Leseprobe Computer und Arbeit 12_2017
- Seite 2 und 3: titelthema mitarbeiterkontrolle CuA
- Seite 4 und 5: it-mitbestimmung Zeitgemäße Arbei
- Seite 6 und 7: it-mitbestimmung Facebook nur mit B
- Seite 8: IT und Datenschutz. Mitbestimmen. C
titelthema mitarbeiterkontrolle CuA <strong>12</strong> |<strong>2017</strong><br />
Vom Kavaliersdelikt<br />
zur Kündigung<br />
it-nutzung Der allzu sorglose Umgang mit der IT am <strong>Arbeit</strong>splatz kann erhebliche<br />
rechtliche Risiken für die Beschäftigten haben, die bis hin zum <strong>Arbeit</strong>splatzverlust<br />
reichen können. Ein Überblick zeigt die Risiken <strong>und</strong> den richtigen Umgang mit ihnen.<br />
VON GÖTZ GERLACH<br />
8
CuA <strong>12</strong> |<strong>2017</strong><br />
mitarbeiterkontrolle<br />
titelthema<br />
Globale Vernetzung, Industrie 4.0,<br />
digitale Transformation. Schlagworte,<br />
die nicht nur für zukunftsorientierten,<br />
digitalen Fortschritt<br />
stehen, sondern auch dafür, dass der alltägliche<br />
Umgang mit der IT aus unserem <strong>Arbeit</strong>sleben<br />
nicht mehr wegzudenken ist.<br />
Weniger beachtet hingegen werden oft die<br />
rechtlichen Gefahren <strong>und</strong> Risiken, die die Allgegenwart<br />
der IT im <strong>Arbeit</strong>sleben für die Beschäftigten<br />
haben kann, wenn man sich nicht<br />
an Spielregeln hält oder leichtfertig mit der –<br />
in der Regel fremden – IT umgeht.<br />
Privates Surfen während der <strong>Arbeit</strong>szeit,<br />
Verstöße gegen den Datenschutz durch Weitergabe<br />
von personenbezogenen Daten ohne ausreichende<br />
Rechtsgr<strong>und</strong>lage sind leider ebenso<br />
oft anzutreffen wie Urheberrechtsverletzungen<br />
durch das Schaffen oder Nutzen einer sogenannten<br />
Schatten-IT. Dass damit oft auch eine<br />
Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten<br />
einhergeht, die zum Verlust des <strong>Arbeit</strong>splatzes<br />
führen kann, wird dabei oft vergessen oder<br />
ausgeblendet. Es gilt, diese Risiken <strong>und</strong> Gefahren<br />
zu erkennen. Nötig ist dafür, das Bewusstsein<br />
der Beschäftigten zu schärfen, um den<br />
sicheren <strong>und</strong> vernünftigen Umgang mit der IT<br />
zu erleichtern.<br />
Klare Spielregeln nötig<br />
Entgegen einer weit verbreiteten irrtümlichen<br />
Annahme gibt es kein »Recht zur Privatnutzung«<br />
der IT am <strong>Arbeit</strong>splatz: Auch ohne<br />
ausdrückliches Verbot ist es nicht zulässig, die<br />
unternehmenseigene IT für private Zwecke zu<br />
nutzen. 1 Ausgangspunkt ist § 106 Gewerbeordnung<br />
(GewO). Die Vorschrift regelt das Weisungsrecht<br />
– auch Direktionsrecht genannt –<br />
des <strong>Arbeit</strong>gebers:<br />
»Der <strong>Arbeit</strong>geber kann Inhalt, Ort <strong>und</strong><br />
Zeit der <strong>Arbeit</strong>sleistung nach billigem Ermessen<br />
näher bestimmen, soweit diese <strong>Arbeit</strong>sbedingungen<br />
nicht durch den <strong>Arbeit</strong>svertrag, Bestimmungen<br />
einer Betriebsvereinbarung, eines<br />
anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche<br />
Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich<br />
der Ordnung <strong>und</strong> des Verhaltens der<br />
<strong>Arbeit</strong>nehmer im Betrieb.«<br />
Auf die unternehmenseigene IT bezogen<br />
bedeutet dies, dass es allein Sache des <strong>Arbeit</strong>gebers<br />
ist, die Spielregeln für den Umgang mit<br />
der IT festzulegen. Er darf <strong>und</strong> kann – unter<br />
Beachtung der Mitbestimmungsrechte des<br />
Betriebs- oder Personalrats – festlegen, ob die<br />
unternehmenseigene IT überhaupt für private<br />
Zwecke genutzt werden darf. Das B<strong>und</strong>esarbeitsgericht<br />
(BAG) hat schon vor langer Zeit<br />
ausdrücklich festgestellt:<br />
»Bei einer privaten Internetnutzung während<br />
der <strong>Arbeit</strong>szeit verletzt der <strong>Arbeit</strong>nehmer<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich seine (Hauptleistungs-)Pflicht<br />
zur <strong>Arbeit</strong>.« 2<br />
Ist die private Nutzung der IT durch eine<br />
betriebliche Regelung untersagt, so haben sich<br />
die Beschäftigten daran zu halten. Verstöße<br />
»Nötig ist dafür,<br />
das Bewusstsein der<br />
Beschäftigten zu<br />
schärfen, um den<br />
sicheren Umgang<br />
mit der IT zu<br />
erleichtern.«<br />
götz gerlach<br />
können – je nach Schwere – nicht nur eine<br />
Abmahnung, sondern auch eine fristlose Kündigung<br />
nach sich ziehen.<br />
Vorsicht bei privater Nutzung<br />
Aber auch, wenn die private IT-Nutzung erlaubt<br />
ist, ist dies kein Freibrief: Das »Herunterladen<br />
einer erheblichen Menge von Daten<br />
aus dem Internet […], insbesondere wenn damit<br />
einerseits die Gefahr möglicher Vireninfizierungen<br />
oder anderer Störungen des – betrieblichen<br />
– Betriebssystems verb<strong>und</strong>en sein<br />
können oder andererseits von solchen Daten,<br />
bei deren Rückverfolgung es zu möglichen<br />
Rufschädigungen des <strong>Arbeit</strong>gebers kommen<br />
kann, beispielsweise weil strafbare oder pornografische<br />
Darstellungen heruntergeladen werden«,<br />
kann eine außerordentliche Kündigung<br />
rechtfertigen. 3<br />
Das BAG hat dazu wörtlich ausgeführt:<br />
»Deshalb muss es jedem <strong>Arbeit</strong>nehmer klar<br />
sein, dass er mit einer exzessiven Nutzung des<br />
Internets während der <strong>Arbeit</strong>szeit seine arbeitsvertraglichen<br />
Haupt- <strong>und</strong> Nebenpflichten<br />
darum geht es<br />
1. Beschäftigte sind bei<br />
der Nutzung von IT am<br />
<strong>Arbeit</strong>splatz zahlreichen<br />
Gefahren <strong>und</strong> Haftungsrisiken<br />
ausgesetzt.<br />
2. Rechtsverstöße können<br />
schnell ernsthafte<br />
Konsequenzen für <strong>Arbeit</strong>nehmer<br />
<strong>und</strong> <strong>Arbeit</strong>geber<br />
nach sich ziehen.<br />
3. Klare Regeln für den<br />
Umgang mit Informationstechnologie<br />
am<br />
<strong>Arbeit</strong>splatz sind nötig.<br />
1 BAG 7.7. 2005 – 2 AZR 581/04, juris, Rn. 37 2 BAG, aaO., Rn. 27 mit weiteren Nachweisen<br />
3 BAG, aaO., Rn. 24<br />
9
it-mitbestimmung Zeitgemäße <strong>Arbeit</strong>smittel CuA <strong>12</strong> |<strong>2017</strong><br />
