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Slavische Philologie - Archiv

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304 Iwan Franko, Beiträge zur Quellenkritik einiger altrussischer Denkmäler.<br />

lobt und Igor tadeln läßt, »weil er den Reichtum im Fluß Kajala versenkt<br />

hat«, und das zweite Mal Kap. IX, Abs. 3, wo er den Svjatoslav<br />

(nicht den alten Polovzersieger, sondern den Oheim Igors) seine Brudersöhne<br />

mit bitteren Worten tadeln läßt: »0 meine Brudersöhne Igor und<br />

Vsevolod, früh begannt ihr die Polovzerlandschaft mit Schwertern zu bedrängen<br />

und euch Ruhm zu suchen. Aber unehrlich habt ihr gesiegt,<br />

denn unehrlich habt ihr Heidenblut vergossen.«<br />

Diese Vorwürfe<br />

sind purer Unsinn; die linksuferigen Fürsten wurden ja von den Polovzen<br />

unaufhörlich bedrängt, befanden sich mit ihnen in unaufhörlichem<br />

Kriegsstande, haben ihnen keinen Eid auf ein friedliches Leben geleistet,<br />

was konnte also dem Svjatoslav Grund zu solchen Vorwürfen geben?<br />

Daß der Kompilator auch über Igors Familienverhältnisse keinen<br />

richtigen Begriff hatte, beweist jene Stelle im Kap. VIII, wo gesagt wird:<br />

»Thh 6o ABa xpaöpaM CßMT'BCJiaBHya, Mropx h BceBOjiOÄ'B,<br />

yace Jiatio<br />

y6yAHCTa, KOTopyio to öflme ycnaifB OTeij,T> HXt CßMXOCJiaBi. rposHtiH,<br />

BejiHKLiH KtieBCKtiH« USW., WO ja von den Siegen Svjatoslavs und<br />

Monomachs aus dem Anfang des XII. Jahrh. gesprochen wird,<br />

während<br />

Igors Vater viel jünger war und um die Mitte des XII. Jahrh. in Novgorod<br />

Siversk regierte und nie Siege über die Polovzen davontrug.<br />

Seine id^e fixe, an der man seine Einschiebsel erkennen und ausscheiden<br />

kann, ist die, daß er die KOTopa und Kpainojia (Bruderzwist und Inti'iguen)<br />

als die Hauptübel der russischen Staatsverfassung betrachtet, für ihre<br />

Beseitigung aber kein Heilmittel findet.<br />

Dr. Iwan Franko.<br />

Anmerkung der Redaktion. Es sind schon so viele Versuche gemacht<br />

worden, um dem Igorliede in allen seinen Teilen beizukommen, daß<br />

gewiß auch Dr. Iwan Franko berechtigt ist, mit seiner subjektiven Auffassung<br />

des Denkmals zu Worte zu kommen. Wenn der Geschmack und die Sinnesart<br />

der alten Menschen des XII.— XIII. Jahrh. ganz nach unserer Art gewesen<br />

wären, so würde der Verfasser gewiß berechtigt sein, nicht nur den Vorwurt<br />

gegen das Denkmal in<br />

seiner jetzigen Gestalt zu erheben, sondern auch zu<br />

zeigen, wie es besser gemacht werden könnte. Allein der Beweis, daß das<br />

>Slovo« wirklich nichts anderes als eine aus verschiedenen Liedern zusammengestoppelte<br />

Kompilation sei, haben seine Einwendungen doch noch nicht erbracht.<br />

V. J.

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