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kj cloudbook: Gedenken -Erinnern

Nr.17, Ausgabe I/2016

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GEDENKEN − ERINNERN<br />

Katholische Jugend OÖ, cloud.letter: Nr. 17, Ausgabe I/ 2016<br />

DURCHFÜHRUNG EINER<br />

GEDENKFEIER<br />

PRAXISVORSCHLAG SEITE 12<br />

GEDENKORTE IN<br />

OBERÖSTERREICH<br />

OBERÖSTERREICHKARTE SEITE 6


EDITORIAL UND<br />

INHALT<br />

Liebe Leserinnen und Leser!<br />

Das <strong>Gedenken</strong> an die tragischen Ereignisse<br />

während des zweiten Weltkrieges<br />

ist die Erinnerung an die Opfer des<br />

Nationalsozialismus als ein zentrales<br />

Anliegen der Katholischen Jugend OÖ.<br />

An vielen Orten engagieren wir uns in<br />

der Aufarbeitung der Geschichte und<br />

an der Gestaltung einer aktiven Gedenk-<br />

und Erinnerungskultur. Aktuelle<br />

gesellschaftliche und politische Entwicklungen<br />

stimmen uns nachdenklich<br />

und es bläst uns ein teils heftiger<br />

Wind von Fremdenfeindlichkeit und<br />

Intoleranz entgegen. Somit gilt es<br />

stärker denn je, dass wir uns mit all<br />

unseren Möglichkeiten für ein friedvolles<br />

Zusammenleben, für Demokratie<br />

und Menschenrechte einsetzen.<br />

Die Erinnerung an die NS-Zeit führt<br />

uns im Vergleich mit aktuellen Erfahrungen<br />

vor Augen, wozu Menschen<br />

fähig sein können. Das vorliegende <strong>kj</strong><br />

cloud.book soll einen Überblick über<br />

die breite Palette der Gedenkarbeit<br />

der <strong>kj</strong> oö geben, die sich zu keiner Zeit<br />

hinsichtlich der Beschäftigung mit der<br />

Vergangenheit erschöpft, sondern immer<br />

von der Sehnsucht nach Frieden<br />

in unserem gesellschaftlichen Zusammenleben<br />

erfüllt ist. Dieses <strong>kj</strong> cloud.<br />

book möchte aber auch Lust machen,<br />

selbst ein Teil des <strong>Gedenken</strong>s und <strong>Erinnern</strong>s<br />

zu werden – durch den Besuch<br />

einer der zahlreichen Gedenkfeiern,<br />

durch die Bearbeitung des Themas mit<br />

Jugendlichen oder durch die persönliche<br />

Auseinandersetzung.<br />

Reinhard Fischer<br />

Regionskoordinator <strong>kj</strong> oö in den<br />

Regionen Ennstal und Kremstal<br />

INHALT<br />

KJ und Gedenkarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3<br />

Der Gedenkraum in Ternberg… wie alles begann . . 8<br />

zum:verGEHEN:erinnern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9<br />

Was hat das alles mit mir zu tun?<br />

Ein Besuch in der Gedenkstätte<br />

des ehemaligen Konzentrationslagers Mauthausen . 10<br />

„Krieg kommt von kriegen,<br />

aber wer kriegt am Ende wirklich was?“<br />

(Achim Schmidtmann) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11<br />

Vermittlungsbox - Denk.Statt Johann Gruber . . . . 14<br />

Das ZeitzeugInnen-Gespräch . . . . . . . . . . . . . . . . 15<br />

Literaturtipps . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16<br />

Veranstaltungstipps . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17<br />

Was tun gegen Rechtsextremismus . . . . . . . . . . . 18<br />

Alle Fotos © <strong>kj</strong> oö, ausgenommen gekennzeichnete Bilder, Titelbild © Magdalena Martin, Layout: Magdalena Martin<br />

2


KJ UND GEDENKARBEIT<br />

„Es fangt genauso an, sagt der<br />

alte Franz. Es is das gleiche<br />

Lied, es is derselbe Tanz. Es<br />

fangt genauso an, wie vor sechzig<br />

Jahr‘ Und es war‘n damals<br />

auch am Anfang nur a paar“<br />

STS „Es fangt genauso an“<br />

Letzten Oktober habe ich dieses Lied<br />

von STS, gesungen vom Jugendchor<br />

„remember me“, bei der Gedenkfeier<br />

in Ternberg gehört und der Text hat<br />

mich nachher noch lange beschäftigt.<br />

Es geht um Flüchtlinge, die zu<br />

uns kommen und hier nicht gerade<br />

freundlich aufgenommen werden. „Es<br />

fangt genauso an, wie vor sechzig<br />

Jahr‘“, also in den 30er-Jahren, vor<br />

dem Zweiten Weltkrieg, lautet der<br />

Text in diesem Lied von STS. Das Lied<br />

ist 1992 auf CD erschienen, wirkt in<br />

der heutigen Zeit aber wieder aktu-<br />

eller denn je und könnte auch jetzt<br />

geschrieben worden sein.<br />

Und gerade deshalb, weil die gesellschaftlichen<br />

Rahmenbedingungen, die<br />

zu Angst, Abschottung und Hass in<br />

der Gesellschaft führen, immer wiederkehren,<br />

ist es wichtig, dass wir<br />

nicht vergessen, wozu so etwas führen<br />

kann. Nämlich dazu, dass Menschen<br />

nicht mehr als Menschen gesehen<br />

werden und in großem Stil diskriminiert,<br />

verfolgt und vernichtet werden.<br />

Als Katholische Jugend sehen wir unseren<br />

Auftrag einerseits im <strong>Erinnern</strong>,<br />

sei es bei der Befreiungsfeier Mauthausen,<br />

im Gedenkraum Ternberg<br />

oder bei der Gedenkfeier in Gallneukirchen,<br />

vor allem aber auch in unseren<br />

Begegnungen mit jungen Menschen.<br />

In unserem Leitbild steht: „Das Fördern<br />

von Gemeinschaft, Begegnung<br />

und Beziehung in unterschiedlichen<br />

Formen und Verbindlichkeiten ist und<br />

bleibt ein Grundanliegen in der Jugendarbeit,<br />

damit Angenommensein<br />

und die Liebe Gottes erfahrbar werden.“<br />

Denn Menschen, die selbst die<br />

Liebe Gottes und das Angenommensein<br />

in der Gemeinschaft erlebt haben,<br />

können dies weitertragen und im<br />

Sinne der Nächstenliebe handeln, um<br />

sich so „den paar“ entgegenzustellen<br />

und zu verhindern, dass es mehr werden<br />

und „derselbe Tanz“ wieder beginnt.<br />

Sarah Mayer<br />

Referentin <strong>kj</strong> oö Fachbereiche<br />

3


AUFARBEITUNG<br />

VS SCHLUSSSTRICH<br />

Aufarbeitung der Geschichte vs.<br />

„Schlussstrich“ – über die Notwendigkeit<br />

einer engagierten Erinnerungskultur<br />

und einer aktiven<br />

Gedenkarbeit.<br />

In Oberösterreich treffen wir heute<br />

auf viele Gedenkorte und auf eine<br />

lebendige und aktive Gedenkkultur,<br />

die von unterschiedlichen Säulen der<br />

Gesellschaft getragen wird und eine<br />

breite Basis findet. Das ist kein Zufall.<br />

Oberösterreich weist wie kein anderes<br />

Bundesland eine Dichte an Stätten<br />

der NS-Verfolgung auf. Mauthausen<br />

und etwa die Hälfte seiner über 40<br />

Außenlager befanden sich im Gebiet<br />

des heutigen Oberösterreich, genauso<br />

wie Schloss Hartheim, die einzige<br />

Gasmordanstalt an Menschen mit Behinderungen.<br />

In der Industrie und in<br />

der Landwirtschaft wurden zehntausende<br />

verschleppte ZwangsarbeiterInnen<br />

beschäftigt. Juden und Jüdinnen,<br />

Roma und Sinti sowie Menschen<br />

mit Behinderungen wurden verfolgt.<br />

Wir müssen nicht in Gedenkstätten<br />

fahren, um Spuren der NS-Zeit zu entdecken.<br />

Es genügt, dass wir uns an<br />

dem Ort umsehen, wo wir leben oder<br />

arbeiten.<br />

70 Jahre <strong>Gedenken</strong> und nun?<br />

Wir könnten nun sagen: Mehr als 70<br />

Jahre <strong>Gedenken</strong> sind genug. Ziehen<br />

wir einen Schlussstrich und konzentrieren<br />

wir uns ab jetzt auf Gegenwart<br />

und Zukunft. Wir würden dabei all das<br />

vergessen, was wir in den letzten 70<br />

Jahren gelernt und gelebt haben und<br />

worin sich unsere Gesellschaft (hoffentlich)<br />

entwickelt hat. Ob es uns<br />

gefällt oder nicht: Die Geschichte<br />

des Nationalsozialismus, besser gesagt<br />

die Beschäftigung damit, ist ein<br />

zentraler Bestandteil davon, wie wir<br />

heute unsere Gesellschaft und unser<br />

Verständnis von Demokratie und<br />

Menschenrechten definieren. Es würde<br />

nicht funktionieren, einfach nur zu<br />

sagen, wir haben alles aufgearbeitet,<br />

die nachfolgenden Generationen müssen<br />

sich daher nicht mehr damit beschäftigen.<br />

Wie sieht die Zukunft der Erinnerung<br />

aus?<br />

Gedenkarbeit verändert sich stetig.<br />

<strong>Gedenken</strong> sah in den 1960ern anders<br />

aus als heute und wird wiederum auch<br />

in 10 Jahren anders aussehen. Und<br />

es ist auch gut so. Wenn wir für uns<br />

glauben, dass wir die ideale Form des<br />

© Sommerwerkstatt<br />

Bei der 1. Internationalen Sommerwerkstatt 2015 suchten Jugendliche aus Deutschland und Österreich neue Wege, um<br />

die Öffentlichkeit auf wiedergefundene Urnen von KZ-Häftlingen am Steyrer Urnenfriedhof aufmerksam zu machen. Die<br />

