kulturradio-Tipps - Verlag für Berlin-Brandenburg
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<strong>kulturradio</strong>-<strong>Tipps</strong><br />
Bücher und CDs<br />
zu Weihnachten 2011<br />
Hier spielt die Klassik.<br />
3 <strong>kulturradio</strong> Lesestoff Mo - Fr 8.45 Uhr
Ein Bilderbuch <strong>für</strong> Erwachsene<br />
Gesichter der Renaissance. Dieser Ausstellungskatalog<br />
ist eine Freude, besonders, wenn man<br />
ihn mit Kindern anguckt.<br />
Beim ersten Durchblättern empfehle ich, nur<br />
auf die Frisuren der portraitierten Schönen<br />
oder wenigstens Reichen zu achten. Unglaublich,<br />
dass diese gekämmten Kunstwerke ganz ohne<br />
Haarspray und Fön herstellbar waren. Lohnend<br />
ist auch die Durchsicht unter dem Aspekt:<br />
Schmuckbänder und Ketten. Hier könnte die<br />
Punk-Bewegung entstanden sein.<br />
Die Nasen! Krumm, höckrig, gebogen — <strong>für</strong><br />
Erwachsene ein Blickfang, <strong>für</strong> Kinder Auslöser<br />
anhaltender Kicheranfälle. Sehr reizvoll auch,<br />
ausschließlich auf Biesen und Bordüren zu<br />
achten.<br />
Oder nur auf Augen und Blicke — spätestens<br />
dann allerdings lohnt es sich, in den Textteil<br />
dieser Meisterwerke der Portraitkunst einzusteigen.<br />
Ich wünsche Ihnen viele Entdeckungen und<br />
natürlich: alles Gute zum Jahreswechsel!<br />
Claudia Ingenhoven<br />
Keith Christiansen/Stefan Weppelmann (Hrsg.):<br />
»Gesichter der Renaissance. Meisterwerke<br />
italienischer Portrait-Kunst«, Hirmer <strong>Verlag</strong>,<br />
gebunden, 420 Seiten, 47,50 €<br />
4 <strong>kulturradio</strong> Lesestoff Mo - Fr 8.45 Uhr<br />
Charles Arnold (Hrsg.): »Die Inseln des Mittelmeers.<br />
Ein einzigartiger und vollständiger<br />
Überblick« marebuchverlag, gebunden,<br />
416 Seiten, farbig mit ca. 250 Fotos, 29,90 €<br />
Tatsächlich ein vollständiger Überblick über alle<br />
bewohnbaren Inseln des Mittelmeers: insgesamt<br />
218! Neben tollen Fotos und Fakten werden die<br />
Informationen in einer 5-Punkte-Bewertung in<br />
den Kategorien Tourismus, Vege-tation, Strände,<br />
Sightseeing und Einsamkeitsfaktor zusammengefasst.<br />
Ein absolutes Juwel <strong>für</strong> Liebhaber des Mittelmeeres.<br />
Sehr originell aufbereitet und präsentiert!<br />
Danuta Görnandt<br />
Klaus Böldl/Andreas Vollmer/Julia Zernack<br />
(Hrsg.): »Die Isländersagas« 4 Bände mit<br />
einem Begleitband, aus dem Altisländischen<br />
übersetzt von Tina Flecken, Thomas Esser<br />
u.v.a., S. Fischer <strong>Verlag</strong>, gebunden, 3384 Seiten,<br />
98,00 €<br />
Wilde Männer, liebende Frauen, Kämpfe und<br />
Leidenschaften vor 1000 Jahren auf einer<br />
rauen Insel im Nordmeer. Die isländischen Sagas<br />
führen uns zurück in eine archaische (Seelen-)<br />
Landschaft. Geeignet <strong>für</strong> lange Lesenächte.<br />
Claus-Ulrich Bielefeld<br />
Lillian Birnbaum: »Peter Handke. Portrait<br />
des Dichters in seiner Abwesenheit«<br />
Fotoband, <strong>Verlag</strong> Müry Salzmann, gebunden,<br />
104 Seiten, 28,00 €<br />
Das Haus des Dichters als Spiegel seiner selbst:<br />
Peter Handke gestattete Lillian Birnbaum, sein<br />
Haus nahe Paris in seiner Abwesenheit zu foto–<br />
grafieren. Die Bilder geben beredte Einblicke in<br />
ein Haus und seinen Herrn. Nüsse, Herbstblätter,<br />
Federn, Bleistifte, Steine und Pilze fügen sich<br />
zu geheimnisvollen, stillen Installationen.<br />
Sigrid Löffler<br />
PRACHTVOLLE BÜCHER<br />
Magda Drostel: »Der Geschmack der<br />
Kindheit. Die besten Rezepte von früher«<br />
Kochbuch, Thorbecke <strong>Verlag</strong>, gebunden,<br />
112 Seiten, 19,90 €<br />
Prächtige Kochbücher gibt es viele, gefeierte<br />
Köche auch. Dieses Buch fehlte bis jetzt im<br />
Küchen-Regal. Die fränkische Expertin hat<br />
nämlich all die Rezepte gesammelt, die zwar aus<br />
der Mode gekommen sind, die aber — vergleichbar<br />
den Proustschen »Madeleine-Törtchen« — den<br />
Geschmack der Kindheit heraufbeschwören:<br />
Von der fränkischen Hochzeitssuppe über die<br />
Krautwickel bis zum Zwetschgendatschi.<br />
Manuela Reichart<br />
Neil MacGregor: »Eine Geschichte der Welt<br />
in 100 Objekten« Sachbuch, <strong>Verlag</strong> C.H. Beck,<br />
gebunden, 816 Seiten, 39,95 €<br />
Der Direktor des Britischen Museums nimmt die<br />
Leser mit auf eine Reise durch die Zeit und um<br />
die Welt. Vom goldenen Schulterkragen aus Mold<br />
in Nordwales bis zur schariakonformen Kreditkarte<br />
und einer Solarlampe aus China beschreibt<br />
MacGregor nicht nur die Objekte, sondern erklärt<br />
ihre Bedeutung: Gab es Gold in Wales? Oder gab<br />
es damals (1900 v. Chr.) schon internationalen<br />
Tauschhandel? Eckhard Stuff<br />
Alfons Schuhbeck: »Meine Reise in die Welt<br />
der Gewürze« Kochbuch, <strong>Verlag</strong> Zabert Sandmann,<br />
gebunden, 393 Seiten, 24,95 €<br />
Dieses aufwendig gemachte, mit unzähligen<br />
guten Fotos und prachtvollen Illustrationen ausgestattete<br />
Kochbuch berichtet über die Kulturgeschichte<br />
der Gewürze. Im Mittelpunkt steht dabei<br />
immer auch die Heilwirkung von Gewürzen. Diesen<br />
verschütteten Wissensschatz zu heben, ist —<br />
neben der Zelebrierung vieler interessanter<br />
Rezepte — das eigentliche Anliegen dieses<br />
Prachtbandes. Salli Sallmann<br />
<strong>kulturradio</strong> Lesestoff Mo - Fr 8.45 Uhr 5
Jane Austen: »Northanger Abbey« Roman,<br />
aus dem Englischen von Sabine Roth, dtv,<br />
Taschenbuch, 303 Seiten, 8,90 €<br />
Als Jane Austen 1817 starb, war dieser Roman<br />
aus dem Jahr 1803 noch nicht veröffentlicht.<br />
Der Verleger <strong>für</strong>chtete offenbar negative Reak–<br />
tionen auf die scheinbar romanuntaugliche<br />
Hauptfigur, die weder schön noch besonders<br />
klug, sondern ganz und gar durchschnittlich ist.<br />
Die Autorin kommentiert die Wahl ihrer Protagonistin,<br />
benutzt also höchst moderne Stilmittel<br />
in diesem unterhaltsamen und klugen Roman,<br />
der jetzt in einer neuen Übersetzung vorliegt.<br />
Manuela Reichart<br />
Ken Bruen: »Jack Taylor und der verlorene<br />
Sohn« Kriminalroman, aus dem Englischen von<br />
Harry Rowohlt, Atrium <strong>Verlag</strong>, Taschenbuch,<br />
298 Seiten, 16,00 €<br />
Achtung: Die Jack-Taylor-Krimis sind nichts <strong>für</strong><br />
politisch Korrekte, obwohl der irische Privat–<br />
detektiv nach einem gründlich misslungenen<br />
Auftrag – wieder einmal – versucht, vom Alkohol<br />
loszukommen. Der Fall beginnt mit einem grausigen<br />
Fund: Im Beichtstuhl wird der abgetrennte<br />
Kopf des Priesters gefunden. Crime Noir vom<br />
Besten, auch dank der tollen Übersetzung.<br />
Eckhard Stuff<br />
Joachim Nölte/Marc Dannenbaum: »Uckermark.<br />
Ein Wegbegleiter« Sachbuch, <strong>Verlag</strong><br />
Terra Press, 160 Seiten, über 400 Abbildungen<br />
sowie Karten, 14,80 €<br />
Hier geht es um den 217 km langen und als<br />
Wanderweg zertifizierten Märkischen Landweg,<br />
der von der Havel bis zur Oder durch alle Großschutzgebiete<br />
geht. Mit ihm kann man die Uckermark<br />
zu Fuß entdecken, die Landschaft und die<br />
kleinen Städte. Die 10 Buchkapitel entsprechen<br />
den Etappen der Wanderung, konzentriert auf<br />
viele sehenswerte Stellen, geschichtlich oder<br />
kulturell bedeutsame Orte. Danuta Görnandt<br />
PREISWERTE BÜCHER<br />
Dorothy Parker: »Morgenstund hat Gift im<br />
Mund. New Yorker Geschichten« Aus dem<br />
Amerikanischen von Pieke Biermann und<br />
Ursula-Maria Mössner, Kein & Aber, gebunden,<br />
208 Seiten, 14,90 €<br />
Dorothy Parker war eben nicht nur eine scharfzüngige<br />
Feuilletonistin, sondern auch eine wunderbare<br />
Erzählerin. In ihren Geschichten passiert<br />
nicht viel, und doch entfaltet sich eine ganze<br />
Welt in ihnen: Wer die Geschichte von der<br />
schwarzen Putzfrau Big Lannie und ihrem blinden<br />
Enkel gelesen hat oder die Geschichte von<br />
den republikanischen Soldaten im Spanischen<br />
Bürgerkrieg, sieht die Realität in schärferem<br />
Licht. Claus-Ulrich Bielefeld<br />
Utz Rachowski: »Beide Sommer« Zwei Erzählungen<br />
und drei Essays, Leipziger Literatur–<br />
verlag, gebunden, 130 Seiten, 14,95 €<br />
Utz Rachowski hat weltgeschichtliche Ereignisse<br />
aus der Sicht eines Kindes und jungen Heranwachsenden<br />
beschrieben. Es geht um den Mauerbau<br />
und um die Besetzung der SSR durch die<br />
Truppen des Warschauer Pakts 1968. Ort beider<br />
Handlungen ist eine vogtländische Kleinstadt in<br />
der Nähe der tschechischen Grenze. Selten in der<br />
Literatur der letzten Jahrzehnte wurde Zeitgeschichte<br />
so eindrücklich poetisch beschrieben.<br />
Salli Sallmann<br />
Christoph Ransmayr/Martin Pollack: »Der<br />
Wolfsjäger. Drei polnische Duette« Geschichten,<br />
S. Fischer <strong>Verlag</strong>, gebunden, 72 Seiten, 14,00 €<br />
Der Schriftsteller Christoph Ransmayr und der<br />
Journalist Martin Pollack waren auf Fährtensuche<br />
in den polnischen Karpaten, die zu den<br />
»Killing Fields« Europas zählen. Gemeinsam<br />
erzählen sie eine Schreckensgeschichte aus<br />
der wölfischen Nachkriegszeit, als der Krieg<br />
dort einfach weiterging und Mordbrenner Jagd<br />
auf ihre ukrainischen Nachbarn machten.<br />
Sigrid Löffler<br />
6 <strong>kulturradio</strong> Lesestoff Mo - Fr 8.45 Uhr<br />
Frank Böttcher/Cornelia Klauß (Hrsg.):<br />
»Unerkannt durch Freundesland. Illegale<br />
Reisen durch das Sowjetreich« Lukas <strong>Verlag</strong>,<br />
gebunden, 444 Seiten, 291 Abbildungen,<br />
24,90 €<br />
Authentische Berichte über eine weitgehend<br />
unbekannte Art des Reisens in der DDR: individuell<br />
und illegal durch die Sowjetunion. Einsichten<br />
aus dem Leben in der DDR bzw. UdSSR und Aussichten<br />
von sonst unerreichten Gipfeln wie dem<br />
Elbrus. Ein Buch von Menschen, die sich ihre<br />
(Reise-)Freiheit genommen und Grenzen überwunden<br />
haben: bürokratische und geographische.<br />
Danuta Görnandt<br />
Lydia Davis: »Formen der Verstörung« Erzählungen,<br />
aus dem Amerikanischen von Klaus<br />
Hoffer, Droschl <strong>Verlag</strong>, 277 Seiten, 22,00 €<br />
Bei uns ist sie immer noch eine Unbekannte, in<br />
Amerika dagegen eine literarische Berühmtheit.<br />
Lydia Davis ist eine Meisterin der kleinen Form.<br />
Ihre kurzen und Kürzest-Geschichten verwirren<br />
und amüsieren. Sie entwirft etwa eine weibliche<br />
Biographie, in dem sie die wechselnden Haushaltshilfen<br />
auflistet. Und das Ende einer Liebe<br />
wird in einem einzigen Wort gefasst: eigentümlich.<br />
Manuela Reichart<br />
Edmund de Waal: »Der Hase mit den Bernsteinaugen.<br />
Das verborgene Erbe der Familie<br />
Ephrussi« Roman, aus dem Englischen von<br />
Brigitte Hilzensauer, Zsolnay <strong>Verlag</strong>, gebunden,<br />
352 Seiten, 19,90 €<br />
Die faszinierende und bewegende Geschichte<br />
von Aufstieg und Absturz der Familie Ephrussi,<br />
einst so reich und mächtig wie die Rothschilds.<br />
Der Nachkomme Edmund de Waal auf Spurensuche<br />
in Paris, Wien, Tokio und Odessa. Japanische<br />
Figürchen, Netsuke, dienen ihm als Reiseführer<br />
in die Familiengeschichte.<br />
Sigrid Löffler<br />
FESSELNDE BÜCHER<br />
Felix Hartlaub: »Kriegsaufzeichnungen aus<br />
Paris« Kommentierte Ausgabe, mit Zeichnungen<br />
des Autors und einem Nachwort von Durs Grünbein,<br />
Suhrkamp <strong>Verlag</strong>, gebunden, 162 Seiten,<br />
17,90 €<br />
Der 1913 geborene Kunsthistoriker Felix Hartlaub<br />
arbeitete 1940/41 in Paris im Archiv des<br />
Auswärtigen Amtes. Das bedeutete: viel Zeit,<br />
um auf langen Gängen den Schönheiten und<br />
Geheimnissen der Stadt nachzuspüren. Es hieß<br />
aber auch: die eigene Einsamkeit und Verlassenheit<br />
wahrzunehmen. In seinen Skizzen und Fragmenten<br />
ist der Wahn der Zeit auf ganz stille<br />
und zugleich scharfsichtige Weise aufbewahrt.<br />
Claus-Ulrich Bielefeld<br />
Günter Kunert: »Die Geburt der Sprichwörter«<br />
Essays, Wallstein <strong>Verlag</strong>, gebunden, 140 Seiten,<br />
17,90 €<br />
Günter Kunert ist ein literarisches Schlitzohr und<br />
als solches vor allem ein Genie der kurzen literarischen<br />
Formen. Auch dieses Buch besteht aus<br />
einer Sammlung von skurrilen Beobachtungen,<br />
wunderbaren Einfällen, interpretierten Sprichwörtern<br />
und bösen Kommentaren über die Welt.<br />
Ein kluges und anregendes kleines Lesebuch<br />
eines intellektuellen Schalks.<br />
Salli Sallmann<br />
Jo Nesbø: »Die Larve« Kriminalroman, aus<br />
dem Norwegischen von Günther Frauenlob,<br />
Ullstein <strong>Verlag</strong>, gebunden, 570 Seiten, 21,99 €<br />
Harry Hole ist zurück aus Hongkong. Oleg,<br />
der Sohn seiner großen Liebe Rakel, soll einen<br />
