

Politiker*<strong>in</strong>nen, Wirtschaftsbossen und Sicherheitskräften<br />

zu kaufen. In diesem Fall<br />

muss sich Hernández noch dazu komplett<br />

den Anordnungen der USA unterwerfen, die<br />

hier die eigentlichen Herren s<strong>in</strong>d.<br />

Welche Rolle haben die USA denn <strong>in</strong> dem<br />

Konflikt gespielt?<br />

E<strong>in</strong>es ist klar: Hier hat nicht das Volk den Präsidenten<br />

e<strong>in</strong>gesetzt, sondern die US-Regierung.<br />

Hernández steht im Dienste der strate-<br />

Rettet die Demokratie!<br />

Wer sich <strong>in</strong> Honduras für Gerechtigkeit<br />

und Demokratie e<strong>in</strong>setzt, wie<br />

Padre Melo von unserer Partnerorganisation<br />

ERIC, lebt gefährlich.<br />

Besonders ERICs Radiosender „Radio<br />

Progreso“ ist der Machtelite e<strong>in</strong> Dorn im<br />

Auge. Radio Progreso <strong>in</strong>formiert unabhängig<br />

über Politik – deckte etwa Unstimmigkeiten<br />

bei der Auszählung der Stimmen<br />

zur Präsidentschaftswahl auf – und<br />

regt seit se<strong>in</strong>er Gründung zu Diskussionen<br />

und politischer Teilhabe an.<br />

Nach den Wahlen wurde der wichtigste<br />

Sendemast der Radiostation zerstört. Um<br />

die Hauptstadt zu erreichen, musste er<br />

zügig wieder aufgebaut werden. Nun<br />

braucht das Team um Padre Melo Schutz,<br />

um sich weiter gegen die Verleumdungs-<br />

Kampagnen und vielleicht Schlimmeres<br />

zu wehren.<br />

Bitte unterstützen Sie kritische Berichterstattung<br />

<strong>in</strong> Honduras mit Ihrer Spende.<br />

Stichwort »RADIO PROGRESO«<br />

gischen Interessen der USA. Er ist aber nicht<br />

der Traumpräsident der USA, sondern das<br />

kle<strong>in</strong>ere Übel. Die USA wollten vor allem e<strong>in</strong>e<br />

Regierung verh<strong>in</strong>dern, <strong>in</strong> der Manuel Zelaya<br />

(Anm. d. Red.: hond. Präsident von 2005 bis<br />

zum Militär-Putsch 2009) etwas zu sagen<br />

hat, weil er als l<strong>in</strong>ker Bündnispartner Venezuelas<br />

gilt.<br />

Die EU-Wahlbeobachter*<strong>in</strong>nen haben ebenfalls<br />

harsche Kritik an dem Urnengang geübt,<br />

aber die meisten EU-Staaten, darunter auch<br />

Deutschland, haben Hernández anerkannt.<br />

Wie ist das zu verstehen?<br />

Das zeigt die Ambivalenz der Europäer*<strong>in</strong>nen.<br />

Sie s<strong>in</strong>d zum e<strong>in</strong>en kritisch, folgen aber dann<br />

den Anweisungen aus dem US-Außenm<strong>in</strong>isterium<br />

und desavouieren damit ihre eigenen<br />

Institutionen. Die EU ist so e<strong>in</strong>e Art Anhängsel<br />

der US-Außenpolitik.<br />

Welche konstruktive Rolle könnte die <strong>in</strong>ternationale<br />

Geme<strong>in</strong>schaft spielen?<br />

Ich appelliere an die <strong>in</strong>ternationale Geme<strong>in</strong>schaft,<br />

im Namen von Demokratie, Menschenrechten<br />

und Rechtsstaatlichkeit diese<br />

Farce <strong>in</strong> Frage zu stellen und uns beim Bemühen<br />

um Neuwahlen zu unterstützen. Und<br />

zwar aus eigenem Interesse, denn mit<br />

Hernández wird Honduras nicht zur Stabilität<br />

f<strong>in</strong>den, ganz im Gegenteil. Unter Hernández<br />

wird das Leben von vielen Menschen <strong>in</strong><br />

Gefahr se<strong>in</strong>. Ich mache ihn persönlich dafür<br />

verantwortlich, sollte mir etwas zustoßen.<br />

Und die USA, die EU, die UNO und die Organisation<br />

Amerikanischer Staaten werden e<strong>in</strong>e<br />

Mitverantwortung tragen, weil sie diese<br />

Regierung unterstützen, von der sie genau<br />

wissen, dass sie repressiv ist und e<strong>in</strong><br />

schmutziges Spiel spielt. <br />

Sandra Weiss ist freie Journalist<strong>in</strong> und Late<strong>in</strong>amerika-<br />

Korrespondent<strong>in</strong>. Das Interview ersche<strong>in</strong>t hier mit<br />

freundlicher Genehmigung des Erstveröffentlichers<br />

Adveniat auf www.blickpunkt-late<strong>in</strong>amerika.de.<br />

20 presente 1/2018


Die Kle<strong>in</strong>schürfer graben<br />

<strong>in</strong> Schwerstarbeit Stollen<br />

<strong>in</strong> den harten Fels.<br />

Länderberichte<br />

El Salvador<br />

Historischer Sieg über<br />

Bergbau-Industrie <strong>in</strong> Gefahr<br />

Nach zwölfjährigem E<strong>in</strong>satz sozialer Bewegungen trat im März 2017 endlich das<br />

von Umweltschützer*<strong>in</strong>nen weltweit als Triumph gefeierte Anti-Bergbaugesetz <strong>in</strong><br />

El Salvador <strong>in</strong> Kraft. (Wir berichteten erstmalig <strong>in</strong> der presente 2/2017.) Doch das so<br />

wichtige Gesetz bedroht auch die Lebensgrundlage e<strong>in</strong>iger Hundert Kle<strong>in</strong>schürfer* <strong>in</strong>nen<br />

im Land. Selbst e<strong>in</strong> Jahr später hat die Regierung ke<strong>in</strong>e adäquate Antwort auf den<br />

<strong>in</strong>formellen Bergbau gefunden und gefährdet damit das Bergbau-Verbot im Ganzen.<br />

TEXT: PEDRO CABEZAS, ÜBERSETZUNG: JOANA EINK (CIR)<br />

FOTO: CRIPDES<br />

Der sogenannte ‘kle<strong>in</strong>e Bergbau’ umfasst<br />

<strong>in</strong> El Salvador nur noch e<strong>in</strong>ige Hundert<br />

Kle<strong>in</strong>schürfer*<strong>in</strong>nen, die <strong>in</strong> der M<strong>in</strong>e von San<br />

Sebastián im San V<strong>in</strong>cente Departmento <strong>in</strong>formell<br />

nach Gold suchen. Dort wird das begehrte<br />

Metall seit 1904 von wechselnden Betreibern<br />

abgebaut. Letztmalig wurde die<br />

M<strong>in</strong>e mit Unterbrechungen zwischen 1985<br />

und 2006 durch die <strong>in</strong> Milwaukee ansässige<br />

Commerce Group betrieben. 2006 verließ<br />

das Unternehmen die M<strong>in</strong>e, besitzt jedoch bis<br />

heute die Rechte an dem Land, auf dem 300<br />

bis 500 Kle<strong>in</strong>schürfer*<strong>in</strong>nen arbeiten.<br />

Unter dem Druck der Öffentlichkeit setzte<br />

das Umweltm<strong>in</strong>isterium El Salvadors im Jahre<br />

2006 e<strong>in</strong>e an die Commerce Group erteilte<br />

Abbau-Genehmigung aus. Anhängig war e<strong>in</strong><br />

Plan zur Umweltsanierung. Anstatt auf die<br />

Be denken des Umweltm<strong>in</strong>isteriums e<strong>in</strong>zugehen,<br />

