02_2018_news
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informationen für aktive<br />
17. Jahrgang · Nummer 2<br />
17. Februar <strong>2018</strong><br />
www.verdi-<strong>news</strong>.de<br />
ver.di vereinte<br />
dienstleistungsgewerkschaft<br />
A58247<br />
Am Aufschwung teilhaben<br />
öffentlicher dienst – ver.di fordert sechs Prozent mehr, mindestens 200 Euro<br />
Der Beschluss der ver.di-Bundestarifkommission<br />
für den öffentlichen<br />
Dienst (BTK) war einstimmig. Um<br />
6,0 Prozent, mindestens aber 200<br />
Euro im Monat, sollen die Entgelte<br />
inderTarifrundefürdieBeschäftigten<br />
von Bund und kommunalen ArbeitgebernindiesemJahrsteigen.Azubis<br />
undPraktikant/innensollen100Euro<br />
mehr pro Monat bekommen. Außerdem<br />
soll die Übernahme-Regelung<br />
für Azubis wieder in Kraft<br />
gesetztwerden,bishertariflichnicht<br />
geregelte Ausbildungsgänge und<br />
Praktikumsverhältnisse sollen tarifiert<br />
werden. Zudem will ver.di, dass<br />
der Nachtarbeitszuschlag in Krankenhäusern<br />
angehoben wird.<br />
Die Regelungen des Tarifvertrags<br />
sollen zeit- und wirkungsgleich auf<br />
die344 000Beamt/innen,Richter/innenundSoldat/innensowie182<br />
000<br />
Versorgungsempfänger/innen des<br />
Bundes übertragen werden. Alle<br />
Forderungenstelltver.digemeinsam<br />
mit dbb Beamtenbund und Tarifunion,<br />
der Gewerkschaft der Polizei<br />
(GdP) und der Gewerkschaft Erziehung<br />
und Wissenschaft (GEW).<br />
Besonderen Wert legt der ver.di-<br />
Vorsitzende Frank Bsirske auf die<br />
LaufzeitdesTarifvertragesvonzwölf<br />
Monaten. Die wirtschaftliche Lage<br />
seigutwielangenicht.Dabeizitierte<br />
er Wirtschaftsforschungsinstitute,<br />
die in den letzten Tagen von „Festtagsstimmung“,<br />
„goldenen Zeiten<br />
der deutschen Wirtschaft“ oder einem<br />
„Aufschwung auf breiter Basis“<br />
gesprochen haben. Daran sollten<br />
die Beschäftigten des öffentlichen<br />
trinkwasser<br />
Neufassung<br />
bleibt unkonkret<br />
Jetzt ist das<br />
Europäische<br />
Parlament<br />
gefragt<br />
seite 2<br />
koalition<br />
Soziale<br />
Akzente<br />
Bsirske sieht<br />
Bedarf für<br />
weitere Konkretisierungen<br />
seite 3<br />
Dienstesteilhaben,liegederöffentlicheDienstdochinderTarifentwicklung<br />
seit dem Jahr 2000 um vier<br />
Prozentpunkte hinter dem DurchschnittderanderenBranchenzurück.<br />
gerechtfertigter zuwachs<br />
„Diese Lücke gilt es zu verringern“,<br />
sagte Bsirske. Eine längere Laufzeit<br />
des Tarifvertrages könne nur diskutiert<br />
werden, wenn die Arbeitgeber<br />
zu„außergewöhnlichenRegelungen“<br />
bereit seien. Die gute Konjunktur<br />
rechtfertigeeinenkräftigenZuwachs.<br />
Vor diesem Hintergrund formulierte<br />
die Tarifkommission weitere ErwartungenandieArbeitgebervonBund<br />
und Kommunen. Dazu zählen mehr<br />
ZusatzurlaubfürSchicht-undWechselschichtarbeiter<br />
und weitere VerbesserungenfürPflegebeschäftigte.<br />
Fast 29 Jahre nach dem Fall der<br />
auswertung<br />
Schwächerer<br />
Anstieg<br />
Azubi-Vergütungen<br />
stiegen<br />
2017 um<br />
2,6 Prozent<br />
seite 4<br />
br-wahlen<br />
Einfach weggelächelt<br />
Viel erreicht<br />
bei der Wohnungsbaugesellschaft<br />
Friesland<br />
seite 5<br />
Mauer erwarten die BTK-Mitglieder<br />
auch die Angleichung der Jahressonderzahlung<br />
Ost für kommunale<br />
BeschäftigteandasWestniveau.Außerdem<br />
sollen die Regelungen zur<br />
Altersteilzeit verlängert und VerhandlungenüberErweiterungender<br />
Regelungen bei Leistungs-minderung<br />
zugesagt werden. Für Azubis<br />
richten sich die Erwartungen auf<br />
einenUrlaubsanspruchvon30Tagen<br />
und die Übertragung des Lernmittelzuschusses<br />
auch auf den Pflegebereich.<br />
Außerdem erwartet die<br />
BTK eine Öffnungsklausel für ein<br />
kostenloses Nahverkehrsticket. Die<br />
Verhandlungenbeginnenam26.Februar<br />
in Potsdam.<br />
Heike Langenberg<br />
https://wir-sind-es-wert.verdi.<br />
de<br />
Interview Seite 5<br />
gespräche<br />
Tonmitschnitte<br />
absolut tabu<br />
Bei heimlichen<br />
Aufnahmen<br />
droht fristlose<br />
Entlassung<br />
seite 6<br />
mitglieder<br />
Erneut mehr<br />
Frauen<br />
Mehr Eintritte<br />
bei den<br />
Erwerbstätigen<br />
seite 7<br />
i h r e<br />
k ü n d i g u n g<br />
... erhalten rund 2500<br />
Kabinenbeschäftigten<br />
der insolventen Fluglinie<br />
Air Berlin seit Ende Januar.<br />
Viele von ihnen waren<br />
seit November bzw.<br />
seit Januar widerruflich<br />
freigestellt. Gehalt haben<br />
sie von Air Berlin<br />
nicht mehr bekommen.<br />
ver.di-Bundesvorstandsmitglied<br />
Christine Behle<br />
ist irritiert ob dieser Kündigungsschreiben.<br />
Denn<br />
schließlich waren die<br />
Kündigungen zunächst<br />
wegen laufender Rechtsstreitigkeiten<br />
und der<br />
nicht abgeschlossenen<br />
Verhandlungen zu einem<br />
Sozialplan/Interessenausgleich<br />
nicht ausgesprochen<br />
worden. „Wir<br />
sind über das offenkundig<br />
schwierige Verständnis<br />
von betrieblicher Interessenvertretung<br />
verwundert“, so Behle.<br />
Sie erwartet eine Erklärung<br />
des Unternehmens.<br />
Schließlich diene der Sozialplan<br />
dazu, die mit<br />
der Kündigung verbundenen<br />
sozialen Härten<br />
abzufedern.<br />
hla<br />
Öffentlicher<br />
Dienst<br />
„Wir bekennen uns<br />
zu einem modernen<br />
öffentlichen Dienst,<br />
der mit bestens ausgebildeten<br />
und hochmotivierten<br />
Beschäftigten<br />
seine Aufgabe<br />
gut, zuverlässig und<br />
effizient erledigt.“<br />
Aus dem am 7. Februar<br />
vorgelegten Koalitionsvertrag<br />
von CDU, CSU<br />
und SPD
p o l i t i s c h e s p a r k e t t<br />
2 ver.di <strong>news</strong> 2 · 17. Februar <strong>2018</strong>························································································································································<br />
b u c h t i p p<br />
Der Aufstand<br />
der Töchter<br />
(hla) 2006 wurde der Botanische<br />
Garten in Berlin<br />
in eine privatrechtlich<br />
organisierte eigene Tochtergesellschaft<br />
der Freien<br />
Universität Berlin ausgegliedert.<br />
Zudem nahm<br />
am 1. April 2007 ein Gemeinschaftsbetrieb<br />
mit<br />
einer einheitlichen Leitung<br />
von Mutter und<br />
Tochter seine Arbeit auf.<br />
Das ist nur ein Beispiel<br />
für zahlreiche Ausgliederungen,<br />
Privatisierungen<br />
und andere Formen von<br />
Tarifflucht, heißt es im<br />
Vorwort des vorliegenden<br />
Buches. Exemplarisch<br />
legen der Rechtsanwalt<br />
Reinhold<br />
Niemerg und ver.di-Sekretärin<br />
Jana Seppelt in<br />
dem von ihnen herausgegebenen<br />
Band der<br />
Reihe „Widerständig“<br />
daran dar, wie sich diese<br />
Ausgliederungen auswirken<br />
und was Beschäftigte<br />
und auch Gewerkschaften<br />
tun können, um<br />
dagegen zu mobilisieren<br />
und Veränderungen zu<br />
erreichen. Teilweise anonymisierte<br />
Schilderungen<br />
