Slavische Philologie - Archiv
50 T. Matiö, er sie beinahe erwüi'ge. Wer von einem Vampir verfolgt und geplagt sterben sollte, werde seinerseits auch zu einem Vampir. Die einen glauben, daß das Vampirwerden eine Strafe Gottes sei, die anderen wieder, daß es das Schicksal mit sich bringe, doch die am meisten verbreitete Ansicht sei, daß die in der eingesegneten Erde begrabenen Schismatiker und Exkommunizierten dort keine Ruhe finden könnten und sich deswegen an den Lebenden rächen wollten. Die Anzeichen des Vampirismus seien: die Leiche könne im Grabe nicht verwesen, das Blut bleibe rot und flüssig, die Körperglieder behielten ihre Beweglichkeit, die Augen seien aufgemacht, die Nägel und die Haare wüchsen und manchmal höre man aus dem Grabe eines solchen Vampirs ein Geräusch, welches daher komme, daß der Tote im Grabe die Erde und alles um sich, oft auch das eigene Fleisch fresse. Als das erfolgreichste Mittel gegen die Verfolgungen der Vampire empfehle man, den Toten zu enthaupten und dann zu verbrennen. Wenn der Vampir jemanden schon am Halse gebissen und Blut gesogen haben sollte, dann sei es am besten, den ganzen Körper und insbesondere die Wunde mit der Mischung des Blutes des Vampirs und der Erde aus seinem Grabe zu reiben. — Nach diesen allgemeinen Angaben folgen nun bei Mörimöe »quelques histoires de vampires rapportees par Dom Calmet dans son Ti'aite sur les apparitions des esprits et sur les vampires a (p. 221). Um auch seinerseits zu diesen haarsti'äubenden Geschichten beizusteuern, erzählt imser Dichter eine recht sonderbare Geschichte, die er in Varboska bei Vorgoraz selbst erlebt haben soll. Ein junges Mädchen namens Khava sei in der Nacht von einem Vampir am Halse gebissen worden ; alle angewendeten Mittel hätten nichts geholfen : umsonst habe man den Körper des Vampirs verbrannt und mit dem Blute aus seinem Sarge den Hals Khavas gerieben, umsonst ihr um den Hals Amuletten gehängt. Mörimee habe sich nun selbst als Krankenwärter angeboten, in der Hofl'nung, daß die Kranke am sichersten genesen würde, wenn sie von ihrer fixen Idee geheilt werden könnte. Er habe sich — fährt er fort — so gestellt, wie wenn er ihren Glauben an die Verfolgungen der Vampire teilen würde, und dem Mädchen versprochen, durch seine Zauberkünste ihrem Übel abzuhelfen. Er habe den Hals des Mädchens mit den Fingern stark gerieben, dabei Verse Racines, die er auswendig konnte, gesprochen und endlich dem Mädchen einen kleinen Achatstein, den er zwischen seinen Fingern versteckt hatte, gezeigt, indem er ihr versicherte, daß er dieses Ding aus ihrem Halse herausgenommen und sie dadurch gerettet habe. Die Kranke habe ihm aber ganz traurig erwidert: »Tu
1 Prosper Merimee's Mystifikation kroat. Volkslieder. 5 me trompes; tu avais cette pierre dans une petita boite, je te l'ai vue. Tu n'es pas un magicien. « Kurz nachher sei Khava ihrem Leiden unterlegen. Gegenüber dieser umfangreichen Einleitung über die Vampire finden wir in Fortis Viaggio darüber nur einige Zeilen: »Credono anche verissima l'esistenza dei Vampiri; e loro attribuiscono, come in Transilvania, il succhiamento del sangue dei fanciulli. Aller che muore un uomo sospetto di poter divenire Vampire, o Vukodlak, com' essi dicono, usano di taglairli i garetti, e pungerlo tutto colle spüle, pretendendo che dope queste due operazioni egli non possa piü andar girando. Accade talvolta, che prima di morire qualche Morlacco preghi gli Eredi suoi, e gli obblighi a trattarlo come Vampiro, prima che sia posto in sepoltura il suo cadavere, prevedendo di dover avere gi'an sete di sangue fanciullesco«^). Merimee hatte nun über diesen Gegenstand andere Quellen, die er in seinen Balladen benützte. Es gelang mir, das von ihm erwähnte Werk Calmets zu bekommen 2). Der Autor schrieb über diese Erscheinungen im Glauben an ihre Existenz und brachte eine stattliche Sammlung von verschiedensten Beispielen dieser Art zu stände. «Dans ce siecle une nouvelle scene s'offre ä nos yeux depuis environ soixante ans dans la Hongrie, la Moravie, la Sil^sie, la Pologne: on voit, dit-on, des hommes morts depuis plusieurs mois revenir, parier, marcher, infester les