verklagte das Unternehmen daraufh<strong>in</strong><br />

die salvadorianische Regierung auf 100 Millionen<br />

US-Dollar. Zuerst vor nationalen<br />

><br />

presente 1/2018 21


Auch 12 Jahre nach<br />

Rückzug des M<strong>in</strong>enbetreibers<br />

hat es<br />

noch ke<strong>in</strong>e größeren<br />

Säuberungsaktionen<br />

der Gewässer <strong>in</strong> San<br />

Sebastián gegeben.<br />

Gerichts höfen; später dann zog die Commerce<br />

Group vor das Schiedsgericht der Weltbank<br />

(ICSID).<br />

Schmutzige H<strong>in</strong>terlassenschaft<br />

Nachdem es den Fall verloren hatte, zog sich<br />

das Unternehmen aus der Geme<strong>in</strong>de San<br />

Sebastián zurück. Die Commerce Group ließ<br />

nicht nur Bergbauarbeiter* <strong>in</strong>nen ohne Anstellung<br />

zurück, sondern auch e<strong>in</strong>e zerstörte<br />

Land schaft: E<strong>in</strong>e M<strong>in</strong>e, aus der permanent<br />

säure haltiges Abwasser austrat, mit Zyanid<br />

und anderen Chemikalien vergiftete Schutt-<br />

Berge, zwei mit hoch-toxischem Zyanid<br />

gefüllte Metallconta<strong>in</strong>er sowie vergiftete<br />

Gewässer. E<strong>in</strong> von der Commerce Group gebautes<br />

Geme<strong>in</strong>de-Zentrum sowie e<strong>in</strong>e Kl<strong>in</strong>ik<br />

wurden geschlossen. Die staubigen Straßen<br />

wurden nicht mehr gewartet. Und viele der<br />

Arbeiter*<strong>in</strong>nen, die e<strong>in</strong>e Erlaubnis erhielten,<br />

ihre Häuser auf dem Unternehmens-Grundstück<br />

zu bauen, blieben ohne Titel für das<br />

Land zurück, auf dem sie bereits seit<br />

Jahrzehnten wohnten.<br />

Unfaire Auflagen<br />

Nach dem Rückzug des Unternehmens nahmen<br />

Kle<strong>in</strong>schürfer*<strong>in</strong>nen ihre Arbeit auf, ohne<br />

jedoch die gesetzlichen Vorgaben für Bergbau-Aktivitäten<br />

zu erfüllen. Denn die Bergbau-Gesetze<br />

von 1996 begünstigten große<br />

Konzerne und entzogen dem Kle<strong>in</strong>schürfertum<br />

die Grundlage. Das Anti-Bergbaugesetz<br />

von 2017 berücksichtigt zwar die Existenz der<br />

Kle<strong>in</strong>schürfer*<strong>in</strong>nen, sieht für sie aber nur e<strong>in</strong>en<br />

Übergangszeitraum von zwei Jahren vor,<br />

um ihre Tätigkeiten e<strong>in</strong>zustellen.<br />

Diese Auflage wird von den Kle<strong>in</strong>schürfer*-<br />

<strong>in</strong>nen als unfair empfunden. “Es gibt ke<strong>in</strong>e andere<br />

Arbeit <strong>in</strong> unserer Geme<strong>in</strong>de. Schon me<strong>in</strong><br />

Vater war im Bergbau tätig. Ich b<strong>in</strong> seit 28<br />

Jahren Bergarbeiter. Und me<strong>in</strong>e K<strong>in</strong>der können<br />

außerhalb der Schulzeit <strong>in</strong> der M<strong>in</strong>e mitarbeiten,<br />

anstatt krim<strong>in</strong>ell zu werden“, sagt<br />

Bergarbeiter Javier, der anonym bleiben<br />

möchte, im Interview mit e<strong>in</strong>er lokalen Zeitung.<br />

In e<strong>in</strong>em Bericht, welcher der salvadorianischen<br />

Regierung 2016 durch das Menschenrechtsbüro<br />

vorgestellt wurde, wird die Abschaffung<br />

des kle<strong>in</strong>en Bergbaus gar als<br />

Chance für die gesamte Geme<strong>in</strong>de von San<br />

Sebastián beschrieben – vorausgesetzt die<br />

folgenden fünf Schritte würden durchgeführt:<br />

1. Stoppen des Säure-Lecks und Säuberung<br />

der Gewässer<br />

2. Bereitstellung von sauberem Tr<strong>in</strong>kwasser<br />

3. Untersuchungen zur Auswirkung der<br />

Umweltschäden auf die menschliche<br />

Gesundheit<br />

4. Landtitel-Vergabe an die Familien, die auf<br />

dem Land des Bergbau-Unternehmens<br />

leben<br />

5. Unterstützung der Kle<strong>in</strong>schürfer*<strong>in</strong>nen<br />

durch nachhaltigere Verdienstmöglichkeiten<br />

FOTO: CRIPDES<br />

22 presente 1/2018


Länderberichte<br />

Im Anschluss an das Inkrafttreten des<br />

Anti-Bergbau-Gesetzes haben sich Regierungsvertreter*<br />

<strong>in</strong>nen dazu verpflichtet, den<br />

Empfehlungen aus dem Bericht nachzukommen.<br />

Der Aufbau e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>ter<strong>in</strong>stitutionellen<br />

Kommission ist Teil dieser Bemühungen.<br />

Doch für die Kle<strong>in</strong>schürfer*<strong>in</strong>nen kommen die<br />

Maßnahmen nicht schnell genug. Selbst e<strong>in</strong><br />

Jahr nach dem Bergbau-Verbot hat noch nicht<br />

mal e<strong>in</strong> Treffen zwischen Regierungs - und<br />

Geme<strong>in</strong>devertreter*<strong>in</strong>nen stattgefunden.<br />

“Es wäre <strong>in</strong> Ordnung, würde die Regierung<br />

tatsächlich Anstellungsmöglichkeiten bieten.<br />

Doch die Regierung ist noch nicht e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong><br />

der Lage, Menschen mit e<strong>in</strong>em Uni-Abschluss<br />

Arbeit zu bieten. Wie sollen sie da uns mit Arbeit<br />

versorgen? Uns wurden nur zwei Jahre<br />

gewährt, um unsere Arbeit e<strong>in</strong>zustellen. Das<br />

ist zu kurz! Wir bitten die Regierung nur darum,<br />

uns arbeiten zu lassen, da unsere Familien<br />

davon abhängig s<strong>in</strong>d“, sagt Francis, e<strong>in</strong><br />

anderer Kle<strong>in</strong>schürfer.<br />

“Sollten wir ke<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>igung mit der Regierung<br />

erzielen können, werden wir e<strong>in</strong>e Verfassungsbeschwerde<br />

beim Obersten Gerichtshof<br />

e<strong>in</strong>reichen. Falls diese nicht von nationalen<br />

Institutionen bearbeitet wird, s<strong>in</strong>d wir auch<br />

bereit, uns an <strong>in</strong>ternationale Gerichtshöfe zu<br />

wenden“, erklärt Freddy Flores, e<strong>in</strong> Vertreter<br />

der lokalen Vere<strong>in</strong>igung für Geme<strong>in</strong>deentwicklung.<br />

Bergbau erneut auf dem<br />

Vormarsch?<br />

Der aktuellen Regierung könnte die Zeit<br />

davon laufen, um die Versprechen an die<br />

Kle<strong>in</strong>schürfer*<strong>in</strong>nen zu halten. Nach neun<br />

Jahren an der Macht verliert die FMLN-Partei,<br />

welche e<strong>in</strong>e progressive Umwelt-Agenda<br />

leicht befürwortet hat, an Unterstützung <strong>in</strong><br />

der Bevölkerung. Währenddessen wird der<br />

unternehmerfreundlichen ARENA-Partei,<br />

e<strong>in</strong>e bedeutende Mehrheit <strong>in</strong> der verfassungsgebenden<br />

