Slavische Philologie - Archiv

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550 Die Nomenklatur in den kroatiscli-glagolitisclien liturgischen Büchern. In neuester Zeit ziehen die liturgischen Bücher der Glagoliten in Istiien, Kroatien, Dalmatien und auf den naheliegenden Quarnerischen Inseln mehr als jemals unsere Aufmerksamkeit an sich. Wahr ist es, daß die Lage dieses stillen Winkels für die Glagoliten immer günstiger war, als die der anderen Länder, in welchen einst die h. Slavenapostel ihre Missionstätigkeit entfaltet hatten; denn ungeachtet der Verbote der Synoden von Spalato (924, um 1069) galten doch für die Bischöfe von Zeug und Veglia die beiden wohlbekannten päpstlichen Dekrete Innocenz des IV. (1248, 1252), welche sowohl die Welt- als auch die Ordenspriester zum Gebrauch der kii'chenslavischen Sprache bei dem Gottesdienste bevollmächtigten. Den Kirchen und ihren Schreibern der beiden genannten Diözesen verdanken gerade die ältesten und somit auch die besten Denkmäler der kirchlichen glagolitischen Literatur des römischen Ritus ihr Dasein i). Bei alledem muß man gestehen, daß der sonst gesunde Antagonis- 1) Das hochinteressante Missale vom Anfang des XIV. Jahrb. in der Vatikan. Bibliothek sign. 111. 4 (Vatik. 4) stammt aus Omisalj (Castromusculum) auf der Insel Veglia. Das zweiteilige Brevier ebenda sign. 5, 6 (Vatik. 5, ß) ist von Okruglo und Tribihovici, Diözese Zengg. Das glag. Brevier der Wiener Hof bibliothek sign. :i (Wien 3) hat Vitus von Omisalj geschrieben ; demselben kann man mit großer Wahrscheinlichkeit das II. und IV. Brevier von Vrbnik (Insel Veglia) zuschreiben, während das I. dem Vatik. 4 sich nähert Vrb. Br. I, II, III, IV). Der Pariser glag. Codex sign. 1 1 (Paris) stammt von einem Paulaner, dessen Orden mehrere Klöster in dem kroatischen Küstenlande besaß. Um Veglia und Zengg gruppieren sich, wie um einen Herd, die schönen Denkmäler des Fürsten Novak in der Wiener Hof bibl. sign. 8 (Wien 8) und Hervojas von der einen, die Breviere und Missale der Beramschen (Vermo in Istrien, Kollegiatkirche in der Laibacher Licealbibl. sign. C. 161, 162, 16a und 164 von der anderen Seite. — Außer den genannten Denkmälern habe ich bei dieser Arbeit benutzt die Breviere von Novi (Nov. I. II) und Missale von Vrbnik (Vrb. Mis. I, II); weiter die Missale vom Jahre 1483, 152S (Pauls von Modrus', 15.31 (Kozicics), 1631 (Levakovics), 17-11 (Karamans). Die Breviere: Brozics von Omisalj 1562, Levak. 1648, Karam. 1791. Das Ritual von Klementovic 1512. — Chrvatsko-hlahol. Rukopis Siensky v. Prof. Pastrnek. Notizen des i Kan.PanMc im Wörterbuche und Kalender. Prag 1900 und einige

Die Nomenklatur in den ivi-oatisch-glagolitisclien liturgischen Büchern. 551 nius in dem lateinisch -slavischen Kulturkämpfe, der Ungleichheit der ringenden Parteien wegen, für die Slaven keinen günstigen Erfolg haben konnte. Während die kroatisch- glagolitische Literatur des XIII. und XIV. Jahrh. durch die Korrektheit, jene des XV. und XVI. Jahrh. durch die Menge der Denkmäler hervorragte, haben die glagolitischen Denkmäler des XVII. und XVIII. Jahrh. eine fremdartige sprachliche Gestalt angenommen, sie gehören nämlich nicht mehr der reinen kroatischen Rezension der kirchenslavischen Sprache an, sondern haben vieles mit den liturgischen Blichern der ruthenischen Uniaten gemeinsam, von sprachlichen Fehlern ganz abgesehen. Selbstverständlich konnten die so beschafifenen Bücher keinen Beifall bei den kroatischen Liturgen finden, sie blieben ihnen fremd, und die Folge davon war das weitere Sinken des Glagolismus, welchem seit der Mitte des verflossenen Jahrhunderts wohlverdiente Männer wie Bercic, Crncic und Pareic abzuhelfen trachteten, indem sie zu den alten Vorlagen des XIII. und XIV. Jahrhunderts zurückkehrten. Auf den Vorarbeiten seiner Kollegen weiterbauend hat zwar Parcic eine neue Ausgabe des Köm. Missais besorgt, dessen Urheber er nicht nur im geistlichen Sinne war, da er für dasselbe sogar neue Typen eigenhändig hergestellt hatte; doch mit dem Meßbuche ist nicht allen Bedürfnissen der Glagoliten abgeholfen, die wenigstens eine neue Ausgabe des Diurnals (Breviers) erwarten (inzwischen in latein. Transkription erschienen). Ein Beitrag zur genaueren Erkenntnis der erwähnten liturgischen Bücher möge die vorliegende Abhandlung liefern, in welcher die für verschiedene Epochen der glagolitischen Literatur charakteristische Nomenklatur behandelt wird. Um in einer gewissen Ordnung vorzuschreiten, wollen wir das Material in Gruppen vorführen, d. h. der Reihe nach die glagolitischen Kaiendarien, Missale, Breviere und Rituale durchnehmen. I. Das Kalendarium. Gleich den lateinischen haben die slavischen Breviere und Missale ein Kalendarium, wenn auch nicht immer am Anfange, wie es in den genannten liturgischen Büchern heute der Fall ist. Der Name Ka-ien^apfe bedeutet in unseren Büchern außer dem Kalendarium (nmn Bh Ka-ien^apii Mis. Vrb. II, Fol. 2S4b) auch das Martyrologium; vgl. Vrb. Br. II, Fol. 116c. Cne xpii ahh iie r.iex ce HH^iToate o Ka.iiHÄapa. Nun fällt die Nomenklatur in den Kaiendarien der ältesten Denkmäler mit der