Freund erschossen haben. Das will Harry Hole<br />
nicht glauben und ermittelt auf eigene Faust im<br />
Osloer Drogenmilieu. Es wird eine Reise in die<br />
Vergangenheit. Zum Glück hat Nesbø seinen<br />
höchst ambivalenten Helden reaktiviert. Jetzt<br />
zeigt er sich wieder in alter Stärke.<br />
Eckhard Stuff<br />
<strong>kulturradio</strong> Lesestoff Mo - Fr 8.45 Uhr 7
Sandra Danicke: »Rauchende Frauen brandgefährlich«<br />
Bildband, Belser <strong>Verlag</strong>, gebunden,<br />
64 Seiten, 14,95 €<br />
Ein ungewöhnliches Motiv der Kunstgeschichte<br />
rückt eine Galerie faszinierender Frauen ins Zentrum.<br />
Gemalt von Picasso, Dix, Hopper oder fotografiert<br />
von Cartier-Bresson, Gisèle Freund u.a.<br />
haben sie ein gemeinsames Merkmal: Sie rauchen,<br />
sind emanzipiert und also brandgefährlich.<br />
Die Autorin gibt Einblicke in die Entstehung der<br />
Kunstwerke und lässt den Leser auf unterhaltsame<br />
Art hinter die Kulissen schauen.<br />
Danuta Görnandt<br />
Joyce Carol Oates: »Meine Zeit der Trauer«<br />
Autobiographie, aus dem Amerikanischen von<br />
Silvia Morawetz, S. Fischer <strong>Verlag</strong>, gebunden,<br />
249 Seiten, 24,95 €<br />
Als ihr Mann überraschend stirbt, macht sie sich<br />
Vorwürfe und <strong>für</strong>chtet, nicht weiterleben zu können.<br />
Sie hortet Schlafmittel und kann die wohlmeinenden<br />
Freunde nicht ertragen, die zur<br />
Tagesordnung übergehen. Dabei ist sie durch<br />
und durch Amerikanerin: Sie versteckt den<br />
Schmerz vor der Öffentlichkeit. Am Ende dieses<br />
schonungslosen autobiographischen Berichts<br />
ist sie erneut verheiratet. Manuela Reichart<br />
Oskar Roehler: »Herkunft« Roman,<br />
Ullstein <strong>Verlag</strong>, gebunden, 592 Seiten, 19,99 €<br />
In seinem ersten Roman erzählt der Filmregisseur<br />
Oskar Roehler seine eigene Geschichte: die<br />
Geschichte eines vernachlässigten Kindes mitten<br />
in der prosperierenden Bundesrepublik Deutschland.<br />
Sein Zeit- und Sittenbild reicht vom Wiederaufbau<br />
in den Fünfzigern über die Orgien linker<br />
Selbstverwirklichung in den 60er und 70er Jahren<br />
bis hin zu den 80er Jahren in Westberlin.<br />
Ein großes, wildes, farbenreiches Panorama.<br />
Claus-Ulrich Bielefeld<br />
PROVOKANTE BÜCHER<br />
Ferdinand von Schirach: »Der Fall Collini«<br />
Kriminalroman, Piper <strong>Verlag</strong>, gebunden,<br />
195 Seiten, 16,99 €<br />
»Der Fall Collini« bietet äußerlich ein in trock–<br />
enem Ton erzähltes Verbrechen. Die Tat: 34<br />
Jahre hat der Italiener Collini bei Mercedes-Benz<br />
gearbeitet. Dann ermordet er in einem <strong>Berlin</strong>er<br />
Luxushotel einen alten Mann, den Besitzer einer<br />
bekannten deutschen Firma. Das Buch verweist<br />
auf einen juristischen Trick, mit dem die bundesdeutsche<br />
Justiz in den 60ern die Strafverfolgung<br />
tausender Nazi-Täter unmöglich machte.<br />
Salli Sallmann<br />
Ngugi wa Thiong‘o: »Herr der Krähen«<br />
Roman, aus dem Englischen von Thomas Brückner,<br />
A 1 <strong>Verlag</strong>, gebunden, 976 Seiten, 29,90 €<br />
Das Opus Magnum des Kenianers Ngugi wa<br />
Thiong‘o: ein afrikanischer Diktatorenroman und<br />
eine Generalabrechnung mit allen größenwahnsinnigen<br />
Despoten und allen Fehlentwicklungen<br />
wie Korruption und Vetternwirtschaft im post–<br />
kolonialen Afrika – mit den Mitteln von Karikatur,<br />
Farce und Groteske. Der Afrikaroman des 21.<br />
Jahrhunderts – als monumentale und subversive<br />
Satire. Sigrid Löffler<br />
Hal Vaughan: »Coco Chanel – Der schwarze<br />
Engel. Ein Leben als Nazi-Agentin«<br />
Biographie, Hoffmann und Campe, gebunden,<br />
415 Seiten, 22,99 €<br />
Eigenwillig und kämpferisch war diese Stilikone<br />
des 20. Jahrhunderts. Hal Vaughan deckt auch<br />
ihre dunklen Seiten auf: War sie Nazi-Agentin?<br />
Oder wollte sie schlicht Freunden das Leben<br />
retten? Ihre Verbindungen zur deutschen<br />
Abwehr sind ebenso belegt wie ihre Rettung<br />
vor einer Verurteilung in Frankreich durch ihren<br />
alten Freund Winston Churchill. Das Buch ›gut‹<br />
zu nennen wäre verfehlt – aber es ist ein fesselnder<br />
Schmöker. Eckhard Stuff<br />
8 <strong>kulturradio</strong> Lesestoff Mo - Fr 8.45 Uhr<br />
Elif Batuman: »Die Besessenen. Abenteuer<br />
mit russischen Büchern und ihren Lesern«<br />
Aus dem Amerikanischen von Renate Orth-<br />
Guttmann, Kein & Aber <strong>Verlag</strong>, gebunden,<br />
368 Seiten, 22,90 €<br />
Elif Batuman erzählt lustvoll und anarchisch von<br />
ihrer Leidenschaft <strong>für</strong> die russische Literatur.<br />
Mühelos bringt sie Isaak Babel und King Kong<br />
zusammen, berichtet von ihrem Liebesleben und<br />
lässt Literatur und Wirklichkeit immer wieder<br />
kollidieren. Ein (aber)witziges Buch, in dem man<br />
viel über die Autorin und noch viel mehr über die<br />
russische Literatur erfährt. Claus-Ulrich Bielefeld<br />
Edda Gutsche: »Historische Gutsanlagen in<br />
<strong>Berlin</strong> und Umgebung« Sachbuch, <strong>Verlag</strong> <strong>für</strong><br />
<strong>Berlin</strong>-<strong>Brandenburg</strong>, gebunden, 192 Seiten,<br />
Farb- und Schwarzweiß-Abbildungen, 19,95 €<br />
Im frühen 19. Jahrhundert konnten im Zuge<br />
der Stein-Hardenbergschen Reformen landwirtschaftliche<br />
Güter und Gebäude auch vom städtischen<br />
Bürgertum erworben werden. Der reiche<br />
<strong>Berlin</strong>er zog hinaus aufs Land. Und meistens<br />
nicht, um Landwirtschaft zu betreiben. Man<br />
kaufte Guts- und Herrenhäuser, baute um und<br />
aus. 40 der historischen Gutsanlagen in und um<br />
<strong>Berlin</strong> werden vorgestellt, ihre Geschichte und<br />
heutige Nutzung. Danuta Görnandt<br />
Maja Haderlap: »Engel des Vergessens«<br />
Roman, Wallstein <strong>Verlag</strong>, gebunden, 290 Seiten,<br />
18,90 €<br />
Der Roman erzählt die Geschichte eines<br />
Mädchens aus den südösterreichisch-slowenischen<br />
Grenzwäldern. Zeitlich angesiedelt ist<br />
die Geschichte in den sechziger Jahren des<br />
20. Jahrhunderts. Haderlaps Bildsprache ist<br />
voller Poesie und von jener strukturellen Genauigkeit,<br />
die kompliziert Verwobenes les- und<br />
begreifbar macht: wunderbar quellklar und<br />
Blicke in die Tiefe zulassend. Salli Sallmann<br />
WEGWEISENDE BÜCHER<br />
Anna Reid: »Blokada. Die Belagerung von<br />
Leningrad 1941-1944« Sachbuch, aus dem<br />
