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Vortragsmitschrift - Umgebindeland

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Zittauer Bauseminar Hochschule Görlitz/ Zittau<br />

VORTRAGSMITSCHRIFTEN<br />

Modellvorhaben<br />

Umgebindehaus "Inselhaus" Großschönau<br />

Theodor-Häbler-Str.25<br />

02779 Großschönau/ Sachsen<br />

Deutschland<br />

Gefördert durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt<br />

"Es war das Ziel, die Planung und die Baudurchführung bei der Sanierung des Umgebindehauses<br />

Theodar-Häbler-Str.25 wissenschaftlich zu begleiten. Es wurden wichtige Erkenntnisse gefunden, die<br />

hier vorgestellt werden. Sie werden den Erhalt und die Sanierung der Umgebindebauweise nachhaltig<br />

beeinflussen." Prof. Dr. Ing.Christian Schurig<br />

Begrüßung und Eröffnung, Prof. Dr. Ing.Christian Schurig<br />

Grusswort vom Fachring Umgebindehaus, Ronny Hausmann<br />

Die Untere Denkmalschutzbehörde – Dienstleister in Sachen Denkmalrecht, Arnd Matthes<br />

Modellfall der umweltgerechten Sanierung eines denkmalgeschützten Umgebindehauses, Dipl. Ing. Knut Wolf<br />

Bauphysikalische und Klimatechnische Begleitung, Dr.-Ing. Liane Vogel<br />

Diskussion<br />

Veranstalter: Datum: 25.3.2009<br />

Geschäftsstelle <strong>Umgebindeland</strong><br />

Fachring Umgebindehaus e.V.<br />

Informationszentrum Umgebindehaus an der Hochschule Zittau/Görlitz


Prof. Dr. Ing.<br />

Christian Schurig<br />

Hochschule Zittau/Görlitz<br />

FB Bauwesen<br />

Vortragsnachschrift von Jürgen Cieslak<br />

BEGRÜSSUNG UND ERÖFFNUNG<br />

Prof. Schurig eröffnet das 35. Zittauer Bauseminar an der Hochschule Zittau/Görlitz. Die in loser<br />

Folge stattfindenden Bauseminare widmen sich neuesten Erkenntnissen auf unterschiedlichsten<br />

Baufachgebieten. Diesmal soll die Verbindung von Wissenschaft und Praxis bei der denkmalgerechten<br />

Erhaltung und Nutzung eines Umgebindehauses in Großschönau dargestellt werden.<br />

Die Umgebindebauweise ist eine besondere, historische Holzkonstruktion. Im Raum der Oberlausitz<br />

sind viele, ortsbildprägende historische Häuser in dieser Konstruktion errichtet worden. Allerdings ist<br />

ein starker Rückgang festzustellen. Heute gehen wir lediglich von einer Gesamtzahl von etwa 6000<br />

Umgebindehäusern aus.<br />

Prof. Schurig bemerkt bei Exkursionen mit Teilnehmern aus Deutschland, vor allem aber aus dem<br />

Ausland immer wieder deren beeindruckte, sogar ergriffene Reaktion, wenn sie z.B. bei einem Besuch<br />

der Bockwindmühle Kottmarsdorf oder bei einem Ortsrundgang in Obercunnersdorf die Fülle und die<br />

Einmaligkeit der historischen Dörfer erleben.<br />

Das Anliegen, die Umgebindehauslandschaft zu bewahren setzt voraus, das Einzelhaus fachgerecht zu<br />

erhalten. Dazu gibt es viele Initiativen.<br />

Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt förderte die modellhafte Sanierung des Umgebindehauses Th.-<br />

Haebler-Str.25 in Großschönau mit der Auflage, die Planung und die Baudurchführung<br />

wissenschaftlich zu begleiten. Die Ergebnisse sind nach einer gewissen Zeit der Nutzung des<br />

Gebäudes zu überprüfen und allgemein zugänglich zu machen.<br />

Umgebindehäuser stehen in der Regel unter Denkmalschutz. Für die Sanierung ist Fachkunde bei den<br />

Planern und Handwerkern erforderlich. Um Qualitätsmerkmale vorzugeben und die Betriebe darauf zu<br />

verpflichten hat sich der Fachring Umgebindehaus gegründet. Er ist inhaltlich verantwortlich für das<br />

Seminar. Das Informationszentrum Umgebindehaus im IBZ e. V. des Fachbereiches Bauwesen an der<br />

Hochschule Zittau/Görlitz und die Geschäftsstelle <strong>Umgebindeland</strong>, LRA Görlitz haben an der<br />

Vorbereitung mitgewirkt.<br />

Modellvorhaben<br />

Umgebindehaus "Inselhaus" <strong>Vortragsmitschrift</strong>en Zittauer Bauseminar 25.3.2009 1


Ronny Hausmann<br />

Malermeister und<br />

Restaurator im Handwerk<br />

Spitzkunnersdorf<br />

Vortragsnachschrift von Jürgen Cieslak<br />

GRUßWORT VOM FACHRING UMGEBINDEHAUS<br />

Als Vorsitzender des „Vereines für die Qualitätsmarke „Fachring Umgebindehaus“ e.V.“ grüße ich Sie<br />

ganz herzlich. Wir sind dankbar für das große Interesse der über 100 Teilnehmer hier zum<br />

Bauseminar über die Restaurierung des Inselhauses in Großschönau, zu dem wir mit der Hochschule<br />

und der Geschäftsstelle <strong>Umgebindeland</strong> eingeladen haben.<br />

Der Fachring Umgebindehaus wurde 2007 gegründet und wendet sich seit 2008 an Hausbesitzer,<br />

Handwerker und Bauplaner.<br />

Der Fachring ist eine europaweit angemeldete Qualitätsmarke. Sein Ziel ist, alle Interessenten zum<br />

Umgebindehaus zu sensibilisieren und Fachkunde zu bündeln.<br />

Die Qualitätsmarke wird auf Bewerbung und nach eingehender Prüfung ausgegeben.<br />

Die Marke garantiert denkmalpflegerische Kompetenz, höchste Qualität und eine nachgewiesene<br />

Leistungsfähigkeit. Dabei ist eine fachkundige umfassende Beratung Bestandteil der Leistung.<br />

Das Markenzeichen signalisiert auch, dass der Träger an Weiterbildungen und an Erfahrungsaustauschen<br />

teilnimmt.<br />

Dazu wird ein Lizenzvertrag mit dem Handwerker, dem Architekten oder Ingenieur abgeschlossen,<br />

der die Verwendung des Markenzeichens für eine bestimmte Zeit gestattet.<br />

Ein Kompetenzkatalog gibt Auskunft über die Lizenzträger.<br />

Einzelheiten und Kontaktadressen sind über www.fachring-umgebindehaus.eu abzurufen.<br />

Modellvorhaben<br />

Umgebindehaus "Inselhaus" <strong>Vortragsmitschrift</strong>en Zittauer Bauseminar 25.3.2009 2


Arnd Matthes<br />

Geschäftsführer Stiftung Umgebindehaus<br />

Waditz<br />

Vortragsnachschrift durch Jürgen Cieslak<br />

DIE UNTERE DENKMALSCHUTZBEHÖRDE - DIENSTLEISTER IN SACHEN<br />

DENKMALRECHT - BEISPIEL „INSELHAUS“ GROßSCHÖNAU<br />

Das Sächsische Denkmalrecht hat vor allem den Substanzerhalt des Denkmales zum Ziel.<br />

Das staatliche Baugenehmigungsverfahren ist in dem denkmalschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren<br />

einbezogen.<br />

Ortsbesichtigungen sind trotz aller anderen Hilfsmittel erforderlich, da alle Entscheidungen zum<br />

Denkmalschutz Einzelentscheidungen sind.<br />

Die Denkmalschutzbehörden beraten die Bauherrschaft, die Handwerker und Restauratoren und die<br />

Bauplaner.<br />

Sie kontrolliert die Baudurchführung und schreitet bei denkmalrechtlichen Missständen ein.<br />

Das „Inselhaus“ in Großschönau:<br />

Zunächst die Bestandsaufnahme: Als Befund wurde als<br />

Baujahr das Jahr 1696 festgestellt. Kurz darauf, 1724,<br />

erfolgte ein Anbau. Das war durchaus üblich.<br />

Im 19.Jahrhundert erfolgten weitere Umbauten.<br />

In der Fassade wurden zwei „Fassungen“gefunden.<br />

Die ursprüngliche Konstruktion des Hauses war<br />

ein Langständerbau. Davon zeugten unter anderem in der<br />

Fassade Reste eines Kreuzstreben-Fachwerkes<br />

im Obergeschoß.<br />

Das Kreuzstrebenfachwerk wurde später mit einem<br />

Rasterfachwerk überformt.<br />

Modellvorhaben<br />

Umgebindehaus "Inselhaus" <strong>Vortragsmitschrift</strong>en Zittauer Bauseminar 25.3.2009 3


Die Umgebindestube und die Umgebindekonstruktion<br />

wurden im 19.Jahrhundert im Sinne eines Stockwerksbaues<br />

erneuert. Dieser Zustand wurde rekonstruiert.<br />

Während der Baudurchführung wurden immer wieder neue<br />

Entdeckungen gemacht. Hier konnten Kammritzmuster in<br />

den Lehmgefachen freigelegt werden. Solche Befunde haben<br />

höchste Priorität.<br />

Diese Befunde wurden mit der Bauherrschaft und dem<br />

Architekten beraten und mit der Fachbehörde, dem<br />

Landesamt für Denkmalpflege Sachsen abgewogen.<br />

Die denkmalschutzrechtliche Genehmigung wurde zweimal<br />

präzisiert bzw. verändert.<br />

Durch den Befund der Kammritzmuster wurden die<br />

Innenwände im Oberstock fachwerksichtig<br />

restauriert.<br />

Modellvorhaben<br />

Umgebindehaus "Inselhaus" <strong>Vortragsmitschrift</strong>en Zittauer Bauseminar 25.3.2009 4


Aus der Fülle der historischen Befunde wurden schließlich festgelegt:<br />

- Fassadengestaltung<br />

- Farbfassungen<br />

- Restaurierung der Schiebeläden<br />

- Erhaltung sichtbarer Gefügeverbindungen und Kammritzmuster<br />

- und weitere Festlegungen<br />

Eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung sollte möglichst umfassend sein. Auch die Haustechnik<br />

betrifft wesentlich ein Denkmal. Das ist wichtig für die Beantragung von Steuervergünstigungen.<br />

Die Anträge auf Erlangung von Steuervergünstigungen erhält man bei der Unteren<br />

Denkmalschutzbehörde.<br />

Bei Anträgen auf Fördergeldern ist auf eine sorgfältige Planung und auf die verschiedenen<br />

Antragsfristen zu achten. Ein vorzeitiger Baubeginn ist förderschädlich. Notfalls ist ein vorzeitiger<br />

Baubeginn bei der Unteren Denkmalschutzbehörde zu beantragen.<br />

Die Sanierung des „Inselhauses“ wurde gefördert durch<br />

- die Landesdirektion Dresden (ehem. Regierungspräsidium Dresden) für<br />

denkmalpflegerischen Mehraufwand<br />

- die Deutsche Bundesstiftung Umwelt als Sonderförderung umweltgerechtes und innovatives<br />

Sanieren von Denkmalsobjekten<br />

- von der Stiftung Umgebindehaus wurde für die vorbildhafte Sanierung der<br />

Umgebindehauspreis im Jahre 2008 vergeben.<br />

Ab den 1.1.2009 haben die Unteren Denkmalschutzbehörden die Bewilligung und Bewirtschaftung<br />

von Fördermitteln übertragen bekommen.<br />

Modellvorhaben<br />

Umgebindehaus "Inselhaus" <strong>Vortragsmitschrift</strong>en Zittauer Bauseminar 25.3.2009 5


Knut Wolf<br />

Freier Architekt<br />

Kurort Jonsdorf<br />

Vortragsnachschrift durch Jürgen Cieslak<br />

DAS „INSELHAUS“ IN GROßSCHÖNAU<br />

MODELLFALL DER UMWELTGERECHTEN SANIERUNG EINES<br />

DENKMALGESCHÜTZTEN UMGEBINDEHAUSES<br />

In den letzten 15 Jahren stand das Haus leer. 1996 versuchte die Gemeinde Großschönau das Haus zu<br />

sanieren. In Vorbereitung dazu wurde damals ein Aufmaß erstellt. Baumaßnahmen fanden seinerzeit<br />

nicht statt, aber auf das Aufmaß konnte zurückgegriffen werden.<br />

EG-Grundriß, Befund<br />

OG-Grundriß, Befund<br />

Modellvorhaben<br />

Umgebindehaus "Inselhaus" <strong>Vortragsmitschrift</strong>en Zittauer Bauseminar 25.3.2009 6


Längsschnitt, Befund<br />

Das Sanieren eines solchen Hauses ist ähnlich problematisch dem „Bauen im Bestand“.<br />

Viele Bauherren denken an Zwänge und Restriktionen und weniger an die Chancen für kreative<br />

Gestaltung.<br />

Der Umgang mit alter Bausubstanz verlangt behutsames Vorgehen, Zurückhaltung und<br />

Bescheidenheit – und Fachkenntnisse.<br />

„Nachhaltigkeit“ wird allzu oft mit geringem Energieverbrauch und mit Materialien gleichgesetzt, die<br />

wenig Pflege bedürfen.<br />

Der über große Zeiträume erhalten gebliebene Bestand an Umgebindehäusern belegt deren<br />

Beständigkeit und Variabilität in der Nutzung.<br />

Die Qualität alter Materialien und handwerkliche Details sind heute oft nicht mehr bezahlbar.<br />

Die Materialanmutung alter Häuser und die handwerklich gewachsene und ehrliche Konstruktion sind<br />

werthaltiger als manche moderne Hybridkonstruktionen.<br />

Das Haus Theodor-<br />

Häbler-Str. Nr. 25 ist<br />

im Ortsbild sehr wichtig.<br />

Foto Wolf<br />

Der Förderantrag war nicht einfach, weil für die Sanierung (Planung und Baudurchführung) eine<br />

wissenschaftliche Begleitung und Auswertung (bautechnisch und energetisch) vorgesehen war.<br />

Die historischen Voruntersuchungen konnten sich auf die maßliche Bestandsaufnahme von 1996<br />

stützen. Die dendrochronologische Untersuchung ergibt ein Baujahr des Hauses von 1696. Schon 1726<br />

erfolgte der erste Umbau. Der Massivbau für eine Werkstatt und später für eine Konsumverkaufsstelle<br />

sind jüngere Veränderungen<br />

Modellvorhaben<br />

Umgebindehaus "Inselhaus" <strong>Vortragsmitschrift</strong>en Zittauer Bauseminar 25.3.2009 7


Im Obergeschoß fehlte ein Fachwerkträger, der die Dachlasten tragen sollte. Die Dachkonstruktion ist<br />

ein Kehlbalkendach, das durch einen mittig gelegenen Fachwerkverband aus Spitzsäulen und<br />

geblatteten Kreuzverstrebungen ausgesteift wird.<br />

Die Veränderung zum Krüppelwalm hatte diese Konstruktion gestört.<br />

Die dendrochronologischen Bohrproben sind in einem OG-Grundriß verortet.<br />

In der Konstruktion des Hauses ist noch ein Langständer vollständig vorhanden. Er wurde repariert. Er<br />

wurde angeschuht und auf einen Stahlfuß gestellt. Am Langständer wurde eine<br />

Bohrwiderstandsmessung durchgeführt, aus der man auf die noch vorhandene Tragfähigkeit schließen<br />

kann.<br />

Zur Stabilisierung des Fachwerks im Oberstock sind Kreuzstreben vorhanden, die allerdings bei einem<br />

jüngerem Umbau mit einem Schein-Rasterfachwerk überformt wurden.<br />

Die Untersuchungen zeigen auch die Problematik des „Wachsen der Straßen“ seit der Bauzeit von<br />

1696. Erst in jüngster Vergangenheit wurde wieder durch die Straßenerneuerung das Profil angehoben.<br />

Als Holzschutz wird konsequent ein konstruktiver Holzschutz vorgesehen. Das bedeutet in erster Linie<br />

ein Fernhalten von Nässe an und in der Holzkonstruktion.<br />

Eine holztechnische Untersuchung war die Grundlage. Pilze wucherten in Decken und an anderen,<br />

teilweise ungewöhnlichen Stellen. Einige Befunde waren so schlimm, dass die Materialien nicht<br />

wieder verwendbar waren. Die Sockelausbildung an der Blockwand war wie üblich eine<br />

Kondensatfalle, was die Zerstörung der Bohlenauflagerfläche zur Folge hatte.<br />

Bewegungen in der Konstruktion über die Jahrhunderte hatten Verbindungen auseinander gerissen.<br />

Die Dielenkonstruktion lag auf Sand auf. Sie lag auch am nassen Sandstein des Sockels an.<br />

Die Blockstubenerweiterung an der nördlichen Traufseite brachte viele statische Probleme. Für die<br />

Sanierung wurde ein Kompromiss gewählt, die Blockstubennordseite wurde zurückgesetzt. Die<br />

Baugeschichte ist nun an dieser Stelle nicht mehr sichtbar, aber es herrschen klare, statische<br />

Verhältnisse.<br />

Die Sockelausbildung in der Bohlenstube: Schaumglas unter der Bohlenwand und Schaumglas an der<br />

Innenseite des Sandsteinsockels verhindert aufsteigende und in und an der Konstruktion sich bildende<br />

Kondensatfeuchte.<br />

Ein energetischer Maßnahmeplan wurde aufgestellt. Im Anbau wurde neues, hochdämmendes<br />

Mauerwerk (U = 0,29) eingesetzt.<br />

In der Nutzung ist das Haus als Ferienhaus vorgesehen. Die Blockstube wird ein großer Wohnraum,<br />

die Abseite ist als Bad und Heizraum vorgesehen und im OG werden die Bettenzimmer eingeordnet<br />

Modellvorhaben<br />

Umgebindehaus "Inselhaus" <strong>Vortragsmitschrift</strong>en Zittauer Bauseminar 25.3.2009 8


EG-Grundriß<br />

OG-Grundriß<br />

Für das sanierte Gebäude wurde ein Energieausweis erstellt. Der Zustand vor der Sanierung war<br />

außerhalb jeder Diskussion.<br />

Im Ergebnis ist festzustellen: Wärmedämmung ist auch in einem Objekt der Denkmalpflege möglich.<br />

Sie ist allerdings nicht überall mit gleicher Intensität durchzuführen.<br />

(22) Z.B. blieb die Blockwand aus denkmalpflegerischen Erwägungen ohne einer<br />

Außenwärmedämmung und bleibt damit unter den energetischen Forderungen der EnEV.<br />

Auch die Fachwerkwand im OG ist nicht auf den Standard zu bringen. Die Verbesserung der<br />

geplanten Konstruktion ist trotzdem beeindruckend. Im Bestand lag U = 1,58, nach der Sanierung bei<br />

U = 0,54.<br />

Der Vorteil von Dämmlehm liegt neben seiner Dämmwirkung (Lambda = 0,08) in seinen<br />

kapillaraktiven Eigenschaften und der einfachen Verarbeitung. Es lassen sich leicht Unebenheiten in<br />

der historischen Ausfachung ausgleichen. Als Putzträger wurde eine Rohrmatte verwendet. In den<br />

Unterputz wurden vorgefertigte Wandheizregister eingebettet. Die Oberfläche bildet abschließend ein<br />

Lehmoberputz.<br />

Im Fußbodenaufbau bewirkt der Schaumglasschotter eine Drainage und eine Wärmedämmung. Er<br />

unterbricht auch die kapillar aufsteigende Feuchte.<br />

Modellvorhaben<br />

Umgebindehaus "Inselhaus" <strong>Vortragsmitschrift</strong>en Zittauer Bauseminar 25.3.2009 9


Von großer Bedeutung für die Beurteilung des Primärenergiebedarfs ist die gewählte Heizungsanlage.<br />

Hier wurde eine elektrisch betriebene Wärmepumpe vorgesehen. Statt der berechneten 10 kW<br />

Heizleistung wurden nur 7 kW installiert. Hierbei wurde berücksichtigt, dass es ein Ferienhaus ist und<br />

dass in der Blockstube ein Holzbrandofen mit ca. 4 kW installiert wird.<br />

Bei der Dimensionierung der beiden Bohrsonden war u.a. zu beachten, dass durch den Entzug der<br />

Wärmemenge entstehende Kältetrichter die Leistung der Bohrsonden im Laufe der ersten Jahre<br />

zurückgeht.<br />

Die Beheizung des Erdgeschosses erfolgt mit Ausnahme der Blockstube mittels Niedertemperatur-<br />

Fussboden- und Wandheizung. Für die Blockstube wünschte der Eigentümer eine Ofenheizung,<br />

ergänzt durch Konvektoren, die in einem Schacht entlang der Außenwände montiert werden.<br />

Die Beheizung der Raume im Obergeschoß erfolgt über eine Wandheizung, die anders als die<br />

Konvektoren mit einer Vorlauftemperatur von 35° arbeitet.<br />

Die Fenster wurden repariert und zum Kastenfenster ergänzt. Einiges vom Handgezogenem Glas<br />

konnte gerettet werden und wurde wieder verwendet.<br />

Etwas vom Schiefer konnte im Schieferbehang am Ostgiebel wieder verwendet werden.<br />

Die Türen sind Füllungstüren und wurden repariert bzw. angepasst.<br />

Es stellt sich heraus, dass die extrem trockene Luft (siehe Vortrag Vogel) Schwundrisse an Türen und<br />

anderen Holzbauteilen verursacht. Unter der Annahme, dass das eingesetzte Reparaturholz für die<br />

Blockstube mit einer rel. Feuchte von 18% eingebaut wurde und die rel. Feuchte sich nach einem<br />

halben Jahr Nutzung auf 8% einpendelt hat, beträgt das Schwindmaß einer 2 m hohen<br />

Blockstubenwand in radialer Richtung immerhin 3 cm !<br />

Dadurch entstehen u.a. Leckagen, die die Wärmeverluste erhöhen. (siehe Vortrag Vogel)<br />

Die Verwendung von Altmaterial trägt wesentlich zum Charakter der Sanierung bei. Es konnte eine<br />

hohe Authentizität erhalten bzw. hergestellt werden.<br />

Modellvorhaben<br />

Umgebindehaus "Inselhaus" <strong>Vortragsmitschrift</strong>en Zittauer Bauseminar 25.3.2009 10


Dr.-Ing. Liane Vogel<br />

Hochschule Zittau/Görlitz<br />

Laborleiterin Bauphysik und<br />

Klimatechnik<br />

Vortragsnachschrift von Jürgen Cieslak<br />

Ressourcenschonende und umweltgerechte Sanierung eines Umgebindehauses als<br />

Demonstrationsobjekt für den nachhaltigen Erhalt einer traditionellen<br />

Volksbauweise als prägendes Element der historischen Kulturlandschaft<br />

Oberlausitz<br />

- Wissenschaftliche Begleitung -<br />

1. BERECHNUNGEN WÄHREND DER PLANUNG DER SANIERUNGS-<br />

MAßNAHME<br />

Immer wichtiger bei Sanierungen wird der Wärmeschutz. Hocheffektive Wärmedämmschichten falsch<br />

eingebaut können Schäden durch Kondensation von Wasserdampf im Bauteil bewirken. Deswegen<br />

sind mit Wärmedämmschichten aufgerüstete Bauteile auf ihre Feuchtezustände zu untersuchen.<br />

1.1 DIFFUSIONSRECHNUNG<br />

Zunächst forderte die DIN 4108-3 von 07/2001 die Berechnung nach dem „Glaserverfahren“ über die<br />

Heiz- bzw. über die Sommerperiode. (Physikalisch genauer spricht man von der Tau- und<br />

Verdunstungsperiode). Zur Zeit gilt die DIN EN ISO 13788, die eine monatsweise Berechnung nach<br />

dem Glaserverfahren fordert. Da das Glaserverfahren nicht die Veränderungen der physikalischen<br />

Werte der Baustoffe durch schwankende Feuchte berücksichtigt, sind die Ergebnisse immer noch<br />

fehlerbehaftet. Computerprogramme (z.B. COND oder WUFI) verarbeiten eine viel größere<br />

Datenmenge und können in kurzen Zeitschritten arbeiten. Damit bilden sie die Wirklichkeit viel<br />

realistischer ab und erlauben sogar die Berechnung der Bauteilzustände in die Zukunft hinein. Diese<br />

Verfahren, z.B. WUFI, sind hochkomplex, sie verlangen Daten zum Wetter in der Region, zum<br />

Innenraumklima und viele Materialdaten, die allerdings für eine solche lokal vorkommende<br />

Baukonstruktion, dem Umgebindehaus, noch nicht in Gänze vorliegen. Trotzdem konnte das WUFI-<br />

Programm für die Blockstubenwand angewandt werden.<br />

Modellvorhaben<br />

Umgebindehaus "Inselhaus" <strong>Vortragsmitschrift</strong>en Zittauer Bauseminar 25.3.2009 11


1.1.1 BLOCKSTUBENWAND<br />

Zum Zeitpunkt der Planung war für die<br />

Blockwand eine Außenwärmedämmung<br />

mit einer Holzfaserplatte und Holz-<br />

verschalung vorgesehen.<br />

Der U-Wert dieser Konstruktion liegt<br />

bei U = 0,42 W/m²K<br />

Das Glaserverfahren in Monatsschritten<br />

(DIN EN ISO 13788) stellt fest, dass zu<br />

keiner Zeit und an keiner Stelle Tauwasser<br />

(Kondensat) auftritt.<br />

Das Berechnungsverfahren COND stellt<br />

die Zustände grafisch dar. Es zeigt, dass<br />

an keiner Stelle in der Konstruktion<br />

Tauwasser auftritt.<br />

Die damals vorgesehene und geprüfte<br />

Konstruktion erfüllt die diffusionstechnischen<br />

Anforderungen.<br />

1.1.2 FACHWERKWAND<br />

Die Wand soll fachwerksichtig werden.<br />

Deswegen ist eine Innenwärmedämmung<br />

vorgesehen.<br />

Die Innenseite der Wand wird zum Teil Träger einer Warmwasser-Wandheizung.<br />

Die dargestellte Konstruktion hat ein U = 0,62 W/m²K<br />

Sowohl das Verfahren nach DIN EN ISO 13788 als auch das wesentlich genauere Rechenverfahren<br />

COND weist eine geringfügige Tauwasserbildung von 99 g/m² bzw. 76 g/m² während der<br />

Wintermonate auf, die jedoch in den Sommermonaten rasch und vollständig verdunsten. Die geprüfte<br />

Wandkonstruktion erfüllt die diffusionstechnischen Anforderungen.<br />

Modellvorhaben<br />

Umgebindehaus "Inselhaus" <strong>Vortragsmitschrift</strong>en Zittauer Bauseminar 25.3.2009 12


1.1.3 BLOCKSTUBENWAND IM WUFI – BERECHNUNGSVERFAHREN<br />

Das Rechenverfahren berücksichtigt Materialwerte, Innenraumklima, Wetterdaten des Standortes des<br />

Objektes und kann die Entwicklung des Bauteilzustandes in kurzen Zeitschritten bis in die Zukunft<br />

simulieren.<br />

Überraschend ist der<br />

Austrocknungsprozess der<br />

Bohlenwand im Verlauf über<br />

mehrere Jahre.<br />

1.2 WÄRMEBRÜCKENRECHNUNG<br />

Wärmebrücken sind im Bauwesen die bauklimatischen Schwachstellen. Die Gefahr negativer<br />

Auswirkungen nimmt mit steigenden Dämmstoffdicken wesentlich zu. Solche Auswirkungen können<br />

Schimmelbildung und Durchfeuchtung des Baustoffes sein. Bei einem Umgebindehaus, einem<br />

Holzhaus kann sich sehr schnell Fäulnis und / oder Pilzbefall entwickeln.<br />

1.2.1 SOCKELBEREICH DER BLOCKSTUBE<br />

Zunächst der historische Befund: Die Blockbohlenwand (d = 15…18cm) liegt auf einem Steinsockel<br />

auf. Der an die Bohlenwand anlaufende Holzdielenfußboden liegt auf Lagerhölzern, die ihrerseits auf<br />

dem Erdreich aufgelegt sind.<br />

Dieser Zustand wird rechnerisch untersucht. Die<br />

Oberflächentemperatur in dem Winkel Bohlenwand/<br />

Dielungsfußboden unterschreitet weit die Taupunkttemperatur.<br />

Es besteht eine sehr hohe Gefahr für<br />

Schimmelbildung und Tauwasserausfall.<br />

Diese Feuchtigkeit in Verbindung mit dem kalten Steinsockel<br />

verursacht Fäulnis auf der Auflagerfläche der untersten<br />

Bohle.<br />

Die warme, feuchte Raumluft dringt durch Leckagen in der<br />

Dielung und kondensiert am Steinsockel. Das ist ein ständiger Feuchtigkeitsquell. Im Winter ist hier<br />

sogar Eisbildung möglich.<br />

Das Lagerholz der Dielung ist ebenfalls zu kalt und kann durch Kondensatwasserbildung in Fäulnis<br />

übergehen.<br />

Modellvorhaben<br />

Umgebindehaus "Inselhaus" <strong>Vortragsmitschrift</strong>en Zittauer Bauseminar 25.3.2009 13


1.2.2 DIE NEUE SOCKELAUSBILDUNG<br />

Der neue Fußboden wird um ca. 10cm abgesenkt. Damit liegt der Steinsockel im Bereich der<br />

Wohnstube. Zusätzlich wird eine Sockelheizung vorgesehen.<br />

Die Berechnung weist aus, dass an keiner Stelle Schimmelbildung zu befürchten ist.<br />

Der Schaumglasschotter beeinflusst die Ergebnisse beim Nachweis des ausreichenden Schutzes vor<br />

Schimmelbildung unwesentlich, bewirkt jedoch eine Verminderung des Jahresheizwärmebedarfs.<br />

1.2.3 TRAUFAUSBILDUNG ABSEITE<br />

Die innere Oberflächentemperatur im Bereich des Ringbalkens liegt mit 16,64°C weit über der<br />

Taupunkttemperatur und weit über dem Kennwert für Schimmelbildung. Bei der Konstruktion des<br />

Kastenfensters sollte der innere Flügel dicht und der äußere Flügel weniger dicht ausgebildet sein, um<br />

Kondensatbildung auf der inneren Oberfläche der äußeren Scheibe zu vermeiden.<br />

Modellvorhaben<br />

Umgebindehaus "Inselhaus" <strong>Vortragsmitschrift</strong>en Zittauer Bauseminar 25.3.2009 14


1.2.4 BLOCKSTUBENWAND – DECKE - FACHWERKAUßENWAND<br />

Im historischen Befund eine<br />

diffusionstechnisch höchst unklare,<br />

kritische Schwachstelle.<br />

Berechnet wird die geplante<br />

Konstruktion. Die Ergebnisse<br />

zeigen, dass an keiner Stelle die<br />

Gefahr von Schimmelbildung<br />

besteht.<br />

2. MESSUNGEN AM SANIERTEN GEBÄUDE<br />

2.1 THERMOGRAFIE<br />

Es wurde das System VARIOSCAN der Fa. INTRATEC eingesetzt. Die Messungen fanden am<br />

25.2.09 von 7,00 bis 8,00 Uhr statt. Die Außentemperatur lag bei ca. 2,5° bis 4,0°C, die<br />

Raumtemperatur bei 20,0° bis 21,0°C.<br />

Das verdeckte Fachwerk wird sichtbar. Deutlich sichtbar sind auch die Wärmebrücken im Bereich der<br />

Dachtraufe.<br />

Modellvorhaben<br />

Umgebindehaus "Inselhaus" <strong>Vortragsmitschrift</strong>en Zittauer Bauseminar 25.3.2009 15


Deutlich sichtbar die Wärmebrückenwirkung des Steinsockels, die durch den Heizungskanal an der<br />

Innenseite des Sockels verursacht wird. Die Erwärmung der Fachwerkfelder im Oberstock wird u.a.<br />

durch die Wandheizung hervorgerufen. Die Wärmebrücken der Lagerfugen der Bohlenwand sind<br />

durch leichte Undichtheiten begründet.<br />

2.2 MESSUNGEN DER LUFTDICHTHEIT<br />

Zur Messung der Luftdichtheit wird der Innenluftdruck im Gebäude (oder eines einzelnen Raumes)<br />

um 50 Pa abgesenkt. Dabei wird die durch die Undichtheiten einströmende Luftmenge gemessen.<br />

Gefragt wird nach der Luftwechselrate, d.h. das Wievielfache der Luft des gemessenen Raumes wird<br />

in einer Stunde durch die einströmende Luft ersetzt.<br />

(Blower- Door –Messung).<br />

Die Auswirkungen unzureichender Luftdichtheit sind:<br />

- Wärmeverluste größer als notwendig<br />

- Warme, feuchte Luft kann in die Konstruktion eindringen, da kondensieren und dadurch<br />