Zeitgemäße<br />
<strong>Arbeit</strong>smittel<br />
sachmittel Der <strong>Arbeit</strong>geber hat dem Betriebsrat »im erforderlichen<br />
Umfang« Informations- <strong>und</strong> Kommunikationstechnik zur Verfügung<br />
zu stellen. Diese Formulierung erweist sich in der täglichen <strong>Arbeit</strong><br />
der <strong>Arbeit</strong>nehmervertretung oft als schwierig. Ein Blick in die Rechtsprechung<br />
hilft.<br />
VON ELINA KRAUSE UND CARSTEN M. MÜLLER<br />
Der Betriebsrat besitzt gemäß § 40<br />
Abs. 2 BetrVG einen Anspruch<br />
auf Überlassung von Sachmitteln<br />
im Bereich der Informations- <strong>und</strong><br />
Kommunikationstechnik. Dieser Anspruch<br />
ist ein zwingendes Recht der Interessenvertretung,<br />
das weder durch Tarifverträge noch<br />
Betriebsvereinbarungen ausgeschlossen oder<br />
inhaltlich eingeschränkt werden kann. 1<br />
Anspruch der Interessenvertretung<br />
auf moderne Technik<br />
Ein Beispiel: <strong>Arbeit</strong>geber <strong>und</strong> Betriebsrat der<br />
A-GmbH vereinbaren, dass der Betriebsrat mit<br />
Rücksicht auf die schwierige wirtschaftliche<br />
Lage des Unternehmens auf die Nutzung von<br />
<strong>Computer</strong>n, Internet <strong>und</strong> Telefon verzichtet.<br />
Eine solche Vereinbarung wäre nicht zulässig.<br />
1 BAG 09.06.1999 – 7 ABR 66/97<br />
20
CuA <strong>12</strong> |<strong>2017</strong><br />
Zeitgemäße <strong>Arbeit</strong>smittel<br />
it-mitbestimmung<br />
Zwar ist es möglich, dem Betriebsrat im Wege<br />
einer pauschalisierenden Regelung ein Budget<br />
zur Verfügung zu stellen. Allerdings müsste<br />
dieses Budget vom Kostenrahmen dann so<br />
ausgestattet sein, dass hierdurch die Regelung<br />
des § 40 Abs. 2 BetrVG nicht umgangen wird. 2<br />
Der Anspruch des Betriebsrats auf Überlassung<br />
von IKT ist als Anspruch auf Naturalleistung<br />
zu verstehen, das heißt der <strong>Arbeit</strong>geber<br />
muss dem Betriebsrat die entsprechenden<br />
Sachmittel wie zum Beispiel <strong>Computer</strong> oder<br />
Telefon überlassen <strong>und</strong> zur Nutzung zur Verfügung<br />
stellen. Während der Nutzungsdauer<br />
behält der <strong>Arbeit</strong>geber aber weiterhin das Eigentum<br />
an diesen Gegenständen. 3<br />
Entscheidend ist hierbei die Frage, in welchem<br />
Umfang der <strong>Arbeit</strong>geber Informations<strong>und</strong><br />
Kommunikationstechnik bereit zu stellen<br />
hat; das Betriebsverfassungsgesetz stellt insoweit<br />
darauf ab, ob die Sachmittel für die <strong>Arbeit</strong><br />
erforderlich sind. Bei dem Begriff der Erforderlichkeit<br />
handelt es sich um einen unbestimmten<br />
Rechtsbegriff, der im Falle von Streitigkeiten<br />
zwischen den Betriebsparteien der Kontrolle<br />
durch die <strong>Arbeit</strong>sgerichte unterliegt <strong>und</strong><br />
von diesen auszulegen ist. Dient allerdings das<br />
jeweilige Sachmittel der Erledigung betriebsverfassungsrechtlicher<br />
Aufgaben <strong>und</strong> hält sich<br />
die Interessenabwägung des Betriebsrats im<br />