Englischen von Bernd Rulkötter, <strong>Berlin</strong> <strong>Verlag</strong>,<br />
gebunden, 560 Seiten, 34,00 €<br />
Den Weg zu einem im Westen fast vergessenen<br />
Kapitel des Zweiten Weltkrieges hat Anna Reid<br />
mit der erschütternden Geschichte der 872 Tage<br />
dauernden Belagerung von Leningrad gewiesen.<br />
750.000 Zivilisten verhungerten, Fälle von Kannibalismus<br />
waren keine Seltenheit. Sehr lebendig<br />
und aufwühlend durch die Einbeziehung vieler<br />
zeitgenössischer Quellen. Eckhard Stuff<br />
Timothy Snyder: »Bloodlands. Europa zwischen<br />
Hitler und Stalin« Sachbuch, aus dem<br />
Amerikanischen von Martin Richter, C.H. Beck<br />
<strong>Verlag</strong>, gebunden, 524 Seiten, 29,95 €<br />
Der US-Historiker aus Yale wagt erstmals die<br />
längst fällige große Zusammenschau: Er fokussiert<br />
seinen Blick auf die Menschheitsverbrechen<br />
des 20. Jahrhunderts – Stalins Terrorkampag–<br />
nen, Hitlers Holocaust und den Hungerkrieg<br />
gegen Kriegsgefangene und Zivilbevölkerung –<br />
auf deren Schauplatz, den »Killing Fields« in<br />
Osteuropa. Sigrid Löffler<br />
James Wood: »Die Kunst des Erzählens«<br />
Aus dem Englischen von Imma Klemm, mit einem<br />
Vorwort von Daniel Kehlmann, Rowohlt <strong>Verlag</strong>,<br />
gebunden, 237 Seiten, 19,95 €<br />
Im Original ist der Titel dieses Buchs doppel–<br />
deutig: »How fiction works«. Das meint ja nicht<br />
nur, wie funktioniert Erzählen, sondern vor allem<br />
auch, was macht das Erzählte mit uns, mit den<br />
Lesern. James Wood, Literaturkritiker und Literaturprofessor<br />
in Harvard, schreibt über das Erzählen<br />
und das Erzählte als ein leidenschaftlicher,<br />
der Literatur verfallener und auf sie zählender<br />
Leser. Manuela Reichart<br />
<strong>kulturradio</strong> Lesestoff Mo - Fr 8.45 Uhr 9
Paolo Friz: »ICH knack die Nuss« Pappbilderbuch,<br />
Atlantis, gebunden, 20 Seiten, 9,90 €,<br />
ab 2 Jahren<br />
Gorillino hat eine Kokosnuss gefunden. Alle<br />
wollen ihm helfen, sie zu öffnen, aber er sagt:<br />
Nein, ich schaff das allein. Und das kann er auch –<br />
denn er hat sich alle Ratschläge gut gemerkt.<br />
Schlichter, sich wiederholender Text, klare Bilder.<br />
Alexis Deacon/Viviane Schwartz: »Sieben<br />
Hamster« Bilderbuch, aus dem Englischen von<br />
Uwe-Michael Gutzschhahn, Gerstenberg, gebunden,<br />
40 Seiten, 12,95 €, ab 3 Jahren<br />
Eines Tages wird die Höhle <strong>für</strong> die Hamster zu<br />
eng und sie müssen in die große Welt hinaus, in<br />
der riesige Gefahren lauern! Es ist zwar nur ein<br />
Schrottplatz, aber <strong>für</strong> einen kleinen Hamster<br />
wird die Pfütze zum Meer. Sehr vergnügliche<br />
Parabel über den Weg ins Leben.<br />
Christine Nöstlinger: »Das große Nöstlinger<br />
Lesebuch« Beltz & Gelberg, gebunden,<br />
288 Seiten, 14,95 €, ab 8 Jahren<br />
Neue, überarbeitete, ergänzte Ausgabe des<br />
gleichnamigen Buches von 1996, dessen<br />
Geschichten nichts von ihrem Charme verloren<br />
haben. Eine Schatzkiste <strong>für</strong> Jung und Alt mit<br />
wunderbaren Bildern.<br />
Fabrizio Silei/Maurizio A.C. Quarello:<br />
»Der Bus von Rosa Parks« Roman, aus dem<br />
Italienischen von Sarah Pasquay, Jacoby & Stuart,<br />
gebunden, 40 Seiten, 14,95 €, ab 8 Jahren<br />
Der Großvater zeigt seinem Enkel den Bus, in<br />
dem 1956 Rosa Parks nicht <strong>für</strong> einen Weißen<br />
aufstand und so eine riesige Bewegung auslöste.<br />
Der Großvater erzählt beschämt, dass er damals<br />
zu feige war sitzenzubleiben. Große Bilder im<br />
Stil des amerikanischen Realismus.<br />
KINDER- UND JUGENDBÜCHER<br />
EMPFOHLEN VON HEIKE BRANDT<br />
Sharon Creech: »Wie Zola dem Engel half«<br />
Roman, aus dem Englischen von Adelheid Zöfel,<br />
Fischer Schatzinsel, gebunden, 160 Seiten,<br />
12,95 €, ab 9 Jahren<br />
Ein Engel, der noch nicht ganz fertig ausgebildet<br />
ist, beobachtet und kommentiert das eigenartige<br />
Treiben der Menschen in einem Tessiner Dorf.<br />
Eine verdrehte, ans Herz gehende, komische<br />
Geschichte mit wunderbaren Wortschöpfungen<br />
der Übersetzerin.<br />
Käthe Recheis/Friedl Hofbauer: »Gespensterreigen«<br />
Märchen, mit Illustrationen von Annett<br />
Stolarski, Residenz, gebunden, 110 Seiten,<br />
18,90 €, ab 10 Jahren<br />
Unheimliche, gruselige, spannende, komische Märchen<br />
von Geistern und Gespenstern aus der ganzen<br />
Welt – wobei es natürlich in Wirklichkeit immer<br />
darum geht, wie Menschen miteinander leben.<br />
Clay Carmichael: »Zoë« Roman, aus dem Englischen<br />
von Birgitt Kollmann, Hanser, gebunden,<br />
256 Seiten, 13,90 €, ab 12 Jahren<br />
Zoës ‚verrückte‘ Mutter ist gestorben, das eigensinnige<br />
Mädchen kommt zu ihrem exzentrischen<br />
Künstler-Onkel aufs Land. Wie beide lernen, miteinander<br />
auszukommen, wie Familiengeheimnisse<br />
auftauchen und enthüllt werden, ist spannend<br />
und unterhaltsam zu lesen.<br />
Edward van de Vendel/Anoush Elman:<br />
»Der Glücksfinder« Roman, aus dem Nieder–<br />
ländischen von Rolf Erdorf, Carlsen, gebunden,<br />
464 Seiten, 14,90 €, ab 14 Jahren<br />
Eine afghanische Familie flieht ein halbes Jahr<br />
lang durch Europa bis in die Niederlande. Ihr<br />
Asylverfahren zieht sich ewig hin und zermürbt<br />
alle. Dennoch bezeichnet sich Hamayun, die<br />
Hauptfigur, als Glücksfinder und gibt die Hoffnung<br />
nicht auf. Ein sehr bewegendes Buch<br />
nach einer wahren Geschichte.<br />
10 <strong>kulturradio</strong> Lesestoff Mo - Fr 8.45 Uhr<br />
Hans Fallada: »Jeder stirbt <strong>für</strong> sich allein«<br />
gelesen von Ulrich Noethen, rbb/osterwold-audio,<br />
8 CDs, 563 Minuten, 29,99 €<br />
Die Geschichte eines Ehepaares, das im <strong>Berlin</strong><br />
der Jahre 1940 -1942 einen einsamen und<br />
hoffnungslosen Kampf gegen die Nazi-Tyrannei<br />
führt. Die beiden erreichen nichts, ihre Karten<br />
mit regimekritischen Parolen werden fast alle<br />
bei der Polizei abgegeben. Zum Schluss sterben<br />
sie unter dem Fallbeil. Fallada hat den beiden<br />
mit seiner unglaublich intensiven Darstellung<br />
ein Denkmal gesetzt, Ulrich Noethen ihrem<br />
Schicksal eine eigene, lange nachhallende<br />
Stimme verliehen.<br />
Julia Franck: »Rücken an Rücken« gelesen<br />
von der Autorin, rbb/Der Hörverlag, 9 CDs,<br />
615 Minuten, 29,99 €<br />