Schäden verursachen (Fäulnis, Pilzbefall,…)<br />

- Es treten Zugerscheinungen auf<br />

Ein Vergleich des Messwertes der<br />

Blockstube von Th.Häbler-Str.25 mit<br />

Messwerten anderer Blockstuben zeigt,<br />

dass die Luftdichtheit im üblichen<br />

Bereich liegt, insgesamt aber wesentlich<br />

über den Normwerten liegt.<br />

Die Lecksuche mittels Thermografie<br />

zeigt beeindruckende Ergebnisse.<br />

Die einströmende kalte Außenluft kühlt<br />

die Undichtheiten ab, die sich aufgrund<br />

der veränderten Temperatur deutlich<br />

abzeichnen.<br />

Q<br />

u<br />

e<br />

l<br />

l<br />

e: M. Simm: Luftdichtheit bei der Sanierung der Blockstube eines<br />

Umgebindehauses<br />

Modellvorhaben<br />

Umgebindehaus "Inselhaus" <strong>Vortragsmitschrift</strong>en Zittauer Bauseminar 25.3.2009 16


2.3 RAUMLUFTTEMPERATUR UND –FEUCHTE<br />

Es wurden Messungen im Bad und in der Blockstube durchgeführt.<br />

Im Bad stellten sich geringe Luftfeuchten von 30…35% ein, die bei Benutzung ganz kurze Spitzen<br />

von 75% erreichten. Diese Feuchtigkeiten wurden sehr schnell durch eine manuelle Lüftung<br />

abgeführt und die Luftfeuchte pendelte sich wieder bei ca. 30% ein.<br />

In der Blockstube sind noch geringere<br />

Luftfeuchten (unter 30%) gemessen worden.<br />

Das ist unter anderem in der hohen<br />

Luftwechselrate der Blockstube begründet.<br />

In der Folge trockenen alle Holzbauteile<br />

(Balken. Türen, Fensterläden,…) extrem aus.<br />

2.4.BEHAGLICHKEITSMESSUG<br />

Die DIN EN ISO 7730 definiert die„Behaglichkeit“ über eine exemplarisch durchgeführte<br />

Zufriedenheitsbefragung einer großen Personengruppe (1300 Pers.).<br />

Folgende Einflussfaktoren wurden dabei berücksichtigt:<br />

Lufttemperatur, Strahlungstemperatur, Luftgeschwindigkeit, Luftfeuchte, Bekleidung, Tätigkeit.<br />

Für die angenommenen Randbedingungen (Tätigkeit entspanntes Sitzen, Bekleidung langärmlig)<br />

liegt das vorausgesagte mittlere Votum PVM größtenteils bei -0,5,<br />

der vorhergesagte Prozentsatz der Unzufriedenen größtenteils bei 6 bis 10%.<br />

Damit wäre die Einordnung in der Kategorie B nach DIN EN ISI 7730 gegeben,<br />

obwohl die Zugluftrate größtenteils unterhalb von 10% liegt.<br />

Modellvorhaben<br />

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Wenn nicht anders vermerkt: Fotos und Diagramme vom Referenten<br />

Modellvorhaben<br />

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Diskussion<br />

Wir erlauben uns, die Diskussion verkürzt wiederzugeben. Sie wurde aus den Notizen einiger<br />

Teilnehmer zusammengetragen. Die Nachschrift erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit,<br />

Die verkürzte und eventuell falsch gewichtete Wiedergabe bitten wir zu verstehen und zu billigen.<br />

Die Diskussionsbeiträge geben nicht unbedingt die Auffassung der Veranstalter wieder. Sie sind eine<br />

persönliche Meinung.<br />

Ein engagierter ehrenamtlicher Denkmalpfleger aus Großschönau beginnt die Diskussion und stellt<br />

fest:<br />

…Über die Denkmalpflege gab es 1993 umgerechnet 500000,- € Fördergelder für 101<br />

Umgebindehäuser, 2002 waren es 27000,- € für 6 Umgebindehäuser.<br />

Unbekannt und ein Dienstgeheimnis ist die Bepunktungsliste, nach der Förderanträge bewertet<br />

werden. 70% der Anträge gehen leer aus. Und erst im April eines jeden Jahres erfährt der<br />

Antragsteller, ob und wie er berücksichtigt wurde. Viel zu spät, um ordentlich zu bauen.<br />

In Zukunft sollen die Anträge im Kreis bearbeitet werden.<br />

Umso mehr ist hervorzuheben, dass die komplizierte Sanierungsmaßnahme „Inselhaus“ so erfolgreich<br />

durchgeführt werden konnte.<br />

Ein Vertreter des Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG)<br />

Es ist wenig bekannt und wird zu wenig beansprucht, dass die Sanierung leerstehender<br />

Umgebindehäuser bei Zuzug neuer Bewohner oder beim Ausbau zu neuen Arbeitsstätten gefördert<br />

werden können.<br />

Der Vertreter der Stiftung Umgebindehaus<br />

Die Stiftung ist seit dem 14.1.09 eine selbstständige Stiftung geworden. Das Stiftungskapital ist<br />

gewachsen und wird weiter wachsen. Wir hoffen, dass demnächst mit einer Gesamtförderung von<br />

25000,-€ pro Jahr gearbeitet werden kann.<br />

Ein Teilnehmer aus Dresden<br />

In den westlichen Bundesländern beobachtet man, dass Städter einen Zweitwohnsitz auf dem Lande<br />

suchen. Das wirkt der Entvölkerung der Dörfer entgegen und erhält historische Bausubstanz. Diese<br />

Entwicklung sollte bei dem beängstigenden Bevölkerungsrückgang in den Dörfern hier gefördert<br />

werden.<br />

Die Frage steht: Erhalt oder Verfall, da muss man Kompromisse eingehen. Die Behörde muss flexibel<br />

sein und im Zweifelsfall das historische Haus fördern<br />

Gute Beispiele, die motivieren, sind in der Zeitschrift „Landlust“ vorgestellt.<br />

