Lichterfelde West Journal Nr. 1/2018
Journal für Lichterfelde West, Botanischer Garten und Schweizer Viertel - Februar / März 2018
Journal für Lichterfelde West, Botanischer Garten und Schweizer Viertel - Februar / März 2018
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<strong>Lichterfelde</strong> <strong>West</strong> <strong>Journal</strong><br />
e. V.–Mitglied Frank Rattay, der<br />
Autor und Kulturhistoriker Matthias<br />
Oloew sowie die Kultur-<br />
Fachbereichsmitarbeiterin Heike<br />
Stange präsentierten kurzweilig<br />
historisches Baugeschehen<br />
Groß-Berlins mit seinen Folgen<br />
für die beiden Verwaltungsbezirke<br />
im Berliner Südwesten. Dabei<br />
wurde im Ansatz – jedoch ausbaufähig<br />
– gegenwärtiges und<br />
zukünftiges Bauen reflektiert<br />
und debattiert.<br />
Im bis zum letzten Platz besetzten<br />
Großen Salon der Schwartzschen<br />
Villa ging es „Auf dem<br />
Weg nach Groß-Berlin“ u. a. um<br />
das Groß-Berlin-Gesetz und die<br />
stadtplanerischen Prämissen für<br />
den erweiterten Stadtraum. Hatte<br />
nicht zuletzt die drängende<br />
Wohnungsfrage zur Gründung<br />
Groß-Berlins beigetragen, traten<br />
nun „Für die Gemeinschaft!“<br />
neben den privaten Bauunternehmern<br />
wie Adolf Sommerfeld<br />
auch öffentliche Wohnungsbaugesellschaften<br />
in Aktion. Es galt<br />
„Zwischen Tradition und Moderne“<br />
Groß-Siedlungen zu errichten,<br />
wofür im Bezirk als Beispiel<br />
die Onkel-Tom-Siedlung, die Heidehofsiedlung<br />
und die Siedlung<br />
Unter den Eichen stehen. Doch<br />
mehr Wohnraum brachte auch<br />
neue Infrastrukturprojekte für<br />
den Bezirk mit sich, dessen Verwaltung<br />
bis dahin weit verstreut<br />
und eher bürgerfern untergebracht<br />
war:<br />
Mit Rathausneubau<br />
und Bädernetz<br />
in die Zukunft<br />
Das Rathaus Zehlendorf um 1930.<br />
<br />
Archiv HVZ<br />
Zehlendorf konnte am 20. April<br />
1929 als einzigen Rathausneubau<br />
im frischgebackenen Groß-<br />
Berlin „Das Rathaus Zehlendorf<br />
– im Spannungsfeld von Groß-<br />
Berlin und Bezirk“ seiner Bestimmung<br />
übergeben.<br />
Als neuer Bezirk, der ab 1920<br />
mehr oder weniger begeistert<br />
zu Groß-Berlin gehörte, hatte<br />
Zehlendorf hart um ein zentrales<br />
Verwaltungsgebäude an der<br />
heutigen Kirchstraße gekämpft,<br />
dessen Bau 1923 beschlossen<br />
wurde. Der Bezirk hatte das<br />
Grundstück zur Verfügung gestellt<br />
und so die Zustimmung<br />
des Magistrats erreicht. Auf die<br />
Wettbewerbs-Ausschreibung um<br />
den Rathausbau, der alle zentralen<br />
Verwaltungen vom Bürgermeisteramt<br />
bis zum Standesamt,<br />
Bibliothek und Heimatmuseum,<br />
Wohnräume für Boten und Hausmeister<br />
sowie ein Schwimmbad<br />
enthalten sollte, hatten sich 84<br />
Architekten beworben. Den Zuschlag<br />
erhielt der Entwurf des<br />
Architekten Eduard Jobst Siedler.<br />
Doch die Realisierung und<br />
Finanzierung des Groß-Objektes,<br />
für das 2,5 Millionen Reichsmark<br />
angesetzt waren, führte schließlich<br />
zum sogenannten Rathauskampf<br />
zwischen Groß-Berlin und<br />
dem Bezirk, in dem Auseinandersetzungen<br />
zwischen dezentralen<br />
und zentralen Zuständigkeiten<br />
im Vordergrund standen.<br />
Bereits 1925 forderte der Magistrat<br />
die Einstellung weiterer<br />
Bauarbeiten.<br />
Zeitraubende Verhandlungen<br />
folgten, kostenreduzierend<br />
musste auf die Unterbringung<br />
des Standesamtes und auf den<br />
Dachgeschossaufbau verzichtet<br />
werden, so dass 1926 der<br />
Magistrat schließlich die Gelder<br />
bewilligte und Ausschachtarbeiten<br />
beginnen konnten. – Und<br />
wieder beschloss der Magistrat,<br />
der Finanzierung anderer Bauvorhaben<br />
den Vortritt zu lassen<br />
und stellte das Rathaus zurück,<br />
so dass im Februar 1927 erneut<br />
Baustopp war. Drei Monate später<br />
jedoch gab der Magistrat<br />
Gelder frei, und bis zur Fertigstellung<br />
liefen die Bauarbeiten<br />
nun kontinuierlich.<br />
Die feierliche Eröffnung des Rathauses<br />
fand 1929 im Bürgersaal<br />
statt, wo Bezirksbürgermeister<br />
Erich Schumacher und der Vorsitzende<br />
der BVV Karl Meidinger<br />
sowie Oberbürgermeister<br />
Gustav Böß vor Vertretern der<br />
20 Berliner Bezirke und den Ehrengästen<br />
ihre Grußworte sprachen.<br />
Zahlreiche durch die BVV<br />
aktivierte Spender hatten die<br />
Fenster und Inneneinrichtung<br />
des neuen Verwaltungsgebäudes<br />
ermöglicht, die ebenfalls<br />
unter den Gästen waren. „Eine<br />
rechte Leidensgeschichte“ nannte<br />
Schumacher dann auch den<br />
Rathausbau. Böß thematisierte<br />
in seinen Worten den vorhergegangenen<br />
Kampf und meinte<br />
herablassend: „…niemand wird<br />
sagen können, daß Berlin nichts