Versammlung <strong>in</strong> den Wahlen<br />

am 4. März 2018 prophezeit. Noch besorgniserregender<br />

ist die bevorstehende Präsidentschaftswahl<br />

<strong>in</strong> 2019: Wird doch dem Spitzenkandidat<br />

der ARENA-Partei, Carlos Callejas,<br />

e<strong>in</strong>e enge Beziehung zum kanadi schen Bergbau-Magnat<br />

Frank Giustra nachgesagt.<br />

Sollte das politische Szenario zugunsten<br />

der Bergbau-Unternehmen ausfallen, müssen<br />

sich die Kle<strong>in</strong>schürfer*<strong>in</strong>nen nicht nur mit<br />

e<strong>in</strong>er fahrlässigen Regierung, sondern auch<br />

mit der Rückkehr der Konzerne ause<strong>in</strong>andersetzen,<br />

die ihre Geme<strong>in</strong>de vergiftet und verschmutzt<br />

zurückgelassen haben. <br />

Pedro Cabezas ist Mitarbeiter der CIR-Partnerorganisation<br />

CRIPDES, welche Teil des Dachverbands der Anti-<br />

Bergbau-Bewegung ist. CRIPDES´ beharrlicher E<strong>in</strong>satz<br />

trug maßgeblich zum Bergbau-Verbot bei.<br />

Ke<strong>in</strong>e halben Sachen!<br />

Die Verabschiedung des Anti-Bergbaugesetzes<br />

ist e<strong>in</strong>er der größten Erfolge<br />

sozialer Bewegungen <strong>in</strong> Mittel amerika <strong>in</strong><br />

den vergangenen Jahren. Doch durch die<br />

Missachtung der Situation der Kle<strong>in</strong>schürfer*<br />

<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> San Sebastián ist die Umsetzung<br />

des Gesetzes gefährdet. E<strong>in</strong>e nachhaltige<br />

Lösung kann nur erreicht werden,<br />

wenn die Kle<strong>in</strong>schürfer*<strong>in</strong>nen alternative<br />

E<strong>in</strong>kommensmöglichkeiten erhalten. Unsere<br />

Partnerorganisation CRIPDES ist deshalb<br />

<strong>in</strong> engem Austausch mit e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>ter<strong>in</strong>sti<br />

tutionellen Kommission, um e<strong>in</strong>e effektive<br />

Unterstützung für die Bergleute zu<br />

erreichen.<br />

Unterstützen Sie mit Ihrer Spende<br />

CRIPDES‘ E<strong>in</strong>satz für den Fortbestand<br />

des Bergbau-Verbots.<br />

Stichwort »CRIPDES«<br />

presente 1/2018 23


Infodienst<br />

O-Saft<br />

Konferenz „Nachhaltiger<br />

Orangensaft“ <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong><br />

Der Orangensaftmarkt ist stark konzentriert. Dies birgt Risiken, aber auch e<strong>in</strong>e<br />

Chance: E<strong>in</strong>e Verhaltensänderung der drei mächtigsten Orangensafthersteller<br />

<strong>in</strong> Brasilien, Cutrale, Louis Dreyfus und Citrosuco, kann e<strong>in</strong>e große Hebelwirkung<br />

auf die Nachhaltigkeit im gesamten Markt ausüben. Auf E<strong>in</strong>ladung der Christlichen<br />

Initiative Romero trafen sich <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> 50 Vertreter*<strong>in</strong>nen aus Wirtschaft,<br />

Zivilgesellschaft und Politik, um geme<strong>in</strong>sam neue Wege für mehr Nachhaltigkeit im<br />

Orangensaftsektor zu f<strong>in</strong>den. TEXT: SANDRA DUSCH SILVA (CIR)<br />

Tagungsteilnehmer Márcio Propheta Sormani Bortolucci,<br />

Anwalt e<strong>in</strong>er Gewerkschaft für Landarbeiter*<strong>in</strong>nen<br />

„Wir stehen hier vor Monstern, die die<br />

gesamte O-Saft-Erzeugung <strong>in</strong> Brasilien<br />

kontrollieren. Das ist e<strong>in</strong>e sehr schwierige<br />

und sensible Situation, weil wir ke<strong>in</strong>e Möglichkeit<br />

haben, uns <strong>in</strong> Gewerkschaften zusammenzuschließen“,<br />

fasst Konferenzteilnehmer<br />

Dr. Aparecido Bispo vom brasilianischen<br />

Gewerkschaftsverband FERAESP die<br />

Lage auf dem O-Saft-Markt zusammen. Er<br />

betont, dass es für Landarbeiter*<strong>in</strong>nen viele<br />

Probleme gibt. Sie erhalten nicht e<strong>in</strong>mal den<br />

M<strong>in</strong>destlohn. Und werden oft mit falschen<br />

Versprechungen aus dem Nordosten nach<br />

São Paulo gelockt. FERAESP hat beispielsweise<br />

versucht, Landarbeiter*<strong>in</strong>nen und Gewerkschafter*<strong>in</strong>nen<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Region zusammenzubr<strong>in</strong>gen,<br />

um über die dr<strong>in</strong>gendsten Probleme<br />

zu sprechen. Doch dazu kam es nicht.<br />

Sowohl vom Bürgermeister, als auch vom<br />

Rathaus und der Kirche wurde die Nutzung<br />

verschiedener Räumlichkeiten untersagt. Wegen<br />

solcher Repressionen können die<br />

Arbeiter*<strong>in</strong>nen sich weder treffen, noch frei<br />

sprechen. „Die politischen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />

haben sich durch die aktuelle Situation<br />

<strong>in</strong> Brasilien verschärft“, pflichtet Marcel<br />

Gomes von der Organisation Repórter Brasil<br />

ihm bei. „Die Regierung ist politisch schwach.<br />

Die Unterstützung <strong>in</strong> der Bevölkerung liegt<br />

bei nur vier Prozent. Wir haben e<strong>in</strong>e ökonomische<br />

Elite, die an der Macht ist. Doch daher<br />

gilt auch: Wenn man jetzt ökonomischen<br />

Druck ausübt, kann dies etwas bewirken.“<br />

Glänzende Geschäfte trotz<br />

schmutziger Liste<br />

Die O-Saft-Branche Brasiliens ist ausschließlich<br />

auf den Export konzentriert. Der nationale<br />

Markt hat für die drei großen Hersteller<br />

ke<strong>in</strong>e Bedeutung. Cutrale steht seit Oktober<br />

auf der sogenannten „schmutzigen Liste“ wegen<br />

Sklavenarbeit, aber da sie ke<strong>in</strong>en Markt<br />

<strong>in</strong> Brasilien haben, ist dies e<strong>in</strong> zahnloser Tiger.<br />

Zwei Jahre nach der E<strong>in</strong>richtung der „schmutzigen<br />

Liste“ startete <strong>in</strong> Brasilien der Nationale<br />

Pakt zur Bekämpfung der Sklavenarbeit. Da-<br />

24 presente 1/2018


ei handelt es sich<br />

um e<strong>in</strong> Abkommen<br />

von brasilianischen<br />

und mult<strong>in</strong>ationalen<br />

Firmen, die sich der<br />

Abschaffung von Sklavenarbeit <strong>in</strong> ihrer<br />

Produktionskette verpflichtet haben. Gegenwärtig<br />

hat der Pakt mehr als 400 Unterzeichner*<strong>in</strong>nen.<br />

Unter diesen f<strong>in</strong>den sich viele der<br />

größten <strong>in</strong> Brasilien tätigen Firmen. Die<br />

Unter zeichnenden verpflichten sich, die<br />

Geschäftsbeziehungen zu Unternehmen e<strong>in</strong>zuschränken,<br />

die auf der „schmutzigen Liste“<br />

auftauchen.<br />

Der brasilianische Staatsanwalt für<br />

Arbeits rechte Prof. Rafael Gomes <strong>in</strong>formierte<br />

die Konferenz-Teilnehmenden, dass sich neben<br />

der politischen auch die rechtliche Situation<br />

für die Arbeiter*<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Land<br />

verschlechtert habe. So wurde beispielsweise<br />

das Outsourc<strong>in</strong>g an Subunternehmen legalisiert.<br />

Auch für die Gewerkschaften stellt sich<br />

die Situation prekär dar: Weniger freie Tage,<br />

Lohndump<strong>in</strong>g und kaum noch Sicherheitsoder<br />

Gesundheitsaudits zählen für sie zu den<br />

zentralen Problemen. „Es hängt viel von den<br />

drei großen Unternehmen ab. Das Justizwesen<br />

schiebt hier ke<strong>in</strong>en Riegel vor. Es fehlen<br />

Ausschnitte des Visual Mapp<strong>in</strong>gs der<br />

Konferenz durch Lucia Fabiani<br />

Kontrollen und Restriktionen. Es gibt derzeit<br />

viele Rückschritte.“<br />

Schritt <strong>in</strong> die richtige Richtung<br />

Die Veranstaltung <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> war e<strong>in</strong> Auftakt,<br />

um die so dr<strong>in</strong>gend benötigte Kooperation<br />

und den Dialog zwischen den verschiedenen<br />

Stakeholdern zu stärken. Die Bereitschaft,<br />

Veränderung im Bereich Orangensaft <strong>in</strong> Brasilien<br />

und Deutschland voranzutreiben,<br />

sche<strong>in</strong>t grundsätzlich bei vielen Akteur*<strong>in</strong>nen<br />

der Wertschöpfungskette vorhanden zu se<strong>in</strong>,<br />

aber die Herausforderungen s<strong>in</strong>d groß. Die<br />

Tagungsteilnehmer*<strong>in</strong>nen waren sich e<strong>in</strong>ig:<br />