Rahmen seines Beurteilungsspielraums, kann<br />
das Gericht die Entscheidung des Betriebsrats<br />
nicht durch seine eigene ersetzen. 4<br />
Ob ein bestimmtes Sachmittel für die <strong>Arbeit</strong><br />
des Gremiums erforderlich ist, entscheidet<br />
allerdings nicht der <strong>Arbeit</strong>geber, sondern die<br />
betriebliche Interessenvertretung selbst. Diese<br />
trifft dann eine Entscheidung nach pflichtgemäßem<br />
Ermessen <strong>und</strong> unter Berücksichtigung<br />
ihrer Bedürfnisse <strong>und</strong> der Belange des <strong>Arbeit</strong>gebers.<br />
Dabei hat sie einerseits die Interessen<br />
der Belegschaft an einer sachgerechten Ausübung<br />
des Betriebsratsamts <strong>und</strong> andererseits<br />
die berechtigten Interessen des <strong>Arbeit</strong>gebers<br />
– auch soweit sie auf eine Begrenzung seiner<br />
Kostentragungspflicht gerichtet sind – gegeneinander<br />
abzuwägen. 5<br />
Allerdings ist sehr deutlich darauf hinzuweisen,<br />
dass dem Betriebsrat in der Frage der<br />
Erforderlichkeit ein weiter Beurteilungsspielraum<br />
zusteht 6 , so dass die Erforderlichkeit in<br />
den meisten Fällen – entgegen der Ansicht des<br />
<strong>Arbeit</strong>gebers – zu bejahen sein dürfte.<br />
Der Betriebsrat hat Anspruch auf zeitgemäße<br />
Sachmittel im Bereich der Informations-<br />
<strong>und</strong> Kommunikationstechnik. Dies verdeutlicht<br />
die folgende Übersicht.<br />
Handy – entscheidend ist<br />
die Erreichbarkeit<br />
»Was für die <strong>Arbeit</strong><br />
des Gremiums<br />
erforderlich ist, entscheidet<br />
nicht der<br />
<strong>Arbeit</strong>geber«<br />
elina krause <strong>und</strong> carsten m. müller<br />
Völlig unstreitig ist, dass der Betriebsrat einen<br />
Anspruch auf einen Nebenanschluss mit<br />
Telefon hat, von dem er ungestört <strong>und</strong> nicht<br />
überwacht sowohl interne wie auch externe<br />
Gespräche führen kann. Damit die Belegschaftsvertretung<br />
ständig erreichbar ist, besteht<br />
weiterhin auch ein Anspruch auf einen<br />
Anrufbeantworter. 7<br />
Ob dem Betriebsrat darüber hinaus ein<br />
Mobiltelefon zusteht, lässt sich nach Ansicht<br />
der Rechtsprechung nicht generell beantworten;<br />
vielmehr kommt auf es auf den jeweiligen<br />
Einzelfall an. Und hier wird dann zumeist ein<br />
Anspruch des Betriebsrats seitens der <strong>Arbeit</strong>sgerichte<br />
bejaht.<br />
So geht das Landesarbeitsgericht (LAG)<br />
Hessen in einer kürzlich erst ergangenen Entscheidung<br />
davon aus, dass ein Anspruch auf<br />
ein Mobiltelefon immer dann besteht, wenn<br />
das Unternehmen über mehrere Außenstellen<br />
verfügt <strong>und</strong> diese vom Betriebsratsvorsitzenden<br />
regelmäßig besucht werden. 8<br />
Nur wenn er über ein Mobiltelefon verfügt,<br />
ist seine Erreichbarkeit in dieser Zeit gewährleistet.<br />
Darüber hinaus weist das Gericht auf<br />
einen weiteren Aspekt hin, der ebenfalls die<br />
Erforderlichkeit eines Mobiltelefons rechtfertigt:<br />
Im fraglichen Unternehmen, einem Krankenhaus,<br />
wurde im Schichtdienst gearbeitet.<br />
