03/2018
Fritz + Fränzi
Fritz + Fränzi
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Eine Frage – drei Meinungen<br />
Unsere Tochter ist 12 und lügt uns betreffend Hausaufgaben und<br />
Prüfungsnoten an. Seit acht Wochen hat sie uns keine Prüfungsblätter<br />
mehr zur Unterschrift gegeben. Auf unser Nachfragen gab sie zu,<br />
aus Angst nichts gesagt zu haben (ihre Noten sind abgesackt). Wir sind<br />
absolut ratlos – was empfehlen Sie uns? Daniela, 41, und Jörg, 46, Wangen BE<br />
Nicole Althaus<br />
Ich weiss nicht genau, was sie<br />
so absolut ratlos macht: die<br />
schlechten Noten der Tochter<br />
oder deren Angst, Ihnen die<br />
Prüfungsergebnisse zu<br />
zeigen? Mir würde das Zweite<br />
sehr viel mehr Sorge bereiten<br />
als die schlechten Noten. Ihre<br />
Tochter steht kurz vor dem<br />
Übertritt in die Oberstufe. Das ist für Kinder das erste<br />
Mal im Leben, in dem aufgrund von Leistung Weichen<br />
gestellt werden. Eine neue und auch stressvolle<br />
Erfahrung, die vielleicht das Absacken der Noten<br />
erklärt. Helfen Sie Ihrer Tochter im Umgang mit Stress<br />
und versuchen Sie möglichst nicht auch noch Druck<br />
aufzubauen. Er führt selten zu Glanzleistungen.<br />
Stefanie Rietzler<br />
In diesem Alter brechen bei<br />
vielen Jugendlichen die Noten<br />
ein. Oftmals machen ihnen<br />
der Übertritt und eine<br />
entsprechend strengere<br />
Bewertung zu schaffen.<br />
Manchmal entwickeln sich<br />
mit dem höheren Druck<br />
Prüfungsängste. Häufig treten<br />
durch die Pubertät andere Themen zeitweise in den<br />
Vordergrund, etwa neue Freundschaften, körperliche<br />
Veränderungen oder eine erste Verliebtheit.<br />
Signalisieren Sie Ihrer Tochter: Wir wissen, dass es<br />
solche Phasen geben kann. Wir sind für dich da und<br />
fänden es schön, wenn du auf uns zukommst, damit<br />
wir gemeinsam Lösungen finden können.<br />
Peter Schneider<br />
Erstens: Wie dramatisch<br />
sind die Noten denn<br />
abgesackt? Bringt es nicht<br />
vielleicht etwas, dass sie<br />
Ihrer Tochter erklären,<br />
daran könne man auch<br />
wieder etwas ändern, aber<br />
eine Katastrophe sei das<br />
jedenfalls nicht. Zweitens:<br />
Gibt es handfeste Gründe für die Verschlechterung<br />
(Liebeskummer, eine blöde Lehrerin, Krach mit der<br />
besten Freundin)? Helfen Sie, wo Sie helfen können,<br />
aber verfallen Sie nicht in übereifrigen Aktionismus.<br />
Versuchen Sie selber die Ruhe und Zuversicht und<br />
Sicherheit auszustrahlen, die Ihre Tochter im Moment<br />
nicht hat, aber braucht.<br />
Nicole Althaus, 49, ist Chefredaktorin Magazine,<br />
Kolumnistin, Autorin und Mitglied der<br />
Chefredaktion der «NZZ am Sonntag». Zuvor war<br />
sie Chefredaktorin von «wir eltern» und hat den<br />
Mamablog auf «Tagesanzeiger.ch» initiiert und<br />
geleitet. Nicole Althaus ist Mutter von zwei<br />
Kindern, 18 und 14.<br />
Stefanie Rietzler ist Psychologin, Autorin<br />
(«Erfolgreich lernen mit ADHS») und leitet die<br />
Akademie für Lerncoaching in Zürich.<br />
www.mit-kindern-lernen.ch<br />
Peter Schneider, 59, arbeitet als Psychoanalytiker<br />
und Kolumnist in Zürich. Bis 2017 war er Professor<br />
für Entwicklungs- und Pädagogische Psychologie<br />
in Bremen; zurzeit lehrt er Geschichte und<br />
Wissenschaftstheorie der Psychoanalyse in Berlin.<br />
Haben Sie auch eine Frage?<br />
Schreiben Sie eine E-Mail an:<br />
redaktion@fritzundfraenzi.ch<br />
Bilder: Anne Gabriel-Jürgens / 13 Photo, Pino Stranieri, HO<br />
74 März <strong>2018</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi