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Zoë 09/17 Kreative Formen des (Zusammen)Lebens – Das neue Miteinander

Gerade durch Individualität und Selbstverwirklichung entstehen viele neue lebensbereichernde Gemeinschaften, Szenen, Kulturen, Arbeitsformen, Familien- und Lebensmodelle jenseits alter Konventionen. Das Zusammenleben mit Gleichgesinnten drückt ein Urbedürfnis des Menschen aus. Viele inspirierende Projekte und Ideen, zeigen wie man ein Leben nach eigenen Vorstellungen leben kann.

Gerade durch Individualität und Selbstverwirklichung entstehen viele neue lebensbereichernde Gemeinschaften, Szenen, Kulturen, Arbeitsformen, Familien- und Lebensmodelle jenseits alter Konventionen. Das Zusammenleben mit Gleichgesinnten drückt ein Urbedürfnis des Menschen aus. Viele inspirierende Projekte und Ideen, zeigen wie man ein Leben nach eigenen Vorstellungen leben kann.

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ZOË <strong>09</strong>/<strong>17</strong><br />

das magazin für gesundheit, freude & zeitgeist<br />

<strong>Formen</strong> <strong>des</strong> (<strong>Zusammen</strong>-)<strong>Lebens</strong><br />

<strong>Das</strong> <strong>neue</strong> <strong>Miteinander</strong><br />

Kopfkino<br />

Wege aus der Angst<br />

Green School in Bali<br />

Für die Kinder dieser Welt<br />

Alternative in der Medizin<br />

Cannabis gegen Schmerzen<br />

Konflikte<br />

Richtig streiten will gelernt sein<br />

Cosplayer im Trend<br />

Fantasiegestalten erobern die Welt


print without limits<br />

FLYER/POSTKARTEN/BROSCHÜREN/POSTER/PRÄSENTATIONSMAPPEN/BRIEFPAPIER/<br />

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•• EDITORIAL<br />

ZOË <strong>09</strong>/<strong>17</strong><br />

ZOË <strong>09</strong>/<strong>17</strong><br />

<strong>Das</strong> <strong>neue</strong> <strong>Miteinander</strong><br />

das magazin für gesundheit, freude & zeitgeist<br />

<strong>Formen</strong> <strong>des</strong> (<strong>Zusammen</strong>-)<strong>Lebens</strong><br />

<strong>Das</strong> <strong>neue</strong> <strong>Miteinander</strong><br />

Kopfkino<br />

Wege aus der Angst<br />

Green School in Bali<br />

Für die Kinder dieser Welt<br />

Alternative in der Medizin<br />

Cannabis gegen Schmerzen<br />

Mehr Individualität und Selbstverwirklichung steht bei vielen Menschen an erster Stelle.<br />

Konflikte<br />

Richtig streiten will gelernt sein<br />

Cosplayer im Trend<br />

Aber gerade dadurch entstehen viele <strong>neue</strong> lebensbereichernde Gemeinschaften, Szenen,<br />

Kulturen, Arbeitsformen, Familien- und <strong>Lebens</strong>modelle jenseits alter Konventio-<br />

Fantasiegestalten erobern die Welt<br />

nen. <strong>Das</strong> <strong>Zusammen</strong>leben mit Gleichgesinnten drückt ein Urbedürfnis <strong>des</strong> Menschen<br />

aus. Daher gewinnt die Wahlfamilie immer mehr an Bedeutung: gesellschafts-, kulturund<br />

generationenübergreifend. Es existieren weltweit bereits zahlreiche Vorzeigeprojekte, in denen Menschen<br />

ihrer Idealvorstellung entsprechend leben. Beispiele für die kreativen Möglichkeiten der <strong>Lebens</strong>gestaltung sind<br />

Ökodörfer am Land, Micro-Dorf-Feeling in der Stadt, gemeinschaftlich genutzte Gärten und Räume, Alters-<br />

WGs, Mehrgenerationen-Häuser oder Cohousing. Viele Projekte und Ideen, darunter etliche aus Österreich, stellen<br />

wir vor, um zu inspirieren und etwaige Zukunftsängste vom einsamen Leben als alter Mensch abzubauen.<br />

Eine angstfreie Zukunft wünschen sich viele Menschen, auch wenn Politik und Wirtschaft alles daran setzen,<br />

Menschen in ihrer Ängstlichkeit gefangen zu halten. Angst gehört wie Freude, Lust oder Zorn zu den Grundgefühlen<br />

<strong>des</strong> Menschen und ist in ihrer Funktion oft sogar für das Überleben entscheidend. Daher ist sie auch ein<br />

machtvolles, manipulatives Werkzeug. Wenn Angst jedoch krankhaft wird, kann sie die <strong>Lebens</strong>qualität massiv<br />

beeinträchtigen. Die gute Botschaft: Angst lässt sich tatsächlich besiegen, man muss sich ihr nur stellen! Psychologin<br />

Dr. Andrea Egger beschreibt die verschiedenen Angsttypen und den Umgang mit der Angst.<br />

Konflikte konstruktiv zu lösen, fügt sich schön zum Grundthema dieser Ausgabe. Konflikte sind natürlicher Bestandteil<br />

unseres privaten und beruflichen Alltags. Wie wir mit Konflikten umgehen, beeinflusst jedoch enorm<br />

unser Wohlbefinden und die Beziehung zu unseren Mitmenschen. Eine richtig gute, konstruktive Aussprache <strong>–</strong><br />

ohne Sieger und Verlierer <strong>–</strong> tut dabei allen gut. Dazu braucht es oft aber eine Veränderung der inneren Haltung.<br />

Passend zum Top-Thema dieser Ausgabe ist auch die Green School, die in Bali jungen Menschen eine <strong>neue</strong><br />

Welt ermöglicht. In Form einer Schule, in der Kreativität, Nachhaltigkeit, Selbstverantwortung und die Freiheit<br />

sich einzubringen an oberster Stelle stehen. Diese Schule ist mit so viel Herz gemacht, dass wir sie Euch nicht<br />

vorenthalten konnten.<br />

Ein weiteres Thema der aktuellen Ausgabe ist das globale Phänomen Cosplay-Trend. Denn die aus Film, Anime<br />

und Computerspielen bekannten Fantasiefiguren sind mittlerweile in Europa und auch in Wien gelandet.<br />

Viel Spaß, Inspiration und Motivation!<br />

Eliana Crisafulli & Thomas Stodulka<br />

unlimitedmedia.at<br />

<strong>Zoë</strong> <strong>09</strong>/<strong>17</strong>3


•• INHALT<br />

•• GESUNDHEIT<br />

6 Kopfkino: Panikattacken & Phobien<br />

Wege aus der Angst<br />

10 Enzymtherapie:<br />

System-Reset im Körper<br />

12 Alternative in der Medizin:<br />

Cannabis gegen Schmerzen<br />

•• MENSCH<br />

14 <strong>Formen</strong> <strong>des</strong> (<strong>Zusammen</strong>-)<strong>Lebens</strong>:<br />

<strong>Das</strong> <strong>neue</strong> <strong>Miteinander</strong><br />

•• SCHÖNHEIT<br />

20 Gütesiegel: Durchblick im<br />

Naturkosmetik-Dschungel<br />

22 Wirkstoffe & Essenzen: Heilerde<br />

Erdiger Bodenschatz<br />

•• BERUFSWELT<br />

26 Green School in Bali:<br />

Für die Kinder dieser Welt<br />

28 Konfliktsituationen richtig begegnen:<br />

Richtig streiten will gelernt sein<br />

LEBENSART<br />

30 Cosplayer im Trend:<br />

Fantasiegestalten erobern die Welt<br />

32 Kultur-Tipps: Buch/Film/Theater<br />

IMPRESSUM<br />

Medieneigentümer & Herausgeber:<br />

Unlimited media<br />

video • web • print & more<br />

Crisafulli & Stodulka Unlimited<br />

Media GmbH<br />

Verlag & Redaktion:<br />

Salierigasse 26/4, 1180 Wien<br />

Kontakt:<br />

office@unlimitedmedia.at,<br />

Thomas Stodulka: +43(0)699/11 08 92 73<br />

Eliana Crisafulli: +43(0)699/11 99 68 70<br />

Web & Social Media:<br />

unlimitedmedia.at, zoe.imwebtv.at<br />

zoe.youtube.imwebtv.at<br />

facebook.com/zoeunlimitedmedia<br />

Chefredaktion:<br />

Eliana Crisafulli, Thomas Stodulka<br />

Lektorat:<br />

Alexandra Lechner<br />

Art-Direktion & Layout:<br />

Unlimited Media<br />

Beratung & Verkauf:<br />

sales@unlimitedmedia.at<br />

<strong>Zoë</strong> kommt aus dem Altgriechischen und<br />

bedeutet „Leben“ <strong>–</strong> genau darum geht<br />

es in diesem neuartigen <strong>Lebens</strong>art und<br />

Zeitgeist-Magazin: um die bunte Vielfalt<br />

<strong>des</strong> heutigen <strong>Das</strong>eins.<br />

Unser Fokus liegt auf Inspiration, Motivation,<br />

Begeisterung und Freude durch<br />

Vor-, Um- und Andersdenker <strong>–</strong> und vor<br />

allem Vormacher. So sollen bemerkenswerte<br />

Ideen, Menschen und Unternehmen<br />

dieser <strong>Lebens</strong>-Art hier ihren Platz finden.<br />

Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit<br />

verzichten wir auf eine geschlechtsspezifische<br />

Differenzierung, wie z.B.<br />

Teilnehmer/-innen.<br />

4 <strong>Zoë</strong> <strong>09</strong>/<strong>17</strong>


•• GESUNDHEIT<br />

KOPFKINO: PANIKATTACKEN & PHOBIEN<br />

Wege aus der Angst<br />

Angst gehört wie Freude, Lust oder Zorn zu den Grundgefühlen <strong>des</strong> Menschen<br />

und ist in ihrer Funktion für das Überleben entscheidend. Sie kann aktivieren und<br />

die letzten Kraftreserven aus einem Menschen herausholen, um Flucht oder den<br />

Überlebenskampf zu ermöglichen. Angst kann aber auch lähmen oder in Starre<br />

verfallen lassen - und Angst ist ziemlich ansteckend. <strong>Das</strong> macht sie auch zu einem<br />

machtvollen Werkzeug, um Menschen zu manipulieren. Von jeher wurden angstmachende<br />

Mechanismen in herrschenden Klassen, der Politik sowie auch in der<br />

Wirtschaft benutzt, um Menschen gefügiger zu machen. Negativbotschaften sind<br />

machtvoll und schüren schon vorhandene Unsicherheiten. Zudem ist Angst<br />

ziemlich ansteckend <strong>–</strong> Lachen zum Glück auch. Angst lässt sich jedoch tatsächlich<br />

besiegen. Allerdings erst, indem man sich ihr stellt und ihr ins Auge schaut. Auch<br />

wenn es anfänglich vielleicht ein bisschen Mut erfordert, es wartet am Ende <strong>des</strong><br />

