Slavische Philologie - Archiv

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166 G. Hjinskij, *kos- ergeben. Und ebenso wie bereits im Urslavisclien von *kvas^ das Verbum *kvasiti (vgl. asl. KßacHTH, big. KBaeim, serb. KBacnTH, slov. kvdsiti, cech. kvasiti^ poln. kwasic^ russ. KBacHTt) gebildet wurde, konnte vom slav. *kos = idg. *qu9s- das Iterativum *kasiti gebildet werden. Und ebenso wie von *kvasiti im Slavischen *k.vasa (vgl. slov. kväsa, poln. kioasza und russ. KBama) gebildet wurde, konnte vom urslav. ^kaaiti im Slavischeu *kasa gebildet werden. V. Zu den etymologisch dunklen Wörtern im Urslavischen gehört das Adjektivum *goh (vgl. asl. rOAT^, big. rojri>, serb. rö, slov. göl, cech, Äo/y, obersorb. hoiy^ poln. goltj^ russ. rojiBifi). Einige Forscher stellen dieses Wort zu lat. cahus »kahlköpfig«, aber die anlautenden Konsonanten sprechen dagegen. Genauer entspricht in dieser Hinsicht goh dt. kahl > kahlköpfig«; nach der Meinung Kluges KZ. XXXI 91 kann letzteres aber aus dem Lateinischen entlehnt sein. Der Versuch Zupitzas KZ. XXXVII 389 slav. gol und dt. kaJil und lat. calvus, ai. kulva- als »Anlautdoubletten « zu betrachten, würde keine Bedenken erregen, falls es keinen anderen Weg gäbe, das Wort zu erklären. Man kann jedoch slav. goh auf sehr einfache Weise erklären, wenn man es zu slav. ^guliti »abschälen, abschinden« (vgl. serb. ryjiHTii, slov. güliti) und zuliti (serb. JKJJIHTH, slov. züliti) stellt. Obwohl diese Verba jetzt nur in zwei slavischen Sprachen gebraucht werden — vielleicht gehören übrigens auch big. acyjiHi »eine Wunde reizen« neben serb. SK-fib »Schwiele, Hühnerauge«, slov. zülj id. dazu — so ist an dem indogermanischen Ursprung ihrer Wurzel doch nicht zu zweifeln, den fast gleichzeitig und unabhängig voneinander Berneker IP. X 156 und Zupitza Germ. Gutt. 145 gefunden haben. Wenn dem so ist, so kann uns nichts hindern, slav. *gul- auf eine idg. Wurzel *gdul- aus *gouel- zurückzuführen ; aus einer anderen Variante von idg. *gotiel- *gtpl- ist ursl. *goh entstanden. Mithin bedeutete nach dieser Etymologie ursl. ^goh nicht so sehr »kahl« als »abgeschält, abgeschunden«. Als morphologische Stütze für diese Etymologie dienen die Verben guliti imd zuliti; aber selbst wenn wir bei unserer Beweisführung nicht die Möglichkeit hätten, uns auf sie zu stützen, so würden wir auch dann zu derselben Etymologie gelangen, sofern wir nur die Semasiologie des in Frage stehenden Wortes sorgfältig berücksichtigen. Man kann in der Tat das interessante Faktum nicht gut übersehen, daß ursl. *goh als Prädikat belebter wie unbelebter Gegenstände gebraucht werden kann, während sein Synonym ^nag% nur in Bezug auf den Menschen gebrauch- {

Der Spirant v vor o aus idg. » im Urslavischen. 167 lieh ist. So sagt man im Russischen nie iiaraa sejwfl, wohl aber oft TOji&n seuÄR ; es heißt nicht naraa cx'Sna sondern nur rojia;i cxiHa ; man sagt nicht Haraa cTenB, sondern einzig und allein rojiaH CTent; ein glatter unbemooster und schimmelloser Stein wird nicht *iiariim'i>, sondern nur rOÄhiun> genannt usw. Der Umstand nun, daß gerade mu* *ffoh das Prädikat unbelebter Gegenstände ist, dient als Beweis, daß seine ursprüngliche Bedeutung nicht »entblößt« oder »kahlköpfig« war, sondern eben >abgeschält«, »abgeschunden«, »abgerupft« u. a. m., also eine Bedeutung, die ursl. *nago ganz fremd ist*). VI. In den sttdslavischen Sprachen findet sich das Adjektivum ocltoh in der Bedeutung »stolz, hochfahrend, eingebildet, prahlerisch« (vgl. big. oxo-ix, serb. bxoj, slov. ohgl). Verbunden mit dem Suffix -sth haben wir dasselbe Wort im serb. oxojioct, slov. oholmt »Hochmut«. Schon die Bedeutung dieser Wörter verlockt dazu sie zu ursl. *chvala (asl. Yß^'^'Sj big. xBa.ira, serb. xßä^a, slov. hväla^ cech. chväla, obersorb. khwala^ poln. clnoala^ russ. XBaja) zu stellen. Uhlenbeck Ai. Et. Wb. 355 hält dieses Wort für eine Entlehnung aus dem Deutschen, jedoch ohne jeden Grund. Da anlautendes s nach den Gesetzen der slavischen Phonetik nicht zu cli werden muß, bin ich am ehesten geneigt, die Wurzel von clivala auf eine idg. schallnachahmende Wurzel *khöu- zurückzuführen. Dieselbe Wurzel haben wir, wie Liden ASPh. XXVIII kürzlich gezeigt hat, in arm. xausvn »ich spreche«. Von ihr darf auch ursl. *chula (asl. J^o^'^ii, big. xyja, serb. xy.!ia, russ. xyjia) nicht getrennt werden, das Pedersen IF. V 64 und Uhlenbeck Got. Et. Wb.i 26 m. E. sehr mit Unrecht zu got. bi-sauJJan »besudeln« stellen, indem sie sl. und got. s ohne Not auf idg. -ks- zurückführen. Sowohl sl. *chvala wie sl. *chula bedeuteten ursprünglich in ihrem wurzelhaften Teil einen Schrei, und zwar lag der Bedeutung von *chvala »Jubelruf« oder »Triumphgeschrei« zugrunde, der Bedeutung von *cJnda dagegen »Schrei des Unwillens oder des Tadels«. 1) Diese Erwägungen lassen vermuten, daß >ro.ibiii« in Bezug auf den Menschen ursprünglich nicht so sehr >da8 Fehlen von Kleidung auf dem Körper, das Unbedecktsein des Körpers«, als >das Fehlen von Behaarung auf dem Körper, das Fehlen von Kopfhaar und Bart« bedeutete. So wird die schon vonMiklosichEt.Wb. 7 gegebene Etymologie des westsl.(/o/ec »Bursche« und goU^ »Kind« als Benennungen »bartloser Menschen« bestätigt. Ob nicht hiervon auch cech. Itoch Knabe (vgl. cech. Pech von Petr oder poln. Stach von Stanisiaw etc.) gebildet ist, das Gebaaer Slovnik starocesky zu ahd. hache stellt?

