Slavische Philologie - Archiv
; 456 Kritischer Anzeiger. schichte zusammenhängt, in welche auch die Entstehung der Erzählung von den zwei Brüdern fällt, d. i. mit der Epoche der XIX. Dynastie, mit der Epoche Ramses II. — Sesostris. Diese kühnen Hj'pothesen will nun der Verfasser wieder mit Hilfe der Etymologie sicherstellen. Idolisce tritt auch unter den Namen Batyg Batygovic, Badan, Badanovic, Kalin-car u. a. auf. Die Erzählungen historischen Inhaltes von den Kriegszügeu des Königs Kausu (Kosej) Sesostris flössen mit der phantastischen Sage von König Kausu — Bata (Bitiu) und seinen Metamorphosen, in einem Worte von Kousej dem Unsterblichen zusammen. Einige Rhapsoden behielten lange im Gedächtnis, daß dieser Bata Kosit war, d.h. Bewohner der Provinz Kus, welche noch einen anderen Namen hatte. An, gleichwie das Volk selbst und jeder einzelne Bewohner dieses Landes A» hieß. So wurde zu dem Eigennamen des Kousej Bata das Epitheton An angefügt: Bafa-an, und daraus wurde mit der Zeit Batan oder Badan. In eine spätere Zeit fällt die Hinzufügung des Patronymikons Badanovic: >Die logische oder faktische Grundlage dieses Patronymikons liegt wieder in der ägyptischen Sage von den Metamorphosen des Bitiu-Kousej, d. i. desselben Bata< (S. 154). Batyg ist ein Augmentativum von Bata (S. 155). Die Sagen von diesen Heereszügen wurden ursprünglich »von unseren Vorfahren den Skythen in jener weiten Epoche gebildet, als sie noch in Asien lebten und mit vielen anderen Nachbarvölkern nicht einmal die schrecklichen Kriegszüge der Herrscher zu ertragen hatten, deren Namen sie nicht im Gedächtnis behielten, aber doch deren allgemeinen Titel Kousej (Kousu, Kus). Dieses tapfere Skythenvolk konnte sich aber auch selbst mit einem Siegeszug gegen Ägypten ausweisen. Herr Speranskij erinnert an den von Strabo erzählten Zug des Herrschers der Skythen Idanthyrsos durch ganz Asien bis zum Nil, »d.i. in das Gebiet des Kousej (des ägyptischen Pharao) selbst«. Er erklärt zwar selbst, es wäre riskiert zu behaupten, daß gerade dieser Siegeszug die ursprüngliche Grundlage der Sage von dem Siege des Ilja Muromec über Idolisce-Kousej war (S. 157). Dennoch ließen sich hieraus manche und wichtige Details der russischen epischen Lieder von diesem Stoffe erklären. Die Grundlage der Vorstellungen von Kousej-Idolisce hätten jene Denkmäler geboten, die Ramses II. in allen unterworfenen Ländern aufrichten ließ. Die Benennung Idolisce poganoje konnte natürlich erst in der Zeit des vollständigen Sieges des Christentums entstehen (S. 163). Zum Beweis seiner Hypothesen führt der Verfasser noch andere etymologische Erklärungen auf. Badan Badanovic hat in einigen epischen Liedern noch einen Sohn Torokaska: unter diesem Namen sei der Name eines späteren Nachfolgers Ramses des Großen erhalten und zwar des Pharao der XXV. Dynastie Ta-cha-ra-ka, griechisch Tä^xog, Tuquxös. Sogar wenn Badan sohaka-csLT geschimpft wird, will der Verfasser ein Überbleibsel aus der ägyptischen Geschichte erblicken es wären in der ältesten Redaktion dieses Stoffes die Niederlagen erzählt worden, welche die letzten Herrscher der glänzenden Periode der ägyptischen Geschichte oder wenigstens der ägyptischen Selbständigkeit erlitten hätten. Sahakon {laßaxwr] und Tacharak. Ein anderes episches Lied erzählt von Kalin-car, welcher nach Rußland zahllose Scharen von Tataren brachte. H. Speranskij bemerkt, daß wir ans