Tages ein wertvolles Geschenk: ein selbstwirksames, angstfreies Leben im<br />

Einklang mit sich selbst.<br />

6 <strong>Zoë</strong> <strong>09</strong>/<strong>17</strong>


Angst ist ein gesellschaftliches<br />

Phänomen unserer<br />

Zeit geworden. Egal ob<br />

Zukunfts-, Existenz-, Versagens-,<br />

Verlust- oder Weltuntergangsängste<br />

<strong>–</strong> die moderne Zivilisation kämpft<br />

nicht mehr mit Bären und Wölfen,<br />

sondern mit Bedrohungen, die anscheinend<br />

von überall her kommen<br />

und immer mehr werden. Es hat<br />

weltweit den Anschein, dass wichtige<br />

Entscheidungen immer mehr<br />

aus einer Angst heraus getroffen<br />

werden. Aber Angst ist kein guter<br />

Berater. Der Teufelskreis der Angst<br />

findet im Großen ebenso wie im<br />

Kleinen statt. Wenn auch das eine<br />

das andere bedingt, der Angstkreis<br />

kann in erster Linie nur bei jedem<br />

Einzelnen durchbrochen werden.<br />

Die effektivste Methode ist, sich seinen<br />

Ängsten zu stellen. Dazu muss<br />

man sie aber erst einmal erkennen.<br />

Angst ist nämlich auf drei Reaktionsebenen<br />

wirksam. Diese beeinflussen<br />

sich gegenseitig und stellen dadurch<br />

einen Teufelskreis dar, aus dem es<br />

auszubrechen gilt. „Zuerst gibt es<br />

das Angsterlebnis als Auslöser für<br />

die Angst. Sie wird auf der subjektiven<br />

Ebene wahrnehmbar und die<br />

Gefühle und Gedanken werden beeinflusst.<br />

Die Gedanken und Gefühle<br />

wirken sich in weiterer Folge auf die<br />

Verhaltensebene aus <strong>–</strong> z.B. psychische<br />

Lähmung oder (Schreck-)Starre<br />

erzeugt auch wieder körperliche Veränderungen<br />

bis hin zu körperlichen<br />

Symptomen, wie Verspannungen<br />

oder Kopfschmerzen <strong>–</strong> was sich dann<br />

wiederum auf die Gefühlsebene auswirkt.<br />

„Je nachdem entwickeln Betroffene<br />

immer Kampf- oder Fluchtverhalten<br />

sowie mehr oder minder<br />

gute, adaptive Bewältigungs- und<br />

Vermeidungsstrategien, um damit<br />

umgehen zu können“, erklärt Psychologin<br />

Dr. Andrea Egger beim Ärztekongress<br />

20<strong>17</strong> in Velden.<br />

Ab wann ist Angst krankhaft?<br />

„Angst ist wichtig. Sie ist eine gesunde<br />

Reaktion auf eine akute, bedrohliche<br />

Situation und kann Leben retten. Jedoch<br />

führt übermäßige, übertriebene<br />

Angst auch dazu, dass man sein Leben<br />

überhaupt nicht mehr im Griff<br />

hat“, so Andrea Egger. Wenn Ängste<br />

ohne konkreten Anlass auftreten oder<br />

sie gar zum ständigen Begleiter, zum<br />

alles überschattenden Gefühl werden,<br />

ist Angst keine normale Reaktion, sondern<br />

hier hat sie hat einen eigenständigen<br />

Krankheitswert. Bei manchen Betroffenen<br />

steht das Gefühl der Angst<br />

so stark im Vordergrund, dass ihre <strong>Lebens</strong>qualität<br />

stark eingeschränkt wird.<br />

„Unangemessene, übertriebene Angst<br />

hemmt die persönliche Entwicklung<br />

und wirkt sich auch körperlich negativ<br />

aus“, so die Expertin.<br />

<strong>Das</strong> zusätzliche Problem: Symptome<br />

wie Verspannungen, Kopfschmerzen,<br />

Herzrasen, Schlafstörungen oder<br />

Schwindel werden von den Betroffenen<br />

und meist auch von Ärzten nicht<br />

mit Angststörungen in <strong>Zusammen</strong>hang<br />

gebracht. Die Leidgeplagten<br />

pilgern dann von einem Facharzt<br />

zum anderen, bis sie vielleicht dann<br />

doch einmal beim Psychologen landen.<br />

„Eine Abklärung der Symptome<br />

auf körperlicher Ebene ist natürlich<br />

sinnvoll und notwendig, aber es sollte<br />

immer auch an die Möglichkeit einer<br />

Angsstörung gedacht werden“, so<br />

die Psychologin.<br />

Warum die Angst?<br />

Die Ängstlichkeit eines Menschen ist<br />

durch die psychische Konstitution<br />

und das angeborene Temperament<br />

gewissermaßen vorgegeben. Aber<br />

eine Angststörung bzw. eine erhöhte<br />

Angstbereitschaft entsteht meist<br />

durch die Erfahrungen, die Menschen<br />

im Laufe ihres <strong>Lebens</strong> machen, insbesondere<br />

in der frühen Kindheit und<br />

in der Pubertät. In dieser Phase der<br />

Sozialisation orientieren sich Kinder<br />

und Jugendliche an der Gesellschaft,<br />

suchen ihren Platz darin und übernehmen<br />

vorgegebene Verhaltensweisen.<br />

Vorgelebte <strong>Lebens</strong>modelle<br />

von Erziehungspersonen spielen daher<br />

eine große Rolle.<br />

„Es geht um die Sozialisierung, um<br />

die Entwicklungsmaßnahmen in der<br />

Kindheit“, erläutert Andrea Egger.<br />

Folgende Fragen sorgen für ein klareres<br />

Persönlichkeitsbild und zeigen die<br />

eigene Grundstimmung auf: Wie bin<br />

ich aufgewachsen? Welche Modelle<br />

hatte ich vor mir? Was konnte ich<br />

erlernen? Welche Erfahrungen habe<br />

ich als Mensch gemacht? Waren sie<br />

hauptsächlich positiver oder negativer<br />

Natur? Daher sollten diese Fragen<br />

in <strong>Zusammen</strong>hang mit vorhandenen<br />

Ängsten immer gestellt werden.<br />

Die Grundformen der Angst<br />

„Ängste prägen unseren Charakter“,<br />

wusste schon der deutsche Psychoanalytiker<br />

und Buchautor Fritz<br />

Riemann (1902 <strong>–</strong> 1979). Er unterteilte<br />

schon damals die Ängste unter<br />

<strong>Zoë</strong> <strong>09</strong>/<strong>17</strong>7


anderem in vier Angsttypen, die bis<br />

heute passend sind.<br />

•• Der „depressive Typ“ und die Angst<br />

vor Stärke: Diese Menschen haben<br />

Angst vor Selbstentfaltung. Sie denken,<br />

nicht mehr geliebt zu werden,<br />

wenn sie stärker und erfolgreicher<br />

sind als andere. Sie versuchen es allen<br />

recht zu machen und entfernen sich<br />

damit von sich selbst und den eigenen<br />

Befürnissen sehr weit. <strong>Das</strong> Gefühl<br />

ist, alle anderen sind wichtig, aber<br />

selbst ist man nicht liebenswert. „Der<br />

depressive Typ ist ein Helfertyp, der<br />

alles tut, um geliebt zu werden“, schildert<br />

Andrea Egger. „Es besteht eine<br />

Kluft zwischen Ich und Du und daher<br />

gelingt ihm auch keine Abgrenzung. Er<br />

ist beziehungsorientiert und weniger<br />

sachorientiert.“<br />

•• Der „schizoide Typ“und die Angst<br />

vor der Hingabe: Der Gegentyp zum<br />

depressiven Angsttypen ist eine Persönlichkeit<br />

mit schizoider Struktur.<br />

Hierbei ist nicht die krankhafte Schizophrenie<br />

gemeint ist, sondern eine<br />

Art der emotionalen „Abspaltung“,<br />

weil schizoide Menschen tendenziell<br />

ihre Gefühle abspalten. „Dieser Typ<br />

stammt eher aus Familien, in denen<br />

Gefühle nicht gezeigt werden“, verdeutlicht<br />

Andrea Egger.<br />

„Es ist daher verständlich, dass vor<br />

allem die Sozialisierung eine wesentliche<br />

Rolle in der Angstentstehung<br />

spielt. Diese Personen sind sachlich<br />

orientiert und hochkontrolliert. Sie<br />

sind keine wirklichen Menschenfreunde<br />

und kommen gut mit sich<br />

alleine zurecht. Sie misstrauen anderen.<br />

Abhängig von anderen zu sein<br />

bedeutet für sie, sich selbst aufzugeben.<br />

Sie wirken verschlossen und<br />

wenig empathisch.“<br />

•• Der „zwanghafte Typ“ und die<br />

Angst vor Veränderung: Hier wird<br />

versucht, jeden Zufall ausschalten.<br />

<strong>Das</strong> Sicherheitsbedürfnis ist überproportional<br />

hoch, Existenzängste<br />

plagen diese Menschen. „Am liebsten<br />

haben diese Menschen, dass<br />

alles so bleibt, wie es ist. <strong>Das</strong>s es<br />

zu keinen Veränderungen kommt,<br />

um somit auf altbewährte Bewältigungsstrategien<br />

zugreifen können,<br />

mit denen sie auch gut zurechtkommen“,<br />

so Andrea Egger. „Zwanghafte<br />

neigen dazu, sich selbst einzuengen<br />

und an Regeln unter allen Umständen<br />

festzuhalten. Sie neigen zu Dogmatismus<br />

und Prinzipienreiterei.“<br />

•• Der „hysterische Typ“ und die<br />

Angst vor dem Notwendigen: Dieser<br />

Typus hat vor allem Angst vor dem<br />

Notwendigen. Alles, was Verpflichtung<br />

bedeutet, ist für diese Menschen<br />

eine Belastung. Sie haben immer das<br />

Gefühl, auf einer Bühne zu stehen,<br />

das Gefühl, beobachtet zu werden,<br />

und sie versuchen daher auch, in ihren<br />

Rollen zu verbleiben. Sie müssen<br />

anderen entsprechen und eine Fassade<br />

aufrecht erhalten. Somit können<br />

viele Situationen schnell zu einer<br />

Herausforderung oder gar zu einer<br />

Bedrohung zu werden.<br />

Selbsthilfe & -management<br />

Die meisten Menschen bekommen<br />

ihre Ängste in den Griff, ab dem Moment,<br />

wo sie sich ihnen stellen. Wenn<br />

sie sich direkt mit ihrer Angst konfrontieren,<br />

gehen sie zumeist gestärkt<br />

aus der Situation heraus. Man geht<br />

sozusagen direkt in die Angst hinein.<br />

So liegen beispielsweise beim „depressiven<br />

Angsttypen“ die Entwicklungschancen<br />

in seiner Abgrenzung<br />

gegenüber seinen Mitmenschen, dem<br />

Zulassen von Aggression sowie auch<br />

im bewussten Einsatz für die eigenen<br />

Belange und Bedürfnisse und<br />

schließlich in seiner Selbstentfaltung.<br />

Andrea Egger: „Dies erfordert eine intensive<br />

Auseinandersetzung mit der<br />

Angst, mit der Angstentstehung und<br />

dem daraus resultierendem Teufelskreis<br />

der Angst.“<br />

Unterstützend ist es dabei, Ziele zu<br />

formulieren (Annäherungsziele statt<br />

Vermeidungsziele), sich positiver Ereignisse<br />

und Erlebnisse bewusst zu<br />

werden (jedem Tag einen positiven<br />

Titel geben), bewusst Schönes und<br />

Freudvolles genießen, sich ein soziales<br />

Netzwerk schaffen oder dreimal<br />

pro Woche Ausdauersport zu machen.<br />

Da wie immer alles leichter gesagt<br />

ist als getan, ist es vor allem bei<br />

sehr tief liegenden Angststörungen<br />

empfehlenswert, sich auch professionelle<br />

Hilfe zu holen.<br />

GESICHTER DER ANGST<br />

Panikattacken<br />

Panikattacken treten spontan<br />

auf, meist nach starker Belastung.<br />

Mit jeder Attacke verstärkt<br />

sich die Angst.<br />

Agoraphobie<br />

Die Agoraphobie oder Platzangst<br />

ist komplex und schwerwiegend.<br />

Es besteht eine starke und übertriebene<br />

Angst vor Orten oder<br />

Menschenmengen.<br />

Spezifische, isolierte<br />

Phobien<br />

Bei dieser weitverbreiteten Phobie<br />

handelt sich um Furcht vor<br />

bestimmten Dingen, Situationen<br />

oder Handlungen (vor Hunden,<br />

Schlangen, Spinnen, Mäusen,<br />

Blitz, Donner, Feuer, Injektionen).<br />

Soziale Phobie<br />

Die Betroffenen fürchten, im<br />

Zentrum der Aufmerksamkeit zu<br />

stehen, sich peinlich oder unpassend<br />

zu verhalten und demnach<br />

negativ beurteilt zu werden.<br />

Die generalisierte Angst<br />

Diese Angst ist eine beständig<br />

lang anhaltende, unangemessene<br />

Angst vor neutralen<br />

Alltagssituationen.<br />

Zwangsstörungen<br />

Diese Störungen sind durch<br />

Zwangsgedanken und -handlungen<br />

gekennzeichnet. Sie drängen<br />

sich permanent auf. Man ist<br />

nicht in der Lage, etwas dagegen<br />

zu unternehmen.<br />

Posttraumatische<br />

Belastungsstörung<br />

Diese Störungen können durch<br />

außergewöhnliche <strong>Lebens</strong>ereignisse<br />

bzw. Schreckensereignisse<br />

auftreten. Der „Alptraum“<br />

wird immer wieder in Form von<br />

Flashbacks durchlebt.<br />

8 <strong>Zoë</strong> <strong>09</strong>/<strong>17</strong>


Jetzt<br />

Petition<br />

unterzeichnen:<br />

SMS* mit<br />

„Joghurt“<br />

an 54554<br />

*SMS-Preis laut Ihrem Tarif, keine Zusatzkosten. Mit dem Absenden der SMS unterschreiben Sie die Petition gegen <strong>Lebens</strong>mittelverschwendung<br />

und stimmen zu, dass Greenpeace Sie unter dieser Nummer für Informationen zu dieser und anderen Kampagnen kontaktieren darf.


•• GESUNDHEIT<br />

ENZYMTHERAPIE<br />

System-Reset im Körper<br />

Enzyme sind bestimmte Proteine (Eiweiße), die sich in allen pflanzlichen<br />

und tierischen Organismen finden. Sie werden auch Biokatalysatoren<br />

genannt, denn ohne sie wäre kein Leben möglich. Bei jedem Stoffwechselprozess,<br />

