Slavische Philologie - Archiv

23.02.2018 Aufrufe

8 4 1 Kritiecher Anzeiger. direkt von urslavisch, aber zu dieser Annahme wird man durch seine Beweisführung verlockt. Wenn man also an ein urslav. o aus e nicht denken darf, so ist es trotzdem klar, daß unter gewissen Bedingungen schon im Urslavischen das c zu einem labialisierten Vokal werden mußte, der zu den ö-Lauten gehörte. Das anzunehmen werden wir gezwungen, da z. B. p. Hob, sorb. ziob, b. zlab und andererseits s. zl'ifeb, slov. zleb, b. zleb auf urslavische Varianten zurückzuführen sind; vgl. noch p. czhn, czionek, o.s. clönk, n.s. cionl\ b. claiiel;, s. cian, altkirchenslav. clan, neben bulg. clen, b. c7ew, slov. eleu i). Selbstverständlicli müssen die Doppelformen ursl. *delto und *dolto ferngehalten werden, da *(!oltn aus *delfo isoliert dastünde (all die übrigen Beispiele haben vor e einen urslav. weichen Konsonanten) ; der alte o-Vokalismus wird für *dolto durch das preuß. dalpian bezeugt. Wir sehen also, daß schon im Urslav. ein e nach urslav. weichen Konsonanten zu einem gewissen Vokal der vorderen labialisierten Reihe geworden war. Wenn man diese Erscheinung näher untersucht, so findet man leicht auch die Bedingung, darunter dieser Vokal schon urslav. sich einem o-Laute näherte; das geschah nur in den c(•/^ Gruppen, wo c einen urslavischen erweichten Konsonanten darstellt, und auch da nur dann, wenn der folgende Konsonant vollkommen hart ward; es mußten also ursprünglich celt und cu°lt je nach der Beschaffenheit der folgenden Silbe wechseln, es wurden aber im Laufe der Zeit die Differenzen ausgeglichen, wobei das Resultat in verschiedenen Dialekten verschieden ausfiel. Das ist Fortunatovs Meinung. Sachmatov ging früher weiter und dachte an urslav. ö vor jedem harten Konsonanten (obgleich im Urslavischen die Palatalvokale die »harten« Konsonanten nicht vollkommen erweichten, so wurde doch die Zungenstellung derselben z. T. vorausgenommen, es blieben also die Konsonanten vollkommen hart, wenn kein Palatalvokal folgte); darauf beruft sich Torbiörnsson, indem er selbst auf »phonetische Einzelheiten« nicht eingeht und auf Sach matovs >Izsledovanja v oblasti russkoj fonetiki« einfach verweist (Die Liquidametathese S. 36 f.). Das war früher auch meine Meinung, es haben mich aber Sachmatovs Ausführungen in »Izvestija Otdelenja russk.jaz.i slov.« VIT, S. 295 f. endgültig überzeugt, daß wir zu der ursprünglichen Auffassung zurückkehren müssen, die wir Fortunatov verdanken (vgl. seine Vorlesungen über die Lautlehre der altslovenischen Sprache, die Torbiörnsson zitiert und die weiteren Kreisen leider unzugänglich sind, da bisjetzt nur Bogen 1— 11 gedruckt vorliegen). Schließlich muß ich noch bemerken, daß Vondräk S. 305 aksl. cla7i% aus cletn, p. czlon aus *clen erklären möchte. Das ist rein unmöglich, denn im Polnischen hätten wir doch *czIo7i, *zlob zu erwarten (vgl. wlokf, plon) und im Altslav. müßte doch ein clem bleiben. Das (ßagotjate, worauf sich Vondräk beruft, hat doch ein weiches / gehabt, nach dem ein e, das aus bn-ete verschleppt wurde, ein a werden konnte. Gegen Sachmatov, der an urslavischen Ursprung solcher Bildungen wie glac/oljaie denken möchte (vgl. Izvestija VI, 1) Andere Beispiele s. bei Torbiörnsson »Die gemeinslavische Liquidametathese«.

