Slavische Philologie - Archiv
: 48 Norbert Jokl, ac, tieti. In diesen Fällen kann also bereits langer Nasalvokal, hervorgegangen aus w, rä, %w, ftf , zugrunde gelegt werden. Das Resultat des Entnasalierungsvorganges von sX.hns u.s.w. ist as. Dieses Resultat ist von 6718 verschieden. Die Natur des durch h bezeichneten Lautes ist nicht näher bekannt. Den Zusammenhang zwischen h7is und as lehrt die Erfahrung, d. h. die angeführten Etymologien, die nicht widerlegt wurden. Es ist somit durchaus berechtigt, aus dem Resultat auf den vorhergehenden Zustand, d. h. die Natur des ^) zu schließen. Dies und nichts anderes geschah. Da nun 1) des Resultat ein velarer Vokal ist, da 2) empirisch, nämlich durch eine andere, Entnasalierungsvorgänge aufweisende Sprache, die französische, feststeht, daß velare Vokale der Entnasalierung leichter unterliegen als palatale, da 3) e + 7is auch im Slav, nicht entnasaliert wird, da 4) dieser Unterschied in der Behandlung der palatalen und velaren Vokale lautphysiologisch erklärlich ist, so wurde Arch. XXVUI, 16 der Schluß gezogen, daß in hns ein velarerer Vokal steckte als in 6718 ; ein Ergebnis, das somit logisch und empirisch vollständig fundiert ist. — Dieses die Horizontallage der Artikulationsstelle des fe in fews relativ, nämlich im Vergleich zu ews, feststellende Ergebnis ist mit andern aus der Sprachgeschichte etwa erschließbaren Merkmalen des h phonetisch sehr wohl zu vereinigen. — Der Zusammenfall von 67i und wi in 6inen Nasalvokal fällt in spätere Zeit. — Jene Fälle, in denen nach der Lehre Meillets, Pedersens, Vondräks für die Vertretung der Nas. son. bereits für das Ursl. das nasale Element fehlt [s^to^ lbg^k^), werden durch die hier behandelte Erscheinung natürlich nicht berührt. Denn diese setzt schon wegen der Ersatzdehnung und des alleinigen Auftretens vor Spiranten den Bestand des nasalen Elementes für das Urslav. voraus, bezieht sich also nur auf solche Fälle, wo der Reflex von w, m im Urslav. noch den Nasal hatte. — Charpentier wendet ein, daß Ersatzdehnung nur die Quantität, nicht aber die Qualität des Vokals alterieren könne, und daß darum aus ins nicht as geworden sein könne. Zwar meint er selbst, daß wir über die Aussprache des h nichts wissen. Und darin verdient er in der Tat volle Zustimmung. Was aber ist es anderes als eine — nicht etwa aus Tatsachen geschöpfte, sondern a priori fixierte — Ansicht über diese unbekannte Aussprache des fc, wenn er die Möglichkeit des Übergangs von wis in as (nach eingetretener Ersatzdehnung) leugnet? Mit anderen Worten Charpentier erklärt, über die Aussprache des 'b7is nichts zu wissen ; auf keinen Fall könne aber h7i8 zu as geworden sein. Das weiß er also doch.