machen Auswirkungen<br />
und Gegenwehr eindrucksvoll<br />
nachvollziehbar.<br />
Aber die Herausgebenden<br />
schlagen auch<br />
einen weiten Bogen zu<br />
anderen öffentlichen<br />
Einrichtungen, damit<br />
klar wird, dass der Botanische<br />
Garten in Berlin<br />
bei weitem kein Einzelfall<br />
ist.<br />
jana seppelt, reinhold<br />
niemerg u.a.: der aufstand<br />
der töchter.<br />
botanischer garten berlin:<br />
gemeinsam staatlich<br />
organisierte prekäre<br />
beschäftigung überwinden,<br />
vsa-verlag, hamburg,<br />
177 seiten, 16 euro,<br />
isbn 978-3899657821<br />
Neufassung bleibt unkonkret<br />
trinkwasser-richtlinie – Jetzt ist das Europäische Parlament gefragt<br />
An Tagen wie diesen ist beim BeobachtendesZeitgeschehensgarnicht<br />
so leicht auseinanderzuhalten, was<br />
demKarnevalderJeckengeschuldet<br />
ist und was zu dem Zirkus gehört,<br />
den Spitzenpolitiker veranstalten<br />
und staatstragende Medien dem<br />
staunenden Publikum davon präsentieren.<br />
Was da gerade in der Berliner<br />
Manege abgeht, scheint alle,<br />
aber auch alle Urteile, Vorurteile,<br />
Verdächte und Verschwörungstheorien<br />
zu bestätigen, die große Teile<br />
der Wahlbevölkerung in den letzten<br />
Monaten und Jahren zunehmend<br />
zweifeln lassen an unserer real existierenden<br />
repräsentativen Demokratie.<br />
wer stiehlt wem die schau?<br />
Sie haben den Eindruck, müssen ihn<br />
haben,dasses–aufeineKurzformel<br />
gebracht – nämlich keineswegs um<br />
die Frage geht, mit welcher Politik<br />
dasLebenderMenschenbesserund<br />
schöneroderwenigstenserträglicher<br />
werden kann. Sondern darum, wer<br />
VorbotengrößererKrisen?<br />
finanzmarktstabilität –SinnvolleRegelungennurhalbherzigumgesetzt<br />
(pm) Die akuten Risiken an den<br />
deutschen und internationalen FinanzmärktensindindenvergangenenzwölfMonatenetwasgesunken.<br />
Allerdings könnten sie in nächster<br />
Zeit deutlich steigen, die aktuellen<br />
Börsenturbulenzen Vorboten größerer<br />
Probleme sein. Zehn Jahre<br />
nach der weltweiten Finanz- und<br />
Wirtschaftskrise scheine das Bewusstsein<br />
zu schwinden, dass<br />
schwach regulierte Finanzmärkte<br />
eineGefahrfürdieglobaleWirtschaft<br />
bedeuten:SinnvolleRegelnwürden<br />
(pm) Anfang Februar hat die EuropäischeKommissiondieNeufassung<br />
der Trinkwasser-Richtlinie beraten.<br />
Die Neufassung bleibt nach Ansicht<br />
der Europäischen Bürgerinitiative<br />
(EBI) „Wasser ist Menschenrecht“<br />
weit hinter den Forderungen von<br />
über 1,8 Millionen europäischen<br />
Bürger/innen zurück. ver.di hatte<br />
dieUnterschriftensammlungvorfünf<br />
Jahren mitinitiiert.<br />
„Die guten Vorschläge der Sonderberichterstatter<br />
der Vereinten<br />
Nationen für das Menschenrecht<br />
auf Wasser und Sanitärversorgung<br />
finden sich im Entwurf der Kommission<br />
leider nicht wieder“, sagte<br />
ver.di-BundesvorstandsmitgliedAndreas<br />
Scheidt. Stattdessen ergehe<br />
sichdieKommissioninDetailfragen,<br />
die unzulässig in das Selbstbestimmungsrecht<br />
der Kommunen eingreifen.<br />
Positiv sei, dass die Hauptforderung<br />
der EBI in der europäischen<br />
Gesetzgebungerstmalsberücksichtigt<br />
werde. Der Entwurf für die Neufassung<br />
der Trinkwasser-Richtlinie<br />
enthaltenuneineVerpflichtungder<br />
Mitgliedstaaten, den Zugang von<br />
MenschenzuTrinkwasserzusichern<br />
und zu verbessern. Diese Verpflichtung<br />
bleibe aber sehr unkonkret<br />
undgeheüberInformationspflichten<br />
kaum hinaus, kritisierte Scheidt.<br />
JetztseidasEuropäischenParlament<br />
gefragt.<br />
Mit der ersten erfolgreichen EuropäischenBürgerinitiative„Wasser<br />
ist Menschenrecht“ und der hartnäckigen<br />
Arbeit im Anschluss an<br />
die Unterschriftensammlung hätte<br />
die Bürgerinitiative erreicht, dass<br />
die Europäische Kommission ihren<br />
dürren Worten vom März 2014 jetzt<br />
endlich Taten folgen lassen müsse,<br />
forderte Scheidt laut Pressemitteilung<br />
weiter.<br />
nurhalbherzigumgesetztoderdrohten<br />
sogar aufgeweicht zu werden,<br />
wieindenUSA.ZudiesemErgebnis<br />
kommtderneueFinanzmarktstabilitätsreportdesInstitutsfürMakroökonomieundKonjunkturforschung<br />
(IMK) der Hans-Böckler-Stiftung.<br />
d i e p r e s s e - s h o w ···························································································<br />
auf der politischen Bühne seine Eitelkeiten<br />
pflegen darf, wer wem die<br />
Schaustiehltoderwerdiewenigsten<br />
Skrupel an den Tag legt, wenn es<br />
darum geht, seine – vermeintlichen<br />
– Gegner/innen fertigzumachen.<br />
Der Demokratie-Betrieb als Unterhaltungs-Show.<br />
Bloß keine inhaltlich-politischen<br />
Diskussionen!<br />
Und viele staatstragende Medien<br />
finden das gut, etwa die „Berliner<br />
Zeitung“,der„KölnerStadt-Anzeiger“<br />
und auch die „Frankfurter Rundschau“:<br />
„Den größten Coup haben<br />
die Sozialdemokraten bei der Verteilung<br />
der Ministerien gelandet“,<br />
schreiben sie. Und weiter: „Das ist<br />
eine Meisterleistung der SPD-Unterhändler.<br />
Und ein Ergebnis, mit<br />
dem Merkel ein schwaches Bild abgibt.“<br />
Und was das Qualitätsblatt aus<br />
der Bundeshauptstadt, das sozialliberale<br />
Aushängeschild aus der Jecken-Hochburg<br />
am Rhein und das<br />
einstige Leib- und Magenblatt der<br />
westdeutschen Linken aus der Finanzmetropole<br />
am Main von Demokratie<br />
im Allgemeinen und der<br />
innerparteilichen bei den Sozialdemokraten<br />
im Besonderen halten,<br />
mag diese Bemerkung deutlich machen:<br />
„Für die Demokratie ist es gut,<br />
dass die Parteiführung die Mitglieder<br />
über den Koalitionsvertrag abstimmen<br />
lässt. Aber: Wenn die SPD<br />
jetzt noch Nein sagte, wäre sie verrückt.“<br />
eigenartige pressevielfalt<br />
Dass alle drei Blätter bis auf‘s letzte<br />
Komma die gleichen Bewertungen<br />
veröffentlichen, hat nichts damit zu<br />
tun,dasssieetwavonderRegierung<br />
einheitliche Vorgaben hätten, wie<br />
mancherechtenVerschwörungstheoretiker<br />
argwöhnen. Nein, sie werdeneinheitlichvomgleichenKonzern<br />
gesteuert, und der Autor ist – Ausdruck<br />
einer eigenwilligen Art von<br />
Pressevielfalt – bei allen drei Zeitungen<br />
der gleiche.<br />
An Tagen wie diesen haben wir<br />
eben nicht noch ewig Zeit – für Veränderungen.<br />
Henrik Müller
p o l i t i s c h e s p a r k e t t<br />
············································································································· ver.di <strong>news</strong> 2 · 17. Februar <strong>2018</strong> 3<br />
Soziale Akzente<br />
koalitionsvereinbarung – Bsirske sieht Bedarf für weitere Konkretisierungen<br />
(pm) Die Deutsche JournalistinnenundJournalisten-Union(dju)inver.di<br />
unterstützt eine Verfassungsbeschwerde<br />
gegen die Ermächtigung<br />
des Bundesnachrichtendienstes<br />
(BND) zur sogenannten Ausland-<br />
Ausland-Überwachung. „Das neue<br />
