casanostra 82 - Dezember 2006
Neues Leben im alten Bauernhof: Umbau in Eigenregie | Ombudsstelle Baupfusch: Affront gegen HVS | Das autarke Haus von Flerden GR: Die Zukunft hat begonnen | Hilfe, der Nachbar baut! Lärm, Staub, Schäden – was tun? | Streit um Baum: Nachbar verlangt Fällung | Haus und Klimawandel: Komfort frisst Energieeinsparungen
Neues Leben im alten Bauernhof: Umbau in Eigenregie | Ombudsstelle Baupfusch: Affront gegen HVS | Das autarke Haus von Flerden GR: Die Zukunft hat begonnen | Hilfe, der Nachbar baut! Lärm, Staub, Schäden – was tun? | Streit um Baum: Nachbar verlangt Fällung | Haus und Klimawandel: Komfort frisst Energieeinsparungen
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18_ NACHBARRECHT__ratgeber<br />
Hilfe, der Nachbar baut<br />
Vieles muss man erdulden, wenn nebenan gebaut wird. Das Verfügungsrecht<br />
über das Eigentum ist nie so beschränkt wie während der Bauzeit<br />
in der unmittelbaren Nachbarschaft. Dies ist vom Gesetzgeber so gewollt,<br />
andernfalls könnte kaum gebaut werden.<br />
FRÜHZEITIGER KONTAKT MIT NACHBAR WICHTIG<br />
Luzius Theiler<br />
__ Bauarbeiten in der Nachbarschaft sind<br />
nicht angenehm. Mit der Ruhe kann es<br />
für einige Zeit vorbei sein. Und nicht nur<br />
das: Plötzlich wird das eigene Grundstück<br />
für Baustelleninstallationen beansprucht,<br />
im Garten muss für Durchleitungen<br />
gegraben werden, das kleine<br />
private Zufahrtssträsschen wird durch<br />
schwere Lastwagen kaputtgefahren.<br />
Oft nimmt der Bauherr vernünftigerweise<br />
bereits vor Baueingabe mit der<br />
Nachbarschaft Kontakt auf. Er versucht,<br />
die lästigen Immissionen so weit wie<br />
möglich zu begrenzen. Ansonsten gilt es,<br />
die Baueingabe genau zu studieren. Projekte<br />
im Rahmen der baurechtlichen<br />
Grundlagen (Baureglement, Zonenplan)<br />
können kaum grundsätzlich angefochten<br />
werden. Sie können aber oft im Einspracheverfahren<br />
in Bezug auf ästhetische<br />
Gestaltung und Verkehrserschliessung<br />
noch verbessert werden. Wie die Praxis<br />
leider zeigt, legen die lokalen Baubehörden<br />
die rechtlichen Grundlagen bei<br />
einflussreichen Bauherren oft sehr large<br />
aus. Besonders bei Ausnahmegesuchen<br />
gilt es, die Auswirkungen genau zu<br />
prüfen. Während der Einsprachefrist von<br />
30 Tagen (aber nicht mehr später!) können<br />
tangierte Nachbarn ein Lastenausgleichsbegehren<br />
nach kantonalem Recht anmelden,<br />
sofern die Bauherrschaft einen<br />
Sondervorteil zulasten des Wertes der<br />
Nachbarliegenschaften beansprucht.<br />
Es ist dringend zu empfehlen, mit der<br />
Bauherrschaft vor Ablauf der Einsprachefrist<br />
oder im Rahmen der Einspracheverhandlungen<br />
einige wichtige vorsorgliche<br />
Massnahmen vertraglich zu regeln, zum<br />
Beispiel:<br />
– Die Wiederherstellung des alten Zustandes<br />
des eigenen Gebäudes (z.B. bei<br />
Mauerrissen), des Grundstückes und<br />
evtl. der Zufahrten. Der Zustand vor<br />
Baubeginn ist als Bestandteil des Vertrages<br />
möglichst genau und mit Fotos<br />
zu dokumentieren. Spätere Diskussionen,<br />
welche Schäden schon vor Baubeginn<br />
bestanden, erübrigen sich damit.<br />
– Die Entschädigung für Inkonvenienzen,<br />
z.B. wenn Sie über einen Teil des<br />
Grundstückes während der Bauzeit<br />
nicht verfügen können, weil auf Ihrem<br />
Parkplatz die Schuttmulde «parkiert»<br />
wird.<br />
– Eine Entschädigung für evtl. dauerhafte<br />
Nachteile, z.B. ein Näherbaurecht<br />
zu Ihren Lasten. Oft kann dieses auch<br />
durch ein Näherbaurecht zu Ihren<br />
Gunsten kompensiert werden.<br />
– Die ausdrückliche Verpflichtung der<br />
Bauherrschaft auf die Baulärmrichtlinie<br />
des Bundesamtes für Umwelt<br />
(www.umwelt-schweiz.ch/publikationen).<br />
– Eine Regelung evtl. neuer Zugangsund<br />
Wegrechte und die Festlegung<br />
der künftigen Unterhaltspflichten. Ein<br />
neuer Nutzer muss nach «Nutzungsintensität»<br />
zum Unterhalt beitragen.<br />
«Lärm muss ertragen werden»<br />
Die meisten Diskussionen gibt es um<br />
den Baulärm, der nach Bundesgericht ertragen<br />
werden muss, auch wenn er als<br />
«übermässige Immission aus der Nachbarschaft»<br />
eigentlich verboten wäre. Merkwürdigerweise<br />
ist die baulärmgeplagte<br />
Eigentümerschaft rechtlich besser gestellt,<br />
wenn sie vermietet, als wenn sie<br />
selber im betroffenen Haus wohnt oder<br />
ein Geschäft betreibt. Nach Mietrecht haben<br />
die Mieter Anspruch auf eine Mietzinsreduktion,<br />
wenn das Mietobjekt ganz<br />
oder teilweise nicht zum vorgesehenen<br />
Zweck genutzt werden kann, was besonders<br />
bei Geschäftslokalen zu massiven<br />
Mietzinsreduktionen (bis zu 80 %)<br />
führen kann. Diese können gemäss Art.<br />
259d OR der Bauherrschaft des Nachbargrundstückes<br />
belastet werden. Eigene<br />
Entschädigungsansprüche hingegen sind<br />
nach Art. 679 ZGB bereffend «Überschreitung<br />
der Eigentumsrechte» geltend zu<br />
machen und juristisch schwer durchsetzbar,<br />
da logischerweise gelegentliche<br />
Bauarbeiten zur Nutzung des Eigentums<br />
gehören.<br />
Bei allem Ärger über Baulärm aus der<br />
Nachbarschaft ist nicht zu vergessen,<br />
dass früher oder später auch auf Ihrem<br />
Grundstück wieder gebaut wird... __<br />
INSERATE<br />
Text_Luzius Theiler<br />
<strong>casanostra</strong>_<strong>82</strong>/<strong>2006</strong>