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Slavische Philologie - Archiv

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Drei Fragen aus der Taufe des heiligen Vladimir. 265<br />

Sagaenbibliothek des skandinavischen Altertums,<br />

übersetzt aus dem Dänischen<br />

von Dr. Karl Lachmann, 125). Als sich Sigmund, Bresters<br />

Sohn, in<br />

der Färeingasaga (Ende des X. und Anfang des XI. Jahrh.) in<br />

Dronthjem einschiffen wollte, um den Tod seines Vaters zu rächen, antwortete<br />

er auf die Frage Hakons, des Jarl von Dronthjem, an wen vertraue<br />

er: »an meine eigene Kraft und Stärke« (ibid. 132). In der Laxdälasage<br />

(Mitte des XI. Jahrh.) weigert sich Bolle, das Christentum<br />

anzunehmen, da ihm der christliche Glaube zu weich scheine (ibid. 153).<br />

In derselben Saga sagt dem König Olaf Triquason Kiarton, als er ihm<br />

zugeredet das Christentum anzunehmen, daß man ihn durch Güte am<br />

ehesten dazu bringen würde das Christentum anzunehmen, und daß er<br />

den nächsten Winter auf Island Thor weniger verehren werde,<br />

worauf<br />

ihm der König lächelnd sagte: »Es scheint, daß Kiarton mehr an seine<br />

eigene Kraft und Stärke vertraut, als an Thor und Odin« (ibid. 154).<br />

Helge und Grim in der Fliotslidasaga verirrten sich während eines Schneegestöbers<br />

und kamen in den Tempel ihres Erziehers, wo Götzenbilder<br />

standen, und sie sprachen Frey und Thor mit folgenden Worten an:<br />

Wenn ihr wollt, daß wir sowie andere Menschen an euch vertrauen, zeigt<br />

euch hoffärtig, seid ihr nicht gewillt uns zu helfen, so werden auch wir<br />

uns um euch nicht mehr kümmern (ibid. 167). Als der norwegische<br />

König Olaf der Dicke in einen Helden,<br />

der sich zu keinem Glauben bekannte,<br />

drang, das Christentum anzunehmen, entschloß sich dieser mit<br />

den Worten: »Quodsi in deum quendam mihi sit credendum, anne mihi<br />

peius erit in album istum Christum credere, quam in deorum alium« (Krug,<br />

Forschungen in d. alt. russ. Geschichte II. 4ü9).<br />

Die Normannen konnten<br />

sich für das Christentum nicht erwärmen, weil sie für das jenseitige<br />

Leben gar nicht empfindlich waren, denn das künftige Leben in der Walhalla<br />

kommt nur jenen zugute, denen diese Welt nichts mehr bietet als<br />

den Tod (wie den zum Tode Verurteilten, verwundeten Helden und auch<br />

jenen Helden, die sich vor dem nahenden Alter fürchten), sie ziehen den<br />

Sieg und das Leben der Walhalla vor,<br />

sie für sich, die Walhalla dem Feinde.<br />

den Sieg und das Leben wünschen<br />

Hieraus sehen wir, daß die Normannen<br />

keine religiöse Begeisterung, keinen religiösen Eifer besaßen, und<br />

wenn es schon vorkam, daß ein Held einen anderen Glauben angenommen<br />

hat, so blieb auch dann jedweder religiöse Fanatismus fern (Snorri<br />

Sturluson, Weltkreis II., 108). In einem solchen Volke konnte es keine<br />

religiösen Gegensätze geben.<br />

Der Übergang von einem Glauben zum anderen<br />

wurde als Privatsache betrachtet — erst später bekam er eine

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