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kj cloud.book Nr. 24, Ausgabe III/2016

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WIR MISCHEN MIT<br />

Katholische Jugend OÖ, <strong>cloud</strong>.letter: <strong>Nr</strong>. <strong>24</strong>, <strong>Ausgabe</strong> <strong>III</strong>/ <strong>2016</strong><br />

WIR MISCHEN MIT,<br />

WIR MISCHEN UNS EIN<br />

DIÖZESANPLENUM <strong>2016</strong>


VORBEREITUNGSTEAM &<br />

INHALTSVERZEICHNIS<br />

VORBEREITUNGSTEAM<br />

Katharina Brandstetter<br />

Hauptamtliche<br />

Jugendleiterin<br />

im Dekanat Steyr<br />

Martina Wöckl<br />

Referat Fachbegleitung<br />

für Hauptamtliche in<br />

der kirchlichen<br />

Jakob Ulbrich<br />

Ehrenamtlicher<br />

Vorsitzender, <strong>kj</strong> oö<br />

Thomas Obermeir<br />

Referent<br />

Pfarrjugendarbeit,<br />

<strong>kj</strong> oö<br />

Stefanie Hinterleitner<br />

Referentin<br />

Pfarrjugendarbeit, <strong>kj</strong> oö<br />

Jugendarbeit, <strong>kj</strong> oö<br />

INHALTSVERZEICHNIS<br />

Vorwort. ............................................... 3<br />

Beteiligung – Von Fremdbestimmung zur Selbstverwaltung ........... 4<br />

Impulsreferat zur Eröffnung des Plenums <strong>2016</strong>. ................... 6<br />

Beteiligung in der Pfarre. .................................. 10<br />

Partizipation & Menschenrechte. ............................. 12<br />

Link- und Literaturtipps zum Thema: Partizipation. ................ 13<br />

Mit Herz und Hirn – Entscheidungsfindung nach Ignatius (Workshop) ... 14<br />

Jugendgottesdienste in der Liturgie richtig gestalten (Workshop). ..... 15<br />

Online-Partizipation – Mit Herz und Hirn online (Workshop) .......... 16<br />

Bibliolog als Einübung in Partizipation (Workshop). ................ 18<br />

Partizipation mit Körper und Stimme (Workshops). ................ 19<br />

Systemisch Konsensieren (Workshop) ......................... 20<br />

Gruppenstunde „Beteiligung ist unser Maßstab!“. ................. 22<br />

Bibeltheologische Überlegungen „Beteiligung ist unser Maßstab!“. ..... 23<br />

Alle Fotos © <strong>kj</strong> oö, ausgenommen gekennzeichnete Bilder, Layout: Magdalena Martin


VORWORT<br />

PARTIZIPWAS?<br />

reiten können. Dann wurde uns klar,<br />

es braucht verschiedene Zugänge. Am<br />

Vormittag etwas fürs Hirn, am Nachmittag<br />

etwas zur praktischen Umsetzung.<br />

In diesem <strong>cloud</strong>.<strong>book</strong> findet ihr allgemeine<br />

und hinführende Gedanken<br />

zum Thema Partizipation, aber<br />

auch aufbereitete Artikel unserer<br />

WorkshopleiterInnen.<br />

Schnappt euch eine kuschelige Decke,<br />

Partizipation – ein ziemlich schwieriges<br />

Wort. Ebenso ein ziemlich schwieriges<br />

Thema. Das wurde auch dem<br />

Vorbereitungsteam für das heurige<br />

Plenum bewusst. Lange haben wir zunächst<br />

in unseren Vorbereitungstreffen<br />

hin und her diskutiert, was für uns<br />

Partizipation eigentlich bedeutet und<br />

wie wir dieses Thema ansprechend für<br />

die PlenumsteilnehmerInnen aufbelehnt<br />

euch im Schaukelstuhl zurück<br />

und platziert eine Tasse Tee neben<br />

euch, denn dieses <strong>cloud</strong>.<strong>book</strong> werdet<br />

ihr länger in Händen halten und euch<br />

so gemeinsam mit unseren Gedanken<br />

und euren Gedanken auf die Spur von<br />

Beteiligung begeben.<br />

In diesem Sinne: viel Vergnügen beim<br />

Durchschmökern und Lesen.<br />

Das Vorbereitungsteam<br />

3


BETEILIGUNG –<br />

VON FREMDBESTIMMUNG ZUR SELBSTVERWALTUNG<br />

Der griechische Philosoph Aristoteles<br />

bezeichnet den Menschen in seinem<br />

Wesen als „zoon politikon“, also als<br />

politisches Wesen. In seiner Beschreibung<br />

ist der Mensch ein Wesen der<br />

Gemeinschaft und des Zusammenlebens.<br />

Auch der amerikanische Verhaltensforscher<br />

Michael Tomasello sieht<br />

die Urelemente der menschlichen Entwicklung<br />

und des Zusammenlebens<br />

in der Gemeinschaft und Kooperation.<br />

Damit diese Entwicklung und das<br />

Zusammenleben gut funktionieren<br />

können, ohne dass sich jemand ausgeschlossen,<br />

unterdrückt oder nicht<br />

verstanden fühlt, braucht es die Möglichkeit<br />

der Partizipation der Mitglieder<br />

dieser Gemeinschaft. Doch was<br />

heißt eigentlich Partizipation?<br />

Das Wort kommt aus dem Lateinischen<br />

(pars = Teil, carpere = fangen,<br />

ergreifen, sich aneignen) und bedeutet<br />

so viel wie Teilhabe oder Teilnahme<br />

1 . Es beschreibt also die Beteiligung<br />

von Personen an ihrer Gemeinschaft,<br />

indem sie in wichtige Entscheidungsprozesse<br />

miteinbezogen werden. In<br />

einer Demokratie ist z. B. die Wahl ein<br />

wichtiges Instrument, um über entscheidende<br />

Elemente des Zusammenlebens<br />

mitzubestimmen.<br />

Meist haben wir bei Mitbestimmung<br />

und Beteiligung Erwachsene im Kopf,<br />

doch ist in der UN-Kinderrechtskonvention<br />

festgeschrieben, dass auch<br />

Kinder und Jugendliche das Recht auf<br />

freie Meinungsäußerung und Beteiligung<br />

haben. Dies gilt für alle Kinder<br />

von 0 bis 18 Jahren. Wichtig ist, den<br />

Kindern und Jugendlichen Beteiligung<br />

altersgerecht zu ermöglichen und hier<br />

kommen die Erwachsenen ins Spiel.<br />

Sie sind dafür verantwortlich, die Kinder<br />

und Jugendlichen dabei zu unterstützen<br />

und fördern.<br />

Diese Förderung von Partizipation ist<br />

nicht immer einfach, und manchmal<br />

werden Kinder und Jugendliche auch<br />

für die Interessen von Erwachsenen<br />

missbraucht. Roger Hart (1992) und<br />

Wolfgang Gernert (1993) 2 haben in<br />

einem Acht-Stufen-Modell versucht,<br />

die verschiedenen Formen der Partizipation<br />

zu unterscheiden, denn Partizipation<br />

ist nicht gleich Partizipation.<br />

Stefanie Hinterleitner<br />

Referentin Pfarrjugendarbeit, <strong>kj</strong> oö<br />

1 Quelle: wikipedia.org<br />

2 Quelle: H www.kinder-beteiligen.de/partizipation-kinder-jugendliche.htm


Acht-Stufen-Modell:<br />

1. Fremdbestimmung<br />

Jugendliche nehmen auf Anweisungen von Erwachsenen an Veranstaltungen teil, z. B. bei Demonstrationen, wo sie dann<br />

Schilder halten.<br />

2. Dekoration<br />

Jugendliche sind bei Veranstaltungen dabei, zeigen etwas, wissen aber eigentlich nicht, worum es geht.<br />

3. Alibi-Teilhabe<br />

Jugendliche werden von Erwachsenen – und nicht von Gleichaltrigen – für ein Gremium ausgewählt.<br />

Diese drei ersten Stufen sind noch keine wirkliche Form von Partizipation, sondern Scheinpartizipation!<br />

4. Zugewiesen, aber informiert<br />

Jugendliche bekommen eine Aufgabe vorgegeben, sind aber über die Hintergründe<br />

informiert und übernehmen auch Verantwortung.<br />

5. Mitwirkung, informiert sein<br />

Jugendliche werden um ihre Meinung gebeten und diese wird auch ernst<br />

genommen.<br />

6. Mitbestimmung<br />

Wird von Erwachsenen initiiert. Entscheidungen werden gemeinsam mit<br />

Jugendlichen gefällt. Jugendliche werden z. B. bei einem Pfarrfest in die<br />

Planung miteinbezogen.<br />

7. Etwas wird von Jugendlichen initiiert und durchgeführt,<br />

z. B. Jugendliche organisieren selbstständig ein Fest.<br />

8. Selbstbestimmung<br />

Wird von Jugendlichen initiiert. Entscheidungen werden gemeinsam mit Erwachsenen<br />

gefällt. Jugendliche geben z. B. den Anstoß für ein Projekt in der<br />

Gemeinde und planen das gemeinsam mit den Erwachsenen.<br />

Wichtig ist, dass immer das Alter und die Fähigkeiten von Kindern und<br />

Jugendlichen berücksichtigt werden. Ebenso, dass die Kinder und Jugendlichen<br />

verstehen, worum es z. B. in einem Projekt geht und dass sie mit dem nötigen Respekt behandelt werden.<br />

Warum soll man Kinder und Jugendliche überhaupt teilhaben lassen?<br />

Kinder und Jugendliche ...<br />

• bekommen ein besseres Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen und können ohne Probleme ihre Meinung äußern.<br />

• lernen ihre Fähigkeiten kennen und einsetzen.<br />

• lernen, dass sie und ihre Meinung akzeptiert werden und wichtig sind.<br />

• können lernen, sich für die Themen ihres Lebensumfeldes zu interessieren und sich aktiv in die Gesellschaft einzubringen.<br />

Davon profitieren auch die Erwachsenen.<br />

• sind Teil der Gegenwart und unsere Zukunft und sollen diese auch mitgestalten dürfen.<br />

• bringen Vorschläge, mit denen manch Erwachsener sicher nicht gerechnet hätte.<br />

• lernen Solidarität und Teamfähigkeit und bekommen ein Gespür für Demokratie.<br />

