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Slavische Philologie - Archiv

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Prosper Merim^e's Mystifikation kroat. Volkslieder. 55<br />

Das Höchste aber in<br />

dieser Beziehung hat er wohl in seiner Anmerkung<br />

zur Ballade Les pohratimi geleistet: »Je suppose quecette chanson, dont<br />

on a donnö un extrait dans une revue anglaise, a foumi ä l'auteur du<br />

Theätre de Clara Gazul l'idee de L'amour africahw ^) sagt M^rim^e,<br />

und man muß bedenken, daß eben dieses Theätre de Clara Gazul^<br />

comedienne espagnole ebenfalls seine eigene, zwei Jahre vor der Guzla<br />

(1825) erschienene Mystifikation ist.<br />

Sonst begegnet man in der Guzla recht sonderbaren Motiven, die<br />

bald an Orient, bald an den mittelalterlichen Okzident erinnern. Sehr<br />

interessant ist die Ballade La helle Helene. Die sonderbare Schwangerschaft<br />

Hölenens, die vorangegangenen Zaubereien mit der Kröte, sowie<br />

der tote Kopf, der spricht und Bösewichte verrät, sind lauter Motive,<br />

die einem, der etwas aus den orientalischen und mittelalterlichen Märchen<br />

gelesen hat, als alte Bekannte begegnen. Oder wenn in Seigneur Mercure<br />

eine Ambraschnur dem Manne als<br />

ein Beweis der ehelichen Treue<br />

seiner Gattin gelten soll, und in der Ballade Vaviant en bouteille die<br />

schöne Khava ihren Geliebten in einem Fläschchen eingesperrt hält —<br />

atmet man da etwa nicht die reinste Luft aus Tausend und eitler Nacht f<br />

Auch dem bekannten Calmet verdankt M^rimöe vielfach Anregungen zu<br />

ähnlichen Geschichten. In seinem Traite (11. 152) wird erzählt, ein gewisser<br />

Polycrites aus Aetolien sei nach seinem Tode als Gespenst zurückgekommen,<br />

habe sein eigenes mißgestaltetes Kind aufgefressen und nur<br />

den Kopf gelassen : » . . . . mais la tete de l'enfant commenga ä parier et<br />

ä leur prödire les malheurs qui devaient arriver ä leur pati-ie et ä sa<br />

propre mere.« Ganz analog ist die darauf folgende Erzählung (II. 153)<br />

von einem Soldaten des Augustus, mit dem Namen Gabinius, der im Kriege<br />

mit Sextus Pompeius soll enthauptet worden sein »en sorte que la tete<br />

tenait au cou par un petit filet. « Gegen Abend hörte man ein Ächzen<br />

und Stöhnen: »On accourut; il dit qu'il etait retournö des enfers pour<br />

döcouvrir ä Pomp^e des choses tr^s importantes .... que les Dieux d'en<br />

haut avaient exauce les destins de Pompee; qu'il reussirait dans ses desseins.<br />

Aussitot qu'il eut ainsi parle, il tomba raide mort.« — Nach der<br />

erwähnten Ballade Vamant en bouteille sagt Merimee selbst, daß bei<br />

B. Bekker^) über einen ähnlichen, angeblich in Polen 1597 vorgekommenen<br />

Fall berichtet wird, und veröffentlicht worttreu diese Erzählung als<br />

1) Nur in der Ausgabe 1827; in der neuen ausgelassen.<br />

2) B.Bekker, Le monde enchante. Trad. du hollandais. Amsterdam 1694.<br />

4 Bde. (k. u. k. Hofbibliothek in Wien).

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