Jugendlichen ließen über der Stadt 1.000 schwarze Luftballons steigen.<br />

4


<strong>Gedenken</strong>s gefunden haben, die von<br />

nun an für alle Zeit gültig sein wird,<br />

dann haben wir quasi einen Schlussstrich<br />

gezogen. Jede Generation muss<br />

ihren eigenen Weg zum <strong>Gedenken</strong> finden.<br />

Das bedeutet zugleich auch die<br />

Entwicklung von neuen Zugängen des<br />

<strong>Gedenken</strong>s, die sich über neue Formen<br />

und Gedenkrituale ausdrücken.<br />

In Zukunft wird <strong>Erinnern</strong> und <strong>Gedenken</strong><br />

dezentraler stattfinden. Große<br />

Gedenkstätten wie Mauthausen und<br />

Hartheim bleiben weiterhin viel besuchte<br />

und wichtige Orte. Wir werden<br />

große Gedenkstätten besuchen<br />

und uns dort Fragen stellen, die wir<br />

nach Hause tragen und versuchen,<br />

diese in unserem direkten Umfeld zu<br />

beantworten. Aufgrund des zeitlichen<br />

Abstands und der gelebten Migration<br />

inner- und außerhalb Oberösterreichs<br />

werden wir uns seltener fragen, was<br />

die eigene Familie in der NS-Zeit erlebt<br />

hat. Wir wollen vermehrt die<br />

Geschichte des Ortes, des eigenen<br />

Hauses oder der Firma, in der man arbeitet,<br />

erforschen. Wir entdecken die<br />

große Geschichte im Kleinen.<br />

Gedenkarbeit muss aktiv sein. Gedenkorte<br />

zu definieren und einzurichten ist<br />

ein wichtiger Schritt. Darauf folgt der<br />

schwerste Teil der Erinnerungsarbeit:<br />

Wie erreicht man, dass diese Gedenkorte<br />

auch wahrgenommen und beachtet<br />

werden? Hierbei soll es auch keine<br />

Scheu vor unkonventionellen Zugängen<br />

zum <strong>Gedenken</strong> geben. Umso<br />

wichtiger werden hierbei kleine Gedenkinitiativen,<br />

genauso wie die neuen<br />

Medien. Das <strong>Gedenken</strong> wird digital.<br />

Bei all dieser Veränderung soll <strong>Gedenken</strong><br />

eines bleiben: Individuell mit dem<br />

Menschen im Mittelpunt. Denn Gedenkorte<br />

alleine erinnern nicht, es benötigt<br />

Menschen, die erinnern.<br />

Martin Hagmayr<br />

Museum Arbeitswelt Steyr, Abteilung<br />

Vermittlung & Kommunikation, Mitglied<br />

des Mauthausen Komitee Steyr<br />

5


GEDENKORTE IN<br />

OBERÖSTERREICH<br />

Wels<br />

(Jüdisches Mahnmal am Friedhof)<br />

Alkoven<br />

(Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim,<br />

Gedenkstätte - Tötungsanstalt Hartheim)<br />

Auf dieser Karte sind jene Orte eingezeichnet,<br />

an denen im Jahr 2016 Gedenkfeiern<br />

stattfinden, die über das<br />

Programm des Mauthausen Komitees<br />

Österreich beworben werden. Genauere<br />

Infos über die Veranstaltungen<br />

gibt es unter folgendem Link:<br />

H www.mkoe.at/sites/default/files/<br />

files/aktuelles/Programm-I-Aussendung-2016-Stand-Jaenner-2016.pdf<br />

Braunau<br />

(Mahnstein gegen Krieg und<br />

Faschismus in der Salzburger<br />

Vorstadt/Hitler-Geburtshaus)<br />

Pichl bei Wels<br />

(Gedenkzeichen am Friedhof,<br />

„Fremdvölkisches Kinderheim“)<br />

Bachmanning<br />

(Gedenktafel am Gemeindeamt/<br />

KZ-Außenlager)<br />

Haigermoos – St. Pantaleon<br />

(Erinnerungsstätte Lager Weyer,<br />

Moosachstraße/Arbeitserziehungsund<br />

Zigeuneranhaltelager)<br />

Redl-Zipf<br />

(Denkmal bei der Kirche in<br />

Zipf/KZ-Außenlager)<br />

Vöcklabruck<br />

(Denkmal Bezirkssporthalle)<br />

Lenzing<br />

(Denkmal/KZ-Außenlager)<br />

Das Mauthausen Komitee<br />

ist Organisatorin zahlreicher Gedenkfeiern, vor allem<br />

im ehemaligen KZ-Mauthausen und den Nebenlagern.<br />

Es ist die Nachfolgeorganisation der Lagergemeinschaft<br />

Mauthausen und hat zum Ziel das <strong>Gedenken</strong><br />

an die ehemaligen KZ-Häftlinge zu bewahren. Dies<br />

geschieht auch durch eine engagierte antifaschistische<br />

und antirassistische Arbeit vor allem mit jungen<br />

Menschen.<br />

Attnang-Puchheim<br />

(Denkmal am Bahnhof)<br />

Eben<br />

(Ged<br />

6


m,<br />

im)<br />

Linz, Pfarre Marcel Callo,<br />

Schörgenhubstraße 39<br />

(<strong>Gedenken</strong> an den Widerstandskämpfer und<br />

Märtyrer Marcel Callo)<br />

Gallneukirchen<br />

(Mahnmal für den Frieden, Anton-Riepl-Straße -<br />

„Mühlviertler Hasenjagd“)<br />

Gusen, KZ-Gedenkstätte<br />

(Gedenkstollen „Bergkristall“)<br />

Ried in der Riedmark<br />

(Gedenkstein zur<br />

„Mühlviertler Hasenjagd“)<br />

Mauthausen<br />

(KZ-Gedenkstätte)<br />

Linz, Lunzerstraße 74<br />

(Gedenkstätte KZ-Außenlager - Linz III)<br />

Ansfelden, Kremsbrücke<br />

(Erinnerung an die Todesmärsche)<br />

Gunskirchen<br />

(ehem. KZ-Friedhof/KZ-Außenlager)<br />

Steyr<br />

(Denkmal am jüdischen Friedhof)<br />

(Stollen der Erinnerung/KZ-Außenlager, Zwangsarbeit)<br />

(KZ-Denkmal Haagerstraße/KZ-Außenlager)<br />

Ebensee<br />

(Gedenkstätte/KZ-Außenlager)<br />

Weyer<br />

(Gedenkstätte Dipoldsau/<br />

KZ-Außenlager)<br />

Spital/Pyhrn<br />

(Gedenktafel bei der Kirche<br />

St. Leonhard/“Fremdvölkisches<br />

Kinderheim“)<br />

Ternberg<br />

(Gedenkraum in der Pfarrbaracke/<br />

KZ-Außenlager)<br />

Oberösterreichgrenze<br />

Dekanatsgrenze<br />

<strong>kj</strong> Regionsgrenze<br />

7


DER GEDENKRAUM IN TERNBERG …<br />

WIE ALLES BEGANN …<br />

Man kann die schrecklichen Taten des<br />

NS-Regimes nicht ungeschehen machen<br />

– aber unvergessen!<br />

In Ternberg befand sich in der NS-Zeit<br />

ein Außenlager des KZ Mauthausen<br />

mit einer höchsten Belegungsstärke<br />

von 408 Mann. Die Häftlinge wurden<br />

damals für den Kraftwerks- und den<br />

Straßenbau eingesetzt. Das einzige<br />

noch existierende Gebäude des Lagers,<br />

die ehemalige Küchenbaracke,<br />

fungiert nun als Veranstaltungszentrum<br />

der Pfarre Ternberg und ist unter<br />

dem Namen „Pfarrbaracke“ bekannt.<br />

Erste Ideen und Entwürfe für den<br />

Gedenkraum Ternberg sind noch mit<br />

Harald Fartacek (ehem. Abteilungsleiter<br />

Fachstelle Regionale Jugendarbeit)<br />

entwickelt worden, bevor mein<br />

damaliger Jugendleiter-Kollege Klaus<br />

Peter Grassegger und ich im Rahmen<br />

des Projektes „72 Stunden ohne<br />

Kompromiss“ den Gedenkraum mit<br />

45 Jugendlichen errichteten. Im Keller<br />

der Pfarrbaracke wurde dafür ein<br />

Raum völlig entrümpelt und komplett<br />

saniert.<br />

Ziel unseres Projektes war es, mit<br />

Jugendlichen einen Gedenkraum in<br />

der Baracke zu gestalten, der an die<br />

schreckliche und qualvolle Zeit erinnert<br />

und gleichzeitig ein öffentliches<br />

Denkmal zu schaffen. Das Außenlager<br />

sollte ins Bewusstsein gerückt werden<br />

und durch die intensive Auseinandersetzung<br />

mit dem Thema sollte auch<br />

dem Vergessen von nationalsozialistischen<br />

Verbrechen und den Schicksalen<br />

der Opfer entgegengewirkt werden.<br />

Für den historischen Hintergrund<br />

stand uns der Historiker Dr. Adolf<br />

Brunnthaler, Leiter des Mauthausen<br />

Komitees Dipoldsau / Weyer, kompetent<br />

zur Verfügung. Der Gedenkraum<br />

in Ternberg ist wichtig, da er eine<br />

Brücke in die Vergangenheit schlagen<br />

soll, um der Opfer zu gedenken und<br />

den heutigen sowie zukünftigen Generationen<br />

die Chance zu geben, die<br />

Geschichte von Ternberg aus einem<br />

anderen Blickwinkel zu betrachten.<br />

Seit 2008 findet jährlich eine Gedenkfeier<br />

statt, die von der Katholischen<br />

Jugend mit vielen Jugendlichen und<br />

jungen Erwachsenen getragen wird<br />

und an das große Leid jener Menschen,<br />

die in der Zeit des Nationalsozialismus<br />

im KZ-Außenlager Ternberg<br />

interniert waren, erinnern möchte.<br />

Besuchsmöglichkeit des Gedenkraumes<br />

jederzeit unter telefonischer<br />

Voranmeldung möglich.<br />

Reinhard Fischer T 0676 8776 3305<br />

Anita Buchberger T 0676 8776 5716<br />

Anita Buchberger<br />

Jugendleiterin im Dekanat Weyer<br />

8


ZUM:VERGEHEN:ERINNERN<br />

Der Katholischen Jugend der Region<br />

Ennstal war es ein Anliegen,<br />

anlässlich des 70-jährigen <strong>Gedenken</strong>s<br />

an das Kriegsende insbesondere<br />

an die Todesmärsche durch<br />

das Ennstal zu erinnern. Aus diesem<br />

Grund widmeten wir uns im Arbeitsjahr<br />

2014/15 dem Friedensprojekt<br />

„zum:verGEHEN:erinnern“. Mit diesem<br />

Projekt wollten wir neben dem<br />

<strong>Gedenken</strong> der Opfer aufzeigen, dass<br />

uns Gewaltfreiheit, Zivilcourage und<br />

Eintreten gegen jeglichen Extremismus<br />

wichtig sind.<br />

Wir klärten nicht nur historische Fakten,<br />

mit welchen wir unseren bestehenden<br />

Gedenkraum in der Pfarrbaracke<br />

Ternberg erweiterten, sondern<br />

wir machten mit verschiedensten<br />

Aktionen auf dieses wichtige Thema<br />

aufmerksam. Am 12. April 2015 wurden<br />

an 10 verschiedenen Standorten<br />

entlang der Enns, von Kleinreifling bis<br />

nach Mauthausen, Lichterfeiern veranstaltet.<br />

Während dieser Feiern wurden<br />

Schwimmkerzen in die Enns gesetzt,<br />

welche an die zahlreichen Opfer<br />

der Todesmärsche erINNERN sollten.<br />

Darüber hinaus wurde aufgezeigt,<br />

dass das Thema Todesmarsch in der<br />

heutigen Zeit nach wie vor aktuell ist.<br />

Neben dem erINNERN war ein Teil<br />

unseres Friedensprojektes das er-<br />

FAHREN. Hiermit sind 9 gekrümmte<br />

Holzfiguren gemeint. Diese wurden<br />

von April bis Oktober entlang der<br />

Eisenbundesstraße 115 an verschiedenen<br />

Orten aufgestellt. Sie sollten<br />

Vorbeikommende aufmerksam machen<br />

und zum Nachdenken anregen.<br />

Diese imposanten Figuren wurden von<br />

SchülerInnen der PTS Großraming<br />

gefertigt. Weitere Highlights unseres<br />

Projektes stellten die ZeitzeugInnen-<br />

Gespräche dar. Hierzu durften auch<br />

Jugendliche mitgehen, die gespannt<br />

die Erzählungen der erschütternden<br />

Erlebnisse der alten Generation in ihren<br />

Gemeinden verfolgten.<br />

Den krönenden Abschluss unseres<br />

Friedensprojektes stellte die jährlich<br />

stattfindende Gedenkfeier in der<br />

Pfarrbaracke Ternberg dar. Während<br />

der Gedenkfeier wurde das von Robert<br />

Buchberger geschmiedete Mahnmal<br />

von Altbischof Ludwig Schwarz<br />

gesegnet. Dieses Mahnmal erinnert<br />

an die Todesmärsche.<br />

Weitere interessante Details und Fotos<br />

sind auf unserem Blog zu finden:<br />

H friedensprojekt.wordpress.com<br />

Lisa Infanger<br />

Ehrenamtliche Mitarbeiterin in der<br />

Region Ennstal<br />

9


WAS HAT DAS ALLES MIT MIR ZU TUN?<br />

EIN BESUCH IN DER GEDENKSTÄTTE DES EHEMALIGEN<br />

KONZENTRATIONSLAGERS MAUTHAUSEN<br />

Mit einer Schulklasse stehe ich als<br />

Mauthausen-Guide vor der Klagemauer<br />

im ehemaligen Konzentrationslager<br />

Mauthausen. Ich erzähle vom Tagesablauf<br />

der Menschen, die im KZ gefangen<br />

waren und schildere, welchen<br />

herabwürdigenden und menschenverachtenden<br />

Gräueltaten der SS die<br />

Häftlinge hier ausgesetzt waren. Als<br />

wir weitergehen, höre ich ein junges<br />

Mädchen hinter mir, wie sie sich selbst<br />

laut die Frage stellt: „Eh voll schlimm,<br />

aber was hat das mit mir zu tun?“<br />

Genau das ist der Punkt, genau hier<br />

müssen wir ansetzen! Unser Auftrag<br />

ist es, nicht alleine nur davon zu erzählen,<br />

was an diesem Ort passiert<br />

ist, sondern auch Jugendliche zum<br />

Nachdenken zu bringen, was sie heute<br />

tun können, um dem heutigen Hass<br />

und der jetzigen Missgunst entgegenzuwirken.<br />

Wir versuchen, die Jugendlichen dort<br />

abzuholen, wo sie stehen. Wir versuchen,<br />

Anknüpfungspunkte in ihrem<br />

Leben zu finden, wie z. B., dass jeder<br />

Mensch einzigartig ist und dies auch<br />

durch Musik, Livestyle, Mode und Frisuren<br />

zum Ausdruck gebracht werden<br />

kann. Genau das hat man den Häftlingen<br />

in Mauthausen genommen. Man<br />

hat sie gebrochen, durch das Rasieren<br />

der Köpfe alle gleich gemacht und sie<br />

entmenschlicht.<br />

Beim Rundgang durch das ehemalige<br />

KZ-Gelände gibt es viele Stationen,<br />

an denen ich einen Gegenwartsbezug<br />

herstelle. Immer wieder spreche ich<br />

den Appell aus, dass wir alle durch<br />

unser Handeln dafür verantwortlich<br />

sind, wie unsere Welt morgen aussehen<br />

wird. Und wenn es nur ein ehrliches,<br />

freundliches Lächeln ist, das wir<br />

einem Menschen schenken.<br />

Alle Guides des Mauthausen Komitees<br />

arbeiten ehrenamtlich, da es uns ein<br />

persönliches Anliegen ist. Es gibt auch<br />

die Möglichkeit, sich die Gedenkstätte<br />

alleine mit einem Audio-Guide anzusehen.<br />

Jedoch bei Fragen, die sich an<br />

diesem Ort mit Sicherheit stellen werden,<br />

bleibt der Audio-Guide stumm. Es<br />

besteht auch die Möglichkeit, themenzentriert<br />

Begleitungen zu buchen. Die<br />

Themen sind - um hier nur einige Beispiele<br />