beim Atmen oder Verdauen, aber auch bei der<br />

Heilung oder bei der Immunabwehr gegen Krankheitserreger<br />

spielen sie eine wichtige Rolle. Diesen Vorteil macht sich die<br />

Enzymtherapie zunutze.<br />

Für zahlreiche Funktionen<br />

<strong>des</strong> menschlichen Körpers<br />

sind chemische Reaktionen<br />

verantwortlich, bei denen Enzyme<br />

eine entscheidende Rolle spielen.<br />

Zum Beispiel spalten Enzyme den<br />

Zucker mithilfe mehrerer chemischer<br />

Reaktionen auf, sonst könnten wir<br />

die über Nahrung zugeführte Energie<br />

gar nicht für unseren Körper nutzen.<br />

Erst die Enzyme ermöglichen dies.<br />

Als Biokatalysatoren beschleunigen<br />

oder hemmen sie alle biochemischen<br />

Reaktionen im Organismus.<br />

Fehlen bestimmte Enzyme kann<br />

dies gesundheitliche Folgen haben.<br />

Andererseits kann man durch die<br />

Zufuhr von Enzymen oder Enzympräparaten<br />

auch positiv korrigierend<br />

auf diese Prozesse einwirken.<br />

Uraltes Wissen als Grundlage<br />

Die Ursprünge der Enzymtherapie<br />

reichen Jahrhunderte zurück. In Südamerika<br />

z.B. werden die Ananas (Enzym<br />

Bromelain) sowie die Papaya<br />

(Enzym Papain) in der Naturheilkunde<br />

schon von jeher erfolgreich eingesetzt.<br />

Aber auch in Europa beschäftigen sich<br />

seit über 200 Jahren Forscher mit den<br />

Enzymen. Sie fanden im 19. Jahrhundert<br />

heraus, dass Enzyme bestimmte<br />

chemische Reaktionen beschleunigen<br />

können, ohne selbst an der Reaktion<br />

beteiligt zu sein.<br />

Enzymtherapie bei Krebs<br />

1939 begann die moderne Geschichte<br />

der Enzymbehandlung mit dem<br />

Einsatz der Enzymtherapie bei Krebs<br />

als systemische Behandlung. Prof.<br />

Dr. Max Wolf entwickelte damals ein<br />

Enzymgemisch, das noch heute in<br />

nahezu unveränderter <strong>Zusammen</strong>setzung<br />

äußerst erfolgreich medizinisch<br />

eingesetzt wird. Mittlerweile<br />

werden die isolierten Enzyme von<br />

Pflanzen und Früchten in Kombination<br />

mit weiteren Enzymen erfolgreich<br />

bei vielen Erkrankungen angewendet.<br />

Letztlich hat eine Vielzahl<br />

wissenschaftlicher Studien die Wirkweise<br />

von Enzymen nachgewiesen.<br />

Dr. Riccardo Spartaro ist biomedizinischer<br />

Forscher und beschäftigt<br />

sich seit Jahren mit der Enzymtherapie.<br />

Be seinem Aufenthalt in Wien<br />

erklärt der Experte: „Wenn der Körper<br />

nicht mehr im Gleichgewicht ist<br />

oder Menschen bereits erkrankt sind,<br />

reicht die Menge an Enzymen, die<br />

über <strong>Lebens</strong>mittel aufgenommen<br />

werden können, oft nicht aus. Durch<br />

die Zufuhr eines Enzympräparats<br />

kann der aus dem Gleichgewicht<br />

gebrachte Körper wieder moduliert<br />

werden.“ Dies wirkt ähnlich wie<br />

ein Reset bei einem abgestürzten<br />

Computer. Durch den Einsatz von<br />

Enzymen wird die Enzymaktivität<br />

neu angeregt und dadurch das<br />

ganze System wieder zum Laufen<br />

gebracht. Alle unangemessenen Reaktionen<br />

<strong>des</strong> Immunsystems werden<br />

wieder reguliert. Als begleitende<br />

Enzymtherapie bei Krebs sind z.B.<br />

bestimmte eiweißspaltende Enzyme<br />

geeignet, welche die Aktivität der<br />

weißen Blutzellen erhöhen und auf<br />

diese Weise die Ausbreitung der Tumorzellen<br />

erschweren.<br />

10 <strong>Zoë</strong> <strong>09</strong>/<strong>17</strong>


In Südamerika werden die<br />

Enzyme der Ananas (Bromelain)<br />

sowie die der Papaya (Papain)<br />

in der Naturheilkunde schon von<br />

jeher erfolgreich eingesetzt.<br />

<strong>Zusammen</strong>arbeit zwischen<br />

Schulmedizin & Enzymtherapie<br />

In der klassischen Schulmedizin werden<br />

oftmals Medikamente eingesetzt,<br />

die zumeist nur die Krankheit oder die<br />

Auswirkungen blockieren. Dadurch<br />

wird das zugrunde liegende Problem<br />

aber nicht gelöst. Riccardo Spartaro:<br />

„Wenn aber der ganze Prozess modifiziert<br />

wird, kann die Krankheitsursache<br />

aufgelöst werden, die Zelle<br />

selbst agiert dann durch das Enzym.“<br />

Der Forscher sieht jedoch keine Entweder/Oder-Situation.<br />

Er sieht in der<br />

Enzymtherapie eine sinnvolle Ergänzung<br />

zur Schulmedizin. Die Synergie<br />

und Kooperation von Schulmedizin,<br />

Medikamenten und Enzymtherapie<br />

sei seiner Meinung nach der optimale<br />

Therapieweg. Enzympräparate sind<br />

als Nahrungsergänzungsmittel rezeptfrei<br />

erhältlich, jedoch im Sinne der<br />

bestmöglichen Behandlung ist eine<br />

Rücksprache mit dem behandelnden<br />

Arzt in diesem Sinne ratsam.<br />

Eine systemische Enzymtherapie<br />

kommt für unterschiedliche Einsatzgebiete<br />

in Frage: zur Stärkung der<br />

Selbstheilungskräfte, zur Linderung<br />

von Schmerzen, zur Behandlung von<br />

Wunden, Verletzungen und Entzündungen<br />

oder zur Ergänzung einer<br />

Strahlen- oder Chemotherapie bei<br />

Krebs. Die meisten Forschungsdaten<br />

mit Enzymen gibt es derzeit bei der<br />

Therapie von Atherosklerose, Multipler<br />

Sklerose, Hepatitis-C-Infektionen<br />

und Prostatakrebs. Riccardo Spartaro:<br />

„Wobei der Einsatz einer Enzymmodulation<br />

bei vielen anderen<br />

Krankheiten ebenso zielführend sein<br />

kann, jedoch sind derzeit noch zu<br />

wenige Daten vorhanden.“<br />

Eine präventive Enzymtherapie<br />

ist auch bei gesunden Menschen<br />

empfehlenswert. „Der Körper ist in<br />

heutigen Zeiten ständig Stress ausgesetzt“,<br />

erklärt Riccardo Spartaro.<br />

„Sei es durch die Arbeit, durch Beziehungsprobleme,<br />

Umweltverschmutzung,<br />

dem natürlichen Jahreszeitenwechsel<br />

oder Bakterien und Viren.“<br />

Mit einer präventiven Enzymtherapie<br />

könnten solche stressbedingten Probleme<br />

reduziert werden. Geeignete<br />

Zeitpunkte für diese Enzymkuren,<br />

die zwei Wochen dauern, sind jeweils<br />

Anfang Frühling und Anfang Winter.<br />

Menschen, Tiere & Pflanzen<br />

Da Enzyme auf alle Lebewesen wirken,<br />

gibt es mittlerweile auch Erfolge<br />

in der Anwendung bei Tieren und<br />

auch Pflanzen. So konnten durch<br />

eine „Enzyminfusion“ sogar Palmen<br />

und Olivenbäume von Schädlingen<br />

befreit werden.<br />

Prinzipiell liefern frische Nahrungssmittel<br />

dem Körper alle notwendigen<br />

Enzyme. Ananas, Papaya,<br />

Sprossen, saisonales Gemüse und<br />

auch Obst zählen zu den besonders<br />

enzymreichen <strong>Lebens</strong>mitteln. Generell<br />

ist Rohkost reich an Enzymen, die<br />

vorwiegend der Nahrungsverdauung<br />

dienen. Die Enzymzufuhr über enzymatisch<br />

aktive <strong>Lebens</strong>mittel stellt für<br />

gesunde Menschen eine ausgezeichnete<br />

Möglichkeit dar, die Gesundheit<br />

zu unterstützen und weiterhin zu<br />

erhalten.<br />

<strong>Zoë</strong> <strong>09</strong>/<strong>17</strong>11


•• GESUNDHEIT<br />

ALTERNATIVE IN DER MEDIZIN<br />

Cannabis gegen Schmerzen<br />

In Österreich sind bereits seit einigen Jahren Präparate auf Cannabisbasis erhältlich<br />

und werden auch vom Arzt verschrieben. Cannabis auf Rezept gibt es aber nur bei<br />

klaren Voraussetzungen: Spastizität, Multiple Sklerose, Appetitlosigkeit und Übelkeit<br />

bei Krebspatienten. „Cannabis kann unter anderem auch bei chronischen Schmerzen<br />

eingesetzt werden, wenn keine anderen Therapien ansprechen“, erklärt Prim. Univ.-<br />

Prof. Dr. Rudolf Likar, Klinikum Klagenfurt am Wörthersee, beim Allgemeinmedizinkongress<br />

in Graz.<br />

12 <strong>Zoë</strong> <strong>09</strong>/<strong>17</strong>


Mit den verschiedenen<br />

Cannabis-Inhaltsstoffen<br />

beschäftigt sich die Wissenschaft<br />

schon länger. Doch erst in<br />

den vergangenen Jahren konnten sich<br />

pharmazeutische Präparate aus Hanf-<br />

Inhaltsstoffen in der Medizin etablieren.<br />

Denn Cannabinoide weisen einen<br />

schmerzlindernden (analgetischen)<br />

Effekt bei chronischen Schmerzen auf.<br />

Die Wirkung hängt immer davon ab,<br />

wie viel Delta-9-Tetrahydrocannabinol<br />

(THC) und wie viel Cannabidiol (CBD)<br />

enthalten ist. Die anderen Substanzen<br />

in der Pflanze sind medizinisch nicht<br />

notwendig.<br />

Prim. Univ.-Prof. Dr. Rudolf Likar<br />

sammelte bereits Erfahrung mit CBD<br />

als Zusatzmedikation bei mehreren<br />

Patienten, bei denen etwa schwere<br />

Schmerzen aufgrund einer Krebserkrankung<br />

vorlagen und andere Medikamente<br />

nicht ausreichten. „Bei<br />

den meisten Behandelten konnte<br />

die Opioid-Dosis bzw. der Gebrauch<br />

noch weiterer Schmerzmittel deutlich<br />

reduziert werden“, erklärt der Experte.<br />

Um Missverständnisse zu vermeiden:<br />

In der Medizin handelt es nicht um<br />

Hanfprodukte vom Schwarzmarkt.<br />

„Es handelt sich um speziell hergestellte<br />

Präparate, die auch erforscht<br />

wurden“, verdeutlicht Rudolf Likar.<br />

Mehr Infos zu diesem Thema: „Cannabis auf Rezept“, eine Sendung von arte tv (20<strong>17</strong>)<br />

Videolink: zoe.imwebtv.at/cannabis_auf_rezept<br />

Auf die Inhaltsstoffe<br />

kommt es an<br />

Bei den medizinischen Anwendungen<br />

muss man jedoch zwischen dem<br />

THC, das auch die psychotropen<br />

Eigenschaften hat, und dem CBD<br />

unterscheiden. „THC wirkt schmerzlindernd,<br />

krampflösend, hilft gegen<br />

Übelkeit/Erbrechen und wirkt appetitsteigernd.<br />

<strong>Das</strong> Cannabidiol hingegen<br />

wirkt entzündungshemmend,<br />

antipsychotisch, angstlösend und<br />

krampfverhindernd“, erklärt Rudolf<br />

Likar. Bei CBD handelt es sich um<br />

eine nicht-psychotrope Substanz.<br />

Sie unterliegt keiner Suchtgiftregelung.<br />

Im Körper wird es auch nicht<br />

zu THC umgewandelt. Cannabidiol<br />

kann unerwünschte psychologische<br />

Effekte von THC vermindern.<br />

Klare Regelungen notwendig<br />

Ein Problem in Österreich ist die unterschiedliche<br />

Beurteilung der Substanzen<br />

vom Gesetz her. Rudolf Likar<br />

würde sich wünschen, dass alle<br />

Reinsubstanzen in Österreich zur<br />

Verfügung stehen. Zudem sollten<br />

hochgereinigte Cannabinoide nicht<br />

Suchtmittel-rezeptpflichtig sein.<br />

Derzeit gilt das reine Dronabinol,<br />

wenn es aus der Pflanze gewonnen<br />

wird, als Suchtgift, das vollsynthetische<br />

THC-Analoga aber nicht. CBD<br />

ist in Österreich sogar nur als Nahrungsergänzungsmittel<br />

erhältlich, in<br />

Deutschland aber als Arzneimittel.<br />

Hier braucht es klare Regelungen.<br />

Cannabis zum Schlucken<br />

Für Rudolf Likar hat Cannabis einen<br />

festen Platz in der Medizin. Aufgrund<br />

der aktuellen Datenlage können<br />

Cannabisprodukte bei sorgfältig<br />

ausgewählten Patienten mit starken<br />

Schmerzen, die nicht anders behandelbar<br />

sind, eingesetzt werden. Zudem<br />

erfolgt die Einnahme oral, das<br />

Medikament wird nicht geraucht,<br />

sondern geschluckt.<br />

Insgesamt sind die oralen Cannabinoide<br />

sehr gut verträglich. Interaktionen<br />

mit anderen Medikamenten<br />

gibt es nicht. Nebenwirkungen wie<br />

Schwindel, Müdigkeit oder Mundtrockenheit<br />

können zwar auftreten,<br />

sind aber nicht dramatisch. „Aber<br />

es gibt absolute Kontraindikationen:<br />

Psychosen, Angststörungen oder<br />

auch Drogenmissbrauch oder Sucht<br />

in der Vergangenheit“, warnt Rudolf<br />

Likar. Die Gefahr der Abhängigkeit<br />

sieht er jedoch nicht <strong>–</strong> Alkohol und<br />

Tabak haben ein deutlich höheres<br />

Suchtpotenzial.<br />

<strong>Zoë</strong> <strong>09</strong>/<strong>17</strong>13


•• MENSCH<br />

KREATIVE FORMEN DES (ZUSAMMEN-)LEBENS<br />

<strong>Das</strong> <strong>neue</strong> <strong>Miteinander</strong><br />

<strong>Das</strong> Leben im klassischen Einfamilienhaus am Land oder im anonymen Zinshaus in der<br />

Großstadt wird langsam zu einem überholten Modell. Ökodörfer am Land, Micro-Dorf-<br />

Feeling in der Stadt, gemeinschaftlich genutzte Gärten und Räume, Alters-WGs,<br />

Mehrgenerationen-Häuser oder die Idee <strong>des</strong> geteilten Cohousing, so lauten die <strong>neue</strong>n<br />

Idealvorstellungen <strong>des</strong> <strong>Zusammen</strong>lebens. Denn obwohl der Wunsch nach Individualität<br />

und Selbstverwirklichung wächst, entstehen gerade dadurch wiederum viele <strong>neue</strong>,<br />

lebensbereichernde Gemeinschaften, Szenen, Kulturen, Arbeitsformen, Familien- und<br />

<strong>Lebens</strong>modelle jenseits alter Konventionen. <strong>Das</strong> <strong>neue</strong> <strong>Lebens</strong>motto ist schlicht und einfach:<br />

„Tun wir uns zusammen“. Es drückt ein Urbedürfnis <strong>des</strong> Menschen aus und so gewinnt die<br />

Wahlfamilie mit Gleichgesinnten immer mehr an Bedeutung: gesellschafts-, kultur- und<br />

generationenübergreifend. Es existieren weltweit bereits zahlreiche Vorzeigeprojekte, in<br />

denen Menschen ihrer Idealvorstellung entsprechend leben. Auch in Österreich tut sich diesbezüglich<br />

viel. Hier ein Überblick über verschiedene Trends und kreative Möglichkeiten<br />

als Inspiration für die eigene <strong>Lebens</strong>gestaltung. (Alle Videos dazu auch auf<br />