Speranskij, Aus Altägypten, angez. von PoHvka. 467 der Geschichte der Tatareneinfälle keinen solchen Namen kennen. Er kann freilich auch aus der ägyptischen Geschichte keinen Herrscher dieses Namens anführen, aber doch den Namen eines Negervolkes im alten Ägypten (in Nubien) Kali (nach einer anderen Lesart Kari oder Kar). Daselbst war noch ein anderes Negervolk Namens Tar-tar. »Auf diese Weise konnte der schreckliche König Kousej (d. i. Ramses II. oder sein späterer Vertreter Sabakon) in den Volkstraditionen den Namen car Kaiin oder Tartarin nach dem Namen der unterworfenen Völker bekommen* (S. 168). In demselben Lied tritt noch der Schwiegersohn des car Kaiin namens Sartak und der Sohn Lonsek auf Wenigstens den ersten Namen glaubt der Verfasser aus der ägyptischen Geschichte erklären zu können. Sar war bei den Ägyptern der Titel des erblichen Satrapen, und so konnte Sar-tah z. B. der Fürst von Theben (Tapit) sein. Einer von diesen Sars hatte zur Zeit der Pharone Sabakon und Tarakos eine ungemeine Bedeutung in Ägypten. Auch der Name Potyk soll ägyptischen Ursprungs sein, es ist »nichts anderes, als eine auf russische Weise umgemodelte (verdorbene) Form des ägyptischen Namens Bata (d. i. Bitiu) (S. 197). Außerdem noch den Beinamen Koscej Tripeiovic (Koscej syn Tripetovic, Koscej Tripetov) erklärt er so, um ihn in Einklang mit seiner Hypothese zu bringen: Bitiu-Kousej war dreimal einem gewaltsamen Tode unterworfen; mit der Befestigung des Christentums kam der Brauch, das Totenamt über Verstorbene zu halten [otpeoat'), und so wurde der dreimal Gestorbene vom Volke danach benannt »der dreimal abgesungene« tripHyj. Der Verfasser ist so sehr von der Richtigkeit seiner Deduktionen, richtiger Phantastereien, überzeugt, daß er sich höchlichst wundert, wie so dieser Zusammenhang der russischen epischen Lieder mit der alten ägyptischen Sage noch von niemand erkannt wurde. Er glaubt dies damit erklären zu dürfen, daß einerseits in Rußland die alte ägyptische Sage sehr wenig bekannt war, andererseits daß den westeuropäischen Gelehrten wieder die russische Epik und Märchenwelt »fast vollständig unbekannt« war (S. 204), womit er natürlich nur seine Unkenntnis der einschlägigen russischen wie auch der westeuropäischen Literatur kund gibt. Herr D. A. Speranskij scheint nicht einmal Masperos Einleitung zu der im Eingang unserer Rezension erwähnten französischen Ausgabe der altägyptischen Erzählungen beherzigt zu haben, denn er hätte da gewiß seine all zu üppige Phantasie in die notwendigen Grenzen eingezwängt.'. Noch eine Reihe von Motiven der altägyptischen Erzählung »von den zwei Brüdern« gab dem Verfasser Anlaß ähnliche Motive neuerer, besonders russischer Märchen mit derselben in ein genetisches Verhältnis zu bringen. So besonders das Motiv von der Empfängnis des verräterischen Weibes des Bitiu durch den in ihren Mund geflogenen Hobelspahn, der sich von den auf ihr Geheiß gefällten Bäumen losgelöst hatte, die aus den Blutstropfen des Stieres = Bitiu emporgewachsen waren. Er zieht hier eine ganze Reihe von Erzählungen von der übernatürlichen Empfängnis heran, so durch eine Erbse, einen Apfel, einen Fisch (S. 20Sff.), vergleicht besonders Cosquins Märchen »Le fils du pecheur« und verwandte, unter denen Hahn Griech. alb. M. Nr. 22, welches »einige typische Züge der ägyptischen Urquelle« erhalten haben soll 30*
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Speranskij, Aus Altägypten, angez. von PoHvka. 467<br />
der Geschichte der Tatareneinfälle keinen solchen Namen kennen. Er kann<br />
freilich auch aus der ägyptischen Geschichte keinen Herrscher dieses Namens<br />