zu nennen: Kinder und Jugendliche<br />

im KZ-Mauthausen, die Mühlviertler<br />

Hasenjagd, der Steinbruch.<br />

Mehr dazu findet ihr auf der Homepage:<br />

H www.mauthausen-guides.at<br />

Waltraud Eberharter<br />

Mauthausen-Guide<br />

© Waltraud Eberharter<br />

10


„KRIEG KOMMT VON KRIEGEN,<br />

ABER WER KRIEGT AM ENDE WIRKLICH WAS?“<br />

(ACHIM SCHMIDTMANN)<br />

Dieses Zitat stimmte die Jugendlichen<br />

der KJ Gallneukirchen ziemlich nachdenklich.<br />

So ließen sie sich nicht lange<br />

bitten, um mit einem Jugendbeitrag<br />

an der jährlichen Gedenkfeier in Gallneukirchen<br />

mitzuwirken.<br />

Ein Mahnmal für den Frieden soll in<br />

Gallneukirchen an die grausamen Taten<br />

im Jahre 1945 erinnern. Eine Hatz<br />

auf Menschen fand unter der SS-Parole<br />

„schießt sie ab wie die Hasen“ statt,<br />

bei der viele KZ-Häftlinge Fluchtversuche<br />

wagten und sich auf den Weg<br />

ins Mühlviertel machten, um dem erbarmungslosen<br />

Regime der Nationalsozialisten<br />

zu entkommen.<br />

Die ARGE Mauthausenkomitee Gallneukirchen<br />

gestaltet jedes Jahr diese<br />

mahnende Feier, heuer unter dem<br />

Thema „Heimat-los“. Auf der Flucht<br />

sein, sich auf dem Weg ins Ungewisse<br />

befinden, das ist leider keine Unbekannte<br />

für viele Menschen auf unserem<br />

Planeten. Nun betrifft es Europa,<br />

nur stehen wir im Vergleich zu 1945<br />

auf der anderen Seite der Medaille.<br />

Wir sind diejenigen, die Schutz vor<br />

Gewalt, Angst und Heimatlosigkeit<br />

bieten können. Hilfe leisten, Solidarität<br />

und Zivilcourage zeigen, gehört zu<br />

den wesentlichen Dingen, womit wir<br />

helfen können.<br />

Was bedeutet eigentlich Krieg? Was<br />

erleben Menschen, die in Gebieten leben,<br />

wo Frieden ein Wunschgedanke<br />

ist? Wieviel Angst und Trauer muss<br />

wohl in ihnen schlummern? Wie kann<br />

jeder Einzelne Hilfe leisten und was<br />

passiert eigentlich nach dem Krieg? Es<br />

ist ein Neubeginn, der Erinnerungen<br />

mit sich bringt, die man so leicht nicht<br />

vergessen kann. Überwiegt dann trotz<br />

alledem die Erleichterung?<br />

Die Jugendlichen der KJ Gallneukirchen<br />

haben sich mit all diesen Fragen<br />

auseinandergesetzt und dies in<br />

eine szenische Darstellung verpackt,<br />

die alle Besucherinnen und Besucher<br />

der Ge-denk-feier hoffentlich zum<br />

Nachdenken brachte und in Erinnerung<br />

rufen soll, wie wichtig Solidarität<br />

ist.<br />

Martina Radlgruber<br />

Jugendleiterin im Dekanat<br />

Gallneukirchen Ost<br />

© Waltraud Eberharter<br />

11


DURCHFÜHRUNG EINER GEDENKFEIER<br />

Eine Gedenkfeier muss nicht an etablierten<br />

Gedenkorten stattfinden. Oft<br />

finden sich auch in unserer unmittelbaren<br />

Umgebung Orte, an denen in<br />

der NS-Zeit tragische Ereignisse stattgefunden<br />

haben – ein Waldstück, ein<br />

Flussufer oder ein Platz in der Heimatgemeinde.<br />

Ist eine Gedenkfeier für die<br />

Öffentlichkeit gedacht, müssen natürlich<br />

die behördlichen Vorgaben erfüllt<br />

werden. Informationen dazu erhält<br />

man am zuständigen Gemeindeamt.<br />

Es ist aber durchaus möglich und zielführend,<br />

eine Gedenkfeier im kleinen<br />

Kreis abzuhalten – z. B. mit der Jugendgruppe.<br />

Entscheidend ist, dass<br />

nicht nur der Vergangenheit gedacht<br />

wird, sondern auch ein Bezug zur Gegenwart<br />

hergestellt wird.<br />

Der folgende Praxis-Vorschlag einer<br />

Gedenkfeier wurde in der Region<br />

Ennstal anlässlich der Lichterfeiern<br />

zur Erinnerung an die Todesmärsche<br />

entwickelt und am 12. April 2015 an<br />

10 verschiedenen Orten entlang der<br />

Enns verwirklicht. Die ausgewählten<br />

Texte und Vorschläge eignen sich jedoch<br />

auch für eine Gedenkfeier an anderen<br />

Orten.<br />

Kreuzzeichen<br />

Kurze Erklärung, worum es geht<br />

• An welches Ereignis wird erinnert<br />

• Kurze Darstellung von historischen<br />

Fakten<br />

• Worin besteht das Anliegen jener,<br />

die die Gedenkfeier initiieren<br />

• Ev. Zitate aus den Chroniken der<br />

jeweiligen Gemeinde oder von<br />

ZeutzeugInnen – falls vorhanden<br />

Überleitung<br />

Wir wollen heute nicht nur an die<br />

Gräueltaten aus der Vergangenheit<br />

denken, sondern auch anregen, aus<br />

der Geschichte zu lernen und uns<br />

Gedanken darüber machen, wie wir<br />

JETZT UND HEUTE zum Frieden in dieser<br />

Welt beitragen können.<br />

Gebet<br />

Unsere Welt leidet am Krieg. Sie leidet<br />

an Unmenschlichkeit und Lieblosigkeit.<br />

Sie leidet an jedem Schlag, an<br />

jedem Schuss, an jeder Bombe.<br />

Wir betrachten die Wunden mit Angst<br />

und Sorge, haben Angst, dass sie sich<br />

ausbreiten, anstatt zu heilen, und<br />

spüren auch, dass wir diese Wunden<br />

mitzuverantworten haben.<br />

Austausch in Kleingruppen zu folgenden<br />

Impulsfragen<br />

• Welche „Wunden“ unserer Welt<br />

gehen mir besonders nahe oder<br />

machen mir Angst?<br />

• Welchen Beitrag leiste ich zum<br />

Frieden?<br />

• Was gibt mir Hoffnung auf eine<br />

friedlichere Welt?<br />

Glaubensbekenntnis<br />

Ich glaube an Gott, der die Liebe ist<br />

und der die Erde allen Menschen geschenkt<br />

hat.<br />

Ich glaube nicht an das Recht des<br />

Stärkeren,<br />

an die Stärke der Waffen,<br />

an die Macht der Unterdrückung.<br />

Ich glaube an Jesus Christus,<br />

der gekommen ist, uns zu heilen,<br />

und der uns aus allen tödlichen Abhängigkeiten<br />

befreit.<br />

Ich glaube nicht, dass Kriege unvermeidbar<br />

sind,<br />

dass Friede unerreichbar ist.<br />

12


Ich glaube nicht, dass Leiden umsonst<br />

sein muss,<br />

dass der Tod das Ende ist,<br />

dass Gott die Zerstörung der Erde gewollt<br />

hat.<br />

Ich glaube, dass Gott für die Welt eine<br />

Ordnung will,<br />

die auf Gerechtigkeit und Liebe gründet,<br />

und dass alle Männer und Frauen<br />

gleichberechtigte Menschen sind.<br />

Ich glaube an Gottes Verheißung<br />

eines neuen Himmels und einer neuen<br />

Erde,<br />

wo Gerechtigkeit und Frieden sich<br />

küssen.<br />

Ich glaube an die Schönheit des Einfachen,<br />

an die Liebe mit offenen Händen,<br />

an den Frieden auf Erden.<br />

Amen.<br />

Ökumenische Weltversammlung 1990<br />

in Seoul<br />

Aktion<br />

• Einen Kranz (gemeinsam) oder<br />

Blumen (einzeln) niederlegen<br />

• Kerzen entzünden<br />