Ein Künstlerroman, ein Familien- und ein Zeitroman:<br />
In den fünfziger Jahren geht die Bildhauerin<br />
Käthe in der DDR ihren Weg. Auf ihre Kinder<br />
Thomas und Ella nimmt sie dabei keine Rücksicht.<br />
In vielen Facetten und Schattierungen erzählt<br />
Julia Franck von der Angst und Einsamkeit der<br />
Protagonisten und entfaltet ein großes Panorama,<br />
das von den Beschädigungen durch Krieg<br />
und Nachkrieg und vom Leben in der frühen DDR<br />
berichtet.<br />
Maarten ’t Hart: »Unterm Scheffel« gelesen<br />
von Max Volkert Martens, rbb/osterwold-audio,<br />
6 CDs, 473 Minuten, 24,99 €<br />
»Sie küsste, wie Bruckner komponierte.« Da<br />
kann der alternde Pianist Alexander Goudveyl<br />
nicht widerstehen und gibt seiner Begierde nach.<br />
Doch je mehr er entflammt, desto kühler reagiert<br />
die junge, schöne Frau. Er setzt nach, sie entzieht<br />
sich. Goudveyl muss den Gang durch die<br />
Hölle von Hoffnung und Enttäuschung, Begierde<br />
und Entsagung antreten. Ein schwerer Gang.<br />
HöRBÜCHER FÜR ERWACHSENE<br />
EMPFOHLEN VON CLAUS-ULRICH BIELEFELD<br />
Heinrich von Kleist: »Weg des Glücks«<br />
gelesen von Otto Sander, rbb/audiobuch, 2 CDs,<br />
158 Minuten, 19,95 €<br />
Als junger 22jähriger Mann schrieb Heinrich<br />
von Kleist nach sieben Jahren Militärdienst<br />
einen Aufsatz mit dem erstaunlichen Titel: »Den<br />
sichern Weg des Glücks zu finden und ungestört -<br />
auch unter den größten Drangsalen des Lebens -<br />
ihn zu genießen!« Ein bedenkenswerter Text,<br />
der von Otto Sander eindringlich vorgetragen<br />
wird - wie auch der Aufsatz »Über das Marionettentheater«<br />
und ausgewählte Briefe und Anek–<br />
doten des großen deutschen Dichters.<br />
Sándor Márai: »Die Schwester« gelesen von<br />
Heikko Deutschmann, rbb/audiobuch, 6 CDs,<br />
446 Minuten, 24,95 €<br />
Wie immer bei Márai: Das Verdrängte, Nicht-<br />
Gelebte gewinnt Macht über einen Menschen,<br />
versetzt ihn in einen seelischen Ausnahmezustand.<br />
In diesem Roman verliert der erfolgreiche<br />
Pianist Z. seinen Glauben an die Liebe und an die<br />
Musik, die ihm solange Zuflucht boten. In einem<br />
langen, schmerzlichen Prozess der Selbsterkenntnis,<br />
der beinahe tödlich endet, muss er<br />
sich schließlich seine Lebenslügen eingestehen.<br />
Nizami: »Leila und Madschnun« gelesen von<br />
Anne Bennent, Musik von Otto Lechner, Kadero<br />
Rai und dem Vienna Rai Orchester, mandelbaum<br />
bibliothek der töne, 2 CDs, 121 Minuten,<br />
24,90 €<br />
Eine Liebe zum Tode hin, vom persischen Dichter<br />
Nizami im 12. Jahrhundert in Verse gefasst:<br />
Wie Romeo und Julia können auch Leila und<br />
Madschnun nicht zueinander finden, weil ihre<br />
Familien gegen eine Verbindung sind. Madschnun<br />
(der Verrückte) flieht in die Wüste. Anne<br />
Bennent und die Musiker folgen im intensiven<br />
Wechselspiel den Liebes-Exaltationen und ihrer<br />
mystischen Verklärung.<br />
<strong>kulturradio</strong> Lesestoff Mo - Fr 8.45 Uhr 11
HöRBÜCHER FÜR KINDER UND JUGENDLICHE<br />
EMPFOHLEN VON SONJA KESSEN<br />
Sabine Cuno: »Wenn kleine Tiere müde sind«<br />
Musikalisches Hörbuch mit Bettina Göschl,<br />
Rolf Nagel u. a., Jumbo, CD, 37 Minuten, 9,99 €,<br />
ab 2 Jahren<br />
»Wenn kleine Tiere müde sind … dann gehen sie<br />
nicht ins Bett wie du, jedes legt sich anders zur<br />
Ruh.«, erfahren die jüngsten Hörer zu Beginn der<br />
CD. Kurze Lieder und Geschichten, unaufgeregt,<br />
sanft, auf wenige Details konzentriert, stimmen<br />
kleine Kinder auf die bevorstehende Nachtruhe ein.<br />
Erwin Grosche/Anne Steinwart u.a.:<br />
»Adventskalender zum Hören und Staunen«<br />
Musikalisches Hörbuch mit Ulrike Folkerts,<br />
Erwin Grosche u. a., Uccello, CD, 82 Minuten,<br />
14,90 €, ab 4 Jahren<br />
Die Idee ist nicht neu, aber abwechslungsreich<br />
und voller Weihnachtsvorfreude umgesetzt: In<br />
diesem Adventshörkalender kommen 24 Über–<br />
raschungen zum Klingen – kurze und längere<br />
Geschichten, Gedichte, Märchen und Lieder.<br />
Da kann der kleine Tim beim Krippenspiel in<br />
der Schulaufführung als Wirt einfach nicht Nein<br />
sagen und bringt Maria und Joseph in Bedrängnis,<br />
da erinnert sich Schauspielerin Rosemarie<br />
Fendel an »Weihnachten in Böhmen«.<br />
Benno Pludra: »Bootsmann, Lütt Matten und<br />
all die anderen« gelesen von Stefan Kaminski,<br />
Hörcompany, 2 CDs, 150 Minuten, 14,95 €,<br />
ab 6 Jahren<br />
Ein Album voller Klassiker: Vom Hund Bootsmann,<br />
der auf einem Schlepper lebt und mit den<br />
Kindern aus den bunten Häusern am Hafen spielen<br />
will, bis zu Lütt Matten und Mariken sind hier<br />
viele bekannte Figuren des Kinderbuchautors<br />
Benno Pludra versammelt. Z. T. in Auszügen,<br />
z. T. in ganzer Länge trägt Stefan Kaminski die<br />
Geschichten ruhig und konzentriert vor, so dass<br />
die karge Sprache Pludras ihre poetische Aura<br />
entfalten kann.<br />
Marjaleena Lembcke: »Die Füchse von Andorra«<br />
Hörspiel mit Judith Engel, Ulrich Noethen u.a.,<br />
Der Audio <strong>Verlag</strong>, CD, 54 Minuten, 9,99 €,<br />
ab 8 Jahren<br />
Sophie, Jonathan, Frederike und Felix sind Vierlinge!<br />
So ist zwar immer viel los, aber manchmal<br />
fühlt sich Sophie doch alleine. Denn so lustig der<br />
Vater ist, die Kinder merken, dass ihre Mutter<br />
immer trauriger wird. Jedes Kind muss seinen<br />
eigenen Weg finden, mit ihrer Depression und dem<br />
Klinikaufenthalt umzugehen. Sophie sehnt sich<br />
nach einer Freundin. So eine wie die mutige<br />
starke Alice aus ihrer Schule. Sie ahnt nicht,<br />
dass Alice in einer ähnlichen Situation steckt.<br />
Sharon Dogar: »Prinsengracht 263« gelesen<br />
von Hans Löw, Silberfisch, 3 CDs, 238 Minuten,<br />
14,95 €, ab 14 Jahren<br />
Ein Gedankenspiel: Wer war der Junge, der ab<br />
1942 mit Anne Frank im Hinterhaus der Prinsengracht<br />
263 untertauchen musste? Entlang der<br />
Fakten entspinnt Autorin Dogar ihre Fiktion um<br />
Peter van Pels und lässt einen tief in sein Seelenleben<br />
blicken. So, wie er in Anne Franks berühm tem<br />
Tagebuch zunehmend eine wichtige Rolle spielt,<br />
so geht seine anfängliche Ablehnung ihr gegenüber<br />
in Zuneigung über. Wo und wann Peter starb,<br />
ist historisch nicht eindeutig belegt. Der Autorin<br />
gelingt ein glaubwürdiges Bild seines Todes.<br />
Sabine Ludwig: »Painting Marlene« Szenische<br />