Insofern muss der Betriebsratsvorsitzende im<br />
Schichtdienst arbeitende Beschäftigte teilweise<br />
auch abends <strong>und</strong> an Wochenenden anrufen,<br />
wenn er sie an ihrem <strong>Arbeit</strong>splatz erreichen<br />
will.<br />
darum geht es<br />
1. Die betriebliche<br />
Interessenvertretung hat<br />
Anspruch auf moderne<br />
Informations- <strong>und</strong> Kommunikationsmittel.<br />
2. In Betracht kommen<br />
alle Sachmittel, die ein<br />
effektives <strong>und</strong> rationelles<br />
<strong>Arbeit</strong>en ermöglichen.<br />
3. Das Gremium entscheidet<br />
selbst, welche<br />
Geräte für seine <strong>Arbeit</strong><br />
erforderlich sind.<br />
2 DKKW-Wedde, § 40 BetrVG Rn. 11f.; Fitting, § 40 BetrVG Rn. 3<br />
3 Fitting, aaO, Rn. 107; GK-Weber, § 40 BetrVG, Rn. 178<br />
4 BAG 24.4.2016 – 7 ABR 50/14<br />
5 BAG 3.9.2003 – 7 ABR 8/03; BAG <strong>12</strong>.5.1999 – 7 ABR 36/97<br />
6 Fitting, aaO., Rn. 106; Klebe/Wedde, Vom PC zum Internet: IT-<br />
Nutzung auch für Betriebsräte, in: DB 1999, 1955<br />
7 Löwisch, Änderung der Betriebsverfassung durch das BetrVG-<br />
Reformgesetz, in: BB 2001, 1734 ff. (1744)<br />
8 LAG Hessen 13.3.<strong>2017</strong> – 16 TaBV 2<strong>12</strong>/16<br />
21
it-mitbestimmung Facebook nur mit Betriebsrat CuA <strong>12</strong> |<strong>2017</strong><br />
Facebook nur<br />
mit Betriebsrat<br />
social media Eine Unternehmensseite auf Facebook unterliegt der<br />
Mitbestimmung des Betriebsrats. Das wurde vom B<strong>und</strong>esarbeitsgericht<br />
höchstrichterlich bestätigt. Sie eignet sich zur Kontrolle der Beschäftigten.<br />
Aber was ist jetzt genau zu regeln?<br />
VON FLORIAN FEICHTMEIER<br />
darum geht es<br />
1. Der Facebook-Auftritt<br />
eines <strong>Arbeit</strong>gebers ist<br />
mitbestimmungspflichtig.<br />
2. Das soziale Netzwerk<br />
ermöglicht die Kontrolle<br />
von Leistung <strong>und</strong> Verhalten<br />
der Beschäftigten.<br />
3. Der dienstliche Umgang<br />
mit Facebook ist<br />
zum Schutz der Mitarbeiter<br />
genau zu regeln.<br />
In einem Gr<strong>und</strong>satzurteil hat das höchste<br />
deutsche <strong>Arbeit</strong>sgericht nunmehr klargestellt,<br />
dass das Datum <strong>und</strong> die Uhrzeit<br />
der von Beschäftigten beim sozialen<br />
Netzwerk Facebook eingestellten Einträge<br />
<strong>und</strong> Kommentare Leistungsdaten sind, mit<br />
denen eine Leistungs- <strong>und</strong> Verhaltenskontrolle<br />
möglich ist. Folglich sei die betriebliche<br />
Interessenvertretung mit im Boot – <strong>und</strong> die<br />
Facebook-Nutzung eines Unternehmens mitbestimmungspflichtig.<br />
Diese Daten müssen<br />
aber, so das B<strong>und</strong>esarbeitsgericht (BAG) weiter,<br />
konkreten Mitarbeitern zugeordnet werden<br />
können. 1<br />
In dem hier zugr<strong>und</strong>e liegenden Fall wies<br />
der <strong>Arbeit</strong>geber, ein Blutspendedienst, allerdings<br />
die zehn Administratoren der Website<br />
an, dasselbe anonymisierte Benutzerkonto<br />
zum Administrieren der Seite zu nutzen. So<br />