Es bedarf drei zentraler Schritte, um den<br />

Orangensaft-Markt nachhaltiger und sozialer<br />

zu gestalten: Druck von außen, Transparenz<br />

und Zertifizierungen. <br />

FOTOS: HANS KOBERSTEIN<br />

Menschenrechte vor Profit!<br />

Europäische Supermärkte<br />

üben massiv Druck auf<br />

ihre Lieferanten aus, immer billiger zu produzieren.<br />

Der Druck wird weitergegeben an die<br />

Arbeiter*<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> der Lieferkette, die überall<br />

auf der Welt unsere Lebensmittel produzieren:<br />

Arbeiter*<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> den brasilianischen<br />

Schlachtfabriken berichten über Schnittwunden,<br />

Arbeitsunfälle und chronische Gelenkschmerzen,<br />

Orangenpflücker* <strong>in</strong>nen s<strong>in</strong>d<br />

ohne Schutzkleidung der Sonne und den Pestiziden<br />

auf den Plantagen ausgesetzt. Und<br />

nirgends wird e<strong>in</strong> existenzsichernder Lohn<br />

gezahlt. Daher üben wir mit der Kampagne<br />

„Supply Cha!nge“ Druck auf Wirtschaft und<br />

Politik aus, Arbeitsrechte zu achten.<br />

Zusammen mit Ihnen erheben wir unsere<br />

Stim me für die Menschen am Anfang der<br />

Liefer kette, die sonst allzuoft nicht gehört<br />

würden.<br />

Für diese Kampagnenarbeit bitten<br />

wir um Ihre Spende.<br />

Stichwort »SUPPLY CHA!INGE«<br />

Die Veröffentlichung des Infodienstes wurde mit f<strong>in</strong>anzieller Unterstützung der Europäischen Union und von Engagement<br />

Global im Auftrag des BMZ ermöglicht. Für den Inhalt der Veröffentlichung ist alle<strong>in</strong> die Christliche Initiative Romero<br />

verantwortlich; der Inhalt kann <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>er Weise als Standpunkt von Engagement Global gGmbh, dem Bundesm<strong>in</strong>isterium für<br />

wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und der EU angesehen werden.<br />

presente 1/2018 25


Kreativer Protest gegen<br />

die unwürdige Haltung<br />

und Verarbeitung von<br />

Hühnchen –<br />

CIR-Multiplikator*<strong>in</strong>nen<br />

<strong>in</strong> Aktion.<br />

Billighühnchen aus Brasilien<br />

Knusper D<strong>in</strong>os, Chicken Chips oder e<strong>in</strong>fach Chicken Nuggets. Unter diesen Namen<br />

liegen mundgerecht portionierte Stücke aus Hähnchen-Formfleisch im Tiefkühlfach<br />

der Lebensmittele<strong>in</strong>zelhändler. Jede*r dritte Erwachsene hierzulande isst sie<br />

mehrmals im Monat. Auch weltweit ist Hühnchenfleisch beliebt wie nie zuvor. Doch<br />

damit Supermärkte und Discounter Chicken Nuggets aus Brustfleisch billig verkaufen<br />

können, drücken sie die Preise bei ihren Produzent*<strong>in</strong>nen – auf Kosten der<br />

Arbeiter*<strong>in</strong>nen. TEXT: SANDRA DUSCH SILVA (CIR)<br />

Durch e<strong>in</strong> undurchsichtiges Geflecht an<br />

Subunternehmen und Leiharbeitsfirmen<br />

beschäftigen fleischverarbeitende Unternehmen<br />

wie Stolle, Wiesenhof, SK meat und Co.<br />

günstige Arbeitskräfte, die überwiegend aus<br />

Osteuropa kommen. Um die Kosten niedrig<br />

zu halten, mischen e<strong>in</strong>ige Fleischverarbeiter<br />

auch Hähnchenbrust aus Brasilien dem Formfleisch<br />

bei. So landet das Import-Hühnchen<br />

auch <strong>in</strong> den Kühlregalen bei der Nr. 1 im deutschen<br />

Lebensmittele<strong>in</strong>zelhandel: dem Edeka-<br />

Verbund.<br />

Sch<strong>in</strong>derei im Akkord<br />

Für die neue CIR-Studie „Unser täglich<br />

Fleisch“ haben wir <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit<br />

unser brasilianischen Partnerorganisation<br />

Repórter Brasil zahlreiche Arbeiter*<strong>in</strong>nen <strong>in</strong><br />

Brasilien <strong>in</strong>terviewt, die im Akkord Hühner für<br />

den Export fangen und zerstückeln. Sie üben<br />

die immer gleichen Bewegungen mit scharfen<br />

Instrumenten aus, das Tempo ist mörderisch,<br />

die Umgebung bitter kalt. Die Arbeiter*<strong>in</strong>nen<br />

berichten über Schnittwunden, Arbeitsunfälle,<br />

chronische Gelenkschmerzen bis h<strong>in</strong> zur<br />

Berufsunfähigkeit. Selbst das Anziehen oder<br />

Zähneputzen wird für e<strong>in</strong>ige Arbeiter*<strong>in</strong>nen<br />

zur schmerzenden Qual. Der Lohn für die<br />

Sch<strong>in</strong>derei reicht nicht e<strong>in</strong>mal für das Nötigste:<br />

„Ich verdiene umgerechnet 330 Euro<br />

netto im Monat, aber me<strong>in</strong>e Fixkosten liegen<br />

bei 507 Euro“, so e<strong>in</strong> Arbeiter. Ähnlich ergeht<br />

es den Geflügelfänger*<strong>in</strong>nen, die die Tiere<br />

ausstallen und zum Schlachthaus transportieren.<br />

Für sie s<strong>in</strong>d zwölf Arbeitsstunden die<br />

Regel und unbezahlte Überstunden nicht selten.<br />

Die Entlohnung ist <strong>in</strong>transparent und von<br />

existenzsichernd weit entfernt, e<strong>in</strong>e gewerk-<br />

FOTOS: WWW.WIR-HABEN-ES-SATT.DE MEINE LANDWIRTSCHAFT, © WIGWAM EG<br />

Mit freundlicher Unterstützung der<br />

26 presente 1/2018


Infodienst<br />

Chicken<br />

schaftliche Interessensvertretung fehlt.<br />

Die Recherchen zeigen ferner, dass die Mitgliedschaft<br />

der Fleischhersteller <strong>in</strong> der Unternehmens<strong>in</strong>itiative<br />

BSCI nicht ausreicht, um<br />

Arbeitsrechte <strong>in</strong> der Lieferkette zu sichern.<br />

Wenn Kontrollen <strong>in</strong> den Fabriken stattf<strong>in</strong>den,<br />

dann wird die Geschw<strong>in</strong>digkeit der Fließbänder<br />

gedrosselt. „Wir müssen an diesen Tagen<br />

bis zu drei oder vier Stunden länger arbeiten,<br />

um das Tagessoll zu erfüllen“, beschreibt e<strong>in</strong><br />

Arbeiter die negativen Auswirkungen der<br />

Kontrollbesuche. Auch externe Kontrollen<br />

br<strong>in</strong>gen wenig. „Gewerkschafter*<strong>in</strong>nen kommen<br />

