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Slavische Philologie - Archiv

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612 Kritischer Anzeiger.<br />

Rationalismns) eine naive Einfalt und ein warmer Glaube. Dositheus glaubt<br />

fest an die Glückseligkeit des aufgeklärten Menschen. Seine Begeisterung<br />

für die Aufklärung und das Wissen gleicht einem Kult, einer S ch wärmerei.<br />

Wie ein mittelalterlicher Ritter durchzieht er ganz Europa auf der Suche nach<br />

seinem Ideal, dem Wissen. Die Wißbegierde gleicht bei Dositheus einem<br />

Wahn: Sta je covek, kad ga kakva strast preuzme, kad kakvo mectanije uma<br />

uzeze mu mozak, j'odbuni srce i ucini, da sva ki'v u njemu uzavril (I, 74). Damit<br />

ist Dositheus' Fanatismus hinreichend gekennzeichnet. Und der wurzelt<br />

nicht nur in seiner Natur, sondern auch in jener mönchischen Ekstase, die<br />

durch Heiligenlegenden und dergl. Lektüre bei ihm früh ausgelöst wurde.<br />

Durch Dositheus" Sprache dringt immer jener weinerlich- demütige<br />

Ton eines Klosterbruders hindurch. Er schreibt oft mit Tränen : »Prolivaju<br />

oci moje slatkosrdecne suze pripoznanstva i blagodarnosti, kad god razmisljam<br />

veliku milost nebesnog promisla« (T, 3).<br />

Konstant fließt aus Dositheus' Feder eine gewisse rührende Dankbar<br />

keit;<br />

Dositheus bevorzugt Redewendungen mit hlago, ÄZö^^o-potreban, blagopolucno,<br />

blagorodstvo, blagopocivajuci etc.) und eines seiner beliebten<br />

Schlagworte ist hlagodeteJJ. Und besonders dieser Ausdruck (Mild- oder Wohltätigkeit)<br />

kennzeichnet Obradovic' Barfüßertum: er lebt sein ganzes Leben<br />

hindurch von milden Gaben wohltätiger Freunde.<br />

Spezifisch mönchisch ist auch der vorwiegend moralisierende Ton<br />

seiner Schriften. Die Tugend spielt zwar auch in der Aufklärungsliteratur<br />

eine große Rolle {^a vertu bei Marmontel u. a.), aber bei Dositheus ist sie<br />

geradezu eine Vorschule zur Vollkommenheit und Heiligkeit. Er selbst übt<br />

und empfiehlt die Tugend, stellt sich aber dabei als Sünder hin. Und sein<br />

Vorwort an den Leser wiederholt jene Wendung, die wir mit hundert Andachtsbüchern<br />

unserer mönchischen Literatur belegen können: Ako gdi bude<br />

sto pogreseno molim i prosim vasu dobrotu i covekoljublje, da oprostite slabosti<br />

mojoj ; sam je Bog bez pogreske i bez nedostatka (I, 15).<br />

Auch sein Wortgebrauch ist nonnenhaft herzlich-süßlich. Er spricht<br />

>8 gorecim i punim Ijubavi srcem«, die Freundschaft ist ihm »süß« (I, 15), er<br />

denkt >prostoserdecno< (I, 13) und vergießt Tränen >slatkoserdecne« [l, 3).<br />

Wohl ist hier auch mit einer Einfüllung literarischer Sentimentalität<br />

zurechnen, aber gewiß fand sie in Dositheus einen von Haus aus »zu ihr<br />

disponierten« Vertreter.<br />

Zwischen ihm und einem anderen serbokroatischen Aufklärer der Zeit<br />

Relkovic, ist gerade hierin der Unterschied zu suchen. (Ich weiß nicht<br />

in welcher Weise Lj. Dvomikovic beide auseinanderhielt, als er sie in<br />

der Sarajever Na da verglich.) Der Offizier Relkovic ist ein Aufklärer,<br />

der sein Volk materiell und bürgerlich -sittlich fördert — Dositheus, der<br />

Mönch, verfolgt eine vorwiegend ethische und allgemein menschliche<br />

Tendenz.<br />

Und so vertritt D. Obradovic eine besondere Spezialität der Aufklärung,<br />

einen gewissen humanen Rationalismus, der nicht zu verkennende mönchische<br />

Züge verrät.<br />

Das sollte gegenüber der einseitig aufklärerischen Charakteristik immer

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