• Selbst eine kreative Idee entwickeln<br />

Singen „Shalom Aleichem“ (LQ Nr. 91)<br />

Fürbitten<br />

Lasst uns beten zum Gott und Vater<br />

aller Menschen, der die Welt zum Frieden<br />

führen kann:<br />

• Für alle Opfer der NS-Zeit, dass<br />

ihr Leiden nicht umsonst war,<br />

sondern für uns, und uns immer<br />

wieder bewusst vor Augen geführt<br />

wird, wie wichtig es ist, sich<br />

für Frieden einzusetzen.<br />

• Wir bitten für uns alle, dass wir<br />

keinem unsere Stimme geben,<br />

der sich für gewaltsame oder<br />

kriegerische Lösungen einsetzt<br />

und sie gutheißt.<br />

• Gib den Regierenden hier in unserem<br />

Land und in aller Welt den<br />

Willen, Konflikte und Spannungen<br />

ohne Gewalt zu lösen. Schenke<br />

den Völkern, die unter Krieg, Ungerechtigkeit<br />

und Terror leiden,<br />

Versöhnung und Frieden.<br />

• Für die unschuldigen Menschen,<br />

die wie in Syrien unter gewaltsa-<br />

men Systemen zu leiden haben,<br />

dass die Weltgemeinschaft ihnen<br />

auf friedlichem Weg zu Hilfe<br />

kommt.<br />

• Für alle Opfer von Krieg und Gewalt,<br />

dass sie uns durch ihren<br />

Verzicht auf Rache und durch<br />

ihre Versöhnungsbereitschaft<br />

zum Zeichen des Friedens Gottes<br />

werden.<br />

• In Stille beten wir für das, was unser<br />

Herz bewegt.<br />

Stille<br />

Kreuzzeichen<br />

Dieser Feier-Vorschlag wurde von Anita<br />

Buchberger, Ursula Stöckl, Lisa Infanger,<br />

Sarah Mayer und Reini Fischer<br />

erarbeitet.<br />

Reini Fischer<br />

Regionskoordinator <strong>kj</strong> oö in den<br />

Regionen Ennstal und Kremstal<br />

13


VERMITTLUNGSBOX<br />

DENK.STATT JOHANN GRUBER<br />

Dr. Joha nn Gruber (1889-1944) hier<br />

vorzustellen, würde den Rahmen dieses<br />

Heftes sprengen. Der Priester,<br />

Lehrer und Widerstandskämpfer wurde<br />

1940 ins KZ Gusen eingeliefert, wo<br />

er mittels eines versteckten Hilfswerkes<br />

vielen Häftlingen das Leben rettete.<br />

Als diese Hilfeleistungen aufflogen,<br />

wurde er am 7. April 1944 ermordet.<br />

Erst im Jänner 2016 wurde das NS-<br />

Unrechtsurteil gegen ihn vollständig<br />

aufgehoben.<br />

Schon seit Jahren ist es ein Anliegen<br />

des Papa-Gruber-Kreises in St. Georgen/Gusen,<br />

den Opfern der Lager<br />

von Gusen zu gedenken und Gruber<br />

einer breiten Öffentlichkeit bekannter<br />

zu machen; auch durch die Vermittlungsbox<br />

Denk.Statt Johann Gruber.<br />

Sie wurde speziell für den Schulgebrauch<br />

und für Workshops mit Jugendlichen<br />

erstellt. Sie besteht aus<br />

fünf reichhaltig mit Material ausgestatteten<br />

Modulen, die sich mit der<br />

NS-Zeit allgemein, mit Biographien<br />

von KZ-Häftlingen und ZeitzeugInnenberichten,<br />

mit Denkmälern als Teil der<br />

Erinnerungskultur, St. Georgen in der<br />

NS-Zeit und mit der aus der Vergangenheit<br />

für uns entstehenden Verantwortung<br />

befassen. Bilder, Landkarten<br />

und Bücher vervollständigen die Box<br />

und in einem Gästebuch kann sich<br />

die Schulklasse oder Firmgruppe verewigen.<br />

Es gibt eine Anleitung zum<br />

Gebrauch der Materialien, allerdings<br />

können diese auch ganz frei nach eigenem<br />

Gutdünken verwendet werden.<br />

Ich habe die Vermittlungsbox schon<br />

einige Male in Workshops eingesetzt.<br />

Gerade geschichtsinteressierte Jugendliche<br />

sind von der Box und der<br />

Fülle an Materialien begeistert. Allerdings<br />

habe ich erlebt, dass unter<br />

14-Jährige mit der Thematik und der<br />

Box überfordert waren. Als Workshopleiter/in<br />

sollte man sich die Box<br />

ca. eine Woche vor dem Einsatz holen,<br />

um sich mit ihr vertraut zu machen.<br />

Weitere Infos unter:<br />

H www.johann-gruber.at<br />

Verleihstellen:<br />

Medienverleih der Diözese Linz<br />

Kapuzinerstr. 84, 4020 Linz<br />

0732/7610-3883<br />

medienverleih@dioezese-linz.at<br />

EDUCATION GROUP<br />

Anastasius-Grün-Str. 22-24, 4020 Linz<br />

0732/788078, office@edugroup.at<br />

Marktgemeindeamt St. Georgen/<br />

Gusen<br />

Marktplatz 12, 4222 St. Georgen/Gusen<br />

07237/2255<br />

gemeinde@st-georgen-gusen-ooe.gv.at<br />

Andreas Haider<br />

Jugendleiter im Dekanat Pregarten<br />

© Werner Dedl<br />

14


DAS ZEITZEUGINNEN-GESPRÄCH<br />

Wer ist eine Zeitzeugin, ein Zeitzeuge?<br />

Bei einer Zeitzeugin/einem<br />

Zeitzeugen ist eine Person gemeint,<br />

die ein Ereignis, eine Entwicklung oder<br />

einen Vorgang in der Vergangenheit<br />

selbst bewusst erlebt hat. Dabei müssen<br />

ZeitzeugInnen in der Zeit, über<br />

die sie berichten, keine besondere<br />

Stellung innegehabt haben. Es wird<br />

erfahrbar, was Menschen in einer bestimmten<br />

Zeit geprägt und in ihrem<br />

Handeln motiviert hat.<br />

Die Befragung von ZeitzeugInnen<br />

nennt man auch Oral History. Ein<br />

ZeitzeugInnen-Interview ist eine geplante<br />

und vorbereitete Befragung einer<br />

Person und eine historische Quelle.<br />

Die Aussagen von den Befragten<br />

müssen auch immer kritisch hinterfragt<br />

und geprüft werden, denn sie<br />

sind subjektiv und durch persönliche<br />

Lebenserfahrungen geprägt, ebenso<br />

können Erinnerungen lückenhaft sein.<br />

Es geht darum, wie sich ein Mensch<br />

aus heutiger Sicht an erlebte, vergangene<br />

Ereignisse erinnert.<br />

Ein ZeitzeugInnen-Interview besteht<br />

aus drei Phasen: Vorbereitung,<br />

Durchführung und Auswertung.<br />

Vor dem Interview findet ein Vorgespräch<br />

mit der Zeitzeugin/dem Zeitzeugen<br />

statt, indem der Ablauf geklärt<br />

wird. Es ist wichtig, dass sich<br />

die befragte Person mental auf das<br />

Interview vorbereiten kann. Zu klären<br />

ist der Ablauf des Interviews hinsichtlich<br />

der Zeit und des Ortes und<br />

wie das Gespräch dokumentiert wird.<br />

Man sollte auch unbedingt das Einverständnis<br />

der Zeitzeugin/des Zeitzeugen<br />

einholen, wenn das Gespräch<br />

aufgezeichnet wird.<br />

Die Jugendlichen (optimale Gruppengröße<br />

ca. 5 Personen) sollten inhaltlich<br />

auf das Interview vorbereitet<br />

werden und die Fragen im Vorfeld<br />

erarbeiten und aufschreiben. Eine gewisse<br />

Kenntnis des historischen Hintergrunds<br />

sollte vorhanden sein. Beim<br />

Interview selbst ist für eine angenehme<br />

Atmosphäre und Ruhe zu sorgen.<br />

Ebenso muss darauf geachtet werden,<br />

dass es „offen gestellte Fragen“ sind,<br />

