Slavische Philologie - Archiv

23.02.2018 Aufrufe

. 246 Michajlo Tersakovec, Beziehungen der ukrain. histor. Lieder etc. Es ist also kein Anhaltspunkt vorhanden, um die Entstehungszeit des in Eede stehenden Liedes zu bestimmen. Wir müssen uns lediglich damit begnügen, dieses demselben Zyklus zuzuzählen, welchem die vier anderen von mir angeführten Lieder angehören. Zwischen ihnen besteht der Unterschied nur in dem Fortschritt ihrer Entwicklung. Einmal den serb. Sängern entlehnt, blieben die vier Lieder auf derselben Stufe der Entwicklung. Ganz anders verhielt es sich mit ihrem fünften Genossen; wie, das haben wir gesehen. Michajlo Tersakovec. Drei Fragen aus der Taufe des heiligen Vladimir. Als im Jahre 1888 die Russen das 900jährige Jubiläum der Taufe gefeiert haben, erschien bei dieser Gelegenheit eine schöne Anzahl von Monographien und Untersuchungen, die diesen interessanten Punkt der russischen Geschichte mehr odej* minder wissenschaftlich behandelt haben. Wenn auch diese Untersuchungen manche Seite dieser Begebenheit in anderem Lichte erscheinen ließen, so blieb dennoch manche Frage derselben wegen Mangel an glaubwürdigen Quellen und Nachrichten dunkel und unentschieden. Die russisch-slavischen Berichte, auf denen der bisherige Stand der Taufe Vladimirs aufgebaut wurde, gehören durchweg kirchlichen Kreisen an, die diese Begebenheit natürlich von ihrem Standpunkt aus betrachtet haben. Es ist auffallend, daß wii- über ein so wichtiges Ereignis, wie es eben die Taufe ist, so spärliche glaubwürdige Nachrichten besitzen. Aber auch die zeitgenössischen byzantinischen Chronisten erwähnen die Taufe entweder überhaupt nicht oder es wird ihi- auch dort, wo sie es tun, nicht die Bedeutung zugeschrieben, die sie für die byzantinische Hierarchie tatsächlich hatte. Auch dieser Umstand muß einen tieferen Grund haben. Erst durch die Bekanntschaft des arabischen Chronisten Ibn Jahja, der im Anfang des XL Jahrh. lebte, werden uns nähere Umstände bekannt, unter denen die Taufe Vladimirs vor sich gegangen ist. im J. Obwohl diese Quelle der russischen gelehrten Welt schon 1883 in der Übersetzung des bekannten Orientalisten Baron Rosen, der sie mit einem reichen Kommentar^) versehen, bekannt gewesen ist, so 1) HMuepaTopt BacHJiiii Eojirapoöoäua. H3B.ieqeHia Hst .lixonucH üx-lu AHTioxiiicKaro. üpHJioaceHie k^ XIV. aan. aK. u. Nr. 1

Drei Fragen aus der Taufe des heiligen Vladimir. 247 hat man entweder davon keine Notiz genommen oder man hat sie nur (seltene Fälle ausgenommen) oberflächlich benützt. Noch im J. 1888 steht der weitaus größte Teil dieser Gelegenheitsuntersuchungen im Banne der russischen Chronik. Besonders sind es drei Punkte, die einer näheren Beleuchtung bedürfen, es sind dies 1) die Frage der Gesandtschaften, 2) die Gründe, die Vladimir bewogen haben das Christentum anzunehmen und 3) das Jahr der Taufe. Wir werden versuchen, diese drei Punkte ins richtige Licht zu stellen. Da aber das Jahr des Regierungsanfangs Vladimirs besonders für die zweite Frage von größter Wichtigkeit ist, so werden wir zuerst bestimmen, wann Vladimir Alleinherrscher von Rußland geworden. I. Die Angaben über Vladimirs Regierungsantritt sind verworren. Nach der Chronik fing Vladimir im J. 980 zu regieren an (jr^xonHct 74) ^j, während er nach der »IIaMHTT> n noxBaJia Bja^HMapy« des Mönches Jakob und des »^peBPiee acHTie cb. BjiaAHMHpa« zur Zeit der Besetzung Kijews am 11. Juni 978 Alleinherrscher von Rußland wurde 2). Diese beiden Quellen sagen ausdrücklich, daß Vladimir sich am 11. Juni 978 in Kijew niedergelassen habe, während sie vorausschicken, daß dies im 8. Jahre nach dem Tode seines Vaters Svjatoslav gewesen sei. Aber schon hier haben wir mit Schwierigkeiten zu kämpfen, da sich diese Quellen scheinbar selbst widersprechen. Der Tod Svjatoslavs fällt in das J. 973 und von 973— 978 sind nur 5 und nicht 8 Jahre. Es stehen also entweder das J. 973 als Todesjahr Svjatoslavs oder das J. 978 als Regierungsanfang Vladimirs nicht fest oder es steht nicht fest, daß dies 8 Jahre nach dem Tode Svjatoslavs geschehen sei. Das Jahr 973 als Todesjahr Svjatoslavs bezeugen die Angaben des Zeitgenossen Leo Diaconus3], es ist aber auch das J. 978 als echt zu betrachten, wofür die präzise Angabe nicht nur des Jahres und des Monats, sondern auch des Tages spricht, während die Bezeichnung » 8 Jahre nach dem Tode seines 1) Wir zitieren nach der Laurentius- Chronik der archeographischen Kommission vom J. 1 872. 2] rojryÖMHCKiiijHcTopiH pyccKoii uepKBii, 2. Ausgabe, 2-15, wo die»naMflTX u noxB. Bj.« mitgeteilt ist, während das >JpeB. acurie cb. Bji.t nach der Ausgabe im »^IieHifl bt. HCTop. oöiu:. Hecxopa .aixonucua, KHura BiopaK, otj. II, 17« zitiert ist. 3) Im J.972 haben die Kämpfe mitTzimisces in Bulgarien stattgefunden iLeo Dioc. VIII. C. 7), den nächsten Winter verbrachte Svjatoslav bei den Stromschnellen und im Frühjahr 973 fand er daselbst den Tod.

