Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein ... - MIK NRW
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<strong>Verfassungsschutzbericht</strong> <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> Nord rhein-Westfalen 2010<br />
den Konzertveranstaltungen werden die Lieder teilweise mit einer besonderen Art der<br />
Darstellung (zum Beispiel Zeigen <strong>des</strong> Hitlergrußes, Sieg-Heil-Rufe, Schwenken der<br />
Reichskriegsflagge) zur ideologisch-propagandistischen Interaktion mit der Zuhörerschaft<br />
vorgetragen. Die Bands spielen neben aktuellen, oftmals durch „verschärfte“<br />
Passagen angereicherten Stücken auch indizierte Lieder, die innerhalb der Szene<br />
bestens bekannt sind. Für eine strafrechtliche Verfolgung der beschriebenen Handlungen<br />
fehlt es regelmäßig an einer dafür erforderlichen Außenwirkung.<br />
Aufgrund von Exekutivmaßnahmen der Sicherheitsbehörden, der Indizierung durch<br />
die Bun<strong>des</strong>prüfstelle für jugendgefährdende Medien sowie einer allgemeinen sozialen<br />
Ächtung ist zu beobachten, dass politische Botschaften verhaltener formuliert und<br />
strafrechtlich relevante Textpassagen seltener werden.<br />
Skinhead-Konzerte können verboten werden, wenn konkrete Anhaltspunkte für das<br />
Vorliegen von Straftaten bestehen. Das bloße „Skinhead-Sein“ mit dem damit verbundenen<br />
provokativen Outfit und Verhalten – auch wenn der überwiegende Teil der<br />
Gesellschaft dieses ablehnt – rechtfertigt noch keine Maßnahmen von Polizei oder<br />
Verfassungsschutz. Aber auch eindeutig rechtsextremistische Skinheadkonzerte können<br />
nur unter besonderen Voraussetzungen verboten oder aufgelöst werden.<br />
So hat zum Beispiel der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg am 12. Juli 2010<br />
entschieden, dass rechtsextreme Skinhead-Konzerte in der Regel unter den Schutz<br />
der Versammlungsfreiheit fallen, so dass ihr Verbot oder ihre Auflösung nur unter den<br />
engen Voraussetzungen <strong>des</strong> Versammlungsgesetzes in Betracht kommt (vgl. hierzu<br />
Urteil vom 12. Juli 2010, Az: 1 S 349/10).<br />
In seiner Begründung führt der VGH Baden-Württemberg aus, dass Skinhead-Konzerte<br />
grundsätzlich nicht wie allgemeine Musikkonzerte bewertet werden könnten, da<br />
sie dadurch geprägt sind, dass mit der rechtsextremistischen Musik gleichzeitig eine<br />
politische Botschaft vermittelt werde, die über den bloßen Unterhaltungscharakter von<br />
Musik hinausgehe. Die Teilnahme Gleichgesinnter an einem solchen Konzert ist dann<br />
im Zweifel eine Versammlung. Der Artikel 8 <strong>des</strong> Grundgesetzes unterscheide nicht<br />
nach dem Inhalt der geäußerten Meinung, weshalb die rechtsextremistische Ausrichtung<br />
der in Rede stehenden Veranstaltung für sich gesehen rechtlich irrelevant sei<br />
und ein Verbot oder eine Auflösung eines rechten Konzertes nur nach den allgemeinen<br />
Bestimmungen erfolgen darf.<br />
94 REchtsExtREmismus