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03/2018

Fritz + Fränzi

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Elterncoaching<br />

Hilfe, mein Kind lügt!<br />

Wenn Kinder oder Jugendliche nicht die Wahrheit sagen, bricht für<br />

manche Eltern eine Welt zusammen. Sie fühlen sich hintergangen<br />

und reagieren teilweise mit einer Heftigkeit, die sie sonst nicht von<br />

sich kennen. Nicht selten stellen sie sich dann die Frage: Haben<br />

wir unser Kind falsch erzogen? Haben wir es nicht geschafft, ihm<br />

Werte beizubringen? Ist es am Ende ein schlechter Mensch?<br />

Fabian Grolimund<br />

ist Psychologe und Autor («Mit<br />

Kindern lernen»). In der Rubrik<br />

«Elterncoaching» beantwortet<br />

er Fragen aus dem Familienalltag.<br />

Der 38-Jährige ist verheiratet<br />

und Vater eines Sohnes, 5,<br />

und einer Tochter, 2. Er lebt<br />

mit seiner Familie in Freiburg.<br />

www.mit-kindern-lernen.ch<br />

www.biber-blog.com<br />

Eine Redewendung lautet:<br />

«Kindermund tut Wahrheit<br />

kund.» Allerdings<br />

nicht sehr lange. Bereits<br />

mit vier Jahren lernen<br />

Kinder zu «lügen». Anfangs sind die<br />

Lügen noch etwas plump: «Ich war’s<br />

nicht!», behaupten Vierjährige voller<br />

Inbrunst, obwohl man sie beobachtet<br />

hat.<br />

Bald schon werden die Täuschungen<br />

differenzierter. Die Kinder<br />

entwickeln etwas, das man in der<br />

Psychologie als «Theory of mind»<br />

bezeichnet: Sie lernen, dass andere<br />

Menschen einen anderen Informationsstand<br />

über die Welt haben als<br />

sie. Und sie entdecken, dass sie einer<br />

anderen Person falsche Informationen<br />

geben und damit deren Handeln<br />

beeinflussen können.<br />

Lügen verlangt Kindern einiges ab.<br />

Sie müssen beispielsweise ihre<br />

Mimik kontrollieren. Kindliches<br />

Flunkern ist ein Übungsfeld zur<br />

Entwicklung sozialer Kompetenzen.<br />

Wie spannend, wenn man plötzlich<br />

merkt, dass die Eltern nicht allwissend<br />

sind und man sie täuschen<br />

kann! Damit muss einfach experimentiert<br />

werden.<br />

Mein Sohn war viereinhalb Jahre<br />

alt, als er es das erste Mal geschafft<br />

hat, mich anzuflunkern, ohne dass<br />

ich es gemerkt habe. Stolz öffnete er<br />

die Hand, in der sich die Murmel<br />

befand und meinte: «Du hast es<br />

nicht herausgefunden! Ich habe<br />

nicht mehr so gemacht.» (Dabei<br />

schaute er mit den Augen zur Seite<br />

und grinste – davor ein untrügliches<br />

Zeichen, dass er schummelte.) Er<br />

hatte gelernt, ein Pokerface aufzusetzen.<br />

Lügen verlangt Kindern einiges<br />

ab. Sie müssen sich in ihr Gegenüber<br />

hineinversetzen, abwägen, welche<br />

Informationen die andere Person<br />

hat und welche sie ihr geben müssen,<br />

um glaubhaft zu sein – und sie<br />

müssen ihre Mimik kontrollieren. In<br />

diesem Sinne ist das kindliche Fabulieren<br />

und Flunkern auch ein<br />

Übungsfeld zur Entwicklung sozialer<br />

Kompetenzen.<br />

Flunkern, Täuschen und Fabulieren<br />

sind in der Phase von vier bis<br />

sechs/sieben Jahren Teil einer<br />

gesunden Entwicklung und kein<br />

Anlass zur Sorge. Langsam kann<br />

man in diesem Alter damit begin-<br />

Illustration: Petra Dufkova / Die Illustratoren<br />

50 März <strong>2018</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi

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