Betriebe mit Betriebsrat konsequenter<br />
mindestlohn – Mehr Verstöße als bislang angenommen trüben die Bilanz<br />
(pm)Rund2,7MillionenBeschäftigte<br />
bekamen 2016 weniger als den Mindestlohn.ZudiesemErgebniskommt<br />
eine neue Untersuchung des Wirtschafts-<br />
und Sozialwissenschaftlichen<br />
Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung<br />
(HBS). Damit liegt die<br />
Zahlnochhöheralsdie1,8Millionen<br />
Verstöße, die das Deutsche Institut<br />
fürWirtschaftsforschung(DIW)Ende<br />
Januargemeldethatte(„ver.di<strong>news</strong>“<br />
berichtete). Die WSI-Zahlen liegen<br />
höher, weil deren Arbeitsmarktexperte<br />
Toralf Pusch bei seinen BerechnungenÜberstundenzuschläge<br />
einbezogen habe und die Zahl der<br />
Überwachung ohne konkreten Verdacht<br />
pressefreiheit – dju in ver.di unterstützt Verfassungsbeschwerde<br />
Gesetz ermöglicht dem BND die<br />
Überwachung von Journalistinnen<br />
und Journalisten im Ausland sowie<br />
ihrerQuellenohnekonkretenAnlass<br />
oder Verdacht“, sagte die Bundesgeschäftsführerin<br />
der dju in ver.di,<br />
Cornelia Haß.<br />
(pm) In einer ersten Stellungnahme<br />
hatver.didieKoalitionsvereinbarung<br />
vonCDU,CSUundSPDüberwiegend<br />
positiv beurteilt. Der ver.di-Vorsitzende<br />
Frank Bsirske hob in einer<br />
StellungnahmedieRückkehrzurparitätischenFinanzierungderGesetzlichen<br />
Krankenversicherung aber<br />
auch die Rentenpläne einer möglichen<br />
künftigen großen Koalition<br />
hervor.Aberauchmit„denVorhaben<br />
zurRentesowiedenVerbesserungen<br />
inPflege,BildungundzurSicherung<br />
tarifgebundener Arbeitsplätze im<br />
öffentlichen Nahverkehr setzen<br />
Union und SPD wichtige soziale Akzente“,<br />
so Bsirske weiter.<br />
AufderHabenseitestündenetliche<br />
Forderungen, die im Wahlkampf<br />
vonver.dieingefordertwordenseien,<br />
und die nun auch die Politik in<br />
Angriff nehmen wolle. „Wenn die<br />
gesetzliche Rente bei 48 Prozent<br />
stabilisiert wird, bedeutet das eine<br />
Abkehr vom Sinkflug der Renten.<br />
DafürhabendieDGB-Gewerkschaften<br />
mit ihrer gemeinsamen Rentenkampagne<br />
eindringlich geworben“,<br />
sagteBsirske.ImZugedergeplanten<br />
Rentenkommissionwerdeesdarum<br />
gehen, die gesetzliche Rente weiter<br />
zu stärken und zu verbessern.<br />
Die Einführung einer Grundrente<br />
ist für Bsirske ein „erster Einstieg<br />
in eine bessere Absicherung von<br />
Menschen, die ihr Leben lang hart<br />
und oft zu niedrigen Löhnen gearbeitet<br />
haben“. Auch die Einbeziehung<br />
der Selbstständigen in die<br />
RentenkassenunddiegeplanteAufwertung<br />
von Erwerbsminderungsrenten<br />
hob er hervor.<br />
In der Einführung von Untergrenzen<br />
für die Personalausstattung<br />
aller bettenführenden Abteilungen<br />
imKrankenhaussiehtereinenersten<br />
Schritt in Richtung Entlastung der<br />
Pflegekräfte und einer verlässlicheren<br />
Versorgung von Patient/innen.<br />
Gleiches gelte auch für die angekündigten8000zusätzlichenStellen<br />
in der Altenpflege und flächendeckende<br />
Tarifverträge. Jetzt müsse<br />
es darum gehen, dieses Programm<br />
zu konkretisieren und auszubauen.<br />
Ein echter Fortschritt – auch gegenüber<br />
dem Sondierungspapier –<br />
sei die Absicherung tariflicher und<br />
sozialer Standards im öffentlichen<br />
Personennahverkehr. Sehr positiv<br />
seien insbesondere auch die Vereinbarungen<br />
zur Bildung, zur Verbesserung<br />
der Kita-Qualität, zur Erhöhung<br />
des Bafög und zur<br />
GanztagsbetreuungvonKindernim<br />
Grundschulalter.<br />
AllerdingsbliebendieKoalitionäre<br />
bei der für Millionen Beschäftigte<br />
wichtigenStärkungderTarifbindung<br />
sehr vage. Schwachpunkte sieht<br />
Bsirske in der Steuerpolitik. Im Vergleich<br />
zu den Sondierungsergebnissen<br />
sei es der SPD allerdings gelungen,<br />
etliche Verbesserungen<br />
durchzusetzen. Jetzt entscheiden<br />
bisAnfangMärzdieSPD-Mitglieder,<br />
ob sie den Vereinbarungen der Parteispitzen<br />
zustimmen.<br />
Beschäftigten mit Mindestlohnanspruch<br />
in der Pflege und am Bau<br />
genauer bestimmen konnte, heißt<br />
es dazu in einer Pressemitteilung<br />
der HBS.<br />
In Betrieben mit Betriebsrat und<br />
Tarifvertrag werde das Mindestlohngesetz<br />
weitaus konsequenter<br />
eingehalten als in Firmen, in denen<br />
beidesfehle,soeinweiteresErgebnis<br />
der Untersuchung. Umgehungen<br />
des Mindestlohns kämen in mitbestimmten<br />
und tarifgebundenen Betrieben<br />
etwa fünf Mal seltener vor.<br />
GesamtwirtschaftlichseienVerstöße<br />
gegen den Mindestlohn aber weiterhin<br />
ein Problem. 9,8 Prozent der<br />
Arbeitnehmer/innen, die 2016 Anspruch<br />
auf den gesetzlichen Mindestlohn<br />
von damals 8,50 Euro pro<br />
Stunde gehabt hätten, hätten ihn<br />
nicht erhalten.<br />
„DieinsgesamtsehrpositiveBilanz<br />
desMindestlohnswirdgetrübt,weil<br />
nachdenneuestenverfügbarenDaten<br />
auch mehr als ein Jahr nach der<br />
Einführung noch zahlreiche ArbeitgebergegendasMindestlohngesetz<br />
verstoßen haben“, so Pusch. Nach<br />
wie vor sei aber die Kontrolldichte<br />
relativgering,diezuständigeEinheit<br />
des Zolls unterbesetzt.<br />
Das sei ein schwerwiegender Eingriff<br />
in die Pressefreiheit. Die ungestörte<br />
vertrauliche Kommunikation<br />
sei eine Grundbedingung für<br />
die Ausübung journalistischer Tätigkeit.<br />
http://notrustno<strong>news</strong>.org<br />
dierk hirschel<br />
leitet den bereich<br />
wirtschaftspolitik beim<br />
ver.di-bundesvorstand<br />
k o m m e n t a r<br />
Tarifverträge<br />
stärken<br />
Die gute Nachricht zuerst:<br />
Im schwarz-roten<br />
Ehevertrag steckt für Beschäftigte<br />
etwas drin.<br />
Merkel, Nahles und Seehofer<br />
wollen Altersarmut<br />
bekämpfen, die Krankenversicherung<br />
paritätisch<br />
finanzieren und Kettenbefristungen<br />
abschaffen.<br />
Zudem möchten sie in<br />
Pflege, Wohnungsbau,<br />
Bildung und Digitalisierung<br />
investieren. Die<br />
schlechte Nachricht: Die<br />
Regierung im Wartestand<br />
stärkt nicht Tarifverträge.<br />
Außerdem<br />
kann die nächste Regierung<br />
ohne neue Schulden<br />
nur 45 Milliarden<br />
Euro ausgeben. Das<br />
reicht nicht. Diese finanzpolitische<br />
Selbstfesselung<br />
ist ökonomischer<br />
Schwachsinn. Der Soli-<br />
Verzicht macht die<br />
Staatskassen nicht voller.<br />
Ebenso unsinnig ist, dass<br />
die Sozialabgaben bei 40<br />
Prozent gedeckelt werden.<br />
Bessere Leistungen<br />
bei Rente und Gesundheit<br />
stehen somit unter<br />
Finanzierungsvorbehalt.<br />
Eine konsequent arbeitnehmerorientierte<br />
Politik<br />
geht anders: Unser Land<br />
braucht eine Regierung,<br />
die Tarifverträge stärkt,<br />
die Rente armutsfest<br />
macht, den Pflegenotstand<br />
überwindet, ausreichend<br />
bezahlbaren<br />
Wohnraum schafft, kräftig<br />
in die Zukunft unserer<br />
Kinder investiert und<br />
für mehr Steuergerechtigkeit<br />
sorgt.