zoe.imwebtv.at/zusammenleben_das-<strong>neue</strong>-miteinander)<br />

14 <strong>Zoë</strong> <strong>09</strong>/<strong>17</strong>


Die Individualisierung der<br />

Gesellschaft und die unterschiedlichen<br />

<strong>Lebens</strong>ideen<br />

führen dazu, dass sich die <strong>Lebens</strong>bedürfnisse<br />

einzelner Bevölkerungsgruppen<br />

immer stärker voneinander<br />

unterscheiden. <strong>Das</strong> bisherige<br />

Wohnangebot wird den vielfältigen<br />

Anforderungen kaum mehr gerecht.<br />

Zwar wächst immer noch die Zahl<br />

der Single-Haushalte in West- und<br />

vor allem Nordeuropa. Freiheit, Individualität<br />

und auch die finanziellen<br />

Möglichkeiten tragen aber dazu bei.<br />

Schweden hat etwa europaweit mit<br />

über 50 Prozent die meisten Single-<br />

Haushalte, in Österreich lebt auch<br />

jeder Dritte alleine <strong>–</strong> vor allem in der<br />

Großstadt. Allerdings ist der Mensch<br />

ein Gemeinschaftswesen. Daher ist<br />

das menschliche Urbedürfnis eher<br />

„gemeinsam statt einsam.“<br />

Insofern ist es nicht verwunderlich,<br />

dass sowohl in der Stadt als auch auf<br />

dem Land vermehrt <strong>neue</strong>, ganz unterschiedliche<br />

<strong>Formen</strong> eines <strong>neue</strong>n<br />

<strong>Miteinander</strong>s die Gesellschaft und<br />

das <strong>Zusammen</strong>leben prägen.<br />

Multifunktionale <strong>Lebens</strong>weise<br />

Zudem wandelt sich der Anspruch<br />

an das eigene Zuhause, den Arbeitsort<br />

und den öffentlichen Raum.<br />

„Kaum etwas bestimmt unser Leben<br />

so sehr, wie die Räume, die uns<br />

umgeben“, erklärt Harry Gatterer,<br />

Geschäftsführer <strong>des</strong> Zukunftsinstituts,<br />

und ortet die Tendenz zum<br />

zukünftigen <strong>Zusammen</strong>leben in der<br />

Multifunktion: „Anstatt im anonymen<br />

Mehrfamilienhaus mit Fremden<br />

zu leben, baut man das Haus<br />

gemeinsam mit der selbst ausgesuchten<br />

Wahlfamilie. Dadurch entstehen<br />

<strong>neue</strong> Wohnkomplexe. Diese<br />

werden zu einem <strong>Lebens</strong>raum, der<br />

einer großen Vielfalt an <strong>Lebens</strong>stilen<br />

ein Dach über dem Kopf bietet <strong>–</strong> ein<br />

,Mikro-Dorf-Gefühl ‘ in der Großstadt<br />

innerhalb <strong>des</strong> Wohnhauses entsteht.<br />

<strong>Das</strong> verändert die Form und Funktionalität<br />

von Städten, Wohnräumen<br />

und Arbeitsplätzen. Städte bekommen<br />

ländliche Strukturen. Öffentliche<br />

Flächen werden gemeinschaftlicher<br />

genutzt, Multifunktionalität<br />

wird großgeschrieben.“<br />

Dazu kommt, dass ältere Menschen,<br />

aber auch Eltern mit Kindern, Menschen,<br />

die die Isolation satt haben,<br />

oder Menschen unterschiedlicher<br />

Kulturen sich nach netten Nachbarn<br />

bzw. Mitbewohnern sehnen. Für<br />

manche Menschen spielen Nachbarschaftshilfe,<br />

Betreuung und Service<br />

eine wichtige Rolle. Für die eine Gruppe<br />

ist dies zusätzlicher Luxus oder<br />

Komfort und für hilfsbedürftige Menschen<br />

unabdingbare Voraussetzung<br />

für eine selbstbestimmte <strong>Lebens</strong>führung.<br />

Demnach wird das sogenannte<br />

Cohousing <strong>–</strong> eine Siedlung, die durch<br />

eine geplante Gemeinschaft, z.B. aus<br />

privaten Wohnungen oder Häusern,<br />

besteht und die durch umfangreiche<br />

Gemeinschaftseinrichtungen ergänzt<br />

wird <strong>–</strong> immer mehr zur Norm.<br />

Auroville - eine Stadt der Seligen<br />

Die Ansätze für eine <strong>Lebens</strong>gestaltung<br />

außerhalb <strong>des</strong> vorgegebenen Systems<br />

lässt sich bis in die 1970er-Jahre zurückverfolgen.<br />

Eine der ersten auf diesem<br />

Gebiet, war die Auroville-Gründerin<br />

Mirra Alfassa. Sie verwirklichte<br />

<strong>Zoë</strong> <strong>09</strong>/<strong>17</strong>15


im Südosten Indiens schon 1968 ihren<br />

Wunsch: „Irgendwo auf der Erde sollte<br />

es einen Ort geben, den keine Nation<br />

als ihr alleiniges Eigentum beanspruchen<br />

kann. Einen Ort, in dem alle<br />

Menschen mit gutem Willen und aufrichtigem<br />

Streben frei als Weltbürger<br />

leben können.“ Auroville ist nach wie<br />

vor das Vorzeige-Gemeinschaftsprojekt<br />

schlechthin: Eine Stadt frei von<br />

religiösen, politischen und hierarchischen<br />

Barrieren. Derzeit leben dort<br />

über 2.000 Architekten, Umweltaktivisten<br />

und Aussteiger aus 45 Ländern.<br />

Gemeinsam wollen sie anders leben,<br />

alternativ, ökologisch. Dies gelingt ihnen<br />

noch immer <strong>–</strong> auch in Zeiten voller<br />

Krisen, Kriege und Korruption.<br />

Tamera <strong>–</strong> Zentrum für<br />

Friedensforschung<br />

Im Süden Portugals liegt das Friedensforschungsdorf<br />

Tamera. Gegründet<br />

wurde es 1995 von dem<br />

Soziologen und Psychoanalytiker<br />

Dieter Duhm, der Theologin Sabine<br />

Lichtenfels und dem Physiker und<br />

Musiker Rainer Ehrenpreis. Im Zentrum<br />

<strong>des</strong> Projekts stand von Anfang<br />

an die Frage, wie Menschen aller<br />

Kulturen und Religionen so zusammenleben<br />

können, dass zwischen<br />

ihnen Frieden besteht. Es entstand<br />

ein Modelldorf, in dem gewaltfreies<br />

<strong>Zusammen</strong>leben zwischen Menschen,<br />

Natur und Tieren praktiziert<br />

wird. Derzeit leben etwa <strong>17</strong>0 Menschen<br />

aus verschiedensten Kulturen<br />

in Tamera zusammen. <strong>Das</strong> Dorf<br />

ist durch ein eigenes Solar-Projekt<br />

energieautark. Eine Forschungsinitiative<br />

für er<strong>neue</strong>rbare Energien ist<br />

ebenfalls integriert. Die Wasserretentionslandschaft<br />

als Mittel gegen<br />

Wüstenbildung wurde nach einem<br />

Entwurf von Sepp Holzer realisiert.<br />

Eine ambitionierte Stadt im Niemandsland <strong>–</strong> Auroville in Indien, Heimat für viele<br />

Weltenbürger. Infos: auroville.org<br />

Tamera/Portugal: Mensch, Tier und Natur im Einklang.<br />

Infos: tamera.org<br />

In Findhorn/Schottland leben Menschen dauerhaft ökologisch, nachhaltig, autark und<br />

bewusst zusammen: Infos: findhorn.org<br />

Foto: Simon du Vinage<br />

Findhorn <strong>–</strong> bewusst leben<br />

Im Norden Schottlands, in Findhorn,<br />

leben seit 1962 etwa 300 Menschen<br />

dauerhaft ökologisch, nachhaltig, autark<br />

und bewusst. „The Park“ heißt<br />

das Zentrum der Findhorn Foundation.<br />

90 ökologische Gebäude, das<br />

Findhorn College oder die erste lebende<br />

Maschine, eine Pflanzenkläranlage<br />

für das gesamte Abwasser <strong>des</strong><br />

Dorfes, sowie dorfeigene Windturbinen<br />

sind hier zu finden. <strong>Das</strong> Dorf lockt<br />

jährlich zahlreiche Besucher an, die<br />

sich die Realisierung eines solchen<br />

Projektes vor Ort ansehen möchten.<br />

Gemeinsam aus Überzeugung<br />

In Österreich ist mit der Sargfabrik<br />

in Wien vor rund 20 Jahren eines<br />

der ersten alternativen, innovativen<br />

Wohnprojekte verwirklicht worden.<br />

Die Vision eines offenen und selbstdefinierten<br />

<strong>Zusammen</strong>lebens in der<br />

16 <strong>Zoë</strong> <strong>09</strong>/<strong>17</strong>


Ein Modell macht Furore: Mit dem Dachverein habiTAT haben ein paar unbeugsame Linzer den Kampf gegen Immobilienspekulation<br />

und steigende Wohnkosten mit kreativen Mitteln selbst in die Hand genommen. Infos: willy-fred.org<br />

ehemaligen Fabrik wurde Realität. Die<br />

pulsierende urbane Wohnalternative<br />

beherbergt einen Veranstaltungssaal,<br />

einen Seminarraum, ein Badehaus<br />

sowie Restaurant, Spielplatz,<br />

Gemeinschaftshöfe, wunderschöne<br />

Dachgärten und ein Kinderhaus.<br />

In Linz beginnt‘s<br />

Inzwischen sind aber auch europ a-<br />

weit sowohl in den Städten als<br />

auch auf dem Land zahlreiche gemeinschaftliche<br />

Wohnprojekte entstanden.<br />

Die Bewohner wollen gemeinschaftlich,<br />

selbstorganisiert,<br />

individuell, repräsentativ und auch<br />

leistbar leben. Daraus entstanden je<br />

nach Wünschen und Bedürfnissen<br />

zwei Gruppierungen <strong>des</strong> gemeinsamen<br />

Wohnens: Entweder es finden<br />

sich Gleichgesinnte oder es handelt<br />

sich um sozial gemischte und integrierte<br />

Projekte. Vor knapp zwei<br />

Jahren hat eine Gruppe in Linz den<br />

Kampf gegen Immobilienspekulation<br />

und steigende Wohnkosten mit<br />

kreativen Mitteln selbst in die Hand<br />

genommen. Mithilfe von über 180<br />

Unterstützern, einer ausgetüftelten<br />

Rechtsstruktur und einem innovativen<br />

Finanzierungsmodells konnte<br />

ein Haus in Linz gekauft werden.<br />

Durch eine Verschachtelung von<br />

Vereinen und GmbHs wird sichergestellt,<br />

dass das Objekt nicht wieder<br />

verkauft werden kann. Der Marktwert<br />

<strong>des</strong> Hauses wird dadurch neutralisiert<br />

und der Mietpreis eingefroren.<br />

Gleichzeitig stellt das Modell sicher,<br />

dass die Mieter <strong>des</strong> Hauses ihren<br />

Wohnraum selbstverwaltet an ihre<br />

Bedürfnisse anpassen können. Über<br />

30 Menschen leben mittlerweile dort<br />

und verwalten und gestalten die verfügbaren<br />

1.650m² selbstbestimmt.<br />

Mit dem Dachverein habiTAT haben<br />

die Aktivisten ihr Konzept auch <strong>neue</strong>n<br />

Gruppen zur Verfügung gestellt.<br />

Weitere sieben Projektinitiativen in<br />

Innsbruck, Salzburg und Wien sind<br />

in Folge entstanden: die „Autonome<br />

Wohnfabrik“ in Salzburg, „SchloR“<br />

und „Bikes & Rails“ in Wien. Erfolgreich<br />

ist das Modell auch <strong>des</strong>halb, weil<br />

es gänzlich auf finanzielle Einstiegshürden<br />

verzichtet und somit offen<br />

für alle Menschen ist. Erreicht wird<br />

dies mit dem auf Crowdinvesting basierenden<br />

Finanzierungsmodell.<br />

Trend zum Ökodorf<br />

Zu diesen Modellen <strong>des</strong> „Gemeinschaftslebens“<br />

gesellen sich in den<br />

letzten Jahren verstärkt Projekte,<br />

die durch ihre Bautypologie oder<br />

spezifische Zielsetzungen (Ökologie,<br />

Nachhaltigkeit, Autarkie) in den<br />

Fokus besonderen Wohnens rücken.<br />

Dabei geht es um eine bewusst und<br />

durch partizipative Prozesse gestaltete<br />

Gemeinschaft, die durch lokale<br />

Besitzstrukturen geprägt ist und zur<br />

Wiederherstellung der sozialen und<br />

natürlichen Umwelt beiträgt.<br />

In den ganzheitlichen Ansatz sind die<br />

vier Dimensionen der Nachhaltigkeit<br />

integriert <strong>–</strong> Ökologie, Ökonomie,<br />

Soziales und Kulturelles. Nicht ganz<br />

klar ist, wie viele Ökodorf-Projekte<br />

es weltweit gibt. Die Schätzungen<br />

reichen von 2.500 bis 20.000. Einige<br />

österreichische Bespiele sind im<br />

Kasten auf Seite 19 angeführt.<br />

Seestadt: Bewohner planen mit<br />

Mehrere alternative <strong>Lebens</strong>- und<br />

Wohnkonzepte wurden in jüngster<br />

Zeit auch in der Seestadt Aspern in<br />

Wien umgesetzt. Gefördert von der<br />

Stadt Wien wird in verschiedenen<br />

Baugruppen und Projekten versucht,<br />

Nachhaltigkeit, Ökologie und<br />

Offenheit für verschiedene <strong>Lebens</strong>entwürfe<br />

und alternative Familienformen<br />

unter einen Hut zu bringen.<br />

Die Bewohner planen, gestalten und<br />

organisieren sich selbst. So lernen<br />

sich die Nachbarn bereits vor dem<br />

Einzug kennen.<br />

<strong>Zoë</strong> <strong>09</strong>/<strong>17</strong><strong>17</strong>


Gemeinsam statt einsam<br />

Ein anderes Phänomen unserer Zeit<br />

ist, dass Menschen immer älter werden<br />

und dabei jedoch geistig und<br />

körperlich jünger bleiben. So wird<br />

die Weltbevölkerung bis zum Jahr<br />

2050 von aktuell 7,4 Milliarden auf<br />

beinahe 10 Milliarden zunehmen. Im<br />

gleichen Zeitraum steigt die Zahl der<br />

über 60-Jährigen von weltweit derzeit<br />

rund 900 Millionen auf über zwei Milliarden<br />

<strong>–</strong> ein Wachstum um weit mehr<br />

als das Doppelte. Neue Ideen und<br />

Konzepte im Bereich <strong>des</strong> Wohnens<br />

sind daher unumgänglich und werden<br />

<strong>neue</strong> <strong>Formen</strong> <strong>des</strong> <strong>Zusammen</strong>lebens<br />

