Slavische Philologie - Archiv

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520 Jaromir K. Dolezal, In der »Handschriftenfrage« meldete sich Kr. auch mit einem längeren Zyklus von sechs Gedichten (>Ceskemu dävnoveku« in »Zlatä Praha« 1887), wo sie sich zu besonders heftigen Worten gegen > falsche Wissenschaft«, die solche kostbare Reliquien vernichten will, verleiten ließ und noch manche andere Unrichtigkeit schrieb. Durch das Abdrucken derselben Gedichte in ihi-er vorletzten Sammlung (»Na zive strune< 1895), also in der Zeit, wo diese Frage stillschweigend schon als abgetan betrachtet wurde, zeigte sie, daß sie noch nicht überzeugt ist. In einem längeren epischen Gedicht Kräsnohorskäs »Lumirova smrt« (Vlny v proudu 18S5) ist auch der Einfluß der Kgh.-Hdschr. unverkennbar. Ihr letzter Kampf entstand um Hälek, verui'sacht durch den Artikel Machars 5), wo er sachlich bewiesen hat, daß Hälek ein Talent zweiten Grades war. Hier fanden sich zur Wehr ihres alten Freundes und Zeitgenossen schon alle die »Jungen« und »Alten« aus dem Ende der 70er Jahre in einem Lager zusammen, um gegen die jüngsten, gottlosen Symbolisten, Realisten und Impressionisten gemeinsam loszuziehen. Dieser Streit, in welchem sich Machar fast allein gegen die ganze öffentliche (literarische sowie politische) Meinung so tapfer verteidigt hat, ist selbst einer besonderen Würdigung wert. Kräsnohorskä ergriff gemeinsam mit Vrchlicky, Schulz, Goll u. a. zweimal das Wort zur Verteidigung ihres besten Freundes und Förderers, aber sie wurde von Machar mit ihren eigenen Worten, die sie schon im Jahre 1879 in Osveta über Hälek schrieb, geschlagen. Trotzdem versäumte sie es nicht bis in die jüngste Zeit in ihre Kritiken und literarischen Studien spitzige Bemerkungen gegen die Modernisten (mit welchen sie nicht ganz richtig auch Machar identifiziert) einzuflechten. So verteidigte E. Kr. ihre Prinzipien und ihre Überzeugung bis zur letzten Stunde und diese Standhaftigkeit im Propagieren des allgemein Schönen, Guten und der Liebe zum Vaterlande (wenn es auch heute keine Heldentat mehr ist, ein Ceche zu sein) — muß ein jeder, selbst auch ein Gegner bei ihr ehren. Unnütz waren ihre aufmunternden und predigenden Worte nicht. Schade ist nur, daß sie ihr großes dichterisches Talent auf diese Weise in solchen kleinen Münzen vergeudet hat. Denn auf dem dramatischen Felde oder in der epischen Dichtung hätte sie gewiß ein Werk schaffen können, welches ihr für ewig den Ruhm gesichert hätte, wenn sie eben nicht so vielseitig von dem öffentlichen Leben in Anspruch genom- 5) In Nase Doba v. 20. Okt. 1894.

Eliska Kräsnohorskä. 521 men wäre. So kann ihre dichterische Tätigkeit acht Sammlungen nur kleinerer Gedichte aufweisen und zwei größere, selbständige, die schon erwähnte Idylle »Vlastovicky« 1883 und ein episches Gedicht »Sumavsky Robinson« 1887. Bloß in ihrer ersten Gedicht-Sammlung »Z mäje ziti« 1 87 1 (U. Ausg. 1874, III. Ausg. 1885) und in der letzten: »Rozpominky« (1S9G) steht sie nicht ganz auf dem Standpunkte des engen Patriotismus; denn hier besingt sie mit warm empfundenen, blütenreichen Versen, in kunstvoller Form auch andere Ideen, Anschauungen über Gott, Welt, Humanität, soziale Fragen und Hoffnungen, die sie im »Mai ihrer Jugend« über solche Probleme und Rätsel des Lebens zum Nachdenken zwangen. In »Reminiszenzen« ließ sie dieselben wie in einer geistigen Revue an ihrer Seite vorüberziehen, betrachtend, welche davon in Erfüllung gegangen sind. Während dieser 25 Jahi'e erreichte Ki-äsnohorskä eine besondere, nur rein formelle Vollkommenheit, in welcher sie als eine anerkannte Meisterin galt, aber der Inhalt der in diesem Zeiträume ausgegebenen Sammelbände, die manchmal Gedichte aus einem Dezennium enthalten, klingt immer stark tendenziös und alle gleichzeitigen Ereignisse, die im politischen und geistigen Leben das cechische Volk interessierten, treu ab. Darüber hinaus kam Kr. nicht. spiegeln sich in ihnen Es sind dies folgende Sammlungen: »Ze Sumavy« 1873 (II. Ausg. 1875], >K slovanskemu jihu« 1880, »Vlny v proudu« 1885 (IL Ausg. 1897), »Letorosty« 1887, »Bäjky velkych« 1889 und »Na ziv6 strune« 1895 — die letzte wie absichtlich nach dem großen Hälekkampfe »vlastenecke bäsne« von ihr genannt. Verhältnismäßig am höchsten steht die zweite Sammlung »Aus dem Böhmerwald« ; denn hier schildert sie köstlich die Schönheiten der prachtvollen Urwälder, wo früher frohe Rufe der tapferen chodischen Freiheitskämpfer erklangen; jetzt hört sie dort nur fremde Sprachenklänge und das muntert sie zu männlichen, mutigen Worten auf, welche die schlummernden cechischen Seelen aufwecken sollten. Das gelungenste Gedicht Kr.s, das sogen. >Chodenlied«, welches eine wahre Nationalhymne von Ost-Böhmen geworden, ist hier enthalten 6). f'i In Prof.Alberfs »Neueste Poesie aus Böhmen« II. Teil ist der Anfang von Mar. Kwaysser nebst anderen Gedichten mit diesen Worten übersetzt: »Hätt' euch Gott, ihr Berge und ihr Felsenmassen, Hier an dieser Stelle nicht erstehen lassen, Wären wir alsdann gewiß um euch gekommen. Hätten trotz der Last euch auf den Arm genommen,