4<br />
t a r i f & b e t r i e b<br />
ver.di <strong>news</strong> 2 · 17. Februar <strong>2018</strong>························································································································································<br />
s t u d i e<br />
Vielfalt in Betrieb<br />
und Verwaltung<br />
(red.) Die Hans-Böckler-<br />
Stiftung hat jüngst in ihrer<br />
Reihe Study eine Untersuchung<br />
zu „Vielfalt<br />
in Betrieb und Verwaltung“<br />
veröffentlich. Sie<br />
bietet einen vergleichenden<br />
Überblick über Maßnahmen<br />
und Strategien<br />
des Managing Diversity<br />
in Betrieben und Verwaltungen.<br />
Dabei werden<br />
die Rolle und die Bedeutung<br />
der betrieblichen<br />
Mitbestimmung werden<br />
besonders berücksichtigt.<br />
Vertreter/innen aus<br />
23 Organisationen und<br />
13 Branchen kommen zu<br />
Wort. Dabei zeigt sich,<br />
dass es deutliche Unterschiede<br />
hinsichtlich der<br />
Rahmenbedingungen,<br />
Kooperations- und Mitbestimmungsformen<br />
gibt,<br />
um Menschen zu integrieren.<br />
Für jedes Themengebiet<br />
werden die<br />
Herausforderungen für<br />
die betriebliche Mitbestimmung<br />
und die betrieblichen<br />
Akteur/innen<br />
beschrieben.<br />
Schwächerer Anstieg<br />
auswertung – Ausbildungsvergütungen stiegen 2017 um 2,6 Prozent<br />
(GL) Die monatliche Brutto-Vergütung<br />
für Auszubildende betrug 2017<br />
im Durchschnitt aller Branchen und<br />
Ausbildungsjahre 876 Euro (Westdeutschland:<br />
881, Ostdeutschland<br />
827) und stieg gegenüber dem Vorjahr<br />
um 2,6 Prozent. Im Jahr 2016<br />
lag die Erhöhung bei 3,4 Prozent.<br />
Das ergab die Auswertung der AusbildungsvergütungendurchdasBundesinstitut<br />
für Berufsbildung (BIBB).<br />
Azubis in Ostdeutschland erreichenbeidenVergütungenimDurchschnitt<br />
94 Prozent der Vergütung,<br />
die Azubis in Westdeutschland erhalten.<br />
Seit 2011 waren die AusbildungsvergütungeninderRegelstärker<br />
angehoben worden als die<br />
Tarifentgelte der Arbeitnehmer/innen.<br />
Deren Tarifanhebungen lagen<br />
2017 kaum über 2,5 Prozent.<br />
DieAuswertungderAusbildungsvergütung<br />
durch das BIBB zeigt<br />
beim Vergütungsniveau eine SpreizungnachAusbildungsberufenund<br />
Branchen sowie nach Geschlecht.<br />
Noch immer fallen im Durchschnitt<br />
die Ausbildungsvergütungen im<br />
Handwerk (738 Euro) gegenüber<br />
dem Öffentlichen Dienst (958 Euro)<br />
und Industrie/Handel (942 Euro)<br />
deutlich ab. Eine Ausnahme bildet<br />
das Maurerhandwerk, das mit 1095<br />
Euro (Ostdeutschland 915 Euro) die<br />
Liste der Ausbildungsvergütungen<br />
anführt.<br />
ost und west oft gleichauf<br />
Im Organisationsbereich von ver.di<br />
sind in den am meisten besetzten<br />
Ausbildungsberufen die Vergütungen<br />
in Ost- und Westdeutschland<br />
gleich: Banken und Versicherung<br />
1<strong>02</strong>8 Euro, Medientechnologie 981<br />
Euro, Öffentlicher Dienst 961 Euro<br />
undEinzelhandelskaufleute860Euro.<br />
Dagegen fällt die Ost-West-Differenzierung<br />
bei den angehenden<br />
Buchhändlern deutlich aus: Westdeutschland<br />
876 Euro, Ostdeutschland647Euro.Beidendurchschnittlichen<br />
Ausbildungsvergütungen<br />
zeigt die BIBB-Auswertung, dass<br />
männliche Auszubildende eine um<br />
2,8 Prozent höhere Vergütung als<br />
weibliche Auszubildende beziehen.<br />
Dies führt das BIBB darauf zurück,<br />
dassjungeFrauenüberproportional<br />
inschlechterbezahltenAusbildungsberufen<br />
vertreten sind.<br />
Entwicklung der tariflichen Ausbildungsvergütungen in Deutschland<br />
2007 bis 2017 (durchschnittliche monatliche Beträge in Euro, Anstieg gegenüber Vorjahr in Prozent)<br />
854 876<br />
795<br />
826<br />
730<br />
761<br />
628 642 666 678 700<br />
+3,9%<br />
+3,4% +2,6%<br />
+4,5% +2,5% +2,2% +3,7% +1,8% +3,2% +4,3% +4,2%<br />
2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017<br />
QUELLE: BUNDESINSTITUT FÜR BERUFSBILDUNG<br />
t a r i f l i c h e s ······························································································<br />
jochen prümper, ute<br />
brutzki, timotheus felder-roussety,<br />
christian<br />
härtwig, anita mohrmann,<br />
marie peters,<br />
katharina sachse:<br />
vielfalt in betrieb und<br />
verwaltung. eine qualitative<br />
analyse im<br />
dienstleistungssektor<br />
unter besonderer berücksichtigung<br />
der betrieblichen<br />
mitbestimmung,<br />
erschienen als<br />
study nr. 346 der hansböckler-stiftung,<br />
düsseldorf,<br />
225 seiten, isbn:<br />
978-3865932549. das pdf<br />
der studie kann kostenlos<br />
aus dem internet<br />
heruntergeladen werden.<br />
der link dazu ist<br />
zu finden unter https://<br />
tinyurl.com/y9dggt22<br />
lufthansa – (pm) ver.di und die<br />
Lufthansa haben sich auf ein Tarifergebnis<br />
für die rund 33 000 Lufthansa-Beschäftigten<br />
der BodendienstesowiebeiLufthansa-Systems,<br />
der Lufthansa-Service Group (LSG),<br />
der Lufthansa Technik und der Lufthansa<br />
Cargo geeinigt. Rückwirkend<br />
zum 1. Februar werden die Gehälter<br />
um 3,0 Prozent erhöht, die nächste<br />
Erhöhung um weitere 3,0 Prozent<br />
erfolgt am 1. Mai 2019. Ein Teil des<br />
zweiten Erhöhungsschrittes erfolgt<br />
ergebnisorientiert. Auszubildende<br />
erhalten eine Erhöhung ihrer Ausbildungsvergütung<br />
zu den gleichen<br />
Terminen um jeweils 40 Euro. Die<br />
LaufzeitdesTarifvertragesendetam<br />
30. September 2<strong>02</strong>0. ver.di-Bundesvorstandsmitglied<br />
Christine Behle<br />
bezeichnetedenAbschlussals„gutes<br />
Ergebnis“. Im Gesamtpaket habe<br />
ver.di weitere gute Ergebnisse erzielen<br />
können. Als Beispiel nannte<br />
sie, dass die Regelung zur unbefristeten<br />
Übernahme von Auszubildenden<br />
verlängert worden sei. Außerdem<br />
konnte die Aufspaltung des<br />
Manteltarifvertragsaufdieverschiedenen<br />
Geschäftsfelder abgewehrt<br />
werden.<br />
http://verkehr.verdi.de/branchen/<br />
luftverkehr/fluggesellschaften/<br />
lufthansa<br />
deutschepostag–Diezweitägigen<br />
Tarifverhandlungen für die rund<br />
130 000TarifbeschäftigtenderDeutschen<br />
Post AG sind Anfang Februar<br />
in der zweiten Runde ohne einen<br />
Durchbruch vertagt worden. „Wir<br />
sind einen ersten Schritt vorangekommen,<br />
aber der Weg ist noch<br />
lang”, sagte die stellvertretende<br />
ver.di-Vorsitzende Andrea Kocsis.<br />
Die Verhandlungen sollen am 19.<br />
und 20. Februar <strong>2018</strong> fortgesetzt<br />
werden. ver.di fordert eine lineare<br />
Erhöhung der Einkommen und AusbildungsvergütungenumsechsProzent<br />
bei einer Laufzeit von zwölf<br />
Monaten. Überdies soll eine tarifvertragliche<br />
Wahlmöglichkeit geschaffen<br />
werden, wonach der einzelne<br />
Beschäftigte einen Teil der zu<br />
vereinbarenden Tariferhöhung in<br />
freie Zeit umwandeln kann. Das bislang<br />
einmal jährlich aufgrund einer<br />
Leistungsbeurteilung gezahlte variable<br />
Entgelt will ver.di durch einen<br />
festen monatlichen Betrag ablösen.<br />
Zudem soll für die rund 32 000 Beamt/innen<br />
des Unternehmens die<br />
sogenanntePostzulagefortgeschrieben<br />
werden.<br />
http://psl.verdi.de/tarif<br />
nahverkehr mecklenburg-vorpommern<br />
– (pm) Rückwirkend zum<br />
1. Januar werden die Löhne für die<br />
BeschäftigtenimNahverkehrMecklenburg-Vorpommernum2,2Prozent,<br />
mindestens aber um 80 Euro erhöht.<br />
Zum 1. Januar 2019 erfolgt eine weitereSteigerungum3,0Prozent.DiesesErgebnishattendieBeschäftigten<br />
erst mit Warnstreiks durchsetzen<br />
können.