die die Zeitzeugin/den Zeitzeugen<br />

zum <strong>Erinnern</strong> anregen - keine Ja-Nein<br />

Fragen. Das Interview sollte mit einem<br />

Aufnahmegerät aufgenommen<br />

werden. Ein zusätzliches Protokoll ist<br />

ratsam, um Besonderheiten (emotionale<br />

Momente, Körpersprache…) zu<br />

erfassen.<br />

Das Gespräch sollte nicht länger als<br />

eine Stunde dauern. Für die Auswertung<br />

muss das aufgenommene Material<br />

transkribiert werden. Dazu gibt<br />

es eigene Transkriptionsregeln, bevor<br />

das Gesagte ausgewertet oder mit anderen<br />

Interviews verglichen werden<br />

kann.<br />

Wenn das Interview gut vorbereitet<br />

ist, ist die Durchführung kein Problem<br />

mehr! Ich wünsche Euch viele interessante<br />

Gespräche und gutes Gelingen!<br />

Material: Notizblock, Stift, Aufnahmegerät<br />

und Fotoapparat (Handy),<br />

Interviewleitfaden, evtl. kleines Dankeschön<br />

für ZeitzeugInnen.<br />

Anita Buchberger<br />

Jugendleiterin im Dekanat Weyer<br />

15


LITERATURTIPPS<br />

Mein Kampf - gegen Rechts.<br />

2016<br />

Gesicht Zeigen! (Hg.)<br />

Am 31. Dezember 2015 ist der Urheberrechtsschutz<br />

für Hitlers Hetzschrift<br />

„Mein Kampf“ erloschen. Das<br />

Buch, das den Ausgangspunkt für den<br />

Rassismus unserer Tage in sich trägt,<br />

darf wieder verlegt werden. Zu einem<br />

Zeitpunkt, der gefährlich ist: Pegida<br />

boomt, Flüchtlingsheime brennen und<br />

Terroranschläge werden von rechten<br />

Parteien genutzt, um Vorurteile und<br />

Hass zu schüren.<br />

„Mein Kampf – gegen Rechts“ hält der<br />

Neuauflage von Hitlers Hetzschrift elf<br />

starke Menschen entgegen.<br />

Menschen, die mit rechtem Gedankengut<br />

und rechter Gewalt zu kämpfen<br />

haben, und Menschen, die dagegen<br />

aufstehen. Ihre Berichte berühren, inspirieren<br />

und ermutigen dazu, selbst<br />

mitzukämpfen – gegen die drohende<br />

rechte Schieflage unserer Gesellschaft.<br />

Die heimliche Fahne:<br />

Junge ChristInnen im Widerstand<br />

gegen den Nationalsozialismus.<br />

2007<br />

Katholische Jugend OÖ (Hg.),<br />

Heribert Wenninger (Autor)<br />

Heribert Wenninger fand am 23. August<br />

1953 im Alter von dreißig Jahren<br />

auf dem Traunstein einen frühen<br />

Bergtod. Er hinterließ das Manuskript<br />

eines Romans, in dem er sein Leben<br />

in der Gemeinschaft junger Menschen<br />

vom Jahre 1937 bis in das vorletzte<br />

Jahr des Zweiten Weltkrieges schildert.<br />

Er hatte nicht mehr die Möglichkeit,<br />

das Manuskript zu vollenden und<br />

den Aufbruch der Katholischen Jugend<br />

in der wiedergewonnenen Freiheit des<br />

Jahres 1945 in seinen Roman miteinzubeziehen.<br />

Der packende Roman<br />

über Wahrheit, Wahrhaftigkeit, Kampf<br />

und Glaubenskraft wurde anlässlich<br />

des 60-jährigen Bestehens der Katholischen<br />

Jugend neu aufgelegt und mit<br />

informativen Rahmentexten ergänzt.<br />

Werkbrief: Rechtsextremismus<br />

auf dem Land. 2014<br />

Der Werkbrief der Katholischen Landjugendbewegung<br />

Bayern (kljb) macht<br />

Lust, sich gegen Rechtsextremismus<br />

und für Demokratie, gegen Rassismus<br />

und für Integration in jeder kleinen<br />

Gruppe und in jedem kleinen Ort zu<br />

engagieren! Dazu gibt es viele Materialien,<br />

kreative Methodenvorschläge,<br />

Aktionen und viele weitere Informationsquellen<br />

für den praktischen Einsatz<br />

in der Gruppe.<br />

Stephan Haigermoser<br />

Fachreferent <strong>kj</strong> Regionale Jugendarbeit,<br />

Servicestelle Forschung und Entwicklung<br />

16


VERANSTALTUNGSTIPPS<br />

Lern- und Gedenkort<br />

Schloss Hartheim<br />

Öffnungszeiten:<br />

Mo und Fr: 9.00 bis 15.00 Uhr,<br />

Di bis Do: bis 16.00 Uhr<br />

Sonn- und Feiertag: 10.00 bis 17.00<br />

Uhr, Samstag geschlossen<br />

Besonders empfehlenswert für Gruppen<br />

ist die Buchung eines Vermittlungsprogrammes,<br />

das es zu unterschiedlichen<br />

Themen und für eine<br />

Dauer von 2 - 4 Stunden gibt. Kosten<br />

für Ausstellungsbesuch und Vermittlungsprogramm<br />

ca. € 4,00 pro Person.<br />

Kontakt:<br />

Lern- und Gedenkort<br />

Schloss Hartheim<br />

SCHLOSSSTRASSE 1<br />

4072 ALKOVEN<br />

T 07274 6536-546<br />

E office@schloss-hartheim.at<br />

Gedenkraum Ternberg<br />

(siehe Seite 8)<br />

KZ-Gedenkstätte Mauthausen<br />

(siehe Seite 10)<br />

Stollen der Erinnerung, Steyr<br />

Öffnungszeiten:<br />

Jeden 2. Freitag 14.00 - 17.00 Uhr,<br />

Führungen: Jeden Samstag 15.00 Uhr<br />

Für Schul- und Jugendgruppen ab<br />

der 8. Schulstufe bietet das Museum<br />

Arbeitswelt spezielle pädagogische<br />

Programme im Stollen der Erinnerung.<br />

(Dauer: 2,5h | Kosten: € 4,00<br />

pro Person)<br />

Kontakt:<br />

Museum Arbeitswelt<br />

Wehrgrabengasse 7<br />

4400 Steyr<br />

T 07252 77351<br />

E office@museum-steyr.at<br />

H www.museum-steyr.at<br />

Zwangsarbeit im<br />

Nationalsozialismus<br />

12. Mai bis 18. Dezember 2016.<br />

Museum Arbeitswelt in Steyr<br />

Internationale Wanderausstellung -<br />

Weitere Informationen und Hinweise<br />

zum Rahmenprogramm (Vorträge,<br />

Exkursionen, Lesungen) :<br />

H www.ausstellung-zwangsarbeit.at<br />

und H www.museum-steyr.at<br />

Musikrundgang durch das<br />

jüdische und „braune“ Linz<br />

mit Herwig Strobl<br />

Termine:<br />

H www.herwigstrobl.net<br />

Für Gruppen jederzeit buchbar bei<br />

Herwig Strobl unter T 0664 4134038<br />

oder E herwigstrobl@gmx.at<br />

Befreiungsfeier Mauthausen<br />

15. Mai 2016, 9.00 Uhr ökumenischer<br />

Gottesdienst,<br />

10.00 Uhr internationale Befreiungsfeier<br />

am Apellplatz<br />

Übersicht über alle Gedenk- und Befreiungsfeiern<br />

2016:<br />

H www.mkoe.at/internationale-gedenk-befreiungsfeier-2016<br />

Aktuelle Veranstaltungshinweise und<br />

spannende Informationen zu aktuellen<br />

Ereignissen findet man im Newsletter<br />

des OÖ. Netzwerkes gegen<br />

Rassismus und Rechtsextremismus.<br />

Um in den Verteiler aufgenommen zu<br />

werden, reicht ein Mail an<br />

E Eiter.R@mail2u.at<br />

17


WAS TUN GEGEN<br />

RECHTSEXTREMISMUS ?<br />

© Antifa<br />

Interviewpartner Robert Eiter<br />

Sprecher des OÖ. Netzwerkes gegen<br />

Rassismus und Rechtsextremismus<br />

Robert Eiter vom OÖ. Netzwerk<br />

gegen Rassismus und Rechtsextremismus<br />

steht Rede und<br />

Antwort.<br />

cloud.book (c.b): Was ist das Netzwerk,<br />

dessen Sprecher du bist? Wie<br />

heißt es und was tut es?<br />

Robert Eiter (R.E.): Das Oberösterreichische<br />

Netzwerk gegen Rassismus<br />

und Rechtsextremismus - kurz Antifa-<br />

Netzwerk - existiert seit September<br />

2001. Es wurde damals im Bildungshaus<br />

Schloss Puchberg von 72 Leuten<br />

gegründet, die ein buntes Spektrum<br />

vertreten haben: 26 politische, gewerkschaftliche,<br />

kirchliche, kulturelle<br />

und humanitäre Organisationen. Die<br />

Zahl der Organisationen hat sich seither<br />

fast verdreifacht, und zwar auf<br />

75. Bei der Gründung wollten wir drei<br />

Ziele erreichen: Erstens denen, die in<br />

Oberösterreich antifaschistische und<br />

antirassistische Arbeit leisten, das Gefühl<br />

zu geben: „Ihr seid nicht allein!“.<br />

Zweitens alle Netzwerkorganisationen<br />

laufend über wichtige Ereignisse und<br />

Veranstaltungen zu informieren. Und<br />

drittens durch ein gemeinsames Auftreten<br />

gegenüber Politik, Behörden,<br />

Justiz und Medien die antifaschistische<br />

Bewegung auch objektiv zu stärken.<br />

All das ist gelungen, denke ich.<br />

c.b: Warum ist dir der Kampf gegen<br />

Rechtsextremismus und Rassismus<br />

ein so großes Anliegen?<br />

R.E.: Man könnte eine juristische<br />

Antwort geben: Weil das NS-Verbotsgesetz<br />

im Mai 1945 nicht zufällig das<br />

erste Gesetz der Zweiten Republik<br />

war. Denn der Nationalsozialismus<br />

ist die einzige Ideologie, die Österreich<br />

von der Landkarte gelöscht,<br />

einen Weltkrieg verschuldet und ein<br />

völkermordendes Terrorsystem errichtet<br />

hat. Heute treten wieder viele<br />

rechtsextreme und neonazistische<br />

Strömungen auf. Gegen sie müssen<br />

Demokratie und Menschenrechte verteidigt<br />

werden.<br />

c.b: Wie kann man vorbeugen, damit<br />

Jugendliche nicht rechtsextremen<br />

Strömungen verfallen?<br />

R.E.: Ich glaube, dass nur ein Zusammenwirken<br />

verschiedener gesellschaftlicher<br />

Institutionen nachhaltige<br />

Erfolge erzielen kann, also von antifaschistischen<br />

Organisationen, Gewerkschaften,<br />

Kirchen, Medien, demokratischen<br />

Parteien, Schulen und<br />

so weiter. Unser Netzwerk tut sein<br />

Bestes für dieses Zusammenwirken.<br />

Leider leben wir in einer Zeit, in der<br />

durch gesellschaftliche Krisen und<br />

Umbrüche Rassismus und Rechtsextremismus<br />

wieder auf dem Vormarsch<br />

sind.<br />

c.b: Was kann man tun, wenn man im<br />

© Jenny Them - jugendfotos.de<br />

18


Wirtshaus sitzt und jemand am Nebentisch<br />

sich rassistisch oder rechtsextrem<br />

äußert?<br />

R.E.: Ganz wesentlich ist, ob man die<br />

Personen kennt und dadurch ein vernünftiges<br />

Gespräch beginnen kann.<br />

Ich halte nicht viel davon, auf den Nebentisch<br />

hinüberzuschreien. Patentrezepte<br />

für die Bekämpfung von Rechtsextremismus<br />

habe ich keine. Wichtig<br />

ist, dass man Jugendliche nicht stigmatisiert.<br />

Man muss sehr genau unterscheiden<br />

zwischen jungen Leuten,<br />

die Vorurteile haben, Frust rauslassen,<br />

ausländerfeindlich und vielleicht<br />

Mitläufer in der rechtsextremen Szene<br />

sind. Es bringt nichts, diese Jugendlichen<br />

noch weiter ins braune Eck zu<br />

treiben. Vielmehr sollten ihre Freunde<br />

und Bekannten immer wieder mit<br />

ihnen reden und versuchen, sie zu<br />

überzeugen.<br />

c.b: Wie glaubst du, kann man einer<br />

zunehmenden Polarisierung – sowohl<br />

nach rechts als auch nach links – entgegenwirken<br />

bzw. etwas entgegensetzen?<br />

R.E.: Zunächst warne ich davor, rechts<br />

und links gleichzusetzen. Natürlich<br />

gab es auf der linken Seite auch katastrophale<br />

Fehlentwicklungen – Stichwort<br />

Stalinismus. Rechtsextremismus<br />

ist aber keine Fehlentwicklung, sondern<br />

von vornherein pure Menschenverachtung.<br />

Man muss die Solidarität,<br />

die Zivilgesellschaft, die Arbeiterbewegung<br />

stärken und auf der Seite der<br />

sozial Schwachen stehen. Unbedingt<br />

notwendig ist es, soziale Ungleichheiten<br />

und Benachteiligungen zu bekämpfen.<br />

Menschen, die ein erfülltes<br />

Leben und gute Perspektiven haben,<br />

werden sehr selten rechtsextrem. Der<br />

Rechtsextremismus ist in erster Linie<br />

eine Bewegung derer, die zu kurz gekommen<br />

sind, sich selber als Opfer<br />

der Gesellschaft fühlen und dann an-<br />

dere zu Opfern machen.<br />

c.b: Möchtest du noch etwas über das<br />

Antifa-Netzwerk sagen?<br />

R.E.: Es stellt heute ein beachtliches<br />

Erfolgsmodell dar: Oberösterreich ist<br />

in der EU die einzige Region, in der alle<br />

wesentlichen antifaschistischen Kräfte<br />

zusammenarbeiten. Benachbarte<br />

Regionen, etwa Salzburg und Tirol,<br />

orientieren sich deshalb an uns. Unser<br />

Netzwerk wirkt bundesweit und ist mit<br />

dem Mauthausen Komitee Österreich<br />

eng verbunden.<br />

Das Interview führte Jakob Ulbrich<br />

Ehrenamtlicher Vorsitzender der <strong>kj</strong> oö<br />

© Magdalena Martin<br />

19


<strong>Gedenken</strong><br />

Im Mittelmeer ertrinken Menschen, weil für sie der gefährliche Weg<br />

nach Europa als der einzige mit Perspektive scheint. Im Nahen Osten<br />

bekriegen sich Menschen, nur weil sie auf verschiedenen Seiten einer<br />

Grenze geboren wurden. Im IS werden Menschen ermordet, weil sie<br />

in eine „falsche“ Familie mit einer „falschen“ Religion hineingeboren<br />

wurden.<br />

Und wir leben in einem Land, in dem von mancher Seite Muslime mit<br />

Islamisten verwechselt werden, wo Menschen mit dunkler Hautfarbe<br />

als „Negersauen“ beschimpft werden, wo von der „Islamisierung des<br />

Abendlandes“ gesprochen wird, wo Schwule für manche keine „echten<br />

Männer“ sind, so als ob Angehörige von Minderheiten und Menschen,<br />

die nicht ganz unserer „Norm“ entsprechen, keine Menschen<br />

mehr wären.<br />

<strong>Gedenken</strong> soll uns bewusst machen, was Menschen anrichten<br />

können, ganz normale Leute, wie ich, wie du,<br />

wenn wir von Angst oder Misstrauen getrieben werden<br />

und von einem Teil der Gesellschaft, der diese Ressentiments<br />

schürt. Nur wenn<br />

man weiß, wozu Menschen<br />

fähig sind, kann man verhindern,<br />

dass so etwas<br />

wieder passiert.<br />

Jakob Ulbrich,<br />

Ehrenamtlicher Vorsitzender der <strong>kj</strong> oö

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