Der Spirant v vor o aus idg. » im Urslavischen. 167<br />

lieh ist. So sagt man im Russischen nie iiaraa sejwfl, wohl aber oft<br />

TOji&n seuÄR ;<br />

es heißt nicht naraa cx'Sna sondern nur rojia;i cxiHa ; man<br />

sagt nicht Haraa cTenB, sondern einzig und allein rojiaH CTent; ein glatter<br />

unbemooster und schimmelloser Stein wird nicht *iiariim'i>,<br />

sondern nur<br />

rOÄhiun> genannt usw. Der Umstand nun, daß gerade mu* *ffoh das<br />

Prädikat unbelebter Gegenstände ist, dient als Beweis, daß seine ursprüngliche<br />

Bedeutung nicht »entblößt« oder »kahlköpfig« war, sondern<br />

eben >abgeschält«, »abgeschunden«, »abgerupft« u. a. m., also eine Bedeutung,<br />

die ursl.<br />

*nago ganz fremd ist*).<br />

VI. In den sttdslavischen Sprachen findet sich das Adjektivum ocltoh<br />

in der Bedeutung »stolz, hochfahrend, eingebildet, prahlerisch« (vgl. big.<br />

oxo-ix, serb. bxoj, slov. ohgl). Verbunden mit dem Suffix -sth haben<br />

wir dasselbe Wort im serb. oxojioct, slov. oholmt »Hochmut«.<br />

Schon die Bedeutung dieser Wörter verlockt dazu sie zu ursl. *chvala<br />

(asl. Yß^'^'Sj big. xBa.ira, serb. xßä^a, slov. hväla^ cech. chväla, obersorb.<br />

khwala^ poln. clnoala^ russ. XBaja) zu stellen. Uhlenbeck Ai. Et. Wb.<br />

355 hält dieses Wort für eine Entlehnung aus dem Deutschen, jedoch<br />

ohne jeden Grund. Da anlautendes s nach den Gesetzen der slavischen<br />

Phonetik nicht zu cli werden muß, bin ich am ehesten geneigt, die Wurzel<br />

von clivala auf eine idg. schallnachahmende Wurzel *khöu- zurückzuführen.<br />

Dieselbe Wurzel haben wir, wie Liden ASPh. XXVIII kürzlich<br />

gezeigt hat, in arm. xausvn »ich spreche«. Von ihr darf auch ursl.<br />

*chula (asl. J^o^'^ii, big. xyja, serb. xy.!ia, russ. xyjia) nicht getrennt<br />

werden, das Pedersen IF. V 64 und Uhlenbeck Got. Et. Wb.i 26 m. E.<br />

sehr mit Unrecht zu got. bi-sauJJan »besudeln« stellen, indem sie sl. und<br />

got. s ohne Not auf idg. -ks- zurückführen. Sowohl sl. *chvala wie sl.<br />

*chula bedeuteten ursprünglich in ihrem wurzelhaften Teil einen Schrei,<br />

und zwar lag der Bedeutung von *chvala »Jubelruf« oder »Triumphgeschrei«<br />

zugrunde, der Bedeutung von *cJnda dagegen »Schrei des Unwillens<br />

oder des Tadels«.<br />

1) Diese Erwägungen lassen vermuten, daß >ro.ibiii« in Bezug auf den<br />

Menschen ursprünglich nicht so sehr >da8 Fehlen von Kleidung auf dem<br />

Körper, das Unbedecktsein des Körpers«, als >das Fehlen von Behaarung auf<br />

dem Körper, das Fehlen von Kopfhaar und Bart« bedeutete. So wird die<br />

schon vonMiklosichEt.Wb. 7 gegebene Etymologie des westsl.(/o/ec »Bursche«<br />

und goU^ »Kind« als Benennungen »bartloser Menschen« bestätigt. Ob nicht<br />

hiervon auch cech. Itoch Knabe (vgl. cech. Pech von Petr oder poln. Stach von<br />

Stanisiaw etc.) gebildet ist, das Gebaaer Slovnik starocesky zu ahd. hache<br />

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