.<br />

246 Michajlo Tersakovec, Beziehungen der ukrain. histor. Lieder etc.<br />

Es ist also kein Anhaltspunkt vorhanden, um die Entstehungszeit des<br />

in Eede stehenden Liedes zu bestimmen. Wir müssen uns lediglich damit begnügen,<br />

dieses demselben Zyklus zuzuzählen, welchem die vier anderen von<br />

mir angeführten Lieder angehören. Zwischen ihnen besteht der Unterschied<br />

nur in dem Fortschritt ihrer Entwicklung. Einmal den serb. Sängern entlehnt,<br />

blieben die vier Lieder auf derselben Stufe der Entwicklung. Ganz anders<br />

verhielt es sich mit ihrem fünften Genossen; wie, das haben wir gesehen.<br />

Michajlo Tersakovec.<br />

Drei Fragen aus der Taufe des heiligen Vladimir.<br />

Als im Jahre 1888 die Russen das 900jährige Jubiläum der Taufe<br />

gefeiert haben, erschien bei dieser Gelegenheit eine schöne Anzahl von<br />

Monographien und Untersuchungen, die<br />

diesen interessanten Punkt der<br />

russischen Geschichte mehr odej* minder wissenschaftlich behandelt haben.<br />

Wenn auch diese Untersuchungen manche Seite dieser Begebenheit in<br />

anderem Lichte erscheinen ließen, so blieb dennoch manche Frage derselben<br />

wegen Mangel an glaubwürdigen Quellen und Nachrichten dunkel<br />

und unentschieden.<br />

Die russisch-slavischen Berichte, auf denen der bisherige<br />

Stand der Taufe Vladimirs aufgebaut wurde, gehören durchweg<br />

kirchlichen Kreisen an,<br />

die diese Begebenheit natürlich von ihrem Standpunkt<br />

aus betrachtet haben.<br />

Es ist auffallend, daß wii- über ein so wichtiges<br />

Ereignis, wie es eben die Taufe ist, so spärliche glaubwürdige<br />

Nachrichten besitzen. Aber auch die zeitgenössischen byzantinischen<br />

Chronisten<br />

erwähnen die Taufe entweder überhaupt nicht oder es wird<br />

ihi- auch dort, wo sie es tun, nicht die Bedeutung zugeschrieben, die sie<br />

für die byzantinische Hierarchie tatsächlich hatte. Auch dieser Umstand<br />

muß einen tieferen Grund haben. Erst durch die Bekanntschaft des arabischen<br />

Chronisten Ibn Jahja, der im Anfang des XL Jahrh. lebte, werden<br />

uns nähere Umstände bekannt, unter denen die Taufe Vladimirs vor sich<br />

gegangen ist.<br />

im J.<br />

Obwohl diese Quelle der russischen gelehrten Welt schon<br />

1883 in der Übersetzung des bekannten Orientalisten Baron Rosen,<br />

der sie mit einem reichen Kommentar^) versehen, bekannt gewesen ist,<br />

so<br />

1) HMuepaTopt BacHJiiii Eojirapoöoäua. H3B.ieqeHia Hst .lixonucH üx-lu<br />

AHTioxiiicKaro. üpHJioaceHie k^ XIV. aan. aK. u. Nr. 1

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!