5


IMPULSREFERAT<br />

ZUR ERÖFFNUNG DES PLENUMS <strong>2016</strong><br />

VON FLORIAN WEGSCHEIDER<br />

„Wir mischen mit“ … - Motto des<br />

Plenums. Warum erscheint dieses<br />

Motto so attraktiv?<br />

Was steckt dahinter?<br />

Betrachten wir:<br />

WIR – MISCHEN – MIT<br />

Ich möchte diesen kurzen Impuls-<br />

Beitrag in drei Schritte gliedern:<br />

1. Erläuterung des Plenum-Mottos im<br />

Hinblick auf Partizipation.<br />

2. Was bedeutet Partizipation im<br />

christlichen Glauben?<br />

3. In welchen Bereichen können sich<br />

Jugendliche partizipieren?<br />

Was mir dabei als wichtig erscheint,<br />

ist, dass wir unser klassisches Partizipationsdenken<br />

erweitern.<br />

Das sehe ich als den springenden<br />

Punkt dieser Ausführung: Christliche<br />

Partizipation ist zuallererst eine existenzielle<br />

Entscheidung.<br />

1. Erläuterung des Plenum-<br />

Mottos im Hinblick auf<br />

Partizipation<br />

Warum erscheint dieses Motto so<br />

ansprechend, dass es die KJ für ihr<br />

Plenum gewählt hat? Was steckt<br />

dahinter?<br />

Betrachten wir: Wir – Mischen – Mit<br />

… Wir – bedeutet gemeinschaftlich<br />

… Mischen – bedeutet aktiv<br />

… Mit – Teilhabe<br />

Weshalb erscheint es aber so notwendig,<br />

das zu betonen, dass „wir<br />

mitmischen“? Weil wir Partizipation<br />

einfordern … Partizipation bedeutet<br />

„Teilhabe“. Wir wollen mitbestimmen<br />

können, mitreden dürfen …<br />

Das Wort „Teilhabe“ meint aber in<br />

Wirklichkeit noch viel mehr, nämlich<br />

selbst Anteil sein – nicht nur Verantwortung<br />

übernehmen, sondern Teil<br />

des Ganzen sein. Im Konkreten: Teil<br />

der Kirche, Glied am Leib Christi. Das<br />

bedeutet, dass es sich hierbei um etwas<br />

Existenzielles handelt, das weit<br />

über die bloße Aktivität hinausreicht.<br />

In der Teilhabe sehe ich mich selbst<br />

als Teil dieses Ganzen und weiß dabei,<br />

dass ich nicht alleine bin, ich selbst<br />

bin nicht das Ganze. Dieses Wissen,<br />

dass ich nicht alleine bin, kann einerseits<br />

Sicherheit schaffen: Ich kann auf<br />

die Hilfe anderer vertrauen. Andererseits<br />

kann es zermürbend werden. Ich<br />

muss Kompromisse eingehen, muss<br />

auch meine eigenen Vorstellungen<br />

zurückstellen.<br />

Warum nehme ich aber dann teil, warum<br />

nehme ich Anteil an einer Sache,<br />

wenn ich auch manchmal meine Pläne<br />

und Wünsche zurückstellen muss? Ist<br />

es aufgrund des Gefühls der Sicherheit,<br />

dass ich dabei bin, weil ich Gemeinschaft<br />

spüre? Oder ist es nicht<br />

vielmehr die Identifikation mit der


Sache selbst? Das bedeutet, dass ich<br />

von dieser Sache selbst so gefesselt<br />

bin, dass ich gar nicht anders kann,<br />

als teilhaben zu wollen.<br />

Das aktive Tun – in unserem konkreten<br />

Fall das Mischen – ist dann die<br />

Konsequenz der eigentlichen Teilhabe,<br />

Teilhabe ist hingegen in erster Linie<br />

Interesse, seine eigene Person mit<br />

einer Sache oder einer anderen Person<br />

zu identifizieren. Daraus folgt<br />

schließlich Gemeinschaft und das<br />

Streben, etwas tun zu wollen, die<br />

Sache voranzutreiben.<br />

2. Was bedeutet<br />

Partizipation im<br />

christlichen Glauben?<br />

Wenn wir nun diesen Gedanken der<br />

Teilhabe auf den christlichen Glauben<br />

ummünzen: Was bedeutet dann Partizipation<br />

in eben diesem christlichen<br />

Glauben?<br />

Den Ausgangspunkt bildet die Taufe<br />

oder, anders gesagt, das Wissen, dass<br />

wir getauft sind, dass wir in Christus<br />

als Kinder Gottes besiegelt sind. Das<br />

bedeutet Christ zu sein. Dabei ist diese<br />

Teilhabe kein eindimensionales Geschehen,<br />

sondern eine Entscheidung<br />

mit physisch-psychischen Folgen. Darauf<br />

weist Paulus im Römerbrief hin,<br />

wenn er verdeutlichen möchte, dass<br />

wir mit der Taufe mit Christus begraben,<br />

zusammengewachsen, mitgekreuzigt<br />

(und Paulus verwendet hierfür<br />

bewusst immer das griechische<br />

Präfix syn = mit) worden sind und mit<br />

ihm leben werden (vgl. Röm 6,4–8).<br />

Hierbei geht es nicht um eine dramaturgische<br />

Zuspitzung, welche den<br />

(gewaltsamen) Tod zur Konsequenz<br />

hat, sondern darum, sich bewusst<br />

zu machen, dass diese Teilhabe eine<br />

Identifikation mit dem Leben, der Lehre<br />

und der Person Jesu mit sich bringt.<br />

Sich mit dem Leben, der Person und<br />

der Lehre Jesu so zu identifizieren,<br />

dass man sagt: „Ja, hier möchte ich<br />

teilhaben.“<br />

In diesem Sinn ist auch die Gegenfrage<br />

des Petrus zu verstehen, nachdem<br />

Jesus die Jünger anspricht, ob auch<br />

sie ihn verlassen wollen: „Herr, zu<br />

wem sollen wir gehen? Du hast Worte<br />

des ewigen Lebens“ (Joh 6,68). – Wir<br />

können nicht anders, wir wollen teilhaben<br />

an deinem Leben.<br />

Dieses Faktum, dass es Personen gibt,<br />

die sich mit Jesus und seiner Lehre<br />

identifizieren und daran teilhaben<br />

wollen, ist eines der großen Geheimnisse<br />

des Glaubens. Wieso interessieren<br />

sich Menschen für diesen Glauben?<br />

Und nicht nur aus Interesse, sondern<br />

auch existenziell. Das bedeutet, dass<br />

sich dieses Interesse, diese Teilhabe,<br />

diese Partizipation in ihrem Leben widerspiegelt.<br />

Das ist auch die Spannung in der Jugendarbeit.<br />

Wir können Jugendliche<br />

7


nicht zum Glauben überreden, wir<br />

können ihnen nur unsere Teilhabe „zeigen“.<br />

Dieser Teilhabe müssen wir uns<br />

als Christen aber erst immer wieder<br />

bewusst sein. Es spricht sich so leicht<br />

von Partizipation, mitmischen wollen.<br />

Aber wenn es sich dabei um das Leben<br />

und auch Sterben Jesu handelt, wird<br />

es schon schwieriger. Daher bedarf<br />

es auch einer Bewusstseinsbildung,<br />

woran man eigentlich Anteil hat oder<br />

haben möchte. Was ist eigentlich das<br />

Leben und die Lehre Jesu? Die Sache<br />

Jesu erfordert eine ganzheitliche Entscheidung,<br />

mit meiner ganzen Person.<br />

In diesem Sinne verdeutlicht es sich,<br />

dass die Lehre Jesu einen Lebensentwurf<br />

zur Folge hat und nicht nur nach<br />

Belieben verfolgt werden kann.<br />

Als Christ ist eben das ausschlaggebende<br />

Moment die Taufe. Deshalb<br />

hebt die Kirche im Zweiten Vatikanischen<br />

Konzil die drei Dimensionen der<br />

Partizipation hervor und fordert eine<br />

„volle, bewusste und tätige Teilnahme“<br />

(SC 14).<br />

• Voll, weil es den gesamten Menschen<br />

fordert. Nicht nur meine Talente<br />

und Eigenschaften, sondern mich als<br />

Person. Mit allem, was ich habe. Ich<br />

bin aber auch angenommen, so wie<br />

ich bin.<br />

• Bewusst, weil man um die Konsequenzen<br />

wissen muss. Was möchte<br />

dieser Jesus, den wir den Christus<br />

nennen? Auch im Hinblick, dass uns<br />

andere Personen danach fragen können<br />

und wir ihnen zu einer Antwort<br />

verpflichtet sind. In diesem Sinn kann<br />

auch das kirchliche Dokument zur<br />

Glaubensweitergabe sagen: „Doch ist<br />

dieses Zeugnis niemals ausreichend,<br />

denn auch das schönste Zeugnis erweist<br />

sich auf die Dauer als unwirksam,<br />

wenn es nicht erklärt, begründet<br />

– das, was Petrus „Rechenschaft gegenüber<br />

seiner Hoffnung“ (vgl. hierzu<br />

u.a. 1 Petr 3,15: „Seid stets bereit,<br />

jedem Rede und Antwort zu stehen,<br />

der nach der Hoffnung fragt, die euch<br />

erfüllt“) (52) nennt – und durch eine<br />

klare und eindeutige Verkündigung<br />

des Herrn Jesus Christus entfaltet<br />

wird. Die Frohbotschaft, die durch das<br />

Zeugnis des Lebens verkündet wird,<br />

wird also früher oder später durch das<br />

Wort des Lebens verkündet werden<br />

müssen. Es gibt keine wirkliche Evangelisierung,<br />

wenn nicht der Name, die<br />

Lehre, das Leben, die Verheißungen,<br />

das Reich, das Geheimnis von Jesus<br />

von Nazaret, des Sohnes Gottes, verkündet<br />

werden“ (Evangelii nuntiandi).<br />

– Eben, was ist die Botschaft Jesu?<br />

• Nach voll und bewusst, nun tätig.<br />

Weil der christliche Glaube die Forderung<br />

mit sich bringt, dass die Lehre<br />

Jesu auch im Leben umgesetzt wird:


in der Begegnung mit anderen Menschen,<br />

mit der Umwelt, der Schöpfung.<br />

3. In welchen Bereichen<br />

können sich Jugendliche<br />

partizipieren?<br />

„Liebe junge Freunde, wir sind nicht<br />

auf die Welt gekommen, um es uns<br />

bequem zu machen, um aus dem Leben<br />

eine Couch zu machen, die uns<br />

einschläfert. Eine Couch, wie jene<br />

modernen mit einlullenden Massagen,<br />

die uns Stunden der Ruhe garantiert,<br />

um uns in die Welt der Videospiele zu<br />

begeben und Stunden vor dem Computer<br />

zu verbringen. Es ist für die<br />

heutige Gesellschaft viel einfacher,<br />

duselige und benommene Jugendliche<br />

zu haben. Aber in der heutigen Zeit<br />

braucht es keine Couch-Jugendlichen,<br />

sondern junge Menschen mit Schuhen,<br />

nein, noch besser mit Stiefeln an<br />

den Füßen, um Spuren zu hinterlassen“<br />

(Papst Franziskus, Ansprache am<br />

Weltjugendtag in Krakau).<br />

Und damit möchte der Papst verdeutlichen,<br />

dass es keine ausgewiesenen<br />

„Jugend-Bereiche“ gibt, das heißt,<br />

Bereiche, in denen sich vor allem Jugendliche<br />

partizipieren können. Nein,<br />

sie können und sollen sich vor allem in<br />

allen Bereichen der Gesellschaft und<br />

der Kirche einbringen. Mit ihren Talenten<br />

und vor allem mit dem jugendlichen<br />

Idealismus und Enthusiasmus,<br />

der eben Jugendlichen so zu eigen ist.<br />

Wie wir gesehen haben, bedeutet Partizipation<br />

Anteil haben an dem Leben<br />

und der Lehre Jesu. Diese Person Jesu<br />

gilt es immer besser kennenzulernen<br />

und die daraus resultierenden Erfahrungen<br />

einzubringen, mit der ganz<br />

eigenen Sicht der Jugendlichen. Das<br />

bedeutet in erster Linie Partizipation.<br />

Und dann ergeben sich genau keine<br />

Abgrenzungen, wo sich Jugendliche<br />

zu partizipieren haben – im Sinne von<br />

müssen –, sondern dann stehen ihnen<br />

alle Bereiche der Kirche offen und<br />

müssen ihnen offen stehen. Dabei bedeutet<br />

Partizipation nicht blinder oder<br />

ungesteuerter Aktionismus, sondern<br />

das Verlangen, die Überzeugung weiterzugeben,<br />

zu verkünden. Und Verkündigung<br />

lässt sich eben nicht auf<br />

einzelne – „jugendliche“ – Bereiche<br />

beschränken, sondern ist existenziell,<br />

das gesamte Leben umfassend und inkludierend.<br />

Florian Wegscheider<br />

Assistent am Institut für Liturgie an<br />

der Katholischen Universität Linz<br />

9


BETEILIGUNG IN DER PFARRE<br />

PGR-WAHL 19. MÄRZ 2017<br />

PART 1 – RAHMEN FÜR PARTIZI-<br />

PATION UND MITBESTIMMUNG<br />

Pfarrgemeinderats-Statut:<br />

Die österreichweite Pfarrgemeinderats-Wahl<br />

(PGR-Wahl) ist alle fünf<br />

Jahre eine Form der Mitbestimmung<br />

und Mitgestaltung des Pfarrlebens.<br />

Der PGR als Informations- und Entscheidungsdrehscheibe<br />

wird durch ein<br />

Wahlprocedere neu zusammenstellt.<br />

Das aktive Wahlrecht – Beteiligung<br />

an der Wahl durch aktive Stimmenabgabe<br />

– können junge Menschen ab<br />

16 Jahren in Anspruch nehmen. Eine<br />

Form des „Sonderwahlrechtes“ ermöglicht<br />

es, dass gefirmte Jugendliche<br />

ab 14 Jahren zur Wahl gehen. Das<br />

passive Wahlrecht – sich als KandidatIn<br />

zur Wahl zur Verfügung zu stellen<br />

– ist ab dem 16. Lebensjahr möglich.<br />

Die Rahmenordnung für die PGR-Wahl<br />

bildet das jeweils diözesane Statut für<br />

den Pfarrgemeinderat.<br />

(Linz: seit 1976 beschlossen; Linzer<br />

Diözesanblatt 1987 vom Bischof bestätigt;<br />

im August <strong>2016</strong> aktualisiert)<br />

Download-Möglichkeit:<br />

H <strong>kj</strong>br.at/2gclZC0<br />

Beteiligung für Jugendliche –<br />

kritische Selbstprüfung vor Ort<br />

Ob und wie sich Jugendliche in der<br />

Pfarre in Gremien, Arbeitskreisen und<br />

Organisationsteams beteiligen können,<br />

hängt von der konkreten Situation<br />

ab. Einschätzungsfragen können sein:<br />

Welche Sitzungskultur haben wir?<br />

Welche Organisationspunkte und Inhalte<br />

werden in der nächsten Periode<br />

im Vordergrund stehen (z. B. geht es<br />

in erster Linie um umbautechnische<br />

Belange, Sitzkissen für die Kirchenbank,<br />

Länge der Würste am Bratwürstelsonntag<br />

… etc.)?<br />

Eine gute Möglichkeit ist es, sich<br />

immer wieder vorzustellen: Wie interessant<br />

ist für Jugendliche, was gerade<br />

geschieht bzw. worum wir uns gerade<br />

in der Diskussion drehen? Was würden<br />

junge Menschen sagen, wenn sie das<br />

mitanhören?<br />

Gelingt es, die Gremienarbeit – zumindest<br />

phasenweise – auch jugendrelevant<br />

aufzubereiten und lässt sich mit gutem<br />

Gewissen abschätzen, dass Jugendliche<br />

die Sitzungszeiten als für sie sinnvolle<br />

und belebende Zeit erfahren, dann soll<br />

auch genug Zeit und Beziehungsarbeit<br />

eingesetzt werden, um junge Menschen<br />

für pfarrliche Gremien zu finden.<br />

Die machtvollere Erwachsenenseite<br />

ist verantwortlich für<br />

Jugendbeteiligung<br />

Die Erwachsenen-Gruppe, welche die<br />

Gestaltungsfäden und Machtstrukturen<br />

in den Händen hält und besetzt,<br />

hat für „jugendgerechte“ Rahmenbedingungen<br />

zu sorgen. Nicht<br />

die jungen Menschen selber müssen<br />

sich vorrangig für ihre Beteiligungsmöglichkeiten<br />

einsetzen, sondern in<br />

erster Linie muss die wirkungsmächtigere<br />

(erwachsene) Seite „Andockstellen“<br />

für das Engagement junger Menschen<br />

schaffen.<br />

Beteiligung ist der Stil, nicht das Ziel<br />

Neben allen Anstrengungen und<br />

Selbstverpflichtungen zu einem Mehr<br />

an Jugendpartizipation darf nicht<br />

außer Acht gelassen werden, dass<br />

nicht schon die Beteiligung selbst das<br />

Ziel ist! Eine bessere und stärkere<br />

Beteiligung junger Stimmen ist eine<br />

Stilfrage: Wer wollen wir als Gemeinde<br />

sein? Was soll man uns schon von<br />

Weitem ansehen? (Wie) wollen wir als<br />

generationsübergreifende Gemeinde<br />

wahrgenommen werden?<br />

Die Anzahl der Jugendbeteiligungsfor-


men und Anzahl der Jugendlichen sagt<br />

noch nichts aus über die „Qualität“<br />

der Gesamtgemeinde: „Sind wir eine<br />

lebendige Pfarrgemeinde?“, „Kommen<br />

in unseren Gemeinschaften Menschen<br />

zu einem Mehr an christlicher Lebensfreude?“,<br />

„Lässt sich in unseren Zeiten<br />

des Zusammenseins der Geist Gottes<br />

erfahren?“<br />

PART 2 - JUGEND UND PGR-<br />

WAHL KONKRET: VORSCHLÄGE,<br />

METHODENBAUSTEINE ETC.<br />

H www.jugendgehtunsan.at<br />

Jugendliches Engagement wirkt - es<br />

trifft und betrifft. Jugendliche wirken<br />

anders und gehen Dinge anders<br />

an – anders als bisherige Aktive, etablierte<br />

Ältere oder Erwachsene. Die<br />

Erwachsenengeneration in der Pfarrgemeinde<br />

ist mit der Frage konfrontiert:<br />

„Wie weit gehen uns Jugendliche<br />

an, wie weit lassen wir uns von ihrem<br />

Tun betreffen, unterbrechen und sind<br />

wir bereit, jugendmitbestimmt anders<br />

weiterzumachen?“<br />

sich praktische Ideen, Hintergrundinfos<br />

und anregende Weiterführungen<br />

zum Thema Jugend und Pfarrgemeinderats-Wahl<br />

2017, Jugendbeteiligung<br />

in der Pfarre, Jugend und Pfarre – Zukunft,<br />

wohin geht´s; Visionen, Verrücktes<br />

und konkret Gemachtes.<br />

Pixie-Buch = Wendefolder:<br />

Wie können jugendliche Anliegen und<br />