schaffen, von denen letztlich<br />

alle Altersgruppen profitieren. Denn<br />

die Generation der immer jünger<br />

werdenden Alten will nicht mehr ins<br />

Altersheim abgeschoben werden. Ihr<br />

erklärtes Ziel ist, so lange wie möglich<br />

selbstbestimmt und selbstverantwortlich<br />

zu leben. Dazu gibt es bereits<br />

etliche kreative Lösungen.<br />

Generationen im Wandel<br />

So nahmen zum Beispiel elf betagte,<br />

jedoch rüstige Damen ihr Leben<br />

selbst in die Hand und gründeten das<br />

Wohnprojekt OLGA in Nürnberg. Die<br />

Bezeichnung OLGA steht für „Oldies<br />

leben gemeinsam aktiv“. Bei diesem<br />

Konzept leben zwar alle Teilnehmer in<br />

der eigenen Wohnung, aber dennoch<br />

unterstützten sie sich gegenseitig. Es<br />

ist anzunehmen, dass die Damen auch<br />

mehr Spaß und Freude dabei haben.<br />

Infos: wohnprojekt-olga.de<br />

Eine gelungene sowie generationenübergreifende<br />

Lösung bietet auch<br />

eine Alters-WG in Wien-Meidling.<br />

Hier leben Senioren gemeinsam<br />

mit Studenten, Berufstätigen und<br />

Flüchtlingen unter einem Dach. Ziel<br />

war es, einen <strong>Lebens</strong>raum zu schaffen,<br />

in dem jüngere und ältere Menschen<br />

gemeinsam leben, einander<br />

ergänzen und unterstützen. Der Austausch<br />

zwischen den jüngeren und<br />

älteren Bewohnern passiert dabei<br />

auf verschiedenen Ebenen. Hilfe bei<br />

der Hausarbeit, beim Einkaufen oder<br />

beim Deutschlernen stehen ebenso<br />

auf dem Plan wie gemeinsame Aktivitäten.<br />

Wobei es jedem Bewohner<br />

überlassen wird, ob er mit älteren<br />

Bewohnern Zeit verbringt oder ihnen<br />

bei etwas hilft. Studenten bezahlen<br />

ihren Wohnraum mit Arbeit. Ein<br />

Quadratmeter Wohnraum ist eine<br />

Stunde Arbeit pro Monat.<br />

<strong>Lebens</strong>bereicherung<br />

für Jung & Alt<br />

Seien es Alters-WGs oder generationenübergreifende<br />

WGs, in denen<br />

„Wohnen für Hilfe“ für Studenten<br />

günstiger wird <strong>–</strong> all diese Modelle<br />

stellen für alle Beteiligten eine Bereicherung<br />

dar. Denn im Gegenzug<br />

zu ihrem vermieteten Zimmer leben<br />

Pensionisten nicht mehr allein und<br />

abgeschirmt und profitieren von ihrem<br />

Mitbewohner z.B. als Einkaufshilfe.<br />

Vorheriges gutes Kennenlernen<br />

und genaues Absprechen der Dienstleistung<br />

im Austausch zur Wohnleistung<br />

sind Voraussetzung. Auch hier<br />

gibt es bereits Hilfestellung. Die WGE!<br />

ist ein gemeinnütziger Verein mit Sitz<br />

in Wien. Sie vermittelt und begleitet<br />

Wohngemeinschaften, die vom <strong>Miteinander</strong><br />

unterschiedlicher Generationen<br />

geprägt sind. Alles Infos sowie<br />

auch Vermittlung auf: wge-wien.org<br />

Auch die „Initiative der Grünen Generation<br />

plus“ und <strong>des</strong> Vereins zur<br />

Förderung der <strong>Lebens</strong>qualität haben<br />

eine Webseite ins Leben gerufen, wo<br />

sämtliche gemeinschafltiche Wohnprojekte<br />

für alle Generationen vorgestellt<br />

werden oder Mitbewohner<br />

gesucht werden.<br />

Infos: gemeinsamwohnen.at<br />

Alle Videos gesammelt auf:<br />

zoe.imwebtv.at/zusammenleben_<br />

das-<strong>neue</strong>-miteinander<br />

Quellen und weiterführende Literatur:<br />

50 Insights - Zukunft <strong>des</strong> Wohnens von<br />

Oona Horx-Strathern, Christiane Varga und<br />

Matthias Horx, ISBN: 978-3-945647-38-7<br />

IBA Berlin 2020, Besondere Wohnformen.<br />

Studie der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung<br />

und Umwelt in Berlin, Hochschule<br />

Aachen, Dezember 2012<br />

<strong>Lebens</strong>- und Beziehungsformen heute, Österreichischer<br />

Familienbericht, Zartler 1999<br />

18 <strong>Zoë</strong> <strong>09</strong>/<strong>17</strong>


WEITERE ALTERNATIVEN RUND UMS ZUSAMMENLEBEN IN ÖSTERREICH<br />

Der <strong>Lebens</strong>raum<br />

Der <strong>Lebens</strong>raum ist ein 2005 fertiggestelltes<br />

Wohnprojekt in Gänserndorf, Niederösterreich.<br />

Die erste Cohousing-Siedlung Österreichs verbindet<br />

ökologisches Wohnen im Grünen mit gelebter<br />

Nachbarschaft. <strong>Das</strong> Leben in eigener Privatsphäre<br />

wird kombiniert mit den Vorzügen einer Gemeinschaft.<br />

Niedrigenergie-Wohnungen in verschiedenen<br />

Größen mit Eigengärten und Terrasse werden<br />

ergänzt durch Gemeinschaftseinrichtungen, die<br />

von den Bewohnern vielfältig genützt werden.<br />

derlebensraum.com<br />

Projekt <strong>Lebens</strong>Gut<br />

In der Obersteiermark angesiedelt ist das Gemeinschaftswohnprojekt<br />

<strong>Lebens</strong>Gut. Ziel ist es, einen<br />

Ort und eine Gemeinschaft zu schaffen, in der<br />

Menschen aller Generationen wieder freudvoll und<br />

sinnstiftend gemeinsam und ökologisch nachhaltig<br />

leben. Wohnen und Arbeiten an einem Ort ist ein<br />

weiterer Grundbaustein. Die Wohnungsflächen<br />

sind verhältnismäßig klein, um den ökologischen<br />

Fußabdruck der Bewohner zu verkleinern,<br />

umso größer sind die Gemeinschaftsräume,<br />

die Großküche oder die Waschküche.<br />

lebensgutmiteinander.com<br />

B.R.O.T.-Hernals<br />

<strong>Das</strong> B.R.O.T.-Haus gehört zu den ersten Projekten<br />

intergenerativen Wohnens von Familien und<br />

Alleinlebenden in Österreich. Die Buchstaben<br />

B.R.O.T. stehen für Beten, Reden, Offensein und<br />

Teilen. Im Jahre 1987 stellte die Pfarre Kalvarienbergkirche<br />

dem neu gegründeten Verein ein<br />

Grundstück zur Verfügung. Bis 1990 wurde ein<br />

Wohnheim als Mitbestimmungsprojekt mit vielen<br />

Gemeinschaftseinrichtungen und üppig begrünten<br />

Balkonen und Terrassen errichtet.<br />

brot-hernals.at<br />

Cohousing Pomali<br />

Seit 20<strong>09</strong> gibt es in Wölbing, Niederösterreich, das<br />

Projekt Cohousing Pomali. Der generationenübergreifende<br />

Aspekt ist ein zentraler Bestandteil der<br />

Gemeinschaft. Den Bewohnern geht es bei diesem<br />

sozial-innovativen Projekt darum, voneinander zu<br />

lernen und miteinander zu wachsen, um so eine<br />

tragfähige Gemeinschaft zu entwickeln, die <strong>neue</strong><br />

Wege in den Bereichen Soziales, Ökologie und<br />

Wirtschaft beschreitet. Derzeit leben dort rund<br />

50 Erwachsene und 29 Kinder und Jugendliche<br />

im Alter von 0 bis 74 Jahren. Es gibt Familien mit<br />

einem oder mehreren Kindern, Alleinerziehende,<br />

Singles, Paare ohne Kinder und Eltern von<br />

erwachsenen Kindern.<br />

pomali.at<br />

Verein Mauerseglerei<br />

Der Verein Mauerseglerei hat in Mauer bei Wien ein<br />

gemeinschaftliches Wohnprojekt umgesetzt. Die<br />

bunte Gemeinschaft von Familien mit kleineren<br />

und größeren Kindern, Paaren ohne Kinder, jüngeren<br />

und älteren Singles möchte das gemeinsame<br />

Leben nicht nur träumen, sondern lebenswert<br />

umsetzen. . Ökologie, Solidarität, aber auch<br />

Spiritualität sind Grundpfeiler der Philosophie.<br />

projekt-gennesaret.wixsite.com/gennesaret<br />

Öko-Dorf Murau<br />

Der Verein Dahoam will im Bezirk Murau ein<br />

Öko-Dorf errichten. Es soll mitten im Bezirk Murau<br />

von den Bewohnern nachhaltig und gemeinschaftlich<br />

bewirtschaftet werden. Der Verein startete<br />

2015 mit dem Projekt Murtopia und möchte im<br />

Bezirk Murau zukunftsfähige <strong>Lebens</strong>modelle<br />

vorleben: nachhaltig, regional und verbunden.<br />

murtopia.at<br />

Seniorenresidenz in Wien<br />

Ein anderes Konzept für ältere Menschen hat die<br />

Seniorenresidenz in Wien umgesetzt. Durchaus<br />

luxuriös wohnen die Senioren hier mit Rundumservice,<br />

Balkon oder dem Service eines Fünf-<br />

Sterne-Hotels. Gemeinsam genutzt werden die<br />

hauseigene Parkanlage, Bibliothek, Restaurant,<br />

Mehrzweckraum und Bewegungsraum. Wert gelegt<br />

wird auf den Wohlfühlfaktor und dazu gehört das<br />

gemeinsame <strong>Zusammen</strong>leben mit unterschiedlichen<br />

Menschen im Mehrgenerationenhaus.<br />

residenz-josefstadt.at<br />

<strong>Zoë</strong> <strong>09</strong>/<strong>17</strong>19


•• SCHÖNHEIT<br />

GÜTESIEGEL<br />

Durchblick im<br />

Naturkosmetik-Dschungel<br />

Im Zuge <strong>des</strong> Naturkosmetiktrends der letzten Jahre brachten auch viele Trittbrettfahrer<br />

Pseudo-Naturprodukte auf den Markt. Sie täuschen mit ihren optisch<br />

„grünen“ Verpackungen und Namen, denn die Inhaltsstoffe stellen nicht wirklich<br />

reine Naturkosmetik dar. Für Konsumenten ist es immer schwieriger zu erkennen,<br />

was wirklich bio, vegan, mineralölfrei oder tierversuchsfrei ist. Aus diesem Grund<br />

entstanden Vereine und Organisationen, die gewisse Richtlinien und Standards<br />

ausgearbeitet haben, um die Verbraucher vor Irrtümern zu schützen. Hier ein<br />

Überblick über die wichtigsten Biokosmetik-/Naturkosmetik-Siegel.<br />

20 <strong>Zoë</strong> <strong>09</strong>/<strong>17</strong>


Österreich ist mit der Austria<br />

Bio Garantie Vorreiter<br />

in Europa. Es ist das erste<br />

Land, das einen gesetzlichen Rahmen<br />

für Produktion und Kennzeichnung<br />

von Biokosmetika geschaffen hat.<br />

In anderen EU-Ländern wird dies<br />

nach wie vor über privatrechtliche<br />

Standards geregelt. Somit kann sich<br />

der Konsument ausschließlich über<br />

die Kennzeichnungsangaben auf der<br />

Verpackung ein Bild darüber machen,<br />

welcher Standard beim jeweiligen<br />

Produkt zur Anwendung kommt.<br />

Nicht zertifizierte Bio-Kosmetik oder<br />

Produkte ohne klare Angaben zum<br />

Standard, welcher der Zertifizierung<br />

zugrunde liegt, geben Verbrauchern<br />

keine Sicherheit, dass die privatrechtlichen<br />

oder gesetzlichen Standards<br />

eingehalten und auch geprüft wurden.<br />

Folgender Überblick soll mehr<br />

Klarheit verschaffen.<br />

Austria Bio Garantie<br />

<strong>Das</strong>s die Inhaltsstoffe österreichischer<br />

Naturkosmetikprodukte zu<br />

95 Prozent aus biologischem Anbau<br />

stammen, wird mit dem Siegel<br />

der „Austria Bio Garantie“ gewährleistet.<br />

Basis dafür ist die im Österreichischen<br />

<strong>Lebens</strong>mittelbuch<br />

im Non-Food-Bereich angeführte<br />

Definition.<br />

www.abg.at/bio-verarbeitung/<br />

non-food/<br />

oder lebensmittelbuch.at<br />

BDIH - Kontrollierte<br />

Naturkosmetik<br />

Der Bun<strong>des</strong>verband der Industrieund<br />

Handelsunternehmen für Arzneimittel,<br />

Reformwaren, Nahrungsergänzungsmittel<br />

und kosmetische<br />

Mittel e.V. ist eine Non-Profit-Vereinigung<br />

von Herstellern und Vertriebsunternehmen<br />

mit Sitz in Mannheim. Der<br />

BDIH ist im Europäischen Verband<br />

der Hersteller von Gesundheitsprodukten<br />

(EHPM) organisiert sowie Mitglied<br />

im Bund für <strong>Lebens</strong>mittelrecht<br />

und <strong>Lebens</strong>mittelkunde (BLL).<br />

Produkte, die mit dem Gütesiegel<br />

„BDIH <strong>–</strong> kontrollierte Naturkosmetik“<br />

mit dem Zusatz „Cosmos natural“<br />

versehen sind, enthalten nur natürliche<br />

Rohstoffe. Bei der noch strengeren<br />

Kennzeichnung mit dem Zusatz<br />

„Biokosmetik“ „Cosmos organic“<br />

müssen min<strong>des</strong>tens 95 Prozent der<br />

physikalisch gewonnenen pflanzlichen<br />

Bestandteile aus Öko-Landwirtschaft<br />

stammen. Außerdem sind Inhaltsstoffe<br />

wie organisch-synthetische Farbstoffe,<br />

synthetische Duftstoffe, ethoxilierte<br />

Rohstoffe, Silikone, Paraffine und<br />

andere Erdölprodukte verboten.<br />

Infos: ionc.de<br />

Natrue<br />

Natrue steht für True Friends of Natural<br />

and Organic Cosmetics. Der<br />

Zusatz „Natural cosmetics with organic<br />

portion“ gewährleistet, dass<br />

min<strong>des</strong>tens 70 Prozent der natürlichen<br />

oder naturnahen Inhaltsstoffe<br />

aus kontrolliert biologischer Landwirtschaft<br />

und/oder kontrollierter<br />

Wildsammlung stammen. Beim<br />

Zusatz „Organic cosmetics“ sind es<br />

min<strong>des</strong>tens 95 Prozent.<br />

Natrue hat sich im Jubiläumsjahr<br />

auch <strong>neue</strong> Ziele gesetzt <strong>–</strong> nämlich<br />

nun auch Recycling in der Naturkosmetik<br />

zu fördern und auf eine nachhaltige<br />

Kreislaufwirtschaft umzustellen.<br />

Dies soll unter anderem dadurch<br />

erreicht werden, dass Siedlungsabfälle<br />

zur Herstellung von Verpackungen für<br />

Kosmetikprodukte verwendet werden.<br />

Weitere Infos zur Organisation und<br />

Themen: natrue.org<br />

ecocert<br />

Die Ecocert IMO GmbH ist eine unabhängige<br />

und internationale Kontroll-<br />

und Zertifizierungsstelle. Sie<br />

bietet Kontrolle und Zertifizierung<br />

gemäß der EG-Öko-Verordnung,<br />

dem US-amerikanischen NOP<br />

(National Organic Program), dem<br />

japanischen JAS (Japanese Agriculture<br />

Standard) an. <strong>Das</strong> Ecocert-Gütesiegel<br />

mit dem Zusatz<br />

„Naturkosmetik“ garantiert, dass<br />

min<strong>des</strong>tens 50 Prozent der pflanzlichen<br />

Inhaltsstoffe und min<strong>des</strong>tens<br />

5 Prozent der gesamten Inhaltsstoffe<br />

(in Gewichtsanteilen)<br />

aus ökologischem Anbau stammen.<br />

Beim Zusatz „Biokosmetik“<br />

liegt der Bioanteil sogar bei min<strong>des</strong>tens<br />

95 Prozent<br />

Infos und Produktlisten: ecocert.de<br />

<strong>Zoë</strong> <strong>09</strong>/<strong>17</strong>21


•• SCHÖNHEIT<br />

WIRKSTOFFE & ESSENZEN: HEILERDE<br />

Erdiger Bodenschatz<br />

Von jeher wissen Menschen um die gesundheitswirksame Kraft und wohltuende<br />

Wirkung von Erde. Ob Schlamm, Fango, Lehm, Moor oder Kreide <strong>–</strong> der<br />

