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Slavische Philologie - Archiv

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Drei Fragen aus der Taufe des heiligen Vladimir. 251<br />

enger aneinander geknüpft.<br />

Schwerlich hat Vladimir schon vor der Annahme<br />

des Christentums an die Organisation des Reiches überhaupt gedacht,<br />

denn er war zu sehr mit verschiedenen Kriegen beschäftigt; die<br />

eigentliche Organisation des Reiches tritt erst nach der Annahme des<br />

Christentums unter Beihilfe seiner Frau Anna, ihrer griechischen Umgebung<br />

und Dobrynjas in den Vordergrund. Vorläufig förderte er nur<br />

den alten Glauben durch Aufstellung neuer Götzenbilder, woran nicht<br />

zu zweifeln ist, da nach der eingehenden Untersuchung Roznieckys (Perun<br />

u. Thor, <strong>Archiv</strong> f. s. Ph. XXUI, SOG u. 507) jene Stellen der Chronik,<br />

die von der Aufstellung des Perun in Kijew und des neuen Götzen in<br />

Novgorod (jiiT. 7 7^^) handeln, im ursprünglichen Text standen und keine<br />

spätere Interpolation sind. Um dem alten Glauben ein größeres Ansehen<br />

zu geben, brachte Vladimir aus Schweden, wo gerade damals die Kunstschnitzerei<br />

in Blüte stand (Weinhold, x\ltnordisches Leben 422), einen<br />

neuen, fein ausgearbeiteten Perun mit silbernem Kopfe und goldenem<br />

Schnurrbart mit und stellte ihn an die Stelle des alten Bildes,<br />

das höchstwahrscheinlich<br />

durch einen einfachen Pfahl mit einem ausgeschnittenen<br />

Kopfe dargestellt war. Eben dieser Gegensatz zwischen dem alten und<br />

neuen Götzenbilde bestimmte auch die Beschreibung seines äußeren Habitus<br />

in der Chronik und ist kein späterer Zusatz, wie es Rozniecky glaubt.<br />

Und nun läßt plötzlich dieser Förderer des Heidentums dasselbe im<br />

Stiche, übt Verrat an der Partei, die ihm zur Herrschaft geholfen, wird<br />

zum ausgesprochenen Anhänger des Christentums, stürzt seinen Götzen<br />

Perun und läßt ihn weit über die Sti-omschnellen treiben. Vergebens<br />

werden wir nach den wahren Ursachen dieses unerwarteten Wechsels in<br />

den russischen und byzantinischen Quellen suchen.<br />

Die russische Chronik<br />

schreibt diesen Wechsel teils der Rede des griechischen Philosophen,<br />

teils wieder seinem Gelübde zu, daß er das Christentum annehmen werde,<br />

wenn es ihm gelingt Cherson einzunehmen {ä^t. 107 8-9). Alles, was<br />

in den russischen Quellen, namentlich in der Chronik, über die Taufe<br />

Vladimirs, von der Ankunft der Gesandtschaften im Jahre 9S6 gesagt<br />

wird, Avo sich auch die Rede des griechischen Philosophen befindet,<br />

wurde, wie dies Sachmatov zu erklären gesucht hat, höchstwahrscheinlich<br />

einer Vita des bulgarischen Fürsten Boris nachgeahmt (Oahht. iisoi hct.74).<br />

Diese vermutliche Vita Boris, die uns übrigens verloren gegangen ist,<br />

diente dem Kompilator der Taufe Vladimirs (wir weisen nur auf das Bild<br />

vom jüngsten Gerichte hin) als Vorlage,<br />

die er trotz der Anachronismen,<br />

die darin vorkommen, geradezu sklavisch nachgeahmt hat. Sachmatov

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