Lesung mit Tanja Geke und Jona Mues; Oetinger<br />
Audio, 4 CDs, 300 Minuten, 19,95 €, ab 16 Jahren<br />
Marlene, 18, partyhungrig, dabei ziemlich naiv,<br />
zieht nach dem Abitur bei ihrer Mutter aus und<br />
nicht etwa in eine eigene Wohnung, sondern in<br />
das <strong>Berlin</strong>er Atelier ihres toten Vaters. Hier<br />
geschieht von nun an Mysteriöses. Das lebensgroße<br />
Porträt, das er von seiner Tochter gemalt hat,<br />
beginnt sich zu verändern. Dem Collagestil des<br />
psychologischen Thrillers trägt die Umsetzung als<br />
szenische Lesung gelungen Rechnung.<br />
12 <strong>kulturradio</strong> Lesestoff Mo - Fr 8.45 Uhr<br />
Meinrad Walter: »Johann Sebastian Bach:<br />
Johannespassion. Eine musikalisch-theologische<br />
Einführung« Carus <strong>Verlag</strong>, gebunden,<br />
280 Seiten, 29,90 €<br />
Bachs Werk sei »Schauspiel (nach vorn) und<br />
Spiegel (nach innen), Wort (Bibel) und Antwort<br />
(Choräle, Barockdichtung), Darstellung und<br />
Aneignung, Fragen und Antworten, vokal und<br />
instrumental, Dramatik und Innerlichkeit,<br />
Gesamtsinn und Einzelszene, Affekt und Dogma,<br />
Ich (solistisch) und Wir (chorisch)«. All diese<br />
Aspekte werden analytisch entfaltet und das<br />
Kunstwerk in jedem Detail erschlossen, und<br />
zwar spannend und allgemein verständlich.<br />
Bernhard Morbach<br />
Hans Joachim Marx (Hrsg.): »Das Händel-<br />
Lexikon« Mit 772 Artikeln von 100 Autoren,<br />
Laaber <strong>Verlag</strong>, gebunden, 825 Seiten, 118,00 €<br />
Es ist ein Faszinosum <strong>für</strong> sich, wenn man sich<br />
allein die Vielzahl von Aspekten vergegenwärtigt,<br />
die man mit Händel verbinden kann. Man kann<br />
beim Lesen schlicht aleatorisch verfahren. Oder<br />
man kann sich durch ein höchst sorgfältig erstelltes<br />
System von Verweisen von Artikel zu<br />
Artikel leiten lassen. Dabei wird man durch die<br />
Vielzahl der Autoren stets von Experten bedient.<br />
Bernhard Morbach<br />
Laurenz Lütteken: »Musik der Renaissance.<br />
Imagination und Wirklichkeit einer kulturellen<br />
Praxis« J.B. Metzler/Bärenreiter <strong>Verlag</strong>, gebunden,<br />
241 Seiten, 29,95 €<br />
Das vorliegende ist das erste von einem Wissenschaftler<br />
geschriebene Buch über die Renaissance,<br />
das sich aber auch dem ›interessierten<br />
Laien‹ zuwendet. Zur Lektüre ist nur ein minimaler<br />
musikalischer Wortschatz notwendig. Wenn<br />
man beim Lesen die notwendige Konzentration<br />
aufbringt, kann man den Satz des Johannes<br />
Tinctoris nachvollziehen: »Der vollkommene<br />
Musikgenuss besteht aus vollkommenem Musikverstehen«<br />
(um 1470). Bernhard Morbach<br />
MUSIKBÜCHER<br />
Ernst Hofacker: »Giganten. Die legendären<br />
Baumeister der Rockmusik« Hannibal <strong>Verlag</strong>,<br />
gebunden, 479 Seiten, 16,99 €<br />
25 Essays über die ganz Großen der Rockmusik.<br />
Der Musikjournalist kennt sein Metier, kann elegant<br />
formulieren und versteht auch etwas vom<br />
Gitarrespielen, von der Gitarrentechnik, von Verstärkern<br />
und anderem Equipment. So entsteht<br />
Kapitel <strong>für</strong> Kapitel packende Rockgeschichte.<br />
Dabei werden Dichtung und Wahrheit ausein–<br />
andergehalten, und beim Lesen schleicht sich<br />
einem die Musik in die Gehörgänge.<br />
Michael Seyfert<br />
Jim DeRogatis/Greg Kot: »Rock‘n‘Roll Rivalen.<br />
Beatles gegen Rolling Stones« Hannibal <strong>Verlag</strong>,<br />
gebunden, 190 Seiten, 39,95 €<br />
Das war in den 60er Jahren eine Streitfrage:<br />
Wer war besser, wer verkörperte das eigene<br />
Lebensgefühl? Zwei amerikanische Musikjournalisten<br />
gehen dem Mythos »Beatles gegen<br />
Stones« nach. Kapitel <strong>für</strong> Kapitel werden die<br />
Mode, die Kompositionen, der Gesang, die Gitarristen,<br />
die Bassisten und die Schlagzeuger unter<br />
die Lupe genommen. Dazu gibt es jede Menge<br />
Fotos und Zeitdokumente. Michael Seyfert<br />
Klaus Theweleit (Hrsg.): »How Does It Feel.<br />
Das Bob-Dylan-Lesebuch« Rowohlt <strong>Verlag</strong>,<br />
gebunden, 301 Seiten, 19,95 €<br />
70 Jahre alt wurde Bob Dylan am 24. Mai 2011.<br />
In dem Band sind einige der besten Aufsätze von<br />
deutschen und amerikanischen Autoren über<br />
Dylan versammelt. Der »Einstein der populären<br />
Musik« (Time Magazine) gilt heute als das personifizierte<br />
musikalische Unterbewusstsein Amerikas.<br />
Aber – wie könnte es anders sein? – es bleibt<br />
die rätselhafte Maske. Sie ist bei Dylan schon<br />
lange List und Tücke. Michael Seyfert<br />
<strong>kulturradio</strong> Lesestoff Mo - Fr 8.45 Uhr 13
CDS FÜR LIEBHABER KLASSISCHER MUSIK<br />
»Hamlet Echoes« Lieder von Loeffler, Liszt,<br />
Brahms, Schostakowitsch, Jost und Bridge; Stella<br />
Doufexis, Mezzosopran; Pauline Sachse, Viola;<br />
Daniel Heide, Klavier, Avi Music, 8 553 234<br />
Der Titel der CD bezieht sich auf die Aufführung<br />
der Hamlet-Oper von Christian Jost 2009 in der<br />
Komischen Oper <strong>Berlin</strong>. Die Lieder sind fast alle<br />
<strong>für</strong> Bratsche, Klavier und Singstimme komponiert.<br />
Den Genuss dieser CD macht das musikantische<br />
Zusammenspiel der drei Künstler aus, die<br />
gemeinsam atmen, gestalten, musizieren und<br />
sich gegenseitig inspirieren. Astrid Belschner<br />
Gabriel Fauré: Requiem op. 48, Cantique de<br />
Jean Racine op. 11, Elégie op. 24 u. a.; Philippe<br />
Jaroussky, Countertenor u. a.; Choeur de<br />
l‘Orchestre de Paris; Orchestre de Paris, Leitung:<br />
Paavo Järvi, Virgin Classics, 509 990 709 212<br />
In seinem Requiem hat sich Fauré formal nicht<br />
an Gattungsnormen orientiert, denn er wollte<br />
eine besondere Sicht auf den Tod vermitteln.<br />
Zunächst bestechen die Solisten: der Counter–<br />
tenor Philippe Jaroussky etwa singt seinen<br />
Part nahezu ätherisch, engelhaft. Paavo Järvi<br />
versteht es, die Tiefe des Werkes herauszuarbeiten.<br />
Astrid Belschner<br />
»Wie schön, hier zu verträumen«<br />
Lieder von Heinrich von Herzogenberg;<br />
Ensemble cantissimo; Götz Payer, Klavier;<br />
Leitung: Markus Utz, Carus <strong>Verlag</strong>, 83 451<br />
Die CD mit Liedern und Romanzen <strong>für</strong> Frauenchor<br />
und Solistenquartett mit Klavierbegleitung<br />
ist Beginn einer größeren Herzogenberg-Edition.<br />
Die Frauen des technisch versierten Chores<br />
