Slavische Philologie - Archiv

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: 604 Kritischer Anzeiger. Er war ein echter Romantiker, der alte Burgen, Kerker, Luna und Liebe besang; geborstener Harfe Ton durchzitterte seine Poesie. Er ist der Vertreter des cechischen Byronismus, dabei ein glühender Verehrer der polnischen Literatur, Grillparzers und Schillers.« (Diese wenigen — übrigens sehr allgemein und oberflächlich gehaltenen— Sätze sind alles, was hierüber Karel Hynek Mächa gesagt wird, welcher in der vormärzlichen Zeit fast ganz vereinzelt dasteht und daher nach meiner Ansicht mit Unrecht in diesem Paragraphen — außerdem eingekeilt zwischen Celakovsky und KoUär — erscheint, weil er bereits dem folgenden Zeitabschnitt als dessen Herold angehört [samt seinen beiden Verehrern Koubek und Nebesky, von denen der eine hier auf Seite 41 bloß als Literarhistoriker ganz flüchtig berührt wird und der andre schon auf Seite 30 gelegentlich des polnischen Schrifttums nur als Kenner Galiziens Beachtung findet]. Weit ausführlicher als hier in der eigentlichen Geschichte der cechischen Literatur wird von diesem Dichter [und später auch von Kollär] schon in Band I in der »Slavischen Wiedergeburt und ihren Ursachen« erzählt, was aufjeden Fall zu vermeiden war; dort heißt es nämlich auf Seite 165 >Wie ein Blitz flammte der Byronismus in der cechischen Literatur auf. Eine nachhaltige Wirkung übte er nicht aus; aber er erschien in dem früh verstorbenen Karl Hynek Mächa (1810— 1836) verkörpert, der in seinem >Mhj« selbst Byronische Szenerie in Anwendung brachte. Neue, große Gedanken, die der junge Dichter aus der polnischen Literatur kennen gelernt hatte, durchglühten dessen Brust; er war zum Dichter [166] geboren, aber die damaligen Schriftsteller und Kritiker verstanden den Aufschwung in seiner Poesie nicht; die an böhmischer Scholle klebenden Altpatrioten konnten den kampflustigen Romantiker nicht begreifen, der sich in den > Zigeunern« einen gar ungewöhnlichen Stoff gewählt hatte. — Mächa wurde verkannt, vergessen ; erst der Neuromantismus der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre würdigte seine Bedeutung. Hierauf bildete sich ein Kultus der Persönlichkeit Mächas heraus . . .«) Unmittelbar hernach wird uns mitgeteilt: »Einen geradezu verblüffenden Erfolg und eingreifenden Einfluß auf die Literatur wie kein anderer Dichter vor und nach ihm erzielte Jan Kollär mit seiner philosophisch-historisch-politisch-slavischen Epopöe »SIävy dcera«( Tochter der Slavia), deren mächtig ergreifender > Vorgesang« in den zwanziger Jahren alles bezauberte . . .« (Dem von Karäsek geschaffenen »schmückenden« Beiwort dieser Dichtung wird man mit Recht Geschmacklosigkeit vorhalten; ebenso zweifellos hätte der Name der vermeintlichen Göttin Släva auch in der Übersetzung des Buchtitels unverändert bleiben sollen.) Weiter lesen wir auf Seite 47: »Das Werk [»Slävas Tochter«], dem Dantes »Göttliche Komödie« zum Vorbilde gedient hatte, zerfällt in einen Vorgesang in Hexametern und in fünf Gesänge, die aus Sonettenzyklen bestehen. Wie Beatrice Dante, so führt Milka, die Tochter des Pastors in Lobda, den Dichter in jene Gefilde Deutschlands, die einstens von Slaven bewohnt waren. Ein Rückblick auf das Leben der Slaven in den ehemaligen Wohnstätten an der Elbe, Saale, Moldau, dem Rheine und an der Donau — wonach die ersten drei Gesänge betitelt sind — begeistert den Dichter zu einer wahren Verherrlichung der slavischen Friedensliebe im Gegensatze zu den kampflustigen Deutschen. Milka geleitet