könne laut Gericht das Wirken des Einzelnen<br />
nicht nachvollzogen werden. Aufgr<strong>und</strong> der<br />
Größe der Administratoren-Gruppe schlage<br />
auch der Überwachungsdruck nicht auf Einzelne<br />
durch.<br />
In die Urteilsbegründung fließt allerdings<br />
nicht ein: Ein einziges anonymisiertes Benutzerkonto<br />
für mehrere Administrierende widerspricht<br />
den Facebook-Nutzungsrichtlinien.<br />
Diese verbieten nämlich das Anlegen von anonymisierten<br />
Konten, sehen pro Person nur ein<br />
Konto vor <strong>und</strong> verbieten die Weitergabe der<br />
Login-Daten an andere.<br />
Möchte ein Unternehmen eine Facebook-<br />
Seite selbst nutzen <strong>und</strong> verwalten, ohne gegen<br />
die Nutzungsbedingungen zu verstoßen,<br />
kommt es an der Mitbestimmung meistens<br />
nicht vorbei.<br />
Funktion »Besucher-Beiträge« unterliegt<br />
der Mitbestimmung<br />
Jedenfalls stellte das BAG auch klar, dass insbesondere<br />
für die Freischaltung der Funktion<br />
»Besucher-Beiträge« auf der Facebook-Seite<br />
eines Unternehmens die Zustimmung des<br />
Betriebsrats notwendig ist. Denn Besucher-<br />
Beiträge könnten schließlich auf das Verhalten<br />
von Beschäftigen Bezug nehmen. Im konkreten<br />
Fall hatte sich beispielsweise ein Blutspender<br />
in einem Besucher-Beitrag über das Setzen<br />
einer Injektionsnadel beschwert.<br />
Mit Besucher-Beiträgen wird Facebook<br />
nach Überzeugung des Gerichts zu einer technischen<br />
Einrichtung, die dazu geeignet ist, das<br />
Verhalten von Beschäftigen zu kontrollieren.<br />
Besucher-Beiträge sind dabei jedoch nicht<br />
zu verwechseln mit Besucher-Kommentaren<br />
unter den Einträgen der Seite – diese erscheinen<br />
in einem gesonderten Feld. Auf diese viel<br />
häufiger verwendeten Besucher-Kommentare<br />
– die letztendlich ebenfalls über das Verhalten<br />
von Mitarbeitern Aufschluss geben können –<br />
geht das BAG in seiner Begründung allerdings<br />
nicht ein. Deshalb besteht diesbezüglich weiterhin<br />
Unklarheit.<br />
In der Praxis unterliegt auch eine Unternehmens-<br />
oder Organisations-Seite auf Facebook<br />
also der Mitbestimmung durch den Betriebsrat,<br />
jedenfalls immer dann, wenn Beschäftigte<br />
– <strong>und</strong> nicht nur der Chef höchstallein oder<br />
1 BAG 13.<strong>12</strong>.2016 – 1 ABR 7/15; siehe dazu Wurzberger, Mitbestimmung<br />
bei Facebook-Auftritt, in: CuA 1/<strong>2017</strong>, 17<br />
24
CuA <strong>12</strong> |<strong>2017</strong> Facebook nur mit Betriebsrat it-mitbestimmung<br />
ein beauftragtes Marketing-Unternehmen – die<br />
Seite pflegen.<br />
Was zu regeln wäre: Benutzerkonto<br />
der Administratoren<br />
In nahezu allen Betrieben ist es gängige Praxis,<br />
dass Administrierende entweder mit ihrem privaten<br />
Facebook-Konto die Unternehmensseite<br />
pflegen, oder sowohl über ein dienstliches als<br />
auch ein privates Facebook-Konto verfügen.<br />
Letzteres verstößt allerdings klar gegen<br />
die Nutzungsbedingungen von Facebook:<br />
»4.2. You will not create more than one personal<br />
account.«<br />