t a r i f & b e t r i e b<br />
············································································································· ver.di <strong>news</strong> 2 · 17. Februar <strong>2018</strong><br />
Einfach weggelächelt<br />
betriebsratswahlen – Viel erreicht bei der Wohnungsbaugesellscha Friesland<br />
16 Mitarbeiter/innen hat die Wohnungsbaugesellschaft<br />
Friesland in<br />
Jever, und einer von ihnen ist der<br />
Betriebsrat:ManuelSchuirmann.Im<br />
Juni 2015 wurde er erstmals gewählt,<br />
ebenso Katja Tüllmann als Ersatzmitglied.<br />
Ein neuer Geschäftsführer<br />
hatte „Dinge, die uns lieb und teuer<br />
waren“, wie Manuel Schuirmann<br />
sagt,nachundnachgestrichenoder<br />
eingeschränkt. Dazu zählte eine gemeinsame<br />
Frühstückspause ebenso<br />
einfreierNachmittagamGeburtstag<br />
oder die Möglichkeit, für Arztbesuche<br />
frei zu nehmen.<br />
der chef hat mitgelesen<br />
DochesgabaucheklatanteVerstöße<br />
gegen den Datenschutz. Der Geschäftsführer<br />
war gleichzeitig Systemadministrator,<br />
bekam alle E-<br />
Mails in Kopie und nutzte sie ebenso<br />
wie das Telefonsystem zur Verhaltens-undLeistungskontrolle.Fehlte<br />
ein Mitarbeiter, konnten alle die<br />
Gründe dafür einsehen.<br />
AlsGesprächenichtfruchtenwollten,<br />
beschlossen die Beschäftigten,<br />
einenBetriebsratzuwählen.Hierfür<br />
hattedieGeschäftsführungzunächst<br />
wenig Verständnis. Viele seiner<br />
Rechte musste Manuel Schuirmann<br />
mitHilfeeinesAnwaltsdurchsetzen.<br />
DabeihatManuelSchuirmanneinen<br />
langen Atem bewiesen. Zwei Jahre<br />
dauerten die Verhandlungen über<br />
die neue Datenschutzvereinbarung,<br />
im September vergangenen Jahres<br />
wurde sie unterschrieben, aber erst,<br />
nachdem der Betriebsrat mit Hilfe<br />
einer Einigungsstelle und der Landesdatenschutzbeauftragen<br />
den<br />
Druck erhöht hat. Immerhin konnte<br />
er90ProzentseinesEntwurfsdurchsetzen.<br />
Auch wurde eine neue Arbeitszeitvereinbarungabgeschlossen,zur<br />
Einführung von Gleitzeit. Die Bezahlung<br />
von Rüstzeiten konnte er<br />
ebenso erreichen wie die Wieder-<br />
Betriebsratswahl<br />
Vom 1. März bis zum 31. Mai werden in<br />
großen wie in kleinen Betrieben und Unternehmen<br />
neue Betriebsräte gewählt.<br />
Dort, wo es bislang noch keine Betriebsräte<br />
gibt, kann jederzeit eine neue Intersollte<br />
man Kontakt zum zuständigen<br />
ver.di-Bezirk aufzunehmen, damit man<br />
rechtlich auf der sicheren Seite ist.<br />
https://br-wahl.verdi.de/<br />
5<br />
einführungvonmindestensdreibe-<br />
zahltenFrühstückspausenwöchent-<br />
lich.DeutlicheVerbesserungenbeim<br />
Arbeitsschutz hat Manuel Schuirmann<br />
auch durchsetzen können.<br />
Oft war die Zusammenarbeit mit<br />
derGeschäftsführungnichteinfach,<br />
immer wieder musste er dabei auf<br />
die Hilfe von ver.di-Sekretär Frank<br />
Buscher, der Anwältin Alexandra<br />
van Nispen und des zuständigen<br />
Landrats zurückgreifen.<br />
Wie er das durchgehalten hat? Er<br />
ist immer höflich geblieben, hat<br />
Unterstützung von außen hinzugezogen,<br />
und er hat den Rückhalt<br />
eines Großteils seiner Kolleg/innen.<br />
„Oft habe ich Anfeindungen und<br />
Beleidigungen einfach weggelächelt“,sagtSchuirmann.Fürseinen<br />
Einsatz für „vorbildlichen Datenschutz“<br />
ist er im Herbst mit dem<br />
Spiros-Simitis-Awardausgezeichnet<br />
worden.<br />
Im Frühjahr kandidiert er erneut.<br />
„Wenn es keinen Betriebsrat und<br />
keine Gewerkschaften gibt, wer<br />
setztsichdannfürdieArbeitnehmer<br />
ein“, fragt Manuel Schuirmann.<br />
Nicht zuletzt an seinem Betrieb<br />
zeige sich, wie wichtig diese Interessenvertretung<br />
sei.<br />
Qualifizieren statt entlassen<br />
paracelsus – ver.di sieht gute Perspektiven für den Erhalt des gesamten Konzerns<br />
WalfriedMunzBetriebsratstätigkeiten<br />
in seinem Betrieb behindert ist<br />
nicht vollkommen abwegig. Beispielsweise<br />
sind alle Kosten, die<br />
durch die Wahl des BR entstanden<br />
sind,bishernichtgezahlt“,soUmlauf.<br />
Die Auslagen habe ver.di vorgestreckt.<br />
Auf www.change.org werden<br />
Soli-Unterschriften gesammelt.<br />
Suchbegriff: Kathy Preuß<br />
(pm)DerinsolventeParacelsus-Konzern<br />
hat angekündigt, im Konzern<br />
knapp400Vollzeitkräfteabzubauen.<br />
Derzeit arbeiten dort etwa 5200 Beschäftigten.<br />
Fast die Hälfte der angekündigtenKündigungenentfallen<br />
(red.) Kathy Preuß, seit Oktober<br />
frisch gewählte Vorsitzende des Betriebsrats<br />
der Bliestalverkehr GbR<br />
inBlieskastel,sollfristlosgekündigt<br />
werden. Der Betriebsrat hat der<br />
Kündigungnichtzugestimmt,inder<br />
Güteverhandlung kam es zu keiner<br />
Einigung. Der nächste Gerichtstermin<br />
ist für den 5. Juli angesetzt.<br />
ver.divermutetdieArbeitgeberseite<br />
mit dem Kündigungsversuch den<br />
aufdievonderSchließungbetroffene<br />
Klinik in Karlsruhe. ver.di fordert<br />
den Ausschluss betriebsbedingter<br />
Kündigungen.<br />
Bis Ende Februar muss ein Sanierungskonzept,überdasderKonzern<br />
Solidarität mit Kathy Preuß<br />
bliestalverkehr – Betriebsratsvorsitzender soll fristlos gekündigt werden<br />
neuen Betriebsrat einzuschüchtern<br />
und klein halten will.<br />
Preuß habe sich seit der Wahl vehement<br />
für die Interessen der Be-<br />
schäftigteneingesetzt,sagtever.di-<br />
Sekretär Christian Umlauf. Nach<br />
Berechnungen von ver.di und Betriebsrat<br />
stehen im Betrieb derzeit<br />
rund 20 000 Euro Lohnzahlungen<br />
für Zulagen und Mehrarbeit aus.<br />
„DerEindruck,dassGeschäftsführer<br />
undBetriebsrätederzeitverhandeln,<br />
vorgelegtwerden.Esdientdannals<br />
Entscheidungsgrundlage für das<br />
Amtsgericht zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens<br />
ab dem 1. März<br />
<strong>2018</strong>.<br />
søren hamacher ist<br />
vorsitzender der gjav<br />
der stadtverwaltung<br />
köln und mitglied der<br />
jugendtarifkommission<br />
für nrw<br />
i n t e r v i e w<br />
Erhobenen<br />
Hauptes<br />
Bist Du aus Jugendsich<br />
zufrieden mit den<br />
Forderungen?<br />
Ich bin sehr zufrieden,<br />
insbesondere weil jetzt<br />
gefordert wird, dass<br />
auch die bislang nicht<br />
tarifierten Ausbildungsgänge<br />
tarifiert werden<br />
sollen. Das ist bei uns in<br />
Köln ein großes Thema.<br />
Das hat nach der Jugendtarifkommission<br />
jetzt auch die Bundestarifkommission<br />
Öffentlicher<br />
Dienst erkannt. Die<br />
betroffenen Kolleg/innen<br />
kämpfen seit drei Jahren<br />
dafür. Sie zeigen eine<br />
hohe Aktionsbereitschaft.<br />
Mir ist mit der Entscheidung<br />
ein großer Stein<br />
vom Herzen gefallen, ich<br />
konnte erhobenen Hauptes<br />
mit dieser Nachricht<br />
wieder zurück nach Köln<br />
fahren.<br />
Viele Redner/innen<br />
haben sich hinter die<br />
Forderungen der Jugend<br />
gestellt.<br />
Das ist grandios. Wir haben<br />
hart an unseren Forderungen<br />
gearbeitet und<br />
damit jetzt einen guten<br />
Vertrauensvorschuss bekommen<br />
von den Satzungs-Erwachsenen.<br />
Das<br />
stärkt uns. In der Tarifrunde<br />
können wir jetzt<br />
damit und mit den Materialien<br />
unserer Jugendtarifkampagne<br />
#tarifdeluxe<br />
so richtig zu Aktionen<br />
motivieren.