Karäsek, Slavische Literaturgeschichte, angez. von Sutnar. 605 ihn in den slavischen Himmel Lethe, wo die Mutter Slavia mit ihren Töchtern thront. Hier begrüßt er hervorragende slavische Geister, ja sogar Männer fremder Völkerschaften, welche den Slaven gut gesinnt waren, so: Grimm, Herder, Adelung, Schlözer, Goethe u. a. In den >Acheron« aber verbannt er alle Feinde und verräterischen Söhne der Slavia.« (Der Vorgesang ist in Distichen [nicht: Hexametern] abgefaßt. Die Pastorstochter trägt in der Dichtung als Tochter Slävas den Namen Mina [nicht: Milka], aber den Führerdienst durch die einstmals slavischen Länder versieht nicht sie, sondern Milek [der slavisierte Amor] ; bei Karäsek ist Mina mit Milek zusammengeschmolzen zu Milka. Die fünf Gesänge des Gedichtes heißen: L Saale, IL Elbe, Rhein, Moldau, III. Donau, IV. Lethe, V. Acheron [vgl. damit oben die falsche Reihenfolge Karäseks!]; im slavischen Himmel thront Mutter Släva mit ihren Verehrern, Töchtern und Söhnen, allein der Dichter wird mit diesem und der slavischen Hölle Acheron nur mittelbar durch die Mitteilungen der diese Reiche durchschreitenden Mina bekannt. Über das andre Hauptwerk Kollärs erfahren wir in Band I in der »Slavischen Wiedergeburt und ihren Ursachen« auf Seite 172; >Kollär gab seine Grundsätze im Jahre 1836 slovakisch und deutsch heraus; er verlangte vom gebildeten Slaven die Kenntnis aller slavischen Sprachen, Literaturen und deren Geschichte, gegenseitige Liebe, Eintracht und Nachsicht. All dies bezeichnet Kollär mit dem Namen »slavische Wechsel- oder Gegenseitigkeit« [in Band II auf Seite 46 bloß: »slavische Wechselseitigkeit«] . . .« Diese Schrift erschien in Buchform 1837 deutsch unter dem Titel »Über die literarische Wechselseitigkeit zwischen den verschiedenen Stämmen und Mundarten der slavischen Nation«, nachdem sie weniger ausführlich bereits ein Jahr vorher cechisch [nicht: slovakisch] in einer Zeitschrift veröffentlicht worden war; hat doch Karäsek selbst schon auf Seite 154 gelegentlich des slovakischen Schrifttums in der »Allgemeinen Charakteristik der slavischen Literaturen im 19. Jahrhundert« ausdrücklich betont, daß »die größten Söhne der Slovakei, Safarik und Kollar«, »der cechischen Schreibweise getreu« »blieben«!) Endlich begegnen wir in demselben Artikel auf Seite 48 noch folgenden Worten: »Kollär wirkte trotz der schwierigen Verhältnisse unerschrocken als Führer der Slovaken in Pest; er verstand es, mit der Feder für seine Überzeugung einzutreten, und wollte die Stellung der Slovaken nach seinen Grundsätzen verbessern, denen er Ausdruck gab, als er im Jahre 1849 als Vertrauensmann der Regierung für slovakische Angelegenheiten nach Wien berufen wurde.« (An dieser Stelle war selbstverständlich — wenigstens im Hinblick auf den deutschen Leserkreis — zu bemerken, daß Kollär in Wien um dieselbe Zeit zum Universitätsprofessor der slavischen Altertumswissenschaft ernannt und bald darauf zu Grabe getragen wurde. Auch sonst ist dieser Paragraph überreich an Lücken: Es fehlen nämlich neben andern J. z Hvezdy [J. J. Marek], P. Chocholousek, J. J. Langer und F. J. Rubes gänzlich; Vocel wird [als Wocel!] bereits in Band I unter den Polen auf Seite 120 bloß vergleichnngsweise herangezogen ; Klicpera mit Tyl kommen gleichfalls nur in Band I vor, und zwar in der »Allgemeinen Charakteristik der slavischen Literaturen im 19. Jahrhundert« auf Seite 158 ausschließlich als Dramatiker [übrigens soll es dort heißen: ». . .Vaclav Kliment Klicpera und Josef Kajetän