520 Jaromir K. Dolezal,<br />

In der »Handschriftenfrage« meldete sich Kr. auch mit einem längeren<br />

Zyklus von sechs Gedichten (>Ceskemu dävnoveku« in »Zlatä Praha«<br />

1887), wo sie sich zu besonders heftigen Worten gegen > falsche Wissenschaft«,<br />

die solche kostbare Reliquien vernichten will, verleiten ließ und<br />

noch manche andere Unrichtigkeit schrieb. Durch das Abdrucken derselben<br />

Gedichte in ihi-er vorletzten Sammlung (»Na zive strune< 1895), also in<br />

der Zeit, wo diese Frage stillschweigend schon als abgetan betrachtet<br />

wurde, zeigte sie, daß sie noch nicht überzeugt ist. In einem längeren<br />

epischen Gedicht Kräsnohorskäs »Lumirova smrt« (Vlny v proudu 18S5)<br />

ist auch der Einfluß der Kgh.-Hdschr. unverkennbar.<br />

Ihr letzter Kampf entstand um Hälek, verui'sacht durch den Artikel<br />

Machars 5), wo er sachlich bewiesen hat, daß Hälek ein Talent<br />

zweiten Grades war. Hier fanden sich zur Wehr ihres alten Freundes und<br />

Zeitgenossen schon alle die »Jungen« und »Alten« aus dem Ende der<br />

70er Jahre in einem Lager zusammen, um gegen die jüngsten, gottlosen<br />

Symbolisten, Realisten und Impressionisten gemeinsam loszuziehen. Dieser<br />

Streit, in welchem sich Machar fast allein gegen die ganze öffentliche<br />

(literarische sowie politische) Meinung so tapfer verteidigt hat, ist selbst<br />

einer besonderen Würdigung wert. Kräsnohorskä ergriff gemeinsam mit<br />

Vrchlicky, Schulz, Goll u. a. zweimal das Wort zur Verteidigung ihres<br />

besten Freundes und Förderers, aber sie wurde von Machar mit ihren<br />

eigenen Worten, die sie schon im Jahre 1879 in Osveta über Hälek<br />

schrieb, geschlagen. Trotzdem versäumte sie es nicht bis in die jüngste<br />

Zeit in ihre Kritiken und literarischen Studien spitzige Bemerkungen gegen<br />

die Modernisten (mit welchen sie nicht ganz richtig auch Machar identifiziert)<br />

einzuflechten.<br />

So verteidigte E. Kr. ihre Prinzipien und ihre Überzeugung bis zur<br />

letzten Stunde und diese Standhaftigkeit im Propagieren des allgemein<br />

Schönen, Guten und der Liebe zum Vaterlande (wenn es auch heute keine<br />

Heldentat mehr ist, ein Ceche zu sein) — muß ein jeder, selbst auch ein<br />

Gegner bei ihr ehren. Unnütz waren ihre aufmunternden und predigenden<br />

Worte nicht. Schade ist nur, daß sie ihr großes dichterisches Talent<br />

auf diese Weise in solchen kleinen Münzen vergeudet hat. Denn auf dem<br />

dramatischen Felde oder in der epischen Dichtung hätte sie gewiß ein Werk<br />

schaffen können, welches ihr für ewig den Ruhm gesichert hätte, wenn sie<br />

eben nicht so vielseitig von dem öffentlichen Leben in Anspruch genom-<br />

5) In Nase Doba v. 20. Okt. 1894.

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