6<br />
r<br />
e c h t & r a t<br />
ver.di <strong>news</strong> 2 · 17. Februar <strong>2018</strong>························································································································································<br />
auch das noch<br />
Wie lang hält sich<br />
die Tomatensuppe?<br />
(ku) Sehr lebenspraktisch<br />
hat das Landgericht<br />
Mannheim laut einer<br />
Meldung der Internetplattform<br />
www.kostenlo<br />
se-urteile.de entschieden,<br />
dass auf Dosensuppen<br />
der Hinweis nicht fehlen<br />
darf, wie nach der Öffnung<br />
des Gefäßes mit<br />
einem eventuell nicht<br />
verzehrten Rest umzugehen<br />
sei und wie lang er<br />
aufbewahrt werden darf.<br />
Gerade in Single-Haushalten<br />
sei nämlich damit<br />
zu rechnen, dass aufgrund<br />
der Menge des<br />
Doseninhaltes nicht immer<br />
alles auf einmal aufgegessen<br />
werde. Der beklagte<br />
Inhaber eines<br />
Onlineshops für US-amerikanische<br />
Lebensmittel<br />
hatte das Gegenteil behauptet.<br />
Zwar enthielt<br />
die Dose nur knapp 300<br />
Milliliter Tomatensuppe<br />
der Marke „Campell´s”,<br />
aber diese Grundmasse<br />
musste vor dem Verzehr<br />
mit Wasser oder Milch<br />
auf 600 Milliliter „verlängert“<br />
werden. Möglicherweise<br />
leuchte allen<br />
Verbraucher/innen ein,<br />
dass Suppenreste nicht<br />
so lang haltbar seien wie<br />
die Suppe in der ungeöffneten<br />
Dose. Ob sie<br />
aber in den Kühlschrank<br />
müssten und wie lange<br />
sie sich hielten, erschließe<br />
sich nicht ohne weiteres.<br />
Somit liege ein<br />
Verstoß gegen Artikel 9<br />
Absatz 1 g der Lebensmittelinformationsverordnung<br />
(LMIV) vor.<br />
Geklagt hatte der<br />
Bundesverband der<br />
Verbrauchzentralen.<br />
Aktenzeichen:<br />
23 O 73/16<br />
Tonmitschnitte absolut tabu<br />
personalgespräche – Heimliche Aufnahmen mit dem Smartphone: fristlose Entlassung<br />
aktuelles<br />
(bs/dgb-rs/hem) Nimmt ein Arbeitnehmerzueinem„Personalgespräch”<br />
sein Smartphone mit und zeichnet<br />
die Unterredung damit heimlich auf,<br />
so kann er – nach einem Urteil des<br />
Hessischen Landesarbeitsgerichts<br />
(LAG) – deshalb fristlos entlassen<br />
werden. Und das gilt sogar auch<br />
dann, wenn er bereits seit 25 Jahren<br />
demBetriebangehört,dieGeschäftsleitungerstMonatenachdemTermin<br />
vondemTonbandmitschnitterfahren<br />
und das Handy während des Gesprächs<br />
ganz offen auf dem Tisch<br />
gelegen hat.<br />
Mit der unbemerkten Aufzeichnung<br />
des Personalgesprächs hat<br />
der Kollege, so die Auffassung des<br />
LAG, im Sinne der Artikel 1 und 2<br />
des Grundgesetzes das allgemeine<br />
Persönlichkeitsrecht seiner Gesprächspartnerverletzt.DiesesRecht<br />
gewährleiste auch den Anspruch<br />
„auf Wahrung der Unbefangenheit<br />
des gesprochenen Worts”, nämlich<br />
selbst zu bestimmen, ob der Gesprächsverlauf<br />
komplett oder teilweise<br />
nur den Gesprächspartnern,<br />
einem bestimmten Personenkreis<br />
oder der Öffentlichkeit zugänglich<br />
sein sollen.<br />
Nicht selten lassen sich Beschäftigte<br />
dazu verleiten, Personalgespräche<br />
heimlich mitzuschneiden,<br />
weil sie sich unter Druck gesetzt sehen<br />
und schlimme Folgen fürchten,<br />
wenn die Unterredung von der ArbeitgeberseiteimNachhineinfalsch<br />
oder verkürzt dargestellt wird.<br />
strafrechtlich drohen bis zu<br />
drei jahre freiheitsentzug<br />
Till Bender vom DGB-Rechtsschutz,<br />
der auf der Website www.dgbrechtsschutz.de<br />
das geschilderte<br />
LAG-Urteil analysiert, äußert zwar<br />
VerständnisfürdieseAbwehrhaltung<br />
mancher Beschäftigter, zumal die<br />
Arbeitgeberseite in solchen Situationen<br />
oft in Überzahl vertreten sei.<br />
Der Gewerkschaftsjurist mahnt<br />
gleichwohl: „Verdeckte Tonmitschnitte<br />
sind ein absolutes Tabu.“<br />
Besser sei es, ein Mitglied des Betriebsrates<br />
zu dem Gespräch hinzu<br />
zubittenodereinenGewerkschaftsvertreter.<br />
Das heimliche Mitschneiden von<br />
Gesprächen–auchvonTelefonaten<br />
– hat im Extremfall übrigens nicht<br />
nur arbeitsrechtliche Folgen wie z.<br />
B. die fristlose Entlassung, sondern<br />
kann auch strafrechtlich verfolgt<br />
werden. Paragraf 201 des Strafgesetzbuchs<br />
(StGB) trägt die Überschrift<br />
„Verletzung der VertraulichkeitdesWortes“undbestimmtu.a.:<br />
„MitFreiheitsstrafebiszudreiJahren<br />
oder mit Geldstrafe wird bestraft,<br />
wer unbefugt das nichtöffentlich<br />
gesprochene Wort eines anderen<br />
auf einen Tonträger aufnimmt oder<br />
eine so hergestellte Aufnahme gebrauchtodereinemDrittenzugänglich<br />
macht.“ Auch der Versuch ist<br />
demnach strafbar.<br />
Aktenzeichen: 6 Sa 137/17<br />
buchtipp············································································································<br />
umzugzumpartner:gerichthebt<br />
sperrzeitauf–(dgb-rs)EineVerkäuferin,dieihrenJobkündigtund<br />
zuihremLebensgefährtenzieht,bekommtkeineSperrzeitbeimArbeitslosengeld.SohatdasLandessozialgerichtNiedersachsen-Bremen<br />
(LSG)entschieden,berichtetder<br />
DGB-Rechtsschutz(www.dgb-rechts<br />
schutz.de).DieArbeitsagenturhatte<br />
neuesdatenschutzrechtinder<br />
praxis–(lü)Am25.Mai<strong>2018</strong>tritt<br />
dieEU-Datenschutz-GrundverordnunginKraft,ausdemBundesdatenschutzgesetzwirdeindeutsches<br />
Anpassungsgesetz(BDSG-neu).Auf<br />
dasneueDatenschutzrechtsind<br />
vieleUnternehmenschlechtvorbereitet–undauchvieleBetriebs-und<br />
Personalräte.FürsiehatderArbeitsrechtlerWolfgangDäublermit<br />
derneuenAuflagevon„Gläserne<br />
Belegschaften”eineumfassende,<br />
systematischeHandreichungzuder<br />
Frageverfasst,welcheÄnderungen<br />
imBeschäftigtendatenschutzgelten<br />
undwiedieInteressenderKolleg/innendurchgesetztwerdenkönnen.<br />
GeklärtwerdendieFragenausder<br />
betrieblichenPraxisso,dassdas<br />
neueRechtauchfürNicht-Spezialistennachvollziehbarist.<br />
EineguteErgänzungalsHandlungshilfeistdieNeuauflagevon<br />
überwachungundarbeitnehmerdatenschutz.DieAutorenuntersuchendiewichtigstenPersonal-<br />
und Betriebsdatensysteme,<br />
Kommunikationsprogrammewie<br />
auchSocial-Media-Anwendungen<br />
imbetrieblichenUmfeldaufÜberwachungsrisikenundDatenschutzproblemeunderläutern,mitwelchen<br />
Regelungenmanihnenbegegnen<br />
urteil·······················································································<br />
sichbeiderEntscheidung,eine<br />
Sperrzeitzuverhängen,aufdie<br />
bishervomBundessozialgerichtvertreteneHaltungberufen,nachder<br />
einwichtigerGrundfürdieKündigungdesJobsbeimerstmaligenZusammenziehenunverheirateterPaarenurvorliege,wenneinVerlöbnis<br />
besteheundeinebaldigeEheschließungfolge.DasLSGhältdasnicht<br />
kann.Interessantundüberraschend<br />
sindaberauchdieMöglichkeiten,<br />
diescheinbarharmloseBürosoftwarewieMSOffice365bietet.<br />
wolfgangdäubler:gläsernebelegschaften–dashandbuchzum<br />
beschäftigtendatenschutz,7.,überarbeiteteundaktualisierteauflage,<br />
bund-verlag,frankfurt/m.,678seiten,59euro,isbn978-3766366207<br />
dirkhammann,karlschmitz,<br />
wolfgangapitzsch:überwachung<br />
undarbeitnehmerdatenschutz.<br />
handlungshilfefürbetriebsräte,<br />
3.auflage,bund-verlag,frankfurt/m.,<br />
142seiten,14,90euro,isbn:978-<br />