<strong>in</strong> die Produktionshalle mit e<strong>in</strong>er Stoppuhr,<br />

um die Taktzeit zu überwachen. Doch<br />

sobald sie weg s<strong>in</strong>d, wird die Geschw<strong>in</strong>digkeit<br />

wieder erhöht“, berichtete e<strong>in</strong> Mitarbeiter<br />

von JBS, dem größten Fleischproduzenten der<br />

Welt, der auch an den deutschen E<strong>in</strong>zelhandel<br />

liefert.<br />

Die Vorabveröffentlichung<br />

der CIR-Studie „Unser täglich<br />

Fleisch“, die diese brisanten<br />

Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen öffentlich<br />

macht, führte zu teils heftigen<br />

Reaktionen der Fleischhersteller,<br />

darunter empörte Anrufe<br />

und gar Drohungen. Doch es<br />

gab auch ernsthafte Bemühungen,<br />

Lösungen zur Klärung<br />

des Sachverhalts zu f<strong>in</strong>den.<br />

Ob als Knusper D<strong>in</strong>os, Chicken Chips oder Chicken Nuggets.<br />

Mundgerecht portionierte Stücke aus Hähnchen-Formfleisch<br />

liegen <strong>in</strong> Deutschland voll im Trend: Jede dritte Erwachsene isst<br />

sie mehrmals im Monat. Zu f<strong>in</strong>den s<strong>in</strong>d sie <strong>in</strong> den Tiefkühlfächern<br />

der Supermärkte und Discounter. Oft verborgen bleiben<br />

die sozialen und ökologischen Bed<strong>in</strong>gungen, unter denen die<br />

beliebten Hähnchenteile produziert werden. Um diese ans<br />

Licht zu br<strong>in</strong>gen, richtet die vorliegende Studie den Blick nach<br />

Brasilien, denn aus ke<strong>in</strong>em anderen Nicht-EU-Land importiert<br />

Deutschland mehr verarbeitetes Geflügel. Der Grund: die niedrigeren<br />

Kosten. Doch das Billigfleisch hat se<strong>in</strong>en Preis, den allzu<br />

oft die Arbeiter*<strong>in</strong>nen bezahlen. Die vorliegende Studie dokumentiert<br />

die sozialen und ökologischen Kosten.<br />

Hierfür hat die CIR <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit Repórter Brasil<br />

zahlreiche Arbeiter*<strong>in</strong>nen <strong>in</strong>terviewt. Über Schnittwunden,<br />

Arbeitsunfälle, chronische Gelenkschmerzen bis h<strong>in</strong> zur Berufsunfähigkeit<br />

berichten die Arbeiter*<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> brasilianischen<br />

Schlachtfabriken. Ähnlich ergeht es Geflügelfänger*<strong>in</strong>nen, die<br />

die Tiere ausstallen und zum Schlachthaus transportieren.<br />

Für sie s<strong>in</strong>d zwölf Arbeitsstunden die Regel, unbezahlte Überstunden<br />

nicht selten. Die Entlohnung ist <strong>in</strong>transparent und zu<br />

ger<strong>in</strong>g zum Leben, e<strong>in</strong>e gewerkschaftliche Interessenvertretung<br />

fehlt.<br />

Tipps für Konsument*<strong>in</strong>nen und konkrete Forderungen an die<br />

Politik und an Unternehmen runden die Studie „Unser täglich<br />

Fleisch“ der Christlichen Initiative Romero (CIR) ab.<br />

Listerien <strong>in</strong> Chicken<br />

Nuggets<br />

E<strong>in</strong>e Studie der<br />

UNSER<br />

TÄGLICH<br />

Verletzungen des Arbeitsrechts<br />

<strong>in</strong> den brasilianischen Lieferketten<br />

von Supermarkt-Chicken Nuggets<br />

Unter der Kostene<strong>in</strong>sparung entlang der Lieferkette<br />

leiden nicht nur die Arbeiter*<strong>in</strong>nen <strong>in</strong><br />

Brasilien. Jüngste Testergebnisse von Ökotest<br />

zeigen, dass beispielsweise bei den „Gut &<br />

Günstig“ Chicken Nuggets von EDEKA Belastungen<br />

mit Listerien-Bakterien und antibiotikaresistenten<br />

Keimen entdeckt wurden. Obwohl<br />

bei EDEKA die Umsätze stetig steigen<br />

und das Unternehmen se<strong>in</strong>e Marktdom<strong>in</strong>anz<br />

durch die Kaiser-Tengelmann- Übernahme<br />

FLEISCH<br />

weiter ausbauen konnte, gehört es <strong>in</strong> puncto<br />

soziale Unternehmensverantwortung zum<br />

Schlusslicht im deutschen Lebensmittele<strong>in</strong>zelhandel.<br />

Wir haben es satt!<br />

Höchste Zeit für e<strong>in</strong>e Rundum-Erneuerung<br />

der Agrar<strong>in</strong>dustrie und des Wettbewerbsrechts!<br />

Die immer dom<strong>in</strong>anter werdenden<br />

E<strong>in</strong>zelhändler dürfen nicht länger auf Kosten<br />

der Arbeiter*<strong>in</strong>nen Rekordgew<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>fahren.<br />

Diese Forderung hat großen Rückhalt: Mit<br />

über 30.000 Menschen g<strong>in</strong>g die CIR parallel<br />

zur Grünen Woche Ende Januar <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> unter<br />

dem Motto „Wir haben es satt“ auf die Straße,<br />

um für e<strong>in</strong>en umfassenden Wandel <strong>in</strong> der<br />

Agrarpolitik zu demonstrieren. <br />

Die brandneue CIR-Studie<br />

dokumentiert die sozialen<br />

und ökologischen Kosten<br />

des <strong>in</strong> Brasilien verarbeiteten<br />

Hähnchenfleisches, das auch<br />

für den deut schen E<strong>in</strong>zelhandel bestimmt<br />

ist. Zahl reiche Testimonials der brasilianischen<br />

Arbeiter* <strong>in</strong>nen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Studie zu<br />

f<strong>in</strong>den. Konkrete Empfehlungen an den<br />

europäischen E<strong>in</strong>zelhandel, um <strong>in</strong> der Industrie<br />

nachhaltige Verbesserungen anzustoßen,<br />

runden die Publikation ab.<br />

E<strong>in</strong>e Studie der<br />

LESE-TIPP:<br />

CIR-Studie<br />

„Unser täglich<br />

Fleisch“<br />

Sie können die 52-seitige Studie für<br />

4 Euro plus Porto- und Versandkosten bei<br />

der CIR bestellen (onl<strong>in</strong>e, telefonisch<br />

oder im Bestellsche<strong>in</strong> auf S.31).<br />

Die Veröffentlichung des Infodienstes wurde mit Unterstützung<br />

der Europäischen Union ermöglicht. Für den Inhalt des Infodienstes<br />

ist alle<strong>in</strong> die CIR verantwortlich; der Inhalt kann <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>er Weise als<br />

Standpunkt der Europäischen Union angesehen werden.<br />

presente 1/2018 27


Kaffee-Boom <strong>in</strong> Honduras<br />

Der Kaffeesektor <strong>in</strong> Honduras hat e<strong>in</strong>e rasante Entwicklung genommen. In den<br />

letzten zehn Jahren konnte das Land die Produktion verdoppeln und zum wichtigsten<br />

Kaffeeproduzenten Mittelamerikas heranwachsen. Folglich stellt der Sektor für viele<br />

Menschen e<strong>in</strong>e wichtige E<strong>in</strong>kommensquelle dar. E<strong>in</strong>e Studie der honduranischen<br />

Organisation Centro de Desarrollo Humano (CDH) zeigt aber, dass mit dem<br />

E<strong>in</strong>kommen e<strong>in</strong> Leben <strong>in</strong> Würde oft nicht möglich ist.<br />