Deshalb müssen es Unternehmen letztendlich<br />
akzeptieren, dass Beschäftigte ihr privates<br />
Facebook-Konto zur Administration der Unternehmensseite<br />
nutzen. Sie können die Nutzung<br />
des privaten Kontos von Mitarbeitern aber<br />
nicht erzwingen, weil es eben privat ist. Und<br />
sie können die <strong>Arbeit</strong>nehmer auch nicht zwingen,<br />
ein dienstliches Konto anzulegen <strong>und</strong> dafür<br />
ihr privates Konto zu löschen. 2<br />
Es ist eine betriebliche Regelung zu treffen,<br />
die den Administrierenden die Lufthoheit über<br />
ihr privates Facebook-Konto garantiert <strong>und</strong> sie<br />
nicht dazu zwingt, gegen die Facebook-Nutzungsbedingungen<br />
zu verstoßen.<br />
Übergriff des Dienstlichen<br />
auf das Private<br />
Die dienstliche Nutzung eines privaten Facebook-Kontos<br />
wirft mannigfaltige mitbestimmungsrelevante<br />
Probleme auf. Eine Folge ist,<br />
dass die Administratoren auch in ihrer Freizeit<br />
mit Einträgen, Kommentaren <strong>und</strong> Facebook-<br />
Meldungen im Rahmen ihrer privaten Facebook-Nutzung<br />
konfrontiert werden. Es ist eher<br />
die Regel als die Ausnahme, dass Admins deshalb<br />
in ihrer Freizeit auf der Facebook-Seite<br />
des Unternehmens Brände löschen oder korrigierend<br />
eingreifen.<br />
Dieser Übergriff des Dienstlichen ins Private<br />
kann nicht nur ein enormer Stressfaktor<br />
sein, sondern auch <strong>Arbeit</strong>szeit außerhalb der<br />
<strong>Arbeit</strong>szeit. Es sind klare Regelungen nötig,<br />
die entweder diese Zusatzarbeiten verbieten –<br />
oder registrieren <strong>und</strong> entlohnen. Es empfiehlt<br />
sich, in den Schulungen zur Facebook-Administration<br />
zu zeigen, wie die Beschäftigten die<br />
Meldungen der Unternehmens-Website temporär<br />
in ihrem Konto unterdrücken können.<br />
Gefährdet: das Private im Dienstlichen<br />
Gleichwohl kann sich die Vermischung von<br />
Privatem <strong>und</strong> Dienstlichem am <strong>Arbeit</strong>splatz zu<br />
einem Problem entwickeln. Benutzen Beschäftigte<br />
zur Administration der Unternehmensseite<br />
ihr privates Facebook-Konto, erreichen sie<br />
während der <strong>Arbeit</strong>szeit private Meldungen<br />
<strong>und</strong> Fotos des Fre<strong>und</strong>eskreises, Herzchen-Botschaften<br />
von den Liebsten oder eigene private<br />
Fotos erscheinen auf der Pinnwand.<br />
Diese Daten können folglich im Browser-<br />
Cache auf dem Firmen-<strong>Computer</strong> oder im Speicher<br />
des Firmen-Servers gespeichert werden<br />
– jedenfalls ist die Wahrscheinlichkeit hoch,<br />
dass private Daten irgendwo in den Eingeweiden<br />
des Firmennetzwerks herumschwirren.<br />
Und in jedem Fall können andere Beschäftigte<br />
oder Vorgesetzte durch einen flüchtigen –<br />
vielleicht gar nicht gewollten – Blick auf den<br />
Monitor der Admins zu privaten Kenntnissen<br />
gelangen, die sie nichts angehen.<br />
Es ist zu regeln, dass die Privatnutzung<br />
des Internets durch Administrierende der Facebook-Seite<br />
ausdrücklich erlaubt ist – selbst<br />