Ein Hochschullehrer aus Zittau zum vorgestellten Inselhaus<br />

Zunächst ist zu bedenken, ob die Lehmritzmuster nicht die Haftbrücke für einen Oberputz darstellen.<br />

Aus Schlössern ist eine solche Bedeutung belegt.<br />

Grundsätzlich ist zu fragen, warum das Haus nicht gehoben wurde. Es ist bekannt, dass die Straßen<br />

seit der Bauzeit dieser Häuser um ca. 50 cm „gewachsen“ sind. Um den ursprünglichen Eindruck<br />

wiederherzustellen, wäre eine Hebung zu untersuchen.<br />

Gab es einen „Steinteil“ des Umgebindehauses? Wenn ja, warum wurde er nicht rekonstruiert?<br />

Ein Umgebindehausbesitzer aus Großschönau<br />

Die Thermografie zeigt, dass überraschend viel Wärme über den Steinsockel nach draußen abfließt.<br />

Und weiter: Früher war man der Meinung, dass eine Zentralheizung für ein Umgebindehaus als einem<br />

Holzhaus schädlich sei. Dass man einen Heizkörper nicht an der Bohlenwand oder dicht daneben<br />

montieren dürfe.<br />

Überhaupt sieht er in einer überall gleichmäßigen Wärme kein Ideal. Er findet es angenehm, wenn<br />

sich im Haus und vor allem in der Stube eine „Temperaturlandschaft“ entwickelt. Am Ofen ist es<br />

wärmer als am Tisch und im Hausflur ist es kälter als in der Stube.<br />

Modellvorhaben<br />

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Der Planer, Herr Wolf, antwortet<br />

Tatsächlich ist die Kachelofenheizung eine pulsierende Beheizung.<br />

Die befürchteten Schäden durch eine Zentralheizung liegen aber doch in dem wesentlich höheren<br />

Temperaturniveau der modernen Nutzung begründet.<br />

Ein Umgebindehausbesitzer aus dem Bautzener Gefilde<br />

Eine Kachelofenheizung stellt eine Art Zwangsbelüftung dar, da beim Verbrennen des Brennstoffs<br />

große Mengen Luft aus der Stube angesaugt und in den Schornstein abgeführt werden.<br />

Eine direkte Anfrage an Frau Dr.Vogel<br />

Warum wird nicht mit einer kontrollierten Befeuchtung der Luft den zum Teil gravierenden<br />

Trocknungsschäden begegnet?<br />

Antwort Frau Dr. Vogel<br />

Befeuchtungsanlagen müssen kontrolliert und gewartet werden. Das ist auf die Dauer nicht zu<br />

garantieren. Dagegen sind die Schäden bei einem unsachgemäßen Betrieb bzw. bei einem Defekt<br />

unüberschaubar.<br />

Ein Lehmbauer<br />

Was entsteht bei Fehl- bzw. Hohlstellen in der ursprünglich geplanten Außenwärmedämmung?<br />

Und eine andere Frage aus der Praxis: Darf man mit modernen Mitteln den Eindruck eines alten<br />

Hauses vermitteln?<br />

Dr. Vogel:<br />

Bei einer Außenwärmedämmung verringert in der Dämmung zirkulierende Außenluft lediglich die<br />

Dämmwirkung. Problematisch kann dies nur werden, wenn dadurch die innere<br />

Oberflächentemperatur in den betroffenen Bereichen zu gering wird.<br />

Ganz anders bei einer Innendämmung. Dringt im Winter warme, feuchte Raumluft durch<br />

Undichtheiten in die Konstruktion ein, gelangt sie in die „Fehlstellen“ oder „Hohlstellen“ auf der<br />

kalten Seite der Innendämmung und wird abgekühlt. Tauwasser entsteht zwischen der Innendämmung<br />

und der nächstfolgenden Schicht, Schäden durch Schimmelbildung treten auf.<br />

Deshalb müssen z.B. Kalziumsilikatplatten unbedingt vollflächig anliegend verklebt werden. Die<br />

vollflächige Verklebung ist andererseits notwendig, damit eventuell wegen Diffusionsvorgängen<br />

angefallenes Kondensat durch die Kapillaren der Platten wieder zur inneren Oberfläche transportiert<br />

werden kann. Der wasserfeste Kleber ist diffusionstechnisch kein Problem, wie das<br />

Berechnungsprogramm zeigt.<br />

Der Planer, Herr Wolf:<br />

Hybridwände werden nach seiner Erfahrung in der Praxis den Langzeitanspruch nicht erfüllen.<br />

Im Inselhaus wurde grundsätzlich auf Dampfsperren verzichtet. Da ist im Sinne der Nachhaltigkeit<br />

notwendig.<br />

Ein Teilnehmer aus Großschönau<br />

Der Familie Engel ist zu danken, dass sie dieses schon über 15 Jahre leerstehende Haus gerettet<br />

haben. Das Haus steht an städtebaulich besonderer Stelle und der Erhalt ist ein großer Gewinn für<br />

Großschönau.<br />

Prof. Schurig als Initiator der Zittauer Bauseminare<br />

Zum Schluss ist festzuhalten: es war das Ziel, die Planung und die Baudurchführung wissenschaftlich<br />

zu begleiten. Es wurden wichtige Erkenntnisse gefunden, die heute hier vorgestellt wurden und die<br />

den Erhalt und die Sanierung der Umgebindebauweise nachhaltig beeinflussen werden.<br />

Er dankt herzlich für das Engagement der Dozenten und das der Zuhörer.<br />

Fotos Referenten J.Gosteli<br />

Modellvorhaben<br />

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