audimax Wi.Wi 2_3/2018 - Karrieremagazin für Wirtschaftswissenschaftler
Was hält der Arbeitsmarkt für Wiwis bereit? Der große Arbeitsmarktreport 2018 in der neuen audimax Wi.Wi Ausgabe gibt dir die Antworten. Weitere Themen im Heft: Deine Wahl - Einstiegsprogramme im Check, Schnäppchen oder Luxus? Im Vertrieb braucht es Macher mit Beraterqualität und was hat eigentlich der Reality-Erotikmarkt zu bieten? uvm.
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MENSAGESPRÄCH MIT PROF. DR. CHRISTOPH M. SCHMIDT<br />
In der Mensa aß Prof. Dr. Christoph M.<br />
Schmidt am liebsten panierten Seelachs<br />
mit Kartoffelsalat und Remoulade.<br />
»MIT DER GANZHEITLICHEN WOHLFAHRTSMESSUNG<br />
ODER DER ENERGIEWENDE HABEN WIR<br />
BEISPIELSWEISE FRÜHZEITIG THEMEN AUFGEGRIFFEN<br />
UND IN IHRER DISKUSSION EINE VORREITERROLLE<br />
EINNEHMEN KÖNNEN.«<br />
und Öffentlichkeit sozusagen genau mein Ding<br />
ist, war mir schon durch die Jahre der Leitung<br />
des RWI – Leibniz-Instituts <strong>für</strong> <strong>Wi</strong>rtschaftsforschung<br />
klar geworden. Aber wie befriedigend die<br />
Arbeit im Sachverständigenrat sein würde, vor<br />
allem wie viel ich dadurch selbst lernen konnte,<br />
habe ich offen gestanden nicht geahnt.<br />
Was fasziniert Sie an der Arbeit an dieser Schnittstelle?<br />
Die Volkswirtschaftslehre beschäftigt<br />
sich als wissenschaftliche Disziplin direkt mit<br />
der komplexen Lebenswirklichkeit der Menschen.<br />
Täglich entscheiden wir, wie wir unsere<br />
begrenzten finanziellen oder zeitlichen Möglichkeiten<br />
einsetzen, um daraus das Beste zu<br />
machen. Gleichzeitig üben die Entscheidungen<br />
vieler anderer Akteure, denen wir im Leben niemals<br />
begegnen, Einfluss auf unsere Entfaltungsmöglichkeiten<br />
aus. <strong>Wi</strong>rtschaftliches Handeln ist<br />
somit allgegenwärtig. Die Ökonomik gibt uns<br />
das intellektuelle Werkzeug an die Hand, um<br />
diese Prozesse besser zu verstehen. Im Sachverständigenrat<br />
wenden wir diese Werkzeuge an,<br />
um aktuelle Entwicklungen einzuordnen und<br />
Wege zur Verbesserung der gesellschaftlichen<br />
Wohlfahrt zu erarbeiten. Was könnte es Schöneres<br />
geben?<br />
Welches sind dabei Ihre Spezialgebiete? In meiner<br />
Forschungsarbeit galt seit der Doktorandenzeit<br />
in Princeton meine volle Aufmerksamkeit der<br />
angewandten Ökonometrie, also der Anwendung<br />
statistischer Methoden auf ökonomische<br />
Fragestellungen. Sie befähigt uns, die komplexe<br />
Lebenswirklichkeit auf ihre wichtigsten Aspekte<br />
zu verdichten und ermöglicht so sinnvolle<br />
wirtschaftspolitische Schlussfolgerungen. Auf<br />
dieser Basis konnte ich in den vergangenen Jahren<br />
zur Arbeit des Rates vor allem in den Bereichen<br />
Arbeit, Soziales, Migration, Gesundheit<br />
und Energie beitragen. Im Lauf der Jahre sind<br />
<strong>für</strong> mich zunehmend gesamtwirtschaftliche<br />
Fragestellungen in den Mittelpunkt gerückt,<br />