wenn sie ansonsten verboten ist. Sind private<br />
<strong>und</strong> sensible Daten aber im Firmennetzwerk<br />
zu erwarten, verschärfen sich die datenschutzrechtlichen<br />
Bestimmungen <strong>und</strong> sind entsprechend<br />
anzupassen. Ebenfalls zu regeln ist,<br />
dass Erkenntnisse über die Privatleben der<br />
Administrierenden, die aus der dienstlichen<br />
Nutzung des privaten Facebook-Kontos rühren,<br />
nicht gegen sie verwendet werden dürfen.<br />
Freiwilligkeit bei Fre<strong>und</strong>schaftsanfragen<br />
der Vorgesetzten<br />
Die Adressen der Facebook-Profile von Admins<br />
sind für andere Administrierende der<br />
Seite nachvollziehbar. In der Praxis dauert es<br />
meistens nicht lange, bis die ersten persönlichen<br />
»Fre<strong>und</strong>schaftsanfragen« von anderen<br />
Admins oder gar von Vorgesetzten eintrudeln.<br />
Bei oberflächlicher Betrachtung erwächst daraus<br />
keine Schwierigkeit, da jedem Menschen<br />
freisteht, solche Anfragen auf Facebook auch<br />
abzulehnen.<br />
Praktisch ist es ein Problem: Da Beschäftigte<br />
ihren Vorgesetzten weisungsgeb<strong>und</strong>en sind,<br />
erhöht sich insbesondere bei Fre<strong>und</strong>schaftsanfragen<br />
während der Dienstzeit der Druck,<br />
diese auch anzunehmen. Die ohnehin umstrittene<br />
Freiwilligkeit im Dienstverhältnis muss in<br />
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Der neue Informationsdienst » <strong>Arbeit</strong>sschutz <strong>und</strong> Mitbestimmung«<br />
titelthema Wearables im <strong>Arbeit</strong>sverhältnis<br />
Wie der Datenschutz Grenzen setzt | Seite 2<br />
Betriebsvereinbarung zu<br />
Wearables<br />
Eckpunkte im Sinne der Beschäftigten | Seite 6<br />
7 Fragen zur Ausstattung eines Büroarbeitsplatzes<br />
Das gilt nach der <strong>Arbeit</strong>sstättenverordnung | Seite 8<br />
BAG-Urteil zur <strong>Arbeit</strong>szeit von Betriebsräten<br />
Ruhepausen gelten strikt | Seite 11<br />
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Fitness-Tracken für den Chef – Wearables sind<br />
der <strong>Arbeit</strong>swelt. Und wir beantworten 7 Fragen zum<br />
auf dem Vormarsch! Dem Betriebsrat kommt eine Büroarbeitsplatz – vor dem Hintergr<strong>und</strong> der neuen<br />
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2 Bei manchen Facebook-Angeboten ist es möglich, ein rein<br />
dienstliches Konto anzulegen, so beispielsweise bei der Enterprise<br />
Collaboration-Plattform »Workplace«. Allerdings ist das ein weitgehendes<br />
von sonstigen Dienstleistungen getrenntes Angebot.
IT <strong>und</strong> Datenschutz. Mitbestimmen.<br />
<strong>Computer</strong> <strong>und</strong> <strong>Arbeit</strong><br />
CuA | IT-MITBESTIMMUNG<br />
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§<br />
Ihr gutes Recht:<br />
§<br />
»<strong>Computer</strong> <strong>und</strong> <strong>Arbeit</strong>« ist erforderliches <strong>Arbeit</strong>smittel<br />
gemäß § 40 Abs. 2 BetrVG bzw. § 44 Abs. 2 BPersVG<br />
sowie den entsprechenden Vorschriften der LPersVG.<br />
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