besitzen einen glockenklaren, homogenen Chorklang.<br />
Stilistisch findet das gesamte Ensemble<br />
mit seiner ausdruckstarken, musikantischen<br />
Interpretation den richtigen Ansatz <strong>für</strong> diese<br />
romantischen Lieder und gestaltet sie zu<br />
einem absoluten »Muss« <strong>für</strong> Chorfreunde.<br />
Astrid Belschner<br />
Luigi Boccherini: »La musica notturna delle<br />
strade di Madrid« Cuarteto Casals, Harmonia<br />
mundi, 902 092<br />
Das Cuarteto Casals ist das derzeit beste<br />
spanische Streichquartett. Für sein Boccherini-<br />
Album hat es einen Gitarristen und den <strong>Berlin</strong>er<br />
Cellisten Eckart Runge assoziiert. Die drei Quintette<br />
und das Quartett sind wie ein Querschnitt<br />
durch Boccherinis Kammermusik mit einem<br />
Fandango, einem berühmten Menuett und<br />
einer nächtlichen Straßenszene. Feinste Unterhaltung<br />
mit spanischer Note. Dirk Hühner<br />
Giovanni Battista Pergolesi: »L‘Olimpiade«<br />
Raffaella Milanesi, Ann-Beth Solvang, Olga<br />
Pasichnyk, Gesang; Academia Montis Regalis,<br />
Leitung: Alessandro de Marchi, Deutsche<br />
Harmonia mundi, 88 697 807 712<br />
Endlich: Eine der einflussreichsten und schönsten<br />
Opern des frühen 18. Jahrhunderts gibt es<br />
jetzt ungekürzt und stilsicher gesungen auf CD.<br />
Die Aufnahme basiert auf der gelobten Aufführung<br />
beim Festival <strong>für</strong> Alte Musik in Innsbruck.<br />
Gute Alternative <strong>für</strong> alle, die Opera seria lieben<br />
und mehr als nur Händel hören wollen.<br />
Matthias Käther<br />
Jussi Björling: The Complete RCA Album<br />
Collection RCA Album Collection,<br />
88 697 748 922<br />
Jussi Björling galt als »der schwedische Caruso«.<br />
Er war ein Tenor von auftrumpfend männlichem<br />
Aplomb – und doch elegischer Zartheit ohnegleichen.<br />
Die 14 CD-Box enthält alle fünf Solo-Recitals,<br />
Duette und späten Opern-Querschnitte. Im<br />
original 50er Jahre-Gilb damaliger Schallplatten-<br />
Cover präsentiert sich Björling mal mit Pudel im<br />
Arm, mal in Öl gemalt. Es entsteht eine Epoche<br />
neu, deren künstlerisch verklärter Ausdruck<br />
dieser herrliche Sänger war. Kai Luehrs-Kaiser<br />
14 <strong>kulturradio</strong> CD-Kritik Mo – Fr 13.30 Uhr<br />
CDS FÜR LIEBHABER KLASSISCHER MUSIK<br />
The Liszt Project Pierre-Laurent Aimard,<br />
Klavier, Deutsche Grammophon, 4 779 439<br />
Hinter Pierre-Laurent Aimards »Liszt Project«<br />
verbergen sich zwei Klavier-Recitals, die der<br />
französische Pianist auch in <strong>Berlin</strong> gespielt hat.<br />
Bei Aimard mag alles Salonlöwenhafte und die<br />
späte Katholizität Liszts fehlen. Dagegen heißt<br />
sein Zauberwort Transparenz. Die Klangfarbe<br />
wirkt wunderbar aufgewertet, gelichtet und<br />
entschlackt. Der bislang wichtigste CD-Beitrag<br />
zum Liszt-Jahr. Kai Luehrs-Kaiser<br />
»The Art of the Cigar. Songs, Ballads & Hymns<br />
in Honour of the Cigar« Huelgas Ensemble,<br />
Deutsche Harmonia mundi, 88 697 771 422<br />
Paul van Nevel hat seinen angestammten<br />
Arbeitsbereich, die kontrapunktische Kompositionskunst<br />
vom Mittelalter bis ins 18. Jahrhundert,<br />
auf spektakuläre Weise verlassen und seiner<br />
großen Leidenschaft, dem Zigarrenrauchen,<br />
ein einzig–artiges Denkmal gesetzt. Zu hören ist<br />
Musik, die die Zigarre – und nebenbei das Rauchen<br />
allgemein – glorifiziert aus unterschiedlichen<br />
Zeiten, Ländern und Kulturen. Bernhard Morbach<br />
»Ohimè. Love, passion and mystery in baroque<br />
Italy« Amaryllis Dieltiens, Sopran & Ensemble<br />
Capriola Di Gioia, Aeolus, AE 10 043<br />
Die CD präsentiert Solo-Madrigale, vokale<br />
Concerti und Kantaten des frühen 17. Jahrhunderts,<br />
wobei sich die brillante Sängerin mit ihrer<br />
schlanken, gerade geführten und durch dezentes<br />
Flatée belebten Stimme ganz und gar der früh–<br />
barocken Gesangsästhetik verpflichtet, wie sie<br />
unter anderem in Christoph Bernhards Traktat<br />
»Von der Singe-Kunst« (um 1650) beschrieben<br />
wird. Bernhard Morbach<br />
Jacob van Eyck: »Der Fluyten Lust-Hof«<br />
Diminutionen auf der Grundlage der englischen<br />
Originale, Ensemble Armonia e Invenzione,<br />
Eloquentia, EL 1126<br />
Nahezu alle 150 Kompositionen <strong>für</strong> Blockflöte<br />
solo, die van Eyck unter dem Titel »Der Fluyten<br />
Lust-Hof« (um 1650) zum Druck beförderte,<br />
gründen auf fremdem Material, insbesondere auf<br />
populären Liedern aus England. Erstmals werden<br />
die Vorlagen und die van Eyckschen Variationen<br />
in einen unmittelbaren klingenden Zusammenhang<br />
gestellt. Insgesamt ergibt sich ein wirklich<br />
faszinierendes ›Hörabenteuer‹. Bernhard Morbach<br />
Ludwig van Beethoven: Diabelli-Variationen<br />
op. 120, 6 Bagatellen op. 126; Gary Cooper,<br />
Hammerflügel, Channel Classics, CCS SA 29110<br />
Gary Cooper hat die Diabelli-Variationen auf<br />
einem Hammerflügel des Wiener Klavierbauers<br />
Anton Walter eingespielt, der genau so alt ist wie<br />
die Komposition. Das grandiose Instrument eröffnet<br />
dem Hörer ganz neue Dimensionen, zumal<br />
Gary Cooper dem Flügel durch sein überlegenes<br />
Spiel ein riesiges Spektrum an Klangfarben entlockt.<br />
Selten führt eine Kombination von Werk,<br />
Instrument und Interpret zu einem solch beglückenden<br />
Ergebnis. Bernhard Schrammek<br />
Francis Poulenc: Concerto <strong>für</strong> zwei Klaviere<br />
und Orchester, Suite Française, Concert Cham–<br />
pêtre; Anima Eterna Brugge; Jos van Immerseel,<br />
Leitung und Klavier; Claire Chevallier, Klavier;<br />
Katerina Chroboková, Cembalo,<br />
Zig Zag Territoires, ZZT 110 403<br />
Die Werke erklingen transparent und ohne überflüssiges<br />
Pathos. Als Glücksfall erweisen sich die<br />
sorgfältig ausgewählten Tasteninstrumente: zwei<br />
Erard-Flügel aus der Zeit um 1900 sowie die<br />
Kopie eines spätbarocken französischen Cembalos.<br />
Die CD ist ein großer Gewinn <strong>für</strong> die Erschließung<br />
und Neuinterpretation der französischen Musik<br />
des 20. Jahrhunderts. Bernhard Schrammek<br />
<strong>kulturradio</strong> CD-Kritik Mo – Fr 13.30 Uhr 15
CDS FÜR LIEBHABER VON JAZZ UND POP DIESE HöRBUCH- UND HöRSPIELANGEBOTE<br />
ERHALTEN SIE IN UNSEREN RBB-SHOPS:<br />
»Navidad de los Andes« Dino Saluzzi,<br />
Bandoneon; Anja Lechner, Cello; Felix Saluzzi,<br />