Themen im Rahmen der PGR-Wahl<br />

eingebracht werden?<br />

Ein Büchlein mit zwei Leserichtungen;<br />

der Wendefolder:<br />

Erste Sichtweise JugendsymphatisantIn:<br />

Du bist jungeR oder junggebliebeneR<br />

ErwachseneR, der/die „Pfarre mit<br />

Jugendlichen neu buchstabieren“ will<br />

und sich dafür stark macht, dass es in<br />

der Pfarre jugendmitbestimmt anders<br />

weitergeht.<br />

Zweite Sichtweise JugendlicheR (Heftchen<br />

gewendet und umgedreht): Quergedacht<br />

und quergemacht … damit (d)<br />

eine Kirche/Pfarre nicht auf der Nudelsuppe<br />

daherschwimmt … Was gut ist,<br />

mach weiter. Was es nicht gibt, erfinde.<br />

Was nicht passt, mach anders!<br />

Österreichweit wurden von der Katholischen<br />

Jugend Holzlineale angefertigt.<br />

Das Lineal weckt Assoziationen<br />

wie: Maßwerkzeug, zwei Maßeinheiten<br />

(inch und cm), Zerbrechlichkeit<br />

(dünnes Holzstück, Zahlen …). Es ist<br />

bei den jeweiligen Diözesanstellen der<br />

Katholischen Jugend erhältlich.<br />

Das Lineal kann als Dankgeschenk für<br />

bisherige JugendvertreterInnen, als<br />

Gesprächsleitfaden beim Finden von<br />

KandidatenInnen für Jugendanliegen<br />

und als thematischer Impuls für Pfarrgemeinderäte<br />

und Jugendausschüsse<br />

verwendet werden. Es lädt zum<br />

Grundsatzfragen ein: Woran messen<br />

wir Jugendbeteiligung? Wo wird sichtbar,<br />

dass wir aktive Jugendliche in der<br />

Pfarre haben? Was ist Erfolg in der Jugendpastoral;<br />

in der Seelsorge, beim<br />

Pfarrfest …? Woran erkennen wir, dass<br />

wir als Pfarre „Begegnungszone“ für<br />

Jung und Alt sind?<br />

Dieses und alles andere Anregende:<br />

H www.jugendgehtunsan.at<br />

Auf H www.jugendgehtunsan.at finden<br />

Geschenk mit Symbolcharakter<br />

Lineal „Beteiligung ist unser Maßstab“.<br />

Thomas Obermeir<br />

Referent Pfarrjugendarbeit, <strong>kj</strong> oö<br />

11


PARTIZIPATION & MENSCHENRECHTE<br />

Was haben Partizipation und Empowerment<br />

mit Menschenrechten<br />

und Machtstrukturen zu tun?<br />

Jugendpartizipation wird auch aus<br />

der Perspektive der Menschenrechte<br />

als Recht verstanden. Die Vereinten<br />

Nationen definieren Partizipation als<br />

menschliches Grundrecht (vgl. Arnold-Schaarschmidt<br />

u. a. 2014).<br />

Roger Hart (1992) ist der Ansicht,<br />

dass Partizipation ein grundlegendes<br />

Menschenrecht ist, da sich so lernen<br />

lässt, wie man StaatsbürgerIn wird.<br />

Auch der Europarat nennt Jugendpartizipation<br />

als ein Grundrecht für junge<br />

Menschen. So werden sie einbezogen,<br />

übernehmen Verantwortung in ihrem<br />

Umfeld und erhalten das Recht, an demokratischen<br />

Prozessen aktiv teilzunehmen.<br />

Die Deutung von Partizipation<br />

als Grundrecht meint also, dass alle<br />

Jugendlichen dieses Recht haben und<br />

es ohne Unterschied ausüben können.<br />

Damit sie dies können, müssen<br />

sie aber über die notwendige Macht<br />

und Fähigkeit verfügen, was eben das<br />

Ziel von Empowerment ist (vgl. Hart<br />

1992). Arnold-Schaarschmidt und seine<br />

KollegInnen sind der Meinung, dass<br />

Erwachsene und die Gesellschaft Jugendliche<br />

fördern sollen, Fähigkeiten<br />

und Kompetenzen wie Selbstvertrauen,<br />

Kommunikationsfähigkeit<br />

zu stärken und ihre individuellen<br />

Talente zu entwickeln. Partizipation<br />

meint nicht, fremdbestimmte, schon<br />

immer so gelebte Rituale zu übernehmen<br />

und auszuführen, sondern<br />

eine Gelegenheit für Jugendliche,<br />

sich selbstgesteuert zu entfalten, zu<br />

verändern und zu entscheiden. Impulse<br />

dürfen dann von innen heraus,<br />

von den Jugendlichen selbst kommen<br />

(GTZ 2008). Nicht vergessen werden<br />

darf dabei, dass Jugendpartizipation<br />

nicht das eigentliche Ziel ist, sondern<br />

der Weg, wie Jugendliche ihre Ziele<br />

und Wünsche für sich und in der Gesellschaft<br />

erreichen können (Arnold-<br />

Schaarschmidt u. a. 2014).<br />

Damit Partizipation und Empowerment<br />

in Organisationen und Gruppen gelingen<br />

kann, muss ein kritischer Blick auf<br />

die Machtbeziehung zwischen Erwachsenen<br />

und Jugendlichen zugelassen<br />

werden. Im Text „Empowerment mit<br />

jungen Menschen“ sprechen Arnold-<br />

Schaarschmidt und seine KollegInnen<br />

davon, dass „Power“ auf Deutsch mit<br />

„Macht“ oder „Kraft“ übersetzt werden<br />

kann. Wie wir alle wissen, haben<br />

Kinder und Jugendliche eine Menge<br />

Macht im Sinne von Energie: Heranwachsende<br />

sind aktiv, reden und fragen<br />

viel, haben starke Gefühle, sind<br />

neugierig, wollen neue Sachen lernen<br />

und ausprobieren. Die meisten jungen<br />

Menschen strotzen vor Energie.<br />

Warum also diskutieren wir über Em-<br />

POWERment, wenn Jugendliche doch<br />

voller Energie sein sollten? Die Autor-<br />

Innen sind der Meinung, dass jung zu<br />

sein, ohne die Macht zu haben, an der<br />

Gesellschaft und an den Prozessen<br />

teilzuhaben, bedeutet, dass irgendetwas<br />

nicht stimmt. Oftmals werden<br />

die Gründe dafür bei den Jugendlichen<br />

gesucht. Früher oder später muss aber<br />

festgestellt werden, dass es eigentlich<br />

nicht an den Jugendlichen liegt, wenn<br />

sie demotiviert, gelangweilt, passiv,<br />

frustriert oder desinteressiert sind.<br />

Die Gründe liegen meistens in ihrer<br />

Umwelt, dort, wo sie in Beziehungen<br />

leben mit Erwachsenen. Jugendliche<br />

werden oft nicht wirklich ernst genommen.<br />

Die meiste Zeit müssen sie<br />

sich Regeln, Strukturen und Werten<br />

der Erwachsenen anpassen. Diese<br />

stehen jedoch häufig im Widerspruch<br />

zu ihren eigenen Wünschen und Bedürfnissen.<br />

Meistens fehlt es jungen<br />

Menschen auch an Freiräumen und<br />

zusätzlich sind sie bei vielen Prozessen<br />

von Anfang an ausgeschlossen.<br />

Jugendliche haben daher oft das Gefühl,<br />

dass Erwachsene Macht über sie<br />

haben. Um wahrgenommen und respektiert<br />

zu werden, müssen sie sich<br />

„anpassen“ und Erwartungen erfüllen<br />

(brav sein, viel lernen, gute Noten,<br />

stark und fröhlich sein, ruhig sein, sich<br />

Hierarchien unterordnen, Haltungen<br />

der Gesellschaft vertreten …). Und<br />

das ist, so sagt auch Janusz Korczak<br />

(2012), einfach langweilig. Ihm zufolge<br />

könnte man die Apathie der Jugendlichen,<br />

ihr Mangel an Interesse und<br />

auch manch gewalttätige Einstellung<br />

als Resultat dieser Art von Beziehungen,<br />

von Machtbeziehungen sehen.<br />

Damit Partizipation gelebt werden<br />

kann, müssen Entscheidungsträger-<br />

Innen und generell Erwachsene, die<br />

mit Jugendlichen arbeiten, ehrliches<br />

Interesse und Bereitschaft zeigen,<br />

auch Macht und Verantwortung an<br />

junge Menschen abgeben zu wollen.<br />

Elisabeth Lummerstorfer<br />

Mitarbeiterin SOS Mitmensch<br />

Quellen:<br />

Arnold-Schaarschmidt, M./ Hruskova, I./ Weingärtner, J./ Saydaliev, Z. (2014): Empowerment von Jugendlichen. Plattform e.V. (EYERP). Erfurt.<br />

GTZ. Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (2008): Get Youth On Board! A toolkit for stakeholder collaboration and youth promotion. Eschborn.<br />

Hart, R. A. (1992): Children´s Partizipation: From Tocenism to Citizenship. Florenz.<br />

Korczak, J. (2012): Wie man ein Kind lieben soll. Vandenhoeck/Ruprecht, Göttingen.<br />

