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Slavische Philologie - Archiv

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Beiträge zur Quellenkritik einiger altrussischer Denkmäler. 285<br />

seinen Zellen zu den in das Kloster zur Bekehrung verschickten Konvertiten,<br />

disputierte mit ihnen, tadelte und beschämte sie als Abtrünnige<br />

und Verleugner des Christentums, wobei er wirklich riskierte, irgend<br />

welche Unbill von ihnen zu erleiden.«<br />

Es wäre vielleicht wirklich etwas Wahrscheinliches daran, wenn<br />

sich auch die leiseste Spur eines reellen Beweises dafür finden ließe, daß<br />

es in Altrußland wirklich solche Solovki-Klöster, wie wir sie in Rußland<br />

im XVI. XVII. Jahrh. im Gebrauch sehen, gegeben habe, aber wir<br />

finden keine Spur davon. Dabei spricht der Verfasser der Theodosiuslegende<br />

von keinen Konvertiten, sondern von Juden sans phrase, erwähnt<br />

keine Unbill, der er sich aussetzte, sondern spricht von seiner<br />

Hofi"nung, für seine Provokationen und Schmähungen von den Juden den<br />

Tod zu erleiden. Wir besitzen keinen Schein des Beweises, daß im<br />

alten Rußland Juden je zur Taufe gezwungen wurden, desto weniger,<br />

daß sie dann abfielen, insgeheim am Judentume festhielten und in Klöster<br />

verschickt wurden. Statt eines altrussischen Dokumentes zitiert H. Barac<br />

nur einen Beschluß der Konstantinopeler Synode vom J. 786 über die<br />

Juden, welche (ohne Zwang) mit unreinen Zielen das Christentum annehmen.<br />

Tatsachen, wie er sie braucht, findet er für jene Zeit nur in<br />

Spanien, — er hätte sie vielleicht auch in Italien, Frankreich oder England<br />

finden können, aber für Altrußland passen sie gewiß gar nicht.<br />

Aber nein, H. Barac hat dennoch einen Beweis erbracht, einen altrussischen<br />

und sogar einen solchen, den er in demselben Paterikon gefunden<br />

hat. Es ist nichts weniger, als die allgemein bekannte Erzählung<br />

von dem Nikita Zatvornik, einem jungen Mönche, welcher aus Begierde<br />

nach einsamem Höhlenleben sich in einer Höhle vermauerte, dort nach<br />

einer gewissen Zeit der Vision eines Engels gewürdigt wurde, welcher<br />

ihm gebot, nicht selbst zu beten — er werde selbst für ihn beten, Nikita<br />

aber soll sich nur fleißig aufs Bücherlesen legen. So las denn Nikita<br />

die heilige Schrift, aber nur das alte Testament, während er das neue<br />

weder lesen noch sogar anhören konnte. Er bekam einen prophetischen<br />

Geist, disputierte gewaltig und zitierte hebräisch, bis es den heiligen<br />

Vätern des Höhlenklosters (unter ihnen wird auch Nestor, der Verfasser<br />

der Chronik, namhaft gemacht) zu viel wurde, sie ihn aus seiner Vermauerung<br />

hervorholten und tüchtig exorzierten, so daß ihm Hören und<br />

Sehen verging und er eine geraume Zeit ganz bewußtlos lag; als er aber<br />

vollkommen zu sich kam, zeigte sich zum höchsten Erstaunen der heiligen<br />

Väter, daß Nikita nicht nur kein Sterbenswörtchen hebräisch, sondern

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