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Slavische Philologie - Archiv

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Beziehungen der ukrainischen histor. Lieder zum südslav. Volksepos. 243<br />

[*Studien< Kap. III) fragt die verkaufte Tochter, wo sie sich vor den Türken<br />

verbergen darf. Der Vater gibt ihr nicht einen Nachbar an, sondern sagt<br />

Iäh CHHKy, B ^opHy ropy,<br />

TaM Myjiffpi rpiö MypyiOTB,<br />

BoHH Te6e saMypyioxi, (SanucKJi, p. 49).<br />

Die unglückliche Tochter, die von dem Türken weggeführt wird, findet unterwegs<br />

keine Hilfe, ebenso wie Ivan. Die genaue topographische Angabe<br />

würde den Volkssänger in Verlegenheit bringen , denn sonst müßte er von<br />

den Gegenden sprechen, die er nie im Leben gesehen hat; darum zieht er vor,<br />

dieselbe mit Stillschweigen zu übergehen, ebenso wie Dr. Franko, für welchen<br />

die Topographie in dem eben genannten Liede kein Interesse darbietet,<br />

weil<br />

er sonst gezwungen wäre, seinen Ursprung auch in der Steppen-Ukraina zu<br />

suchen.<br />

Ad 2. Der Verfasser findet weiter im Texte, was dort nicht zu finden<br />

ist, wenn er die Stelle vom Ackerbau dahin deutet, der Held nehme ein freies,<br />

vor ihm noch unbebautes Ackerstück in Besitz, um es zu bebauen; jedoch<br />

aus dem vollen Texte einer Var., vor allem aber aus dem Texte der anderen<br />

drei Var. (denn die fünfte zieht der Verfasser zum Vergleich nicht heran), ist<br />

nur zu entnehmen, daß Ivan einfach seinen eigenen Acker bebaut. Die Worte:<br />

Ta Biopeii co5i HHBKy,<br />

K Hl BysKy, Hl luiipoKy,<br />

A Hl ÄOBry, hY KopoxKy<br />

lassen nicht die Erklärung zu, daß die Gatten ein beliebig großes Grundstück<br />

bebauen, sie dienen nur zur Beruhigung derjenigen Person des Ehepaares,<br />

welche früher der Trunksucht huldigte und dadurch der regelmäßigen Arbeit<br />

entwöhnt war.<br />

Ad 3. Die Behauptung, der Held habe vor der Heirat ein freies, ritterliches<br />

Kosakenleben geführt, ist unbegründet. Die Erwähnung des Pferdes,<br />

des Wagens, des Sattels und der Riemengeißel als der Sinnbilder eines Kosakenritters<br />

besagt gar nichts; zur Ausrüstung eines Kosaken fehlt noch<br />

vieles, darunter auch das Wesentliche, die ganze Angriffs- und Defensiv-<br />

Waffe. Ja, woher konnte denn der galizische Volkssänger einen Kosaken<br />

schildern, wenn er ihn erst 1648, zur Zeit des Bohdan Chmelnickyj , zum<br />

erstenmal in Galizien gesehen hat? Er war doch nur imstande, davon zu<br />

sprechen, was ihm zugänglich war, was er mit seinen Augen jeden Tag betrachtete,<br />

also von dem Pferde, dem Sattel, der Geisel vulgo nahajka (womit<br />

er als ein Leibeigener mitunter selbst blutig gezüchtigt wurde), dem Wagen.<br />

Kurz gesagt, die Erklärung des Verfassers trifft nicht zu ; wir müssen<br />

uns also nach einer anderen umschauen, die uns den Text des Liedes begreiflich<br />

macht. Ich glaube nun bei meiner früheren Erklärung, die ich S. 239 gegeben<br />

habe, bleiben zu können. Dort ist folgendes gesagt: >Hat aber einmal<br />

unser Lied, dem serb. Original folgend, den Türken allein handeln lassen<br />

und dadurch die geschichtliche Wahrheit vergewaltigt, so hat es versucht,<br />

anderswo dafür einen Ersatz zugeben. Es hat nämlich die psychologische<br />

Seite der Heldin vertieft und ihre Untreue dem Gatten<br />

gegenüber durch einen Riß in ihren gegenseitigen Verhält-<br />

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