2


LINK- UND LITERATURTIPPS<br />

ZUM THEMA: PARTIZIPATION<br />

LINKS<br />

H www.beteiligung.st<br />

H www.dbu.de<br />

(Deutsche Bundestiftung Umwelt)<br />

H www.partizipation.at<br />

H www.infoklick.ch/jugendmitwirkung<br />

H pioneersofchange.at<br />

H www.artofhosting.org/de<br />

H www.die-erinnerungsguerilla.org<br />

LITERATURTIPPS<br />

Yooweedoo<br />

(Zur Anregung und zum Schmökern,<br />

da es ein Projekt aus Deutschland ist)<br />

Menschen befähigen, gesellschaftliche<br />

Herausforderungen zu<br />

lösen<br />

Junge Menschen für Nachhaltigkeit<br />

und die Bearbeitung von Nachhaltigkeitsfragen<br />

zu begeistern, ist eine der<br />

zentralen Aufgaben der Bildung für<br />

Nachhaltige Entwicklung (BNE).<br />

Mindestens ebenso wichtig ist aber<br />

auch, sie für diese Bearbeitung zu<br />

qualifizieren und bei der praktischen<br />

Umsetzung ihrer Ideen zu begleiten.<br />

Diesen Aufgaben stellt sich das Team<br />

rund um Prof. Christoph Corves von<br />

der Christian-Albrechts-Universität zu<br />

Kiel mit dem Projekt yooweedoo.<br />

Yooweedoo setzt sich aus mehreren<br />

Einheiten zusammen: Kernelement<br />

ist das Lernprogramm, welches wiederum<br />

aus drei Bausteinen besteht:<br />

Im Changemaker MOOC (Massive<br />

Open Online Course – kostenfreier,<br />

videobasierter Online-Kurs) wird vermittelt,<br />

wie man aus einer Idee ein<br />

Projekt zur Lösung eines gesellschaftlichen<br />

Problems macht.<br />

Mit dem daraus resultierenden Projektkonzept<br />

kann man sich wiederum<br />

im Ideenwettbewerb um Startkapital<br />

bewerben. Ist man dort erfolgreich,<br />

setzt man sein Vorhaben in Form<br />

eines sechsmonatigen Pilotprojekts<br />

um. Dabei wird man mit Beratung und<br />

Workshops von Experten, u.a. von der<br />

School of Sustainability der Universität<br />

Kiel, unterstützt.<br />

Unabhängig vom Lernprogramm steht<br />

der Changemaker MOOC allen Interessierten<br />

auf der Zukunftsmacher-<br />

Plattform kostenfrei zur Verfügung.<br />

Für die Teilnahme sind keine Vorkenntnisse<br />

erforderlich. Außerdem<br />

können Lehrende den Kurs in die eigenen<br />

Lehrveranstaltungen einbinden.<br />

Denn ein weiteres Ziel von yooweedoo<br />

ist es, mittels eines Multiplikatoren-<br />

Programms Hochschulen, Schulen und<br />

zivilgesellschaftlichen Organisationen<br />

zu helfen, eigene Lernprogramme für<br />

Zukunftsmacher aufzubauen.<br />

So wird der Changemaker MOOC mittlerweile<br />

schon in den Bereichen Social<br />

Entrepreneurship, nachhaltige Entwicklung,<br />

Geographie, nachhaltiger<br />

Tourismus, Lehrerbildung und Ethik<br />

genutzt.<br />

Partizipation kompakt<br />

Für Studium, Lehre und Praxis sozialer<br />

Berufe. Gaby Straßburger und<br />

Judith Rieger (Hg.). 2014.<br />

Was ist Partizipation? Wo gehört sie<br />

hin? Wo fängt sie an und wo führt sie<br />

hin? Was bringt sie für die Praxis?<br />

Das Buch kann als Einstieg in dieses<br />

Thema dienen, ist aber auch eine Vertiefung<br />

und Weiterführung. Es beinhaltet<br />

viele anschauliche Grafiken zur<br />

Erläuterung der theoretischen Konzepte<br />

und praktischen Beispiele.<br />

Das Buch ist ausleihbar in der <strong>kj</strong> Bibliothek!<br />

Martina Wöckl<br />

Referat Fachbegleitung für Hauptamtliche<br />

der kirchlichen Jugendarbeit, <strong>kj</strong> oö<br />

13


MIT HERZ UND HIRN –<br />

ENTSCHEIDUNGSFINDUNG NACH IGNATIUS<br />

WORKSHOP<br />

Jeder kennt die Situation, vor eine<br />

schwierige Entscheidung gestellt zu<br />

sein. Ganz besonders, wenn es um<br />

wesentliche Weichenstellungen im<br />

eigenen Leben geht, fällt es oft alles<br />

andere als leicht, eine Entscheidung<br />

zu treffen. Für mehrere Wege lassen<br />

sich Gründe anführen, doch: Wie soll<br />

mein Weg aussehen? Wie will ich mein<br />

Leben gestalten? Wer will ich selber<br />

sein?<br />

Als Menschen ist unser Lebensweg<br />

nicht fix vorgezeichnet. Wir können<br />

unser Leben selbst gestalten – das<br />

ist Freiheit und Aufgabe zugleich.<br />

Ignatius von Loyola (1491–1556) empfiehlt<br />

in seinen Exerzitien, solche Entscheidungen<br />

mithilfe der Methode der<br />

„Unterscheidung der Geister“ zu treffen.<br />

Er weiß: Geht es um den Weg,<br />

den man persönlich einschlagen will,<br />

so lässt einen das nicht kalt. Solche<br />

Entscheidungsprozesse sind von Wünschen<br />

und Hoffnungen ebenso geprägt<br />

wie von Ängsten und Befürchtungen<br />

und manchmal auch von Verzweiflung<br />

und Wut. Für Ignatius sind Gefühle<br />

keine Störgeräusche, die es rauszufiltern<br />

gilt, keine hinderlichen „Stimmen<br />

im Kopf“, auf die man nicht hören<br />

soll – ganz im Gegenteil: Er ist davon<br />

überzeugt, dass Gott selbst sich in ihnen<br />

mitteilt!<br />

Gott selbst spricht zu uns in unseren<br />

Gefühlen und inneren Regungen –<br />

oder besser gesagt: in manchen. Nicht<br />

jede Emotion hilft tatsächlich weiter,<br />

das wäre auch zu einfach! Die Kunst<br />

liegt darin herauszufinden, von welchem<br />

Geist sie beseelt ist. Ob sie zu<br />

einem freien Leben führt und sie einen<br />

sich selbst entfalten lässt oder sich an<br />

gesellschaftlichen Erwartungen und<br />

Zwängen orientiert. Kurz: Wir müssen<br />

bei unserem Bauchgefühl eine „Unterscheidung<br />

der Geister“ vornehmen.<br />

Ignatius empfiehlt bei solchen tiefgreifenden<br />

Lebensentscheidungen ein<br />

Vorgehen in drei Schritten:<br />

1. SCHRITT – WAHRNEHMEN:<br />

Gefühle sind für Ignatius wichtig. Aber<br />

das bedeutet nicht, dass man ihnen<br />

gleich folgen soll. Zunächst sollen alle<br />

Optionen und die Empfindungen, die<br />

sie aufkommen lassen, einfach nur<br />

wahrgenommen werden. Welche Möglichkeiten<br />

habe ich? Und wie geht es<br />

mir dabei, wenn ich diese Möglichkeiten<br />

durchspiele?<br />

2. SCHRITT – PRÜFEN:<br />

Den Reaktionen, Emotionen, Widerständen,<br />

aber auch Energien und<br />

Anziehungskräften, die die einzelnen<br />

Optionen hervorrufen, wird näher<br />

nachgespürt. Die entscheidende Frage<br />

ist für Ignatius: Was führt mich zu<br />

tiefer Zufriedenheit? Damit ist weit<br />

mehr gemeint als ein „gutes Gefühl“.<br />

Es geht darum, was sich auf Dauer als<br />

richtig erweist. Nicht das anfängliche<br />

Gefühl ist entscheidend, sondern die<br />

Dynamik, die in ihm steckt. Fühlt sich<br />

etwas richtig an, weil es mich zu dem<br />

Menschen macht, der ich sein will?<br />

Oder nur, weil ich damit (kurzfristige)<br />

Schwierigkeiten vermeide? Als Unterscheidungshilfe<br />

empfiehlt Ignatius<br />

niemand anderen als Jesus selbst. Wie<br />

ist es ihm in wesentlichen Stationen<br />

seines Lebens ergangen? Und worin<br />

hat er tiefe Zufriedenheit gefunden?<br />

3. SCHRITT – ENTSCHEIDEN:<br />

Erst wenn die verschiedenen Möglichkeiten<br />

geprüft sind und sich gezeigt<br />

hat, in welche Richtung sie einen<br />

führen, kann eine gute Entscheidung<br />

getroffen werden. Wenn man weiß,<br />

wo es einen in der Tiefe des Herzens<br />

hinzieht, kann man eine Entscheidung<br />

treffen, die dem je eigenen Weg entspricht.<br />

Oft werden Entscheidungen getroffen,<br />

für die zwar gute Argumente sprechen,<br />

die sich aber nicht richtig anfühlen.<br />

Ignatius bietet mit seiner Unterscheidung<br />

der Geister eine Methode<br />

an, wie dieses Dilemma vermieden<br />

werden kann. Argumente und Gefühle<br />

werden über die Unterscheidung der<br />

Geister zusammengebracht. Das ermöglicht<br />

Entscheidungen, die rational<br />

und emotional tragfähig sind, die Hirn<br />

und Herz genügen.<br />

Georg Winkler<br />

Assistent am Institut für Moraltheologie<br />

an der Katholischen Universität Linz<br />

4


JUGENDGOTTESDIENSTE<br />

IN DER LITURGIE RICHTIG GESTALTEN<br />

WORKSHOP<br />

Die Liturgie stellt auch heute noch<br />

eine Kontaktmöglichkeit mit relativ<br />

vielen Jugendlichen dar. Ob Weihnachten,<br />

Ostern oder Firmung, junge<br />

Menschen kommen in einer gewissen<br />

Regelmäßigkeit immer wieder in<br />

liturgische Feiern. Neben der Tatsache,<br />

dass Liturgie in vielen Bereichen<br />

noch ein Teil der alltäglichen Tradition<br />

ist, stellt eben das Feiern die Quelle<br />

und den Höhepunkt des christlichen<br />

Lebens dar (vgl. SC 10). Aus diesem<br />

Grund – wenn die Liturgie die Quelle<br />

des Glaubens ist – dürfen Jugendliche,<br />

aus welchen Gründen auch immer,<br />

nicht davon ausgeschlossen werden.<br />

Eine der Ursachen für das Gefühl<br />

eines möglichen Ausschlusses mag<br />

sein, dass Jugendliche nicht in der<br />

Lage sind, mit der geläufigen Form der<br />

liturgischen Feier mitzukönnen.<br />

Im Workshop wurde daher der Frage<br />

nachgegangen, welche Indikatoren<br />

notwendig sind, damit eine Feier die<br />

Christus-Begegnung junger Menschen<br />

vertiefen kann.<br />

Neben praktischen Hinweisen stehen<br />

zwei Faktoren im Mittelpunkt der Planungsüberlegung<br />

für Feiern mit Jugendlichen:<br />

Wer ist meine Feiergemeinde? Mit<br />

wem feiere ich den Gottesdienst?<br />

Hatten die Jugendlichen bereits Kontakt<br />

mit kirchlichen Feiern? Kann ich<br />

davon ausgehen, dass sie sich im Gottesdienst<br />

„sicher“, „beheimatet“ fühlen?<br />

etc.<br />

Was ist mein Thema/Motto des Gottesdienstes?<br />

Welche Botschaft<br />

soll vermittelt, unterstrichen werden?<br />

Gibt der Gottesdienst dieses Thema<br />

auch her? Oder wirkt es „aufgesetzt“?<br />

Diese beiden Faktoren müssen in der<br />

Vorbereitung ständig miteinander verglichen<br />

werden. Es ist nicht möglich,<br />

den einen Punkt „abzuschließen“ und<br />

an dem anderen weiterzuarbeiten,<br />

ohne dass es wieder zu einer Abgleichung<br />

kommt. Nur in einer Synopse<br />

kann eine stimmige Feier gelingen,<br />

welche weder aufgesetzt wirkt, noch<br />

überfordert.<br />

Als praktische Hinweise sollen hier<br />

exemplarisch Zeit, Liedauswahl, Raumbeschaffenheit,<br />

Elemente bzw. Gesten<br />

im Gottesdienst, Kristallisation des<br />

zentralen Momentes der Feier und die<br />

genaue Absprache der liturgischen<br />

Dienste (im Sinne der Taufberufung)<br />

genannt sein. All diese Punkte, neben<br />

einigen anderen, bedürfen der besonderen<br />

Achtsamkeit und können und<br />

müssen in der Vorbereitung bedacht<br />

sein.<br />

Die Liturgie in ihrer rituellen Gestaltung<br />

möchte – neben der prophetischen<br />

Dimension des „Weckrufes“<br />

– Sicherheit vermitteln. Diese Sicherheit<br />