Erdboden ist reich an Schätzen, die heilsam sind für Mensch, Tier und Pflanzen.<br />

In der Volksmedizin ist Heilerde ein bekanntes Heilmittel, das vor allem<br />

bei Magen-Darm-Problemen hilft. Seit dem Naturkosmetik-Boom ist Heilerde<br />

aber auch zunehmend in beliebten, selbstgemachten Kosmetikprodukten<br />

zu finden. Denn innerlich oder äußerlich angewendet hat Heilerde durch ihre<br />

stark aufsaugende Eigenschaft und ihre einzigartige <strong>Zusammen</strong>setzung eine<br />

reinigende, entgiftende und regenerierende Wirkung auf den ganzen Körper.<br />

22 <strong>Zoë</strong> <strong>09</strong>/<strong>17</strong>


Heilerde wird aus der äußerst<br />

mineralstoffreichen Lehmerde<br />

„Löss“ gewonnen. Die<br />

jeweilige <strong>Zusammen</strong>setzung der<br />

Heilerde verändert sich naturgemäß je<br />

nach Abbaugebiet und ist somit nicht<br />

genau definiert. Auch ihre Farben<br />

sind von den örtlichen Mineralstoffvorkommen<br />

gebietsabhängig und<br />

demnach unterschiedlich. Doch woher<br />

auch immer die Heilerde stammt, sie<br />

enthält viele wertvolle Mineralstoffe<br />

wie Silizium, Eisenoxid, Manganverbindungen,<br />

Phosphate, Kalzium,<br />

Magnesium, Kalium, Aluminium und<br />

Natrium und dazu einige besondere<br />

Spurenelemente wie Chrom, Kupfer,<br />

Zirkonium, Strontium und Vanadium.<br />

Wenn auch von der Wissenschaft noch<br />

nicht mit Studien nachgewiesen, hat<br />

die Heilerde in der Natur- oder Volksmedizin<br />

ihren festen Platz. Erhältlich<br />

ist das in verschiedenen Graden<br />

feingemahlene Pulver in Apotheken,<br />

Drogerien und Reformhäusern. Vorsicht<br />

ist generell bei der Einnahme von<br />

Medikamenten geboten. Es empfiehlt<br />

sich, Medikamente und Heilerde<br />

zeitlich voneinander zu trennen, weil<br />

die Medikamentenwirkung durch<br />

Bindung von Stoffen reduziert werden<br />

kann. Im Zweifelsfall immer den Arzt<br />

konsultieren.<br />

Trinken, Gurgeln & Spülen<br />

Die Einnahme von Heilerde <strong>–</strong> ob<br />

als Heilerde-Wasser, Granulat oder<br />

in Kapselform <strong>–</strong> wirkt sich positiv<br />

auf den menschlichen Organismus<br />

aus. Sie wirkt entgiftend, absorbierend,<br />

antibakteriell, basisch, mineralstoffzuführend<br />

und ist sehr ballaststoffreich.<br />

Allerdings eignen sich<br />

nicht alle Heilerden für innere Anwendungen.<br />

Daher unbedingt beim<br />

Kauf auf die Packungsinformation<br />

achten. Tonerde, grüne Mineralerde<br />

oder grüner Lehm sind vor allem für<br />

innere Anwendungen bekannt, weil<br />

sie Schadstoffe, Cholesterin, Säuren,<br />

und Bakterien binden, ohne die<br />

Darmflora negativ zu beeinflussen.<br />

<strong>Das</strong> macht sie zu einem guten Begleiter<br />

bei Fasten- sowie auch bei<br />

Schlankheitskuren, da sie auch die<br />

Nahrungsfette (LDL-Cholesterin)<br />

im Darm binden kann. Innere Anwendungen<br />

mit Heilerde werden<br />

somit bei akuten oder chronischen<br />

Magen-Darm-Entzündungen, Blähungen,<br />

Durchfall, Sodbrennen<br />

oder auch bei hohem LDL-Cholesterin<br />

empfohlen.<br />

Heilerde lässt sich aber auch bei Halsoder<br />

Rachenentzündungen einsetzen.<br />

Bei Angina oder auch Mundgeruch<br />

kann das Gurgeln mit Heilerde<br />

Abhilfe schaffen. Mundspülungen<br />

mit konzentriertem Heilerde-Wasser<br />

sind hilfreich bei Zahnfleisch- oder<br />

Mundschleimhautentzündungen.<br />

Wickel, Packungen & Bäder<br />

Heilerde ist, je nach <strong>Zusammen</strong>setzung<br />

mehr oder minder antiseptisch,<br />

antibakteriell, kühlend, schmerzlindernd,<br />

abschwellend, entsäuernd,<br />

juckreizstillend sowie beruhigend.<br />

Für äußere Anwendungen mit Heilerde<br />

gibt es daher auch eine große<br />

Bandbreite an verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten.<br />

Ob in Form<br />

von kalten oder warmen Heilerde-<br />

Umschlägen, -Packungen oder <strong>–</strong>Bädern,<br />

Heilerde wird in der Volksmedizin<br />

gerne bei Hautproblemen und<br />

-krankheiten, Gelenkserkrankungen,<br />

Rheuma, Gicht, aber auch bei einem<br />

Hexenschuss, bei Sportverletzungen<br />

oder Sehnenscheidenentzündungen<br />

verwendet. Zudem ist sie ein<br />

natürliches Wundpuder. Sie hat eine<br />

blutstillende Wirkung und ist granulationsfördernd<br />

bei eitrigen Verletzungen.<br />

In Kombination mit einem<br />

ätherischen Öl wie z.B. Minze kann<br />

sie auch bei Migräne helfen.<br />

Masken, Cremes & Pasten<br />

Für naturkosmetische Anwendungen<br />

ist die Heilerde ebenfalls äußerst<br />

wertvoll. Durch ihre zahlreichen Mineralstoffe<br />

und Spurenelemente sowie<br />

ihrem hohen Kieselsäuregehalt hat<br />

sie einen positiven Einfluss auf Haut<br />

und Bindegewebe, Haare und Nägel.<br />

Alle Arten von Heilerde-Masken,<br />

-Packungen, <strong>–</strong>Wickeln oder -Bädern<br />

sind wohltuend und regenerierend.<br />

Da Heilerde auch überschüssigen<br />

Talg bindet, eignet sie sich besonders<br />

zur Reinigung fetter Haut und Haare.<br />

Aber auch trockene und feine Haare<br />

profitieren von der reichhaltigen<br />

Mineralerde. Als Basis für selbstgemachte<br />

Zahnpasta ist Heilerde auch<br />

eine gesunde Alternative zu herkömmlichen<br />

Produkten.<br />

<strong>Zoë</strong> <strong>09</strong>/<strong>17</strong>23


•• SCHÖNHEIT<br />

DIY MIT HEILERDE: REZEPTE & TIPPS<br />

Ob Maske, Wickel oder Zahnpasta <strong>–</strong> Heilerde ist sehr einfach in<br />

ihrer Anwendung. Die jeweils gebrauchte Menge wird mit Wasser<br />

verrührt, bis eine homogene Paste oder ein Brei entsteht.<br />

Heilerde-Gesichtsmaske<br />

Cremeartige Heilerde-Mischung zubereiten, auf Gesichtshaut und Hals verteilen und einwirken lassen.<br />

Nach 15 Minuten abwaschen. Bei trockener Haut gerne einen Esslöffel kaltgepresstes Pflanzenöl,<br />

wie z.B. Oliven-, Traubenkern-, Kokos- oder Leinöl, beimengen.<br />

Heilerde-Zahnpasta<br />

Abgekochtes Salzwasser mit ca. 100 g (ultrafeiner) Heilerde vermengen, bis eine cremeartige Masse entsteht.<br />

Für den gewohnten Frischegeschmack können 5 Tropfen ätherisches Öl <strong>–</strong> z.B. Minze, Eukalyptus<br />

oder Salbei <strong>–</strong> hinzugefügt werden. Für einen süßlicheren Geschmack kann auch 1 Teelöffel Erythrit oder<br />

Zylit beigegeben werden. Ein ½ Teelöffel Natron unterstützt zudem, überschüssige Säuren im Mund<br />

auszugleichen. Ansonsten kann auch 1 Teelöffel Curcuma, das bekanntlich sehr gut für Zähne und Zahnfleisch<br />

ist und die Zähne schön weiß hält, beigemengt werden.<br />

Heilerde-Bad<br />

<strong>Das</strong> Heilerde-Bad empfiehlt sich zur Stärkung der Abwehrkräfte, bei vegetativen Störungen, Stoffwechselleiden<br />

oder auch bei Wirbelsäulenerkrankungen bzw. einem Hexenschuss. Wer sich die Haare auch mit<br />

Heilerde wäscht, kann das gleich mit einem Bad gemeinsam erledigen. Für das Heilerde-Bad wird ein eher<br />

dünnerer Heilerde-Brei hergestellt <strong>–</strong> oder das Pulver wird direkt in das Badewanne gegeben.<br />

Heilerde-Wasser<br />

Tagesdosis: 2 Teelöffel mit einem Viertel Liter lauwarmen Wasser gut verrühren und<br />

langsam schluckweise trinken. Die Einnahme wird am besten auf drei Mal im Laufe<br />

<strong>des</strong> Tages verteilt: morgens auf nüchternem Magen, mittags eine Stunde vor dem<br />

Essen und abends vor dem Schlafengehen.<br />

Wenn das Heilerde-Wasser vor der Einnahme noch einmal umgerührt wird, ist die<br />

Konzentration höher. Bei der milderen Variante sammelt sich der Satz am Boden,<br />

jedoch enthält das Wasser die wasserlöslichen Mineralstoffe.<br />

Kalter Heilerde-Umschlag<br />

Sinnvoll sind z.B. kalte Wickel bei Verbrennungen, Insektenstichen, rheumatischen Beschwerden, Arthrose,<br />

Quetschungen oder Prellungen. Die Heilerde kann hier Schmerzen lindern und Entzündungen hemmen.<br />

Die Heilerde-Paste wird kalt und direkt auf die betroffenen Stellen aufgetragen, weil dies die Durchblutung<br />

in den tieferen Schichten verstärkt. Wer jedoch lieber ein Tuch verwendet, um z.B. offene Wunden nicht<br />

direkt zu berühren, kann die Paste auch vorher auf ein sauberes Stofftuch streichen und dann auflegen.<br />

Heißer Heilerde-Umschlag<br />

Die Heilerde-Paste wird vor der Anwendung im Wasserbad erhitzt und so warm wie möglich aufgetragen.<br />

Die feuchte Wärme ist durchblutungsfördernd, löst Verhärtungen und Verspannungen, hilft bei chronischen<br />

Entzündungen oder bei krampfartigen Schmerzen. Außerdem wird die Ausscheidung von Stoffwechselprodukten<br />

gefördert.<br />

24 <strong>Zoë</strong> <strong>09</strong>/<strong>17</strong>


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•• BERUFSWELT<br />

GREEN SCHOOL IN BALI<br />

Für die Kinder dieser Welt<br />

Die Green School ist eine in ihrer Art einzigartige internationale Schule, die sich in<br />

einem paradiesischen Bambuswald in Bali/Indonesien befindet. Gegründet wurde<br />

sie von dem Kanadier John Hardy und seiner balinesischen Frau Cynthia im Jahre<br />

2008 <strong>–</strong> zu diesem Zeitpunkt war das Paar eigentlich schon im Ruhestand. Doch als<br />

sie sich gemeinsam die Dokumentation zu den tragischen Folgen <strong>des</strong> Klimawandels<br />

ansahen, war es vorbei mit dem Zurücklehnen und Kokosnüsse schlürfen.<br />

Der Dokumentarfilm „Eine<br />

unbequeme Wahrheit“<br />

von Alan Gore über die<br />

globale Klimaerwärmung bewegte<br />

John und Cynthia Hardy so sehr, dass<br />

sie beschlossen, der Welt und dem<br />

Ort etwas zurückzugeben. Sie selbst<br />

hatten ein sehr schönes, glückliches<br />

Leben in Bali verbracht und waren zudem<br />

im Juweliergeschäft erfolgreich.<br />

Doch seither ist der „Ruhestand“ <strong>des</strong><br />

Ehepaars davon geprägt, aktiv in Bali<br />

etwas Außerordentliches entstehen<br />

zu lassen. „Wenn nur ein Teil von<br />

dem wahr ist, werden meine Kinder<br />

nicht mehr das schöne Leben führen<br />

können, das ich hatte“, erklärt John<br />

Hardy seine Beweggründe. Da John<br />

Hardy als legasthenisches Kind in der<br />

Schule mehr als nur unglücklich war<br />

und auch hier einen <strong>neue</strong>n Geist einbringen<br />

wollte, wurde die Idee geboren<br />

eine holistische Schule zu gründen, die<br />

auf nachhaltigen, umweltbewussten,<br />

selbstständigen und kreativen Prinzipien<br />

aufgebaut ist. Eine internationale<br />

Schule für Balinesen und für Schüler<br />

aus aller Welt sollte entstehen, für die<br />

„grünen Manager“ von morgen, um<br />

<strong>neue</strong> Wege und Möglichkeiten aufzuzeigen.<br />

Diese Schüler werden es sein,<br />

die auch in Zukunft dazu beitragen,<br />

die Welt zu erhalten.<br />

John Hardy erzählt seine Beweggründe, Hintergründe und die Geschichte.<br />

Videolink: zoe.imwebtv.at/john_hardy<br />

Ein Schulsystem biegsam<br />

wie Bambus<br />

Schon die Konstruktion der Green<br />

School gleicht keiner anderen Institution<br />

auf der Welt. Gebaut wurde sie<br />

aus natürlichem, lokal vorhandenem<br />

Material: aus dem schnell wachsenden<br />

und biegsamen Bambus. Es<br />

entstand eine faszinierende Architektur<br />

mit offenen Räumen, natürlichem<br />

Licht sowie einer natürlichen<br />

Belüftung: das größte aus Bambus<br />

gebaute Gebäude der Welt. Die Klassenzimmer<br />

haben keine Wände, die<br />

Lehrer schreiben auf Bambustafeln<br />

und auch die runden Tische sind aus<br />

Bambus. „Man braucht für den Bau<br />

eines einzigen Hauses nur fünf ausgewachsene<br />

Bambusse! <strong>Das</strong> ist alles,<br />

26 <strong>Zoë</strong> <strong>09</strong>/<strong>17</strong>


Die Green School <strong>–</strong> eine Schule, die Kinder nachhaltig und selbstständig gedeihen lässt. Videolink: zoe.imwebtv.at/green_school<br />