anführen, aber doch den Namen eines Negervolkes im alten Ägypten (in Nubien)<br />
Kali (nach einer anderen Lesart Kari oder Kar). Daselbst war noch ein anderes<br />
Negervolk Namens Tar-tar. »Auf diese Weise konnte der schreckliche König<br />
Kousej (d. i. Ramses II. oder sein späterer Vertreter Sabakon) in den Volkstraditionen<br />
den Namen car Kaiin oder Tartarin nach dem Namen der unterworfenen<br />
Völker bekommen* (S. 168). In demselben Lied tritt noch der<br />
Schwiegersohn des car Kaiin namens Sartak und der Sohn Lonsek auf<br />
Wenigstens den ersten Namen glaubt der Verfasser aus der ägyptischen Geschichte<br />
erklären zu können. Sar war bei den Ägyptern der Titel des erblichen<br />
Satrapen, und so konnte Sar-tah z. B. der Fürst von Theben (Tapit) sein. Einer<br />
von diesen Sars hatte zur Zeit der Pharone Sabakon und Tarakos eine ungemeine<br />
Bedeutung in Ägypten. Auch der Name Potyk soll ägyptischen Ursprungs<br />
sein, es ist »nichts anderes, als eine auf russische Weise umgemodelte<br />
(verdorbene) Form des ägyptischen Namens Bata (d. i. Bitiu) (S. 197). Außerdem<br />
noch den Beinamen Koscej Tripeiovic (Koscej syn Tripetovic, Koscej<br />
Tripetov) erklärt er so, um ihn in Einklang mit seiner Hypothese zu bringen:<br />
Bitiu-Kousej war dreimal einem gewaltsamen Tode unterworfen; mit der Befestigung<br />
des Christentums kam der Brauch, das Totenamt über Verstorbene<br />
zu halten [otpeoat'), und so wurde der dreimal Gestorbene vom Volke danach<br />
benannt »der dreimal abgesungene« tripHyj.<br />
Der Verfasser ist so sehr von der Richtigkeit seiner Deduktionen, richtiger<br />
Phantastereien, überzeugt, daß er sich höchlichst wundert, wie so dieser Zusammenhang<br />
der russischen epischen Lieder mit der alten ägyptischen Sage<br />
noch von niemand erkannt wurde. Er glaubt dies damit erklären zu dürfen,<br />
daß einerseits in Rußland die alte ägyptische Sage sehr wenig bekannt war,<br />
andererseits daß den westeuropäischen Gelehrten wieder die russische Epik<br />
und Märchenwelt »fast vollständig unbekannt« war (S. 204), womit er natürlich<br />
nur seine Unkenntnis der einschlägigen russischen wie auch der westeuropäischen<br />
Literatur kund gibt. Herr D. A. Speranskij scheint nicht einmal<br />
Masperos Einleitung zu der im Eingang unserer Rezension erwähnten französischen<br />
Ausgabe der altägyptischen Erzählungen beherzigt zu haben, denn er<br />
hätte da gewiß seine all zu üppige Phantasie in die notwendigen Grenzen eingezwängt.'.<br />
Noch eine Reihe von Motiven der altägyptischen Erzählung »von den<br />
zwei Brüdern« gab dem Verfasser Anlaß ähnliche Motive neuerer, besonders<br />
russischer Märchen mit derselben in ein genetisches Verhältnis zu bringen.<br />
So besonders das Motiv von der Empfängnis des verräterischen Weibes des<br />
Bitiu durch den in ihren Mund geflogenen Hobelspahn, der sich von den<br />
auf ihr Geheiß gefällten Bäumen losgelöst hatte, die aus den Blutstropfen des<br />
Stieres = Bitiu emporgewachsen waren. Er zieht hier eine ganze Reihe von<br />
Erzählungen von der übernatürlichen Empfängnis heran, so durch eine Erbse,<br />
einen Apfel, einen Fisch (S. 20Sff.), vergleicht besonders Cosquins Märchen<br />
»Le fils du pecheur« und verwandte, unter denen Hahn Griech. alb. M. Nr. 22,<br />
welches »einige typische Züge der ägyptischen Urquelle« erhalten haben soll<br />
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