3766366610<br />
mehrfür„zeitgemäß“,sondernwar<br />
überzeugt,dassdiePartnerschaft<br />
imvorliegendenFallerkennbardurch<br />
Kontinuität,VerantwortungundFürsorgegeprägtsei.Esbestehedaher<br />
keinrechtlicherGrund,dieArbeitslosezubestrafen,weilsieihreArbeit<br />
aufgegebenhabe,ummitihrem<br />
Partnerzusammenzuziehen.<br />
Aktenzeichen:L7AL36/16
i n t e r n e s<br />
············································································································· ver.di <strong>news</strong> 2 · 17. Februar <strong>2018</strong><br />
Erneut mehr Frauen<br />
mitgliederentwicklung – Mehr Eintritte bei Erwerbstätigen<br />
(ml) Zum Jahresende 2017 hatte<br />
ver.di1 987 336Mitglieder.Insgesamt<br />
hat ver.di damit im vergangenen<br />
Jahr 111 800 neue Mitglieder gewonnen<br />
und 137 259 Mitglieder verloren.<br />
Mit realisierten Beitragseinnahmen<br />
von 463,3 Millionen Euro<br />
erzielte die Gewerkschaft trotzdem<br />
das beste Ergebnis seit ihrer Gründung.<br />
Allerdings sind die Zuwachsraten<br />
rückläufig und die Beitragseinnahmeplanung<br />
wurde erstmals<br />
seit 2007 nicht erreicht.<br />
mehr erwerbstätige<br />
treten ein als aus<br />
ErfreulichistdieseiteinemJahrzehnt<br />
erfolgreiche Entwicklung bei den<br />
erwerbstätigen Mitgliedern. Hier<br />
Mitgliederentwicklung 2017<br />
lag die Zahl der Eintritte erneut mit<br />
107 036 über der Zahl der Austritte<br />
von 94 448. Damit lag die Erwerbsquote<br />
bezogen auf alle Mitglieder<br />
zum Jahresende bei 76,26 Prozent<br />
nahezuunverändertgegenüber2016.<br />
Frauen haben in ver.di nach wie<br />
vor die Nase vorn. 52,66 Prozent<br />
aller Eingetretenen waren weiblich,<br />
58870 neue Mitglieder. Damit ist<br />
die Frauenquote erneut leicht gestiegen<br />
und liegt jetzt bei 52,24 Prozent<br />
– ein Rekordwert. Insgesamt<br />
hat ver.di zum Jahresende 1 038 221<br />
Frauen und 949 115 Männer organisiert.<br />
333 811 von ihnen zählten zu<br />
den Senior/innen, das macht einen<br />
Anteil von 16,8 Prozent.<br />
ImvergangenenJahrwurden31 210<br />
Beschäftigte unter 28 Jahren Mit-<br />
2011950 1987336<br />
Bestand<br />
31.12.2016<br />
111 800<br />
davon<br />
Erwerbstätige<br />
107 036<br />
Zugänge<br />
QUELLE: VER.DI-BUNDESVORSTAND, BEREICH CONTROLLING<br />
137 259<br />
davon<br />
Erwerbstätige<br />
94 448<br />
Abgänge<br />
Bestand<br />
31.12.2017<br />
Einsatz für inklusive Arbeitswelt<br />
schwerbehindertenvertretungen – Im Herbst wird gewählt<br />
Im Frühjahr werden in vielen BetriebenneueBetriebsrätegewählt,vom<br />
1. Oktober bis zum 30. November<br />
stehen die turnusgemäßen Wahlen<br />
zu den Schwerbehindertenvertretungen<br />
(SBV) an. Schon jetzt hält<br />
ver.di verschiedene Materialien für<br />
diese Wahlen bereit. In Betrieben<br />
und Dienststellen, in denen wenigstens<br />
fünf schwerbehinderte Menschen<br />
nicht nur vorübergehend<br />
beschäftigt sind, können eine Vertrauensperson<br />
und wenigstens ein<br />
stellvertretendes Mitglied gewählt<br />
werden. ver.di unterstützt die Kandidatensuche<br />
und -findung sowie<br />
die Wahl; schon jetzt werden umfangreiche<br />
Materialien angeboten.<br />
7<br />
gliedinver.di,887mehrjungeMen-<br />
schen als im Jahr zuvor. Im gleichen<br />
Zeitraum verlor ver.di 14 688 BeschäftigtedieserAltersgruppe,1467<br />
mehr als in 2016. Die Gesamtzahl<br />
anjugendlichenMitgliedernkonnte<br />
allerdings gegenüber dem Vorjahr<br />
nicht gehalten werden, erstmals<br />
sank sie seit 2012 wieder unter<br />
110 000 Mitglieder, 2016 waren es<br />
noch 112 285. Die Gesamtzahl der<br />
Azubis stieg hingegen auf 30 518<br />
Mitglieder.<br />
Die Werbung junger Menschen<br />
bleibt eine wichtige Aufgabe in<br />
ver.di. Auch in <strong>2018</strong> gibt es wieder<br />
gute Möglichkeiten zur Ansprache<br />
vonAuszubildenden,unteranderem<br />
mit Hilfe der Materialien zu der<br />
aktuellen Jugendtarifkampagne<br />
„#tarifdeluxe“ und im Rahmen der<br />
ver.di-Aktionswoche „Gute Ausbildung<br />
– gute Arbeit“ vom 4. bis<br />
8. Juni.<br />
Wie im Jahr zuvor konnten erneut<br />
drei Fachbereiche einen absoluten<br />
Mitgliederzuwachs realisieren: der<br />
Fachbereich Bildung, Wissenschaft<br />
und Forschung, der Fachbereich<br />
Gesundheit, Soziale Dienste, Wohlfahrt<br />
und Kirchen und der Fachbereich<br />
Besondere Dienstleistungen.<br />
Sechs Bezirke konnten in 2017 eine<br />
positiveNettoveränderungverzeichnen.<br />
In diesem Vergleich hatte der<br />
Bezirk Schweinfurt die beste Entwicklung.<br />
Die Schwerbehindertenvertretung<br />
setzt sich für die Interessen behinderter<br />
und von Behinderung bedrohter<br />
Kolleg/innen ein. Sie steht<br />
auch Beschäftigten beratend zu<br />
Seite, wenn sie einen Antrag auf<br />
Anerkennung einer Behinderung<br />
stellenwollen.BeieinerSonderauswertung<br />
im Rahmen des Index Gute<br />
Arbeit,die2014vonver.divorgelegt<br />
worden ist, gaben 62 Prozent der<br />
Befragten an, die sich an eine SBV<br />
wenden,dassdieStellungeinessolchen<br />
Antrags der Grund sei.<br />
Rund 7 Millionen Menschen in<br />
Deutschland sind als Schwerbehinderte<br />
anerkannt, weitere 2,5 Millionen<br />
haben leichtere Behinderungen.<br />
Gerade nach Unfällen und ErkrankungensinddieSBVgemeinsam<br />
mit Betriebs- bzw. Personalräten<br />
die Ansprechpartner/innen, damit<br />
die Arbeitsplätze erhalten werden<br />
können, sei es durch technische<br />
Umgestaltung oder Wiedereingliederungsmöglichkeiten.<br />
„Sie setzen sich für eine inklusive<br />
Arbeitswelt ein, die uns am Herzen<br />
liegt. Eine Arbeitswelt, in der Menschen<br />
mit Beeinträchtigungen<br />
gleichermaßen sichere und gute<br />
Arbeitsbedingungen haben“, heißt<br />
es in einem Wahlaufruf von ver.di.<br />
http://arbeitsmarkt-und-sozialpolitik.verdi.de/politikfelder/sbv<br />
-wahlen<br />
felix koop ist<br />
vorsitzender der<br />
ver.di-betriebsgruppe<br />
bei der ibm frankfurt<br />
m i t g l i e d e r<br />
Eine Aufgabe<br />
von allen<br />
2016 und 2017 war es<br />
relativ einfach, Mitglieder<br />
zu werben. Unser Arbeitsdirektor<br />
hatte angekündigt,<br />
900 Leuten<br />
betriebsbedingt zu kündigen.<br />
Bei uns schließen<br />
Tarifverträge betriebsbedingte<br />
Kündigungen<br />
weitgehend aus. In vielen<br />
Arbeitsverträgen<br />
steht zwar, dass die geltenden<br />
Tarifverträge angewendet<br />
werden, aber<br />
damit alles unstrittig ist,<br />
sind viele Kolleg/innen in<br />
ver.di eingetreten. Ein<br />
zusätzliches Werbeargument<br />
ist auch jetzt noch<br />
der Rechtsschutz, denn<br />
alle Kündigungsschutzklagen<br />
mit ver.di- bzw.<br />
DGB-Rechtsschutz wurden<br />
gewonnen. Ich habe<br />
nicht nur neue Mitglieder<br />
überzeugt, die den<br />
Schutz wollten, sondern<br />
auch aktive Mitglieder<br />
für die Betriebsgruppe<br />
gefunden. Leider ist die<br />
Mitgliederwerbung noch<br />
nicht für alle ein Thema.<br />
Wir hatten kürzlich ein<br />
Werber-Seminar, daher<br />
hoffe ich, dass sich das<br />
jetzt ändert. Werbung ist<br />
Aufgabe von allen. Zumindest<br />
in seinem Umfeld<br />
sollte jeder seine<br />
Kolleg/innen ansprechen,<br />
denn Gelegenheiten dafür<br />
bieten sich immer<br />
wieder.