was man im ganzen Leben benötigt!“,<br />

erklärt der Pionier fasziniert, warum<br />

die Baustoffauswahl zu Recht auf den<br />

Bambus fiel. Natürlich wurde auch<br />

einiges in eine nachhaltige Stromversorgung<br />

investiert und sämtliche<br />

örtliche Ressourcen wie Wasser und<br />

Sonne genutzt. So kommt der Strom<br />

z.B. aus einem eigens am Fluss installierten<br />

Wirbelkraftwerk oder eben aus<br />

der Sonnenenergie.<br />

Lernen macht Spaß!<br />

Die Wurzeln für das Schulsystem entnahm<br />

John Hardy der Waldorfschule.<br />

Auch wenn die Green School keine<br />

Waldorfschule im ursprünglichen Sinne<br />

ist, ist viel von diesem natürlichen<br />

Konzept in die Green School eingeflossen.<br />

Demnach sind die Lehrer,<br />

die auch von verschiedenen Erdteilen<br />

stammen, gefordert, den Unterricht<br />

so zu gestalten, dass sie eher eine Art<br />

Wegbegleiter für die jungen Menschen<br />

darstellen. Der Unterricht wird von<br />

den Schülern somit auf Augenhöhe<br />

erlebt. Er macht ihnen Spaß, Lachen<br />

ist erwünscht sowie auch die Freiheit,<br />

sich selbst einzubringen. Ebenso<br />

werden sie nicht kontrolliert. Soziale<br />

Nachhaltigkeit bedeutet ja auch,<br />

Hier ist mittlerweile die Fortsetzung von Alan Gores Filmdokumentation „Eine unbequeme<br />

Wahrheit" aus 20<strong>17</strong>. Immerhin hat sein erster Film wirklich bewegt und Projekte<br />

wie die Green School bewirkt. Videolink: zoe.imwebtv.at/eine_unbequeme_wahrheit<br />

die Selbstverantwortung zu fördern.<br />

400 Schüler sind derzeit dort eingeschrieben.<br />

Der Lehrplan ist wie in einer<br />

traditionellen Schule, der Abschluss<br />

einer akademischen Hochschule<br />

gleichwertig. Jedoch wird den jungen<br />

Menschen zusätzlich zu den üblichen<br />

Unterrichtsfächern auch Wissen<br />

rund um das Thema Nachhaltigkeit<br />

und Umweltbewusstsein vermittelt.<br />

Zum Beispiel gibt es auch Unterricht<br />

in Gartengestaltung oder Gemüseund<br />

Obstanbau. Ein Fach davon ist<br />

obligatorisch, die anderen kann man<br />

sich aussuchen. <strong>Das</strong> Haustier ist übrigens<br />

eine Schulkuh. Mittlerweile ist die<br />

Green School zu einem Riesenprojekt<br />

angewachsen, von dem auch die balinesische<br />

Bevölkerung auf mehreren<br />

Ebenen profitiert. Beispielsweise entstanden<br />

rund um die Schule nachhaltige<br />

Restaurants und Übernachtungsmöglichkeiten<br />

für Touristen. Auch das<br />

zur Green School gehörende Green<br />

Camp bietet Familien und Schulen<br />

grünen Dschungelspaß an. So können<br />

auch Reisende den „Spirit“ der Green<br />

School erleben.<br />

<strong>Zoë</strong> <strong>09</strong>/<strong>17</strong>27


•• BERUFSWELT<br />

KONFLIKTSITUATIONEN RICHTIG BEGEGNEN<br />

Richtig streiten<br />

will gelernt sein<br />

Konflikte sind natürlicher Bestandteil unseres privaten und beruflichen<br />

Alltags und beruhen auf meist tief liegenden sowie unerfüllten Bedürfnissen.<br />

Auseinandersetzungen sind daher immer emotional und in der Regel<br />

nicht sachlich zu lösen. Wie wir mit Konflikten umgehen, beeinflusst jedoch<br />

enorm unser Wohlbefinden und die langfristige Beziehung zu unseren<br />

Mitmenschen. Eine richtig gute, konstruktive Aussprache <strong>–</strong> ohne Sieger und<br />

Verlierer <strong>–</strong> tut hingegen allen gut. Dazu braucht es oft eine Veränderung der<br />

inneren Haltung sowie die Bereitschaft, <strong>neue</strong> Kommunikationsfähigkeiten<br />

zu erwerben. Denn um die Beziehungen zu unseren Mitmenschen lebendig,<br />

offen und bereichernd zu gestalten, kommen wir meist nicht umhin, uns<br />

den Konflikten zu stellen.<br />

28 <strong>Zoë</strong> <strong>09</strong>/<strong>17</strong>


Nicht gelöste Konflikte kosten<br />

Energie und <strong>Lebens</strong>freude<br />

und können krank machen.<br />

Meist führt ein <strong>des</strong>truktiver Streit mit<br />

Siegern und Verlierern zu Verletzung,<br />

Aggression und dauerhafter Störung<br />

einer Beziehung. „Um aber Beziehungen<br />

als lebendig und bereichernd zu<br />

empfinden, kommen wir nicht umhin,<br />

uns den Konflikten zu stellen. Darin<br />

haben wir meist nicht viel Übung<br />

und auch nicht viele Vorbilder“, weiß<br />

Kinesiologin, Mediatorin und Trainerin<br />

Mag. Heike Hoffmann.<br />

„Es geht nicht nur darum, Methoden<br />

oder Techniken zu trainieren,<br />

sondern zu einer Veränderung der<br />

inneren Haltung zu finden und <strong>neue</strong><br />

Kommunikationsfähigkeiten zu erwerben“,<br />

so die Expertin. Dabei sollte<br />

es uns gelingen, den Konfliktgegner<br />

nicht als Feind zu betrachten, sondern<br />

als Fremden, <strong>des</strong>sen Welt gleiche<br />

Berechtigung und Wichtigkeit<br />

hat wie die unsere. Damit wächst die<br />

Chance auf faire Lösungen. Voraussetzung<br />

dafür ist eine Selbstklärung<br />

als Basis. Wer nicht sagen kann, was<br />

er möchte, empfindet, erwartet oder<br />

braucht, wird womöglich aggressiv<br />

und fühlt sich ohnmächtig. Wer aber<br />

weiß, was er will, braucht oder erwartet<br />

und das auch sagen kann, ist weniger<br />

unter Druck, bleibt offener und<br />

handlungsfähiger.<br />

Bedürfnisse erkennen<br />

Die Scheu, Unstimmigkeiten anzusprechen,<br />

entspringt meist aus der<br />

unbewussten Urangst, nicht mehr<br />

geliebt zu werden, nicht mehr dazuzugehören.<br />

Was der Grund ist, warum<br />

Konflikte niemals sachlich behoben<br />

werden können. „Denn wenn<br />

ein Konflikt oder eine Unstimmigkeit<br />

auftaucht, heißt das, dass ich mich<br />

nicht wohl mit einer Situation oder<br />

Person fühle“, so Heike Hoffmann.<br />

Man fühlt sich z.B. verärgert, traurig,<br />

wütend, frustriert, angegriffen, abgelehnt,<br />

gekränkt, übersehen, nicht<br />

gehört, verraten oder ungeliebt <strong>–</strong> und<br />

Gefühle sind eben nie sachlich. Wird<br />

ein wichtiges Bedürfnis von uns nicht<br />

erfüllt, wird das durch ein innerlich<br />

aufkommen<strong>des</strong> Gefühl wahrgenommen.<br />

„Unsere Bedürfnisse spiegeln<br />

unser ureigenstes Wertesystem wider;<br />

eben jene Dinge und Verhalten,<br />

die für uns ganz wichtig sind und die<br />

wir auch selber leben“, erläutert Heike<br />

Hoffmann. „Angenommen, ein<br />

Chef kommt in der Früh missgelaunt<br />

herein, grüßt kaum, sieht seinen Mitarbeiter<br />

nicht an. Nun merkt dieser,<br />

dass Ärger und Wut in ihm hochsteigen.<br />

Er denkt sich vielleicht: Wie kann<br />

der nur so mit mir umgehen? Warum<br />

fühlt er sich ärgerlich oder wütend,<br />

vielleicht sogar gekränkt? Sein tiefer<br />

liegen<strong>des</strong> Bedürfnis wäre hier ein<br />

wertschätzender, freundlicher Umgang<br />

miteinander. Sein Bedürfnis ist<br />

also Wertschätzung. Er möchte, dass<br />

in diesem Sinne mit ihm umgegangen<br />

wird.“<br />

Wenn Gefühle eskalieren<br />

In unserer eher rational ausgerichteten<br />

Kultur ist es oft ungewöhnlich,<br />

Gefühle wahrzunehmen oder<br />

zu zeigen, und es kann einem<br />

fremd sein, Gefühle zu äußern. Gefühle<br />

werden oftmals nicht ernst<br />

genommen und als wichtig angesehen.<br />

Was eher geschätzt wird, ist<br />

„die richtige Art zu denken“.<br />

Klammern wir jedoch aus dem<br />

menschlichen Erleben und aus den<br />

Begegnungen die Gefühle aus, so<br />

ignorieren wir damit einen wesentlichen<br />

Teil unserer Persönlichkeit, denn<br />

Denken, Fühlen und Handeln gehören<br />

untrennbar zusammen. „Manchmal<br />

eskalieren die Streitgespräche<br />

und die Wogen gehen so hoch, dass<br />

man sagen kann: Wir haben keinen<br />

Konflikt, sondern der Konflikt hat<br />

uns“, schildert Heike Hoffmann.<br />

In spannungsgeladenen Situationen<br />

werden unsere Wahrnehmungsfähigkeit<br />

und unser Denken stark beeinflusst.<br />

Unser Blick scheint sich zu<br />

trüben und die Sicht auf uns, unseren<br />

Streitpartner und das Problem wird<br />

verzerrt und völlig einseitig. Ein Wort<br />

gibt das andere. Einem Schwarz-<br />

Weiß-Denken folgen Fehlinterpretationen.<br />

Die Gerüchteküche brodelt und<br />

persönliche Angriffe, Drohungen, begrenzte<br />

Vernichtungsschläge werden<br />

zu „vorrangigen Streitwaffen“.<br />

Eine konstruktive und fruchtbare<br />

Streit-/Konfliktkultur bildet daher<br />

zunehmend eine Schlüsselkompetenz<br />

und unterstützt eine <strong>neue</strong><br />

Qualität im zwischenmenschlichen<br />

Umgang, damit wir uns nicht in Du-<br />

Botschaften und Anschuldigungen<br />

verstricken.<br />

Unterschiede respektieren<br />

Daher gilt es, auf das darunter liegende<br />

Bedürfnis zu schauen. Hier<br />

liegen nämlich der Kern und die Lösung<br />

<strong>des</strong> Ganzen. Meist fangen wir<br />

aber zu argumentieren an, um zu<br />

beweisen, dass wir Recht haben und<br />

der andere Schuld hat an unserem<br />

Missgefühl. Wir wollen als Gewinner<br />

aussteigen und dies dem Gegenüber<br />

mit Argumenten begründen. Die Du-<br />

Botschaft ist eines der wesentlichen<br />

Elemente <strong>des</strong>truktiver Kommunikation,<br />

weil sie einen Angriff auf das<br />

Selbstwertgefühl <strong>des</strong> Gegenübers<br />

darstellt <strong>–</strong> auf seine Werte, Bedürfnisse,<br />

Gefühle und Einstellungen.<br />

„Wenn wir die Unterschiedlichkeit<br />

unserer Wesen und Bedürfnisse respektieren,<br />

interessant und vielleicht<br />

sogar bereichernd finden, können<br />

wir uns im Konfliktfall mit dem, was<br />

anders ist am anderen, auseinandersetzen“,<br />

erklärt Heike Hoffmann abschließend.<br />

Faires Streiten erfordert<br />

eine Klärung der eigenen Gefühle,<br />

Bedürfnisse, Interessen und Meinungen<br />

und die Bereitschaft anzuerkennen,<br />

dass der andere ganz andere,<br />

genauso legitime Bedürfnisse und<br />

Meinungen hat.<br />

TIPP: KONSTRUKTIVE<br />

STREITPUNKTE<br />

•• In der Konfliktsituation von<br />

sich und seinen eigenen unerfüllten<br />

Bedürfnissen sprechen<br />

•• Du-Botschaften ausklammern<br />

•• Keine Anschuldigungen und<br />

keine Vorwürfe<br />

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•• LEBENSART<br />

COSPLAYER IM TREND<br />

Fantasiegestalten<br />

erobern die reale Welt<br />

Cosplay ist ein Darstellungs- und Verkleidungstrend, der in den USA seinen Ursprung<br />

hat, aber erst in den 1990er-Jahren mit dem Manga- und Animeboom in<br />

Japan zum Hype wurde und schließlich auch nach Europa kam. Denn Cosplayer<br />

verkleiden sich nicht einfach: Sie schlüpfen so authentisch wie möglich in die Rolle<br />

der Figuren <strong>–</strong> aus Manga, Anime, Comic, Film oder Computerspielen <strong>–</strong> und stellen<br />

diese durch ihre Kostümierung und ihr Verhalten möglichst originalgetreu dar.<br />

