kj cloud.book Nr. 14, Ausgabe III/2015
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REGGAE – UND DIE BIBEL?!<br />
Reggae: Bob Marley, Dreadlocks, Marihuana, Karibik, … – und die Bibel?!<br />
Passt das denn zusammen?<br />
Wenn man sich mit dieser Musik etwas<br />
genauer beschäftigt, wird schnell klar:<br />
Das passt sogar sehr gut. Denn Reggae<br />
ist eng verbunden mit Rastafari,<br />
einer Religion, die ab den 1930er Jahren<br />
in Jamaika entstanden ist.<br />
Etwa 90% der Bevölkerung Jamaikas<br />
stammen von afrikanischen Sklaven<br />
und Sklavinnen ab. Die Erfahrung von<br />
Verschleppung, Gewalt und Unterdrückung<br />
prägte diese Menschen entscheidend.<br />
Im Versuch, eine eigene Identität<br />
zu entwickeln und die eigenen Wurzeln<br />
wiederzuentdecken, entstand die<br />
„back to africa“-Bewegung. Afrika als<br />
die ursprüngliche und geistige Heimat<br />
gewann an Bedeutung; vor allem<br />
Äthiopien, das einzige afrikanische<br />
Land, das bis 1957 unabhängig blieb.<br />
Im äthiopischen Kaiser Haile Selassie<br />
meinten manche Jamaikaner/innen,<br />
den in der Bibel angekündigten wiedergekehrten<br />
Messias zu erkennen.<br />
„Ras Tafari“, so sein Geburtsname,<br />
wird als göttliche Inkarnation gesehen<br />
– wie auch Melchisedek und Jesus.<br />
Und die letzteren beiden Namen legen<br />
schon nahe, dass die Bibel in dieser<br />
Religion eine wichtige Rolle spielt.<br />
Als Sklaven und Sklavinnen wurden<br />
die Vorfahren der Rastafari christianisiert<br />
und lernten damit auch die<br />
Bibel kennen. Man stelle sich diesen<br />
Zynismus vor: Die Unterdrücker/innen<br />
dieser Menschen erzählen ihnen unter<br />
anderem von der Versklavung des<br />
Volkes Israel und vom Gott Jahwe, der<br />
es befreit und die Unterdrücker/innen<br />
bestraft. Eine Erzählung, mit der sich<br />
die Sklaven und Sklavinnen nur zu gut<br />
identifizieren konnten …<br />
Im Rastafari ist es demnach auch die<br />
Exodus-Erzählung, die eine besondere<br />
Rolle spielt. Weitere biblische Texte,<br />
die eine große Bedeutung haben, sind<br />
das Buch Daniel, die Psalmen oder die<br />
Apokalypse.<br />
Reggae entstand Ende der 1960er/<br />
Anfang der 1970er Jahre und wurde<br />
schnell zu einem Sprachrohr der<br />
Rastafari – nicht zuletzt auch durch<br />
bedeutende Künstler wie Bob Marley.<br />
Natürlich gab und gibt es im Reggae<br />
andere Themen (und zum Teil auch<br />
durchaus problematische Texte) – vor<br />
allem im Roots-Reggae aber sind religiöse<br />
Themen häufig. Lobpreisungen<br />
Gottes, der im Rastafari „Jah“ (vgl.<br />
„Jahwe“) genannt wird und Sozialkritik<br />
gehen dabei Hand in Hand. Religion<br />
und Widerstand gegen Unrecht sind<br />
hier untrennbar verbunden.<br />
Biblische Bilder wie das von „Babylon“<br />
als Stadt bzw. das System des Bösen,<br />
der Korruption, der Unterdrückung<br />
und des Materialismus auf der einen<br />
Seite und der Gottesstadt Zion auf der<br />
anderen Seite sind häufig zu finden,<br />
um Missstände anzuprangern.<br />
Ein Beispiel dafür ist das Lied „Babylon<br />
System“ von Bob Marley.<br />
Während in etwas älteren Texten „Babylon“<br />
oft sehr konkret mit Sklaverei<br />
und Rassismus gegen Schwarze in<br />
Verbindung gebracht wird, werden<br />
in aktuelleren Texten (auch von Mu-<br />
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