muss auch die mitwirkenden<br />

Jugendlichen erfassen, damit der<br />

Gottesdienst als stimmig empfunden<br />

wird. Das bedeutet, dass die beteiligten<br />

Jugendlichen in der Vorbereitung<br />

bzw. im Gottesdienst so eingeführt<br />

werden, dass sie sicher am Geschehen<br />

partizipieren (vgl. SC 14) können.<br />

Sicherheit wird vor allem durch<br />

genaue Absprache und Planung bzw.<br />

Einübung vermittelt, Spontanität hingegen<br />

verunsichert. Mit dem Gefühl<br />

der Sicherheit im Gottesdienst wird<br />

Raum geschaffen für eine Vertiefung<br />

der eigenen Christus-Beziehung.<br />

Wer trotzdem bei der Vorbereitung auf<br />

„spontane“ Elemente im Gottesdienst<br />

nicht verzichten möchte, sollte sich<br />

eines bewusst sein: Sicherheit ermöglich<br />

Spontanität, nicht umgekehrt!<br />

Florian Wegscheider<br />

Assistent am Institut für Liturgie an<br />

der Katholischen Universität Linz<br />

15


ONLINE-PARTIZIPATION<br />

MIT HERZ UND HIRN ONLINE<br />

WORKSHOP<br />

JedeR hat Erfahrungen mit Teilhabe<br />

im Internet: sei es bei einer hitzigen<br />

Diskussion, die rund um ein politisches<br />

Thema wie Asyl auf Face<strong>book</strong><br />

entbrennt, beim Unterschreiben einer<br />

Online-Petition oder beim Einmischen,<br />

wenn jemand in einer WhatsApp-<br />

Gruppe ungerecht behandelt wird. In<br />

einem Workshop beim KJ-Diözesanplenum<br />

ging es um die vielfältigen<br />

Formen der Online-Partizipation und<br />

des Engagements in Internet – und<br />

natürlich um die Erfahrungen und Meinungen<br />

von KJ-lerInnen dazu.<br />

NETIQUETTE<br />

Alle haben schon erfahren, dass<br />

es online manchmal „rauer“ zugehen<br />

kann als Face2Face. Ein Blick in<br />

die Foren der Tageszeitungen lässt<br />

einen erschaudern. Hier wirkt Online-<br />

Kommunikation als Beschleuniger für<br />

mangelnden zwischenmenschlichen<br />

Respekt und fehlendes Differenzierungsvermögen.<br />

Und doch waren sich alle einig: „Ohne“<br />

geht es heute nicht mehr, das Internet<br />

ist ein selbstverständlicher Lebensort<br />

junger Menschen und hat Relevanz<br />

in sehr vielen Lebensbereichen. Wie<br />

bei jedem Engagement braucht es<br />

aber manchmal etwas Distanz, um<br />

vor lauter Bäumen den Blick auf den<br />

Wald nicht zu verlieren: „Erst denken,<br />

dann klicken“. Auch ist es wohl gut,<br />

sich nicht alles zu schnell zu Herzen<br />

zu nehmen – und wenn Grenzen überschritten<br />

werden, auch Hilfe zu suchen.<br />

Eine unangenehme Kommunika-<br />

tionssituation mit jemand Vertrautem<br />

zu besprechen, ist wichtig, genauso<br />

wie das Setzen klarer Grenzen, z. B.<br />

wenn es um Rassismus oder Nationalsozialismus<br />

geht (Meldestelle: H www.<br />

stopline.at).<br />

TOOLS<br />

Nicht nur in sozialen Netzwerken<br />

wie Face<strong>book</strong>, sondern auch mittels<br />

eigener Tools wird Online-Beteiligung<br />

organisiert. Eine Online-Umfrage oder<br />

Unterschriftenliste kann nicht nur unterschrieben<br />

werden, sondern man/<br />

frau kann auch selbst eine starten<br />

(z. B. auf openPetition oder Avaaz,<br />

aber auch auf der eigenen KJ-Webpage).<br />

Mittels Wikis oder Etherpads<br />

(z. B. auf medienpad.de) lassen sich<br />

6


Inhalte auch online gemeinsam bearbeiten.<br />

Wichtig bei allem ist, sich vorab<br />

zu überlegen, um welche Inhalte<br />

und Ziele es geht und dann erst an<br />

die Technik zu denken. Manchmal ist<br />

es auch sinnvoller, seine Energie in<br />

ein Face2Face-Gespräch zu stecken,<br />

als in Online-Engagement.<br />

Je komplexer die zu entscheidenden<br />

Inhalte sind, desto komplexer werden<br />

auch die technischen Plattformen. Es<br />

gibt aber mittlerweile auch gute Erfahrungen<br />

damit. So haben der Bund<br />

der Deutschen Katholischen Jugend<br />

(BDKJ) und die Arbeitsgemeinschaft<br />

der Evangelischen Jugend in Deutschland<br />

e.V. (aej) in einem Online-Partizipationsprozess<br />

zahlreiche Jugendliche<br />

in die Erstellung eines ökumenischen<br />

Sozialwortes der Jugend involviert<br />

(H sozialwort.de). Inhaltlich geht es<br />

dabei um die Frage sozialer Gerechtigkeit.<br />

VORTEILE<br />

Einig waren sich die TeilnehmerInnen<br />

des Workshops, dass Möglichkeiten<br />

der Online-Partizipation nicht nur am<br />

Puls der Zeit sind, sondern auch die<br />

Chance bieten, wichtige Werte umzusetzen.<br />

Die Beteiligungsmöglichkeit möglichst<br />

aller Betroffenen ist sehr wichtig für<br />

demokratische Prozesse. Die Zeit- und<br />

Ortsunabhängigkeit ist unschlagbar<br />

für viele Gruppen der Gesellschaft,<br />

z. B. für Menschen in ländlichen Regionen,<br />

die nicht so mobil sind, dass<br />

sie bei Offline-Veranstaltungen ständig<br />

mit dabei sein können. Ebenso<br />

bietet das Internet für Menschen mit<br />

Behinderungen tolle Chancen der Beteiligung,<br />

weil technische Tools helfen<br />

können, Handicaps zu kompensieren<br />

und/oder solche in den Hintergrund<br />

treten zu lassen.<br />

Andrea Mayer-Edoloeyi<br />

Theologin,<br />

Mitarbeiterin im Kommunikationsbüro<br />

der Katholischen Kirche in OÖ.<br />

E andrea.mayer-edoloeyi@dioezese-linz.at<br />

Factbox: ePartizipation auf staatlicher Ebene<br />

eDemokratie = Information, Kommunikation und Transaktion innerhalb und zwischen Institutionen der Legislative,<br />

BürgerInnen, Unternehmen und weiteren staatlichen Institutionen<br />

eAdministration = Information, Kommunikation und Transaktion innerhalb und zwischen Institutionen der<br />

Exekutive (Behörden) sowie zwischen Institutionen und BürgerInnen, Unternehmen und staatlichen Institutionen<br />

eGovernment = eAdministration + eDemokratie<br />

eVoting / I-Voting = elektronische Form einer Wahl oder Volksabstimmung über das Internet, ein Instrument<br />

der eDemokratie.<br />

Daran gibt es viel Kritik, weil ExpertInnen sagen, es sei schwer, dabei das rechtsstaatliche Prinzip einer geheimen<br />

und gleichen Wahl einzuhalten, z. B. papierwahl.at.<br />

17


BIBLIOLOG<br />

ALS EINÜBUNG IN PARTIZIPATION<br />

WORKSHOP<br />

Was geschieht, wenn der<br />

Text auf dich trifft?<br />

Wir sind es gewohnt, dass uns ein<br />

Bibeltext von jemandem ausgelegt<br />

wird. Meist geschieht das im Zusammenhang<br />

mit einer Predigt im Gottesdienst.<br />

Im Unterschied dazu werden<br />

die Teilnehmenden im Rahmen eines<br />

Bibliologs eingeladen, sich als Interpretierende<br />

aktiv einzubringen. Inhaltlich<br />

greift die Form des Bibliologs auf die<br />

jüdische Erzähltradition des Midrasch<br />

zurück, die davon ausgeht, dass biblische<br />

Texte neu und tiefer zu verstehen<br />

sind, wenn man nicht nur auf die<br />

Buchstaben schaut (schwarzes Feuer),<br />

sondern sich sozusagen auch zwischen<br />

die Zeilen begibt (weißes Feuer). 1<br />

Eine weitere wesentliche Grundannahme<br />

eines Bibliologs besteht darin,<br />

dass jede und jeder etwas zu<br />

einem biblischen Text zu sagen hat.<br />

Dabei gibt es keine richtigen und keine<br />

falschen Aussagen. Jede Meinung<br />

ist wichtig und wertvoll. Zugleich gilt<br />

aber auch, dass niemand etwas sagen<br />

muss. Man kann nur zuhören. Aber<br />

natürlich wird ein Bibliolog vielschichtiger,<br />

wenn viele etwas beitragen. Das<br />

geschieht in der Weise, dass durch<br />

den/die Bibliolog-LeiterIn in eine biblische<br />

Erzählung eingeführt und der<br />

Text an einigen Stellen unterbrochen<br />

wird. Die TeilnehmerInnen werden sodann<br />

eingeladen, sich in eine Person<br />

oder in einen Gegenstand des Textes<br />

mit Gefühl und Verstand hineinzuversetzen<br />

und diesem eine Stimme zu<br />

geben. 2 Das kann bisweilen lustig, oft<br />

bewegend und immer wieder anders<br />

und neu sein.<br />

Wenn jemand dann seine Gedanken<br />

äußern möchte, gibt er/sie ein Handzeichen<br />

und der/die Bibliolog-LeiterIn<br />

geht zu dieser Person. Wenn er/sie<br />

neben der Person steht, kann sie zu<br />

sprechen beginnen. Das Besondere ist<br />

dann, dass jede Äußerung in Form eines<br />

Echos durch die Bibliologleitung dem<br />

Sinn nach für alle hörbar wiederholt<br />

wird. Das sogenannte echoing 3 hat die<br />

Funktion, dass wirklich alle Äußerungen<br />

gehört werden, was gerade bei größeren<br />

Gruppen von Bedeutung ist. Durch<br />

das echoing erhält jede Äußerung<br />

zudem einen besonderen Nachklang<br />

und es bietet darüber hinaus die Gelegenheit,<br />

dass sich die Teilnehmenden<br />

quasi selbst noch einmal hören und<br />

besser verstehen. So wird der biblische<br />

Text gemeinsam entschlüsselt und interpretiert.<br />

Am Ende eines Bibliologs<br />

wird der biblische Text noch einmal in<br />

seiner ganzen Länge vorgetragen und<br />

es ist dann meist so, dass der Text<br />

durch die zuvor getätigten Äußerungen<br />

eine neue Färbung erhalten hat.<br />

In der Nachbesprechung des Bibliologs<br />

zu Lk 9,1–6 waren die Zumutungen der<br />

Aussendung durch Jesus noch einmal<br />

Thema. Wieso traut er mir das zu?<br />

Wieso darf ich nichts mitnehmen? Ich<br />

brauche doch unbedingt einen Wanderstab<br />

auf dieser beschwerlichen und<br />

wohl auch gefährlichen Mission! Und<br />

was soll das, ohne ein zweites Hemd<br />

zu gehen? Wir werden doch bald so<br />

stinken, dass uns niemand aufnehmen<br />

will! Partizipation zeigte sich in unserer<br />

Gruppe dann bald als ein Projekt<br />

voller Zumutungen und vor allem auch<br />

als risikoreich. Zugleich aber auch als<br />

etwas, zu dem man den Mut aufbringen<br />

soll und kann, weil es da jemanden<br />

gibt, der es uns schon längst zutraut.<br />

Hildegard Wustmans<br />

Professorin für Pastoraltheologie an<br />

der Katholischen Universität Linz<br />

Literatur:<br />

1 Vgl. Uta Pohl-Patalong, Bibliolog. Impulse für Gottesdienst, Gemeinde und Schule, Band 1: Grundformen, 2 2011, 26.<br />

2 Beim Jugendplenum war es Lk 9,1–6, die Aussendung der Zwölf.<br />

3 Uta Pohl-Patalong, Bibliolog. Impulse für Gottesdienst, Gemeinde und Schule, Band 1: Grundformen, 2 2011, 64–65.<br />

Uta Pohl-Patalong, Bibliolog. Impulse für Gottesdienst, Gemeinde und Schule, Band 1: Grundformen, 2 2011.<br />

Uta Pohl-Patalong / Maria Elisabeth Aigner, Bibliolog, Impulse für Gottesdienst, Gemeinde und Schule, Band 2: Aufbauformen, 2 2013.<br />

Elisa Kröger (Hg.), Wie lernt Kirche Partizipation? Theologische Reflexion und praktische Erfahrungen (Angewandte Pastoralforschung 02), Würzburg <strong>2016</strong>.<br />