TEXT: THORSTEN MOLL (CIR)<br />

Durchschnittlich 162 Liter im Jahr pro Kopf<br />

– Tendenz steigend. Ke<strong>in</strong> anderes Getränk<br />

ist <strong>in</strong> Deutschland beliebter als Kaffee.<br />

Und auch weltweit steigt die Nachfrage nach<br />

dem Heißgetränk: Im vergangenen Erntejahr<br />

wurde auf e<strong>in</strong>er Fläche von 11 Millionen Hektar<br />

die Rekordmenge von 151,6 Millionen<br />

Sack (á 60 Kilo) angebaut. Nach Rohöl ist<br />

Kaffee die meistgehandelte Ware der Welt.<br />

Die Hälfte des global produzierten Kaffees<br />

wird <strong>in</strong> Mittel- und Südamerika angebaut.<br />

Unangefochtener Spitzenreiter ist Brasilien,<br />

auf dessen Plantagen fast e<strong>in</strong> Drittel des<br />

Rohkaffees wächst. Immerh<strong>in</strong> auf Rang sechs<br />

folgt Honduras, das den Großteil des produzierten<br />

Kaffees exportiert: 2016/2017 lag<br />

der Wert der Ausfuhren bei über 900 Millionen<br />

Dollar. Wichtigster Abnehmer ist seit<br />

über zehn Jahren Deutschland, woh<strong>in</strong> jedes<br />

Jahr etwa 30 % des exportieren Kaffees verschifft<br />

werden. Gleichzeitig ist Honduras<br />

nach Brasilien und Vietnam das wichtigste<br />

Lieferland für Deutschland.<br />

CDH <strong>in</strong>terviewt hier Erntearbeiter<strong>in</strong>nen und ihre K<strong>in</strong>der, um mehr über<br />

ihre Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen auf den Kaffee-F<strong>in</strong>cas zu erfahren.<br />

Gefördert durch die<br />

28 presente 1/2018


Infodienst<br />

Kaffee<br />

FOTO: FOTOS: CDH, CIR, MARTABYSTRON - PIXABAY<br />

Der Kaffeesektor:<br />

Wichtiger Arbeitgeber …<br />

Über e<strong>in</strong>e Million Menschen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Honduras<br />

direkt oder <strong>in</strong>direkt im Kaffeesektor tätig.<br />

Insbesondere <strong>in</strong> der arbeits<strong>in</strong>tensiven Erntezeit<br />

von Oktober bis Februar stellen die mittleren<br />

und großen Unternehmen zusätzliche<br />

Arbeitskräfte e<strong>in</strong>. Viele Menschen migrieren<br />

dann <strong>in</strong> die Anbaugebiete, da die Ernte für sie<br />

e<strong>in</strong>e wichtige E<strong>in</strong>kommensquelle darstellt.<br />

Ungefähr 55.000 Erntearbeiter*<strong>in</strong>nen kommen<br />

zudem aus den Nachbarländern Guatemala,<br />

El Salvador und Nicaragua.<br />

Der Großteil der Arbeitskraft wird aber von<br />

kle<strong>in</strong>bäuerlichen Familien gestellt, denn der<br />

honduranische Kaffeesektor weist <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er<br />

dezentralen Struktur e<strong>in</strong>e Besonderheit auf:<br />

Große Plantagen s<strong>in</strong>d die Ausnahme, während<br />

93 % der <strong>in</strong>sgesamt 97.000 registrierten<br />

Hersteller*<strong>in</strong>nen Kle<strong>in</strong>produzent*<strong>in</strong>nen s<strong>in</strong>d.<br />

… und prekäre<br />

Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen<br />

Unsere Partnerorganisation CDH sprach im<br />

Rahmen der Studie mit 48 Arbeiter*<strong>in</strong>nen.<br />

Das Ergebnis: Die Arbeit im Kaffeesektor f<strong>in</strong>det<br />

oft unter prekären Bed<strong>in</strong>gungen statt,<br />

was speziell auf Saisonarbeitskräfte zutrifft.<br />

Die Arbeiter*<strong>in</strong>nen auf den F<strong>in</strong>cas erhalten<br />

ke<strong>in</strong>e schriftlichen Verträge; jede*r zehnte Interviewte<br />

arbeitet regelmäßig mehr als zehn<br />

Stunden täglich. H<strong>in</strong>zu kommt, dass Überstunden<br />

oft nicht bezahlt werden. Auch<br />

Sonntagsarbeit wird häufig nicht entsprechend<br />

entlohnt. Ohneh<strong>in</strong> erweist sich besonders<br />

das E<strong>in</strong>kommen als problematisch. 60 %<br />

der Befragten erreichen den monatlichen<br />

M<strong>in</strong>destlohn nicht, der für ländliche Regionen<br />

bei umgerechnet etwa 225 Euro liegt. Teilweise<br />

gaben die Arbeiter*<strong>in</strong>nen sogar an,<br />

weniger als 135 Euro zu verdienen.<br />

Die Gründe für die Situation s<strong>in</strong>d vielfältig.<br />

E<strong>in</strong>e gewerkschaftliche Vertretung gibt es we-<br />

der für ganzjährig noch für saisonal Beschäftigte.<br />

Offizielle Arbeits<strong>in</strong>spektionen s<strong>in</strong>d den<br />

meisten Arbeiter*<strong>in</strong>nen nicht bekannt. E<strong>in</strong>e<br />

entscheidende Rolle kommt auch dem niedrigen<br />

Preis auf dem Weltmarkt zu, wie Produzent<br />

Grevil Augusto Morales betont: „Die Bezahlung,<br />

die man aufgrund des niedrigen<br />

Kaffeepreises erhält, ist beklagenswert. Wenn<br />

der Preis s<strong>in</strong>kt, wirkt sich das negativ auf die<br />

wirtschaftliche Situation der Familien, der Geme<strong>in</strong>de<br />

und der ganzen Region aus.“<br />

Bitterer<br />

Beigeschmack<br />

Nicht nur Kaffee aus Honduras landet <strong>in</strong><br />

unseren Küchen. Auch Melonen beziehen<br />

deutsche Supermärkte aus dem mittelamerikanischen<br />

Land. Leider haben die süßen<br />

Früchte e<strong>in</strong>en bitteren Beigeschmack.<br />

Wie beim Kaffee s<strong>in</strong>d die Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen<br />

auf den Plantagen ausbeuterisch und<br />

gesundheitsgefährdend.<br />

Unsere Partnerorganisation EMIH (Equipo<br />

de Monitoreo Independiente de Honduras)<br />

schult Gewerkschaften, damit sich diese<br />

effektiv gegen Arbeitsrechtsverletzungen<br />

und ungerechtfertigte Entlassungen<br />

zur Wehr setzen können. Geme<strong>in</strong>sam mit<br />

EMIH fordern wir das Ende von Verfolgung<br />

und E<strong>in</strong>schüchterungen von Arbeiter*<strong>in</strong>nen<br />

und Gewerkschaften <strong>in</strong> der Melonenproduktion.<br />

Helfen Sie mit, die Repressionen zu beenden!<br />

Hier können Sie e<strong>in</strong>en Onl<strong>in</strong>e-Appell<br />

unterzeichnen:<br />

www.ci-romero.de/protestaktionen-appelle<br />

Bitte unterstützen Sie die Schulungen<br />

von EMIH mit e<strong>in</strong>er Spende.<br />

Stichwort »EMIH«<br />

Die Veröffentlichung des Infodienstes wurde mit Unterstützung der Europäischen Union<br />

ermöglicht. Für den Inhalt des Infodienstes ist alle<strong>in</strong> die CIR verantwortlich; der Inhalt kann<br />