u n t e w i e s e<br />
8 ver.di <strong>news</strong> 2 · 17. Februar <strong>2018</strong><br />
andrew sayer:<br />
warum wir uns die<br />
reichen nicht leisten<br />
können. übersetzt<br />
von stefan lorenzer,<br />
verlag c.h. beck,<br />
münchen, 477 seiten,<br />
27,95 euro,<br />
isbn 978-3406708527<br />
ver.di <strong>news</strong><br />
erscheint 14-täglich<br />
herausgeber:<br />
vereinte dienstleistungsgewerkschaft<br />
ver.di,<br />
frank bsirske, vorsitzender<br />
chefredaktion:<br />
dr. maria kniesburges<br />
redaktion: heike langenberg<br />
(verantwortlich), marion<br />
lühring, jenny mansch<br />
layout: helmut mahler<br />
infografik: klaus niesen<br />
cartoon: thomas plassmann<br />
druck: alpha print medien ag,<br />
darmstadt<br />
adresse: redaktion ver.di <strong>news</strong>,<br />
paula-thiede-ufer 10,<br />
10179 berlin,<br />
tel.: 030 / 69 56 1069,<br />
fax: 030 / 69 56 3012<br />
verdi-<strong>news</strong>@verdi.de<br />
www.verdi-<strong>news</strong>.de<br />
hinweis: die ausgabe 3<br />
erscheint am 3. märz <strong>2018</strong><br />
Gegen eine Neiddebatte<br />
b u c h t i p p – Andrew Sayer analysiert den wachsenden Reichtum der Wenigen<br />
DiesozialeUngleichheitwächst.Die<br />
45 reichsten Haushalte in Deutschland<br />
besitzen nach jüngst vorgelegten<br />
Zahlen des Deutschen Instituts<br />
für Wirtschaftsforschung so viel wie<br />
die ärmere Hälfte der Bevölkerung.<br />
Weltweit hat das reichste Prozent<br />
der Bevölkerung 82 Prozent des im<br />
vergangenen Jahr erwirtschafteten<br />
Vermögens eingestrichen. Das hat<br />
die Hilfsorganisation Oxfam anlässlich<br />
des Weltwirtschaftsgipfels in<br />
Davos Ende Januar ausgerechnet.<br />
„Warum wir uns die Reichen nicht<br />
leisten können“, erläutert Andrew<br />
SayerinseinemgleichnamigenBuch.<br />
Dem Professor für Sozialwissenschaften<br />
und Politische Ökonomie<br />
an der Universität Lancaster geht<br />
es dabei um das Verhältnis von<br />
MoralundÖkonomieunddieFolgen<br />
derartiger Ungleichheit für eine demokratischeGesellschaft.DennReiche<br />
werden nicht nur immer Reicher,<br />
gleichzeitig wächst auch die Zahl<br />
der Bedürftigen, die auf staatliche,<br />
aber auch immer mehr auf private<br />
Fürsorge – Stichwort Tafeln oder<br />
Kleiderkammern–angewiesensind.<br />
Die Reichen „pflegen einen maßlosenundverschwenderischenKon-<br />
sum, der Ressourcen aufzehrt, die<br />
andere nicht bloß dringender<br />
bräuchten, sondern auch eher verdient<br />
hätten“, schreibt Sayer in der<br />
Einleitung. Damit ist alles klar? Im<br />
Prinzipschon.DochSayerargumentiertunderläutertimVerlaufeseines<br />
Buches,wieesdazukommenkonnte<br />
und welche weitreichenden Folgen<br />
diese Entwicklung hat.<br />
Allzu weit ist jedoch mittlerweile<br />
in Politik, Unternehmen und entsprechenden<br />
Lobbyverbände zum<br />
Mantra geworden, dass die Reichen<br />
gar nicht deswegen reich sind, weil<br />
andere arm sind. Vielmehr wird<br />
Reichtum immer wieder stärker als<br />
„Lohn“einespersönlichenEinsatzes<br />
gepriesen. Wer das nicht nachbetet,<br />
dem wird dann schnell eine Neiddebatteunterstellt.HierliefertSayer<br />
in einem Buch zahlreiche und gute<br />
Gegenargumente – wie auch das,<br />
dass die Steuerpolitik nicht nur in<br />
Deutschland in den vergangenen<br />
Jahren durch massive Steuersenkungen<br />
für Vermögende dafür gesorgt<br />
hat, dass Reichen immer mehr<br />
von ihrem Reichtum bleibt.<br />
Auch wirtschaftliche Krisen konnten<br />
dem Reichtum und seiner VermehrungbeieinigenWenigennichts<br />
anhaben. Auch das analysiert Sayer<br />
und zeigt, wie Reiche für Reiche Gesetze<br />
und Politik machen. Es ist ein<br />
faktenreiches Buch mit einer guten<br />
Argumentation.DochderAutorlässt<br />
einen mit diesen ganzen Beschreibungen<br />
des Ist-Zustandes nicht wie<br />
erschlagenzurück,inseinemletzten<br />
Kapitel formuliert er ein „Was nun?“.<br />
Denn sowohl um der Umwelt, als<br />
auch um des Friedens willens, ist<br />
esseinerAnsichtnachnichtmöglich,<br />
„an einem Wirtschaftssystem festzuhalten,<br />
das auf Ungleichheit und<br />
unbegrenztem Wachstum beruht“.<br />
Volkswirtschaften sind dazu da,<br />
um Gesellschaften zu dienen, und<br />
nichtumgekehrt.Daraufsolltensich<br />
die Gesellschaften besinnen – und<br />
gegensteuern. Dazu zählt es, neoliberale<br />
Losungen ebenso auf den<br />
Prüfstand zu stellen wie das eigene<br />
Verhalten. Denn auch wer da immer<br />
nach dem kleinsten Preis schielt<br />
und wer Solidarität, zum Beispiel in<br />
Sozialsystemen, für verzichtbar hält,<br />
der trägt mit dazu bei, dass Reiche<br />
immer noch reicher werden. Und<br />
das können wir uns wirklich nicht<br />
mehr leisten. Heike Langenberg<br />
www.verdi.de n a c h r u f e ·········································································································<br />
Position<br />
Als Gewerkschaft sind<br />
wir nicht der verlängerte<br />
Arm einer Partei,<br />
egal welcher Couleur,<br />
sondern wir sind den<br />
Interessen unserer<br />
Mitglieder verpflichtet.<br />
Der ver.di-Vorsitzende<br />
Frank Bsirske Anfang<br />
Februar im Interview<br />
mit der „taz“<br />
Mitte Januar ist die Kollegin Heike<br />
Werner im Alter von 55 Jahren gestorben.<br />
Sie hat ihre hauptamtliche<br />
Tätigkeit zum 1. September 1990 als<br />
Jugendleiterin im Landesverband<br />
Berlin und Brandenburg der ver.di-<br />
Gründungsorganisation DAG aufgenommen.Siewarbereitsinjungen<br />
Jahren eine engagierte Gewerkschafterin<br />
und ehrenamtlich in den<br />
Gremien der DAG bis hin zum Gewerkschaftsrat<br />
aktiv. Im Frühjahr<br />
1994 wechselte sie als Referentin in<br />
die Bundesjugendleitung der DAG<br />
nach Hamburg, Ende 1996 in die<br />
Hauptabteilung Weibliche Angestellte.Mitver.di-Gründungarbeitete<br />
sie im Bereich Frauen- und Gleichstellungspolitik<br />
der Bundesverwaltung.<br />
Ab 2003 nahm sie im Ressort<br />
der stellvertretenden Vorsitzenden<br />
MargretMönig-RaanedieAufgaben<br />
als Ressortkoordinatorin wahr und<br />
leitetezusätzlichabNovember2007<br />
den Bereich Genderpolitik. Anfang<br />
2014 wechselte sie in den Bereich<br />
Gewerkschaftliche Bildung und BildungszentrenundübernahmimMai<br />
2015 die Leitung des Referates.<br />
EndeJanuaristHermannBrandt,<br />
ehemaliger Vorsitzender der ver.di-<br />
GründungsorganisationDAG,imAlter<br />
von 95 Jahren gestorben. Im<br />
März 1949 hatte der gelernte Spe-<br />
ditionskaufmanndieGeschäftsfüh-<br />
rung des DAG-Landesverbands in<br />
Bremen übernommen. 1960 übernahmerAufgabenaufBundesebene<br />
der DAG, 1964 wurde er zu deren<br />
stellvertretenden Vorsitzenden gewähltundleitetedieHauptabteilung<br />
Tarifpolitik. Von 1967 bis 1987 war<br />
er Vorsitzender der DAG. Hermann<br />
Brandt hatte „wesentlichen Anteil<br />
daran, dass die Angestellten in der<br />
Bundesrepublikindenvergangenen<br />
drei Jahrzehnten eine ständige Verbesserung<br />
ihrer Arbeits- und Lebensbedingungenerfahrenhaben“,<br />
sagte sein Nachfolger Roland Issen<br />
bei Brandts Verabschiedung 1987.