Slavische Philologie - Archiv
: 70 T. Matiö, anderen Weg zu wählen, um am Hause des Hasan-Aga nicht vorbeigehen zu müssen, damit auf diese Weise das peinliche Wiedersehen der Mutter und ihrer Kinder vermieden werde. Der Bräutigam willigte ein und lud eine Menge vornehmer Gäste zur Hochzeit. Auf dem Rückwege aber verfehlten die Führer der Svati den Weg (!?!) und kamen gegen ihren Willen vor das Haus des Hasan-Aga. Die Kinder bemerkten ihre Mutter, liefen ihr entgegen — und jetzt folgt die erschütternde Schlußszene ungefähr so, wie sie im Original erzählt wird. Ob dadurch die »Übersetzung" wirklich besser und schöner geworden i), bezweifle ich sehr. Die Änderungen, die Nodier auch sonst vornahm, sind im allgemeinen von sehr problematischem Werte, so daß ich seine Femme d''Aaan vielmehr für eine freie, aber mißlungene Bearbeitung des Textes Fortis' halte. Die von Nodier vorgenommenen Abänderungen fallen umsomehr auf, als in der bereits erwähnten Analyse unserer Ballade, die 1813 im Telegraphe officiel erschien, gerade der Umstand, daß die Hasan- Aginica ihren Bruder bittet, er möge für sie vom Bräutigam einen langen Schleier verlangen, sehr lobend hervorgehoben und als eine Idee, die eines Vergil oder eines Racine würdig wäre , gepriesen wird : « Le Beg ordonne et eile obeit; mais eile met ä sa deference une condition admirablement sentie, et teile que Virgile et Racine n'en auroit pas dödaigne l'idöe, si eile s'etoit pröseutee ä eux dans quelque circonstance analogue Ecris au juge d'Imoski, dit-elle ä son frerc, fais-lui parvenir ma priere; Lorsqu'il viendra me chercher pour öpouse, Accompagne du peuple et des seigneurs, Qu il souflre au moins que je reste voilöe, Pour qu'en passant sous la maison d'Asan, Je me d(5gui3e aux yeux de ma famille Qui me demande et qui n'a plus de mere«. [Tel. off. 1S13, p. 135.] Es ist zu beachten, daß im Gegensatze zur Übersetzung in Prosa in der Ausgabe von Nodiers Werken aus dem Jahre 1832 die in der erwähnten Analyse vorkommenden Zitate aus der Hascm-agitiica in zehnsilbigen Versen (»pentametres blaues«) verfaßt sind und daß in denselben der Einschnitt nach der vierten Silbe genau beobachtet und sogar theoretisch hervorgehoben wird: »Quoique la cesure soit göneralement peu 1) Cf. Petroviös Bibliographie, p. 32.
: Prosper M6rim6e's Mystifikation kroat. Volkslieder. 71 marquöe dans la poösie Illyrique, eile est ici fixöe par la mesure et par le chant apres le deuxieme pied comme dans notre pentametre fran^ois, et il n'y a pas dans tout le poeme un seul enjambement qui contrario cette hypothese« (ib. p. 130). Über das Zustandekommen dieser Übersetzung selbst wird folgendes gesagt: »Comme je n'ai point entre les mains la traduction de Fortis qui a recueilli ce poeme, j'y supplörai, non Sans aide, mais par une traduction qui sera peut-etre plus litt^rale, car je consulte pour l'öcrire une personne simple, et qui rend le mot pour mot avec une veritd ^nergique et naive« (ib. p. 127). Auch wenn die Complainte de la noble femme d''Azan-Aga von jyjme g Panckoucke nicht unter ihren Übersetzungen aus Goethe erschienen wäre, würde schon der Titel des Gedichtes auf den Klaggesancj von der edeln Frauen des Asan Aga als Quelle hinweisen. Überhaupt — abgesehen von Dozon — sind alle französischen Texte dieser Balladen Übersetzungen aus zweiter Hand, da keine einzige unter ihnen unmittelbar aufs Original zurückgeführt werden kann, vorzugsweise aber gilt dies vom Texte