villages, maltraiter les hommes et les animaux, sucer le sang de leurs proches, les rendre malades et enfin leur causer la mort; en sorte qu'on ne peut se delivrer de leurs dangereuses visites et de leurs infestations, qu'en les exhumant, les empalant, leur coupant la t6te, leur arrachant le cceur ou les brülant. On donne ä ces Revenants le nom d'Oupires ou Vampires« ^). Auch der in der Ballade Jeannot für die Bezeichnung der Vampire vorkommende Name hrucolaque und der Glaube, daß die Schismatiker in einem rechtgläubigen Friedhofe nicht verwesen könnten, wird von Calmet erwähnt: »La creance des nouveaux Grecs, qui veulent que les corps des excommunies ne pourrissent point dans leurs tombeaux, est une opinion qui n'a nul fondement . . . .«*). »Les Brucolaques de la Grece et de 1'Archipel sont encore des Revenants d'une nouvelle espece .... mächent dans leurs tombeaux et fönt un bruit ä peu pres semblable ä celui que les porcs fönt 1) Viaggio, p. 64. -) Dom Augustin Calmet, Traite sur les apparitions des esprits et sur les vampires ou les revenants de Hongrie, Moravie etc. Paris 1751 (2 Bände; in der k. k. Hofbibliothek zu Wien]. 3) Calmet, o. c, t. II, p. V. ") it,., t. II, p. VUI. 4*
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T. Matiö,<br />
er sie beinahe erwüi'ge. Wer von einem Vampir verfolgt und geplagt<br />
sterben sollte, werde seinerseits auch zu einem Vampir.<br />
Die einen glauben,<br />
daß das Vampirwerden eine Strafe Gottes sei, die anderen wieder, daß<br />
es das Schicksal mit sich bringe, doch die am meisten verbreitete Ansicht<br />
sei,<br />
daß die in der eingesegneten Erde begrabenen Schismatiker und Exkommunizierten<br />
dort keine Ruhe finden könnten und sich deswegen an<br />
den Lebenden rächen wollten.<br />
Die Anzeichen des Vampirismus seien:<br />
die Leiche könne im Grabe nicht verwesen, das Blut bleibe rot und flüssig,<br />
die Körperglieder behielten ihre Beweglichkeit, die Augen seien aufgemacht,<br />
die Nägel und die Haare wüchsen und manchmal höre man aus<br />
dem Grabe eines solchen Vampirs ein Geräusch, welches daher komme, daß<br />
der Tote im Grabe die Erde und alles um sich, oft auch das eigene Fleisch<br />
fresse. Als das erfolgreichste Mittel gegen die Verfolgungen der Vampire<br />
empfehle man, den Toten zu enthaupten und dann zu verbrennen. Wenn<br />
der Vampir jemanden schon am Halse gebissen und Blut gesogen haben<br />
sollte, dann sei es am besten, den ganzen Körper und insbesondere die<br />
Wunde mit der Mischung des Blutes des Vampirs und der Erde aus seinem<br />
Grabe zu reiben. — Nach diesen allgemeinen Angaben folgen nun bei<br />
Mörimöe »quelques histoires de vampires rapportees par Dom Calmet<br />
dans son Ti'aite sur les apparitions des esprits et sur les vampires a<br />
(p. 221). Um auch seinerseits zu diesen haarsti'äubenden Geschichten beizusteuern,<br />
erzählt imser Dichter eine recht sonderbare Geschichte, die er<br />
in Varboska bei Vorgoraz selbst erlebt haben soll. Ein junges Mädchen<br />
namens Khava sei in der Nacht von einem Vampir am Halse gebissen<br />
worden ; alle angewendeten Mittel hätten nichts geholfen : umsonst habe<br />
man den Körper des Vampirs verbrannt und mit dem Blute aus seinem<br />
Sarge den Hals Khavas gerieben, umsonst ihr um den Hals Amuletten<br />
gehängt. Mörimee habe sich nun selbst als Krankenwärter angeboten,<br />
in der Hofl'nung,<br />
daß die Kranke am sichersten genesen würde, wenn sie<br />
von ihrer fixen Idee geheilt werden könnte. Er habe sich — fährt er<br />
fort — so gestellt, wie wenn er ihren Glauben an die Verfolgungen der<br />
Vampire teilen würde, und dem Mädchen versprochen, durch seine Zauberkünste<br />
ihrem Übel abzuhelfen.<br />
Er habe den Hals des Mädchens mit den<br />
Fingern stark gerieben, dabei Verse Racines, die er auswendig konnte,<br />
gesprochen und endlich dem Mädchen einen kleinen Achatstein, den er<br />
zwischen seinen Fingern versteckt hatte, gezeigt, indem er ihr versicherte,<br />
daß er dieses Ding aus ihrem Halse herausgenommen und sie dadurch<br />
gerettet habe. Die Kranke habe ihm aber ganz traurig erwidert: »Tu