Karäsek, <strong>Slavische</strong> Literaturgeschichte, angez. von Sutnar. 605<br />

ihn in den slavischen Himmel Lethe, wo die Mutter Slavia mit ihren Töchtern<br />

thront. Hier begrüßt er hervorragende slavische Geister, ja sogar Männer<br />

fremder Völkerschaften, welche den Slaven gut gesinnt waren, so: Grimm,<br />

Herder, Adelung, Schlözer, Goethe u. a. In den >Acheron« aber verbannt er<br />

alle Feinde und verräterischen Söhne der Slavia.« (Der Vorgesang ist in<br />

Distichen [nicht: Hexametern] abgefaßt. Die Pastorstochter trägt in der Dichtung<br />

als Tochter Slävas den Namen Mina [nicht: Milka], aber den Führerdienst<br />

durch die einstmals slavischen Länder versieht nicht sie, sondern Milek [der<br />

slavisierte Amor] ; bei Karäsek ist Mina mit Milek zusammengeschmolzen zu<br />

Milka. Die fünf Gesänge des Gedichtes heißen: L Saale, IL Elbe, Rhein, Moldau,<br />

III. Donau, IV. Lethe, V. Acheron [vgl. damit oben die falsche Reihenfolge<br />

Karäseks!]; im slavischen Himmel thront Mutter Släva mit ihren Verehrern,<br />

Töchtern und Söhnen, allein<br />

der Dichter wird mit diesem und der slavischen<br />

Hölle Acheron nur mittelbar durch die Mitteilungen der diese Reiche durchschreitenden<br />

Mina bekannt. Über das andre Hauptwerk Kollärs erfahren wir<br />

in Band I in der »<strong>Slavische</strong>n Wiedergeburt und ihren Ursachen« auf Seite 172;<br />

>Kollär gab seine Grundsätze im Jahre 1836 slovakisch und deutsch heraus;<br />

er verlangte vom gebildeten Slaven die Kenntnis aller slavischen Sprachen,<br />

Literaturen und deren Geschichte, gegenseitige Liebe, Eintracht und Nachsicht.<br />

All dies bezeichnet Kollär mit dem Namen »slavische Wechsel- oder<br />

Gegenseitigkeit« [in Band II auf Seite 46 bloß: »slavische Wechselseitigkeit«]<br />

. . .« Diese Schrift erschien in Buchform 1837 deutsch unter dem Titel »Über<br />

die literarische Wechselseitigkeit zwischen den verschiedenen Stämmen und<br />

Mundarten der slavischen Nation«, nachdem sie weniger ausführlich bereits ein<br />

Jahr vorher cechisch [nicht: slovakisch] in einer Zeitschrift veröffentlicht<br />

worden war; hat doch Karäsek selbst schon auf Seite 154 gelegentlich des<br />

slovakischen Schrifttums in der »Allgemeinen Charakteristik der slavischen<br />

Literaturen im 19. Jahrhundert« ausdrücklich betont, daß »die größten Söhne<br />

der Slovakei, Safarik und Kollar«, »der cechischen Schreibweise getreu«<br />

»blieben«!) Endlich begegnen wir in demselben Artikel auf Seite 48 noch<br />

folgenden Worten: »Kollär wirkte trotz der schwierigen Verhältnisse unerschrocken<br />

als Führer der Slovaken in Pest; er verstand es, mit der Feder für<br />

seine Überzeugung einzutreten, und wollte die Stellung der Slovaken nach<br />

seinen Grundsätzen verbessern, denen er Ausdruck gab, als er im Jahre 1849<br />

als Vertrauensmann der Regierung für slovakische Angelegenheiten nach Wien<br />

berufen wurde.« (An dieser Stelle war selbstverständlich — wenigstens im<br />

Hinblick auf den deutschen Leserkreis — zu bemerken, daß Kollär in Wien um<br />

dieselbe Zeit zum Universitätsprofessor der slavischen Altertumswissenschaft<br />

ernannt und bald darauf zu Grabe getragen wurde. Auch sonst ist dieser Paragraph<br />

überreich an Lücken: Es fehlen nämlich neben andern J. z Hvezdy<br />

[J. J. Marek], P. Chocholousek, J. J. Langer und F. J. Rubes gänzlich; Vocel<br />

wird [als Wocel!] bereits in Band I unter den Polen auf Seite 120 bloß vergleichnngsweise<br />

herangezogen ; Klicpera mit Tyl kommen gleichfalls nur in<br />

Band I vor, und zwar in der »Allgemeinen Charakteristik der slavischen Literaturen<br />

im 19. Jahrhundert« auf Seite 158 ausschließlich als Dramatiker<br />

[übrigens soll es dort heißen: ». . .Vaclav Kliment Klicpera und Josef Kajetän

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