8


PARTIZIPATION MIT KÖRPER<br />

UND STIMME<br />

WORKSHOPS<br />

SPIEL DICH FREI –<br />

FREI ZUM<br />

MITMISCHEN!<br />

Wer mitmischen will, muss über die<br />

Rampe kommen. WAS über die Rampe<br />

kommt, hängt davon ab, WIE etwas<br />

über die Rampe kommt. Durch schauspielerische<br />

Übungen haben wir mit<br />

Leib und Seele einige Aspekte unserer<br />

Selbstwirksamkeit und wirkungsorientierter<br />

Kommunikation erfahren.<br />

Dabei haben wir im Besonderen Aspekte<br />

nonverbaler Kommunikation erkundet.<br />

Durch Improvisationen (Theaterspiel)<br />

haben wir u. a. erkannt: Wer mitmischen<br />

will, muss bereit sein, sich hineinzuschmeißen,<br />

sich herzugeben<br />

(Impros „Ja, aber ...“, „Boxkampf“,<br />

„Fliegen“ etc.); wer mitmischen will,<br />

darf nicht Angst haben, dass das, was<br />

er/sie zu sagen hat, unbedeutend sein<br />

könnte („Es gibt Mozart und es gibt<br />

mich!“); wer mitmischen will, muss<br />

fähig sein, das „Spielangebot“ des anderen<br />

ebenso zu akzeptieren wie auch<br />

kreativ zu blockieren.<br />

Weitere Aspekte in unseren Übungen<br />

bzw. im improvisativen Spiel waren:<br />

Vertrauen-Können; Zuhören-Können<br />

und Achtsamkeit; Sich-glauben-Können;<br />

wie steht es mit meinem Gespür<br />

dafür, Selbst- und Fremdbild abzugleichen?<br />

Welcher Gestus („Ich will<br />

etwas bewegen!“) geht meinem Wort<br />

voraus? Warum erleben wir bestimmte<br />

Worthandlungen als leer und hohl?<br />

Sprechen als acting, als Handeln und<br />

Darstellen.<br />

Hannes Benedetto Pircher<br />

Regisseur, Theaterpädagoge<br />

FREI REDEN –<br />

SPEAKERS CORNER<br />

In unserem Workshop haben wir gemeinsam<br />

als Gruppe erarbeitet, welche<br />

Punkte für ein freies Sprechen<br />

und Präsentieren besonders wichtig<br />

sind. Wir haben uns mit den Themen<br />

Vorbereitung, Rhetorik und Körpersprache<br />

auseinandergesetzt.<br />

Die Gruppe war wirklich engagiert<br />

und konnte mit vorhandenem Wissen<br />

glänzen. So war jedem klar, dass es<br />

bei einer Präsentation unerlässlich ist,<br />

einen roten Faden zu haben und sich<br />

gut in das Thema einzulesen, um auf<br />

Fragen vorbereitet zu sein. In Sachen<br />

Rhetorik fielen die Worte „Modulation<br />

der Stimme“ sowie „Lautstärke“. Auch<br />

in Sachen Körpersprache konnten wir<br />

Schlagworte wie Stand, Handgestik<br />

und Mimik definieren.<br />

Um die in der Theorie besprochenen<br />

Dinge auch zu üben, hatte jedes Mitglied<br />

der Gruppe die Aufgabe, eine<br />

kleine Präsentation zu halten. Die<br />

Aufgabenstellung war sehr einfach:<br />

„Erzähle uns ein wenig von einem dir<br />

wichtigen Thema.“ Die TeilnehmerInnen<br />

hatten somit die Möglichkeit,<br />

das Erlernte gleich umzusetzen, bzw.<br />

konnten sie sich ausprobieren und die<br />

absoluten No Go’s austesten.<br />

Nach einiger Vorbereitungszeit hatte<br />

jedeR seinen/ihren „Auftritt“. Anschließend<br />

erhielt jedeR TeilnehmerIn<br />

von den Gruppenmitgliedern ein Feedback.<br />

Da die RednerInnen bereits sehr<br />

gut waren, gab es vorwiegend positive<br />

Kritik und nur kleine Anregungen, wie<br />

man etwas anders machen könnte.<br />

Dabei ging es hauptsächlich um anderes<br />

Handling mit Moderationskärtchen<br />

oder ev. mehr Bewegung.<br />

Ulrike Freudenthaler<br />

Referentin der Landjugend OÖ<br />

19


SYSTEMISCH KONSENSIEREN<br />

WORKSHOP<br />

Systemisch Konsensieren ist eine<br />

Methode, wie du zu einer tragfähigen<br />

Entscheidung kommst.<br />

Bei genauerer Betrachtung wirst du<br />

erkennen, dass es sich um einen Perspektivenwechsel<br />

handelt: Es ist der<br />

Wechsel von „eigennützig“ – Was ist<br />

für mich das Beste? – hin zu „gemeinnützig“:<br />

Was ist für die gesamte<br />

Gruppe die beste Entscheidung? Und:<br />

Es konfrontiert dich und die Gruppe<br />

mit der Frage: Was sind die wirklichen<br />

Bedürfnisse/Wünsche/Nöte hinter der<br />

Frage, was entschieden werden soll?<br />

Ein Beispiel: Ein Pfarrgemeinderat<br />

steht vor der Entscheidung: Soll kirchliche<br />

Jugendarbeit neu belebt werden:<br />

Ja?/Nein? Beim Systemisch Konsensieren<br />

gibt es zur Entscheidungsfindung<br />

drei Schritte:<br />

1. SCHRITT -<br />

Entwicklung der Fragestellung<br />

Das heißt in diesem Fall: Weg von der<br />

Ja/Nein-Frage – hin zu der Frage, was<br />

dahintersteckt. Zum Beispiel könnte<br />

die Fragestellung lauten: Welche Art<br />

von Jugendarbeit will die Pfarre für<br />

die Jugendlichen in der Gemeinde leisten?<br />

Oder: Wie können wir Menschen<br />

aufbauen, die sich in der pfarrlichen<br />

Jugendarbeit engagieren? Oder: Wie<br />

kommen wir zu Jugendlichen, die sich<br />

in der Pfarre engagieren wollen?<br />

Du siehst: Eine gute Fragestellung öffnet<br />

die Tür zu den wirklichen Bedürfnissen/Wünschen<br />

hinter der Frage!<br />

2. SCHRITT -<br />

Kreieren von (Lösungs-)Vorschlägen<br />

Dabei kann auf unterschiedlichste<br />

Weise nach neuen Vorschlägen gesucht<br />

werden: Brainstorming, Befragung<br />

von ExpertInnen, Befragung der<br />

Zielgruppe, Kreativ-Techniken.<br />

Es wird also bewusst ein Raum geöffnet,<br />

um unterschiedlichste Vorschläge<br />

zu entwickeln. Diese werden ohne<br />

Kommentar (Wichtig! Ohne Bewertung,<br />

ob es ein guter oder schlechter<br />

Vorschlag ist) auf eine Liste gesetzt.<br />

3. SCHRITT - Abstimmung<br />

JedeR, der/die mitentscheidet – in diesem<br />

Fall die PGR- und Ausschussmitglieder<br />

–, bewertet jeden Vorschlag<br />

mit „Widerstandspunkten“. Das heißt,<br />

jedeR überlegt für sich, wie gut er/sie<br />

auf einer Skala von z. B. 0 – 10 diesen<br />

Vorschlag findet: 0 = wunderbar, 5 =<br />

leichte Einwände, 10 = kann ich mir<br />

gar nicht vorstellen.<br />

0


Diese Widerstandspunkte sind der<br />

Schlüssel im Systemischen Konsensieren:<br />

Je weniger Widerstandspunkte<br />

– desto höher ist die Akzeptanz in<br />

der Gruppe.<br />

Das „Punkten“ passiert so, dass alle<br />

gleichzeitig je Vorschlag die Bewertung<br />

abgeben (um sich nicht gegenseitig<br />

zu beeinflussen) und dass jede<br />

Bewertung transparent und nachvollziehbar<br />

notiert wird. Damit weiß<br />

die Gruppe, wer welchen Vorschlag<br />

mit wie vielen Widerstandspunkten<br />

bewertet hat. Das ist entscheidend!<br />

Denn somit wird sichtbar, wer welche<br />

Vorschläge sehr gut und welche weniger<br />

gut findet. Diese Transparenz<br />

schafft die Möglichkeit, dass die<br />

VorschlaggeberInnen mit den jeweiligen<br />

BewerterInnen ganz konkret in<br />

Kontakt kommen können. Zum Bei-<br />

spiel: „Wie müsste mein Vorschlag geändert<br />

oder erweitert werden, damit<br />

du da mitgehen kannst!?“ Es können<br />

somit Lösungsvorschläge adaptiert<br />

oder sogar neue Ideen entwickelt<br />

werden. Und die Gruppe hat die Chance,<br />

eine noch bessere und akzeptiertere<br />

Lösung für ihre Bedürfnisse zu<br />

finden. Wird dieser Raum zum Nachbessern<br />

der Vorschläge eröffnet, ist<br />

die erste Abstimmung ein Stimmungsbild.<br />

Erst die zweite Abstimmung –<br />

nach der Möglichkeit, die Vorschläge<br />

gemeinsam nachzubessern – die endgültige<br />

Abstimmung. Außerdem empfiehlt<br />

es sich, immer die 0-Variante (Es<br />

bleibt so, wie es ist) als Lösungsvorschlag<br />

mit abzustimmen. Somit weiß<br />

die Gruppe, dass all jene Vorschläge,<br />

die weniger Widerstandspunkte haben<br />

als die 0-Variante, es wert sind, über<br />

sie nachzudenken. Denn sie haben alle<br />

eine höhere Akzeptanz, als die momentane<br />

Situation.<br />

LITERATURTIPPS<br />

Paulus, Georg / Visotschnig, Erich /<br />

Schrotta, Siegfried (Hg.), Systemisch<br />

Konsensieren: Der Schlüssel zum gemeinsamen<br />

Erfolg. Wie wir klüger entscheiden:<br />

einfach – schnell – konfliktlösend,<br />

Holzkirchen 3 2013.<br />

H www.zimd.at/systemisch-konsensieren<br />

Markus Pröstler-Feichtinger<br />

Referent <strong>kj</strong> Fachbereiche, <strong>kj</strong> oö<br />

21


GRUPPENSTUNDE<br />

„BETEILIGUNG IST UNSER MASSSTAB!“<br />

Zeitpunkt Aktion Materialien<br />

Ankommen<br />

Eröffnung<br />

10 min<br />

Einstieg<br />

5 min<br />

Hinführung<br />

30 min<br />

Pause<br />

10 min<br />

Präsentation<br />

20 min<br />

Themenbearbeitung<br />

20 min<br />

Vertiefung<br />

10 min<br />

Begrüßung und ankommen im Gruppenraum<br />

Bohnenspiel – „Ja und Nein, soll nicht sein“<br />

JedeR bekommt drei Bohnen und es geht darum, die Anzahl zu vermehren. In lockerer<br />