der Complainte, die eigentlich eine Übersetzung aus vierter Hand wäre (Fortis—Werthes—Goethe—Panckoucke). Die Übersetzerin gab den Klaggesang frei wieder, dabei aber zeigte sie für das Gedicht wenig Verständnis und kam auf den unglücklichen Gedanken, an den Stellen, die ihr in Goethes Klaggesang unklar oder befremdend vorkamen, erläuternde Zusätze im Texte der Ballade selbst hinzuzufügen, beziehungsweise Änderungen vorzunehmen: Goethe Schamhaft säumt sein Weib zu ihm zu kommen. Panckoucke: Sa femme, retenue par une timidite excessive, Goethe Panckoucke: . tarde ä se rendre prfes de lui. Stand die Treue starr und voller Schmerzen, Hört der Pferde Stampfen vor der Türe . . . . . eile tombe evanome de douleur. Le bruit d''un cheval qu'elle entend luitfait recouvrer Vusage de ses sens . . . Goethe Schweigt der Bruder, ziehet aus der Tasche, Eingehüllet in hochrote Seide, Ausgefertiget den Brief der Scheidung . . . Panckoucke: Le frere se tait et concentre sa fureur. Pour comhle d'humiliation, c^est lui-meme qu^Azan-Aga a Charge de la lettre de Separation.
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Der Bräutigam willigte ein und lud<br />
eine Menge vornehmer Gäste zur Hochzeit. Auf dem Rückwege aber<br />
verfehlten die Führer der Svati den Weg (!?!) und kamen<br />
gegen ihren Willen vor das Haus des Hasan-Aga. Die Kinder<br />
bemerkten ihre Mutter, liefen ihr entgegen — und jetzt folgt die erschütternde<br />
Schlußszene ungefähr so, wie sie im Original erzählt wird.<br />
Ob dadurch die »Übersetzung" wirklich besser und schöner geworden i),<br />
bezweifle ich sehr. Die Änderungen, die Nodier auch sonst vornahm,<br />
sind im allgemeinen von sehr problematischem Werte, so daß ich seine<br />
Femme d''Aaan vielmehr für eine freie, aber mißlungene Bearbeitung<br />
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Die von Nodier vorgenommenen Abänderungen fallen umsomehr<br />
auf, als in der bereits erwähnten Analyse unserer Ballade, die 1813 im<br />
Telegraphe officiel erschien, gerade der Umstand, daß die Hasan-<br />
Aginica ihren Bruder bittet, er möge für sie vom Bräutigam einen langen<br />
Schleier verlangen, sehr lobend hervorgehoben und als eine Idee, die<br />
eines Vergil oder eines Racine würdig wäre<br />
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ordonne et eile obeit; mais eile met ä sa deference une condition admirablement<br />
sentie,<br />
et teile que Virgile et Racine n'en auroit pas dödaigne<br />
l'idöe, si eile s'etoit pröseutee ä eux dans quelque circonstance analogue<br />
Ecris au juge d'Imoski, dit-elle ä son frerc, fais-lui parvenir ma priere;<br />
Lorsqu'il viendra me chercher pour öpouse,<br />
Accompagne du peuple et des seigneurs,<br />
Qu il souflre au moins que je reste voilöe,<br />
Pour qu'en passant sous la maison d'Asan,<br />
Je me d(5gui3e aux yeux de ma famille<br />
Qui me demande et qui n'a plus de mere«.<br />
[Tel. off. 1S13, p. 135.]<br />
Es ist zu beachten, daß im Gegensatze zur Übersetzung in Prosa in<br />
der Ausgabe von Nodiers Werken aus dem Jahre 1832 die in der erwähnten<br />
Analyse vorkommenden Zitate aus der Hascm-agitiica in zehnsilbigen<br />
Versen (»pentametres blaues«) verfaßt sind und daß in denselben<br />
der Einschnitt nach der vierten Silbe genau beobachtet und sogar theoretisch<br />
hervorgehoben wird: »Quoique la cesure soit göneralement peu<br />
1) Cf. Petroviös Bibliographie, p. 32.