Die Vermischung der digitalen und realen<br />

Welt geht immer mehr über ihre<br />

medialen Grenzen hinaus. Nicht nur<br />

Pokémons lassen sich mittels einer<br />

Spiele-App am Handy in der realen<br />

Welt virtuell fangen, auch sämtliche<br />

Helden, Bösewichte und Fantasiefiguren<br />

aus der Manga-, Comic- und<br />

Filmwelt laufen tatsächlich „fleischgeworden“<br />

in der Stadt herum. Derzeit<br />

(noch) sind die sogenannten<br />

„Cosplayer“ nur auf dem Weg zu einer<br />

großangelegten Convention in der<br />

U-Bahn zu sehen und nicht auf normalen<br />

Schulhöfen anzutreffen. Denn<br />

Cosplayer sind vorwiegend <strong>–</strong> jedoch<br />

nicht nur <strong>–</strong> junge Menschen, die mit<br />

viel Begeisterung sowie zeitlichen<br />

und finanziellen Aufwand alles dafür<br />

geben, in die Rolle ihrer Lieblingscharaktere<br />

zu schlüpfen und sie möglichst<br />

originalgetreu auf solchen Special-Events<br />

nachzuahmen <strong>–</strong> also zu<br />

spielen. Daher auch die Bezeichnung<br />

COStume und PLAYer. Dies hat nichts<br />

mehr mit einer besseren Verkleidung<br />

auf Faschingspartys zu tun, wenn<br />

auch dort der eine oder andere Batman<br />

oder Superman anzutreffen ist.<br />

Der perfekte Auftritt ist alles<br />

Auf diesen meist international angelegten<br />

„Cons“ treffen sich die absoluten<br />

Nerds und Perfektionisten. Sie<br />

stimmen ihre Kostüme, Masken, Frisuren,<br />

Kontaktlinsen und ihr Make-up<br />

bis ins kleinste Detail ab und geben<br />

sich genauso wie der jeweilige Charakter.<br />

Wer etwas auf sich hält, fertigt<br />

sein Kostüm und die Accessoires natürlich<br />

selber an. Hingearbeitet wird<br />

auf den großen Auftritt: Die Darsteller<br />

präsentieren sich auf den jeweiligen<br />

Conventions, posieren für Fotos, nehmen<br />

an Wettbewerben teil und zelebrieren<br />

ausgiebig diese <strong>neue</strong> Art von<br />

Selbstdarstellung in der Rolle eines<br />

anderen. Zuseher möchten meinen,<br />

die Darsteller glauben wirklich, die Figur<br />

zu sein, in die sie geschlüpft sind,<br />

und deren Kräfte zu besitzen.<br />

Bei den Cosplay-Wettbewerben bewertet<br />

die Jury nach unterschiedlichen<br />

Kategorien: Ähnlichkeit der<br />

Figur mit dem Original, Machart/<br />

Fertigung <strong>des</strong> Kostüms, Präsentation<br />

<strong>des</strong> Charakters, Zuschauerreaktion<br />

sowie persönlicher Eindruck.<br />

Big Hype & Big Business<br />

So hat sich in den letzten Jahren<br />

um dieses Hobby ein Riesenmarkt<br />

gebildet. International und lokal finden<br />

immer mehr größere und kleinere<br />

Conventions und Treffen statt.<br />

Die größten Events sind in den USA<br />

und Ostasien. In Europa verfügen<br />

Frankreich, Italien und Großbritannien<br />

über eine starke Cosplay-Szene<br />

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Eindrücke von der Comic Con 20<strong>17</strong> in Wien. Mehr Bilder zur Comi Con und AniNite 20<strong>17</strong> auf: zoe.imwebtv.at/cosplay<br />

Fotos: Sara Pilz<br />

mit großen Conventions. Doch auch<br />

in Deutschland und zunehmend<br />

in Österreich finden immer mehr<br />

dieser Special-Events statt. Wir haben<br />

uns dieses Jahr die AniNite im<br />

Sommer in der Metastadt in Wien<br />

und die (dritte) Vienna Comicon<br />

im Herbst 20<strong>17</strong> in der Messe Wien<br />

genauer angesehen (siehe Bilder).<br />

<strong>Das</strong> bunte Treiben war wirklich beeindruckend.<br />

Die Hallen waren voll<br />

mit Ausstellern aus den verschiedensten<br />

Sparten und allem Drum<br />

und Dran aus der heutigen Medienwelt.<br />

Poster, Zeichnungen, T-Shirts,<br />

Kostüme, Perücken, Kontaktlinsen,<br />

Computerspiele oder auch Spielzeuge<br />

und Requisiten aus Filmen <strong>–</strong><br />

es gibt alles, was das Herz begehrt<br />

und die Geldbörse aushält. Ob Serien-,<br />

Kino-, Manga-, Comic- oder<br />

Computerspielhelden und -Bösewichte<br />

<strong>–</strong> alle sind sie dort vertreten.<br />

Meetups<br />

Reale internationale Filmschauspieler<br />

dürfen natürlich bei so einem<br />

Großevent nicht fehlen. So konnte<br />

man auf der Vienna Comicon 20<strong>17</strong><br />

die Stars von Game of Thrones,<br />

Starwars oder Herr der Ringe bewundern.<br />

In Form von gemeinsamen<br />

Aben<strong>des</strong>sen oder Autogrammen<br />

ließen sie sich ihre kostbare<br />

Zeit sogar von den Fans bezahlen,<br />

die in langen Schlangen geduldig<br />

auf ihren Moment warteten.<br />

Weiters kamen auch internationale<br />

Cosplayer, eGamer, Künstler und<br />

Autoren, die sich auf Youtube, Instagram<br />

& Co. weltweit bereits einen<br />

Namen gemacht haben. Alle<br />

tummelten sich in den vollgefüllten<br />

Hallen und sorgten für ein absolut<br />

buntes Bild der Vielfalt und Kreationen.<br />

In jedem Menschen steckt<br />

nun einmal ein Kind. Wer in diese<br />

reale Fantasywelt einmal (oder<br />

wieder) eintauchen möchte, hat<br />

nächstes Jahr wieder ein paar gute<br />

Gelegenheiten.<br />

Conventions 2018<br />

in Österreich<br />

Vienna Comix<br />

7./8.4., 7.10. und 16.12.,<br />

MGC-Halle Wien, viennacomix.at<br />

AniNite<br />

18. <strong>–</strong> 20.8., Metastadt Wien,<br />

aninite.at<br />

Nippon Nation<br />

21./22.7., MQ Wien,<br />

nipponnation.at<br />

VIECC Vienna Comic Con<br />

<strong>17</strong>./18.11., MQ Wien, Messe Wien,<br />

viecc.com<br />

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•• LEBENSART<br />

BUCH-TIPP: REISEABENTEUER<br />

Atlas der unentdeckten Länder<br />

Nach Marco Polo, Kolumbus und Vasco da Gama geht der nächste große<br />

Entdecker auf Reisen. Dennis Gastmann erkundet die letzten unentdeckten<br />

Länder dieser Welt: Akhzivland, Karakalpakstan, R’as al-Chaima <strong>–</strong> magische<br />

Orte, fern, unbekannt oder vergessen. Eine faszinierende Reise zu den fernen<br />

Ausläufern unserer Zivilisation. So steuert Gastmann an Bord eines Seelenverkäufers<br />

auf Pitcairn zu, ein Felsen in der Südsee, auf dem die Nachfahren<br />

der Meuterer von der Bounty leben. Sie bitten ihn, für immer zu bleiben <strong>–</strong> es<br />

fehlt an jungen Leuten. Er wandert durch die tausendjährige Mönchsrepublik<br />

auf dem Berg Athos, in der Touristen unerwünscht sind, Frauen ein Skandal.<br />

Denn die bärtigen, heiligen Männer wollen unter sich bleiben. Gastmann<br />

taucht mit einem Rudel Haie in Palau, der weltweit ersten Haischutzzone,<br />

und sucht nach Liebe in Transnistrien, einem Mafiastaat. Beim Lesen entstehen<br />

Bilder im Kopf und der Auror schafft es, den Leser in die fernen Länder<br />

zu entführen, als ob man selbst die unterschiedlichsten Begegnungen mit<br />

Menschen aus weit entfernten Orten hätte.<br />

Dennis Gastmann, Atlas der unentdeckten Länder; Verlag: rororo, Juli 20<strong>17</strong>,<br />

ISBN: 978-3-499-63143-6<br />

BUCH-TIPP: ERZÄHLUNG<br />

Die Welt zwischen<br />

Null und Eins<br />

Was war vor dem Urknall? Diese Frage<br />

nach der Weltformel beschäftigt Matthias<br />

Altmann ein Leben lang. Jetzt<br />

steht er knapp vor der Lösung, Die<br />

Formeln, Theorien und vor allem die<br />

Lösungen liegen greifbar vor seinem<br />

geistigen Auge. Er muss nur noch alles<br />

ordnen und aufschreiben. Bei dieser<br />

Arbeit darf er sich aber von nichts ablenken<br />

lassen. Auch nicht von seiner<br />

Freundin Anna. Sie hat jedenfalls andere<br />

Pläne, will zum Beispiel ein Kind.<br />

Doch Matthias darf sich auf der Suche<br />

nach der Weltformel mit keiner anderen<br />

Frage beschäftigen. Weder von<br />

seinem Job, seinen Arbeitskollegen<br />

noch von seiner Freundin will er sich<br />

davon abhalten lassen.<br />

Stefan Franke, Die Welt zwischen Null und<br />

Eins; Erzählung, Juni 20<strong>17</strong>, Verlag am Rande,<br />

ISBN: 978-3-903190-01-6<br />

BUCH-TIPP: FANTASY-THRILLER<br />

Die Überfahrt<br />

Eigentlich beginnt alles ganz harmlos. Die Passagiere kommen an Bord der schwedischen Ostsee-Fähre<br />

Baltic Charisma. <strong>Das</strong> Fährschiff kreuzt zwischen Stockholm und der finnischen Südküste.<br />

Unter den Passagieren befinden sich Singles, die das Abenteuer für eine Nacht suchen, ein<br />

homosexuelles Paar, aber auch ein ehemaliger Schlagerstar, der sein Selbstbewusstsein mit Auftritten<br />

in der Bar der Fähre aufrechterhalten will, oder eine ganz normale Familie. Die meisten wollen<br />

sich einfach amüsieren und einmal ausspannen, mit der besten Freundin tanzen gehen oder einen<br />

Junggesellenabschied feiern. Die Nacht ist lang und der Alkohol fließt reichlich.<br />

Anfangs bleiben sie fast unbemerkt: Zwei dunkle Gestalten sind übers Autodeck an Bord geschlichen<br />

- eine Mutter und ihr Kind. Mit ihnen betritt ein uraltes Grauen das riesige Schiff, das plötzlich<br />

zur tödlichen Falle wird. Die Angst geht um auf der Baltic Charisma.<br />

Der Autor Mats Strandberg weiß, wie man einen Thriller schreibt. Er wird bereits als schwedischer Stephen King gelobt.<br />

Auch wenn sein Erzählstil ein anderer ist, wird er seinem Vorbild zumin<strong>des</strong>tens beim Gänsehautfaktor und auch bei so<br />

manchen blutigen Details gerecht. Denn nach dem Lesen <strong>des</strong> Buches überlegt man es sich zweimal, ob man seinen<br />

Urlaub jemals wieder auf einem Schiff verbringen will.<br />

Mats Strandberg, Die Überfahrt; 512 Seiten, FISCHER Tor-Verlag ISBN: 978-3-596-29599-9<br />

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JUGEND-KULTUR-TIPP<br />

Ein Faustschlag für mehr Aufmerksamkeit<br />

<strong>Das</strong> Phänomen Smack Cam ist ein Trend bei den Jugendlichen<br />

und schon länger bekannt. Dabei werden gewalttätige oder<br />

„lustige“ Angriffe auf Personen mit dem Handy gefilmt und anschließend<br />

in den sozialen Medien verbreitet. Was aus Spaß mit<br />

gestellten Szenen begann, ist längt realen Gewalttaten gewichen.<br />

Mittlerweile gibt es Smack-Cam-Videos, bei denen weder Opfer<br />

noch Zuschauer viel zu lachen haben. In diesem Jugendtheaterstück<br />

vom Theater Jugendstil geht es um das brisante Thema<br />

„Gewalt als social media hype“. Drei Akteure erzählen auf einer<br />

abstrakten Spielebene die Geschichte eines Smack-Cam-Vorfalls.<br />

Der Vorfall wird durch die Sichtweisen der drei Figuren aus<br />

jeweils deren Sicht aufgerollt. Wo liegt die Wahrheit? Am Ende<br />

<strong>des</strong> Stückes ist das Publikum selbst Richter.<br />

Nähere Infos: www.jugendstil-theater.com<br />

Spieltermine 2018:<br />

Bruck an der Leitha, Stadttheater: 29.1, 30.1.<br />

St. Pölten, Frei:Raum: 31.1., 1.2.<br />

Baden, Theater am Steg : 12.02., 13.02.<br />

Stockerau, Lenautheater : 4.2., 15.2.<br />

Wien, Theater Akzent: 02.03.<br />

FILM-TIPP & BUCH-TIPP:<br />

Die grüne Lüge<br />

Videolink zum Trailer:<br />

zoe.imwebtv.at/die_gruene_luege<br />

Den Konsumenten wird immer wieder vorgegaukelt, dass man die Welt retten kann. Man muss nur ökologische, faire<br />

Produkte kaufen, nachhaltige Produktionen fördern. Aber das ist eine Lüge, wie der Film von Werner Boote beweisen<br />

will. Mit an Bord ist Kathrin Hartmann, Expertin für Greenwashing und Nachhaltigkeit. Der Film ist ein ernüchternder<br />

Streifzug durch die Wirtschaftswelt von heute. Obwohl Nachhaltigkeit und Sustainability angepriesen werden, steht<br />

letztlich die Gewinnmaximierung an oberster Stelle. Darum hat auch Mutter Erde von dem grünen Fortschritt noch<br />

nichts mit bekommen. Sind all die schönen Erfolgsmeldungen bloße Erfindungen? Denn werbewirksam wird uns alles,<br />

was erwiesenermaßen umweltschädlich ist, als nachhaltig und klimaschonend verkauft: Flugreisen, Pelzmäntel,<br />

Gentechnik, Kohlekraft, sogar Formel-I- Autorennen. So erklärt etwa Kathrin Hartmann, dass es halt kein nachhaltiges<br />

Palmöl gibt, weil es nur dort wächst, wo vorher Regenwald war. Allerdings macht andererseits der linke Intellektuelle<br />

Noam Chomsky, US-Professor für Linguistik, doch wieder ein bisschen Hoffnung: „Es gibt gute Ansätze - akzeptieren<br />

Sie diese, aber lehnen Sie die Propaganda ab.“ Im Februar erscheint zudem das Buch „Die Grüne Lüge“ von Kathrin<br />

Hartmann, das während der Recherche zum Film enstanden ist.<br />

The Green Lie, Österreich 20<strong>17</strong>; 93 Minuten, Film von und mit Werner Boote, Kathrin Hartmann, Noam Chomsky, Raj Patel<br />

Kinostart in Österreich: 9. März 2018<br />

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