Zürich Tennis, Top Events 2017
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PORTRAIT EINER VIELSPIELERIN<br />
«TURNIERE<br />
SPIELEN<br />
IST WIE EINE<br />
SUCHT»<br />
Die Zürcherin Anette Heimbs bestreitet<br />
beinahe jedes Wochenende ein <strong>Tennis</strong>turnier.<br />
Das Aussergewöhnliche daran: Sie<br />
ist in keinem Verein, spielt weder Interclub<br />
noch sonst viel <strong>Tennis</strong>. Die Motivation<br />
findet sie vor allem im Spass, den sie beim<br />
Turnierspielen erlebt.<br />
Dass Anette Heimbs oft als ungewöhnliche <strong>Tennis</strong>spielerin<br />
bezeichnet wird, liegt nicht an ihrer Spielweise, sondern eher<br />
an der Art ihres unermüdlichen Einsatzes. Sie bestreitet fast<br />
jedes Wochenende ein <strong>Tennis</strong>turnier. Innerhalb des vergangenen<br />
Jahres kommt sie so auf über 51 Spiele. Ausserhalb<br />
der Turniere spielt sie hingegen kaum <strong>Tennis</strong>: «Es macht mir<br />
einfach am meisten Spass, bei einem Wettkampf zu spielen»,<br />
sagt sie. Zudem spiele sie lieber indoor statt unter freiem<br />
Himmel. So stehe sie auch hauptsächlich im Winter auf dem<br />
Court, während sie im Sommer meist anderen Outdoor-<br />
Aktivitäten nachgehe.<br />
NIEMANDEM EINEN SIEG SCHULDIG<br />
Die Person auf der anderen Seite betrachte Anette Heimbs<br />
oft gar nicht als Gegnerin, sondern eher als Partnerin für ein<br />
gutes Spiel: «Klar möchte ich gewinnen. Aber es stört mich<br />
nicht besonders, wenn ich eine Partie verliere. Ich gehe vor<br />
allem auf den Court, um Spass zu haben», sagt sie. «Da ist es<br />
praktisch, dass ich in keinem Verein bin – es gibt niemanden,<br />
dem ich einen Sieg schuldig bin.»<br />
Bereits im Alter von sechs Jahren begann Anette Heimbs,<br />
<strong>Tennis</strong> zu spielen. Nach vielen Jahren, in denen sie mit Begeisterung<br />
trainierte, fand sie den Sport im jugendlichen Alter<br />
plötzlich «total uncool» – und hörte damit auf. Erst nach<br />
zwanzig langen Jahren packte sie die Lust wieder, regelmässig<br />
der gelben Filzkugel hinterherzujagen. «Kann ich es<br />
noch? Und macht es noch Spass?», waren Fragen, die sie sich<br />
stellte. Für die Saison 2015/16 erwarb sie schliesslich eine<br />
Swiss-<strong>Tennis</strong>-Einzellizenz und spielte sich seither von R9 zu<br />
R5 hoch. «Heute kann ich beide Fragen mit einem deutlichen<br />
‹Ja› beantworten», stellt sie fest.<br />
ANETTE HEIMBS<br />
Wohnort <strong>Zürich</strong><br />
Jahrgang 1977 (Kategorie 40+)<br />
Aktuelle Klassierung R5<br />
Anzahl Spiele in laufender<br />
Periode 51 Matches<br />
AUCH DIE SOZIALE KOMPONENTE FEHLT NICHT<br />
Unter der Woche ist Anette Heimbs mit der Arbeit für ein<br />
Medienunternehmen voll ausgelastet. Mindestens ein Tag<br />
pro Wochenende gehört in der Regel aber dem <strong>Tennis</strong>. In<br />
den letzten beiden Wintern hat sie fast jedes Wochenende<br />
an einem Turnier teilgenommen. «Es wurde fast zu einer<br />
Sucht», sagt sie. Sie geniesse die Action auf dem Court, aber<br />
auch die Geselligkeit danach. «Beim Women’s Grand Prix<br />
treffe ich häufig die gleichen Frauen, so hat sich eine schöne<br />
Gemeinschaft gebildet», sagt sie.<br />
Bei Turnieren erlebe sie oft eine soziale Komponente, wie sie<br />
sie in einem <strong>Tennis</strong>verein nicht schöner haben könne, sagt<br />
sie. Sie sei auch gar nicht interessiert an einer Vereinsmitgliedschaft,<br />
sondern möchte eine möglichst hohe Unabhängigkeit<br />
bewahren, sagt Anette Heimbs. «Trotzdem fühle ich<br />
mich jedes Mal sehr geehrt, wenn ich gefragt werde, ob ich<br />
ein Interclub-Team unterstützen möchte.»<br />
OHNE GROSSE VORBEREITUNG ANS TURNIER<br />
In ihrem «Turnierleben» hat Anette Heimbs auf diese Weise<br />
bereits vielerlei Erfahrungen gesammelt: etwa bei einem<br />
vierstündigen Match, bei dem beide Spielerinnen sich am<br />
Ende des Spiels kaum noch auf den Beinen halten konnten,<br />
oder bei einem hauchdünnen Sieg gegen eine Neunjährige,<br />
die eine Profikarriere anstrebt. Am wenigsten möge sie es,<br />
wenn sie auf eine zu ehrgeizige Jugendliche treffe. Die Atmosphäre<br />
der Begegnung sei dann schnell zu verbissen. Früher<br />
habe sie nach der Turnier-Auslosung oft die Resultate ihrer<br />
nächsten Gegnerinnen studiert. «Inzwischen kümmere ich<br />
mich nur noch um die Planung meiner Anreise und lasse alles<br />
andere einfach auf mich zukommen», sagt sie.<br />
Wenn es passe, dann feiere sie auch gerne mit ihren Gegnerinnen<br />
nach Spielschluss: «Da gab es durchaus schon mal<br />
mehr als nur ein Glas Sekt nach einem schönen Turnier», sagt<br />
Anette Heimbs. Im Moment könne sie sich keinen Grund<br />
vorstellen, warum sie ihre Turniersucht ablegen sollte. Sie<br />
freue sich schon besonders auf den nächsten <strong>Tennis</strong>winter.<br />
«Aber wer weiss, vielleicht spiele ich ja tatsächlich diesen<br />
Sommer bereits etwas häufiger.» (fw)<br />
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