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Slavische Philologie - Archiv

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438 Kritischer Anzeiger.<br />

von dort erst nach dem Norden gebracht, also woher käme ihr östlicher Ursprung?<br />

Wären dann nicht die Ähnlichkeiten mit dem Daidalos- Hephaistosmythus<br />

da (man hat ja sogar die Wielandsage daraus entlehnt sein lassen!) —<br />

oder sind auch diese griechischen Mythen finnischen Ursprunges? Ich sehe<br />

davon ab, daß die Parallelen oft nur äußerliche, zufällige sind ; daß im Kern<br />

die Sagen auseinandergehen; daß, wie Sehr ader hervorhebt, die finnische<br />

metallurgische Terminologie gerade von der deutschen abhängig ist.<br />

Ja, hätte<br />

sich Veselovskij darauf beschränkt, den bekannten litauischen Sonnenmythus<br />

aus dem Finnischen herzuleiten — das läßt sich wohl hören, denn die<br />

Conception von der geschmiedeten, an den Himmel gehängten Sonne scheint<br />

durchaus unarisch zu sein, echt finnisch. Dazu kommen die urgermanischen<br />

Personennamen, Wieland usw., gegen die die ganz problematischen Ortsbezeichnungen,<br />

sogar wenn sie von Veselovskij richtig gedeutet wären (was<br />

ich entschieden bestreite), gar nicht aufkommen können.<br />

Hier eine prinzipielle Bemerkung gegen diese Namendeutungen, die sich<br />

nicht nur gegen Veselovskij, Miljukov, Chalanskij richtet. Man vergißt<br />

nur zu leicht, daß in russischen Bylinen wie in deutschen Heldensagen viele<br />

Orts- und Personennamen genau soviel zu besagen haben, wie etwa die Namen<br />

Ada, Nelly oder Mitzi, die die Modisten ihren Schöpfungen, den Blusen oder<br />

Kostümen, beilegen: sie sind rein willkürlich gewählt, beweisen gar nichts für<br />

die Provenienz des Liedes, der Sage ; die Varianten z. B. von dem Wirianischen<br />

Meere im Liede vom Solovej Budimiro\nc besagen ebensowenig, wie das<br />

Gercekeborg beimllias; aus derlei Namen (z.B. Iron soll Markgraf Gero sein!)<br />

geschichtliche Anknüpfungen zu folgern, heißt ihnen nur Gewalt antun. Bei<br />

Veselovskij stößt dann besonders der Umstand auf, daß er alle möglichen<br />

Erklärungen der Namen, die einander doch völlig ausschließen, nebeneinander<br />

aufzählt, ohne sich irgendwie zu entscheiden, dadurch verliert die ganze Darstellung<br />

alles sichere. Kaleva z. B. ist bald litauisches kalva Hügel oder kalvis<br />

Schmied (aber kaleva ist Eiese, nicht Hügel noch Schmied !) und wird, ganz<br />

willkürlieh, in altlitauischen Ortsnamen wiedergefunden, oder wiederum ist es<br />

kolbjag = kylfingr = scijlßng: ich verstehe nichts vom Finnischen, aber dabei<br />

kann ich nur an Voltaires Definition der Etymologie denken ; dem unerfahrenen<br />

Leser wird ganz schwindelig zu Mute, der erfahrene weist einfach alles ab.<br />

Ebenso verhält es sich mit Lindanisa: daß dies wenigstens nicht = Ledenec<br />

ist, wie Miljukov meinte, ist doch unbedingt sicher. Und noch in einem<br />

Punkte könnte Veselovskijs Verfahren bemängelt werden: nur zu oft läßt<br />

er den Namen eines Helden als Eponymen eines Volkes gelten; bei Viltinus<br />

ist dies ganz sicher, aber schon den Visinus vermag ich wenigstens nicht als<br />

den Eponymus der VesB gelten zu lassen und noch viel weniger den deutschen<br />

Recken Wadi als den der Vot' oder gar den Heima als den der lam' (Häme,<br />

Hämelaiset) und seinen Genossen Vitege, Wielands Sohn, als einen Vidigoja,<br />

d. i. Bewohner des samländischen Vidlandes (der Vidivarier).<br />

Nicht ohne Wehmut legt man diese Blätter aus der Hand.<br />

Ich habe nur<br />

hervorgehoben, worüber man anders denken kann, verschwiegen dagegen die<br />

Fülle von Belehrung und Anregung, die man aus ihnen schöpft, die weiten<br />

Ausblicke, die so manche Bemerkung eröffnet. Besonders interessant wirkt

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