Atmosphäre geht es darum, mit möglichst allen ins Gespräch zu kommen. Sobald ein/e GesprächspartnerIn<br />

die Wörter „Ja“ oder „Nein“ ausspricht, muss er/sie eine Bohne an den/die<br />

andere/n abgeben. Nach einigen Minuten gilt es, einen Zwischenstand zu machen: „Wer hat die<br />

meisten Bohnen ergattert?“, „Wer hat gar keine Bohnen mehr?“<br />

Gesprächskreis im Plenum: Was war euer letztes gutes Fest, die letzte echt gute Party? Was<br />

ist gutes Essen, gute Kleidung, ein guter freier Tag für dich?<br />

Fotosafari: Aufgabe in Kleingruppen (2er- oder 3er-Teams):<br />

Fotos mit Handys, Mobilgeräten, Kamera etc. zu suchen/machen oder aus Zeitschriften und<br />

Magazinen zu sammeln, wo es um Qualität (gut, weniger gut, schlecht, genial, schön …) und<br />

um Quantität (wenig, viel, schnell, langsam, hoch, tief, häufig …) geht.<br />

Die Pause kann auch nach oder während der Präsentation der Fotos gemacht werden.<br />

Gegenseitige Präsentation der Ergebnisse der Fotosafari/Fotojagd.<br />

Holzlineale austeilen.<br />

Freie Assoziationsrunde im Plenum: Wie wirkt das Symbol, die Sätze … welche Assoziationen<br />

und Gedanken kommen, ganz unreflektiert, ohne großes Nachdenken? Austausch zu dritt/fünft:<br />

Woran denke ich, wenn ich an Lineal und Pfarre, Gottesdienst, Gemeinde und Pfarrgemeinderat/Gremien<br />

denke? Was denke ich als Jugendliche/r; was könnten sich Erwachsene dazu<br />

denken? Zusammenführung der Kleingruppen im Plenum – eine/r aus jeder Gruppe berichtet<br />

kurz den Gesprächsverlauf.<br />

Wenn Zeit ist: Inhaltlicher Impuls zum Thema „Partizipation“ u. Beteiligung (z. B.: Stufen der<br />

Partizipation … auch dazu: H www.jugendgehtunsan.at)<br />

Mk 6,7–13<br />

Übertragung der Bibelstelle für jugendliches/junges Engagement:<br />

- Niemals alleine etwas machen (mind. zu zweit!).<br />

- Was ist die Botschaft/der Auftrag, das ist wichtig!<br />

- Mitgestaltung ohne Absicherung; ein nicht berechnendes Tun.<br />

- Klare Anfänge und klares Beenden der Tätigkeiten.<br />

- Wenn die Beteiligung nicht gehört/gesehen wird, dann auch wieder aufhören und gehen; ohne<br />

Groll und Ärger.<br />

je 3 Bohnen<br />

pro Person<br />

Handys,<br />

Kamera,<br />

Zeitschriften<br />

Beamer und/<br />

oder Laptop<br />

Bibelstelle<br />

Abschluss<br />

5 min<br />

Give away: JedeR bekommt ein Packerl mit Post-its der sog. „Erinnerungsguerilla“, versehen<br />

mit Fragen, um die es im Leben wirklich geht. JedeR darf sich einen Post-it-Block aussuchen<br />

und nach Hause nehmen. Es kann auch danach zusammengetauscht werden.<br />

Mehr dazu und Bestellmöglichkeit unter: H www.die-erinnerungsguerilla.org<br />

Lineale oder<br />

Holzlineal der<br />

<strong>kj</strong>-Aktion<br />

H www.jugendgehtunsan.at<br />

Weiterführendes:<br />

… Post-its in der Pfarre/Kirche anbringen.<br />

… Jugendgottesdienst dazu gestalten (Post-its in Kirchenbänken).<br />

… eigene Post-its mit Fragen kreieren. Post-its mit eigenen Fragen anfertigen lassen.<br />

2<br />

Thomas Obermeir<br />

Referent Pfarrjugendarbeit, <strong>kj</strong> oö


BIBELTHEOLOGISCHE ÜBERLEGUNGEN<br />

„BETEILIGUNG IST UNSER MASSSTAB!“<br />

Warum beteiligen sich ChristInnen<br />

an der Gestaltung der Gesellschaft,<br />

im kirchlichen Zusammenleben,<br />

im PGR? Welche Motivation<br />

kann dahinterstecken?<br />

Es geht um Gestaltung eines erfüllten<br />

Miteinanders, um die Ermöglichung<br />

eines Lebens in Fülle für alle, so wie<br />

Jesus das im Johannesevangelium<br />

(Joh 10,10) anspricht. Es geht um eine<br />

Vorahnung des Reiches Gottes, dieses<br />

Leben in Fülle schon im Hier und Jetzt<br />

möglich zu machen. Diese Vorahnung<br />

beginnt dann sichtbar zu werden, wenn<br />

Menschen anfangen, Begegnungsräume<br />

für sich und andere zu schaffen.<br />

Räume, in denen sie ihre Hoffnungen<br />

und Ängste ansprechen und auch zeigen<br />

dürfen, Räume, in denen sie mit<br />

ihrer Freude und Trauer nicht alleine<br />

sind. Dafür ist es notwendig, die Bedürfnisse<br />

der anderen zu erkennen<br />

und zu respektieren. Zugleich sollen<br />

Menschen die Möglichkeit erhalten,<br />

mit ihren Fähigkeiten teilzuhaben. So<br />

wie Jesus den Bettler fragt: „Was soll<br />

ich dir tun?“ (Lk 18,41), so sollen auch<br />

wir die Menschen fragen, was ihnen<br />

für ein selbstbestimmtes und zufriedenes<br />

Leben wichtig ist.<br />

Menschen haben verschiedene Begabungen<br />

und Charismen. Das spricht<br />

auch Paulus im 1. Korintherbrief an<br />

(vgl. 1 Kor 12,12). Wir alle bauen<br />

an dem einen Reich Gottes mit, an<br />

der einen Einheit, jedeR jedoch mit<br />

seinen/ihren ganz bestimmten Fähigkeiten<br />

und Charismen. An diesem Bild<br />

kann oder soll sich auch Kirche oder<br />

Pfarre orientieren, wenn es um Beteiligung<br />

geht. Die einen sehen ihre<br />

Fähigkeit im Kirchenchor, andere als<br />

LektorInnen oder KommunionspenderInnen,<br />

ein paar im PGR, um für<br />

längere Zeit das Pfarrleben mitzubestimmen<br />

und wieder anderen macht<br />

es Freude, einmal im Jahr bei einem<br />

Pfarrfest mitzuhelfen. Hier gilt es vorsichtig<br />

zu sein, nicht voreilig nach der<br />

Art und Länge der Beteiligung zu urteilen.<br />

Denn auch der- oder diejenige,<br />

welche einmal im Jahr beim Pfarrfest<br />

dabei ist, baut an den Begegnungsräumen,<br />

der Vorahnung des Reiches<br />

Gottes auf Erden mit.<br />

Die Beteiligung ist der Maßstab<br />

und nicht wie oft und wie lange.<br />

Und sieht jemand Sinn für andere und<br />

sich darin, dann wird die Regelmäßigkeit<br />

der Beteiligung von selbst kommen.<br />

Was ist nun das richtige Maß der Beteiligung?<br />

Das kommt wahrscheinlich<br />

auch ganz darauf an, in welcher Lebensphase<br />

man sich befindet bzw.<br />

welche anderen Einflüsse mein Leben<br />

gerade bestimmen. Wenn mein<br />

Engagement meine ganze Freizeit<br />

ausfüllt und Familie oder Freunde zu<br />

kurz kommen oder wenn mein Engagement<br />

keinen Platz für andere Personen<br />

lässt, weil ich glaube, alles alleine<br />

machen zu müssen, dann sollte ich<br />

mir überlegen, etwas kürzerzutreten.<br />

Wenn man Zeit hätte und aus purer<br />

Bequemlichkeit sich nicht beteiligt<br />

oder man nur an seiner eigenen<br />

Selbstverwirklichung interessiert ist,<br />

dann sollte man nachdenken, ob das<br />

Leben vielleicht an Fülle gewinnt,<br />

wenn ich mich wo beteilige und Teil<br />

eines größeren Ganzen bin. Dann gibt<br />

es Phasen, wo man das Gefühl hat,<br />

dass meine Form des Engagements<br />

nicht gewünscht ist oder keinen Sinn<br />

hat, weil sich sowieso nichts verändert.<br />

Dann ist es oft besser, sich den<br />

Staub abzuwischen und weiterzuziehen,<br />

so wie Jesus das im Markusevangelium<br />

seinen Jüngern rät, wenn sie<br />

und ihre Botschaft nicht erwünscht<br />

sind (vgl. Mk 5,11).<br />

Und, mal ehrlich:<br />

in welcher Phase bist du<br />

gerade?<br />

Stefanie Hinterleitner<br />

Referentin Pfarrjugendarbeit, <strong>kj</strong> oö<br />

23


Jugend geht uns an!<br />

Ein Gedichterl<br />

verfasst anlässlich der PGR-Wahl 2017<br />

von einem Laiendichter aus einer österreichischen Pfarrgemeinde<br />

zu rezitieren in geselliger Runde<br />

Gestern erwacht<br />

aus unruhigen Träumen<br />

erkannten wir plötzlich<br />

– welch ein Versäumen –<br />

die Jugend war weg!<br />

O welche Klage!<br />

O welche Trauer!<br />

Wir war’n bestürzt<br />

und gleichzeitig sauer.<br />

Das kann doch nicht sein!<br />

Wir schütteln die Köpfe<br />

und rollen die Augen<br />

und rufen nach Jungen,<br />

die wieder was taugen.<br />

Und drängen die Mädchen<br />

doch wieder zu kommen<br />

und schweigen – wenn nicht –<br />

resignierend benommen.<br />

Ach!<br />

Wer bringt sie uns wieder<br />

ins Pfarrheim die Jugend,<br />

wer füllt unsre Mauern<br />

mit christlicher Tugend?<br />

Wer führt uns das weiter,<br />

was wir einst begannen,<br />

wer kümmert sich dann<br />

um die Weihwasserkannen?<br />

Vielleicht ja ein Kevin,<br />

vielleicht eine Babs,<br />

die Steffi, ein Franzi,<br />

der Joschi, die Sabs?<br />

Ein Ferdl, ein Klausi,<br />

der Harald Isaja?<br />

Ein Stupsi, ein Pupsi,<br />

die Hilfiger Maja?<br />

Vielleicht ja der eine<br />

aus der Wipplingergass‘n!?<br />

Die Pfarre, die braucht ihn<br />

– den müssen wir fassen.<br />

Wir geh’n hin<br />

unterbreitend<br />

einen reizvollen Deal:<br />

Pfarrgemeinderatsmitglied!<br />

Keine Ahnung, warum er das nicht will.

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