Klarinette und Tenorsaxofon, ECM, 2204<br />
Mit seinem neun Jahre jüngeren Bruder Felix<br />
auf Klarinette und Saxofon und der Münchner<br />
Cellistin Anja Lechner feiert der 76-jährige<br />
Bandoneonvirtuose Dino Saluzzi auch auf<br />
diesem Album ein musikalisches Fest zwischen<br />
argentinischer Folklore, Kammermusik und<br />
Jazz auf höchstem künstlerischen Niveau.<br />
Ulf Drechsel<br />
Vibratanghissimo: »Ciudades … <strong>Berlin</strong>«<br />
Juan Lucas Aisemberg, Viola; Oli Bott, Vibrafon;<br />
Tuyêt Pham, Piano; Arnulf Ballhorn, Bass,<br />
Big Tone Records, BTR 0511<br />
Das <strong>Berlin</strong>er Quartett hat sich dem Tango Nuevo<br />
verschrieben und frönt dieser Leidenschaft in<br />
einem gleichermaßen virtuosen wie sensiblen<br />
Parforceritt auch auf seinem jüngsten Album mit<br />
Kompositionen von Astor Piazzolla, Oli Bott und<br />
Helmut Abel – als Auftakt einer den Tangometropolen<br />
Buenos Aires, <strong>Berlin</strong> und Paris gewidmeten<br />
CD-Trilogie. Ulf Drechsel<br />
Gabby Young & Other Animals: »We’re All In<br />
This Together« World Connection, WC 43092<br />
Die englische Sängerin und ihre Band (Klarinette,<br />
Trompete, Posaune, Bass, Mandoline, Banjo und<br />
Percussion) jonglieren mit Ragtime, Bigband-<br />
Sound, Varieté, Vaudeville und Balladen–Melancholie.<br />
Notorische Schubladenzieher haben mit<br />
diesen Briten ihre liebe Not. Ihre Musik ist schräg,<br />
manchmal schrill, aber niemals nervig. Sie<br />
kommt aus dem Herzen, klingt leidenschaftlich<br />
und ist wundervoll unvorhersehbar.<br />
Michael Seyfert<br />
Popol Vuh: »Revisited & Remixed« SPV, 70442<br />
Die Musiker um Florian Fricke waren in den 70er<br />
Jahren Soundtüftler, Pioniere und Klangaben–<br />
teurer. Ihr Erbe ist auch Jahrzehnte später noch<br />
hypnotisch. Die Doppel-CD bringt zehn eindrucksvollste<br />
Popol Vuh-Stücke, unveröffentlichte<br />
Bonustracks sowie 10 Remixe einflussreicher<br />
heutiger Bands und DJs. Das zeigt, wie<br />
gut auch heute die Gedankenwelt der elektronischen<br />
Musik mit der akustischen ethnischen<br />
Musiksprache in Einklang zu bringen ist.<br />
Michael Seyfert<br />
Addis Acoustic Project: »Tewesta«<br />
World Village, 468 901<br />
Auf »Tewesta« (Erinnerung) möbelt Initiator<br />
Girum Meumur Hits aus dem Addis Abeba der<br />
1950er und 60er Jahre wieder auf. Mit Gitarre,<br />
Akkordeon, Mandoline, Klarinette, Kontrabass,<br />
Schlagzeug und Percussion lässt das Projekt<br />
die vorelektrische Ära äthiopischer Popularmusik<br />
wieder auferstehen. Ostafrikanische,<br />
orientalisch geprägte Melodiebögen, Latin-<br />
Rhythmen und auch mal jazzige Einsprengsel<br />
machen »Tewesta« zu einem anspruchsvollen<br />
und zugleich leicht verdaulichen Vergnügen.<br />
Buena Vista auf Äthiopisch! Peter Rixen<br />
Susana Baca: »Afrodiaspora«<br />
Luaka Bop, 4 950 364<br />
Mit dem Song »Maria Landó« erschien Susana<br />
Baca 1995 auf der musikalischen Landkarte und<br />
etablierte sich neben Miriam Makeba und Cesaria<br />
Evora als eine der Diven der World Music.<br />
Baca gibt der afroperuanischen Minderheit eine<br />
Stimme, niemand verkörpert diese besser als sie.<br />
Auf »Afrodiaspora« geht es aber nicht mehr nur<br />
um das schwarze Peru, sondern mit kolumbianischer<br />
Cumbia, puertoricanischem Bombo<br />
sowie Grooves aus Venezuela, Mexiko und Kuba<br />
um die afrikanischen Einflüsse in ganz Lateinamerika.<br />
Peter Rixen<br />
16 <strong>kulturradio</strong> CD-Kritik Mo – Fr 13.30 Uhr<br />
HöRBÜCHER<br />
»Jeder stirbt <strong>für</strong> sich allein«<br />
von Hans Fallada<br />
8er CD-Box, 29,99 €<br />
»Atemschaukel«<br />
von Herta Müller<br />
5er CD-Box, 24,95 €<br />
»Stadt der Engel«<br />
von Christa Wolf<br />
9er CD-Box, 26,99 €<br />
»Rummelplatz«<br />
von Werner Bräunig<br />
6er CD-Box, 14,99 €<br />
»Unsichtbar«<br />
von Paul Auster<br />
6er CD-Box, 24,99 €<br />
»Nacht des Orakels«<br />
von Paul Auster<br />
5er CD-Box, 27,95 €<br />
»Der gefallene Vorhang«<br />
von Ruth Rendell<br />
CD, 14,95 €<br />
»Krieg und Frieden«<br />
von Leo N. Toistoi<br />
54 CD-Box, 199 €<br />
HöRSPIELE<br />
»Der Polarforscher«<br />
von T.C. Boyle<br />
CD, 14,95 €<br />
»Auf der Suche nach der verlorenen Zeit«<br />
von Marcel Proust<br />
17er CD-Box, 189,00 €<br />
HöRSPIELE FÜR KINDER<br />
»Moby Dick«<br />
von Herman Melville<br />
2er CD-Box, 12,99 €<br />
»Winnetou von«<br />
Karl May<br />
2er CD-Box, 19,99 €<br />
MUSIK<br />
Horowitz - Das legendäre <strong>Berlin</strong>er Konzert<br />
2er CD-Box, 29,90 €<br />
DVD-TIPP 2011<br />
Preussen – Chronik eines deutschen Staates<br />
2er DVD-Box, 29,99 €<br />
rbb-Shop <strong>Berlin</strong><br />
Kaiserdamm 80/81, 14057 <strong>Berlin</strong><br />
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mit folgendem Gutscheincode: <strong>kulturradio</strong>2011<br />
(*außer Kalender, Bücher und Tickets).<br />
<strong>kulturradio</strong> Lesestoff Mo - Fr 8.45 Uhr 17
Astrid Belschner<br />
Danuta Görnandt<br />
Sigrid Löffler<br />
Peter Rixen<br />
Eckhard Stuff<br />
UNSERE KRITIKERINNEN UND KRITIKER<br />
Claus-Ulrich Bielefeld Heike Brandt<br />
Dirk Hühner<br />
Kai Luehrs-Kaiser<br />
Salli Sallmann<br />
Bernhard Morbach<br />
Ulf Drechsel<br />
Matthias Käther Sonja Kessen<br />
Manuela Reichart<br />
Bernhard Schrammek Michael Seyfert<br />
18 <strong>kulturradio</strong> Lesestoff Mo - Fr 8.45 Uhr<br />
Fotos: Carsten Kampf, Anna-Katharina Schulz, Oliver Ziebe<br />
<strong>kulturradio</strong> Lesestoff Mo - Fr 8.45 Uhr 19
Satellit:<br />
DVB-S<br />
Transponder 9,3<br />
ASTRA 1H<br />
Frequenz 12,266 GHz;<br />
horizontal 27,5 MSymb/s,<br />
FEC 3/4<br />
Digital:<br />
Digitalrado nach<br />
dem DAB+ Standard<br />
Kanal 7,<br />
Block D,<br />
194,064 MHz,<br />
Rundfunk <strong>Berlin</strong>-<strong>Brandenburg</strong><br />
<strong>kulturradio</strong><br />
Masurenallee 8-14<br />
14057 <strong>Berlin</strong><br />
Telefon: (030) 97 99 3-33 701<br />
Fax: (030) 97 99 3-33 709<br />
E-Mail: <strong>kulturradio</strong>@rbb-online.de<br />
Die <strong>kulturradio</strong>-<strong>Tipps</strong> zu Weihnachten<br />
auch unter: www.<strong>kulturradio</strong>.de<br />
Rundfunkgebühren <strong>für</strong> gutes Programm.<br />
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