etwa die institutionelle Ausgestaltung des<br />
Euroraums. Ein wichtiges Themenfeld ist <strong>für</strong><br />
mich zudem die ganzheitliche Wohlfahrtsberichterstattung.<br />
Daneben beschäftigen Sie sich auch mit der Arbeitsmarktpolitik.<br />
<strong>Wi</strong>e schätzen Sie den Arbeitsmarkt<br />
<strong>für</strong> Akademiker ein? Der deutsche Arbeitsmarkt<br />
ist aktuell in einer blendenden Verfassung, der<br />
Beschäftigungsstand ist außerordentlich hoch.<br />
Das gilt vor allem <strong>für</strong> Akademiker. Aus zwei<br />
Gründen sehe ich <strong>für</strong> Akademiker in den kommenden<br />
Jahren hervorragende Aussichten am<br />
Arbeitsmarkt. Zum einen wird der demografische<br />
Wandel zu Fachkräfteengpässen führen,<br />
»MEHR UND MEHR HAT SICH DAS<br />
GEWICHT UNSERER ARBEIT IN RICHTUNG<br />
EUROPÄISCHER THEMEN VERSCHOBEN.«<br />
die kaum allein durch Zuwanderung wettgemacht<br />
werden können. Zum anderen stehen<br />
wir im Zuge der Digitalisierung vor einem<br />
großen Strukturwandel unserer <strong>Wi</strong>rtschaft.<br />
Der Arbeitsmarkt der Zukunft wird neue<br />
Kompetenzen fordern, zu denen vor allem die<br />
Fähigkeit gehört, rasch neue Sachverhalte zu<br />
ordnen und zu begreifen sowie schnell neue<br />
Fertigkeiten auszuprägen. Genau darauf sollte<br />
ein Studium eigentlich sehr gut vorbereiten.<br />
Was hoffen Sie in Ihrer Zeit als Ratsvorsitzender<br />
bewirken zu können? Wenn ich auf meine<br />
Mitwirkung zurückblicke, würde ich mich<br />
glücklich schätzen, wenn es in dieser Zeit anerkanntermaßen<br />
gelungen ist, den Charakter des<br />
Rates als unabhängige Einrichtung der wissenschaftsgestützten<br />
Politik- und Öffentlichkeitsberatung<br />
zu bewahren und ihn gleichzeitig als<br />
modernes Beratungsgremium weiterzuentwickeln.<br />
Das kann gelingen, wenn der Rat rechtzeitig<br />
neue relevante Themen aufgreift, wie es<br />
uns beispielsweise mit der Digitalisierung des<br />
Arbeitsmarkts gelungen ist, seine Mitwirkung<br />
am internationalen wirtschaftspolitischen<br />
Diskurs weiter ausbaut und mit seinen Argumenten<br />
neue Zielgruppen ansprechen kann.<br />
Das werden Sie sicherlich können. Immerhin haben<br />
Sie <strong>für</strong> Ihr wirtschaftswissenschaftliches Engagement<br />
bereits den Gustav-Stolper-Preis erhalten.<br />
Diese Auszeichnung bedeutet mir in der Tat<br />
viel, denn sie weist den Träger auf Basis eines<br />
Votums der Fachkollegen als einen hervorragenden<br />
<strong>Wi</strong>ssenschaftler aus, dem es gelungen<br />
ist, mit Erkenntnissen wirtschaftswissenschaftlicher<br />
Forschung die öffentliche Diskussion<br />
über wirtschaftliche Zusammenhänge<br />
und Probleme beeinflusst und wichtige Beiträge<br />
zum Verständnis und zur Lösung ökonomischer<br />
Probleme geleistet zu haben. Ein schöneres<br />
Lob könnte ich mir kaum vorstellen. ■<br />
Foto: privat, © jeepbabes, IRStone/Fotolia, privat<br />
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