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Musikwissenschaftliches im<br />
Südtiroler Rundfunk<br />
Dr. Evelyn Torggler<br />
Johannes Brahms<br />
In der nun folgenden Sendung hören Sie im S.R. Interessantes und Wissenswertes<br />
über das Musikinstrument Klarinette, häufig in Verwendung in der klassischen<br />
Musik für Solo-, Kammer- und Konzertmusik. Den Erklärungen folgen natürlich<br />
erlesene Darbietungen, wo die Klarinette den Ton angibt.<br />
,,Geh' in ein Orchester! Das ist der Platz, auf dem wir den Clarinett-, Flöten-,<br />
Oboe und Fagottspieler zu schätzen wissen; über die Zeit, wo diese Künstler<br />
scharenweise gereist kamen und Concerte auf ihren langweiligen Einzelrohr<br />
abbliesen, sind wir hinüber." Der große Musiker Eduard Hanslick äußerte sich<br />
solchermaßen um 1870 zur Thematik des ausufernden Bläservirtuosentums, das<br />
aus seiner Sicht an der Tagesordnung war und mangels wirklicher Höhepunkte<br />
reichlich langweilte. Immerhin gab es aber die großartige Meininger Hofkapelle,<br />
ein Vorzeigeorchester, und darin Richard Mühlfeld (1856-1970), von dem Johannes<br />
Brahms 1891 an Clara Schumann schrieb: „ ...man kann nicht schöner Klarinette<br />
blasen, als es der hiesige Mühlfeld tut.“ Da ging also einer tatsächlich ins Orchester,<br />
konnte eigentlich am besten Violine, lernte dann autodidaktisch Klarinette,<br />
wurde Solobläser der Meininger (1876) und auf seinem Instrument die Muse des<br />
großen Brahms! Obwohl der sich 1890 nach Vollendung seines Streichquintetts<br />
op. 111 vorgenommen hatte, beim Komponieren, wie er meinte, „die junge Leute<br />
heranzulassen“, wurde er wegen Mühlfeld rückfällig. Seinetwegen entstanden die<br />
Meisterwerke op. 114<br />
(Klarinettentrio) und op. 115 (Klarinettenquintett). Schließlich schrieb er ihm<br />
noch zwei Sonaten, die beide die Opuszahl 120 bekamen, um ihre inhaltliche<br />
Nähe zueinander gar nicht erst zu leugnen. Wie so oft bei Brahms handelt es sich<br />
also um ein gegensätzliches Zwillingspaar: Moll gegen Dur, vier gegen drei Sätze,<br />
um gleich die offensichtlichen Fakten zu nennen. Die Es-Dur-Sonate ist in ihrer<br />
Dreisätzigkeit klassisch gebaut, der Mittelsatz wiederum dreiteilig angelegt. Wie<br />
bereits andere Gattungsreichen (Streichquartett Nr. 3, Sinfonie Nr. 4) beschließt<br />
Brahms auch sein Sonatenwerk mit einer abschließenden Variationsfolge. Im<br />
Anschluss an die Wiener Uraufführungen am 11. und 6. Januar 1895 beeilte sich<br />
Verleger Simrock nicht übermäßig mit der Drucklegung. Die Klarinettensonaten<br />
erblickten erst im Juni 1895 das Licht der Musikalienhandlungen, bis dahin durfte<br />
Mühlfeld die Werke exklusiv aufführen.<br />
Das Konzert auf nächster Seite.<br />
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