soziologie heute Juni 2010
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44 <strong>soziologie</strong> <strong>heute</strong> <strong>Juni</strong> <strong>2010</strong><br />
SOZIOLOGIE MORGEN<br />
Wider eine Asozialität<br />
von Soziologen<br />
(offenes Diskussionsforum)<br />
von Hugo BACHINSKY<br />
Der Neoabonnent Raffael Hiden hat sich in interessanter<br />
Weise am SoziologInnen-Diskurs beteiligt (siehe http://soziologisch.wordpress.com).<br />
Auch er sieht Globalisierung, Differenzierung<br />
und Individualisierung als interdependente und sich<br />
gegenseitig ergänzende Prozesse, die nicht autopoietisch<br />
sind.<br />
Im Beitrag werden einige Behauptungen aufgestellt, die weiter<br />
diskutiert werden sollten:<br />
1) Wahrnehmen können wir nur durch Vergleichen. Dieses<br />
Thema wird für den SoziologInnen-Diskurs vorgemerkt. Wer<br />
will schon einen Beitrag leisten?<br />
2) Globalisierung soll nicht auf den ökonomischen Bereich beschränkt<br />
werden, sondern parallel dazu ist es notwendig, „von<br />
kultureller, politischer, sportlicher, wissenschaftlicher etc.<br />
Globalisierung zu sprechen und diese Teil- oder Subbereiche<br />
autonom von einander zu analysieren. (Das Werkzeug dazu<br />
ist die Luhmannsche Gesellschaftstheorie, als holistische Erfassung<br />
der sozialen Wirklichkeit)“. Dieser Behauptung einer<br />
Notwendigkeit, Teilaspekte der Globalisierung „autonom von<br />
einander“, d.h. getrennt von einander, analysieren zu müssen,<br />
ist zu widersprechen. Ich sehe auch in der Luhmannschen Gesellschaftstheorie<br />
keine „holistische Erfassung der sozialen<br />
Wirklichkeit“, sondern einen dringend ergänzungsbedürftigen<br />
theoretischen Ansatz. Wer hat an diesem Themenbereich Interesse?<br />
3) „Jegliche Art von wissenschaftlicher Vorhersage“ ist zum<br />
Scheitern verurteilt. „Deshalb erscheint eine derartige Erschaffung<br />
einer Realutopie als Zeitverschwendung“. Hiden<br />
macht keinen Alternativvorschlag, plädiert sozusagen lediglich<br />
für Unterlassung. Wem wird dann die (Zukunfts-)Planung<br />
überlassen? Dem muss widersprochen werden: Wissenschaftlich<br />
fundierte Gesellschaftspolitik ist eng mit soziologischen<br />
Diagnosen zu verknüpfen. Wir müssen uns einmischen. Wer<br />
will mitgestalten?<br />
4) Die „Kompetenz und Performanz der Soziologie in der gegenwärtigen<br />
Diskussion… wird ihr den Rang als Königs- bzw.<br />
Königinnendisziplin“ einräumen. Auch in der Wissenschaft<br />
wird es künftig keine Königsdisziplinen mehr geben, sondern<br />
ein problemorientiertes Zusammenwirken aller, die zum jeweiligen<br />
Problem etwas zu sagen haben. Die „Gesellschaft wird<br />
ebenso wenig der Soziologie gehören wie die „Gesundheit“<br />
den medizinischen Wissenschaften. Wer will die Soziologie<br />
als Königs- bzw. Königinnendisziplin verteidigen?<br />
Foto: Ralph Stahl, pixelio<br />
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(Button „Diskussionsforum soziologisch”)<br />
- ist ein „work in process“, eine ständig neue, mühevolle Arbeitsleistung,<br />
die nie aufhört. Dazu wird Durchhaltevermögen<br />
benötigt, aber auch Kommunikationsfähigkeit gefordert.<br />
„Man kann nicht nicht kommunizieren“ hat Watzlawick gesagt,<br />
aber es gibt viele schlechte Kommunikationsstile und<br />
wenig brauchbares Kommunikationsverhalten. Voraussetzung<br />
jeder gelingenden Kommunikation ist das Bemühen um<br />
Wahrhaftigkeit. Alle, auch die Soziologen, sollten versuchen<br />
– wozu uns Vaclav Havel eingeladen hat – in der Wahrheit zu<br />
leben.<br />
Ihr Hugo Bachinsky<br />
Die Zukunft der Soziologie wird eine Soziologie des Brückenbauens<br />
sein - nicht nur zwischen Makro- und Mikro<strong>soziologie</strong>,<br />
sondern auch zwischen jedem Inhaltsbereich der sog. Bindestrich-Soziologien<br />
und ihren soziologischen Betrachtungsweisen<br />
und zwischen der Soziologie und anderen Wissenschaften.<br />
Das wird Sprachprobleme mit sich bringen und Übersetzungsgeschick<br />
erfordern. Jede Wissenschaft - auch die Soziologie