Ein urslavisches Entnasalierungsgesetz. 49 Wie man sieht, der krasse Apriorismus gepaart mit dem logischen Widerspruch. Nicht a priori ist in Wahrheit etwas über die Natur des h zu ermitteln, sondern a posteriori, mit Hilfe unzweifelhafter sprachlicher Tatsachen. Charpentier aber verfährt anders: Erst stellt er a priori irgend eine Ansicht auf, nicht ohne sich dabei, wie gezeigt, in einen logischen Widerspruch zu verwickeln; dann sucht er sich die unbequemen Tatsachen hierzu zurechtzumachen. Nur so vermag man sich das vergebliche Leugnen ganz offenkundiger semasiologischer Zusammenhänge [tasiti ziehen, lit. tlsis Zug), nur so die Unterdi-ückung einer als beweiskräftig zugegebenen Etymologie wie hasäk Sense : zqti mähen im Schlußresume, nur so die völlige Ignorierung eines so zwingenden Falles wie hastros Scheuche : zenq jagen, scheuchen, nur so die wiederholten Konstruktionen ad hoc zu erklären. — Immer aber muß Charpentier als baren Zufall eine lautliche Alternation betrachten, die in zahlreichen, semasiologisch vereinbaren Wortgruppen unter stets gleichen Bedingungen auftretend, zu stets gleichem Ergebnis führt. Eine solche Alternation ist in Wahrheit nicht Zufall, sie ist ein Lautgesetz. — Wien. Norbert Jokl. Prosper Merimee's Mystifikation kroatischer Volkslieder. Von T. Matid. (Schluß.)*) Sehr viele von den Gedichten Mörimees behandeln die Vampirsage, Um dem französischen Leser das Verständnis zu erleichtern, schrieb Mörimee unter dem Titel Sur le vampirisme eine 14 Seiten (222— 236) umfassende Einleitung zu den betreffenden Gedichten und schaltete sie zwischen den Balladen Le combat de Zenitza-Velika und La belle Sophie ein. Der Vampir werde, nach M^rimee, im Illyrischen vudkodlak genannt, mit welchem Namen man einen Toten bezeichne, der in der Regel zur Nachtzeit seinem Grabe entsteige und Menschen plage. Oft sauge er ihnen Blut am Halse oder packe sie an der Kehle so stark, daß *) Vergl. Archiv XXVIII, S. 321—350. Archiv für slavische Philologie. XXIX.
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Ein urslavisches Entnasalierungsgesetz. 49<br />
Wie man sieht, der krasse Apriorismus gepaart mit dem logischen Widerspruch.<br />
Nicht a priori ist in Wahrheit etwas über die Natur des h zu<br />
ermitteln, sondern a posteriori, mit Hilfe unzweifelhafter sprachlicher<br />
Tatsachen. Charpentier aber verfährt anders: Erst stellt er a priori<br />
irgend eine Ansicht auf, nicht ohne sich dabei, wie gezeigt, in einen<br />
logischen Widerspruch zu verwickeln; dann sucht er sich die unbequemen<br />
Tatsachen hierzu zurechtzumachen. Nur so vermag man sich<br />
das vergebliche Leugnen ganz offenkundiger semasiologischer Zusammenhänge<br />
[tasiti ziehen, lit. tlsis Zug), nur so die Unterdi-ückung einer als<br />
beweiskräftig zugegebenen Etymologie wie hasäk Sense : zqti mähen im<br />
Schlußresume, nur so die völlige Ignorierung eines so zwingenden Falles<br />
wie hastros Scheuche : zenq jagen, scheuchen, nur so die wiederholten<br />
Konstruktionen ad hoc zu erklären. — Immer aber muß Charpentier als<br />
baren Zufall eine lautliche Alternation betrachten, die in zahlreichen,<br />
semasiologisch vereinbaren Wortgruppen unter stets gleichen Bedingungen<br />
auftretend, zu stets gleichem Ergebnis führt. Eine solche Alternation ist<br />
in Wahrheit nicht Zufall, sie ist ein Lautgesetz. —<br />
Wien.<br />
Norbert Jokl.<br />
Prosper Merimee's Mystifikation kroatischer Volkslieder.<br />
Von T. Matid.<br />
(Schluß.)*)<br />
Sehr viele von den Gedichten Mörimees behandeln die Vampirsage,<br />
Um dem französischen Leser das Verständnis zu erleichtern, schrieb<br />
Mörimee unter dem Titel Sur le vampirisme eine 14 Seiten (222— 236)<br />
umfassende Einleitung zu den betreffenden Gedichten und schaltete sie<br />
zwischen den Balladen Le combat de Zenitza-Velika und La belle<br />
Sophie ein. Der Vampir werde, nach M^rimee, im Illyrischen vudkodlak<br />
genannt, mit welchem Namen man einen Toten bezeichne, der in der<br />
Regel zur Nachtzeit seinem Grabe entsteige und Menschen plage. Oft<br />
sauge er ihnen Blut am Halse oder packe sie an der Kehle so stark, daß<br />
*) Vergl. <strong>Archiv</strong> XXVIII, S. 321—350.<br />
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