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Fritz + Fränzi

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Kolumne<br />

Erwünschtes Verhalten zu<br />

belohnen, ist Machtmissbrauch<br />

Viele Eltern wollen ihre Kinder heute nicht mehr bestrafen. Doch ist Belohnung<br />

die bessere Erziehungsmethode? Familientherapeut Jesper Juul sagt: Nein!<br />

Jesper Juul<br />

ist Familientherapeut und Autor<br />

zahlreicher internationaler Bestseller<br />

zum Thema Erziehung und Familien.<br />

1948 in Dänemark geboren, fuhr er<br />

nach dem Schulabschluss zur See, war<br />

später Betonarbeiter, Tellerwäscher<br />

und Barkeeper. Nach der<br />

Lehrerausbildung arbeitete er als<br />

Heimerzieher und Sozialarbeiter<br />

und bildete sich in den Niederlanden<br />

und den USA bei Walter Kempler zum<br />

Familientherapeuten weiter. Seit 2012<br />

leidet Juul an einer Entzündung des<br />

Rückenmarks und sitzt im Rollstuhl.<br />

Jesper Juul hat einen erwachsenen<br />

Sohn aus erster Ehe und ist in zweiter<br />

Ehe geschieden.<br />

Vor einiger Zeit habe<br />

ich einen Artikel<br />

über Belohnung als<br />

Teil der Kindererziehung<br />

verfasst. Meine<br />

Aussagen haben eine breite Debatte<br />

ausgelöst. Ich war sehr überrascht,<br />

wie viele Menschen glauben, dass es<br />

in Ordnung ist, Kinder zu belohnen,<br />

um als Erwachsener etwas von<br />

ihnen zu bekommen. Unter anderem<br />

stellte ich die Frage: Sollen Kinder<br />

belohnt werden, wenn sie höflich<br />

sind?<br />

Belohnen ist seit einiger Zeit als<br />

Erziehungsmethode auf dem Vormarsch<br />

und wird heute sowohl in<br />

Kindergärten als auch Schulen praktiziert.<br />

Aber tun wir unseren Kindern<br />

damit wirklich etwas Gutes?<br />

Um das zu beantworten, müssen wir<br />

zuerst unterscheiden: Wird das Kind<br />

für eine Leistung belohnt – in der<br />

Schule, beim Sport oder in der Theatergruppe?<br />

Oder für erwünschtes<br />

Verhalten – also wenn es sich den<br />

elterlichen Vorgaben gemäss verhält?<br />

Der zweite Fall, also das kind-<br />

Viele Eltern landen letztlich<br />

bei der Zuckerbrot-und-<br />

Peitsche-Methode.<br />

liche Verhalten durch Belohnung zu<br />

kontrollieren und zu steuern, ist<br />

meiner Meinung nach ein Machtmissbrauch.<br />

Andernfalls wäre es nur<br />

damit zu entschuldigen, dass viele<br />

Menschen immer noch glauben,<br />

dass Kinder sich absichtlich schlecht<br />

benehmen, um Erwachsene zu<br />

ärgern. Doch diese Theorie wurde<br />

vor mehr als 20 Jahren widerlegt.<br />

Immer mehr wollen<br />

Das Problem mit der Belohnungsmethode<br />

ist, dass sie tatsächlich oft<br />

funktioniert, ganz besonders bei einbis<br />

fünfjährigen Kindern. Jedoch<br />

meist nur für kurze Zeit. Dann stellen<br />

sich die Kinder darauf ein: Sie<br />

fordern eine immer grössere Belohnung<br />

oder reagieren gar nicht mehr<br />

darauf.<br />

Ein weiteres Problem ist, dass die<br />

Methode logischerweise nach<br />

Bestrafung verlangt, wenn die<br />

Belohnung nicht mehr funktioniert.<br />

Viele Eltern landen deshalb – trotz<br />

anfänglichem Widerwillen – letztlich<br />

bei der Zuckerbrot-und-Peitsche-Methode.<br />

In der Debatte nach meinem<br />

Artikel zeigten sich manche Eltern<br />

überzeugt, dass es unmöglich ist,<br />

Kinder ohne Strafe – heute wird oft<br />

das Wort «Konsequenz» benutzt –<br />

zu erziehen. Sie setzen auf Einschüchterung.<br />

Dies wird auch in der<br />

Schule oft so gemacht, wenn auch<br />

nicht in aktiver Art und Weise. Die<br />

Frage, ob Erziehen ohne Strafen<br />

Illustration: Petra Dufkova / Die Illustratoren<br />

46 März <strong>2018</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi

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