03/2018
Fritz + Fränzi
Fritz + Fränzi
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
«Für ein weiteres<br />
Buch fehlt mir<br />
die Kraft», sagt<br />
Remo Largo.<br />
>>> Sie haben recht, die soziale<br />
Kontrolle und damit der Druck in<br />
einem Dorf des 18. oder 19. Jahrhunderts<br />
war hoch. Die meisten Bewohner<br />
hatten schlichtweg keine andere<br />
Wahl, als dort zu leben. Diese Zeiten<br />
will keiner zurück. Mir schweben<br />
freiwillig eingegangene Gemeinschaften<br />
vor. Eine Gruppe von Menschen<br />
gründet beispielsweise eine<br />
Wohnbaugenossenschaft, an der<br />
man sich mit einem finanziellen Beitrag<br />
beteiligt. Man unterstützt sich<br />
gegenseitig bei der Kinder- oder<br />
Altenbetreuung, pflegt Hobbys und<br />
treibt gemeinsam Sport. Es müssen<br />
Lebensräume geschaffen werden, die<br />
viel Raum für Begegnungen lassen.<br />
Dafür müssen alle Bewohner, auch<br />
die Kinder, in die Planung der<br />
Gemeinschaft und deren Aktivitäten<br />
miteinbezogen werden.<br />
Nun gibt es solche Wohngemeinschaften<br />
hierzulande bereits. Jedenfalls<br />
in Ansätzen. Manche Menschen<br />
gehen darin auf – andere wollen so<br />
viel Nähe schlichtweg nicht, wünschen<br />
sich mehr Privatsphäre.<br />
Es soll auch niemand gezwungen<br />
werden, so zu leben. Wer möchte,<br />
kann weiterhin in seinem Einfamilienhaus<br />
mit eingezäuntem Garten<br />
wohnen bleiben. Aber alle anderen<br />
sollen die Möglichkeit bekommen,<br />
ein für sie passendes Leben führen<br />
zu können.<br />
Eine weitere Forderung, die Sie seit<br />
Jahren stellen, betrifft einen grundlegenden<br />
Umbau unseres Bildungswesens.<br />
Heute scheint das Bildungswesen<br />
nur eine Aufgabe zu haben: Arbeitskräfte<br />
für die Wirtschaft heranzuziehen.<br />
Unser Bildungswesen ist eine<br />
Planwirtschaft. Oben wird ein Lehrplan<br />
ausgeheckt, die Lehrer müssen<br />
ihn durchsetzen und die Kinder<br />
werden mit Prüfungen kontrolliert.<br />
Was Kinder, Eltern und Lehrer<br />
unglücklich macht. Das ist nicht das,<br />
was ich unter Bildung verstehe. Echte<br />
Bildung besteht darin, das Kind<br />
in all seinen Kompetenzen zu fördern,<br />
auch in den sozialen. Dafür<br />
müssen wir unser Menschenbild<br />
hinterfragen. Ich wünsche mir, dass<br />
aus einem Kind ein kompetenter<br />
Erwachsener mit einem guten<br />
Selbstwertgefühl und guter Selbstwirksamkeit<br />
wird, der sich der<br />
Gemeinschaft verpflichtet fühlt.<br />
Woran fehlt es?<br />
Das Traurige ist, dass sich die meisten<br />
jungen Erwachsenen heute nicht<br />
mehr spüren, weil ihnen von klein<br />
auf gesagt wurde, was sie zu tun<br />
haben. Die Kinder stehen unter ständigem<br />
Leistungsdruck, der sie demotiviert.<br />
Mit dem Resultat, dass wir<br />
am Ende junge Erwachsenen haben,<br />
die völlig fremdbestimmt sind und<br />
kein gutes Selbstvertrauen und keine<br />
gute Selbstwirksamkeit haben. Dabei<br />
wollen doch alle Kinder Leistungen<br />
erbringen. Wir sollten endlich darauf<br />
vertrauen, dass alle Kinder lernen<br />
wollen, aber in ihrem eigenen Tempo<br />
und auf ihre Weise.<br />
Fehlendes Zutrauen – ist das<br />
eine Ursache dafür, dass es vielen<br />
36 März <strong>2018</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi