Slavische Philologie - Archiv

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434 Kritischer Anzeiger. wie 66 poln. Botaniker schon im XVI. Jahrh. taten : >zowi^ wi^zem st^d, \i z niego iyka mocne bywaja ku tvipzaniu* ?). Überhaupt rächt sich mehrfach die Nichtberücksichtigung des Polnischen, z.B. für die Sippe russisch lut- ist poln. l^t Gerte (davon der slavische Name für Puppe, iqtka lutka), charakteristisch; bei vitex Weide hätte poln. vitlina (heute tviklina, wie wqllica Topf für altes wqtlica) dass., genannt werden sollen; S. 203 wird zu skrt. cart spinnen lit. krätai Gitter genannt, aber das ist doch spätes Lehnwort aus dem poln. kraty^ das seinerseits aus dem romanischen stammt! Dem Verf., der so erfolgreich die Schwierigkeiten des Eussischen überwunden hat, wird es jetzt nicht mehr schwer fallen, auch die übrigen Slavinen zu berücksichtigen und das Litauischpreußische richtiger einzuschätzen. Für manches ist er ja überhaupt nicht verantwortlich, sondern seine Quellen oder Vorgänger, z.B. für die falsche Deutung von zupa als Weidebezirk, für den unslavischen Ursprung von konh u. a. Das Werk zerfällt in vier getrennte Abhandlungen: die Geschichte der »linguistischen Paläontologie«; ihre Methode und Kritik; das Auftreten der Metalle; die Urzeit, wo in 16 Kapiteln Haustiere, Waldbäume, Wohnung, Kleidung, Recht, Religion u. dgl. behandelt werden. Das Werk kann und soll das ungleich reichere »Reallexikon« nicht ersetzen, da es oft gerade bezüglich der Einzelheiten auf dieses einfach verweist; man möchte fast sagen, daß es die populäre Zusammenfassung jenes Hauptwerkes darstellt. Daher kann hier von weiterer Prüfung aller Einzelheiten abgesehen werden: für folgende Auflagen sei jedoch noch manches hervorgehoben. Es verdiente ausführlicher z. B. die arische Bienenzucht (d. i. Waldbienenzucht) besprochen zu werden, denn von der einstigen Bedeutung derselben (trotzdem arische Gleichungen für den Namen der Biene selbst fehlen!), zeugt entschieden der Name des Methes, der unauslöschlich an den arischen Sprachen haftet, noch inniger als z. B. der Name von Vater oder Gott! Der »Honigesser«, der Bär, wird den Ariern den Weg auf die alten Föhren und Eichen (daher Schwanken auch dieser Baumnamen?) mit den Beuten gewiesen haben: wie viele Arier mögen bei diesen Kletterübungen Hals oder Beine gebrochen haben! sie werden auch schon zur Anlegung eigener Beuten, barci, für die Waldbiene vorgeschritten sein und da sei denn auch der Verf. an das altehrwürdige, merkwürdige poln. Zeidlerrecht erinnert, das wir aus den Jahren 1559 und 1616 besitzen, das in den Wäldern entstanden ist, die nur eines Ariers Fuß betreten hat — bisher haben ja die Neuroi gesessen ; das so eigenartig, altertümlich ist, dem Rußland und Litauen, trotz ihrer Honigwaldungen, nichts zur Seite zu stellen hat, wenigstens nichts geschriebenes! Auch hier sind die Slaven unmittelbare Fortsetzer der Arier geblieben, anders als Germanen, denen man bekanntlich gerade in der Bienenzucht slavische Einflüsse und Entlehnungen vielfach zuspricht. Hier sei mir eine Zusammenstellung gestattet, die vielleicht auch grundfalsch ist. Litauisch heißt die Beute dravis — daher stammt der Name des litauischen Gaues Nadrovien ; ich möchte das Wort in poln. dmjki süß, süßlich, fade, sich ziehend wie Honig, wiederfinden. Zweifelhaft werde ich an dieser Zusammenstellung nur durch die völlige Vereinzelung des poln. Wortes, das sonst in keiner Slavine wiederzukehren scheint — steht es nicht für druwki

Schrader, Sprachvergl. und Urgeschichte, angez. von Brückner. 435 etwa, die die Holzäpfel bezeichnen und die man, allerdings sehr problematisch, aus dem Deutschen herleiten möchte ? Über den Gaunamen Nadrovien s. u. eine Vermutung. Litauisch und Kussisch zusammen haben einmal, fürchte ich, den Verf. arg verführt. Während ihm die russischen priiski gute Dienste bei der Erklärung von ixizuX>.ov leisten, haben ihn Wt. ^mts (selbst und Herr), russ. sam (ebenso) zu der Aufstellung verleitet, daß auch arisches potis Herr nur aus einem älteren, pronominalen potis selbst (vgl. lat. suopte u. ä.) entstanden ist. Ich glaube entschieden, daß hier die Chronologie auf den Kopf gestellt ist: das litauische ist wie das russische (der polnische Gebrauch, namentlich in Litauen einheimisch, mag auf bloßer Nachahmung beruhen), spät und selbstständig — schon das preußische kennt ja kein pats selbst (dafiii- subas), und potis scheint überall den Eheherrn zu bezeichnen, vgl. noch preuß. patiniskmi Ehe; Krceks Ausführungen über das Fortleben von ^poc Herr im Poln. sind übrigens irrig. Es mag somit der alte Bopp mit Recht die Zusammengehörigkeit beider Worte bestritten haben; jedenfalls kann der junge litauische und russische Sprachbrauch für die Urzeit, die vom concretum zum abstractum, nicht umgekehrt, vorschritt, nicht maßgebend sein. Es ist dies die ausführlichst begründete Etymologie im ganzen Buche, doch keine glückliche, wie gerade die Verwandtschaftsnamen den Verf. mehrfach im Stiche lassen: seine Herleitung des deutschen Schwager aus dem slavischen svak (aus svojak], hat W. S c h u 1 z e durch den Hinweis auf die älteste Nennung des deutschen Wortes [in der verbrannten Jordaneshandschrift) entkräftet. Nebenbei sei bemerkt, daß gerade zur Deutung der Verwandtschaftsnamen die Parallelen von den Sprachen der >Wilden< her, die sie oft noch in alter Durchsichtigkeit erhalten haben, von Nutzen sein könnten: Schrader meidet ethnologische Parallelen fast prinzipiell. Die Belesenheit des Verf., sein Berücksichtigen auch der allerneuesten Literatur (noch in den Nachträgen), kann nicht rühmend genug hervorgehoben werden. Doch vermisse ich einen wichtigen Nachweis: in II, 1S£F. handelt der Verf über den in der deutschen Heldensage hochberühmten Schmied Wieland = Völundr der nordischen Sagen, in einem besonderen Kapitel, »der Schmied in Sage und Sprache*, dessen Ausführungen in der meiner Ansicht nach irrigen Folgerung gipfeln, daß die Ausbildung des Schmiedehandwerkes nicht in die arische Urzeit zu verlegen ist. Mit Recht dagegen verhält sich Schrader skeptisch gegen die auf Kuhn zurückgehende Identifizierung von Wieland und Hephaistos - Daidalos ; ich hätte nur gewünscht, daß er auch die Kuhnsche Identifizierung der JElbeti - Alfen mit den indischen Ribhus als ein Märchen (würdig der bekannten Max MüUerschen von Sdrameya-IIermes usw.), zurückgewiesen hätte; ebenso hätte er andeuten können, daß die als Schmiede berühmten Zwerge bei Griechen (die Idäischen Daktyler) und Germanen auf eine vorarische europäische Zwergrasse, deren Spuren man jetzt überall aufstöbert, zu beziehen wären. Endlich hätte er — denselben Fehler begeht Veselovskij — den russischen Arzt-Schmied, den h. Kuima, nicht auf eine Stufe mit den yo^yref-Schmieden der Griechen, den Daktylen, stellen sollen, denn Kuzma ist nur durch eine Volksetymologie {Kuznec} zum Schmiedepatrou 28*

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wie 66 poln. Botaniker schon im XVI. Jahrh. taten : >zowi^ wi^zem st^d, \i z<br />

niego iyka mocne bywaja ku tvipzaniu* ?). Überhaupt rächt sich mehrfach die<br />

Nichtberücksichtigung des Polnischen, z.B. für die Sippe russisch lut- ist poln.<br />

l^t Gerte (davon der slavische Name für Puppe, iqtka lutka), charakteristisch;<br />

bei vitex Weide hätte poln. vitlina (heute tviklina, wie wqllica Topf für altes<br />

wqtlica) dass., genannt werden sollen; S. 203 wird zu skrt. cart spinnen lit.<br />

krätai Gitter genannt, aber das ist doch spätes Lehnwort aus dem poln. kraty^<br />

das seinerseits aus dem romanischen stammt! Dem Verf., der so erfolgreich<br />

die Schwierigkeiten des Eussischen überwunden hat, wird es jetzt nicht mehr<br />

schwer fallen, auch die übrigen Slavinen zu berücksichtigen und das Litauischpreußische<br />

richtiger einzuschätzen. Für manches ist er ja überhaupt nicht<br />

verantwortlich, sondern seine Quellen oder Vorgänger, z.B. für die falsche<br />

Deutung von zupa als Weidebezirk, für den unslavischen Ursprung von konh u. a.<br />

Das Werk zerfällt in vier getrennte Abhandlungen: die Geschichte der<br />

»linguistischen Paläontologie«; ihre Methode und Kritik; das Auftreten der<br />

Metalle; die Urzeit, wo in 16 Kapiteln Haustiere, Waldbäume, Wohnung,<br />

Kleidung, Recht, Religion u. dgl. behandelt werden. Das Werk kann und soll<br />

das ungleich reichere »Reallexikon« nicht ersetzen, da es oft gerade bezüglich<br />

der Einzelheiten auf dieses einfach verweist; man möchte fast sagen, daß es<br />

die populäre Zusammenfassung jenes Hauptwerkes darstellt. Daher kann hier<br />

von weiterer Prüfung aller Einzelheiten abgesehen werden: für folgende Auflagen<br />

sei jedoch noch manches hervorgehoben. Es verdiente ausführlicher<br />

z. B. die arische Bienenzucht (d. i. Waldbienenzucht) besprochen zu werden,<br />

denn von der einstigen Bedeutung derselben (trotzdem arische<br />

Gleichungen<br />

für den Namen der Biene selbst fehlen!), zeugt entschieden der Name des<br />

Methes, der unauslöschlich an den arischen Sprachen haftet, noch inniger als<br />

z. B. der Name von Vater oder Gott! Der »Honigesser«, der Bär, wird den<br />

Ariern den Weg auf die alten Föhren und Eichen (daher Schwanken auch<br />

dieser Baumnamen?) mit den Beuten gewiesen haben: wie viele Arier mögen<br />

bei diesen Kletterübungen Hals oder Beine gebrochen haben! sie werden auch<br />

schon zur Anlegung eigener Beuten, barci, für die Waldbiene vorgeschritten<br />

sein und da sei denn auch der Verf. an das altehrwürdige, merkwürdige poln.<br />

Zeidlerrecht erinnert, das wir aus den Jahren 1559 und 1616 besitzen, das in<br />

den Wäldern entstanden ist, die nur eines Ariers Fuß betreten hat — bisher<br />

haben ja die Neuroi gesessen ; das so eigenartig, altertümlich ist, dem Rußland<br />

und Litauen, trotz ihrer Honigwaldungen, nichts zur Seite zu stellen<br />

hat, wenigstens nichts geschriebenes! Auch hier sind die Slaven unmittelbare<br />

Fortsetzer der Arier geblieben, anders als Germanen, denen man bekanntlich<br />

gerade in der Bienenzucht slavische Einflüsse und Entlehnungen vielfach<br />

zuspricht.<br />

Hier sei mir eine Zusammenstellung gestattet, die vielleicht auch grundfalsch<br />

ist. Litauisch heißt die Beute dravis — daher stammt der Name des<br />

litauischen Gaues Nadrovien ; ich möchte das Wort in poln. dmjki süß, süßlich,<br />

fade, sich ziehend wie Honig, wiederfinden. Zweifelhaft werde ich an dieser<br />

Zusammenstellung nur durch die völlige Vereinzelung des poln. Wortes, das<br />

sonst in keiner Slavine wiederzukehren scheint — steht es nicht für druwki

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