Die Nomenklatur in den ivi-oatisch-glagolitisclien liturgischen Büchern. 551<br />

nius in dem lateinisch -slavischen Kulturkämpfe, der Ungleichheit der<br />

ringenden Parteien wegen, für die Slaven keinen günstigen Erfolg haben<br />

konnte. Während die kroatisch- glagolitische Literatur des XIII. und<br />

XIV. Jahrh. durch die Korrektheit, jene des XV. und XVI. Jahrh. durch<br />

die Menge der Denkmäler hervorragte, haben die glagolitischen Denkmäler<br />

des XVII. und XVIII. Jahrh. eine fremdartige sprachliche Gestalt<br />

angenommen, sie gehören nämlich nicht mehr der reinen kroatischen Rezension<br />

der kirchenslavischen Sprache an, sondern haben vieles mit den<br />

liturgischen Blichern der ruthenischen Uniaten gemeinsam, von sprachlichen<br />

Fehlern ganz abgesehen. Selbstverständlich konnten die so beschafifenen<br />

Bücher keinen Beifall bei den kroatischen Liturgen finden,<br />

sie<br />

blieben ihnen fremd, und die Folge davon war das weitere Sinken des<br />

Glagolismus, welchem seit der Mitte des verflossenen Jahrhunderts wohlverdiente<br />

Männer wie Bercic, Crncic und Pareic abzuhelfen trachteten,<br />

indem sie zu den alten Vorlagen des XIII. und XIV. Jahrhunderts zurückkehrten.<br />

Auf den Vorarbeiten seiner Kollegen weiterbauend hat zwar<br />

Parcic eine neue Ausgabe des Köm. Missais besorgt, dessen Urheber er<br />

nicht nur im geistlichen Sinne war, da er für dasselbe sogar neue Typen<br />

eigenhändig hergestellt hatte; doch mit dem Meßbuche ist nicht allen<br />

Bedürfnissen der Glagoliten abgeholfen, die wenigstens eine neue Ausgabe<br />

des Diurnals (Breviers) erwarten (inzwischen in latein. Transkription<br />

erschienen).<br />

Ein Beitrag zur genaueren Erkenntnis der erwähnten liturgischen<br />

Bücher möge die vorliegende Abhandlung liefern, in welcher die für verschiedene<br />

Epochen der glagolitischen Literatur charakteristische Nomenklatur<br />

behandelt wird. Um in einer gewissen Ordnung vorzuschreiten,<br />

wollen wir das Material in Gruppen vorführen, d. h. der Reihe nach die<br />

glagolitischen Kaiendarien, Missale, Breviere und Rituale durchnehmen.<br />

I. Das Kalendarium.<br />

Gleich den lateinischen haben die slavischen Breviere und Missale<br />

ein Kalendarium, wenn auch nicht immer am Anfange, wie es in den genannten<br />

liturgischen Büchern heute der Fall ist. Der Name Ka-ien^apfe<br />

bedeutet in unseren Büchern außer dem Kalendarium (nmn Bh Ka-ien^apii<br />

Mis. Vrb. II, Fol. 2S4b) auch das Martyrologium; vgl. Vrb. Br. II,<br />

Fol. 116c. Cne xpii ahh iie r.iex ce HH^iToate o Ka.iiHÄapa. Nun fällt<br />

die Nomenklatur in den Kaiendarien der ältesten Denkmäler mit der

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