»Die : Vondrak, Vergleichend^ slav. Grammatik, angez. von Porzezineki. 419 4, 260 f.), möchte ich einwenden, daß derartige Imperative speziell altslavisch sind. 3) S. 250 fF. wird die Geschichte der slavischen Konsonanten im allgemeinen besprochen. Hier erwähnt der Verfasser des gegenseitigen Verhältnisses von Lit. und Slav. in Betreff der Schicksale der k- und jr-Reihen und tut es in folgenden Worten : beiden ersten Reihen (d. h. die rein velaren und die labiovelaren k und a) sind im Lit. und Slav. zusammengefallen .... Bei der dritten Reihe stimmt aber das Lit. mit dem Slav. nicht mehr überein, trotzdem beide Sprachen, wie die balt.-slav. Gruppe überhaupt, zu den safsm- Sprachen gehören, k wurde im Slav. zu s, desgleichen im Lett. und Preuß., dagegen im Lit. zu sz [s]* usw. Die Worte: »trotzdem beide Sprachen< usw. sind geradezu verwirrend. Aus dem Umstand, daß zwei Sprachen zu der 5a

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aber zu dieser Annahme wird man durch seine Beweisführung<br />

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Wenn man also an ein urslav. o aus e nicht denken darf, so ist es trotzdem<br />

klar, daß unter gewissen Bedingungen schon im Urslavischen das c zu<br />

einem labialisierten Vokal werden mußte, der zu den ö-Lauten gehörte. Das<br />

anzunehmen werden wir gezwungen, da z. B. p. Hob, sorb. ziob, b. zlab und<br />

andererseits s. zl'ifeb, slov. zleb, b. zleb auf urslavische Varianten zurückzuführen<br />

sind; vgl. noch p. czhn, czionek, o.s. clönk, n.s. cionl\ b. claiiel;, s. cian,<br />

altkirchenslav. clan, neben bulg. clen, b. c7ew, slov. eleu i). Selbstverständlicli<br />

müssen die Doppelformen ursl. *delto und *dolto ferngehalten werden, da<br />

*(!oltn aus *delfo isoliert dastünde (all die übrigen Beispiele haben vor e einen<br />

urslav. weichen Konsonanten) ; der alte o-Vokalismus wird für *dolto durch<br />

das preuß. dalpian bezeugt. Wir sehen also, daß schon im Urslav. ein e nach<br />

urslav. weichen Konsonanten zu einem gewissen Vokal der vorderen labialisierten<br />

Reihe geworden war.<br />

Wenn man diese Erscheinung näher untersucht,<br />

so findet man leicht auch die Bedingung, darunter dieser Vokal schon urslav.<br />

sich einem o-Laute näherte; das geschah nur in den c(•/^ Gruppen, wo c einen<br />

urslavischen erweichten Konsonanten darstellt, und auch da nur dann, wenn<br />

der folgende Konsonant vollkommen hart ward; es mußten also ursprünglich<br />

celt und cu°lt je nach der Beschaffenheit der folgenden Silbe wechseln, es<br />

wurden aber im Laufe der Zeit die Differenzen ausgeglichen, wobei das Resultat<br />

in verschiedenen Dialekten verschieden ausfiel. Das ist Fortunatovs<br />

Meinung. Sachmatov ging früher weiter und dachte an urslav. ö vor jedem<br />

harten Konsonanten (obgleich im Urslavischen die Palatalvokale die »harten«<br />

Konsonanten nicht vollkommen erweichten, so wurde doch die Zungenstellung<br />

derselben z. T. vorausgenommen, es blieben also die Konsonanten vollkommen<br />

hart, wenn kein Palatalvokal folgte); darauf beruft sich Torbiörnsson,<br />

indem er selbst auf »phonetische Einzelheiten« nicht eingeht und auf Sach<br />

matovs >Izsledovanja v oblasti russkoj fonetiki« einfach verweist (Die Liquidametathese<br />

S. 36 f.). Das war früher auch meine Meinung, es haben mich<br />

aber Sachmatovs Ausführungen in »Izvestija Otdelenja russk.jaz.i slov.« VIT,<br />

S. 295 f. endgültig überzeugt, daß wir zu der ursprünglichen Auffassung<br />

zurückkehren müssen, die wir Fortunatov verdanken (vgl. seine Vorlesungen<br />

über die Lautlehre der altslovenischen Sprache, die Torbiörnsson zitiert und<br />

die weiteren Kreisen leider unzugänglich sind, da bisjetzt nur Bogen 1— 11<br />

gedruckt vorliegen).<br />

Schließlich muß ich noch bemerken, daß Vondräk S. 305 aksl. cla7i% aus<br />

cletn, p. czlon aus *clen erklären möchte. Das ist rein unmöglich, denn im<br />

Polnischen hätten wir doch *czIo7i, *zlob zu erwarten (vgl. wlokf, plon) und im<br />

Altslav. müßte doch ein clem bleiben. Das (ßagotjate, worauf sich Vondräk<br />

beruft, hat doch ein weiches / gehabt, nach dem ein e, das aus bn-ete verschleppt<br />

wurde, ein a werden konnte. Gegen Sachmatov, der an urslavischen<br />

Ursprung solcher Bildungen wie glac/oljaie denken möchte (vgl. Izvestija VI,<br />

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