<strong>in</strong> ke<strong>in</strong>er Weise als Standpunkt der Europäischen Union angesehen werden.<br />

presente 1/2018 29


Über uns<br />

Neues aus dem CIR-Team<br />

Patrick Niemann (36) hat e<strong>in</strong>ige Zeit im<br />

herze gow<strong>in</strong>ischen Mostar zu nachhaltiger<br />

regionaler Entwicklung gearbeitet. Der studierte<br />

Geograf hat darüber h<strong>in</strong>aus Mexiko-<br />

Erfahrung. Bei der CIR wird Patrick zu den<br />

Themen Spielzeugproduktion und Rohstoffe<br />

arbeiten. Er übernimmt die Elternzeitvertretung<br />

für Anna Backmann, die im März <strong>in</strong><br />

Mutterschutz geht. Wir freuen uns mit Anna<br />

auf ihr Baby!<br />

Tabitha Triphaus (29) die<br />

bei der CIR zu den Themen<br />

Nachhaltige Beschaffung<br />

und Fairer Handel arbeiten<br />

wird, hat Geografie und<br />

Politikwissenschaften studiert.<br />

Bis zum E<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong> unser Team war<br />

Tabitha bei der Evangelisch-Lutherischen<br />

Kirche <strong>in</strong> Oldenburg Projektleiter<strong>in</strong> des Programms<br />

„Zukunft E<strong>in</strong>kaufen“ für öko-faire<br />

Beschaffung.<br />

Jenny Brunner (27) beg<strong>in</strong>nt<br />

nun, nach ihrem Studium<br />

der Late<strong>in</strong>amerikanistik<br />

und Sozialwissenschaften,<br />

e<strong>in</strong> Volontariat bei uns.<br />

Jenny hat bereits e<strong>in</strong>ige<br />

Praktika im Umfeld der CIR absolviert, unter<br />

anderem <strong>in</strong> Nicaragua bei e<strong>in</strong>er unserer Partnerorganisationen.<br />

Für Jennys Vorgänger<strong>in</strong>,<br />

Verena Bax, ist das e<strong>in</strong>jährige Volontariat zu<br />

Ende gegangen. Wir s<strong>in</strong>d Verena sehr dankbar<br />

für ihre Mitarbeit und wünschen ihr von<br />

Herzen alles Gute für die Zukunft!<br />

IN EIGENER SACHE<br />

Unser Computer ist so programmiert, dass Spendenquittungen alle drei Monate ausgestellt werden. Sollten Sie 14 Tage nach<br />

Quartalsende trotzdem nichts von uns gehört haben, melden Sie sich bitte bei uns. Unsere Verwaltungsarbeit wird erleichtert, wenn<br />

Sie Ihren Namen, Ihre Anschrift und den Verwendungszweck Ihrer Spende deutlich angeben. E<strong>in</strong>e weitere Erleichterung ist die Ausstellung<br />

von E<strong>in</strong>zugsermächtigungen bei Dauerspender*<strong>in</strong>nen. Füllen Sie e<strong>in</strong>fach dieses Formular aus und senden Sie es uns zu.<br />

E<strong>in</strong>zugsermächtigung<br />

Ich unterstütze die Arbeit der CIR mit e<strong>in</strong>em Beitrag<br />

von<br />

Euro<br />

e<strong>in</strong>malig<br />

monatlich<br />

1/4 jährlich 1/2 jährlich jährlich<br />

bis auf Widerruf beg<strong>in</strong>nend am<br />

Verwendungszweck:<br />

Projektarbeit<br />

Öffentlichkeitsarbeit<br />

Projekt-/Öff.-Arbeit Fördermitgliedschaft<br />

Hiermit ermächtige ich die Christliche Initiative<br />

Romero e.V., den Betrag von me<strong>in</strong>em Konto durch Lastschrift<br />

e<strong>in</strong>zuziehen. Wenn me<strong>in</strong> Konto nicht ausreichend<br />

gedeckt ist, ist me<strong>in</strong> Geld<strong>in</strong>stitut nicht verpflichtet, den<br />

Betrag e<strong>in</strong>zulösen. Die SEPA-Lastschrift kann jederzeit<br />

mit sofortiger Wirkung widerrufen werden.<br />

Name, Vorname<br />

Strasse, Nr.<br />

IBAN / Konto-Nr.<br />

PLZ, Ort<br />

BIC / BLZ<br />

E-Mail<br />

Bank<br />

Datum, Unterschrift


BESTELLSCHEIN<br />

Alle angegebenen Preise zzgl. Versandkostenpauschale.<br />

Porto und Verpackung werden zusätzlich berechnet. Beachten Sie bitte, dass aus Platzgründen nicht alle Titel, die wir im Versand<br />

führen, <strong>in</strong> unserer presente erwähnt werden. All unsere Publikationen f<strong>in</strong>den Sie unter www.ci-romero.de/bestellen.<br />

Christliche Initiative Romero Euro Expl.<br />

Broschüre: Romero Stiftung<br />

gratis<br />

RomeroZeitung 2015 – anlässlich der<br />

Seligsprechung Romeros<br />

gegen<br />

Porto<br />

Werkmappe Romero: Falsche Propheten gibt<br />

es genug<br />

2,50<br />

Flyer: Maquila-Solidaritätsfonds<br />

gegen<br />

Faltblatt: CIR-Fördermitgliedschaft<br />

Faire öffentliche Beschaffung<br />

Flyer: Für faire Dienstbekleidung <strong>in</strong> Kommunen!<br />

Flyer: Sozial verantwortlicher E<strong>in</strong>kauf <strong>in</strong><br />

Kommunen – Diese Projekte zeigen, wie es geht<br />

Aktionszeitung: Wie fair kauft me<strong>in</strong>e Stadt?<br />

Leitfaden: Wegweiser zur sozial verantwortlichen<br />

Beschaffung <strong>in</strong> Kommunen<br />

Porto<br />

gegen<br />

Porto<br />

4,00<br />

Öko-sozialer kirchlicher E<strong>in</strong>kauf<br />

Infoblatt: Das öko-faire Gotteshaus<br />

gegen<br />

Aktionszeitung: Wie fair kauft me<strong>in</strong>e Kirche?<br />

Porto<br />

Leitfaden: Wie fair kauft me<strong>in</strong>e Kirche?<br />

E<strong>in</strong> Leitfaden zum ethischen Konsum <strong>in</strong> Kirchen<br />

5,00<br />

Kampagne „FrauenStimmen gegen Gewalt“<br />

DVD: „Jetzt habe ich e<strong>in</strong>e Stimme!“ Frauenorganisationen<br />

<strong>in</strong> Nicaragua (5 Kurzdokumentationen) 6,00<br />

spanisch deutsch<br />

Kampagne für Saubere Kleidung<br />

Aktionszeitung: #Modesünde – Fast Fashion gegen<br />

Infopaket: Saubere Kleidung<br />

Porto<br />

Set: E<strong>in</strong>gefädelt – Arbeitshilfe für Multiplikator*<strong>in</strong>nen 7,00<br />

Foto-Posterserie zur Bekleidungs<strong>in</strong>dustrie:<br />

„Nach St(r)ich und Faden“ (6 Poster)<br />

15,00<br />

H<strong>in</strong>tergrund: #SAUBEREKLEIDUNG<br />

gegen<br />

Faltblatt: Fit For Fair für Sportler*<strong>in</strong>nen und Vere<strong>in</strong>e Porto<br />

Werkmappe: Fit For Fair Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen<br />

<strong>in</strong> der weltweiten Sportbekleidungsproduktion<br />

5,00<br />

Werkmappe: Mode ohne Würde: Ausbeutung<br />

<strong>in</strong> der weltweiten Bekleidungs<strong>in</strong>dustrie.<br />

5,00<br />

Informationen, Strategien, Aktionen<br />

DVD: Nähen für den Weltmarkt 6,00<br />

Rohstoffe<br />

Studie: Mexiko – Gewaltrohstoffe für<br />

Deutschlands Industrie?<br />

4,00<br />

Studie: Diebstahl – Wie die Stahl<strong>in</strong>dustrie<br />

sich aus der Verantwortung stiehlt<br />

2,00<br />

Infopaket: Rohstoffe<br />

Flyer: Stop Mad M<strong>in</strong><strong>in</strong>g<br />

Aktionszeitung: Begrabene Menschenrechte -<br />

Bergbau <strong>in</strong> Mittelamerika und Mexiko<br />

Aktionszeitung: Rohstoffe auf<br />

Kosten von Mensch und Natur?<br />

Aktionszeitung: Banken und Bergbau<br />

Protestpostkarte: Deutsche Bank:<br />

Ke<strong>in</strong>e rücksichtslosen Rohstoffgeschäfte!<br />

NEU!<br />

beiliegend<br />

beiliegend<br />

gegen<br />

Porto<br />

Ethischer Konsum<br />

Infopaket: Ethischer Konsum<br />

Aktionsmaterial und Kund*<strong>in</strong>nenkarte:<br />

Tricksen Tarnen Täuschen<br />

Aktionskarte: Gaben & Begabungen teilen<br />

Werkmappe: Kaufwahn oder Konsumieren mit S<strong>in</strong>n? 5,00<br />

Prospektpersiflage:<br />

ALDI<br />

Was h<strong>in</strong>ter den Schnäppchen<br />

LIDL<br />

gegen<br />

steckt<br />

KIK<br />

EDEKA<br />

Porto<br />

Supermärkte<br />

Wegweiser durch das Label-Labyr<strong>in</strong>th 2,00<br />

EDEKA-Protestkarte:<br />

Wir ... auf Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen<br />

Quick Check: E<strong>in</strong>e schnelle Orientierung<br />

im Label-Labyr<strong>in</strong>th<br />

Poster: Das SuperMarkt-Wimmelbild<br />

Broschüre: DER WANDEL - Schattenseiten<br />

& Lichtblicke <strong>in</strong> der Orangensaftherstellung<br />

Infoblatt: Ausbeutung <strong>in</strong> Chicken Nuggets<br />

Bündniszeitung zum UN-Treaty:<br />

Menschenrechte vor Profit<br />

Aktionszeitung: Hauptsache billig?<br />

Die Eigenmarken der Discounter...<br />

Bildungs- und Aktionstasche mit 6 Kurzfilmen,<br />

10 Methodenblättern, vielen Aktionsmaterialien<br />

Name/Organisation<br />

Strasse, Nr.<br />

PLZ/Ort<br />

Tel./Fax<br />

E-Mail<br />

NEU!<br />

Datum, Unterschrift<br />

beiliegend<br />

NEU!<br />

NEU!<br />

gegen<br />

Porto<br />

12,00<br />

Studie: Unser täglich Fleisch 4,00<br />

Werkmappe: Supermärkte <strong>in</strong> die<br />

Verantwortung nehmen!<br />

3,00<br />

Geschenkideen<br />

Freundschaftsbändchen aus Guatemala 1,50<br />

Bunte Umhängetasche von GEPA aus recycelten<br />

Lebensmittelverpackungen im DIN A4-Format<br />

6,00<br />

Bunte Holzkreuze mit biblischen Motiven, von Kooperativen<br />

der Basisgeme<strong>in</strong>den El Salvadors, (versch. Größen)<br />

3 cm (Anhänger) 3,00<br />

13 cm 8,00<br />

20 cm 10,00<br />

29 cm 13,00<br />

Bitte schicken Sie mir den E-Mail-Newsletter der CIR zu.<br />

Christliche Initiative<br />

Romero (CIR)<br />

Schillerstraße 44a<br />

D-48155 Münster<br />

Telefon 0251 - 67 44 13 -0<br />

Fax 0251 - 67 44 13 -11<br />

cir@ci-romero.de<br />

www.ci-romero.de<br />

Bankverb<strong>in</strong>dung<br />

DKM Darlehnskasse Münster<br />

IBAN: DE67 4006 0265 0003 1122 00<br />

BIC: GENODEM1DKM


1 49<br />

490g/820g<br />

TOP-PREIS<br />

EKLIG<br />

Ananasscheiben<br />

- Verarbeitet <strong>in</strong> Thailand<br />

- Dort werden<br />

Wanderarbeiter*<strong>in</strong>nen<br />

aus Myanmar diskrim<strong>in</strong>iert<br />

und besitzen oft ke<strong>in</strong>e<br />

Arbeitsverträge<br />

BÖS & BILLIG<br />

Hühnchen-Nuggets<br />

Die brasilianischen Geflügelfänger*<strong>in</strong>nen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em System der Schuldknechtschaft gefangen! 1<br />

KNOCHEN-<br />

ARBEIT OHNE<br />

EXISTENZ-<br />

SICHERNDE<br />

LÖHNE<br />

1 99<br />

400g<br />

TOP-PREIS<br />

Die EDEKA-Gruppe – der freundliche<br />

Gigakonzern von nebenan<br />

»Wir lieben Lebensmittel« der Slogan steht nicht<br />

für den netten Tante-Emma-Laden, sondern für<br />

das größte von nur vier Unternehmen, die den<br />

deutschen Lebensmittelmarkt beherrschen. Die<br />

»E<strong>in</strong>kaufsgenossenschaft der Kolonialwarenhändler«,<br />

kurz EDEKA, verfügt über e<strong>in</strong> Netz<br />

aus über 13.000 Filialen, e<strong>in</strong>en Jahresumsatz von<br />

50 Milliarden Euro und kassiert jeden vierten<br />

Euro, den Verbraucher*<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> Deutschland<br />

für Lebens mittel ausgeben. Der Verbund setzt<br />

auf Marktdurchdr<strong>in</strong>gung: So unterhält EDEKA<br />

MACHEN SIE MIT!<br />

• Verteilen Sie das beiliegende EDEKA-<br />

Adbust <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er EDEKA-Filiale und <strong>in</strong> der<br />

Nachbarschaft!<br />

• Unterschreiben Sie die EDEKA-Protestkarte<br />

der CIR (siehe Bestellsche<strong>in</strong> auf<br />

S.31 oder onl<strong>in</strong>e)!<br />

• Oder twittern Sie mit #Wirliebenbillig<br />

und #EDEKA, dass Sie Ausbeutung zum<br />

Schnäppchenpreis ablehnen!<br />

<strong>in</strong>sgesamt 15 eigene Fleischwerke, betreibt 17<br />

regionale Großbäckereien und mit dem Unternehmen<br />

Sonnländer stellt EDEKA eigene Fruchtsäfte<br />

her. Der EDEKA-Verbund zählt außerdem<br />

mit <strong>in</strong>sgesamt 351.500 Mitarbeiter*<strong>in</strong>nen zu den<br />

größten Arbeitgeber*<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> Deutschland.<br />

Bei der Beschaffung setzt EDEKA auf Druck,<br />

spielt Zulieferer gegene<strong>in</strong>ander aus und droht<br />

mit Streichung aus dem Sortiment. Die Preise<br />

der 14.000 „Gut & Günstig“-Produkte orientieren<br />

sich an Aldi. Massive Arbeitsrechtsverletzungen<br />

s<strong>in</strong>d auch auf brasilianischen Orangenplantagen<br />

und <strong>in</strong> Schlachthäusern trauriger Alltag. Dies<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>direkte Folgen e<strong>in</strong>es Preisdrucks, den auch<br />

EDEKA auf Lieferanten ausübt. In die Kritik geriet<br />

der Verbund auch als Arbeitgeber: mieses Klima<br />

und schlechter Führungsstil bei der Tochter Netto.<br />

Beschäftigte wurden massiv unter Druck gesetzt,<br />

Werkarbeiter*<strong>in</strong>nen über Jahre wie Festangestellte<br />

e<strong>in</strong>gesetzt, ohne entsprechende Entlohnung.<br />

EDEKA darf nicht länger auf Kosten der<br />

Arbeiter*<strong>in</strong>nen Rekordgew<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>fahren, ohne<br />

Verantwortung zu übernehmen.<br />

Unterstützen Sie uns, die Kritik an den Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen<br />

<strong>in</strong> die Filialen und zu den Verantwortlichen<br />

<strong>in</strong> den Chefetagen zu tragen!<br />

Weitere Infos und Materialien auf www.ci-romero.de<br />

1) QUELLE: AUS PROSPEKT-PERSIFLAGE EDEKA © WIGWAM EG<br />

E<strong>in</strong>e Stimme für Gerechtigkeit<br />

Schillerstraße 44a<br />

D - 48155 Münster<br />

Tel. + 49 (0)251 - 67 44 13-0<br />

Fax + 49 (0)251 - 67 44 13 11<br />

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